KG, Beschluss vom 19.10.2006 - 12 U 178/05
Fundstelle
openJur 2012, 4344
  • Rkr:

Eine "Vorenthaltung" im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach § 546 BGB verletzt ist; dabei ist grundsätzlich der Zustand der zurückgegebenen Mietsache unerheblich.Keine bloße Schlechterfüllung der Rückgabeverpflichtung, sondern eine nur teilweise Rückgabe ist gegeben, soweit der Mieter seiner Rückbaupflicht in erheblichem Umfang nicht nachgekommen ist, so dass nach den Umständen des Einzelfalles nur eine teilweise Räumung anzunehmen ist.

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt nach Vorberatung, die Berufung der Beklagten durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Bei Zurückweisung der Berufung verliert die Anschlussberufung des Klägers ihre Wirkung, § 524 Abs. 4 ZPO.

2. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahmebinnen drei Wochen.

Gründe

A.

Die Berufungen richten sich gegen das am 22. August 2005 verkündete Urteil des Landgerichts, das der Beklagten am 2. September 2005 und dem Kläger am 1. September 2005 zugestellt worden ist.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für Gewerberäume in der B. 32 in Berlin, Kostenvorschuss für Baumaßnahmen sowie Schadensersatz für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen lediglich hinsichtlich der Nutzungsentschädigung für Juni bis Oktober 2003 ohne Nebenkostenvorschüsse stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil sowie die nachstehende Übersicht verwiesen, die auch die Berufungsbegehren verdeutlicht.

Klageforderung:Landgericht:Berufungder BeklagtenAnschlussberufungdes KlägersNutzungsentschädigung/Miete Juni bis Okt. 2003,mtl. 7.983,23 EUR,insgesamt:39.916,15 EURStattgabe37.288,00 EUR,(Abweisung2.628,15 EUR)37.288,00 EUR2.628,15 EURRückbauSchaufensteranlage30.343,28 EURAbweisung30.343,28 EURHerrichten desMarmorfußbodens4.640,00 EURAbweisung4.640,00 EURTeilweises Verschließeneines Wanddurchbruchs2.320,00 EURAbweisung2.320,00 EURMalerarbeitenan Fenstern, Decke undWänden in allen Räumen4.640,00 EURAbweisung4.640,00 EURProzesszinsenStattgabeaufNutzungsentschädigungSumme:81.859,43 EUR37.288,00 EUR44.571,43 EURDie Beklagte wendet sich mit ihrer am 4. Oktober 2005 eingegangenen und am 1. Dezember 2005 begründeten Berufung in vollem Umfang gegen die Verurteilung.

Der Kläger verfolgt mit der am 31. März 2006 eingegangenen Anschlussberufung seine abgewiesenen Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

1. Zu Unrecht habe das Landgericht die Frage, ob die Räume zurückgegeben worden seien, mit der Frage nach ihrem Zustand verknüpft. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wie auch des Kammergerichts sei der Zustand der Mietsache für die Erfüllung der Rückgabepflicht jedoch bedeutungslos.

2. Sie sei nicht zum Rückbau der Schaufensteranlage in den alten Zustand im streitgegenständlichen Zeitraum verpflichtet gewesen. Das Landgericht habe mit seiner Annahme, eine solche Verpflichtung ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz, den unstreitigen Sachverhalt offensichtlich falsch gewürdigt. Nach dem vom Landgericht genannten Genehmigungsschreiben des Klägers vom 6. August 1998 sei ein Rückbau nur auf Verlangen geschuldet. Ein solches Verlangen habe der Kläger erstmals am 14. Oktober 2003 geäußert, so dass sie sich zuvor nicht im Verzug mit dem Rückbau befunden haben könne.

3. Ohnehin habe überhaupt keine Rückbauverpflichtung bezüglich der Schaufensteranlage bestanden. Der Zeuge R. habe in der Beweisaufnahme eine entsprechende Vereinbarung zwischen ihm und Robert L. für den Kläger klar bekundet; dies entspreche auch der Interessenlage der Parteien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Schreiben der Beklagten (Barbara R.) vom 15. Mai 2003 (Anlage K 7) in diesem Sinne zu verstehen.

Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang den erstinstanzlichen Beweisantritt im Schriftsatz vom 11. April 2005, Seite 6, die Zeugin R. zum Verlauf des Gesprächs zwischen den Herren R. l und L. zu vernehmen, übergangen.

4. Das Urteil weise auch wegen der Hilfsaufrechnung Fehler auf. Das Vorbringen zum Kaufpreis und Restwert der Klimaanlage sei hinreichend substantiiert und rechtfertige die Durchführung einer Beweisaufnahme hierzu. Die weitere Hilfsaufrechnung in Höhe von 1.500,- EUR wegen der Reinigung und Kristallisierung des Fußbodens habe das Landgericht vollständig übergangen.

Die Einzelheiten ergeben sich aus der Berufungsbegründung vom 1. Dezember 2005.

Die Beklagte begehrt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger hat bisher keinen Antrag zur Berufung der Beklagten angekündigt.

Er verteidigt im Schriftsatz vom 31. März 2006, auf den verwiesen wird, das angefochtene Urteil:

1. Zu Recht habe das Landgericht eine Rückgabe der Räume im Rechtssinne verneint. Es gehe hier nicht nur um einen Fall nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, sondern um einen „erheblichen, für den Gesamteindruck des Mietobjektes wesentlichen Bestandteil“. Außerdem seien auch sonst im Geschäft über die Hälfte der Einbauten, Materialienreste und Müll noch verblieben.

2. Bereits vor dem Schreiben vom 14. Oktober 2003, nämlich im Jahr 2002, habe er die Beklagte zum Rückbau der Schaufensteranlage aufgefordert. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben selbst. Eine Verzichtsvereinbarung sei nicht geschlossen worden. Dies habe das Landgericht unter Würdigung des Schreibens vom 15. Mai 2003 (Anlage K 7) rechtsfehlerfrei festgestellt.

3. Die Klimaanlage stelle keinen wirtschaftlichen Wert dar. Im Gegenteil habe die Beklagte durch die Möglichkeit, sie in den Räumen zu lassen, einen Vorteil erhalten, denn sie habe so die Entsorgungskosten gespart.

Die von der Beklagten ausgeführte Kristallisierung sei völlig unfachmännisch gewesen.

Der Kläger begründet seine Anschlussberufung:

Zu Unrecht habe das Landgericht für den Verjährungsbeginn der weitergehenden Schadensersatzansprüche auf eine Rückgabe der Räume am 14. Oktober 2003 abgestellt. Erstinstanzlich habe er von Beginn an vorgetragen, dass er die Schlüssel erst am 8. bzw. 9. Januar 2004 erhalten habe. Vorher habe er auch keine andere Zutrittsmöglichkeit gehabt.

Auch insofern wird wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 31. März 2006 verwiesen.

Der Kläger erstrebt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 22. August 2005 – 25 O 256/04 – zu verurteilen, an ihn weitere 44.571,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. Juni 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Anschlussberufung bisher keinen Antrag formuliert.

B.

Die Berufung der Beklagten, deren Zurückweisung der Kläger offenbar begehrt, hat keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.

I. Zur Berufung der Beklagten wird insoweit auf Folgendes hingewiesen:

1. Im rechtlichen Ansatz kurz, aber zutreffend ist das Landgericht auf Seite 8 des Urteils davon ausgegangen, dass eine Rückgabe einer Mietsache unter Verstoß gegen eine Rückbaupflicht von beträchtlichem tatsächlichen und kostenmäßigem Umfang eine Vorenthaltung der Mietsache i. S. d. § 546a Abs. 1 BGB mit der Folge einer Entschädigungspflicht darstellen kann.

32Eine „Vorenthaltung“ Im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach § 546 BGB verletzt ist.

Dabei ist grundsätzlich der Zustand der zurückgegebenen Mietsache unerheblich; insbesondere kommt es für die Erfüllung der Rückgabepflicht nicht darauf an, ob vereinbarte Schönheitsreparaturen durchgeführt worden sind (KG, KGR Berlin 2004, 175; Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Auflage 2006, § 546 Rn 5); dies führt auch die Beklagte auf S. 3f. ihrer Berufungsbegründung zu Recht aus.

34Keine bloße Schlechterfüllung, sondern eine nur teilweise Rückgabe ist jedoch gegeben, soweit der Mieter pflichtwidrig seiner Rückbaupflicht in solchem Umfang nicht nachgekommen ist, dass nach den Umständen des Einzelfalles nur eine teilweise Räumung anzunehmen ist: Teilleistungen bei Erfüllung der Rückgabeverpflichtung sind unzulässig (§ 266 BGB) mit der Folge, dass dem Vermieter die gesamte Mietsache vorenthalten wird (BGHZ 104, 285; OLG Düsseldorf, ZMR 2003, 105; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann/Pietz/Leo, Geschäftsraummiete, 2006, Kap. 16 Rn. 28; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 546a BGB, Rn. 8 m. w. N.).

2. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die gemieteten Räume pflichtwidrig mangels Rückbau der Schaufensteranlage nur teilweise zurückgegeben hat, also ein Fall der Vorenthaltung i. S. d. § 546a ZPO vorliegt.

a) Die Verpflichtung der Beklagten zum Rückbau der von ihr zu Mietbeginn mit Einverständnis des Klägers eingebauten Schaufensteranlage ergibt sich aus dem Gesetz.

(1) Zu Recht verweist das Landgericht auf Seite 8 des Urteils hierbei auf § 546 Abs. 1 BGB. Die darin begründete Verpflichtung zur Rückgabe umfasst die Entfernung von Ein- und Umbauten, die mit Zustimmung des Vermieters durchgeführt worden sind (BGH, NJW-RR 1994, 847; BGH, NJW 2002, 3234, beide zum insoweit gleichlautenden § 556 Abs. 1 BGB a.F.; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 546 Rn. 6).

Unstreitig war bei Vertragsbeginn die Schaufensteranlage anders gestaltet. Folglich hat die Beklagte ihren Rückbau zu veranlassen.

(2) Die Beklagte hat eine nachträgliche abweichende Vereinbarung zur Rückbaupflicht nicht bewiesen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); die Beweiswürdigung des Landgerichts (Seite 8 ff. des Urteils) ist nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat im Rahmen des § 286 ZPO die Aussagen der von ihm am 21. März 2005 vernommenen Zeugen Abo D. und Horst Ri.l in Zusammenschau mit dem Schreiben vom 15. Mai 2003 (Anlage K 7) erörtert. Es hat ausdrücklich hervorgehoben, der Zeuge R. habe in einem Telefonat am 15. Mai 2003 mit Robert L. zwar erklärt, er habe im Zusammenhang mit der Einigung um die Kostenübernahme für die Instandsetzung der Klimaanlage geäußert, damit solle aber auch die Auseinandersetzung um die Türanlage erledigt sein. Im nachfolgenden Schreiben (Anlage K 7) habe dies jedoch keine Erwähnung gefunden. Wegen der Bedeutung dieses Punktes sei dieses jedoch so überraschend, weil es sich nicht um einen kleinen Nebenpunkt gehandelt habe. In Zusammenschau mit dem weiteren Vorbringen des Beklagten sei daher der behauptete Verzicht auf den Rückbau nicht bewiesen.

Diese Argumentation genügt den Anforderungen an die Darlegung der Beweiswürdigung ohne weiteres (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 286 ZPO, Rn. 21).

Der Senat folgt ihr auch in der Sache. Über die Ausführungen des Landgerichts hinaus ist es nicht einmal zweifelsfrei, ob der Zeuge das Zustandekommen einer Verzichtsvereinbarung überhaupt bestätigt hat. Nach der protokollierten Aussage des Zeugen Ri.l (Protokoll vom 21. März 2005, Seite 4) hat der Zeuge zunächst bekundet, man habe sich darauf verständigt, dass die Klimaanlage in den Räumen bleiben und auf Kosten der Beklagten instandgesetzt werden solle. Er hat dann hinzugefügt, damit solle aber auch die Auseinandersetzung über die Türanlage erledigt sein. Diese Darstellung stützt die Behauptung einer Vereinbarung nicht, denn es ist nicht ersichtlich, ob und wie der für den Kläger handelnde Gesprächspartner Robert L. auf diese Erklärung reagiert hat. Damit ist ein Konsens über die Erklärung zur Türanlage nicht erkennbar.

Entsprechend führen die Ausführungen der Beklagten zur Auslegung des Schreiben vom 15. Mai 2003 nicht zu einer anderen Beurteilung. In dem Schreiben ist von einem vereinbarten Verzicht auf den Rückbau nicht die Rede. Aus dem Satz „Sehr geehrter Herr L., wir hoffen, dass wir mit den o. g. Maßnahmen alle notwendigen Schritte veranlasst haben und einer ordnungsgemäßen Übergabe nach Beendigung der Instandsetzung nichts mehr im Wege steht“, ist dies nicht zu entnehmen - er drückt bei der von der Beklagten geforderten grammatikalischen Auslegung lediglich eine Hoffnung aus, keine Feststellung.

(3) Weiterer Beweis durch Vernehmung der Zeugin Barbara R. über den Hergang des telefonischen Gesprächs zwischen den Herren R. und L. zum Verzicht auf Rückbau war und ist aus Rechtsgründen nicht zu erheben.

Ob eine Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Zeugen über ein von ihm heimlich mitgehörtes Telefongespräch zulässig und verwertbar ist, richtet sich nach dem Ergebnis der Abwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der einen und einem für die Verwertung sprechenden rechtlich geschützten Interesse auf der anderen Seite. Allein das schlichte Beweisinteresse einer Seite reicht dafür nicht aus (BGH, NJW 2003, 1727). Mehr als das allgemeine Interesse, den ihm obliegenden Beweis für eine Verzichtsvereinbarung trotz nicht hinreichender Aussage des Zeugen Ri. zu führen, kann die Beklagte hier jedoch nicht beanspruchen. Eine Notwehrsituation oder notwehrähnliche Lage, die der BGH zur Rechtfertigung für den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht gezogen hat, liegt hier ersichtlich nicht vor. Damit wäre die Aussage der als Zeugin benannten Barbara R. nicht verwertbar, und Beweis war und ist nicht zu erheben.

b) Der Rückbau der Schaufensteranlage war auch schon per Mietvertragsende geschuldet, nicht erst – wie die Beklagte meint - infolge der schriftlichen Aufforderung der Klägerin vom 14. Oktober 2003.

Zwar weist die Beklagte zu Recht auf das Genehmigungsschreiben vom 6. August 1998 (Anlage K 5) hin, in dem die Rückbauverpflichtung von einem entsprechenden Verlangen des Klägers abhängig gemacht wird. Allerdings ist sie erfolglos mit dem auf S. 5 der Berufungsbegründung vorgetragenen Argument, vor Oktober 2003 habe der Kläger den Rückbau von ihm nicht verlangt. Erstinstanzlich hat die Beklagte nämlich im Schriftsatz vom 14. Juli 2004 auf Seite 9 unter Bezug auf einen Gesprächsvermerk vom 15. Mai 2003 (Anlage B 8) selbst vorgetragen, bei einem Gespräch zwischen ihrem Beauftragten Abo D. und dem Kläger am 14. Mai 2003 habe letzterer die Meinung vertreten, die Eingangstüre habe früher besser ausgesehen. Aus dem Gesprächsvermerk (dort sub 4.) ergibt sich, dass der Kläger in diesem Zusammenhang den Rückbau in den früheren Zustand verlangt hat; nur so lässt sich nämlich der dort enthaltene Hinweis verstehen, Herr Abo D. habe Herrn L. gegenüber geäußert, „dass es anders besprochen war (mit Frau L.) und dass die Eingangstür belassen wird“, desgleichen die nachfolgende Überlegung, es werde für die Beklagte auf einen Kompromiss „Klimaanlage oder Eingangstür“ hinauslaufen.

Mit diesem Vortrag, den die Beklagte mit der allgemeinen Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze weiterhin aufrechterhält, ist ihr Argument, erst im Oktober 2003 zum Rückbau aufgefordert worden zu sein, nicht vereinbar.

c) Die Schaufensteranlage ist auch für das Gesamtobjekt so bedeutsam, dass eine Rückgabe der Räume ohne Rückbau eine unzulässige Teilrückgabe darstellt, die zu einer Vorenthaltung der Mietsache (§ 546a BGB) führt.

Dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Fotos der ursprünglichen Eingangs- und Schaufenstergestaltung (Anlagen K 15 zum Schriftsatz vom 11. April 2005) in Verbindung mit den als Anlage zum Mietvertrag vorgelegten Grundrissen (Anlage K 1). Die Richtigkeit der fotografischen Darstellung hat die Beklagte nach § 138 Abs. 2 und 4 ZPO nur unzureichend bestritten. Sie hat erstinstanzlich eingewandt, der Kläger habe den Ursprungszustand nicht hinreichend dokumentiert. Allerdings hat sie selbst den Umbau dieses Ursprungszustandes veranlasst. Damit kann sie sich nicht ohne nähere Ausführungen auf einfaches Bestreiten zurückziehen. Wie der Ursprungszustand aus ihrer Sicht - abweichend von den Klägerfotos - war, hat die Beklagte jedoch nicht erläutert.

Aus den Fotos und dem Grundriss ist die herausragende Bedeutung der Gestaltung des Eingangsbereich für die gesamten Gewerbemieträume erkennbar. Es handelt sich um eine integrierte Schaufenster- und Türanlage, die mehr als die Breite der Straßenfront des Ladens I einnimmt. Ästhetisch wie funktional prägt sie die Wahrnehmung des Ladens von außen in entscheidender Weise. Dies indiziert auch der Umstand, dass es der Beklagten zu Mietvertragsbeginn wichtig war, diesen Bereich nach eigenen Vorstellungen komplett neu zu gestalten.

Die vom Kläger beanspruchten Kosten für die Wiederherstellung, die die Beklagte aus den vorstehenden Gründen gleichfalls nicht hinreichend bestritten hat, heben zusätzlich die besondere Bedeutung des Rückbaus hervor. Der Kläger hat die Kosten unter Vorlage eines Angebotes der Fa. A. vom 29. April 2004 (Anlage K 4) mit 30.343,28 EUR beziffert. Dies entspricht knapp vier Monatsbruttomieten, also einem nicht unwesentlichen Betrag.

In der Gesamtschau ist der Streitfall anders zu beurteilen als eine Sachlage bei - lediglich - nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen, auf die die Beklagte auf S. 3f. ihrer Berufungsbegründung Bezug nimmt. Hier ist die Auffassung des Landgericht, die Rückgabe ohne Rückbau komme der Vorenthaltung der gesamten Räume i. S. d. § 546a BGB gleich, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

d) Die Hilfsaufrechnungen der Beklagten wegen der Klimaanlage sowie der Bodenreparatur führen nicht zu einer Reduzierung der zuerkannten Forderung.

(1) Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wegen des Wertes der Klimaanlage (Seite 10 des Urteils) ist wenig hinzuzufügen.

Auf die Aufforderung des Landgerichts vom 12. Mai 2005, näher zum behaupteten Restwert der Klimaanlage von 23.000,- EUR vorzutragen, hat die Beklagte ein Angebot der C. Kältetechnik GmbH vom 23. Juli 1998 über 31.386,12 EUR vorgelegt, also über den Einbaupreis. Dies besagt schon nichts über den seinerzeitigen Wert der eingebauten Anlage (Preis ist nicht gleich Wert), erst recht nichts über den Wert bei Ende des Mietverhältnisses im Mai 2003, also knapp fünf Jahre später.

Auf die Vorlage einer Erklärung der C. Klimatechnik GmbH vom 29. Juni 2006 zum Zustand der Anlage („physisch und moralisch verschlissen“, „nicht mehr zeitgemäß“, „Wiederverkauf dieser Anlage so gut wie ausgeschlossen“) durch die Klägerin hat die Beklagte trotz entsprechender Fristsetzung durch das Landgericht vom 11. Juli 2005 nicht reagiert, sondern - unerhebliche - Ausführungen zum Schadensrecht gemacht. Damit bestand mangels hinreichender Darlegungen zum Zeitwert keine Veranlassung, hierzu ein Sachverständigengutachten einzuholen.

(2) Ohne Erfolg ist die weitere Hilfsaufrechnung der Beklagten wegen einer behaupteten Forderung wegen des Wertes der Bodenreparatur.

Hier ist ein Anspruch der Beklagten schon dem Grunde nach nicht dargetan, denn nach dem Mietvertrag ist sie zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet (§ 9 Nr. 7 des Vertrages), und die Veranlassung der Reinigung und Kristallisierung zeigt, dass auch die Beklagte diese Arbeiten für erforderlich gehalten hat. Damit fehlt schon die behauptete Leistung ohne Rechtsgrund.

Aus denselben Gründen wie bei der Klimaanlage ist zudem der verbleibende Wert der Arbeiten nicht dargelegt. Der bloße Hinweis auf eine Kostenschätzung vom 21. Januar 2003 für die Bodenarbeiten (netto 1.500,- EUR) besagt nichts über den Wert der ausgeführten Arbeiten bei Vertragsende.

II. Bei der nach den vorstehenden Ausführungen beabsichtigten Zurückweisung der Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 ZPO verliert die Anschlussberufung des Klägers nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung. Ausführungen zu deren Erfolgsaussicht bedarf es daher nicht.

C.

Im übrigen hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO.

Es wird angeregt, die Fortführung des Berufungsverfahrens zu überdenken.