Brandenburgisches OLG, Urteil vom 12.04.2006 - 4 U 179/05
Fundstelle
openJur 2012, 3397
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 19. August 2005 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.985,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 35 % und der Beklagte 65 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet

Gründe

I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz des ihm verloren gegangenen Anlagekapitals, entgangener Renditen und der entstandenen Rechtsverfolgungskosten als Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung. Hintergrund ist eine Kapitalanlage des Klägers im April/Mai 1999 in Höhe von 100.000,00 DM bei der G.-F. S., deren Portfolio-Manager und Mitglied des Verwaltungsrates der Beklagte war.

Der Kläger warf dem Beklagten vor, im Rahmen dessen Tätigkeit für die G.-Unternehmen durch entsprechend instruierte Vermittler wahrheitswidrig versprochen zu haben, die Gelder würden in konservative Geldanlagen mit einem garantierten Zinssatz von 8,25 % und einem Jahresbonus von 3,75 % investiert, tatsächlich seien im Rahmen des vom Beklagten zusammen mit L. G. betriebenen „Schneeballsystems„ mit den Neuanlagen die Renditen und Boni der Altanleger beglichen bzw. das Kapital von ihm absprachewidrig anstatt in sichere Staatsanleihen in höchst spekulativen Devisentermingeschäften angelegt worden. Der Beklagte hat die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam gerügt, die Einrede der Verjährung erhoben und zudem gegen seine Inanspruchnahme eingewandt, er sei weder für das Schneeballsystem verantwortlich, noch seien Gelder zweckentfremdet angelegt worden; sein im Strafverfahren abgelegte Geständnis sei ein lediglich taktisches gewesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit den folgenden Ergänzungen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO):

Der Beklagte wurde im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die G.-Unternehmen strafrechtlich verfolgt. Gegenstand der Anklage der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Darmstadt vom 28. März 2002 gegen den Beklagten, den Treuhänder der G.-Vermögensberatung GmbH R. J. sowie den Geschäftsführer zahlreicher G.-Unternehmen L. G. waren zu Fall-Nr. 1249-877 auch Anlagebeträge des Klägers.

Durch das - seit Mai 2005 rechtskräftige - Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004 wurden L. G. wegen mehrfachen Betruges und Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten und R. J. wegen zweifachen Betruges und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Urteilsabschrift Bl. 81-140 d.A. Bezug genommen. Der Beklagte war bereits durch das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003 rechtskräftig wegen Untreue und Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden, nachdem er ein Geständnis abgelegt hatte; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Kopie des Strafurteils Bl. 24-46 d.A. verwiesen. Die angeklagten Taten zum Nachteil des Klägers waren im Verlaufe des Verfahrens gegen den Beklagten gemäß § 154 StPO eingestellt worden.

Sämtliche G.-Unternehmen sind insolvent.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nach Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens örtlich und international nicht zuständig. Handlungsort i.S. dieser Vorschrift sei nicht der Wohnort des Klägers. Für den Betrugsvorwurf seien die behaupteten Täuschungshandlungen durch den Vermittler und die Prospekte irrelevant. Eine Handlung des Beklagten, die die Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB in dieser Phase erfülle, sei nicht gegeben. Der Kläger habe nicht dargetan, bei welcher Veranstaltung der Vermittler Gr. und wie dieser instruiert worden sei. Selbst wenn der Beklagte Herrn Gr. im Hinblick auf einen etwaigen Betrug zu Lasten des Klägers geschult haben sollte, dürfte es sich hierbei um eine straflose Vorbereitungshandlung handeln, die die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ nicht begründen könne. Im Übrigen habe das Landgericht Darmstadt den Beklagten ohnehin für die den Komplex „S.-Bank„ betreffenden Taten nicht wegen Betruges verurteilt.

Unschlüssig sei der klägerische Vortrag, soweit er den unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003 behaupteten Aufbau eines betrügerischen „Schneeballsystems„ betreffe. Vorbringen dazu, durch welche Handlungen der Beklagte Einfluss auf die Errichtung eines Schneeballsystems genommen habe, fehle. Auf das Strafurteil könne sich der Kläger nicht stützen, denn der Tatkomplex „S.-Bank„ sei nicht als Betrug, sondern als Untreue zu Lasten der Anleger gewertet worden. Der Handlungsort der Untreue liege indes in der S.. Auch der Erfolgsort der Untreue befinde sich nicht am Wohnort des Klägers, denn hierunter könne nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ nur der Ort verstanden werden, an dem der Betroffene direkt geschädigt sei. Der Schaden des Klägers sei jedoch an dem Teil seines Vermögens eingetreten, der sich auf dem Konto in der S. befunden habe. Ob er zudem Einbußen an seinem Gesamtvermögen an seinem Wohnort erlitten habe, spiele im Rahmen des – restriktiv auszulegenden – Art. 5 Nr. 3 LugÜ keine Rolle.

Schließlich könne die behauptete Übersendung kontoauszugähnlicher Anlageübersichten und Gewinnbescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt keinen Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ begründen, denn diese dienten allenfalls zur Verschleierung der Untreue und stellten damit eine mitbestrafte Nachtat dar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt. Er meint weiterhin, auf Grundlage des Strafurteils gegen den Beklagten, das er sich zu Eigen gemacht habe, sei von einer am Wohnort des Klägers begangenen Täuschungshandlung des Beklagten auszugehen. Der Beklagte müsse sich die Handlungen der Vermittler als eigene zurechnen lassen. Die spätere - von Anfang an geplante - weisungswidrige Verwendung der Gelder könne an der tatbestandlichen Existenz des Betruges nichts ändern; dieser begründe die deliktische Haftung des Beklagten. Darin liege auch der Unterschied zu der von der Kammer zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart. Die Rechtsprechung des EuGH sei gleichfalls nicht heranzuziehen, denn die dort als entscheidungserheblich angesehene Ungewissheit über den Gerichtsstand, bestünde in einem Fall wie dem vorliegenden gerade nicht; ein verständiger Beklagter, der sich zur Tatbegehung Dritter bediene, könne erkennen, dass er dort verklagt werde, wo jene die schädigenden Handlungen vornähmen.

Der Kläger trägt unter Bezugnahme auf polizeiliche Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen zur Kenntnis des Beklagten betreffend u.a. die Überweisung von Anlagegeldern von einem Sammelkonto bei der S.-Bank auf das Privatkonto des „Beklagten zu 1„ – gemeint ist der in den Parallelverfahren mitverklagte R. J. – und die Kenntnis über wahrheitswidrige Versprechungen vor. Sein früherer Prozessbevollmächtigter habe - insoweit unbestritten - erstmals im Januar 2003 Einsicht in die Ermittlungsakte erhalten, eine Einsicht in Beweismittelordner oder Fallakten sei nach wie vor nicht möglich, da ihm die Akten nicht in angemessener Form zur Verfügung gestellt worden seien.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 49.136,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zu den vermeintlich falschen Instruktionen - ebenso wie dessen Berufungsvorbringen hierzu – für unzureichend und meint, dieser sei mit seinem neuen Vortrag, dem er im Einzelnen entgegentritt, präkludiert. Es liege nicht einmal eine Untreue vor. Insoweit führten die Feststellungen in dem Strafurteil nicht weiter, da dieses sich nicht dazu verhalte, gegen welche Weisung der Beklagte gehandelt haben solle. Der Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr könne diese Weisung nicht darstellen, da er lediglich für die Bundesbank ausgefüllt werde.

Auf den im Verhandlungstermin erteilten Hinweis des Senats zur sekundären Darlegungslast trägt der Beklagte zu 2. zum Zustandekommen seines Geständnisses weiter vor: Ihm sei vom Gericht mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft am 16. Dezember 2003 angeboten worden, gegen ein Geständnis eine Freiheitsstrafe zu erhalten, die es ermögliche, dass er sofort auf freien Fuß gesetzt werde; daraufhin habe er über seinen Verteidiger erklärt, die Vorwürfe würden zugestanden. Sein Geständnis im Strafverfahren habe jedoch den Tatsachen nicht entsprochen, was er bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen seine früheren Mitangeklagten auch ausgesagt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der Beklagte ist dem Kläger gegenüber zur Zahlung von Schadensersatz von insgesamt 31.985,28 € nebst beantragter Prozesszinsen (§§ 291, 288 BGB i.V.m. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB) verpflichtet.

1. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam, die der Senat gemäß Art. 19 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (im Folgenden: LugÜ) selbständig zu prüfen hat, ist entgegen der Auffassung der Kammer und des Beklagten gemäß Art. 5 Nr. 3 LugÜ, das für die S. gilt und in der Bundesrepublik Deutschland am 1. März 1995 (BGBl. II S. 221) in Kraft trat, gegeben.

22Gemäß Art. 5 Nr. 3 LugÜ ist das Gericht des Ortes international zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der Begriff der unerlaubten Handlung ist autonom auszulegen. Er bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpfen (st. Rspr. des EuGH zum gleichlautenden Art. 5 Nr. 3 EuGVO: EuZW 2005, 177, 178; NJW 1988, 3088, 3089). Unter Art. 5 Nr. 3 LugÜ fallen demnach deliktische Ansprüche, die mit vertraglichen oder anderen gesetzlichen Ansprüchen konkurrieren, ohne direkt an den Vertrag anzuknüpfen (vgl. Wieczorek/Schütze-Hausmann, ZPO, 1994, Art. 5 EuGVO Rdnr. 50; Münchner Kommentar-Gottwald, ZPO, 2. Aufl. 2001, Art. 5 EuGVÜ, Rdnr. 41). Unter den Begriff fällt insbesondere auch eine Schädigung des Anlegers bei der Kapitalanlage (vgl. OLG Köln, Urteil vom 5. April 2005 - 15 U 153/04).

Dabei genügt zu Begründung der Zuständigkeit des internationalen Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung gemäß Art. 5 Nr. 3 LugÜ - ebenso wie zur Begründung des Wahlgerichtsstandes gemäß § 32 ZPO (dazu BGH NJW 1987, 594) -, dass der Kläger schlüssig Tatsachen vorträgt, aus denen sich das Vorliegen einer im Geschäftsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Zu Recht hat das Landgericht allerdings die Begründung der internationalen Zuständigkeit des Gerichts am Wohnort des Klägers verneint, soweit er eine Veruntreuung des Anlagebetrages und einen ihm hieraus entstandenen Vermögensschaden behauptet.

aa) Bereits nach der dargelegten Definition des Begriffs der unerlaubten Handlung i.S. des Art. 5 Nr. 3 LugÜ, der sich nach h.M. auf alle nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpfenden Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird (EuGH EuZW 2005, 177, 178), kommt eine internationale Zuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Klägers für die Klage, die sich auf die Veruntreuung des Anlagekapitals durch den Beklagten stützt, nicht in Betracht. Die mit einer Untreue zum Nachteil des Klägers begründete Klage knüpft nämlich unmittelbar daran an, dass der Beklagte vertragliche Vermögensbetreuungs- und -verwaltungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt hat. Dass diese dem Beklagten vorgeworfenen Handlungen die Qualität strafbaren Handelns erreichen, ändert nichts daran, dass im Vordergrund die Verletzung vertraglicher Pflichten steht und diese auch - und gerade - den Charakter des deliktischen Rechtsverhältnisses prägt: Die behauptete deliktische Haftung gemäß den §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB knüpft - objektiv - an die Verletzung einer vertraglich dem Beklagten eingeräumten Vermögensfürsorgepflicht an.

bb) Es kommt hinzu, dass anerkanntermaßen die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist„, im Sinne des gleichbedeutenden Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sowohl den Ort, an dem der Schaden entstanden ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens bezeichnen kann. Sie kann jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an den die schädigenden Folgen des Umstandes spürbar werden können, der bereits einen Schaden verursacht hat, der an einem anderen Ort entstanden ist. Eine Auslegung dahin, dass der Ort eingeschlossen wird, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Vertragsstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behauptet, scheidet damit aus (vgl. EuGH „Kronhofer/Maier u.a.„ EuZW 2004, 477, 478; „Marinari/Lloyds Bank u.a.„ JZ 1995, 1107 f.). Wird - wie hier durch § 266 StGB - das Vermögen als solches geschützt, so begründet der Ort des ursprünglichen Vermögensschadens den Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LugÜ (ebenso Bülow/Bockstiegel: Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen 2005, Art. 5 LugÜ, B I 1e Rdnr. 113 m.w.N.). Eine andere Auslegung würde - wie der EuGH (EuZW 2004, 477, 478) zutreffend ausführt - von ungewissen Umständen wie dem Ort des Mittelpunkts des Vermögens des Geschädigten abhängig machen und liefe damit einem der Ziele des Übereinkommens zuwider, nämlich den Rechtsschutz der in den Mitgliedstaaten ansässigen Personen dadurch zu stärken, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und einem verständigen Beklagten erkennbar wird, vor welchem Gericht er verklagt werden kann.

Im vorliegenden Fall scheidet damit die behauptete Veruntreuung des Anlagebetrages als das die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam begründende „schädigende Ereignis„ aus. Der dem Kläger nach seinem Vorbringen zugefügte unmittelbare Vermögensnachteil - der Umstand, dass der Kapitalanlagebetrag einem überaus großen Verlustrisiko wegen Durchführung riskanter Devisentermingeschäfte ausgesetzt werde - trat nicht am Wohnort des Klägers ein, sondern in der S.. Dass die tatbestandsmäßigen Handlungen zur Verwirklichung der Untreue am Wohnort des Klägers ausgeführt wurden, ergibt sich aus dem Klägervortrag nicht.

b) Soweit der Kläger die internationale Zuständigkeit darauf stützt, dass die Täuschungshandlung und der Vermögensschaden als Tatbestandsmerkmale eines Betruges gemäß § 263 StGB am Wohnort des Klägers vorgenommen worden bzw. eingetreten seien, hat die Kammer die oben dargestellten Anforderungen an den zur Begründung der (internationalen) Zuständigkeit erforderlichen Klägervortrag überspannt.

aa) Der Sachvortrag ist zwar nicht hinreichend schlüssig, soweit der Kläger die Täuschungshandlung darin sieht, dass ihm durch den vom Beklagten instruierten Vermittler wahrheitswidrig versprochen worden sein soll, das Kapital werde sicher angelegt, tatsächlich sei es in das vom Beklagten mit aufgebaute „Schneeballsystem„ eingespeist und zur Auszahlung von Renditen und Boni von Altanlegern und Provisionsansprüchen von Vermittlern verwendet worden.

Der Kläger stützt sich insoweit in erster Instanz allein auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Darmstadt vom 28. März 2002 und das gegen den Beklagten ergangene Urteil der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003; hieraus ergibt sich indes weder die behauptete Täuschungshandlung noch der erforderliche subjektive Tatbestand.

Der Vorwurf in der Anklageschrift - auf den Seiten 4 und 5 – lautete, die drei Angeschuldigten, also auch der hiesige Beklagte, hätten „ein betrügerisches Schneeballsystem„ aufgebaut. Nach den Feststellungen des Landgerichts Darmstadt in seinem Urteil vom 16. Dezember 2003 wurde der hier streitgegenständliche Kapitalbetrag nicht in ein „betrügerisches Schneeballsystem„ eingespeist, sondern - der Umgang des Beklagten mit von Anlegern auf Einzelkonten bei der S.-Bank in Genf überwiesenen Geldbeträgen wird vom Tatkomplex „S.-Bank„ erfasst - vom hiesigen Beklagten in Devisentermingeschäfte investiert. Ausweislich des Strafurteils konnte dem Beklagten überdies eine Kenntnis davon, dass die von Anlegern auf Konten in der S., Li. und L. eingezahlten Gelder „überwiegend (...) in einer für ein Schneeballsystem typischen Weise dazu verwendet wurden, Auszahlungen an Altanleger, Renditezahlungen an Anleger und Provisionszahlungen an die Vermittler der G.-Firmengruppe zu befriedigen„ (Seite 13 f. SU), nicht nachgewiesen werden.

Tatsächliche Umstände, die gleichwohl auf Verwendung des Anlagekapitals des Klägers zur Einspeisung in ein Schneeballsystem und die Kenntnis des Beklagten hiervon schließen lassen, trägt der Kläger nicht vor. Vielmehr räumte er bereits in seiner Replik vom 12. Mai 2005 ein, dass das von ihm herangezogene Urteil der 9. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt die fehlende Kenntnis des Beklagten feststellt. Den vom Kläger eingereichten, reproduzierten Kontoauszügen seines Kontos bei der S.-Bank (Bl. 185 ff. d.A.) lässt sich – wie das Landgericht Potsdam zutreffend ausgeführt hat – nicht entnehmen, dass der Anlagebetrag dazu verwendet wurde, Auszahlungen an Altanleger, Renditezahlungen an Anleger und Provisionszahlungen an die Vermittler der G.-Firmengruppe vorzunehmen; vielmehr wurden damit Devisentermingeschäfte durchgeführt.

34bb) Wie der Senat bereits im Verhandlungstermin vom 8. Februar 2006 ausgeführt hat, ist der Sachvortrag hinreichend schlüssig zur Begründung der internationalen Zuständigkeit, soweit der Kläger eine an seinem Wohnort begangene Täuschung durch den vom Beklagten instruierten, selbst vorsatzlosen Vermittler Gr. und einen hierdurch verursachten Irrtum über die Renditesicherheit der vermittelten Kapitalanlage behauptet.

Der Kläger hat bereits in erster Instanz vorgetragen, ihm sei vor Abschluss des Anlagevertrages in seiner Wohnung wahrheitswidrig durch den vom Beklagten instruierten Vermittler Gr. versprochen worden, dass sein Anlagekapital auf einem Einzelkonto angelegt, abgesichert und in konservative Geldanlagen, nämlich sichere Staatsanleihen mit einer Rendite von 8,25 % und einem Bonus von 3,75 %, investiert würde. Tatsächlich habe der Beklagte - wie es von Anfang an beabsichtigt gewesen sei - den Betrag für höchst riskante Devisenspekulationen verwandt und das überaus große Risiko des Verlustes des Anlagebetrages zumindest billigend in Kauf genommen. Dem Kläger sei dadurch ein Schaden entstanden, so sei bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten aus der G.-Gruppe das Anlagekapital nicht mehr vorhanden gewesen und er habe auch die Rendite nicht erhalten.

Dieses Vorbringen des Klägers, auf das es - ebenso wie für die Begründung des besonderen Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO allein maßgeblich ankommt - enthält diejenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich eine am Wohnort des Klägers begangene unerlaubte Handlung - (Eingehungs-)Betrug in mittelbarer Täterschaft gemäß den §§ 263, 25 Abs. 1 StGB - ergibt. Die behauptete Täuschung des Klägers in seiner Wohnung durch den - selbst vorsatzlosen - Vermittler Gr. vor Abschluss des Anlagevertrages stellt die zur Verwirklichung des Betruges nach § 263 StGB - die Qualifizierung des Geschehens als unerlaubte Handlung richtet sich nach dem am Gerichtsort geltenden, also deutschem Recht (BGH Urteil vom 26. Februar 1996, XII ZR 181/93) - tatbestandliche Täuschungshandlung dar; Handlungsort ist, wenn wie hier die eigentliche Tathandlung durch einen sogenannten Tatmittler erfolgt, jedenfalls auch der Tätigkeitsort des Tatmittlers.

2. Die Klage ist in Höhe von 31.985,28 € begründet.

a) Der Beklagte ist dem Kläger gemäß den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263, 25 Abs. 1 StGB zum Schadensersatz verpflichtet.

39aa) Dem Kläger obliegt als Geschädigtem die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung eines Schutzgesetzes. Der Geschädigte hat grundsätzlich alle Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus den sich die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale eines Schutzgesetzes ergibt. Liegt die behauptete Schutzgesetzverletzung in der Verwirklichung eines Straftatbestandes, so bewirkt eine strafrechtliche Verurteilung weder eine Beweislastumkehr noch entfaltet das Strafurteil eine Bindungswirkung für die Zivilgerichte; diese haben vielmehr die Tatbestandsvoraussetzungen des Straftatbestandes selbständig zu prüfen. Auch entfaltet ein in einem anderen Prozess abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO; es ist jedoch im Rahmen freier Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen (BGH Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 136/02).

An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen zudem keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. nur BGH NJW 2000, 3286, 3287; NJW-RR 2002, 1433, 1435; NJW-RR 2003, 69, 70). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind (BGH NJW 2002, 825, 826). Es entspricht st. höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Darlegungslast des Pflichtigen, wenn es um Geschehnisse aus dem Bereich der anderen Partei geht, durch eine sich aus § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht des Gegners gemindert wird. Darüber hinaus erlegt die Rechtsprechung – auch des Senats – dem Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei dann eine gewisse (sekundäre) Behauptungslast auf, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr näher darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH NJW-RR 2002, 1280; NJW 1990, 3151).

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist die Schadensersatzpflicht des Beklagten aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB zu bejahen.

(1) Der Kläger hat die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen zu seinen Lasten vom Beklagten begangenen Betrug nach § 263 StGB (noch) hinreichend substantiiert vorgetragen. Der Beklagte hat den Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend bestritten.

(a) Der Kläger hat (auch) die als Anlage K 7 zur Klageschrift und Anlage K 8 zur Replik eingereichten Strafurteile der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt unmissverständlich zum Gegenstand seines Sachvortrags gemacht. Damit sind nicht nur die vom Landgericht Darmstadt in seinem gegen den Beklagten ergangenen Strafurteil vom 16. Dezember 2003 unter Ziffer II. getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu seinem Sachvortrag geworden, wonach der Beklagte in die Gewinnung von Anlegern für die G.-Anlagekonzeption in der Weise eingebunden war, als diese den Anlegern durch Take-OFF-Veranstaltungen, Vermittlerschulungen, Kundenseminare, Prospektmaterial und Kundengespräche auf Veranlassung von Herrn G. mit Wissen und mit Billigung des Beklagten vorgestellt wurde; die Anlagestrategie stellte das Anlegerrisiko als „nur theoretisch„ bestehend dar und versprach eine Mindestrendite von 8,25 %. Die der Beauftragung des Beklagten durch die jeweiligen Anleger zugrunde liegende G.-Anlagekonzeption wurde mit Wissen und Wollen des Beklagten gegenüber den Anlegern so dargestellt, dass bei diesen - wie beabsichtigt - der Eindruck entstand, die Anlage ihrer Gelder sei praktisch risikofrei; der Beklagte führte jedoch entgegen der Weisung im Innenverhältnis höchst riskante Devisentermingeschäfte für die jeweiligen Anleger aus und setzte damit wissentlich und willentlich das Vermögen der Anleger einem überaus großen Verlustrisiko aus.

Der Kläger hat zudem geltend gemacht, dass bei Abschluss seines Anlagevertrages in gleicher Weise vorgegangen worden sei, und er unstreitig vom eingesetzten Kapital (100.000,00 DM) nur 24.399,07 € zurückerhalten hat.

Dieser Vortrag beinhaltet sämtliche objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Betruges gemäß § 266 StGB zum Nachteil des Klägers.

Dass die 9. Große Strafkammer den Beklagten, was den allein hier maßgeblichen „Tatkomplex S.-Bank„ betrifft, nicht wegen Betruges, sondern wegen Untreue verurteilt hat, steht – entgegen der Auffassung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 24. Februar 2006 – der rechtlichen Bewertung des vorgetragenen Geschehensablaufes als Betrug zum Nachteil des Klägers in mittelbarer Täterschaft nicht entgegen. Ohnehin obliegt die rechtliche Bewertung des im Zivilverfahren vorgetragenen Sachverhalts auch, soweit es um eine strafbare Handlung geht, zu der bereits eine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist, dem Zivilgericht, mithin vorliegend dem Senat. Aus Sicht der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts Darmstadt stellten sich die der Veruntreuung des Anlagekapitals vorangegangenen Handlungen als mitbestrafte Vortrat dar; der insoweit verwirklichte Betrug wird – dies verkennt der Beklagte – im Wege der so genannten unechten Konkurrenz (hier: Konsumtion) von der Untreue verdrängt.

(b) Inhalt des klägerischen Sachvortrags ist darüber hinaus gewesen, dass diese von der 9. Großen Strafkammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen – was sich aus den Urteilsausführungen zu Ziffer IV und Ziffer V 4. ergibt – u.a. auf der glaubhaften geständigen Einlassung des hiesigen Beklagten in der Hauptverhandlung beruhten, und zwar sowohl als es den objektiven Straftatbestand, als auch die subjektiven Tatumstände betrifft.

Vor diesem Hintergrund und den oben unter aa) dargestellten Erwägungen genügt es – wie der Senat im Verhandlungstermin ausführlich dargestellt hat – nicht, dass sich der Beklagte schlicht darauf beruft, dieses Geständnis sei in Folge einer Absprache zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft zustande gekommen und stelle ein lediglich taktisches Geständnis zur Erlangung einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren dar. Dieser Einwand berührt die Richtigkeit des Eingeständnisses im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beklagten in der G.-Gruppe ohnehin nicht.

Der Beklagte kann sich überdies nicht auf die bloßen Behauptungen zurückziehen, er habe nicht versichert, dass kein Anlagerisiko bestehe, habe nicht erklärt, in Staatsanleihen zu investieren, habe den Kläger weder wahrheitswidrig zur Einzahlung des Kapitals bestimmt, noch einen Irrtum aufrechterhalten; ihm sei die Ausweisung der Anlage als risikolos nicht bekannt gewesen. Angesichts seiner geständigen Einlassung in dem Strafverfahren, wonach die vom Kläger vorgetragene Verbreitung und Vermittlung der G.-Anlagen an die Anleger allgemein mit „Wissen und Wollen„ des Beklagten erfolgte, hätte es ihm – auch hierauf hat der Senat im Verhandlungstermin hingewiesen – oblegen, im einzelnen darzutun, dass und aus welchen Gründen sein Geständnis – wie er nunmehr behauptet – „falsch„ ist.

50(c) Der Beklagte hat mit der Abgabe seines Geständnisses im Strafverfahren – unabhängig von der Frage, welchen konkreten Wortlaut und Inhalt seine geständige Einlassung hatte – zu erkennen gegeben, dass die ihm im einzelnen bekannten strafrechtlichen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen. Das Geständnis des hiesigen Beklagten im Strafverfahren stellt nicht nur – auf der Beweisebene – ein starkes Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen dar, das gegebenenfalls eine so große Überzeugungskraft entfaltet, dass es zur richterlichen Überzeugungsbildung ausreicht; es führt vielmehr im vorliegenden Fall dazu, dass zunächst der Beklagte im Sinne einer sekundären Behauptungslast gehalten ist, die Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsachen darzulegen. Er allein verfügt – im Gegensatz zum Kläger – über diejenigen Kenntnisse und Informationen zum Gang der strafrechtlichen Hauptverhandlung und den Einzelheiten des Zustandekommens seiner geständigen Einlassung, die es ihm ermöglichen, schlüssig darzutun, dass und in welchen Punkten sein Geständnis objektiv nicht der Wahrheit entsprochen hat. Hierzu im Einzelnen vorzutragen bestand – auch dies ist im Verhandlungstermin des Senats erörtert worden – um so mehr Veranlassung, weil die geständige Einlassung nach insgesamt 66 Verhandlungstagen erfolgte, mithin – dies ist unwidersprochen geblieben – zu einem Zeitpunkt, zu dem – selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellte, dass etwa wegen einer Rüge der Gerichtsbesetzung ein Tag bis zur Verlesung der Anklageschrift vergangen, die Einlassungen der seinerzeit drei Angeklagten zur Person mehrere Tage in Anspruch genommen und in einigen Verhandlungsterminen lediglich eine Urkunde verlesen worden sein sollte – bereits umfangreich Beweis erhoben worden sein muss. Das Ergebnis dieser bis zur Abgabe des Geständnisses durchgeführten Beweisaufnahme stand nicht nur ausweislich der unter Ziffer III des Strafurteils vom 16. Dezember 2003 dargelegten tragenden Erwägungen für die Verurteilung in Einklang mit der geständigen Einlassung; hierfür spricht auch die Erklärung des Beklagten selbst, es habe sich um ein „taktisches„ Geständnis gehandelt: Der von ihm geschilderte Geschehensablauf, der letztlich zum Abschluss eines „deals„ – geständige Einlassung mit der Zusage einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und Aussetzung des Strafrests zur Bewährung – geführt hat, setzt regelmäßig voraus, dass nicht nur das Gericht aufgrund des Ergebnisses der bis dahin durchgeführten Beweisaufnahme von einer Verurteilung des betroffenen Angeklagten ausgeht, sondern auch letzterer ernsthaft mit einer Verurteilung rechnet – mag er sich subjektiv auch weiterhin für unschuldig halten. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, der im Strafverfahren geständigen beklagten Partei im Zivilrechtsstreit mit dem Geschädigten aufzuerlegen, konkrete Umstände darzutun, die an der (objektiven) Wahrheit seiner in Einklang mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme im Strafverfahren stehenden geständigen Einlassung zweifeln lassen. Derartige konkrete Umstände trägt der Beklagte indes auch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. Februar 2006 nicht vor.

(d) Dass der hier geltend gemachte Kapitalanlagebetrug nicht Gegenstand des Strafverfahrens war, ändert an der dem Beklagten obliegenden Verpflichtung, zur Unrichtigkeit seiner geständigen Einlassung im Einzelnen vorzutragen, nichts.

Ausweislich der – auszugsweise – eingereichten Anlage I zur Anklageschrift vom 28. März 2002 und des gegen die vormals mitangeklagten Herren G. und J. ergangenen Strafurteils vom 3. Juni 2004 (Tabelle 3, Seite 83, Bl. 102 d.A.) war der hier streitgegenständlichen Anlagebetrag zunächst Gegenstand des Strafverfahrens gegen den hiesigen Beklagten und dieses wurde – offenbar als Folge seiner geständigen Einlassung – gemäß § 154 StPO eingestellt.

Nach dem durch die eingereichten Unterlagen belegten klägerischen Vorbringen war die Art der Vorgehensweise unzweifelhaft identisch mit denjenigen Tathandlungen des „Tatkomplex S.-Bank„, wegen derer der Beklagte zusammen mit den Herren J. und G. angeklagt und für die der Beklagte wegen Untreue mit einer Einsatzstrafe von drei Jahren verurteilt worden war. Es ist – auch dies ist vom Senat erörtert worden – weder dargetan noch ersichtlich, dass ausgerechnet bezüglich des Klägers von den seinerzeit Beteiligten – oder auch nur dem Beklagten – eine andere Vorgehensweise bei der Verbreitung und Vermittlung der G.-Anlage gewählt wurde. Vielmehr teilt der Beklagte selbst – soweit er sie für sich günstig hält – tatsächliche Umstände mit, die nach den ergangenen Strafurteilen genau der stets gehandhabten Vorgehensweise der dort Beteiligten entsprechen. So legt er etwa dar, es habe „obligatorisch„ zu den Kontoeröffnungsunterlagen ein sog. „Revers für Termin- und Optionsgeschäfte„ (Bl. 53 ff. d.A.) beigelegen, das zur Kontoeröffnung habe unterzeichnet werden müssen. Damit räumt der Beklagte bereits ein, dass die Vorgänge betreffend die Kapitalanlage des Klägers keine außergewöhnlichen waren, sondern mit dem üblichen Vorgehen bei G.-Anlagen übereinstimmten. Ausweislich der Ausführungen auf S. 76 des Strafurteils vom 3. Juni 2004 entsprach die vom Beklagten behauptete Vorgehensweise genau dem Vorgehen der zunächst mitangeklagten, nach Verurteilung des Beklagten gesondert verfolgten Herren G. und J. in den so genannten S.-Bank-Fällen.

(e) Die - als wahr zu unterstellende - Unterzeichnung dieses Revers nebst „Merkblatt über die Merkmale und Risiken von Termin- und Optionsgeschäften„ steht schließlich weder einer Täuschungshandlung, noch der Irrtumserregung entgegen. Nach dem schlüssigen klägerischen Vorbringen erfolgten die Täuschung und die Irrtumserregung zeitlich vor Abschluss des eigentlichen Anlagevertrages. Der Irrtum, der letztlich für die Vermögensverfügung – Abschluss des Anlagevertrages und Überweisung des vereinbarten Anlagekapitals auf das Konto bei der S.-Bank – ursächlich war, konnte nicht durch das Revers nebst Merkblatt aufgeklärt werden. Es handelt sich hierbei nach dem eindeutigen Wortlaut um eine Erläuterung der S.-Bank gegenüber ihrem Kunden. Auch der Verfasseraufdruck „S.Bank (S.) AG„ (oben rechts) steht der Annahme entgegen, das „Revers für Termin- und Optionsgeschäfte„ beinhalte Erklärungen des Beklagten oder der G. F. S. gegenüber dem Anleger.

bb) Die haftungsbegründende Kausalität liegt ebenfalls vor.

Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten für einen rechtlich missbilligten Erfolg ursächlich war, betrifft den konkreten Haftungsgrund, d.h. die Tatsachen, aus denen sich die Haftung des Handelnden für die Folgen seines Tuns ergibt. Sie ist im Rahmen des § 286 ZPO zu beantworten, im Gegensatz zu der gedanklich später liegenden, welche Schäden im Einzelnen das von dem Handelnden herbeigeführte Schadensereignis ausgelöst hat. Insoweit handelt es sich zwar ebenfalls um eine Frage des Ursachenzusammenhangs; sie stellt sich jedoch nicht im Rahmen des Haftungsgrundes als solchen und ist daher einer freieren Beurteilung nach § 287 ZPO zugänglich.

Gemessen an diesen Anforderungen ist der Eintritt eines durch dem Beklagten zurechenbare Betrugshandlungen verursachten (Erst-)Schadens zu bejahen.

Unbestritten hat der Kläger jedenfalls seinen Anlagebetrag von 100.000,00 DM, umgerechnet 51.129,19 €, nicht in voller Höhe zurückerhalten, sondern lediglich 24.399,07 €. Darüber hinaus hat er – auch das ist unstreitig – die versprochene Rendite nicht erhalten. Jedenfalls ist diese Vermögenseinbuße – die zweifellos in den Schutzbereich des § 263 StGB fällt – adäquat durch das dem Beklagten zurechenbare betrügerische Verhalten verursacht worden. Der Beklagte ist dem klägerischen Vortrag zu einem vom ihm verursachten (Vermögens-)Schaden nicht hinreichend entgegengetreten. Sein Vorbringen, der teilweise Verlust des Anlagekapitals sei erst nach seiner Entlassung aus der G.-Unternehmensgruppe am 12. Mai 2000 entstanden, bis zu diesem Zeitpunkt habe das Konto „noch„ den Anlagebetrag bzw. Gewinne aufgewiesen, fehlte jegliche Substanz. Dem Beklagten, der als Verwalter des Anlagekapitals und Inhaber einer Kontovollmacht Kenntnis von den Bewegungen auf dem Konto des Klägers bei der S.-Bank hatte, hätte es oblegen, konkret zum Kontostand bzw. den Valutaständen zum Zeitpunkt seines Ausscheidens vorzutragen. Eines Hinweises gemäß § 139 ZPO - und der Gewährung einer Schriftsatznachlassfrist - bedurfte es schon deshalb nicht, weil es auf der Hand lag, dass die bloße Behauptung, bis zu seinem Ausscheiden aus der G.-Gruppe habe das Konto noch den Anlagebetrag bzw. Gewinne aufgewiesen, erkennbar unzureichend war. Es kommt hinzu, dass die vom Kläger eingereichten Postenauszüge zum 31. Dezember 1999 für das Konto einen deutlichen Negativsaldo aufzeigten (Drachmen: - 163.213,00, Japanischer Yen: -145.048,00, US-Dollar: 0, Euro: -89,60) und zum 1. Juli 2000 - auch unter Berücksichtigung geringer Abweichungen der konkreten Tageskurse zu den ausgewiesenen Kursen - nur ein Bruchteil des Anlagekapitals vorhanden war (Drachmen: -2.379,00, Japanischer Yen: +128.655,00 ~ 1.271 €, US Dollar: -87,19, Euro: +22.842,70).

b) Die Höhe des eingetretenen Schadens ist vom Kläger nur teilweise hinreichend dargelegt und durch die eingereichten Unterlagen belegt. Der Senat geht von einem - grundsätzlich - erstattungsfähigen Schaden in Höhe von 39.981,60 € aus (§ 287 ZPO).

aa) Neben dem verlorenen Anlagekapital von 26.730,12 € kann der Kläger als erstattungsfähigen Schaden gemäß den §§ 249 ff. BGB die vereinbarte Rendite bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerden s der Kündigung, insgesamt 7.572,24 €, geltend machen.

Die dem Kläger zugefügte Schädigung dadurch, dass wider besseres Wissen und mit Billigung des Beklagten Anlageinteressenten die Anlage als nahezu risikofrei dargestellt wurde, um sie zur Investition zu bewegen, ist (mit)ursächlich für einen möglicherweise erst nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der G.-Unternehmensgruppe durch das Eingreifen Dritter – anderer G.-Mitarbeiter, die Zugriff auf das Konto hatten – entstandenen Schaden und ist dem Beklagten auch unter Wertungsgesichtspunkten zuzurechnen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unterbricht ein in den Kausalverlauf eingreifendes Fehlverhalten den Zurechnungszusammenhang regelmäßig nicht; etwas anderes gilt nur dann, wenn der weitere Schaden durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten des Dritten ausgelöst worden ist, da unter solchen Voraussetzungen zwischen den beiden Schadensbeiträgen bei wertender Betrachtung nur ein äußerlicher, gleichsam „zufälliger", Zusammenhang besteht und dem Erstschädiger ein Einstehenmüssen auch für diese Schadensfolgen billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann. Dies ist hier indes nicht der Fall.

Soweit die Durchführung von Devisentermingeschäften nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der G.-Unternehmensgruppe auf Veranlassung von Herrn G. oder durch diesen - aufgrund einer ihm erteilten Kontovollmacht - erfolgte, haftet der Beklagte bereits nach § 830 Abs. 1 BGB. Wurden die risikoreichen Geschäfte von einem anderen, nicht in die Vorgehensweise der Herren G., J. und des Beklagten involvierten Mitarbeiter der G.-Gruppe fortgeführt, ist auch dies nach den genannten Zurechnungskriterien dem Beklagten zuzurechnen. Es hätte sich dann das ohnehin seit Investition in die vermeintlich sichere Kapitalanlage immanente - und auch vom Beklagten zu verantwortende - Schadensrisiko verwirklicht, denn das Anlagevermögen wurde durch die vom Beklagten gebilligte Anwerbung von Interessenten diesem Zugriff Dritter überhaupt erst ausgesetzt.

bb) Rechtsverfolgungskosten kann der Kläger indes nicht geltend machen. Dies ist vom Senat im Termin vom 8. Februar 2006 im Einzelnen erörtert worden; für eine Wiedereröffnung der ohne Rechtsfehler geschlossenen Verhandlung gemäß § 156 ZPO besteht im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 27. März 2006 keine Veranlassung.

(1) Ein Anspruch auf Erstattung einer Besprechungsgebühr in Höhe von 847,38 € steht dem Kläger nicht zu. Es ist schon nicht dargetan, ob ihm oder seiner Rechtschutzversicherung („hat dieser bzw. seine Rechtschutzversicherung„) diese Kosten entstanden sind, und – wenn letztere die Besprechungsgebühr beglichen hat – aus welchen Gründen der Kläger anspruchsberechtigt sein soll. Zu den Voraussetzungen der Entstehung einer Besprechungsgebühr gemäß § 118 BRAGO ist nichts dargetan; auch zur Fälligkeit der Forderung (§ 18 BRAGO) fehlt jeglicher Vortrag. Mangels konkreten Sachvortrages war dem Beweiserbieten im Schriftsatz vom 12. Mai 2005 nicht nachzugehen.

(2) Auch soweit der Kläger Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.-GmbH und die G. s.a.r.l. in Luxemburg hat anmelden lassen, war die Erstattungsfähigkeit der hieraus entstandenen Rechtsanwaltskosten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weder dargetan noch ersichtlich. Vertragliche Beziehungen des Klägers zu diesen Gesellschaften bestanden offensichtlich nicht. Den erhaltenen Postenauszügen lässt sich auch nicht entnehmen, dass Beträge von dem Konto des Klägers bei der S.-Bank auf ein Konto der G.-Unternehmensgruppe geflossen sind.

(3) Die für die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des L. G. angefallenen Kosten sind zwar grundsätzlich erstattungsfähige Rechtsverfolgungskosten. Der Kläger hat jedoch, nachdem der Beklagte Grund und Höhe der Kosten bestritten hatte, nicht näher zur Anmeldung der Forderung, der Kostenhöhe und zur Fälligkeit vorgetragen.

cc) Entgangene Zinserträge im Zeitraum vom Wirksamwerden der Kündigung am 21. September 2000 bis zum 1. August 2004 kann der Kläger nur in Höhe des vom Senat auf Grundlage der Renditenstatistik der Deutschen Bundesbank für festverzinsliche Wertpapiere mit einer mittleren Restlaufzeit von mehr als drei Jahren (Stand Oktober 2000) auf 5,5 % geschätzten (§ 287 ZPO) seinerzeit erzielbaren Wiederanlagezinses erstattet verlangen; insgesamt errechnet sich der insoweit entgangene Wiederanlagezins auf 5.679,24 € (26.730,12 € x 5,5 % : 365 x 1410). Der Anspruch auf Zinsen und Boni in der vereinbarten Höhe ist mit Wirksamwerden der Kündigung der Kapitalanlage entfallen.

68c) Der Kläger muss sich indes nach § 254 BGB a.F. ein Mitverschulden wegen der vom Beklagten zu 2. behaupteten und vom Kläger nicht hinreichend in Abrede gestellten Unterzeichnung des „Revers für Termin- und Optionsgeschäfte„ zurechnen lassen, dessen Höhe der Senat auf 1/5 bemisst.

Bei der von einem Anleger zu erwartenden Sorgfalt in eigenen (Geld-)Angelegenheiten hätten schon die drucktechnisch deutlich hervorgehobenen Überschriften „Revers für Termin- und Optionsgeschäfte„ und „Merkblatt über die Merkmale und Risiken von Termin- und Optionsgeschäften„ den Kläger, dem in festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen zu investieren versprochen worden war, stutzig machen und – vor Überweisung des anzulegenden Geldbetrages – zur Nachfrage veranlassen müssen.

d) Der zu erstattende Schaden beträgt danach 31.985,28 €:

Anlagekapital:51.129,19 €zuzüglich Zinsschaden: 7.572,24 € + 5.679,24 €13.251,48 €Zwischensumme:64.380,67 €abzüglich Rückzahlungsbetrag:24.399,07 €Schadenshöhe:39.981,60 €abzüglich 1/5:7.996,32 €Erstattungsbetrag:31.985,28 €e) Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus unerlaubter Handlung beginnt gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., der insoweit nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB Anwendung findet, mit Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen einschließlich des Schadens und der Person des Schädigers. Der für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat hierzu nicht ausreichend vorgetragen.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus unerlaubter Handlung beginnt gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., der insoweit nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB Anwendung findet, mit Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen einschließlich des Schadens und der Person des Schädigers. Der für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat hierzu - ohne dass es eines Hinweises des Senats gemäß § 139 ZPO bedurfte - nicht ausreichend vorgetragen.

Die für den Verjährungsbeginn hinreichende Kenntnis von einer vom Beklagten begangenen strafbaren Anlagebetruges zum Nachteil des Klägers erhielt jener nicht - wie der Beklagte meint - bereits dadurch, dass er im Juli 2000 sein Konto bei der S.-Bank auflöste und diese ihm lediglich einen Bruchteil des Anlagebetrages als vorhandenes Guthaben überwies. Denn damit war zwar offenbar, dass der Anlagebetrag nicht, wie vereinbart, in sichere Staatsanleihen investiert worden war. Es stand indes noch nicht mit der für eine erfolgversprechende Klage hinreichenden Sicherheit fest, dass der Beklagte - und nicht etwa ausschließlich andere Mitarbeiter der G.-Gruppe – an der Täuschung der Anlageinteressenten und der Veruntreuung des Anlagekapitals beteiligt war. Dass und wann der Kläger von einem gegen den Beklagten eingeleiteten polizeilichen oder staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges gemäß § 263 StGB erfahren hat, ist nicht dargetan. Der Beklagte legt auch nicht dar, wann der Kläger welche Informationen von den im August 1999 und Sommer 2000 durchgeführten Vernehmungen gehabt haben will; er teilt nicht einmal mit, ob er seinerzeit als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen wurde und welche Aussagen er getätigt haben will.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 47, 48 GKG n.F. auf 49.136,33 € festgesetzt.