KG, Beschluss vom 09.03.2006 - 21 U 4/05
Fundstelle
openJur 2012, 3335
  • Rkr:

1. Für die Entscheidung über das gegen einen Einzelrichter am OLG gerichtete Ablehnungsgesuch ist der Senat in voller Besetzung zuständig.

2. Eine Freundschaft zwischen dem Prozessbevollmächtigten einer Partei und dem abgelehnten Richter ist kein Grund, eine Voreingenommenheit anzunehmen. Sie ist lediglich im Rahmen der Gesamtwertung der zur Begründung des Ablehnungsgesuchs vorgebrachten Umstände zu berücksichtigen.

3. Eine Voreingenommenheit des abgelehnten Richters kann nicht allein daraus entnommen werden, dass er sich in einer angespannten Verhandlungssituation einer saloppen, umgangssprachlichen Fomulierung bedient.

Tenor

Das gegen den Richter ... gerichtete Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 27. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Januar 2006 den nach § 526 ZPO als Einzelrichter mit dem Rechtsstreit befassten Richter ... als befangen abgelehnt. Sie hat das Ablehnungsgesuch mit Schriftsatz vom 30. Januar 2006 begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz verwiesen (Bl. 249 - 256 d. A.). Der Richter ... hat unter dem 3. Februar 2006 eine dienstliche Äußerung abgegeben, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 257 d. A. verwiesen wird. Beide Parteien hatten Gelegenheit, zum Vorgang Stellung zu nehmen. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 24. Februar 2006 (Bl. 281 - 283) und vom 6. März 2006 (Bl. 287 - 293 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 21. Februar 2006 (Bl. 260 - 280 d. A.) verwiesen.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

1. Für die Entscheidung ist der Senat unter Hinzuziehung des nach dem Geschäftsverteilungsplans des Kammergerichts zuständigen Vertreters und nicht die nach der senatsinternen Geschäftsverteilung zuständige Vertreterin des abgelehnten Richters als Einzelrichterin zuständig.

a) Nach § 122 GVG entscheiden die Senate der Oberlandesgerichte - soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat - in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden. Für die Entscheidung über ein gegen den Einzelrichter gerichtetes Ablehnungsgesuch ist nach der ZPO eine Einzelrichterzuständigkeit nicht begründet.

5Bis zum Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes (ZPO-RG) zum 1. Januar 2002 entsprach es gefestigter, von der Literatur ganz überwiegend gebilligter Rechtsprechung, dass im Fall der Ablehnung eines einem Kollegialgericht (Kammer, Senat) angehörenden Einzelrichters der Spruchkörper in voller Besetzung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 45 Rz 4 m.w.N. und die Nachweise in der Entscheidung OLG Oldenburg NJW-RR 2005, 1660). Nach dem Inkrafttreten des ZPO-Reformgesetzes wird die Frage in der obergerichtlichen Rechtsprechung dagegen unterschiedlich beurteilt. Die im Vordringen begriffene Ansicht geht dahin, dass im Fall der Ablehnung eines einem Spruchkörper angehörenden Einzelrichters dessen regelmäßiger Vertreter zu entscheiden hat, wobei Ansatzpunkt der Argumentation die Einführung des originären Einzelrichter nach § 348 ZPO n. F. ist (OLG Karlsruhe OLGR 2003, 523 und 2004, 490; KG - 15. ZS - NJW 2004, 2104 f; OLG Naumburg MDR 2005, 1245 f; OLG Oldenburg - 15. ZS - NJW-RR 2005, 931; OLG Naumburg OLGR 2005, 789 ff; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18. November 2005 - 3 W 220/05). Der Senat schließt sich jedenfalls für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch, das sich gegen den gemäß §§ 526, 527 Abs. 4 ZPO obligatorischen Einzelrichter am Oberlandesgericht richtet, der bisher herrschenden Ansicht an, die trotz der Einführung des originären Einzelrichters und der Neufassung von § 45 ZPO durch das ZPO-RG weiterhin Geltung beanspruchen kann (vgl. OLG Frankfurt OLGR 2004, 271 f; OLG Schleswig OLGR 2005, 10 f; OLG Oldenburg - 14. ZS - NJW-RR 2005, 1660; OLG Köln OLGR 2005, 481 ff; OLG Oldenburg - 15. ZS - OLGR 2005, 82 für den Fall des obligatorischen Einzelrichters).

Nach § 45 ZPO n. F. entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO n. F. entspricht - bis auf den Zusatz „ohne dessen Mitwirkung“ - demjenigen des § 45 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO a. F. In der Einzelbegründung zum Entwurf des ZPO-RG der Bundesregierung vom 24. November 2000 (BT-Drucksache 14/4722) wird unter Nr. 4 (§ 45) zu der Änderung ausgeführt, dass mit ihr entsprechend der bisherigen Rechtsprechung eine Klarstellung und außerdem die Angleichung an § 27 Abs. 1 StPO bewirkt werden soll. Anhaltspunkte, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in Abweichung zur bisher herrschenden Meinung inhaltliche Änderungen zur Zuständigkeit bezweckt waren, bestehen nicht (vgl. auch OLG Oldenburg, NJW-RR 2005 a.a.O. und OLG Schleswig OLGR 2005 a.a.O.). Die von der bisherigen Rechtslage nach § 45 Abs. 2 ZPO a. F. abweichende Bestimmung der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Ablehnung eines Amtsrichters in § 45 Abs. 2 ZPO n. F. dient ausweislich der Einzelbegründung zum Regierungsentwurf der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Beide Gesichtspunkte lassen sich auf den Fall der Ablehnung des einem Spruchkörper angehörenden Einzelrichters nicht ohne weiteres übertragen. Denn Aktenversendung und die Befassung eines im Instanzenzug übergeordneten Gerichts entfallen (vgl. zur Beschleunigung auch OLG Schleswig OLGR 2005 a.a.O.). Ferner dient ausweislich der Einzelbegründung zum Regierungsentwurf auch die Neufassung von § 45 Abs. 2 ZPO der Angleichung an die einschlägige Regelung in der StPO. Der zweifache Hinweis auf eine Angleichung an die nach § 27 StPO geltende Rechtslage stützt die Annahme, der Reformgesetzgeber habe mit der Neufassung des § 45 Abs. 1 ZPO keine Abkehr von der bisher herrschenden Meinung bezweckt, unter einem weiteren Gesichtspunkt. Denn nach § 27 Abs. 2 StPO, § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG entscheidet über das gegen ein richterliches Mitglied der Strafkammer gerichtetes Ablehnungsgesuch die Strafkammer ohne Mitwirkung der Schöffen.

7Der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO n. F. spricht ebenfalls für die bisher herrschende Meinung. Das Wort „Gericht“ bezeichnet im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um die Regelung der Zuständigkeit geht, nicht nur das Land- bzw. Oberlandesgericht im Sinne der Gliederung der ordentlichen Gerichtsbarkeit gemäß § 12 GVG (so KG 15. ZS NJW 2004 a.a.O.). Denn Land- und Oberlandesgerichte entscheiden nicht als solche, sondern durch Kammern und Senate als Spruchkörper, denen die Richter auch in ihrer Funktion als originärer bzw. obligatorischer Einzelrichter zugeordnet sind (vgl. OLG Schleswig OLGR 2005 a.a.O.). Demgemäß heißt es in § 348 ZPO n. F., dass in den dort genannten Fällen die Zivilkammer durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber diesen Punkt im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens anders gesehen hätte, bestehen nicht (vgl. insbesondere die Einzelbegründung zum Regierungsentwurf unter Nr. 54 (§§ 348, 348 a); vgl. auch OLG Schleswig a.a.O.). Für die Oberlandesgerichte, die gemäß §§ 526, 527 ZPO n. F. eine originäre Einzelrichterzuständigkeit nicht kennen, kommt dieser Grundsatz bereits in der Formulierung des § 122 GVG deutlich zum Ausdruck. Demgemäß enthält § 45 Abs. 1 ZPO n. F. nicht nur eine Regelung der sachlichen Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gerichts der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Vielmehr stellt die Vorschrift eine die grundsätzliche Zuständigkeit des Einzelrichters für sämtliche Nebenverfahren einschränkende Sonderregelung für die Zuständigkeit bei der Entscheidung über Ablehnungsgesuche gegen den Einzelrichter dar (so auch OLG Schleswig OLGR 2005 a.a.O.).

b) Der Senat hat unter Heranziehung des nach dem Geschäftsverteilungsplan des Kammergerichts zuständigen Vertreters zu entscheiden. Denn das weitere Mitglied des Senats ... ist gemäß § 41 Ziffer 6 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen, weil er der erkennende Einzelrichter in der Vorinstanz war. Aus diesem Grund ist er auch von der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ausgeschlossen; der nur noch aus dem Vorsitzenden und einer Beisitzerin bestehende Senat ist um den geschäftsplanmäßigen Vertreter zu ergänzen (vgl. zum Vorstehenden BGH-Report 2001, 432 f).

2. Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter in den Fällen, in denen er kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist, und wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Rein subjektive Vorstellungen sind dabei nicht maßgeblich. Es muss sich vielmehr um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung wecken kann, der Richter stehe seiner Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (zum Vorstehenden: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 42 Rz 10; Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rz 9, jeweils m. w. N.). Solche Gründe hat die Beklagte nicht vorgebracht.

a) Die Beklagte stützt die Ablehnung zunächst auf eine persönliche Beziehung zwischen dem abgelehnten Richter und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers. Sie trägt vor, die Beziehung gehe über die zu Beginn der mündlichen Verhandlung offenbarte Tätigkeit des abgelehnten Richters bei dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten im Rahmen der Jahre zurückliegenden Ausbildung hinaus. Dies entnimmt sie einer Übergabe eines Schnellhefters durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers an den abgelehnten Richter vor Beginn der mündlichen Verhandlung, die mit den Worten „Ich habe dir etwas mitgebracht“ erfolgt sei, woraufhin der abgelehnte Richter geäußert habe „Ich danke dir“.

11Selbst eine über die persönliche Bekanntschaft hinausgehende Freundschaft zwischen dem abgelehnten Richter und dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten rechtfertigt indessen nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. dazu Zöller, a.a.O., § 42 Rz 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 42 Rz 22, jeweils m. w. N.). Vielmehr muss die besondere Beziehung in dem Verfahren derart in Erscheinung getreten sein, dass die ablehnende Partei den Eindruck haben muss, der Richter trenne sein persönliches Verhältnis nicht ausreichend vom Prozessgeschehen (OLG Hamburg, MDR 2003, 287 m. w. N.). Aus der Sicht einer besonnen und vernünftig wertenden Partei ist dies dann der Fall, wenn sie berechtigterweise den Eindruck haben kann, das Verhalten und/oder die Verfahrensweise des Richters beruhe auf Voreingenommenheit oder auf Willkür (siehe dazu die folgenden Ausführungen zu b) und c)). Eine freundschaftliche Beziehung ist im Rahmen der bei Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erforderlichen Gesamtwertung (vgl. dazu Zöller, a.a.O., § 42 Rz 9 m.w.N.) zu berücksichtigen und mag im Einzelfall den Ausschlag geben, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln, mit der Folge, dass das Ablehnungsgesuch als begründet anzusehen ist (vgl. dazu Zöller, a.a.O., § 42 Rz 10 m.w.N.).

Vorliegend konnte die Beklagte jedoch nicht von einer freundschaftlichen Beziehung ausgehen. Die Verwendung der vertraulichen Anrede in der zweiten Person singular rechtfertigt angesichts des offenbarten früheren Kontakts zwischen dem abgelehnten Richter und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bei vernünftiger und besonnener Betrachtung nicht die Annahme einer freundschaftlichen Beziehung. Es bedarf daher keiner Klärung der streitigen Frage, ob sich der abgelehnte Richter und der Prozessbevollmächtigte des Klägers der vertraulichen Anrede tatsächlich bedienten.

b) Was den Verlauf der Sitzung anbelangt, stützt sich die Beklagte zur Begründung des Ablehnungsgesuchs auf die vom abgelehnten Richter geäußerten Rechtsansichten und die darauf gestützten Vergleichsverhandlungen mit den Parteien. Ferner beanstandet sie, dass der abgelehnte Richter im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung eine Erklärung zur Urheberschaft des handschriftlichen Zusatzes „verschrottet“ auf der Anlage K 1 habe protokollieren wollen, obwohl unstreitig sei, dass dieser Zusatz von ihrem Geschäftsführer stamme.

Die Äußerung einer Rechtsauffassung, die die Partei für unrichtig hält, und/oder die Verfahrensweise des Richters rechtfertigen indessen nur dann die Besorgnis der Befangenheit, wenn sie auf einer unsachlichen Einstellung oder auf Willkür beruhen (BGH NJW 2002, 2396 f; KG KGR 2000, 310 f; BayObLG MDR 1977, 851; Zöller, a.a.O., § 42 Rz 24 und 28 m. w. N.). Denn das Ablehnungsverfahren dient nicht der Fehlerkontrolle (Zöller, a.a.O., § 42 Rz 28; KG KGR 2000, 310 f). Eine besonnen und vernünftig wertende Partei kann von einer Voreingenommenheit demnach nicht allein deshalb ausgehen, weil der Richter die von ihr vorgetragenen Tatsachen anders bewertet und auch ihrer rechtlichen Argumentation nicht folgt. Nichts anderes lässt sich dem Vortrag der Beklagten zu diesem Punkt entnehmen, wenn sie entscheidend darauf abstellt, dass - anders als der abgelehnte Richter dies gesehen habe - „Garnicht-Leistung Thema dieses Prozesses“ sei und die Anlage K 1 zu diesem Punkt nicht aussagekräftig sei. Selbst wenn - ausgehend vom Vortrag der Beklagten - die Urheberschaft des handschriftlichen Zusatzes auf der Anlage K 1 unstreitig sein sollte, rechtfertigt ein Bemühen um eine in diesem Fall allenfalls überflüssige Protokollierung dieser Tatsache ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit.

c) Die Beklagte stützt ihr Ablehnungsgesuch des Weiteren auf eine negative Einstellung ihr gegenüber, die sich im Verhalten des abgelehnten Richters während der mündlichen Verhandlung gezeigt habe. Im Kern rügt sie in diesem Zusammenhang, dass der abgelehnte Richter - obwohl der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich ungebührlich verhalten habe - die Androhung, die Sitzung zu schließen und einen neuen Termin anzuberaumen, permanent an sie gerichtet habe, und dass der abgelehnte Richter auf sie einen unangemessenen Druck ausgeübt habe, den Rechtsstreit vergleichsweise zu beenden, obwohl sie - anders als der Kläger - ihre Vergleichsbereitschaft bereits signalisiert gehabt habe.

Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Äußerung u. a. ausgeführt:

„... Sodann habe ich meine Sicht der Rechtslage geschildert und angeregt, im Hinblick auf ein noch nicht sicheres Ergebnis der Höhe nach sich vergleichsweise zu einigen.

Im folgenden, teilweise von beiden Anwälten erregt geführten Gespräch zeigte sich, dass eine Einigung nicht möglich zu sein schien. ...“

Die Beklagte ist der Darstellung in der dienstlichen Äußerung insoweit nicht entgegengetreten. Dass die mündliche Verhandlung von Spannungen und Erregung auf Seiten der Prozessbevollmächtigten geprägt war, wird durch die Stellungnahme des Klägers bestätigt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Androhung, die Sitzung zu schließen, nicht als willkürlich oder auf einer Voreingenommenheit gegenüber der Beklagten beruhend dar. Auf die obigen Ausführungen zur Verfahrensweise eines Richters wird verwiesen. Selbst wenn die Androhung gemäß dem Vortrag der Beklagten konkret vom Verhalten des gegnerischen Prozessbevollmächtigten veranlasst war und selbst wenn der abgelehnte Richter bei der Äußerung die Beklagtenseite angesehen haben sollte, gilt nichts anderes. In einer von beiden Seiten erregt geführten Diskussion, die zu entgleisen droht, kann eine Partei bei vernünftiger Betrachtung nicht von einer Voreingenommenheit des Richters ausgehen, der bei Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung seine Blickrichtung nicht an dem letzten Veranlasser der Maßnahme ausrichtet. Angesichts der angespannten Verhandlungssituation folgt eine Besorgnis der Befangenheit auch nicht daraus, dass der abgelehnte Richter seine Androhung ggf. laut vortrug (vgl. dazu KG KGR 2000 a.a.O.). Die Beklagte kann eine Besorgnis der Befangenheit schließlich nicht daraus herleiten, dass der abgelehnte Richter es unterlassen habe, den gegnerischen Prozessbevollmächtigten zu einem angemessenen Verhalten anzuhalten. Von der Androhung der Vertagung waren beide Parteien gleichermaßen betroffen. Die Annahme einer auf Willkür oder Voreingenommenheit beruhenden Maßnahme scheidet demgemäß aus.

Gleiches gilt, soweit die Beklagte rügt, dass der abgelehnte Richter ihren Antrag auf Protokollierung des Verhaltens des gegnerischen Prozessbevollmächtigten nicht in das Protokoll aufgenommen und dessen etwaige Ablehnung nicht protokolliert habe. Eine besonnen und vernünftig wertende Partei kann nicht allein deshalb annehmen, der Richter stehe ihr voreingenommen gegenüber, weil ihre Anträge nicht positiv beschieden werden.

21Eine auf Willkür oder Voreingenommenheit beruhende Verfahrensweise im Rahmen des Vergleichsgesprächs lässt sich dem Vorbringen der Beklagten ebenfalls nicht entnehmen. Soweit sich die Beklagte auf die rechtliche und tatsächliche Argumentation stützt, wird auf die vorstehenden Ausführungen zu b) verwiesen. Die von der Beklagten behauptete und in Wortwahl sowie Ton beanstandete Äußerung des abgelehnten Richters: „Sie werden sowieso fressen müssen, was ich entscheide. Und dann bleiben Sie auf allem sitzen.“ begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Selbst wenn der Vorgang sich in der von der Beklagten dargestellten Weise abgespielt haben sollte, kann eine vernünftig und besonnen wertende Partei daraus nicht entnehmen, der Richter stehe ihrem Anliegen voreingenommen gegenüber. Die Äußerung beruht inhaltlich weder auf Willkür noch auf einer unsachlichen Einstellung. Die behauptete Ausdrucksweise und Stimmstärke mögen in einer ruhigen Verhandlungssituation die Annahme einer Voreingenommenheit rechtfertigen. Dies ist jedoch anders, wenn die Verhandlungsatmosphäre derart angespannt ist, dass die Androhung einer Vertagung notwendig wird. In diesem Fall kann die Partei bei vernünftiger Betrachtung nicht schon dann von Voreingenommenheit ausgehen, wenn sich der Richter von der Situation nicht vollständig abgrenzen kann und sich mit erhobener Stimme einer saloppen Formulierung bedient.

Die Annahme der Beklagten, das Fehlen eines Vergleichsangebots der Klägerseite habe darauf beruht, dass man sich wegen der Bekanntschaft sicher gefühlt habe, ist reine Spekulation und besagt zudem nichts über die Einstellung des abgelehnten Richters.

Die Annahme, der abgelehnte Richter habe sich mit der Sache nicht befassen wollen und sich aufgrund der persönlichen Bekanntschaft vielmehr voll und ganz auf die Seite des Klägers geschlagen, entbehrt angesichts des Vortrags der Beklagten zum Inhalt des Rechtsgesprächs und der vorsorglichen Ladung einer Zeugin einer vernünftigen Grundlage.

d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen rechtfertigt die Gesamtwertung der von der Beklagten vorgetragenen Umstände bei ruhiger und vernünftiger Betrachtung ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der behaupteten Verwendung einer vertraulichen Anrede.

3. Gemäß § 574 Abs. 1 Ziffer 2 i. V. m. Abs. 2 Ziffer 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Bei der Zuständigkeit für Entscheidungen über Ablehnungsgesuche, die sich gegen das als Einzelrichter tätige Mitglied eines Spruchkörpers richten, handelt es sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Eine Entscheidung der nach Inkrafttreten des ZPO-RG umstrittenen Frage durch den Bundesgerichtshof ist - soweit ersichtlich - bislang nicht erfolgt.