VG Berlin, Beschluss vom 28.02.2006 - 12 A 1320.05
Fundstelle
openJur 2012, 3190
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wirdzurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 Eurofestgesetzt.

Gründe

Der Eilantrag, mit dem der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - verpflichtet wissen will, ihn zum Wintersemester 2005/06 im ersten Fachsemester des Studiengangs Zahnmedizin vorläufig zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Es fehlt bereits an dem nach § 2 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (Vergabeverordnung - VergabeVO) vom 14. März 2005 (GVBl. S. 197), geändert durch 1. Änderungsverordnung vom 21. August 2005 (GVBl. S. 448), bei der Hochschule für das Wintersemester bis zum 1. Oktober zu stellenden Antrag auf Zulassung auf einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl, da der Überkapazitätsantrag des Antragstellers erst vom 2. November 2005 datiert. Damit ist ein etwaiger Anspruch auf einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität erloschen.

Bei summarischer Prüfung ist - entgegen der Ansicht des Antragstellers - nicht davon auszugehen, dass die normierte Fristbestimmung unwirksam ist.

Soweit der Antragsteller mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG die generelle Zulässigkeit der Fristbestimmung bezweifelt, ist dem die ständige obergerichtliche Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin zur entsprechenden Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 3 BerlHZVO entgegenzuhalten. Danach verbietet die Rechtsordnung nicht, die Durchsetzung des Teilhaberrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen Anforderungen, wie einem formlos und keinen Begründungserfordernissen unterliegenden fristgebundenen Antrag, zu verbinden (OVG Berlin, Beschluss vom 20. März 2001 - OVG 5 Nc 47.00 -, zuletzt Beschluss vom 21. Mai 2004, OVG 5 Nc 33.04). Vor dem Hintergrund, dass an der Befristung der Bewerbungsmöglichkeit für nicht ausgewiesene Studienplätze ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht, weil eine zeitige Schließung des Bewerberkreises nicht nur dem Interesse der Hochschule an einem zügigen Abschluss des Zulassungsverfahrens, sondern auch einer frühzeitigen Antragstellung bei Gericht dient (OVG Berlin a.a.O.), ist es rechtlich auch unbedenklich, die Frist nicht - wie vom Antragsteller gefordert - so großzügig zu bemessen, dass die Entscheidung im Vergabeverfahren um einen innerkapazitären Studienplatz zuvor getroffen ist.

Gleichfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bestimmung des Ablaufs der Frist auf den 1. Oktober (vorliegend wegen Wochenende und Feiertag: 4. Oktober 2005) mit Blick darauf unwirksam ist, dass sie erst mit der am 13. September 2005 in Kraft getretenen 1. Änderungsverordnung der VergabeVO vom 21. August 2005 und damit tatsächlich kurzfristig (wieder) eingeführt worden ist. Ist es in der Rechtsprechung geklärt, dass der Normgeber berechtigt ist, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Regelung sogar schon auf den Zeitraum vom Normbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken und dass es den Betroffenen mit dem Tag des Beschlusses zumutbar ist, ihr Verhalten auf die beschlossene Rechtslage einzurichten (BVerfGE 97, 67, 79), so besteht kein Anhaltspunkt dafür, von der Unwirksamkeit einer normierten Ausschlussfrist, die gut zwei Wochen nach ihrer Veröffentlichung abläuft, auszugehen.

Die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. eine „Nachsichtgewährung“ entsprechend § 32 VwVfG scheidet bei summarischer Prüfung aus. Kommt eine solche Gewährung bei einer auf höherer Gewalt beruhenden Säumnis - trotz des Ausschlusscharakters der Frist - zwar in Betracht, ist dem Vorbringen des Antragstellers für das Vorliegen eines solchen Ausnahmegrundes indes nichts zu entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Kurzfristigkeit der (Wieder-) Einführung des fristgebundenen Antrageserfordernisses Grundlage höherer Gewalt geschuldeter Unkenntnis von der Fristbestimmung sein könnte. Vorliegend hat der Antragsteller nämlich nicht geltend gemacht, den Überkapazitätsantrag erst unter dem 2. November 2005 gestellt zu haben, weil er insoweit auf die ursprüngliche Regelung der VergabeVO vom 14. März 2005 vor deren Änderung vertraut habe; er hat vielmehr als Ursache der späten Antragstellung auf eine „trotz rechtzeitiger Anfrage“ verspätet erfolgte Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung verwiesen. Dass eine Verzögerung der Deckungszusage nicht als die Fristversäumnis entschuldigendes unabwendbares Ereignis im Sinne höherer Gewalt anzusehen ist, bedarf keiner weiteren Darlegung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes ergibt sich aus §§ 39 ff, 52 f des Gerichtskostengesetzes - GKG -. Das Gericht geht dabei in Einklang mit der entsprechenden Empfehlung für die Bewertung von Zulassungsstreitigkeiten im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Katalogziffer 18.1) in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) vom Auffangwert von 5.000 Euro aus, wobei dieser wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nunmehr entsprechend der jüngst geänderten Spruchpraxis des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12. August 2005 - OVG 5 L 36.05 -) im Eilverfahren ungeschmälert angesetzt wird.