VerfG des Landes Brandenburg, Beschluss vom 17.08.1995 - 7/94
Fundstelle
openJur 2012, 757
  • Rkr:
Gründe

A.

I.

Die Beschwerdeführer haben gegen die am 10. März 1994 veröffentlichte Rechtsverordnung der Brandenburgischen Landesregierung über die Verbindlichkeit des Tagebaus Jänschwalde vom 28. Februar 1994 und die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes zum Vorhaben Weiterführung des Tagebaus Jänschwalde 1994 bis Auslauf Verfassungsbeschwerde erhoben.

Durch Urteil vom 1. Juni 1995 (VfGBbg 6/95) hat das Verfassungsgericht der Kommunalverfassungsbeschwerde der Gemeinde Horno stattgegeben und die genannte Verordnung für nichtig erklärt. Es hat dies im wesentlichen damit begründet, daß die vollständige Inanspruchnahme des Gebietes der beschwerdeführenden Gemeinde eine Auflösung i.S.d. Art. 98 Abs. 2 LV darstelle, die eines Gesetzes bedarf.

II.

Die Beschwerdeführer haben daraufhin ihre Verfassungsbeschwerden hinsichtlich der Verordnung über die Verbindlichkeit des Braunkohlenplanes Tagebau Jänschwalde für erledigt erklärt sowie hinsichtlich der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes zurückgenommen. Sie beantragen nunmehr, dem Land Brandenburg die Erstattung der notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Das Gericht habe in seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht. daß bei Aufstellung des Braunkohlenplanes der durch Art. 25 LV garantierte Schutz der Sorben nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Damit sei ihrem Anliegen Rechnung getragen worden. Für eine Kostenerstattung spreche ferner, daß die Verfassungsbeschwerde zur Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung - der Rechtsnatur des Art. 25 LV - beigetragen habe.

Der Landtag Brandenburg hält eine Auslagenerstattung nicht für gerechtfertigt.

B.

I.

Das Verfahren ist gemäß § 13 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) i.V. m. § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung einzustellen, weil die Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde teils für erledigt erklärt, teils zurückgenommen haben. Beide Erklärungen haben zur Folge, daß die Sache nicht mehr zur Entscheidung steht (vgl. BVerfGE 85, 109, 113). Dabei kann dahinstehen, ob das Verfassungsgericht in Einzelfällen befugt ist, aus Gründen der verfassungsgerichtlichen Rechtsfortbildung über prozeßbeendende Erklärungen der Beschwerdeführer hinwegzugehen. Ein dafür jedenfalls erforderliches objektives Interesse an einer Entscheidung besteht weder in bezug auf die Verfassungsmäßigkeit des Braunkohlenplanes noch hinsichtlich des Rahmenbetriebsplanes.

II.

Der Antrag auf Erstattung der Auslagen ist teilweise begründet.

Über die Erstattung der Auslagen ist nach Abgabe der verfahrensbeendenden Erklärungen gemäß § 32 Abs. 7 VerfGGBbg nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Raum für eine entsprechende Anwendung der §§ 161 Abs. 2, 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung bleibt angesichts dieser besonderen Regelung nicht.

Bei der Billigkeitsentscheidung kommt dem Grund, der zu der Erledigung (vgl. dazu BVerfGE 91, 146, 147) bzw. zu der Rücknahme der Verfassungsbeschwerde geführt hat, erhebliche Bedeutung zu. Eine volle Auslagenerstattung kann in Betracht kommen, wenn die verfassungsrechtliche Lage inzwischen durch eine Entscheidung in einem anderen Verfahren geklärt ist und sich daraus ergibt, daß die Verfassungsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre (vgl. BVerfGE 85, 109 LS). Ansonsten sieht das Gericht. wenn nunmehr über die Auslagenerstattung zu entscheiden ist, von einer mehr als summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich ab.

Hiernach erscheint es im vorliegenden Fall billig, eine Auslagenerstattung in Höhe je eines Viertels anzuordnen.Voraussichtlich hätte sich das Gericht bei einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden gegen den Rahmenbetriebsplan auf den Standpunkt gestellt, daß es vorrangig Sache der Fachgerichte ist, über die Rechtmäßigkeit dieses (bundes-)bergrechtlichen Verwaltungsaktes zu befinden. Diesen Standpunkt hat das Gericht bereits in seinem Urteil über die Kommunalverfassungsbeschwerde der Gemeinde Horno zu erkennen gegeben (vgl. S. 17 des amtlichen Entscheidungsumdrucks). Insoweit sind somit keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine auch nur teilweise Auslagenerstattung rechtfertigten.

Zu den Verfassungsbeschwerden gegen den Braunkohlenplan ist zugunsten der Beschwerdeführer in Rechnung zu stellen, daß sich die ihn für verbindlich erklärende Verordnung der Landesregierung inzwischen entsprechend dem soeben erwähnten Urteil des Verfassungsgerichts als unvereinbar mit der Landesverfassung erwiesen hat. Gleichwohl erscheint auch insoweit eine volle Auslagenerstattung nicht angemessen. Anders als die Gemeinde Horno hätten die Beschwerdeführer sich nicht auf die Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, insbesondere Art. 98 Abs. 2 LV. berufen können. Vielmehr wäre die Zulässigkeit ihrer Verfassungsbeschwerden u.a. von der schwierigen verfassungsrechtlichen Frage abhängig gewesen, ob Art. 25 LV ein Grundrecht darstellt und damit den Zugang zum Institut der Verfassungsbeschwerde eröffnet (vgl. Art. 6 Abs. 2 LV), weiterhin - bei Bejahung dessen - davon, ob die Verbindlicherklärung des Braunkohlenplanes (auch) unter diesem Gesichtspunkt von Verfassungs wegen zu beanstanden ist Hierzu hat sich das Gericht in dem genannten Urteil vom 1. Juni 1995 nicht abschließend geäußert. Offen ist auch, ob die beiden Beschwerdeführer gegebenenfalls Träger eines solchen Grundrechts sein könnten.

Angesichts des mithin bezüglich des Rahmenbetriebsplanes ungünstigen und bezüglich des Braunkohlenplanes insgesamt offenen Verfahrensausgangs erscheint es situationsgerecht, daß den Beschwerdeführern je ein Viertel ihrer notwendigen Auslagen erstattet werden.

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