VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 17.03.1994 - 121/93
Fundstelle
openJur 2012, 722
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Januar 1993 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

2. ...

3. ...

Gründe

I.

Durch Bußgeldbescheid vom 28. April 1992, zugestellt am 20. Mai 1992, setzte der Polizeipräsident in Berlin gegen den Beschwerdeführer als Betroffenen aufgrund des Vorwurfs, am 2. April 1992 als Führer eines Kraftrades eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, eine Geldbuße von 250 DM fest (§ 17 OWiG) und ordnete zugleich ein einmonatiges Fahrverbot an (§ 25 StVG). Am 1. Juni 1992 ging bei der Verwaltungsbehörde durch Telefax eine namens des Beschwerdeführers auf einem Briefbogen der Anwaltssozietät J..., K..., K... verfaßte, von der Rechtsanwältin S... unterschriebene Einspruchsschrift nebst einer Strafprozeßvollmacht des Betroffenen auf diese Anwaltssozietät ein. Der Polizeipräsident übersandte hierauf mit Schreiben vom 19. Juni 1992 gemäß § 69 Abs. 1 OWiG den Vorgang über die Amtsanwaltschaft Berlin an das Amtsgericht Tiergarten zur Entscheidung über den Einspruch.

Der Richter des Amtsgerichts Tiergarten, Abt. 317, sandte die Akten zurück "zur Prüfung und Mitteilung, ob in dortiger Zuständigkeit überhaupt die Zulässigkeit des Einspruchs geprüft worden ist", weil die unterzeichnende Rechtsanwältin nicht zu den in der Vollmacht genannten Sozietätsmitgliedern gehöre und außerdem selbst bei Unterbevollmächtigung die unzulässige Bestellung eines vierten Verteidigers vorliegen würde. Der Polizeipräsident sandte die Akten unter dem 5. August 1992 an das Amtsgericht Tiergarten zurück mit dem Bemerken, daß eine Prüfung der Zulässigkeit des Einspruchs "im Sinne der dortigen Anfrage" nicht vorgenommen worden sei. Der Amtsrichter leitete die Akten unter dem 10. August 1992 an die Amtsanwaltschaft Berlin "m.d.Bitte, prüfen zu lassen, ob die Verwaltungsbehörde die bisher nicht vorgenommene Prüfung evtl. nachzuholen bereit ist". Die Amtsanwaltschaft sandte die Akten an den Polizeipräsidenten zurück "mit dem Ersuchen um Erledigung" dieses Anliegens des Amtsrichters.

Der Polizeipräsident richtete hierauf unter dem 10. September 1992 an Rechtsanwältin S... folgendes Schreiben:

"Ausweislich der uns übersandten Vollmacht des Mandanten vom 29.5.1992 gehören Sie nicht zu den legitimierten Bevollmächtigten. Im übrigen wären Sie bereits die vierte Verteidigerin. Um Klärung der Angelegenheit wird gebeten".

Hierauf teilte Rechtsanwalt J... mit Schreiben vom 24. September 1992 mit, daß Rechtsanwalt K... sein Mandat niedergelegt habe. Der Polizeipräsident gab die Akten anschließend am 1. Oktober 1992 über die Amtsanwaltschaft an das Amtsgericht ab, erhielt sie jedoch gemäß einer Verfügung des Amtsrichters vom 12. Oktober 1992 "zur Erledigung in eigener Zuständigkeit zurückgesandt"

Durch einen unter dem 28. Oktober 1992 ergangenen, dem Beschwerdeführer am 6. November 1992 zugestellten Bescheid verwarf der Polizeipräsident den Einspruch als unzulässig, da eine Bevollmächtigung für Rechtsanwältin S... nicht nachgewiesen worden sei.

Mit einem namens des Betroffenen auf einem Briefbogen der Anwaltssozietät J...,K..., K... verfaßten Schriftsatz, bei der Bußgeldstelle am 11. November 1992 eingegangen, beantragte Rechtsanwalt J... hiergegen gerichtliche Entscheidung, hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er führte zur Begründung aus, Rechtsanwältin S... sei von Anfang an bevollmächtigt gewesen, während Rechtsanwalt K... von Anfang an nicht vertreten habe. Hierzu wurde eine von dem Betroffenen unterzeichnete Strafprozeßvollmacht auf Rechtsanwältin S... vom 29. Mai 1992 eingereicht.

Durch Beschluß das Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Januar 1993 - ...- wurde der Antrag des Betroffenen auf Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten vom 28. Oktober 1992 verworfen "aus den weiterhin zutreffenden Gründen dieses Bescheides" und mit der ergänzenden Begründung, daß der Betroffene unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften mehr als drei Verteidiger gewählt habe. Wegen des Wiedereinsetzungsgesuchs sandte der Amtsrichter die Akten zunächst wieder an den Polizeipräsidenten und empfahl die Verwerfung. Die Bußgeldstelle hielt sich jedoch nicht für zuständig, da der Einspruch rechtzeitig, allerdings nicht wirksam eingelegt worden sei. Der Amtsrichter verwarf den Wiedereinsetzungsantrag hierauf mit Beschluß vom 17. Februar 1993,zugestellt am 22. März 1993, als unzulässig, da er nicht die erforderlichen Angaben über die versäumte Frist, den konkreten Hinderungsgrund und den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalte.

Der Beschwerdeführer legte hiergegen am 25. März 1993 sofortige Beschwerde ein und machte zur Begründung geltend, es habe keiner näheren Darlegung im Wiedereinsetzungsantrag bedürft. Aus den Akten ergebe sich auf den ersten Blick, daß er irrtümlich so behandelt worden sei, als habe er die Einspruchsfrist versäumt.

Mit Beschluß der Strafkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 2. September 1993 - ... -, zur Post gegeben am 28. September 1993, wurde das Rechtsmittel als unbegründet verworfen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Ein Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 44 StPO liege nicht vor, da der Betroffene keine Frist versäumt habe. Daß Rechtsanwältin S... bevollmächtigt gewesen sei, stehe mit der zwischenzeitlichen Einreichung der Urkunde fest und habe auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nachgewiesen werden können. Ob der Betroffene zunächst mehr als drei Verteidiger bestellt habe, sei gemäß § 146 a Abs. 2 StPO schon deshalb unerheblich, weil Rechtsanwältin Sie nicht zuvor als Verteidigerin zurückgewiesen worden sei. An einer Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 4. Januar 1993 sei die Kammer gehindert, da dieser gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG unanfechtbar sei. Diese Unanfechtbarkeit könne "nicht dadurch umgangen werden", daß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werde.

Der Beschwerdeführer hat am 8. November 1993 beim Verfassungsgerichtshof Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Januar 1993 - erhoben, nachdem er zuvor schon unter dem 15. Oktober 1993 einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung - VerfGH 113/93 gegen die Vollziehung des Bußgeldbescheides gestellt hatte. Er macht geltend, durch den angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden zu sein.

Die Senatsverwaltung für Justiz hat erklärt, sie sehe von einer Stellungnahme zur der Verfassungsbeschwerde ab.

II.

1) Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

a) Das Erfordernis der vorgängigen Rechtswegerschöpfung (§ 49 Abs. 2 VerfGHG) ist gewahrt. Da das Amtsgericht im angefochtenen Beschluß vom 4. Januar 1993 noch nicht über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag entschieden hatte, gehörte zur Ausschöpfung des Rechtsweges das Abwarten der diesbezüglichen Entscheidung des Amtsgerichts vom 17. Februar 1993 und der Entscheidung über die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde vom 25. März 1993. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob bereits die Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Januar 1993 entgegen der beigefügten Rechtsmittelbelehrung mit der sofortigen Beschwerde nach § 70 Abs. 2 OWiG deswegen anfechtbar war, weil das Amtsgericht mit der erstmaligen Zuleitung des Vorgangs im Juni 1992 die alleinige Entscheidungskompetenz über den Einspruch erlangt hatte und nicht durch zwischenzeitliche Rückgabe ohne verfahrensrechtliche Grundlage Rechtsmittelmöglichkeiten vereiteln konnte. Denn die Versäumung der Frist für die sofortige Beschwerde wäre gemäß § 44 Satz 2 StPO als unverschuldet anzusehen gewesen; das Landgericht Berlin, an das sich der Beschwerdeführer mit der nach dem ergänzenden Verwerfungsbeschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Februar 1993 eingelegten Beschwerde wandte, wäre dann schon aus diesem Grunde zur Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (betreffend diese Beschwerdefrist) und zur sachlichen Überprüfung des ersten Verwerfungsbeschlusses vom 4. Januar 1993 befugt gewesen. Der Beschwerdeführer hat zwar in dem genannten Beschwerdeverfahren beim Landgericht nur den Beschluß vom 17. Februar 1993 als angegriffen bezeichnet; der Sache nach war jedoch klar, daß er sein eigentliches Ziel einer sachlichen richterlichen Überprüfung in einem Hauptverfahren beim Amtsgericht nur über den Wegfall des Verwerfungsbeschlusses vom 4. Januar 1993 erreichen konnte. Das Landgericht hat den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens auch so umfassend verstanden, wie sich aus der Begründung des Beschlusses vom 2. September 1993 ergibt. Dort wird ausgeführt, an einer Aufhebung des Beschlusses vom 4. Januar 1993 sei die Kammer gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG gehindert, da dieser unanfechtbar sei. Falls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß vom 4. Januar 1993 gegeben gewesen sein sollte, ist dieses somit vom Beschwerdeführer ohne schuldhafte Fristversäumnis ausgeschöpft worden.

Der Rechtsweg ist im übrigen auch unter Berücksichtigung der unter anderem durch § 33 a StPO eröffneten Möglichkeit, sich bei einem unanfechtbaren Beschluß nachträglich das rechtliche Gehör zu verschaffen, erschöpft (vgl. insoweit VerfGH, Beschluß vom 15. Juni 1993, JR 1993, 519 und vom 2. Dezember 1993, VerfGH 89/93, NJW 1994, S. 436). Denn mit der sofortigen Beschwerde vom 25. März 1993 wurde das Amtsgericht gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 StPO in gleicher Weise wie nach den Regeln des § 33 a StPO dazu in die Lage versetzt, seine irrtümliche Entscheidung, der Beschwerdeführer habe die Einspruchsfrist versäumt, zu korrigieren und ihm dadurch rechtliches Gehör zu gewähren. Unter diesen Umständen war ein neuer förmlicher Antrag unter Bezugnahme auf § 33 a StPO unter dem Gesichtspunkt der Rechtswegerschöpfung entbehrlich.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist auch innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten nach Mitteilung der den Rechtsweg abschließenden Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 2. September 1993 eingelegt worden (§ 51 Abs. 1 Satz 1 VerfGHG).

c) Die Verfassungsbeschwerde entspricht auch inhaltlich den Zulässigkeitserfordernissen nach § 49 Abs. 1 und § 50 VerfGHG. Der Schriftsatz vom 8. November 1993 ist zwar außerordentlich knapp gehalten und wird erst über die darin enthaltene Bezugnahme auf den schon zuvor mit Schriftsatz vom 15. Oktober 1993 beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Akten VerfGH 113/93) verständlich. Der Verfassungsgerichtshof hält diese Form der Bezugnahme unter den gegebenen Umständen für verfahrensrechtlich zulässig. Die angegriffene Handlung eines Organs des Landes Berlin ist damit hinreichend klar und ausführlich dargelegt, und es ist die konkrete Möglichkeit aufgezeigt, daß der Beschwerdeführer dadurch in einem seiner in der Verfassung von Berlin enthaltenen Rechte verletzt ist. Das als verletzt geregte Grundrecht auf rechtliches Gehör ist, wie der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden hat (vgl Beschl vom 15. Juni 1993 - VerfGH 18/92 = JR 1993, 519 und vom 11. August 1993 - VerfGH 58/93), auch durch die Verfassung von Berlin, namentlich durch Art. 62 VvB, gewährleistet. Diese im Umfang dem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG entsprechende Verbürgung der Landesverfassung ist gemäß Art. 142 GG wirksam und in der Rechtsanwendung durch die Berliner Gerichte zu beachten sowie im Verfassungsbeschwerdeverfahren beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin rügefähig, auch wenn die angegriffene Entscheidung, wie im vorliegenden Falle, in Anwendung von Bundesrecht ergangen ist (vgl. Beschl. vom 2. Dezember 1993 - VerfGH 89/93 = NJW 1994, 436 m. Nachw.). Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 3 GG ist nicht erforderlich (vgl. in diesem Zusammenhang Beschluß vom 2. Dezember 1993 a.a.O.).

2) Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Januar 1993 - ... - beruht auf Verletzung des in der Verfassung von Berlin verbürgten Grundrechts des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und ist daher gemäß § 54 Abs. 3 VerfGHG aufzuheben.

a) Gemäß § 67 Abs. 1 OWiG kann der Betroffene gegen einen Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift der Verwaltungsbehörde Einspruch einlegen. Ein zulässiger Einspruch führt, sofern nicht die Verwaltungsbehörde oder die Staatsanwaltschaft gemäß § 69 OWiG eine Rücknahme des Bescheides bzw. Einstellung des Verfahrens aussprechen, im Hauptverfahren beim Amtsgericht nach §§ 71 ff. OWiG zu einer sachlichen Klärung über die als Ordnungswidrigkeit vorgeworfene Tat. Die verfahrensrechtlichen Regelungen, nach denen das Gericht eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Einspruchs (§ 70 OWiG) oder über einen Rechtsbehelf nach § 62 OWiG gegen eine von der Verwaltungsbehörde ausgesprochene Verwerfung des Einspruchs (§ 69 Abs. 1 OWiG) zu treffen hat, stellen zugleich eine Ausprägung des Verfassungsgrundsatzes des rechtlichen Gehörs dar. Zwar ist nicht jeder den Fachgerichten bei der Anwendung des Verfahrensrechts unterlaufende Fehler einer Korrektur im Verfassungsbeschwerdeverfahren zugänglich. Die Schwelle eines Grundrechtsverstoßes in diesem Bereich ist jedoch überschritten, wenn die Rechtsanwendung grob fehlerhaft, also offenkundig unrichtig ist (vgl. für die Wahrung des entsprechenden Grundrechts nach dem Grundgesetz BVerfGE 69, 145 = NJW 1985, 1150; BVerfGE 75, 302 = NJW 1987, 2733) oder es um die Gewährleistung eines Mindestmaßes an Verfahrensbeteiligung geht, das nicht einmal der Gesetzgeber vorenthalten dürfte (vgl BVerfG, NJW 1993, 2229).

b) Diese Voraussetzungen eines Verfassungsverstoßes sind hier erfüllt. Das Amtsgericht hat unter grobem Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verkannt, daß die am 1. Juni 1992 durch Telefax übermittelte, von der Rechtsanwältin S... unterschriebene Einspruchsschrift dem vertretenen Betroffenen wirksam zuzurechnen war. Daß nicht sogleich schon innerhalb der Einspruchsfrist eine auf Rechtsanwältin S... lautende Vollmacht bzw. Untervollmacht mit eingereicht wurde, ist nach anerkannter Auffassung unschädlich. Ein vom Gericht für erforderlich gehaltener schriftlicher Nachweis kann auch nach Fristablauf nachgereicht werden. Im vorliegenden Falle bestand im übrigen schon im Hinblick auf die bereits eingereichte Vollmacht zugunsten der Anwaltssozietät J..., K..., K... niemals ein vernünftiger Zweifel, daß Rechtsanwältin S... , die den Schriftsatz auf einem Briefbogen dieser Anwaltssozietät fertigte, jedenfalls im Rahmen einer Vollmachtkette berechtigt für den Beschwerdeführer handelte. Eine förmliche Bestätigung des Bestehens einer Untervollmacht wurde dem Beschwerdeführer bzw. seinen Vertretern niemals in klarer Form mit Fristsetzung aufgegeben. Aus dem Antwortschreiben von Rechtsanwalt J... vom 24. September 1992 an die Bußgeldstelle als Reaktion auf deren Schreiben vom 10. September 1992 war jedoch mittelbar zu entnehmen, daß dieser die Berechtigung der Rechtsanwältin S... zum Handeln als Unterbevollmächtigte für die Anwaltssozietät bestätigen wollte. Nachdem die Behörde gleichwohl auf Veranlassung des Amtsrichters die Verwerfung des Einspruchs wegen Fehlens des Vollmachtsnachweises ausgesprochen hatte, reichte Rechtsanwalt J... mit dem rechtzeitigen Antrag auf gerichtliche Überprüfung e. auf Rechtsanwältin S... lautende, vom Beschwerdeführer unterschriebene weitere Vollmachturkunde ein. Es ist nicht nachvollziehbar und findet in dem Akteninhalt keine Grundlage, daß das Amtsgericht gleichwohl in dem jetzt angegriffenen Beschluß vom 4. Januar 1993 den Antrag "aus den weiterhin zutreffenden Gründen dieses Bescheids" verworfen hat. Auch der vom Amtsgericht hinzugefügte weitere Verwerfungsgrund, daß eine zur Unwirksamkeit führende Tätigkeit als vierter Verteidiger (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) vorliege, ist grob gesetzwidrig. Abgesehen davon, daß die Unterzeichnung der auf eine Sozietät ausgestellten Vollmachturkunde noch nicht die Erlangung der Verteidigerstellung für alle Sozietätsmitglieder ausweist (vgl. BVerfGE 43, 79 = NJW 1977, 99), ist jedenfalls durch § 146 a Abs. 2 StPO unmißverständlich festgelegt, daß eine vor der Zurückweisung vorgenommene Handlung eines Verteidigers wirksam ist und bleibt.

3) Der schon vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde gestellte Antrag, im Wege einstweiliger Anordnung (§ 31 VerfGHG) die Vollziehung des Bußgeldbescheides auszusetzen, erübrigt sich mit der Entscheidung zur Hauptsache und bedarf damit keiner weiteren Erörterung.

Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit und die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 VerfGHG.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar.

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