VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 17.02.1994 - 106/93
Fundstelle
openJur 2012, 719
  • Rkr:
Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen den Beschwerdeführer im Mai 1991 einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung erlassen, den der Beschwerdeführer mit dem Einspruch angefochten hat. Eine Hauptverhandlung hat bisher nicht stattgefunden, da der Beschwerdeführer fünfmal nach Terminsanberaumung privatärztliche Atteste vorlegte, die ihm Reise- und Verhandlungsunfähigkeit bescheinigten. Durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. März 1993 ordnete dieses an, daß der Beschwerdeführer amtsärztlich auf seine Verhandlungsfähigkeit untersucht werden solle. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgerichts Berlin durch den mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluß vom 14. Mai 1993 als unzulässig verworfen. Die unter dem Datum des 23. Mai 1993 erhobene Verfassungsbeschwerde ist an die "Justizbehörde Berlin-Moabit, Turmstraße 91, 1000 Berlin 21" adressiert und ausweislich des Eingangsstempels am 25. Mai 1993 bei den Justizbehörden Berlin-Moabit eingegangen. Die Staatsanwaltschaft hat die Verfassungsbeschwerde mit Schreiben vom 28. September 1993 an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet, bei dem sie am 8. Oktober 1993 eingegangen ist.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie verspätet ist. Nach § 51 Abs. 1 VerfGHG ist die Verfassungsbeschwerde binnen zweier Monate nach Zustellung oder formloser Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung zu erheben. Diese Frist hat der Beschwerdeführer nicht gewahrt.

1. Der Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. März 1993 ist dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben am 15. März 1993 zugestellt worden. Da gegen diesen Beschluß nach § 305 Satz 1 StPO ein Rechtsmittel nicht gegeben war, hatte er bis spätestens 15. Mai 1993 Verfassungsbeschwerde erheben müssen. Die von ihm unter dem Datum des 23. Mai 1993 abgefaßte und am 8. Oktober 1993 bei dem Verfassungsgerichtshof eingegangene Beschwerde war daher verspätet.

2. Der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 14. Mai 1993 ist dem Beschwerdeführer spätestens am 23. Mai 1993 zugegangen. Die Verfassungsbeschwerde hätte daher spätestens am 23. Juli 1993 erhoben werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Die am 25. Mai 1993 bei den Justizbehörden Berlin-Moabit eingegangene Beschwerdeschrift wahrt die Frist nicht. Die Justizbehörden in Berlin-Moabit sind, anders als die Gemeinsamen Briefannahmestellen in Charlottenburg und Mitte nicht berechtigt, für den Verfassungsgerichtshof bestimmte Sendungen entgegenzunehmen. Daher wahrt eine bei den Justizbehörden in Berlin-Moabit eingereichte, für den Verfassungsgerichtshof bestimmte Beschwerdeschrift die Frist des § 51 VerfGHG nur, wenn sie an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet wird und dort innerhalb der Beschwerdefrist eingeht. Da die Beschwerdeschrift erst am 8. Oktober 1993, also nach Ablauf der am 23. Juli 1993 endenden Beschwerdefrist beim Verfassungsgerichtshof eingegangen ist, ist auch die gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 14. Mai 1993 gerichtete Verfassungsbeschwerde unzulässig.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 31, 34 VerfGHG.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar.

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