Oberlandesgericht Köln, 5. Zivilsenat, Urteil vom 18.04.1994 - 5 U 244/93 -. Das Urteil ist rechtskräftig. Ausübung der Rechte aus einem Unfallversicherungsvertrag nur durch den Versicherungsnehmer Versicherung, Fremdversicherung, Unfallversicherung, Versicherungsnehmer, Versicherter, Aktivlegitimation AUB 61 ä 16; VVG ä 12 III; VVG ä 75 II; AGBG ä 9 Nach ä 16 AUB 61 ist ä 75 II VVG zulässigerweise abbedungen; der Versicherungsnehmer ist auch bei der Fremdversicherung zur Geltendmachung von Versicherungsansprüchen für eben versicherten Dritten allein befugt und aktivlegitimiert. Die Regelung ist mit ä 9 AGB vereinbar. $
T a t b e s t a n d Die Klägerin zu 2) ist Versicherungsnehmerin
eines mit der Beklagten abgeschlossenen Unfallversiche-
rungsvertrags, dem die AUB 61 zugrundeliegen. Ver- sicherte Person
ist der Kl ger zu 1), der Ehemann der Kl gerin zu 2). In 16 (1) AUB
61 ist be- stimmt: "Der Versicherungsnehmer ist f r die Erf l- lung
der Obliegenheiten auch verantwortlich, wenn die Versicherung gegen
Unf lle genommen ist, die einem anderen zustoáen (Fremdver-
sicherung). Im Falle der Fremdversicherung steht die Aus bung der
Rechte aus dem Versi- cherungsvertrag ausschlieálich dem Versiche-
rungsnehmer zu." Am 4. Februar 1991 zog sich der Kl ger zu 1) bei
einem Sturz eine H ftprellung zu. Er meldete der Beklagten den
Unfall am 7. Februar 1991 und bat um Zusendung eines
Unfallschadenanzeigenvordrucks. Die Beklagte bersandte daraufhin
der Kl gerin zu 2) einen Vordruck, den diese ausgef llt und
unterschrieben zur cksandte. Unter dem 23. Februar und 28. Juni
1991 forderte sie aus Anlaá der rzt- lichen Behandlung des Kl gers
zu 1) Zahlung von Tage- sowie Genesungsgeld auf ihr Konto bzw.
durch bersendung eines Verrechnungsschecks. Dem kam die Beklagte
teilweise nach. In der Folgezeit fand eine weitere Korrespondenz
ber den Schadensfall zwischen der Kl gerin zu 2) und der Beklagte
statt, wobei es insbesondere auch um die Zahlung von Invalidit
tsentsch digung ging.
Mit Schreiben vom 9. Januar 1992 meldeten sich erstmals die sp
teren Prozeábevollm chtigten der Kl ger erster Instanz bei der
Beklagten und zeig- ten an, daá sie die Interessen des Kl gers zu
1) vertr ten. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 24. Januar
1992 und wies darauf hin, daá kei- ne Vollmacht der
Versicherungsnehmerin vorliege, weiterer Schriftwechsel aber davon
abh ngig sei, daá die Rechtsanw lte eine Vollmacht der Kl gerin zu
2) einreichen w rden. Dem kamen die Rechtsan- w lte nach, wobei
nach dem Inhalt der Vollmacht diese sich auch auf die Entgegennahme
von Erkl - rungen erstreckte.
Danach wurde der weitere Schriftwechsel ber den Schadensfall
zwischen der Beklagten und den Rechtsanw lten der Kl ger
abgewickelt.
Unter dem 12. August 1992 teilte die Beklagte den Rechtsanw lten
mit, daá nach dem von ihr eingehol- ten Gutachten des Chefarztes
der chirurgischen Ab- teilung des Krankenhauses, in dem der Kl ger
zu 1) wegen der H ftprellung behandelt worden war, eine
unfallbedingte Invalidit t nicht vorliege, so daá die Zahlung einer
Entsch digung nicht begr ndet sei. Weiter heiát es in dem
Schreiben: "Wenn Sie bzw. Ihre Mandanten mit dieser Ent- scheidung
nicht einverstanden sind, besteht gem á 12 Abs. 3 VVG die M
glichkeit, einen vermeintlichen Anspruch gegen uns innerhalb von 6
Monaten nach Eingang dieses Schreibens gerichtlich geltend zu
machen. Danach erlischt allein durch Fristablauf jeg- liche
Einspruchsm glichkeit gegen unsere heu- tige Entscheidung; wir sind
dann also von der Verpflichtung zur Leistung endg ltig frei.
Innerhalb dieses Zeitraums sind wir auch be- reit, die
Angelegenheit nochmals zu pr fen, wenn sie uns konkrete Nachweise
zur Begr n- dung ihrer Ansicht vorlegen." Auf danach weiterhin
erhobene Einw nde antwortete die Beklagte mit weiteren Schreiben
vom 18. Sep- tember und 9. Oktober 1992 jeweils abschl gig und wies
darauf hin, daá die mit Schreiben vom 12. Au- gust 1992 in Lauf
gesetzte Frist dadurch nicht ge- hemmt werde.
Mit Schreiben vom 2. November 1992 k ndigten die Rechtsanw lte
der Kl ger an, sie w rden nunmehr Klage erheben. Anstelle des
rzteausschusses ( 12 AUB) solle das ordentliche Gericht ent-
scheiden.
Mit am 12. Februar 1993 bei Gericht eingegan- genem Schriftsatz
hat der Kl ger zu 1) Klage auf Zahlung von Invalidit tsentsch
digung einge- reicht. Unter dem 18. Februar 1993 hat das Gericht
Kostenvorschuá angefordert, der am 11. M rz 1993 bei Gericht
eingegangen ist. Die Klage ist am 29. M rz 1993 zugestellt
worden.
Nachdem die Beklagte mangelnde Aktivlegitimation des Kl gers zu
1) ger gt hatte, hat sich die Kl - gerin zu 2) der Klage im Juli
1993 durch Klageer- hebung angeschlossen.
Der Kl ger zu 1) hat geltend gemacht, das Bestrei- ten seiner
Aktivlegitimation sei treuwidrig, weil die Beklagte mit ihm ber den
Schadensfall korre- spondiert habe und das Merkblatt der Beklagten
zur Erl uterung ihrer Unfallversicherungsbedingungen insoweit
miáverst ndlich sei, als darin ausgef hrt sei, daá der Versicherte,
der nicht immer iden- tisch mit dem Versicherungsnehmer sei,
Anspruch auf Leistung habe. Daraus sei zu schlieáen, daá er auch
berechtigt gewesen sein solle, auf Leistung zu klagen. Die Kl gerin
zu 2) hat gemeint, ihre Klage sei nicht verfristet, weil sie nicht
wirksam im Sinne von 12 Abs. 3 VVG belehrt worden sei. Die Kl ger
behaupten, der Kl ger zu 1) sei infolge des Unfalls vom 11. Februar
1991 zu 50 % invalide. Sie haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kl ger zu 1) beginnend ab
dem 1. Janu- ar 1993 viertelj hrlich im voraus eine Rente in H he
von 1.341,70 DM zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen,
an die Kl - gerin zu 2), beginnend ab dem 1. Janu- ar 1993 viertelj
hrlich im voraus eine Rente in H he von 1.341,70 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, daá der Kl ger zu 1) nicht
aktivlegitimiert sei und die Klage der Kl gerin zu 2) verfristet
sei. Im brigen haben sie sich auf Obliegenheitsverletzungen wegen
falscher bzw. unvollst ndiger Angaben in der Scha- densanzeige
berufen. Schlieálich haben sie eine unfallbedingte Invalidit t
bestritten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen haben beide Kl ger prozeáordnungsgem á Berufung
eingelegt und diese in rechter Form und Frist begr ndet. Sie
verfolgen ihr erstinstanzli- ches Klageziel in vollem Umfang weiter
und bek mp- fen das angefochtene Urteil mit Rechtsausf hrun- gen.
Sie meinen, die Fristsetzung im Sinne von 12 Abs. 3 VVG sei schon
deshalb unwirksam, weil die Beklagte zuvor keine Erkl rung dazu
abgegeben habe, ob sie eine Entscheidung des rzteausschus- ses
ablehne. Im brigen habe sich die Vollmacht der erstinstanzlichen
Prozeábevollm chtigten nicht auf die Entgegennahme von einseitigen
Willenser- kl rungen erstreckt. Schlieálich handele die Be- klagte
rechtsmiábr uchlich, weil 16 AUB 61 nicht in Einklang mit ihren Erl
uterungen in dem Merk- blatt st nden. Sie beantragen,
unter Ab nderung des angefochtenen Ur- teils nach ihren
Schluáantr gen erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zur ckzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen und bestreitet, daá der Kl ger
zu 1) das Merkblatt berhaupt von ihr erlangt habe, den es beziehe
sich auf die AUB 88, w hrend f r das in Rede stehende Versiche-
rungsverh ltnis die AUB 61 maágebend seien.
Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstan- des wird auf
Tatbestand und Entscheidungsgr nde des angefochtenen Urteils sowie
die im Berufungs- rechtszug gewechselten Schrifts tze
verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r n d e
Die nach 511, 511 a ZPO statthafte Berufung der Kl ger ist form-
und fristgerecht eingelegt und begr ndet worden ( 516, 518, 519
ZPO) und damit zul ssig. Sie ist sachlich jedoch nicht gerecht-
fertigt.
Das Landgericht hat die Klage des Kl gers zu 1) mit Recht
mangels Aktivlegitimation abgewiesen. Nach 16 (1) Satz 2 AUB 61 ist
ausschlieálich der Versicherungsnehmer, also im Streitfall die Kl
ge- rin zu 2) zur Aus bung der Rechte aus dem Versi-
cherungsvertrag befugt. Hierdurch ist zul ssiger- weise (vgl. Pr
lss in Pr lss-Martin, 25. Aufl., 75 VVG Anm. 6) 75 Abs. 2 VVG)
abbedungen. Die- se Vorschrift verst át nicht gegen 9 AGBG. Es ist
interessensgerecht, daá der Versicherer die Geltendmachung von
Rechten durch seinen Vertrags- partner aus dem Versicherungsvertrag
m glichst auf eine Person konzentrieren will. Auf seiten des
Versicherungsnehmers/Versicherten tritt dadurch keine unbillige
Erschwernis ein, zumal ihm in Miá- brauchsf llen auf seiten des
Versicherers die Vor- schrift nicht entgegengehalten werden kann
(vgl. zur Vereinbarkeit von 16 AUB mit 9 AGBG auch OLG D sseldorf r
+ s 1994, 118).
Die Vertragsparteien haben im Streitfall die Anwendbarkeit von
16 AUB 61 auch nicht vertrag- lich ausgeschlossen. Als Angebot f r
eine derarti- ge Ab nderungsvereinbarung k nnte ersichtlich al-
lenfalls das Schreiben der Beklagten vom 12. Au- gust 1992 in
Betracht kommen. Indessen ergibt ei- ne interessensgerechte
Auslegung dieses Schreibens einen derartigen Willen der Beklagten
nicht. Sie hat nicht etwa anheimgestellt, ob im konkreten Fall die
Versicherungsnehmerin oder der Versicher- te Klage erheben
wolle.
Die Berufung der Beklagten auf 16 (1) Satz 2 AUB ist auch nicht
rechtsmiábr uchlich. Die Beklagte hat von Anfang an klargemacht,
daá ihr Verhand- lungspartner in der Schadenssache nur die Kl gerin
zu 2) als Versicherungsnehmerin sei. Das hat die Kl gerin zu 2)
auch selbst so gesehen, denn nur sie hat Forderungen an die
Beklagte gestellt und allein die Korrespondenz mit ihr gef hrt.
Erst als sich die sp teren Prozeábevollm chtigten der Kl - gerin
einschalteten, ist insoweit anf nglich durch diese eine andere
Handhabung versucht worden. Die Beklagte hat aber auch ihnen gegen
ber sofort darauf bestanden, daá die Kl gerin zu 2) allein zust
ndig sei, denn sie hat die Vollmacht des Kl - gers zu 1) nicht als
ausreichend erachtet und aus- dr cklich eine Vollmacht der Kl gerin
zu 2) gefor- dert und dann auch erhalten. Soweit in der weite- ren
Kokrrespondenz auch vom Kl ger zu 1) als "ih- rem (der Rechtsanw
lte) Mandanten" die Rede ist, traf das durchaus zu. In der Sache
ging es im Kern tats chlich darum, ob die versicherte Person un-
fallbedingt invalid geworden war. Vern nftigerwei- se konnten die
anwaltlich beratenen Kl ger diese Formulierung nicht dahin
verstehen, daá darin ein Verzicht auf 16 (1) Satz 2 AUB liege.
Der Kl ger zu 1) kann zu seinen Gunsten auch nichts aus dem
Merkblatt der Beklagten ("Ihre Un- fallversicherung und was sie dar
ber wissen soll- ten") herleiten. Er hat schon nicht bewiesen, daá
ihm bzw. der Versicherungsnehmerin aus Anlaá der Unfallversicherung
dieses Merkblatt ausgeh ndigt worden ist. Dar ber hinaus bezieht es
sich nicht auf die hier in Rede stehenden AUB 61. Schlieálich verh
lt sich die Nummer 1 des Merkblatts ("Wer ist Partner des
Unfall-Versicherungsvertrages?") auch gar nicht dar ber, wer
konkret zur Aus bung der Rechte aus dem Vertrag berechtigt sei
soll. Diese Frage ist dagegen eindeutig in 16 (1) Satz 2 AUB 61
geregelt, eine Vorschrift, die die Kl ger sp testens nach Eintritt
des Schadensfalles zur Kenntnis h tten nehmen k nnen und m ssen
(vgl. dazu auch Senat VersR 1988, 904).
Darauf, ob die Klage des Kl gers zu 1) - seine Ak-
tivlegitimation unterstellt - im brigen auch ver- fristet ist, weil
die Klage nicht - demn chst - im Sinne von 270 Abs. 3 ZPO
zugestellt worden ist, wie die Beklagte meint, kommt es danach
nicht an.
Die Kl gerin zu 2) ist der Anspr che aus dem Ver- trag gem á 12
Abs. 3 Satz 1 VVG wegen Vers umung der Frist zur Klageerhebung
verlustig gegangen.
Sie ist wirksam im Sinne von 12 Abs. 3 Satz 2 VVG belehrt
worden. Es unterliegt keinem Zweifel, daá die Kl gerin zu 2)
vertreten durch ihre Rechtsanw lte, Anspr che aus dem Vertrag gel-
tend gemacht hat, so daá sie der richtige Adressat f r die
Belehrung war. Eine Beschr nkung der Voll- macht, bestimmte Erkl
rungen nicht entgegennehmen zu d rfen, ist nicht dargetan.
Die Auffassung der Kl gerin zu 2) die Belehrung nach 12 Abs. 3
Satz 2 VVG reiche im Streitfall nicht aus, weil die Beklagte nicht
ausdr cklich statt einer Entscheidung des rzteausschusses eine
solche des ordentlichen Gerichts verlangt habe ( 12 (2) AUB), teilt
der Senat nicht. In der Belehrung nach 12 Abs. 2 Satz 2 VVG liegt
das Verlangen nach einer Entscheidung durch das or- dentliche
Gericht (vgl. OLG Hamm VersR 1981, 1022; Knappmann in Pr
lss-Martin, 25. Aufl., 12 AUB 61 Anm. 3). Das gen gt. Demgegen ber
beruft sich die Kl gerin zu 2) f r ihre Meinung zu Unrecht auf BGH
VersR 1991, 90, 92. In dem dort entschiedenen Fall fehlte es an der
Belehrung nach 12 Abs. 3 VVG berhaupt, so daá sich der Versicherer
auf die Re- gelung des 6 Abs. 3 BB-BUZ nicht wirksam berufen
konnte. Danach w rde die Frist des 12 Abs. 3 VVG nicht in Lauf
gesetzt worden sein, wenn die mit der Leistungsablehnung verbundene
Belehrung sich auf den Wortlaut des 12 I (3) AUB 61 bezogen h tte.
So liegt der Streitfall aber nicht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf 97 Abs. 1, 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer f r die Kl ger:
67.085,00 DM.