OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.01.2005 - 3 W 275/04
Fundstelle
openJur 2011, 119949
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Nach vorheriger richterlicher Anhörung ordnete das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde (Beteiligte zu 2) am 12. November 2004 im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer Nervenklinik nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen (PsychKG Rheinland-Pfalz) auf die Dauer von höchstens vier Wochen und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses an (§§ 70 h Abs. 1 und 2, 70 g Abs. 3 FGG). Es stützte sich dabei auf ein Zeugnis der Amtsärztin Dr. W... vom selben Tage, die bei dem Betroffenen eine manisch-depressive Erkrankung (Zyklothymie) diagnostizierte und aufgrund seiner fehlenden Krankheitseinsicht erhebliche Eigen- und Fremdgefährdung bejahte. Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene noch im Anhörungstermin vom 12. November 2004 sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht hat mit Beschluss des Einzelrichters vom 18. November 2004 - nach Einholung fernmündlicher Auskünfte und eines schriftlichen "Kurzgutachtens" seitens der den Betroffenen im psychiatrischen Krankenhaus behandelnden Nervenärzte - die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen hat der Betroffene durch seine anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten am 3. Dezember 2004 beim Landgericht sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Akte ist am 15. Dezember 2004 beim Pfälzischen Oberlandesgericht eingegangen. Am 14. Dezember 2004 wurde der Betroffene aus der psychiatrischen Klinik entlassen, wo er nach Ablauf der vom Vormundschaftsgericht angeordneten Unterbringungsdauer (10. Dezember 2004) zunächst freiwillig verblieben war. Nach Hinweis des Senats auf die eingetretene Erledigung der Hauptsache haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen die weitere Beschwerde auf den Feststellungsantrag umgestellt, dass die Unterbringung in der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 14. Dezember 2004 rechtswidrig gewesen sei.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und somit zulässig (§§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 70 m Abs. 1, 70 g Abs. 3, 70 h Abs. 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1, 2 und 4, 20 Abs. 1 FGG). In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die im Verfahren der weiteren Beschwerde allein zur Überprüfung stehende Entscheidung des Landgerichts über die Erstbeschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der vorläufigen öffentlich-rechtlichen Unterbringung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Damit erweist sich das Feststellungsbegehren des Betroffenen, soweit der Senat darüber zu befinden hat, als unbegründet.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

1. Im Hinblick auf die nunmehr ausdrücklich begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung wird die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht dadurch berührt, dass der Betroffene nach Erlass der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung und nach Verstreichen der vom Vormundschaftsgericht angeordneten Unterbringungsdauer aus dem psychiatrischen Krankenhaus entlassen wurde.

a) Allerdings hat sich die vom Landgericht bestätigte Unterbringungsmaßnahme durch Zeitablauf in der Hauptsache erledigt. Nach gefestigter Rechtsprechung schließt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Eintritt der Erledigung der Hauptsache eine Sachentscheidung aus. Erledigt sich die Hauptsache, wird ein zuvor mit dem Ziel der Aufhebung der beanstandeten Maßnahme eingelegtes Rechtsmittel unzulässig, wenn nicht der Beschwerdeführer seinen Beschwerdeantrag auf die Kosten beschränkt. Auch die Fortsetzung des Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme ist regelmäßig ausgeschlossen (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rdnr. 94 m.w.N.).

b) Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch - unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung - in einer Reihe jüngerer Erkenntnisse (NJW 1997, 2163; NJW 1998, 2131; NJW 1998, 2432) dahin entschieden, dass zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, wie sie insbesondere mit freiheitsentziehenden Maßnahmen verbunden sind, Art. 19 Abs. 4 GG den Rechtsmittelgerichten gebiete, ein von der jeweiligen Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv zu machen. Deshalb sei das Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe auch dann zu bejahen, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme zwar erledigt hat, eine Sachentscheidung nach dem typischen Verfahrensablauf aber in der Kürze der Zeit nicht zu erlangen war. Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erledigte richterliche Durchsuchungsanordnungen, beendete richterlich bestätigte In-Gewahrsam-Nahmen sowie im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit kurzer Frist angeordnete und genehmigte Freiheitsentziehungen, bei denen typischerweise vor Beendigung der mit einem erheblichen Grundrechtseingriff verbundenen Maßnahme keine hinreichende Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung besteht (vgl. Keidel/Kahl aaO § 19 Rdnr. 86).

Nach einer weiteren, in einer Abschiebungshaftsache ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2002, 2456) besteht das Rechtsschutzinteresse unabhängig davon, ob während der Fortdauer der Abschiebungshaft eine gerichtliche Entscheidung möglich gewesen wäre. Begründet wird dies einerseits mit dem diskriminierenden Charakter der Abschiebungshaft, andererseits mit dem Hinweis darauf, dass allein der schwerwiegende Eingriff jeder Inhaftierung in das Recht auf Freiheit der Person in aller Regel ein Interesse des Betroffenen an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit als schützenswert erscheinen lässt und ein Rehabilitationsinteresse indiziert. Die zuletzt genannte Entscheidung dürfte daher grundsätzlich auch auf andere freiheitsentziehende Maßnahmen als Abschiebungshaft anwendbar seien (vgl. Keidel/Meyer-Holz aaO, § 27 Rdnr. 14; Demharter, FGPrax 2003, 237).

Unter Beachtung dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Senat bereits entschieden, dass ein wegen Ablaufs der angeordneten Unterbringungsdauer erledigtes Rechtsmittel (mit dem Ziel auf Feststellung der Rechtswidrigkeit) zulässig bleibt (Beschluss vom 23. September 1999 - 3 W 201/99 -, abgedruckt in FamRZ 2000, 303; seither ständige Rechtsprechung).

c) Dem von einer beendeten Unterbringungsmaßnahme Betroffenen eine Rechtsschutzmöglichkeit zwecks Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu eröffnen, gebietet im Übrigen auch die Verfahrensgarantie des Art. 5 Abs. 4 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2003, - 3 W 247/03 -, abgedruckt in FGPrax 2004, 95 und OLGR Zweibrücken 2004, 230, betreffend erledigte Abschiebungshaft).

Danach hat jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird (dazu zählt auch, wer zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht ist; Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e EMRK), das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird. Allerdings hat im vorliegenden Fall die vorläufige Unterbringung des Betroffenen der Vormundschaftsrichter angeordnet und nicht eine Verwaltungsbehörde. In diesem Fall ist die von Art. 5 Abs. 4 EMRK geforderte Prüfung in der Anordnung der Unterbringung enthalten; die Konventionsbestimmung garantiert keine Beschwerde gegen eine richterliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Unterbringung. Sieht jedoch das nationale Recht der Vertragsstaaten - wie in Deutschland - ein solches Beschwerdeverfahren vor, gelten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die Garantien des Art. 5 Abs. 4 EMRK grundsätzlich auch für das Verfahren in der Beschwerdeinstanz. Dass eine vorläufige Unterbringung bereits beendet ist, nimmt dem Betroffenen nach der Rechtsprechung des EGMR nicht das Recht, ihre Rechtmäßigkeit in den nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht etwa eröffneten Rechtsmittelzügen überprüfen zu lassen; denn die Garantien des Art. 5 Abs. 4 EMRK, die auch für etwaige Beschwerdegerichte gelten, liefen leer, wenn richterliche Kontrolle einer vorläufigen Freiheitsentziehung, die ihrer Natur nach zeitlich begrenzt ist, nur solange möglich wäre, wie die Freiheitsentziehung besteht (vgl. insoweit EGMR, Urteil vom 12. Juli 2003 - Beschwerde Nr. 44672/98 Herz ./. Deutschland, abgedruckt in NJW 2004, 2209, 2211 f).

Die Europäische Menschenrechtskonvention - in der Auslegung durch den EGMR - gilt in der deutschen Rechtsordnung im Range eines förmlichen einfachen Bundesgesetzes und muss insoweit von der Rechtsprechung beachtet werden (BVerfG NJW 2004, 3407, 3410; Meyer-Ladewig/Petzold, NJW 2005, 15, 18 f).

2. Steht nach dem vorstehend Ausgeführten die Beendigung einer Freiheitsentziehung somit nicht per se der Kontrolle ihrer Rechtmäßigkeit durch die Rechtsmittelgerichte entgegen, sind hierbei doch die Grenzen zu beachten, die der Überprüfung von den jeweiligen Verfahrensgesetzen gezogen werden. Für die Rechtsmittel nach dem FGG ergeben sich diese Begrenzungen insbesondere aus der revisionsähnlichen Ausgestaltung der weiteren Beschwerde (Rechtsbeschwerde), die im Gegensatz zur Erstbeschwerde (vgl. §§ 19, 23 FGG) keine neue Tatsacheninstanz eröffnet.

Deshalb ist hinsichtlich der bei einem Antrag auf Rechtswidrigkeitsfeststellung nach Erledigung der Hauptsache zu beachtenden Grundsätze wie folgt zu differenzieren:

a) Endet die angefochtene Freiheitsentziehung bereits vor Erlass der Entscheidung des Landgerichts über die (Erst-)Beschwerde gegen ihre Anordnung, kann Gegenstand der Beschwerdeentscheidung nicht nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses sein, sondern auch im Zeitpunkt der Anordnung (Genehmigung) der Freiheitsentziehung und während ihrer Fortdauer bis zu ihrer Beendigung. Denn andernfalls wäre der Betroffene gezwungen, zur Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung und der bereits durchgeführten Freiheitsentziehung ein isoliertes Feststellungsverfahren in der ersten Instanz einzuleiten, obwohl die erforderliche Tatsachenfeststellung und rechtliche Würdigung derjenigen im anhängigen Beschwerdeverfahren weitgehend entspricht. Ein solches Ergebnis ist weder mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes noch mit dem Grundsatz der Verfahrenswirtschaftlichkeit vereinbar. In welchem danach möglichen Umfang der Betroffene die Rechtmäßigkeit nachgeprüft haben will, legt er durch seinen Antrag fest (vgl. BayObLGZ 2002, 304, 308 ff; BayObLG NJW-RR 2004, 8; Demharter, FGPrax 2003, 237, 238).

b) Erledigt sich die Hauptsache erst nach der Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts, setzt ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit zunächst voraus, dass eine weitere Beschwerde in zulässiger Weise, also insbesondere form- und fristwahrend angebracht wurde. Liegt eine zulässige Rechtsbeschwerde vor, ist im Weiteren zu beachten, dass durch die Beendigung der Freiheitsentziehung nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts nicht etwa der Instanzenzug in dem Sinn neu eröffnet wird, dass ein neues selbständiges Rechtsmittel in Gestalt einer allgemeinen "Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde" eingelegt werden könnte. Vielmehr sind auch in den Fällen der Hauptsacheerledigung in Freiheitsentziehungssachen bei der Prüfung der weiteren Beschwerde die Grenzen zu beachten, die einer Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht allgemein gezogen sind. Gegenstand der weiteren Beschwerde und damit auch der zulässigen Nachprüfung im dritten Rechtszug ist deshalb - wie sonst auch - nur die Entscheidung des Landgerichts, also das, worüber das Beschwerdegericht entschieden hat (Senat FGPrax 2004, 95 = OLGR Zweibrücken 2004, 230 m.w.N).

Die nachträgliche Erledigung der Hauptsache beseitigt zwar nicht das Rechtsschutzbedürfnis an der Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung. Sie gestattet aber andererseits auch nicht die Einbeziehung von Verfahrensgegenständen, über die das Landgericht nicht entschieden hat. Ist lediglich der Fortbestand der Freiheitsentziehung Gegenstand der Entscheidung über die Erstbeschwerde, kann das Gericht der weiteren Beschwerde auch nur über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts befinden. Nur wenn Gegenstand der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts - auf ein entsprechendes Feststellungsbegehren des Betroffenen hin - auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der ursprünglich angeordneten Freiheitsentziehung sowie ihrer Fortdauer war, ist dem Gericht der weiteren Beschwerde die Entscheidung über diese Verfahrensgegenstände eröffnet. Hat der Betroffene ohne nähere Angaben sofortige (Erst-)Beschwerde eingelegt, darf grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass er nur die Beendigung der Freiheitsentziehung anstrebt (vgl. zum Ganzen weiter auch: BayObLGZ 2002, 304, 310; BayObLG NJW-RR 2004, 8 f; Demharter aaO).

Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall Gegenstand der beantragten Rechtswidrigkeitsprüfung durch den Senat nur die Berechtigung der vorläufigen Unterbringung des Betroffenen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts am 18. November 2004 sein.

Der Betroffene hat mit seiner sofortigen Beschwerde vom 12. November 2004 gegen die ihm unmittelbar zuvor bekannt gemachte Unterbringungsanordnung des Vormundschaftsgerichts nicht mehr zum Ausdruck gebracht, als dass er mit dem Rechtsmittel die Beendigung der Freiheitsentziehung erreichen wollte. Dementsprechend verhalten sich die Gründe der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts auch nur zur Fortdauer der Maßnahme. Deshalb ist im vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde lediglich zu prüfen, ob die in der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts liegende Genehmigung der Fortführung der vorläufigen Unterbringung des Betroffenen rechtmäßig war oder nicht.

3. Der in diesem Umfang eröffneten Rechtskontrolle hält die Entscheidung des Landgerichts stand. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Unterbringung des Betroffenen durfte der Einzelrichter der Zivilkammer jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Beschwerdeentscheidung noch als gegeben ansehen.

a) Gegen seinen Willen kann in einem psychiatrischen Krankenhaus öffentlich-rechtlich untergebracht werden, wer psychisch krank ist und durch sein krankheitsbedingtes Verhalten sein Leben, seine Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter anderer gegenwärtig in erheblichem Maß gefährdet, ohne dass diese Gefahr durch andere - weniger einschneidende - Mittel abgewendet werden kann (§ 11 Abs. 1 PsychKG Rheinland-Pfalz).

Inhalt und Reichweite dieser Bestimmung sind so auszulegen, dass sie der Bedeutung der Freiheitsrechte des Betroffenen (Art. 2 Abs. 2 GG; Art. 5 Abs. 1 EMRK) gerecht werden; namentlich muss die Einschränkung der persönlichen Freiheit auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und im Übrigen einer strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stand halten (Senat OLGR Zweibrücken, 2003, 230 mit Hinweis auf BVerfG FamRZ 1998, 895, 896; zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus am Maßstab von Art. 5 EMRK vgl. weiter: EGMR NJW 2004, 2209 und Dörr, JUS 2005, 60 ff).

Die sachlichen Voraussetzungen für den Erlass einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme - darum geht es hier - sind grundsätzlich dieselben wie für den Erlass der Maßnahme durch Hauptentscheidung, jedoch mit der durch die Verweisung in § 70 h Abs. 1 FGG auf § 69 f Abs. 1 Nr. 1 FGG geregelten Maßgabe, dass dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Unterbringungsmaßnahme in der Hauptsache angeordnet wird und dass mit dem Aufschub Gefahr verbunden wäre; ferner muss ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegen. Die den anzustellenden Prognosen zugrunde liegenden Tatsachen bedürfen nicht des vollen Beweises, sie brauchen nur sehr wahrscheinlich zu sein. Eine erschöpfende Aufklärung des Sachverhaltes ist im summarischen Verfahren vor Erlass der vorläufigen Eilmaßnahme (noch) nicht geboten (Keidel/Kayser aaO § 70 h Rdnr. 4, 5, 10; Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 70 h FGG Rdnr. 5).

b) Gemessen an diesen Kriterien hat das Landgericht ohne durchgreifenden Rechtsfehler die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus gebilligt.

Nach dem im ersten Rechtszug erstatteten amtsärztlichen Zeugnis und mit Blick auf das aktenkundig gemachte Verhalten des Betroffenen sowie dessen ausführlich protokollierte Äußerungen beim Vormundschaftsgericht durfte der Einzelrichter der Beschwerdekammer davon ausgehen, dass der Betroffene an einem akuten und massiven Schub einer manisch-depressiven Erkrankung litt und im Weiteren die Prognose anstellen, dass von dem nicht krankheitseinsichtigen Betroffenen deshalb eine erhebliche Eigen- und Fremdgefährdung ausging. Die besondere Eilbedürftigkeit der vorläufigen Maßnahme konnte deshalb bejaht werden, weil - was auch die weitere Beschwerde nicht in Abrede stellt - der Betroffene kurz zuvor unter dem Einfluss von Wahnvorstellungen im Streit seine Ehefrau bedroht und sich selbst mit einer zerbrochenen Flasche verletzt hatte; außerdem war er mit seinem Pkw von seinem Wohnort im H... bis nach W... gefahren und dort in geistesverwirrtem Zustand von der Polizei aufgegriffen und an der Weiterfahrt gehindert worden.

Allerdings ist dem Betroffenen, obwohl er damals offensichtlich psychisch schwer gestört und rechtlich nicht vertreten war, in der Beschwerdeinstanz kein Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Interessen bestellt worden und hat ihn der Einzelrichter - entgegen §§ 70 m Abs. 3 i.V.m. 69 g Abs. 5 Satz 1 i.V.m. 70 c Satz 1 FGG - nicht persönlich angehört. Auch sind dem Betroffenen nicht vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung die von dem Landgericht zu seinem Nachteil verwerteten gutachterlichen Äußerungen der ihn in der Psychiatrie behandelnden Ärzte bekannt gegeben worden; das war nicht rechtens, weil bei einer gerichtlichen Überzeugungsbildung stets nur solche Umstände und Erkenntnisse berücksichtigt werden dürfen, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (vgl. Senat OLGR Zweibrücken 2004, 87, 88 m.w.N.)

Auf all dem beruht die angefochtene Entscheidung hier jedoch nicht. Denn nach den Gesamtumständen, insbesondere dem Inhalt des vormundschaftsgerichtlichen Protokolls vom 12. November 2004, kann der Senat im vorliegenden Fall ausnahmsweise ausschließen, dass von dem Betroffenen oder von einem Verfahrenspfleger für ihn damals noch zusätzliche tatsächliche Gesichtspunkte hätten ins Feld geführt werden können, welche das Landgericht zu einer für den Betroffenen günstigeren Sachentscheidung hätten bewegen können. Auch die Rechtsbeschwerdebegründung bringt insoweit bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts nichts vor.

4. Die weitere Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.

Im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung des Betroffenen im dritten Rechtszug ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers für ihn gemäß § 70 b Abs. 3 FGG unterblieben. Eine Kostenentscheidung ist wegen § 128 b KostO nicht veranlasst. Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde.