VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.1996 - 8 S 1151/96
Fundstelle
openJur 2013, 10280
  • Rkr:

1. Der Erlaß einer Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG (BauGBMaßnG) setzt nicht voraus, daß zur Herbeiführung der Zulässigkeit des Vorhabens Erschließungsmaßnahmen erforderlich sind und die Durchführung dieser Maßnahmen Gegenstand des Plans ist.

2. Bei der Ausformung des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde nicht an die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB sowie die Regelungen in der Baunutzungs- und der Planzeichenverordnung gebunden. Die erforderliche Beschreibung des ins Auge gefaßten Vorhabens nach Art und Maß der baulichen Nutzung kann auch in der Form eines Projektplans erfolgen.

3. Eine Vereinbarung, wonach die im Durchführungsvertrag festgelegte Frist für die Durchführung des Vorhabens mit Zustimmung der Gemeinde verlängert werden kann, verstößt nicht gegen § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 BauGB-MaßnahmenG (BauGBMaßnG).

4. Eine Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG (BauGBMaßnG) ist nicht deshalb nichtig, weil der Durchführungsvertrag zwischen der Gemeinde und dem Vorhabenträger erst nach dem Satzungsbeschluß, aber noch vor der Inkraftsetzung der Satzung geschlossen worden ist. Um ein Abwägungsdefizit zu vermeiden, müssen jedoch jedenfalls die wesentlichen Bestandteile des Durchführungsvertrags an der Abwägung teilgenommen haben. Hierfür genügt es, wenn im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ein Entwurf des Vertrags vorliegt, dessen Inhalt in die Abwägung einbezogen wird.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über den Vorhaben- und Erschließungsplan B.straße 95 und 97.

Die Antragstellerinnen sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks K.straße 59 (Flst.Nr. 8556/16) in Stuttgart. Der Geltungsbereich der angefochtenen Satzung umfaßt das nordwestlich des Grundstücks der Antragstellerinnen gelegene, ca. 55 ar große Grundstück B.straße 95/97, das bisher mit einem einzelnen, im Jahre 1905 errichteten Gebäude bebaut war.

Mit Schreiben vom 22.12.1994 beantragte die Firma W. GmbH & Co. KG, zur Realisierung der von ihr geplanten Erstellung einer aus drei zwei- und einem dreigeschossigen Wohngebäude bestehenden Wohnanlage mit zusammen 35 Eigentumswohnungen auf dem Grundstück B.straße 95/97 eine Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG aufzustellen. Die Antragsgegnerin leitete daraufhin mit Beschluß vom 14.2.1995 ein Satzungsverfahren ein. Gegen den Entwurf der Satzung, der in der Zeit vom 5.5. bis zum 18.5.1995 öffentlich ausgelegt wurde, erhoben die Antragstellerinnen mit Schreiben vom 11.5.1995 verschiedene Einwendungen. In seiner Sitzung am 26.5.1995 beschloß der Gemeinderat der Antragsgegnerin die angefochtene Satzung unter Zurückweisung der Einwendungen der Antragstellerinnen. Nach Abschluß des Durchführungsvertrags, der von der Firma W. am 22.11.1995 und der Antragsgegnerin am 1.12.1995 unterzeichnet wurde, zeigte die Antragsgegnerin die Satzung mit Schreiben vom 21.2.1996 dem Regierungspräsidium an. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde am 21.3.1996 öffentlich bekanntgemacht.

Die Antragstellerinnen haben am 22.4.1996 ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag,

die Satzung der Antragsgegnerin vom 26. Juli 1995 über den Vorhaben- und Erschließungsplan B.straße 95 und 96 für nichtig zu erklären.

Sie machen geltend: Durch den angefochtenen Vorhaben- und Erschließungsplan würden die geltenden Bebauungspläne einschließlich § 7 OBS in einer Weise geändert, daß aus einem "Landhausgebiet" ein massiertes Wohngebiet mit allen nachteiligen Folgen entstünde. Hierdurch seien sie in ihren abwägungserheblichen Belangen betroffen und daher antragsbefugt. Die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen höherrangiges Recht und sei daher nichtig. Entgegen § 7 Abs. 2 S. 2 BauGB-MaßnahmenG sei sie nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, da der erhebliche Grünanteil auf dem Baugrundstück einseitig zugunsten des Wohnens geschmälert werde. Die Satzung sei ferner deshalb nichtig, weil entgegen § 7 BauGB-MaßnahmenG keine besonderen Erschließungsmaßnahmen notwendig seien und auch im Durchführungsvertrag nicht vereinbart würden. Für eine Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG sei zudem erforderlich, daß ein Baugebiet im Sinne der BauNVO bestimmt und das Maß der baulichen Nutzung durch Untergrenzen und Obergrenzen sowie die überbaubaren Grundstücksflächen festgelegt werde, woran es im vorliegenden Fall fehle. Der Grundsatz der Bestimmtheit sei darüber hinaus auch dadurch verletzt, daß nach der Legende des Lageplans die dort orange eingezeichnete Fläche eine "Verkehrsfläche" sein solle, obwohl der größte Teil dieser Fläche im Lageplan als Baufläche bezeichnet werde. Die Satzung verstoße weiter gegen § 8a BNatSchG, da es nahezu vollständig an der naturschutzrechtlich gebotenen Abwägung fehle. Ebenfalls zur Nichtigkeit der Satzung führe schließlich das Fehlen eines rechtswirksamen Durchführungsvertrags. Entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 BauGB- MaßnahmenG sei die Firma W. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht Grundstückseigentümer gewesen, da der von ihr geschlossene Kaufvertrag im Grundbuch noch nicht vollzogen worden sei. In Ziff. 1 des Durchführungsvertrags habe sich die Firma verpflichtet, die für die Verbreiterung des Gehwegs notwendige Fläche unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Vertrag hätte deshalb gemäß § 313 BGB der notariellen Beurkundung bedurft. Die Antragsgegnerin habe ferner nicht beachtet, daß der Durchführungsvertrag vor dem Satzungsbeschluß geschlossen werden müsse. Erforderlich sei zumindest, daß der Entwurf des Durchführungsvertrags als Grundlage des Satzungsbeschlusses und der endgültige Vertrag inhaltlich übereinstimmten, da sonst ein Abwägungsdefizit vorliege. Im vorliegenden Fall sei aber der Durchführungsvertrag in einem entscheidenden Punkt geändert worden, da in Ziff. 7 des Vertrags eine Regelung über die Ausgleichsfolgen nach § 8a BNatSchG aufgenommen worden sei. Der Durchführungsvertrag sei ferner nichtig, weil in Ziff. 5 umfangreiche Schallschutzmaßnahmen vorgesehen seien, die nur in der Satzung als Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB getroffen hätten werden können. Schließlich verstoße der Durchführungsvertrag auch insoweit gegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 BauGB-MaßnahmenG, als die für die Durchführung des Vorhabens vorgesehene Frist auf Antrag des Bauträgers - unbefristet und bedingungslos - verlängert werden könne.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie erwidert: Die Anträge seien unzulässig, da die Antragstellerinnen keinen Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO erlitten. Die Belange Aussicht, Wohnruhe und Art der Nutzung seien nicht verletzt. Die Anträge seien aber jedenfalls unbegründet. Der Vorhaben- und Erschließungsplan sei aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Nur hilfsweise werde auf § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB hingewiesen. Die Ansicht, daß ein Vorhaben- und Erschließungsplan ohne Erschließungsregelung unzulässig sei, sei unzutreffend. Eine Erschließung sei im übrigen im Vorhaben- und Erschließungsplan enthalten. Das Vorhaben sei in den Bauantragsunterlagen des Vorhaben- und Erschließungsplans ausreichend bestimmt. Auch mit der Änderung der Unterlagen sei der Grundsatz der Bestimmtheit gewahrt. § 8a BNatSchG sei ebenfalls nicht verletzt, da diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des VGH auch im beplanten Innenbereich keine Anwendung finde. Der Durchführungsvertrag sei von dem Verfügungsberechtigten abgeschlossen worden. Ein Verstoß gegen § 313 BGB liege nicht vor, da die Fläche für die Erschließungsmaßnahmen nicht nur durch Eigentumsübertragung sondern auch durch Zustimmung zur Widmung nach § 5 Abs. 1 StrG zur Verfügung gestellt werden könne. Der Abschluß des Durchführungsvertrags nach dem Satzungsbeschluß sei unschädlich. Die Änderung des Durchführungsvertrags gegenüber dem ursprünglichen Entwurf sei gerade in Erfüllung eines Auftrags des Gemeinderats erfolgt. Ein Abwägungsdefizit liege daher nicht vor. Die im Vertrag vorgesehene Verlängerungsmöglichkeit hinsichtlich der Durchführungsverpflichtung widerspreche nicht dem Gesetz.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Satzungsunterlagen der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 6 S. 1 VwGO durch Beschluß. Die Sach- und Rechtslage läßt sich anhand der Akten und der gewechselten Schriftsätze abschließend beurteilen. Der Senat hält daher eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu einer solchen Verfahrensweise zu äußern.

1. Die Anträge sind gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnahmenG i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere besitzen die Antragstellerinnen die gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend Beschluß v. 9.11.1979 - 4 N 1.78 -, BVerwGE 59, 87 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO Nr. 1) ist ein die Befugnis zur Anfechtung eines Bebauungsplans begründender Nachteil im Sinne dieser Vorschrift gegeben, wenn der - nicht unmittelbar in seinem Grundeigentum betroffene - Antragsteller durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung negativ in einem Interesse betroffen wird bzw. in absehbarer Zeit betroffen werden kann, das bei der Entscheidung über den Erlaß oder den Inhalt dieses Bebauungsplans als privates Interesse des Antragstellers in der Abwägung berücksichtigt werden mußte. Für die Anfechtung einer Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG, bei deren Aufstellung ebenso wie bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind (vgl. § 7 Abs. 2 BauGB-MaßnahmenG i.V.m. § 1 Abs. 6 BauGB) gilt das gleiche. Die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen ist danach zu bejahen. Ein negatives Betroffensein der Antragstellerinnen in einem abwägungsbeachtlichen Interesse ist jedenfalls insoweit anzuerkennen, als der Vorhaben- und Erschließungsplan eine gemeinsame (Tiefgaragen-)Zufahrt für alle vier Wohnhäuser vorsieht, die unmittelbar am Wohnhaus der Antragstellerinnen vorbeiführt.

2. Die Anträge sind jedoch nicht begründet. Die angefochtene Satzung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

2.1. Die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan wurde gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 BauGB-MaßnahmenG aus dem Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands entwickelt, der das Plangebiet als Gebiet für "Wohnen und sonstige Grünflächen" darstellt. Mit dieser Darstellung ist der Vorhaben- und Erschließungsplan ohne weiteres vereinbar, da die geplante Wohnanlage nur 30 v. H. der Grundstücksfläche in Anspruch nimmt, so daß der Grünflächenanteil auf dem Grundstück entgegen dem Vortrag der Antragstellerinnen auch weiterhin eindeutig überwiegt.

2. 2. Darauf, ob der Vorhaben- und Erschließungsplan - wie die Antragstellerinnen meinen - keine Erschließungsmaßnahmen vorsieht, kommt es nicht an. Entgegen ihrer Ansicht führte das Fehlen solcher Maßnahmen nicht zur Nichtigkeit der Satzung.

Soweit § 7 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnahmenG von Erschließungsmaßnahmen spricht, ist damit die Einzelerschließung des beabsichtigten Vorhabens, d.h. die Erschließung im Sinn des § 30 BauGB gemeint. Dazu gehört nicht die Herstellung der privaten Erschließungsanlagen auf dem Baugrundstück, die - wie auch in anderen Fällen - dem Vorhabenträger überlassen bleibt (Bielenberg, ZfBR 1996, 6, 16). Bei der von der Antragsgegnerin erwähnten Tiefgaragenzufahrt handelt es sich daher nicht um eine Erschließungsmaßnahme im Sinne des § 7 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG. Auch soweit die Antragsgegnerin auf die zur Verbreiterung des Gehwegs an der B.straße dienende Festsetzung einer Verkehrsfläche entlang der nördlichen Grenze des Baugrundstücks sowie auf den in Ziff. 1 des Vorhaben- und Erschließungsplans vereinbarten Abschluß eines Erschließungsvertrags hinweist, in dem die Einzelheiten der Verbreiterung des Gehwegs und der dazu notwendigen Versetzung einer Mauer geregelt werden sollen, ist fraglich, ob damit einem etwaigen Erfordernis, in einem Vorhaben- und Erschließungsplan auch die Vornahme von Erschließungsmaßnahmen zu vereinbaren, Genüge getan wäre.

Ein derartiges Erfordernis besteht jedoch nicht, so daß die Frage letztlich dahinstehen kann. Daraus, daß das Gesetz von einem Vorhaben- und Erschließungsplan spricht, kann entgegen der Ansicht Bielenbergs (a.a.O., S. 7), auf die sich die Antragstellerinnen berufen, nicht gefolgert werden, daß ein solcher Plan nur zulässig wäre, wenn zur Herbeiführung der Zulässigkeit des Vorhabens Erschließungsmaßnahmen erforderlich sind und die Durchführung dieser Maßnahmen Gegenstand des Plans ist. Ein solches Verständnis des § 7 BauGB-MaßnahmenG widerspräche insbesondere dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck, der darin besteht, der Gemeinde ein vereinfachtes Instrument zur Herbeiführung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines bestimmten Bauvorhabens in die Hand zu geben. Weshalb die Gemeinde von diesem Instrument nur dann Gebrauch machen können sollte, wenn zur Herbeiführung der Zulässigkeit eines Vorhabens auch die Durchführung von Erschließungsmaßnahmen notwendig ist, ist vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung und im Hinblick auf die mit einer solchen Ansicht verbundene erhebliche Einengung des Anwendungsbereichs des § 7 BauGB-MaßnahmenG nicht einzusehen.

2. 3. Der angefochtenen Satzung fehlt es auch nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.

a) Nicht zu beanstanden ist zunächst, daß die Satzung die Art der baulichen Nutzung nicht durch Festsetzung eines Baugebiets im Sinn der Baunutzungsverordnung bestimmt. Wie jede andere Rechtsnorm muß auch die Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügen. Der planungsrechtlich relevante Inhalt der Satzung muß insbesondere geeignet sein, die Grundlage für die Genehmigung des Vorhabens durch die Baugenehmigungsbehörde darzustellen. Dabei besteht jedoch keine Bindung an die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB sowie die Regelungen in der Baunutzungs- und der Planzeichenverordnung (Bielenberg, a.a.O. S. 9; Reidt, BauR 1995, 788, 792; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 5. Aufl., § 7 BauGB-MaßnahmenG RdNr. 11). Vielmehr genügt auch eine konkrete Beschreibung des ins Auge gefaßten Vorhabens nach Art und Maß der baulichen Nutzung in der Form eines Projektplans (Bielenberg, a.a.O., S. 10; sowie Ziff. 6.5 der Gemeinsamen Hinweise des Wirtschaftsministeriums und des Umweltministeriums zum Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 14.6.1994, GABl. S. 601). Die vom Vorhabenträger erarbeiteten Bauantragsunterlagen, die gemäß § 2 der Satzung zu ihrem Bestandteil gehören, genügen diesen Anforderungen. In diesen Unterlagen ist das Projekt in jeder Hinsicht eindeutig beschrieben.

b) Der Bestimmtheitsgrundsatz ist auch insoweit gewahrt, als die Satzung im Norden des Baugrundstücks eine Verkehrsfläche festsetzt. Der Widerspruch, den die Antragstellerinnen darin sehen, daß es sich einerseits bei der im Lageplan ocker gekennzeichneten Fläche nach der dem Plan beigefügten Zeichenerklärung um eine Verkehrsfläche handelt, andererseits aber ein Teil dieser Fläche im Lageplan als Baufläche bezeichnet wird, besteht nur auf den ersten Blick. Wie sich aus Ziff. 3 der Begründung der Satzung ergibt, soll der Gehweg an der B.straße abweichend von der ursprünglichen Planung nur auf 2,5 m verbreitert werden. Zur Kennzeichnung dieser Planänderung dient die im Lageplan orangefarben dargestellte neue Straßenbegrenzungslinie mit dem Zusatz "2,5 (m)" und der ausdrücklichen Bezeichnung des übrigen Teils der ursprünglich vorgesehenen Verkehrsfläche als "Baufläche". Das von der Antragsgegnerin Gewollte geht damit aus dem Plan sowie der zu seiner Auslegung ergänzend heranzuziehenden Begründung mit (noch) hinreichender Klarheit hervor.

2. 4. Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen ist die Satzung auch nicht deshalb nichtig, weil der Durchführungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin und dem Vorhabenträger erst am 1.12.1995 und somit erst nach dem Satzungsbeschluß (26.7.1995) abgeschlossen worden ist.

Die Frage, in welchem Zeitpunkt ein rechtsverbindlicher Durchführungsvertrag vorliegen muß, ist umstritten. Während überwiegend angenommen wird, daß es genügt, wenn vor Inkraftsetzung der Satzung ein wirksamer Durchführungsvertrag geschlossen worden ist (Pietzcker, DVBl. 1992, 660; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., RdNr. 19 f; Neuhausen, BauGB-MaßnahmenG, RdNr. 369), ist es nach anderer Ansicht erforderlich, daß ein solcher Vertrag schon vor dem Satzungsbeschluß zustande gekommen ist, da es sich dabei um eine gesetzliche Zulässigkeitsvoraussetzung der Plansatzung handele (Birk, Die neuen städtebaulichen Verträge, RdNr. 155 bis 158). Zwar setzt der Erlaß einer Satzung gemäß § 7 BauGB-MaßnahmenG voraus, daß sich der Vorhabenträger der Gemeinde gegenüber zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet. Daraus folgt jedoch nicht, daß diese Voraussetzung bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erfüllt sein müßte. Da jedoch nach allgemeinen Grundsätzen der Erlaß der Satzung nicht die Beschlußfassung durch den Gemeinderat, sondern das Wirksamwerden der Satzung ist, reicht es aus, wenn ein solcher Vertrag im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung vorliegt (Bielenberg, a.a.O., S. 15; Reidt, a.a.O., S. 796). Zu bedenken ist aber auch, daß der Inhalt des mit dem Vorhabenträger geschlossenen Durchführungsvertrags zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört. Deshalb müssen jedenfalls die wesentlichen Vertragsbestandteile, um ein Abwägungsdefizit zu vermeiden, an der Abwägung teilgenommen haben. Auch unter diesem Aspekt ist es jedoch nicht erforderlich, daß bereits beim Satzungsbeschluß ein rechtsverbindlicher Durchführungsvertrag abgeschlossen worden ist. Vielmehr genügt es, wenn in diesem Zeitpunkt ein Entwurf des Vertrags vorliegt und dessen Inhalt in die Abwägung einbezogen wird (Bielenberg, a.a.O., S. 16; Reidt, a.a.O., S. 796). Das ist hier geschehen. Der Vorlage zu der Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 26.7.1995 lag der von der Antragsgegnerin mit dem Vorhabenträger ausgehandelte Entwurf eines Durchführungsvertrags bei. Von dem am 22.11./1.12.1995 unterzeichneten Vertrag unterschied sich dieser Entwurf nur insoweit, als darin die erst nachträglich in den Vertrag aufgenommene Vereinbarung über eine Streuobstpflanzung im Bereich S. fehlte, mit der nach den Vorstellungen der Antragsgegnerin ein weiterer Teilausgleich der durch den Vorhaben- und Erschließungsplan verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft bewirkt werden soll. Wie sich aus dem Protokoll über die Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 25.7.1995 ergibt, war eine solche Maßnahme schon vor dem Satzungsbeschluß ins Auge gefaßt und eine entsprechende Ergänzung des Durchführungsvertrags beabsichtigt. Auf dieser Basis hat der Gemeinderat dem Abschluß des Durchführungsvertrags zugestimmt und die Satzung beschlossen. Ein Abwägungsdefizit liegt somit nicht vor.

2. 5. Der von der Antragsgegnerin mit dem Vorhabenträger geschlossene Durchführungsvertrag ist entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen wirksam. Gegen die Rechtmäßigkeit der Satzung bestehen daher auch insoweit keine Bedenken.

a) Nach § 57 VwVfG bedarf der in § 7 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG vorgesehene Durchführungsvertrag grundsätzlich nur der Schriftform. Gemäß § 313 BGB i.V.m. § 62 VwVfG ist jedoch eine notarielle Beurkundung notwendig, sofern der Vertrag die Verpflichtung der Gemeinde oder des Vorhabenträgers zur Übereignung oder zum Erwerb von Grundstücken enthält. Eine solche Verpflichtung wird jedoch entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen durch Ziff. 1 des von der Antragsgegnerin mit dem Vorhabenträger geschlossenen Durchführungsvertrags nicht begründet. Zur Erfüllung der mit dieser Bestimmung eingegangenen Verpflichtung des Vorhabenträgers, die für die Verbreiterung des Gehwegs an der B.straße auf 2,5 m notwendige Fläche unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, bedarf es, wie die Antragsgegnerin zu Recht einwendet, nicht notwendig einer Eigentumsübertragung, sondern es genügt, daß der Vorhabenträger als Eigentümer der betreffenden Fläche seine gemäß § 5 Abs. 1 StrG erforderliche Zustimmung zu ihrer Widmung als öffentliche Verkehrsfläche gibt. Die in Ziff. 1 des Durchführungsvertrags getroffene Vereinbarung kann daher auch so ausgelegt werden, daß sich der Vorhabenträger nicht zur Eigentumsübertragung verpflichtet, sondern nur dazu, der Widmung der betreffenden Fläche zuzustimmen, die nicht dem Formerfordernis des § 313 BGB unterliegt. Entsprechend dem Grundsatz der vertragserhaltenden Auslegung ist dieser nach dem Wortlaut der Vereinbarung ebenso gut möglichen Interpretation der Vorzug zu geben.

Die etwaige Formnichtigkeit der in Ziff. 1 des Durchführungsvertrags getroffenen Vereinbarung über die Zurverfügungstellung der zur Gehwegverbreiterung notwendigen Fläche hätte im übrigen nicht die Gesamtnichtigkeit des Durchführungsvertrags zur Folge. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 24.9.1987 - VII ZR 306/86 -, BGHZ 101, 393, 396) ist eine im Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag geschlossene, für sich allein nicht formbedürftige Vereinbarung nur dann ihrerseits notariell zu beurkunden, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, daß sie miteinander "stehen und fallen" sollen. Dafür sieht der Senat im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Gegen eine solche Abhängigkeit der in Ziff. 1 von dem Vorhabenträger eingegangenen Verpflichtung und dem übrigen Teil des Durchführungsvertrags spricht vielmehr bereits der nur geringe Umfang der für die Gehwegverbreiterung benötigten Fläche. Jedenfalls aber haben die Vertragspartner in Ziff. 13 des Vertrags vereinbart, daß die eventuelle Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen nicht die Wirksamkeit der übrigen Vertragsregelungen berühren solle. Das steht der Annahme, daß der Durchführungsvertrag mit der Verpflichtung des Vorhabenträgers,die für die Gehwegverbreiterung benötigte Fläche zur Verfügung zu stellen, "stehen und fallen" solle, notwendig entgegen.

b) Der Durchführungsvertrag ist ferner nicht deshalb nichtig, weil der Vorhabenträger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglicherweise noch nicht Eigentümer des Baugrundstücks war. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB- MaßnahmenG muß der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens in der Lage sein. Das setzt zwar in der Regel voraus, daß er auch Eigentümer der Flächen ist, auf die sich der Plan erstreckt. Ein dingliches Anwartschaftsrecht, wie es der Käufer eines Grundstücks besitzt, zu dessen Gunsten im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist, ist jedoch ebenfalls ausreichend (Bielenberg, a.a.O., S. 8; Ziff. 6.6 der Gemeinsamen Hinweise des Wirtschaftsministeriums und des Umweltministeriums zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz, a.a.O.). Die Firma W. war Inhaberin eines solchen Anwartschaftsrechts, da am 5.9.1994 zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden war. Die Antragsgegnerin hatte somit keinen Grund, an deren Fähigkeit, das Vorhaben durchzuführen, zu zweifeln.

c) Die in Ziff. 3 des Durchführungsvertrags vorgesehene Möglichkeit, die von den Vertragspartnern vereinbarte Frist für die Durchführung des Vorhabens zu verlängern, führt ebenfalls nicht zur Nichtigkeit des Vertrags. Nach der getroffenen Vereinbarung bedarf die Verlängerung der Frist der (schriftlichen) Zustimmung der Antragsgegnerin. Ob sie diese Zustimmung gegebenenfalls erteilt oder auf der Durchführung des Vorhabens innerhalb der vereinbarten Frist besteht, liegt in ihrem Ermessen. Eine solche einseitige, von dem Vorhabenträger nicht beeinflußbare Verlängerungsmöglichkeit widerspricht nicht dem mit § 7 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 BauGB-MaßnahmenG verfolgten Zweck.

d) Die Wirksamkeit des Durchführungsvertrags wird schließlich auch nicht durch die unter Ziff. 5 vereinbarte Verpflichtung des Vorhabenträgers zum Einbau von Schallschutzfenstern in den Aufenthaltsräumen entlang der E.- und der B.straße berührt. Die Antragstellerinnen sind zu Unrecht der Ansicht, daß eine solche Regelung nur in der Plansatzung hätte getroffen werden können. Zwar ist richtig, daß Regelungen, die für die Baugenehmigungsbehörde bindende Wirkung haben sollen, in die Plansatzung bzw. in den Vorhaben- und Erschließungsplan als Bestandteil der Satzung aufgenommen werden müssen. Das schließt jedoch nicht aus, daß die Gemeinde mit dem Vorhabenträger über die Plansatzung hinausgehende Vereinbarungen über die Ausgestaltung des Vorhabens trifft, denen allerdings in diesem Fall nur eine interne Wirkung zwischen den Vertragspartnern zukommt (Bielenberg, a.a.O., S. 10; Birk, a.a.O., RdNr. 145 ff). Durch die Möglichkeit - ebenso wie in einem Bebauungsplan - auch in einer Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan Festsetzungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB), war die Antragsgegnerin nicht daran gehindert, entsprechende Vereinbarungen mit dem Vorhabenträger in den Durchführungsvertrag aufzunehmen.

2. 6. Die Satzung verstößt schließlich auch nicht gegen § 8a BNatSchG. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Beschluß vom 12.8.1994 - 8 S 903/94 -, VBlBW 1995, 241 sowie Beschluß vom 29.6.1995 - 5 S 1537/94 -, NuR 1996, 256) findet die auf § 8 Abs. 8 BNatSchG beruhende Regelung in § 10 Abs. 1 NatSchG, wonach nur Vorhaben im Außenbereich als Eingriffe in Natur und Landschaft in Betracht kommen, auch im Rahmen des § 8a Abs. 1 S. 1 BNatSchG Anwendung. Da das Plangebiet im Innenbereich liegt, sind somit schon deshalb keine Eingriffe im Sinn des § 8 Abs. 1 BNatSchG aufgrund der Aufstellung der angefochtenen Satzung zu erwarten. Der Umstand, daß für das Plangebiet bisher die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin galten, die in Verbindung mit den Bebauungsplänen aus den Jahren 1903, 1907, 1931 und 1965 die Voraussetzungen eines qualifizierten Bebauungsplans erfüllte, ändert daran entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen nichts.

Die Nichtanwendbarkeit des § 8a BNatSchG bedeutet allerdings nicht, daß die Antragsgegnerin nicht gleichwohl die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach den allgemeinen Abwägungsregeln zu beachten hatte (vgl. § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 7 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 2 S. 1 BauGB-MaßnahmenG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist jedoch nicht zu erkennen. Bereits nach der bis dahin geltenden Ortsbausatzung der Antragsgegnerin war eine Überbauung des Plangebiets mit bis zu 20 v. H. der Grundstücksfläche möglich. Das in den Bauantragsunterlagen beschriebene Vorhaben nimmt ca. 30 v. H. der Grundstücksfläche in Anspruch, so daß sich die Grundstücksinanspruchnahme nur maßvoll erhöht. Die Anordnung der Gebäude wurde unter dem Gesichtspunkt vorgenommen, den vorhandene Baumbestand weitgehend zu erhalten. So können von den auf dem Baugrundstück vorhandenen 67 Bäumen 53 erhalten bleiben. Zum teilweisen Ausgleich der verbleibenden Beeinträchtigungen sind außer der bereits erwähnten Streuobstpflanzung im Bereich S. Begrünungen der Tiefgarage und der Flachdächer sowie Ersatzpflanzungen auf dem Baugrundstück vorgesehen. Die Antragsgegnerin hat damit die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege hinreichend beachtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO.