VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.08.1995 - 5 S 71/95
Fundstelle
openJur 2013, 9758
  • Rkr:

1. Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes im Hinblick auf eine Vielzahl unterschiedlicher Auflagen und Bedingungen ist ungeachtet der Bestandskraft der Androhungsverfügung keine taugliche Grundlage für eine spätere Zwangsgeldfestsetzung, wenn nicht erkennbar ist, für den Verstoß gegen welche Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungsgewalt ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht ist.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Zwangsgeldfestsetzungsbescheid, den die Beklagte wegen der Nichteinhaltung von Auflagen im Zusammenhang mit der Außenbewirtschaftung einer Gaststätte gegen sie und ihren Ehemann erlassen hat.

Die Klägerin übernahm im August 1988 die ehemalige Gaststätte "W." im Gemeindegebiet der Beklagten. Mit Schreiben vom 20.03.1989 beantragte sie beim Ordnungsamt der Beklagten, ihr die Außenbewirtschaftung der nunmehr unter dem Namen "K." fortgeführten Gaststätte, wie sie sie vom Vorgänger übernommen habe, insbesondere mit der vorhandenen Einfriedigung der Terrasse mit einem Holzzaun, zu gestatten. Dem Antrag fügte sie eine Lageskizze bei, wonach die Gesamtlänge der bewirtschafteten Gehwegfläche 12 m und deren Breite 2,50 m betragen sollte. Das im Genehmigungsverfahren hinzugezogene Polizeipräsidium stellte fest, daß die Angaben in dem dem Antrag beigefügten Lageplan nicht den vorhandenen Gegebenheiten entsprächen. Die mit einem weißen Holzzaun umgebene Terrasse habe vielmehr eine Länge von 10,72 m und eine Breite von 2,79 m; die verbleibende Gehwegbreite betrage danach nurmehr 2,17 m und werde an einer Stelle durch einen vorhandenen Lichtmasten auf 1,16 m nutzbarer Gehwegbreite reduziert.

Das Ordnungsamt der Beklagten erteilte daraufhin mit Bescheid vom 08.06.1989 unter Berufung auf § 46 StVO i.V.m. § 16 StrG der Klägerin in stets widerruflicher Weise die Erlaubnis,

"auf der im beigefügten Lageplan schraffierten 24 qm großenVerkehrsfläche, Tische und Stühle sowie Pflanzkübel vor Ihrer o.g.Gaststätte aufzustellen."Auf dem der Genehmigung beigefügten Lageplan war die Gesamtlänge der Bewirtschaftungsfläche mit 12 m, deren Breite mit 2 m, die verbleibende Restgehwegbreite mit 3 m angegeben. Weiterhin wurde der Klägerin in dem Genehmigungsbescheid

"ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- DM für den Fall angedroht, daßdie nachfolgend aufgeführten Bedingungen/Auflagen nicht eingehaltenwerden."Unter "Bedingungen/Auflagen" wurde in insgesamt 20 Einzelpositionen u.a. verfügt:

"01. Der beigefügte Lageplan ist Bestandteil der Genehmigung.

02. Es ist untersagt, eine planabweichende Aufstellung der Außenbestuhlung bzw. ein Überschreiten der Bestuhlungsfläche vorzunehmen. Geschieht dies dennoch, ist dieser Teil der Außenbestuhlung unverzüglich zu entfernen...

04. Die Errichtung von Bauten oder Bauteilen jeder Art, die mit dem Boden fest verbunden sind, ist nicht gestattet."

Zugleich ordnete die Beklagte die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung an. Im August 1992 stellte die Beklagte fest, daß die Außenbewirtschaftung vor der Gaststätte "K." auf einer Fläche von 27,82 qm durchgeführt worden sei; auch betrage die Restgehwegbreite zwischen der Außenbewirtschaftung und dem Laternenmast lediglich 1,1 m. Schließlich sei eine Umzäunung vorhanden, die mit dem Boden fest verbunden sei.

Mit Schreiben vom 07.08.1992 wies die Beklagte die Inhaber der Gaststätte "K." auf diese Beanstandungen hin und forderte sie auf, die Außenbestuhlung auf das genehmigte Maß zurückzusetzen, da ansonsten von dem angedrohten Zwangsgeld Gebrauch gemacht werden müsse.

Bei einer weiteren Außendienstkontrolle am 16.09.1992 wurde festgestellt, daß keine Veränderung an der Außenbestuhlung der Gaststätte vorgenommen worden sei.

Daraufhin erließ die Beklagte am 28.09.1992 einen an die Gaststätte "K." adressierten Forderungsbescheid in Höhe von 5.000,-- DM. Im Vollstreckungsverfahren machte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin geltend, daß sie den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid nicht erhalten habe und im übrigen auch ihr Ehemann Inhaber der Gaststätte "K." sei. Hierauf erließ die Beklagte mit Datum vom 03.06.1993 erneut einen Forderungsbescheid über 5.000,-- DM (Geschäfts- u. Kassenzeichen: 7036.0000.7813). Dieser war ausweislich der Postzustellungsurkunde adressiert an "Gaststätte K. Inhaber: H. und C. M.,". Hiergegen legten die Klägerin und ihr Ehemann am 14.06.1993 Widerspruch ein, ohne ihn zu begründen. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 28.03.1994, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 07.04.1994, den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Bei Kontrollen am 03.08. und 16.09.1992 sei festgestellt worden, daß die zugelassene Breite der Bestuhlungsfläche bei der von der Klägerin und ihrem Ehemann betriebenen Gaststätte um 60 cm überschritten worden sei. Es stünde deshalb lediglich eine Restgehwegbreite zwischen der Außenbewirtschaftung und dem dortigen Laternenmast von 1,1 m zur Verfügung. Weiterhin sei der Jägerzaun mit dem Erdboden fest verbunde. Auch habe sich die Bepflanzung nicht in einem tadellosen Zustand befunden, sondern habe zusätzlich in die Restgehwegfläche hineingeragt. Diese Restgehwegbreite reiche nicht aus, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs zu gewährleisten. Damit hätten die Klägerin und ihr Ehemann gegen die Nummern 2, 4, 5 und 17 der Bedingungen und Auflagen des Gestattungsbescheids vom 08.06.1989 verstoßen. Das Zwangsgeld sei der Art nach und auch in der Höhe von 5.000,-- DM angemessen, insbesondere verhältnismäßig. Schon in der Begründung der Erlaubnis vom 08.06.1989 sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, daß eine planabweichende Aufstellung der Außenbewirtschaftung bzw. ein Überschreiten der Bestuhlungsfläche nicht hingenommen werden könne. Gerade die Erheblichkeit und Nachhaltigkeit der nachgewiesenen Verstöße gegen die Erlaubnis zeigten, daß die Klägerin dadurch einnahmefördernde Effekte erzielt habe und eine Festsetzung des widerspruchslos angedrohten Zwangsgeldes in Kauf zu nehmen gewillt sei.

Mit der hiergegen am 03.05.1994 erhobenen Klage haben die Klägerin und ihr Ehemann vorgetragen, daß der Ehemann nicht Zahlungspflichtiger sei, da die Konzession für die Gaststätte "K." allein der Klägerin zustehe. Im übrigen habe die Klägerin die Gaststätte im Jahre 1988 in dem Zustand erworben, wie er von der Beklagten im Jahre 1992 vorgefunden worden sei. Die Überschreitung der Bestuhlungsfläche sei bereits von dem Rechtsvorgänger der Klägerin verursacht worden. Die Höhe des Zwangsgeldes sei unverhältnismäßig. In der Nachbarschaft befindliche Anwesen verfügten über eine größere Außenbestuhlung, ohne daß hiergegen eingeschritten werde.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 18.11.1994 den Forderungsbescheid der Beklagten vom 03.06.1993 insoweit aufgehoben, als darin der Ehemann zur Zahlung von 5.000,-- DM verpflichtet wurde. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es: Das Zwangsgeld in dem Genehmigungsbescheid vom 08.06.1989 sei dem Inhaber der Gaststätte "K. angedroht worden; dies sei nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung nur die Klägerin. Die Klage sei daher hinsichtlich ihres Ehemannes, des Klägers Ziff. 1 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, begründet. Im übrigen sei der angefochtene Forderungsbescheid rechtmäßig. Dabei sei es dem Gericht verwehrt, zu überprüfen, ob die Grundverfügung mit Zwangsmittelandrohung vom 08.06.1989 Rechte der Klägerin verletze, da sie bestandskräftig sei. Die Zwangsgeldfestsetzung selbst in Form des angefochtenen Forderungsbescheids sei jedenfalls rechtmäßig. Die Klägerin habe das ihr bestandskräftig angedrohte Zwangsgeld durch Überschreitung der ihr gestatteten Bestuhlungsfläche verwirkt. Dabei könne dahinstehen, ob diese die zulässige Breite um 60 cm oder 40 bis 55 cm überschreite und ob die verbleibende Restgehwegfläche 1,10 m oder 2,50 m breit sei; in jedem Fall habe sie die im Genehmigungsbescheid zugelassenen Maße überschritten, und für jedes Überschreiten der im Bescheid festgesetzten Bestuhlungsfläche sei ein Zwangsgeld von 5.000,-- DM angedroht gewesen. Außerdem sei von der Klägerin unter Verstoß gegen Ziff. 04 der Auflagen des Genehmigungsbescheids eine Umzäunung der Bestuhlungsfläche angebracht worden, die mit dem Boden fest verbunden sei. Ob die Bestuhlungsfläche in dieser Form bereits vom früheren Betreiber der Gaststätte angelegt worden sei, sei insoweit unerheblich. Auch gegen die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes bestünden keine Bedenken.

Gegen das am 02.12.1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.12.1994 Berufung eingelegt. Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 1994- 8 K 1222/94 - zu ändern und den Forderungsbescheid der Beklagten vom06. März 1993 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28. März1994 auch gegenüber der Klägerin aufzuheben.Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.Sie nimmt Bezug auf die Begründung der angefochtenen Entscheidungen und auf die verwaltungsgerichtlichen Urteilsgründe.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgericht Karlsruhe vor; auf ihren Inhalt wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Gründe

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie war unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen worden (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO) und hatte im übrigen ihr Nichterscheinen angekündigt.

Berufungsführerin ist allein die Klägerin, wie bereits der nur auf sie bezogene Berufungsantrag trotz der mißverständlichen Eingangsworte der Berufungsschrift "namens und im Auftrag der Kläger" nahelegt; dies wurde vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals klargestellt.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte auch im Hinblick auf die Klägerin den gegen sie ergangenen Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 03.06.1993 und den ihren Widerspruch hiergegen zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 28.03.1994 aufheben müssen, denn sie sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

1. Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zwangsgeldfestsetzung in Form des Forderungsbescheids der Beklagten vom 03.06.1993, der allein den Gegenstand der Anfechtungsklage bildet (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), folgt allerdings nicht bereits daraus, daß die Beklagte wohl nicht zur Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin zuständig war. Hierfür spricht, daß der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 08.06.1989 ungeachtet der insoweit unklaren Formulierung durch die unterschiedslose Bezugnahme auf § 16 StrG und § 46 StVO als Rechtsgrundlage des Bescheids richtigerweise wohl als Entscheidung der Beklagten als Straßenverkehrsbehörde nach § 46 StVO zu verstehen ist (vgl. § 16 Abs. 6 StrG). Sollte die Beklagte demzufolge bei Erteilung der Genehmigung vom 08.06.1989 als Straßenverkehrsbehörde entschieden haben, wäre in diesem Fall das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständige Widerspruchsbehörde (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); diese Zuständigkeit würde auch für das Verwaltungsvollstreckungsverfahren gelten (§ 4 Abs. 1 LVwVG).

Ob die Beklagte in der Tat als Straßenverkehrsbehörde entschieden hat, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, da die Klägerin - was nach § 79 Abs. 2 VwGO möglich wäre - nicht auch die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids beantragt hat (vgl. zu dieser Möglichkeit VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.1989 - 6 S 2694/88 - VBlBW 1990, 297; Urt. v. 14.10.1987 - 9 S 866/87 -); dies wäre angesichts des Erfolgs der Anfechtungsklage gegen den Ausgangsbescheid auch nicht sinnvoll gewesen.

2. Der Forderungsbescheid vom 03.06.1993, durch den die Zwangsgeldfestsetzung erfolgt ist, wurde zwar auch der Klägerin gegenüber wirksam (§ 43 Abs. 1, § 41 Abs. 1, 5 LVwVfG), obgleich die Zustellung in unheilbar fehlerhafter Weise in nur einem Exemplar an sie und ihren Ehemann erfolgte (vgl. § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1 LVwZG), denn beide haben, wie sich aus der fristgemäßen Einlegung des Widerspruchs ergibt, nachweisbar Kenntnis von dem Forderungsbescheid erhalten (dafür, daß dies jedenfalls zur wirksamen Bekanntgabe eines Verwaltungsakts genügt vgl. BVerwG, Urt. v. 24.01.1992 - 7 C 38.90 - NVwZ 1992, 565; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.04.1989 - 8 S 3669/88 - NVwZ-RR 1989, 593 und Urt. v. 20.12.1990 - 14 S 1922/88 - NVwZ-RR 1992, 396).

Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Forderungsbescheids folgt jedoch daraus, daß es an der erforderlichen Androhung des Zwangsgelds fehlt. Nach § 20 Abs. 1 LVwVG sind Zwangsmittel - so auch das Zwangsgeld - vor ihrer Anwendung von der Vollstreckungsbehörde schriftlich anzudrohen. § 20 Abs. 4 LVwVG verlangt, daß die Androhung eines Zwangsgelds "in bestimmter Höhe" erfolgt. Dies dient dem Zweck, dem Vollstreckungsschuldner zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Das entspricht rechtsstaatlichen Anforderungen, wie es der Gesetzgeber in § 20 Abs. 4 LVwVG eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Die Androhung nur eines bestimmten Zwangsgeldhöchstbetrags reicht hierfür nicht aus. (App, Verwaltungsvollstreckungsrecht, 1989, RdNr. 818; Engelhardt/App, VwGO, VwZG-Kommentar, Anm. 3c zu § 13 VwVG).

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügt die Zwangsgeldandrohung im Genehmigungsbescheid vom 08.06.1989 nicht. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgendem:

In dem Bescheid wird ohne weitergehende Differenzierung "ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- DM für den Fall angedroht, daß die nachfolgend aufgeführten Bedingungen/Auflagen nicht eingehalten werden". Es folgen sodann unter der Überschrift "Bedingungen/Auflagen" 20 Einzelpunkte, in denen der Klägerin Verhaltenspflichten höchst unterschiedlichen Gewichts auferlegt werden. Die "Auflagen/Bedingungen" betreffen zum Teil Art und Umfang der genehmigten Außenbestuhlung (so die im Tatbestand wiedergegebenen Nrn. 02 und 04), in erheblichem Umfang aber auch lediglich die Gestaltung der aufzustellenden Pflanzkübel bis hin zur zu verwendenden Blumenerde (Nrn. 13 - 16 der "Auflagen/Bedingungen"). Ein Teil der "Auflagen/Bedingungen" sind einer Vollstreckung generell nicht zugänglich (so etwa Nr. 09: "Diese Genehmigung wird vorbehaltlich der erteilten Erweiterung der Schankerlaubnis erteilt") oder können jedenfalls nicht mittels eines Zwangsgelds vollstreckt werden (beispielsweise Nr. 08: "Für die Sondernutzung hat der Erlaubnisnehmer eine Sondernutzungsgebühr nach den jeweils geltenden Bestimmungen zu entrichten"). Die Höhe des pauschal angedrohten Zwangsgelds einerseits und die Vielzahl sowie Unterschiedlichkeit der "Auflagen/Bedingungen" andererseits schließen eine bestimmte oder auch nur bestimmbare Zuordnung des Zwangsgelds zu einzelnen Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten aus. Die Klägerin als Adressatin des Genehmigungsbescheids und mögliche Vollstreckungsschuldnerin kann danach nicht wissen, für welche Handlung oder welches Unterlassen ihr ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Dies wird dem strikten gesetzlichen Gebot zur Androhung des Zwangsgelds in bestimmter Höhe nach § 20 Abs. 4 LVwVG nicht gerecht. Die Zwangsgeldandrohung im Genehmigungsbescheid vom 06.08.1989 kann damit nicht taugliche Grundlage einer späteren Zwangsgeldfestsetzung sein.

Der Fall unterscheidet sich insofern wesentlich von der dem Urteil des 3. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 06.02.1980 (3 S 1381/79) zugrunde liegenden Fallgestaltung. Dort hatte die Baurechtsbehörde ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 200,-- DM zur Durchsetzung von 4 Auflagen in einer Weise angedroht, die die Auslegung durch den Senat zuließ, die Behörde habe das volle Zwangsgeld in Höhe von 200,-- DM zur Durchsetzung jeder einzelnen Auflage androhen wollen, für alle Auflagen zusammen aber auch nicht mehr als die 200,-- DM. Einer solchen Auslegung ist die Zwangsgeldandrohung im Genehmigungsbescheid vom 06.08.1989 im vorliegenden Fall nicht zugänglich. Als Androhung von 5.000,-- DM für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der Auflagen oder Bedingungen kann sie schon wegen der absoluten Höhe des angedrohten Zwangsgelds nicht verstanden werden; gerade hinsichtlich einzelner der Gestaltungsauflagen betreffend die Pflanzkübel wäre ein Zwangsgeld über 5.000,-- DM unverhältnismäßig. Bei anderen "Auflagen/Bedingungen" wiederum ist, worauf bereits hingewiesen wurde, ohnehin unklar, ob sie überhaupt mit einem Zwangsgeld bewehrt werden können und aus der Sicht der Beklagten auch sollen. Eine Auslegung der einheitlichen Zwangsgeldandrohung dahingehend, daß sie in gleichen Quoten auf die "Auflagen/Bedingungen" zu verteilen sei, ist angesichts der höchst unterschiedlichen Gewichtigkeit der einzelnen Verhaltenspflichten ausgeschlossen; außerdem steht einem solchen Auslegungsversuch auch entgegen, daß die Zwangsgeldtauglichkeit einzelner "Auflagen/Bedingungen" zweifelhaft ist.

Der festgestellte Mangel der Zwangsgeldandrohung steht der Zwangsgeldfestsetzung trotz der Unanfechtbarkeit des Genehmigungsbescheids vom 06.08.1989 und damit auch der in ihm enthaltenen Zwangsgeldandrohung entgegen. Zwar führt die Bestandskraft einer Zwangsgeldandrohung grundsätzlich dazu, daß sie ausreichende Grundlage für eine androhungsgemäß erfolgende Zwangsgeldfestsetzung ist, ohne daß deren Rechtmäßigkeit von der etwaigen Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Androhung berührt würde (so VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.01.1981 - 10 S 2450/80 -; vgl. ferner Urt. v. 06.02.1980 - 3 S 1381/79 - sowie Urt. v. 20.02.1980 - 3 S 1333/79 - BauR 1980, 346). Vermag danach die Bestandskraft der Zwangsmittelandrohung Einwendungen etwa gegen die Verhältnismäßigkeit ihrer Höhe oder die Wahl des angedrohten Zwangsmittel im Verfahren gegen die Zwangsmittelfestsetzung auszuschließen, kann sie doch nicht dazu führen, daß so schwerwiegende Fehler der Zwangsmittelandrohung, die ihr die Geeignetheit für den bestimmungsgemäßen Zweck nehmen, den Vollstreckungsschuldner erkennen zu lassen, welches Zwangsmittel er in welchem Fall zu erwarten hat, für die spätere Zwangsgeldfestsetzung unbeachtlich sind. Leidet - wie hier - die Zwangsgeldandrohung an einem so schwerwiegenden Fehler, der ihre hinreichende Bestimmtheit ausschließt, kann sie trotz Unanfechtbarkeit nicht taugliche Grundlage für die Zwangsgeldfestsetzung sein. Dies ist notwendige Folge des Aufeinanderbezogenseins der verschiedenen Stufen des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens; einer Entscheidung darüber, ob der festgestellte Fehler bereits zur Nichtigkeit der Zwangsgeldandrohung führt (§ 44 Abs. 1 LVwVfG), bedarf er daher nicht. Die Zwangsgeldfestsetzung ist mangels der gebotenen Androhung eines bestimmten Zwangsmittels rechtswidrig.

Da der Anfechtungsklage gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid bereits deshalb stattzugeben ist, braucht auf den Umstand, daß der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 06.08.1989 auch die erforderliche Fristsetzung (vgl. § 20 Abs. 1 S. 2 LVwVG) fehlt und auf die daran möglicherweise anknüpfenden Rechtsfolgen (vgl. hierzu Urt. des Senats v. 07.02.1991 - 5 S 1452/90 -VBlBW 1991, 299 sowie Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.08.1994 - 10 S 3057/94 -) nicht näher eingegangen zu werden.

3. Die Zwangsgeldfestsetzung leidet schließlich auch an einem Ermessensfehler in Form eines Ermessensdefizits, der seinerseits eng mit der fehlenden Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung zusammenhängt. Angesichts der Höhe des Zwangsgelds und der Vielzahl der Klägerin auferlegten Verpflichtungen hätte es näherer Erwägungen der Beklagten dazu bedurft, weshalb sie trotz eines - absolut gesehen - nicht besonders gravierenden Verstoßes gegen Umfang und Befestigungsart der genehmigten Außenbestuhlung (die ursprünglich mit ins Feld geführten Verstöße gegen einzelne Gestaltungsvorschriften spielten im Rahmen der Ermessenserwägungen zur Höhe der Zwangsgeldfestsetzung erkennbar keine Rolle mehr) die volle Höhe des Zwangsgelds festsetzte. Von Bedeutung für eine sachgerechte Ermessensausübung war in diesem Zusammenhang auch der Umstand, daß die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag die Außenbewirtschaftungsfläche nach wie vor in dem Umfang betreibt, wie sie sie von ihrem Vorgänger übernommen hat, ohne daß die Beklagte sie ausdrücklich zur Verkleinerung der von der Außenbestuhlung in Anspruch genommenen Fläche aufgefordert hat. Die Erwägungen im Widerspruchsbescheid zur Höhe der Zwangsgeldfestsetzung werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; der Kostenausspruch erster Instanz war entsprechend dem Erfolg der Klägerin in dem Berufungsverfahren zu ändern. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren beruht auf § 162 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.