OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.10.2006 - 19 U 143/05
Fundstelle
openJur 2012, 65398
  • Rkr:

Für einen Anspruch aus cic, § 311 BGB wegen nicht ordnungsgemäßer Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz muss der Geschädigte zumindest plausibel machen, dass er vom Widerrufsrecht bei ordnungsgemäßer Belehrung Gebrauch gemacht hätte.Ein Verschulden des Kreditinstituts wegen der unterlassenen Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist bei vor dem Jahr 2000 abgeschlossenen Darlehensverträgen zu verneinen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.10.2005 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen soweit das Urteil Schadensersatzansprüche des Klägers wegen fehlender Kausalität und mangels Verschulden hinsichtlich der unterlassenen Widerrufsbelehrung nach Haustürwiderrufsgesetz verneint.

Gründe

I.

Der Kläger, der im Jahr 1994 auf Vermittlung eines Finanzmaklers bei der Beklagten zwei Darlehen zur Finanzierung eines Wohnungskaufs aufgenommen hatte, begehrt die Feststellung, der Beklagten zu nichts mehr verpflichtet zu sein sowie die Rückzahlung bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Übertragung der mit den Kreditmitteln erworbenen Eigentumswohnung.

Für die Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Ansprüche aus dem Haustürwiderrufsgesetz bestünden schon deshalb nicht, da der Kläger einen Widerruf bisher nicht erklärt habe.

Ebenso wenig gebe es Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages. Eine eventuelle sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises könne der Beklagten als Darlehensgeberin nicht entgegen gehalten werden, da kein verbundenes Geschäft vorliege. Dieses sei schon ausgeschlossen, da der Kredit zu (gerade noch) üblichen Bedingungen grundpfandrechtlich gesichert sei. Aber auch an den allgemeinen Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts fehle es, da die Beklagte nicht in die Vertriebsstruktur des Finanzvermittlers eingebunden gewesen sei.

Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss seien gleichfalls nicht begründet. Keine der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen, in denen ein Kreditinstitut ausnahmsweise auch Aufklärungspflichten über das finanzierte Objekt treffen können, liege vor. Insbesondere habe die Beklagte über keinen Wissensvorsprung verfügt, weder zum Wert der Wohnung noch über die Solvenz des Verkäufers. Auch die behauptete Tatsache, nur an auswärtige Käufer sei zu wesentlich ungünstigeren Konditionen verkauft worden, sei weder schlüssig dargelegt noch bewiesen.

Für die Einzelheiten der erstinstanzlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, ihm stünden jedenfalls aufgrund des nach Abschluss erster Instanz am 14.11.2005 erklärten Widerrufs der Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz die geltend gemachten Ansprüche zu. Eine Widerrufsbelehrung für das in einer Haustürsituation geschlossene Kreditgeschäft, das ein Mitarbeiter der eingeschalteten Firma F. vermittelt habe, sei nicht erfolgt. Die Beklagte hafte aufgrund der unterlassenen Belehrung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo, so dass der Kläger, da er in Kenntnis seines Widerrufsrechts noch vor Kaufvertragsabschluss widerrufen hätte, so zu stellen ist wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Da er in diesem Fall - nämlich ohne Finanzierung - den Wohnungskaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, sei er von den Darlehensverpflichtungen Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums freizustellen und schulde eine Rückzahlung des Nettodarlehensbetrages nicht.

Auch wegen ihrer Kenntnis der finanziellen Situation der Verkäuferin, deren Hausbank die Beklagte gewesen sei, sei die Beklagte schadensersatzpflichtig. Zum Beweis dieser Kenntnis von einer unmittelbar bevorstehenden Insolvenz der Verkäuferin sowie von verdeckten Innenprovisionen (zwischen 18 und 25 %) werde die Beiziehung der Akten des Insolvenzgerichts beim Amtsgericht Villingen-Schwenningen beantragt. Insofern habe es auch das Landgericht zu Unrecht und entgegen der üblichen Finanzierungspraxis als nicht erwiesen angesehen, dass der Beklagten Bilanzen der Verkäuferin vorgelegen haben. Die verdeckten Innenprovisionen sowie die Kenntnis der Beklagten könne der ehemalige Geschäftsführer der Verkäuferin bezeugen.

Schließlich habe die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ungünstigen Kreditbedingungen aufmerksam gemacht, nach denen eine endgültige Tilgung erst für 2035 vorgesehen war.

Zu Unrecht habe das Landgericht schließlich auch ein verbundenes Geschäft verneint. Ein solches sei nicht ausgeschlossen, da es sich bei dem vorliegenden Darlehen gerade nicht um einen Realkreditvertrag handele. Dies folge schon daraus, dass die zur Sicherung bestellte Grundschuld wegen des überhöhten Kaufpreises nicht werthaltig sei, so dass die weiteren Sicherheiten, also letztlich nur die Bonität des Klägers, das Kreditengagement prägten. Die Überhöhung des Kaufpreises müsse der Beklagten bekannt gewesen sein, da sich dies schon mit einer Faustformel anhand der zu erzielenden Nettomiete habe errechnen lassen (II 161). Lege man diese Berechnungsweise zu Grunde, ergebe sich ein Marktwert der Wohnung von rund 35.000.- EUR und damit eine dreifache Überhöhung. Der Mindestbeleihungswert von 60 %, der sich an § 11 Hypothekenbankgesetz orientiere, sei damit unterschritten, so dass ein Personalkredit vorliege.

Auch scheitere die Anwendung des § 3 Abs. 2 VebrKrG daran, dass kein marktüblicher Zins vereinbart worden sei.

Da ein verbundenes Geschäft anzunehmen sei, könne der Kläger diese - als sittenwidrig/wucherisch - zu qualifizierende Überhöhung auch dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten entgegenhalten.

Der Kläger beantragt daher

I. Das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.10.2005 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten weder Zins- noch Tilgungsleistungen aus den Darlehensverträgen, Kontonr. ... vom 06.07.1994 über eine Darlehenssumme von ursprünglich DM 93.000.-, entspricht EUR 47.550,14, sowie dem Darlehensvertrag Kontonr. ... vom 06.07.1994 über eine ursprüngliche Darlehenssumme von DM 121.000.-, entspricht EUR 61.866,32 mehr schuldet.

III. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung eines Miteigentumsanteils von 15/1000 an dem Grundstück Flurstück-Nr. ... der Gemarkung H. im Messgehalt von 30 a 14 qm verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichneten Wohnung im ersten OG des Hauses 1, Wohnfläche ca. 32,73 qm, Grundbuch von H., Blatt ... BV Nr. 1 und einem Miteigentumsanteil von 5/1000 an dem bezeichneten Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 25 bezeichneten Garagenstellplatz, Grundbuch von H. Blatt ... BV Nr. 1

a. an den Kläger EUR 57.729,74 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen und

b. an den Kläger alle zur Sicherung der Darlehensverträge vom 06.07.1994 an die Beklagte abgetretenen gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit der ... Versicherung, Lebensversicherungsvertrag Nr. ... über ein Kapitalleistung bei Tod in Höhe von DM 70.000.- zurückabzutreten.

In der mündlichen Verhandlung über die Berufung hat der Kläger für die gestellten Anträge ausdrücklich klargestellt, aus dem erklärten Widerruf der Darlehensverträge keine Rechte herleiten zu wollen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurück zu weisen,

und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Neues Vorbringen des Klägers zu angeblichen Innenprovisionen und angeblicher Kenntnis der Beklagten von einer drohenden Insolvenz der Verkäuferin sei in zweiter Instanz ausgeschlossen. Der erklärte Widerruf nach HWiG stütze den geltend gemachten Anspruch nicht.

Für das übrige Berufungsvorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, Rechte aus dem erklärten Widerruf nicht herleiten zu wollen, so dass die Berufung lediglich darauf gestützt ist, das Landgericht habe zu Unrecht Schadensersatzansprüche verneint. Unter diesem Gesichtspunkt lässt das angefochtene Urteil weder Rechtsfehler erkennen noch rechtfertigen die in der Berufungsinstanz zu Grunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Zutreffend hat das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers wegen angeblicher Aufklärungspflichtverletzungen verneint.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet.

Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt und dies auch erkennen kann (vgl. BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie BGH WM 2005, 72, 76 und BGH WM 2005, 828, 830).

Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzungen bestehen nicht. Die in der Berufungsinstanz zu Grunde zu legenden Tatsachen stützen die klägerische Annahme, die Beklagte habe über einen Wissensvorsprung verfügt, nicht.

a. Dem erst in der Berufungsinstanz unter Beweisantritt geführten (und insgesamt bestrittenen) Vortrag des Klägers, die Beklagte habe Kenntnis von überhöhten Innenprovisionen gehabt, die zwischen 18 und 25 % gelegen hätten, ist nicht nachzugehen, da eine Zulassung des neuen Vorbringens bereits an § 531 Abs. 2 ZPO scheitert; Gründe, die eine ausnahmsweise Zulassung rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht dargetan.

b. Dass die Klägerin Kenntnis von der sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises gehabt habe, ist ebenfalls nicht hinreichend schlüssig dargetan. Auch insoweit ist das Vorbringen des Klägers, insbesondere der Beweisantritt auf Anordnung der Vorlage der Kreditakte der Verkäuferin, in der Berufungsinstanz neu und nicht ausnahmsweise zuzulassen. Darüber hinaus wäre dem Beweis auch bei rechtzeitiger Geltendmachung nicht nachzugehen, da der Kläger zu den konkreten Umständen, die auf eine Kenntnis der Beklagten schließen lassen könnten und die mit Hilfe der Kreditakte zu beweisen sein sollen, nichts vorgetragen hat.

Eine Kenntnis der Beklagten ist - nach den in den Berufungsinstanz zu Grunde zu legenden Tatsachen - auch nicht damit zu begründen, dass sich der Wert der Wohnung angeblich anhand der damals erzielbaren Nettomiete errechnen ließ und deshalb lediglich mit EUR 35.000.- anzusetzen gewesen sei. Eine sittenwidrige Überhöhung des Preises hat die Beklagte in beiden Instanzen bestritten, ohne dass der Kläger mit seiner Berufung gerügt hätte, dass ein entsprechendes Gutachten zum tatsächlichen Wert der Wohnung erstinstanzlich nicht eingeholt worden ist.

c. Gleiches gilt für die angebliche Kenntnis der Beklagten von der drohenden Insolvenz der Verkäuferin. Dem Antrag auf Beiziehung der Akten des Insolvenzgerichts ohne konkrete Beweisbehauptung ist - unabhängig von der Frage, ob eine ausnahmsweise Zulassung gem. § 531 Abs. 2 ZPO geboten wäre - als bloßem Ausforschungsbeweis nicht nachzugehen.

d. Dem Kläger kommen für den Nachweis eines Wissensvorsprungs der Beklagten auch keine Beweiserleichterungen zu Gute.

Auch wenn man - im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes - bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können (vgl. zu verbundenen Geschäften: BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04), dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank) zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht dahingehend Rechnung trägt, dass sich der Kreditnehmer in den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen kann, sind vorliegend die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht hinreichend dargetan.

Zwar wird die eine eigene Aufklärungspflicht der Bank begründende Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung für die bislang von dem Darlehensnehmer darzulegende und zu beweisende (vgl. BGH, Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62) Kenntnis der Bank von der Täuschung durch den Verkäufer oder Fondsinitiator sowie der von ihnen eingeschalteten Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts ergänzt.

Die Kenntnis der Bank wird aber von einer solchen (arglistigen) Täuschung nur dann widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, also auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers oder der für ihn tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsprospekts nach den Umständen des Falles evident war, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen. Dabei ist für die Annahme eines institutionalisierten Zusammenwirkens nicht ausreichend, dass die Bank den übrigen am Vertrieb des Kapitalanlagemodells Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungszusage gegeben hat. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen Verkäufer oder den von ihm beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank diesbezüglich ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben (vgl. BGH WM 1980, 620, 622 und WM 1992, 1355, 1358; vgl. Erman/Saenger, BGB 11. Aufl. § 358 Rdn. 7; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 358 Rdn. 38; Staudinger/Kessal-Wulf BGB Neubearb. 2004 § 358 Rdn. 30), oder sich daraus ergeben, dass den vom Verkäufer oder Fondsinitiator eingeschalteten Vermittlern von der Bank Büroräume überlassen oder von ihnen - von der Bank unbeanstandet - Formulare des Kreditgebers benutzt wurden (vgl. BGHZ 91, 9, 12; 159, 294, 301; BGH WM 1978, 459, 460 und WM 1980, 327, 328 f., sowie BKR 2005, 73, 74, WM 2005, 124, 126, WM 2005, 295, 297; WM 2003, 2232, 2234 und Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04) oder etwa daraus, dass die Verkäufer oder die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen desselben Objektes vermittelt haben (vgl. BGHZ 91, 9, 12; OLG Bamberg WM 2005, 593, 596).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger - worauf bereits das erstinstanzliche Urteil hinweist - nicht dargetan. Vielmehr ist lediglich unstreitig, dass die Beklagte drei Wohnungskäufe desselben Modells finanziert hat und der Vermittler dem Kläger die vorbereiteten Kreditverträge zur Unterschrift vorgelegt hat; sonstige Umstände, die ein institutionalisiertes Zusammenwirken begründen könnten, fehlen jedoch.

Vor allem aber fehlt es in diesem Zusammenhang - nach den in zweiter Instanz zu berücksichtigenden Tatsachen - an der Voraussetzung evidentunrichtiger Angaben. Dass ein Verkaufsprospekt vorgelegt oder die Beklagte anderweitig Kenntnis von den angeblich falschen Angaben des Vermittlers haben musste, ist nicht dargelegt. Dies gilt auch für die Behauptung, der Vermittler habe das Geschäft zur sicheren Altersvorsorge empfohlen, obwohl der höhere Kredit voraussichtlich erst im 85. Lebensjahr des Klägers vollständig zurück geführt sein wird. Weshalb diese Verkaufstrategie für die Beklagte evident gewesen sei, ist nicht vorgetragen. Für die Beklagte waren die Nachteile des Geschäfts auch nicht deshalb offensichtlich, wenn ein weiterer von der Beklagten finanzierter Käufer eine Wohnung gleichen Zuschnitts für nur 150.000.- DM erworben hat. Aus dem Kaufvertrag mit dem Kläger ergibt sich vielmehr - insoweit auch für den Kläger augenscheinlich - dass die streitgegenständliche Wohnung 158.000.- DM kostete und (mitzufinanzierende) Kaufnebenkosten von 12.967.- DM anfielen. Bei einer Differenz von 8.000.- DM, die sich bei gleicher Größe der Wohnung auch aus anderen Umständen rechtfertigen kann, musste sich der Beklagten nicht aufdrängen, der Kläger schließe - aufgrund unrichtiger Angaben zum Wert der Wohnung - ein für ihn nachteiliges Geschäft. Zumal auch diese Annahme nur dann Schadensersatzansprüche auslösen könnte, wenn der Wert der Wohnung tatsächlich weit unter dem bezahlten Kaufpreis lag. Eine unterlassene Beweiserhebung in erster Instanz ist jedoch auch in diesem Zusammenhang mit der Berufung nicht angegriffen.

e. Schließlich haftet die Beklagte auch nicht deshalb, weil sie den Kläger über die Kreditbedingungen, insbesondere die Laufzeit bis 2035, nicht aufgeklärt hat. Eine Aufklärungspflicht zu (auch ungünstigen) Bedingungen des Kreditvertrages über die nach dem Verbraucherkreditgesetz erforderlichen Mindestangaben hinaus besteht nicht.

f. Für die Annahme eines schwerwiegenden Interessenskonflikts der Beklagten genügt nicht, dass diese sowohl den Bauträger als auch drei der Erwerber finanziert hat (BGH NJW 2004, 1376), an weiteren Anhaltspunkten fehlt es.

2. Das Vorbringen, der Darlehensvertrag selbst sei sittenwidrig und deshalb nichtig, hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten. Da Anhaltspunkte dafür nicht bestehen, ist das landgerichtliche Urteil auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden.

3. Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des Landgerichts, eine angebliche Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages wegen überhöhten Kaufpreises könne der Beklagten nicht entgegengehalten werden (§ 9 Abs. 3 VerbrKG), da kein verbundenes Geschäft (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG) vorliege.

a. Die Feststellung des Landgerichts, der Kredit sei (i.S.d. § 3 Abs. 2 VerbrKG) zu üblichen Bedingungen gewährt, obwohl der Zinssatz etwas oberhalb der Streubreite damals üblicher Zinssätze lag, ist mit der Berufung nicht angegriffen; die rechtliche Wertung ist zutreffend (BGH NJW 2003, 2093: geringfügige Überschreitung unerheblich).

b. Für die Einordnung als Realkredit ist - wie das landgerichtliche Urteil richtig ausführt - ebenfalls ohne Belang, ob die Sicherungsgrundschuld tatsächlich werthaltig war, weil der Wert der Wohnung möglicherweise unter dem Betrag des gesicherten Anspruchs lag. Eine vollständige grundpfandrechtliche Sicherung verlangt § 3 Abs. 2 VerbrKG nicht (BGH NJW 2003, 2093). Ein Personalkredit wäre nur dann anzunehmen, wenn ein Umgehungsgeschäft i.S. des § 18 S. 2 VerbrKG vorlag, also nur ein nicht wesentlicher Teil des Kredits grundpfandrechtlich abgesichert wurde (BGH NJW 2002, 3103). Auch hier greift die Berufung jedoch wiederum nicht an, dass das Landgericht die dazu erforderlichen Feststellungen zum Wert der Eigentumswohnung nicht getroffen hat.

4. Der nach Haustürwiderrufsgesetz erklärte Widerruf ist als neue Tatsache, die erst zwischen den Instanzen entstanden ist, zwar zuzulassen (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), jedoch für den ausschließlich geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang. Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, seine Klage auf die Rechtsfolgen des erklärten Widerrufs (Bereicherungsansprüche wegen lediglich geschuldeter Nutzungsentschädigung anstatt des vertraglichen Zinssatzes) nicht stützen zu wollen.

5. Ansprüche aus cic - mit der Konsequenz, dass der Kläger von der Rückzahlung des Kredits befreit ist Zug um Zug gegen Übereignung der Eigentumswohnung (BGH NJW 2006, 2099) - bestehen nicht.

a. Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, ob der Kläger - auch nach dem Hinweis des Senats - substantiiert dargelegt hat, dass er in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden ist.

b. Denn in diesem Zusammenhang hat der Kläger die Kausalität der unterlassenen Widerrufsbelehrung nach HWiG für den Abschluss des Kaufvertrages schon nicht hinreichend vorgetragen. Anders als in den bisher entschiedenen Fällen erfolgte zwar im streitgegenständlichen Fall der (durch nachträgliche Genehmigung des Vertreterhandelns wirksam gewordene) Abschluss des Kaufvertrages erst nach Unterzeichnung des Darlehensvertrages (wenn man das eingetragene Datum berücksichtigt). Der Darlehensvertrag datiert vom 6.7.1994, das vollmachtlose Handeln des Finanzvermittlers bei Abschluss des Kaufvertrages (4.7.1994) hat der Kläger erst am 10.7.2006 genehmigt. Der Kläger behauptet zuletzt sogar, der vorbereitete Darlehensvertrag sei tatsächlich schon am 01.07.2006 unterzeichnet worden.

Die genauen Daten können jedoch dahinstehen, da der Kläger nicht plausibel gemacht hat, dass er in Kenntnis seines Widerrufsrechts den Darlehensvertrag widerrufen und von einer Genehmigung des Kaufvertrages abgesehen hätte; die Kausalität ist damit nicht dargelegt.

Ein Absehen vom Kausalitätserfordernis im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus cic ist dem System des deutschen Schadensersatzrechts fremd und kommt deshalb nicht in Betracht. Auch erfordert die effektive Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes nicht, von der widerleglichen Vermutung auszugehen, der Anleger/Kreditnehmer hätte sich bei ordnungsgemäßer Belehrung zu einem Widerruf entschlossen (a.A.: OLG Bremen NJW 2006, 1210). Soweit sich die gegenteilige Auffassung darauf stützt, die Annahme einer widerleglichen Vermutung entspreche auch der Rspr. zur schadensstiftenden Verletzung von Hinweis- und Aufklärungspflichten, bei denen der Schädiger zu beweisen habe, dass der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingetreten wäre, der Geschädigte sich also nicht beratungsgemäß verhalten hätte (OLG Bremen a.a.O.), überzeugt diese Argumentation nicht. Anders als in den Fällen der Beratungs- und Aufklärungsfehler, in denen inhaltlich falsche oder unvollständige - von dem Erklärungsempfänger zu bewertende - Informationen gegeben werden, gewährt der Hinweis auf ein bestehendes Widerrufsrecht dem Adressaten keine (inhaltliche) Entscheidungshilfe. Die Pflicht zur Widerrufsbelehrung hat vielmehr lediglich den Zweck, dem Verbraucher ein ruhiges Nachdenken außerhalb der Überrumpelungssituation zu ermöglichen, so dass - wenn man eine Beweiserleichterung aus Verbraucherschutzgesichtspunkten für geboten hielte - der Darlehensnehmer zumindest plausibel zu machen hätte, dass innerhalb der Widerrufsfrist (bzw. bis zum Abschluss des finanzierten Geschäfts) Zweifel an dem Kapitalanlagemodell aufgetreten sind, aufgrund derer er einen Widerruf erwogen hätte.

c. Doch selbst wenn man in diesen Fällen die Kausalität der unterlassenen Widerrufsbelehrung für die eingegangenen Verträge bejahen wollte, ist jedenfalls ein Verschulden der Beklagten zu verneinen, da diese zum Zeitpunkt des Darlehensvertrages ihre Pflicht zur Widerrufsbelehrung nach HWiG noch nicht kannte oder kennen konnte.

Die Beklagte kann sich nämlich bei dem vor dem Jahre 2000 geschlossenen Darlehensvertrag erfolgreich darauf berufen, gemäß § 5 Abs. 2 HWiG habe sie eine Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG für entbehrlich halten dürfen (so Freitag WM 2006, 61 , 69; Habersack JZ 2006, 91 , 93; Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Piekenbrock WM 2006, 466, 475; Sauer BKR 2006, 96, 101; wohl auch Schneider/Hellmann BB 2005, 2714; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; zweifelnd: OLG Bremen WM 2006, 758, 764; Lechner NZM 2005, 921, 926 f.; a.A. Fischer VuR 2006, 53, 58; Knops/Kulke VuR 2006, 127, 133; Reich/Rörig VuR 2005, 452, 453; Woitkewitsch MDR 2006, 241, 242). Denn der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG, dass das Haustürwiderrufsgesetz auf Haustürgeschäfte, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllen, nicht anwendbar ist, sprach deutlich gegen die Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG. Auch der Bundesgerichtshof (BGH WM 2000, 26 ff.) hat eine solche Belehrung deshalb in Übereinstimmung mit der damals einhelligen Meinung der Obergerichte ( OLG Stuttgart WM 1999, 74, 75 f. und WM 1999, 1419; OLG München WM 1999, 1419 ) und der herrschenden Ansicht in der Literatur (vgl. die Nachweise bei BGH a.a.O.) für nicht erforderlich erachtet und seine Meinung erst aufgrund des anders lautenden Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, WM 2001, 2434 ff. - Heininger) geändert (BGHZ 150, 248, 252 ff.).

Vom Erfordernis eines Verschuldens abzusehen, kommt, da nach dem vorliegend anzuwendenden § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F, sofern nichts anderes bestimmt ist, nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird, nicht in Betracht (vgl. auch Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; a.A.: OLG Bremen a.a.O.).

Dem Kläger stehen deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zuzulassen, da sowohl die Frage der Anforderungen an den Nachweis der Kausalität der unterlassenen Widerrufsbelehrung für den durch die Belastung mit einer (nicht rentablen) Kapitalanlage oder Immobilie eingetretenen Schaden als auch die rechtlichen Grundlagen eines Verschuldens der darlehensgebenden Banken und die Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten bei Verträgen vor dem Jahr 2000 bisher durch die Rechtsprechung nicht geklärt sind. Beide Gesichtspunkte erfordern angesichts der Vielzahl der noch schwebenden Verfahren zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Klärung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).