KG, Beschluss vom 19.10.2011 - 25 W 73/11
Fundstelle
openJur 2011, 117450
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 95 AR 498/11
Zivilrecht Vereinsrecht Freiwillige Gerichtsbarkeit
§ 134 BGB; § 184a StGB; § 17 TierschutzG
Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten vom 02. September 2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10. August 2011 wird nach einem Wert von 3.000 € zurückgewiesen.

Gründe

A.

Der Beteiligte meldete mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 09. Juni 2011 beim Amtsgericht Charlottenburg den Verein zur Eintragung in das Vereinsregister an. Mit Beschluss vom 10. August 2011 wies das Registergericht diese Anmeldung zurück. Die Satzung in ihrer aktuellen Form verstoße gegen § 17 Tierschutzgesetz. Das Tier als Sexualpartner könne seinen Willen nicht objektiv erkennbar kund tun und sich gegen zugefügte Schmerzen oder Leiden nicht adäquat wehren. Ferner verstoße die Satzung gegen § 184a StGB. Durch die Sammlung und das "Zugänglich" machen von Informationen könne nicht umfassend ausgeschlossen werden, dass keine strafrechtlich relevanten Informationen veröffentlicht würden.

In § 3 der Satzung in der am 08. Januar 2011 beschlossenen Fassung ist der Vereinszweck wie folgt bestimmt:

"Begriffsdefinition

Zoophilie ist die partnerschaftliche Liebe zum Tier, die die nach geltendem deutschen Recht erlaubten sexuellen Kontakte einschließen kann, jedoch nicht muss.

Ziel des Vereins

Ziel des Vereins ist die Information der Gesellschaft über Zoophilie mit dem Ziel der gesellschaftlichen Aufklärung sowie der Korrektur und Vermeidung von Fehlinformationen.

Dabei legen der Verein und seine Mitglieder besonderen Wert auf die Einhaltung der §§ 17 Tierschutzgesetz und 184a StGB, indem sie sich der rechtlich gebotenen und selbst auferlegten Verpflichtung verschreiben, im Sinne einer partnerschaftlichen Liebe zu Tieren diesen nicht nur keine Schmerzen oder Leiden zuzufügen, sondern auch den Willen des Tieres zu achten und kein Tier zu einer ungewollten sexuellen Handlung zu zwingen.

§ 3a (...)

§ 3b

Das Ziel soll bei Einhaltung von § 184a StGB erreicht werden insbesondere durch

• Sammlung und das Zugänglich machen von Informationen

• (...)

• Entgegentreten gegenüber Zoosadismus und der missbräuchlichen Verwendung des Begriffs "Zoophil" von Menschen, die den Willen des Tieres nicht achten und/oder dem Tier Leiden jedweder Art zufügen."

Gegen den ihm am 12. August 2011 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte mit am 05. September 2011 beim Registergericht eingegangenem Schreiben vom 02. September 2011 Beschwerde eingelegt. Entgegen seiner Ankündigung hat er die Beschwerde nicht begründet.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

B.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

I)

Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist gemäß §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beteiligte besitzt auch die notwendige Beschwerdeberechtigung i.S.d. § 59 FamFG. Gegen die Ablehnung der Anmeldung des Vereins steht dem Verein, vertreten durch die laut Satzung vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder, die Beschwerde zu (Bumiller/Harders, FamFG. 9. Aufl. 2009, § 59 Rn. 37). Hier wird der Beteiligte gemäß § 26 BGB durch zwei Vorsitzende mit Einzelvertretungsberechtigung vertreten, von denen Herr ... einer ist.

II)

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Eintragung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Ein Verein darf nur ins Vereinsregister eingetragen werden, wenn seine Satzung wirksam ist. Für die Satzung gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 134, 138 BGB entsprechend (vgl. statt vieler nur Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 446).

Ob die zur Eintragung vorgelegte Satzung gegen die guten Sitten verstößt (vgl. § 138 Abs. 1 BGB) kann offen bleiben. Sie verstößt nämlich gegen § 134 BGB i.v.m. § 17 TierschutzG und § 184a StGB. Die beiden letztgenannten Normen sind als Strafgesetze Verbotsgesetze i.S.d. § 134 BGB (vgl. statt vieler Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 134 Rn. 24).

Nach § 17 Nr. 2b TierschutzG macht sich strafbar, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Dies ist durch die Satzung nicht ausgeschlossen. Zwar wird in § 3 der Satzung betont, dass die Vereinsmitglieder besonderen Wert auf die Einhaltung des § 17 TierschutzG legen. Allerdings will der Verein die partnerschaftliehe Liebe von Mensch und Tier praktizieren, ohne das Tier zu von ihm nicht gewollten Handlungen zu zwingen. Das Tier kann jedoch seinen Willen als Sexualpartner nicht objektiv erkennbar äussern und sich nicht gegen ihm zugefügte Schmerzen oder Leiden adäquat schützen oder zur Wehr setzen. Hier denkbare Penetrationen von Wirbeltieren oder das (auch unbeabsichtigte) Quälen von Tieren zur Befriedigung des Sexualtriebs stellen subjektiv und objektiv tatbestandlich die Zufügung sich wiederholender erheblicher Leiden der Tiere gemäß § 17 TierschutzG dar. Diese Handlungen sind durch den hier weit gefassten Satzungszweck nicht ausgeschlossen, zumal nicht klar ist, ob es sich hierbei um einen wichtigen Ausschlussgrund i.S.d. § 6 der Satzung handelt.

Voyeuristische Betrachtung von Darstellungen solcher Penetrationen - auch eine Form der Zoophilie - erfüllt den Straftatbestand des Beziehens tierpornografischer Schriften gemäß § 184a StGB (KG, Beschluss vom 11. Mai 2010, 1 W 170/10). Es mag sein, dass der Beschwerdeführer bzw. seine Mitglieder selbst nicht täterschaftlich derartige Handlungen vornimmt/vornehmen (will/wollen). Der Beschwerdeführer zielt aber mit seinem - selbst nach Vornahme der Satzungsänderung vom 08. Januar 2011 - weit gefassten Zweck objektiv darauf ab, dass Personen auch solche Formen der Zoophilie ausüben können sollen. Denn er will sich satzungsmäßig nur der Einhattung des § 17 TierschutzG "verschreiben", was derartige Praktiken aber nicht ausschließt. In der Satzung selbst fehlt jede Abgrenzung des Beschwerdeführers von nicht akzeptablen Aspekten der Zoophilie. Dabei ist die vorgelegte Satzung an ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, da sie sich nicht nur an die Gründungsmitglieder, sondern auch an künftige Mitglieder richtet (vgl. nur Reichert, a.a.O. Rn. 450).

Gemäß § 3 der Satzung ist Zweck des Beschwerdeführers die Information der Gesellschaft über Zoophilie mit dem Ziel der gesellschaftlichen Akzeptanz, sowie der Korrektur und Vermeidung von Fehlinformationen. Die Information ist damit nicht neutral, sondern wird quasi als Lobbyarbeit zugunsten zoophiler Personen vorgesehen. Dieser Zweck soll nach § 3b unter anderem durch Sammlung und das Zugänglich machen von Informationen erreicht werden. Dies kann aufgrund des noch immer weiten Satzungszweckes (s.o.) auch den Straftatbestand des Beziehens tierpornografischer Schriften gemäß § 184a StGB erfüllen, worauf bereits das Registergericht zutreffend hingewiesen hat.

§ 17 TierschutzG und § 184a StGB sind wirksame gesetzliche Bestimmungen, die nicht gegen das Recht der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG verstoßen (KG a.a.O.), sondern dieses in zulässiger Weise beschränken. So erlaubt Art. 9 Abs. 2 GG eine Beschränkung der Vereinigungsfreiheit durch allgemeine, d.h. nicht vereinspezifische Strafgesetze (KG a.a.O.). Diese dürfen zwar ihrerseits nicht gegen das auch den Art. 9 Abs. 2 GG beschränkende Übermaßverbot verstoßen (vgl. dazu Bauer in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 9 Rn. 60 m.w.N.). Das ist bei den hier relevanten Straftatbeständen nicht der Fall (KG a.a.O.). Sie sind eine zur Verwirklichung des Schutzgebots des Art. 20a GG geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Beschränkung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit (KG a.a.O.).

Die Teilnichtigkeit der Satzung führt zur Nichtigkeit der gesamten Satzung. § 139 BGB kommt insoweit nicht zur Anwendung (vgl. nur; BGHZ 47, 172, zitiert nach juris, Rn. 39; Reichert, a.a.O., Rn. 455).

C.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.