Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 14.10.1992 - 14 O 18/91 - wird zurückgewiesen. Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung ist zulässig.
Soweit der Beklagte mit der Berufung Widerklage auf Zahlung des
restlichen Vertragsentgelts erhoben hat, war die Widerklage gemäß
§ 530 I ZPO als sachdienlich zuzulassen, weil über sie aufgrund des
bisherigen Streitstoffes ohne weitere Verzö-gerung des
Rechtsstreits mitentschieden werden konnte.
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht
Bonn den Beklagten zur Rückzahlung des zu einem Drittel geleisteten
Entgelts aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag Zug
um Zug gegen Rückübereignung der vom Beklagten gelieferten Teile
und Löschung der auf der Anlage der Klägerin kopierten Programme
verurteilt.
Die Klägerin hat gemäß §§ 346, 327 BGB den geltendgemachten
Anspruch gegen den Beklagten, weil sie durch Schreiben vom
20.12.1990 wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist. Ihr
Rücktrittsrecht ergibt sich aus § 326 I BGB. Denn der Beklagte hat
trotz der ihm im Schreiben vom 02.11.1990 zur vollständigen
Vertragserfüllung gesetzten Fristen keine Anstalten gemacht, die
verbleibenden Vertragspflichten, die den für die Klägerin
ausschlaggebenden Teil der Gegenleistung ausmachten, zu
erfüllen.
Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei der überlassenen
Software um Standard-Software handelte. Jedenfalls hat der Beklagte
sich vertraglich zu 80-Mann-Stunden "Programm-Modifikation"
verpflichtet, worunter nach dem Sprachgebrauch Abwandlungen oder
Abänderungen zu verstehen sind, die sich nach verständiger
Würdigung der Vereinbarungen zwischen den Parteien nur auf die
Anpassung des Programms auf die individuellen betrieblichen
Verhältnisse der Klägerin bezogen haben können. Der Beklagte selbst
räumt ein, das Gegenstand der Vereinbarung auch die Erstellung von
Konvertierungsprogrammen für die vorhandenen Datenbestände der
Klägerin war und diese Daten später auf die erweiterte Anlage der
Klägerin eingespeist werden sollten. Nach den Geamtumständen war
demgemäß seitens des Beklagten mehr geschuldet als lediglich eine
Software-Lizenz.
Auf Grund der getroffenen Vereinbarungen mußte der Beklagte der
Klägerin ein aus 4 Programmteilen bestehendes Softwarepaket
liefern und installieren.
Dabei stand aufgrund der mündlichen Vertragsverhandlungen als
Anforderungsprofil der Klägerin fest, daß sie den Standard ihrer
alten Anlage insbesondere um ein Personalzeitabrechungsprogramm
erweitert haben wollte.
Soweit der Beklagte rügt, die Klägerin habe bisher nicht
angegeben, welche Anpassungen sie eigentlich verlange und die
Klägerin habe kein Pflichtenheft erstellt, entlastet ihn dies
nicht.
Zwar obliegen dem Anwender gewichtige Pflichten, denn er muß
seine Wünsche und Vorstellungen dem Anbieter deutlich machen.
Deshalb ist es Pflicht des Anwenders, ein sog. Pflichtenheft zu
erstellen. Die Erstellung eines Pflichtenheftes liegt aber nicht
einseitig beim Anwender. OLG Stuttgart, CR 1989, 598, sieht den
Anbieter als verpflichtet an, das Pflichtenheft zu erstellen. Auch
der Anbieter muß daran mitwirken. Er muß z. B. von sich aus die
innerbetrieblichen Bedürfnisse ermitteln, darauf drängen, daß der
Anwender sie in einem Pflichtenheft niederlegt, für ihn erkennbare
Unklarheiten und Bedürfnisse aufklären, bei der Formulierung der
Aufgabenstellung mitwirken und einen Organisationsvorschlag zur
Problemlösung unterbreiten, OLG Köln, VersR 1991, 106 ff. (107):
Pflicht des Anbieters, auf Grund der vom Anwender ermittelten Zahl
der Daten (Kunden, Artikel, Geschäftsvorfälle) den Speicherbedarf
der Anlage zu ermitteln; Schmidt, Beratungsleistungen und
Mitwirkungspflichten, CR 1992, 709 f. (710). All das folgt aus dem
Know-How des Anbieters und seiner im Regelfall umfangreicheren
Erfahrung im Software- und EDV-Bereich, OLG Stuttgart, CR 1989, 598
(600). Versäumt der Anbieter diese Pflicht, kann er dem Anwender
nicht vorwerfen, daß dieser die rechtzeitige Vertragserfüllung
vereitelt hat. Solange der Anbieter keine konkreten Forderungen
stellt und solange er nicht genau sagt, aus welchem beim Anwender
liegenden Grund er an der Vertragserfüllung gehindert ist, ist der
Anwender nicht in der Lage, von sich aus die Erfüllung des
Vertrages voranzutreiben.
Wie der Beklagte in der Berufungsbegründung vorträgt, war es
für die Erfüllung des Vertrages von entscheidender Bedeutung, die
bisher bei der Klägerin vorhandenen Daten in die Software des
Beklagten zu überspielen.
Hierzu hätte es der konkreten Anforderung der nach seiner
Auffassung wesentlichen Datenbestände der Klägerin sowie
gegebenenfalls eines eingehenden Fragenkatalogs bedurft.
Keinesfalls konnte der Beklagte sich auf den Standpunkt stellen,
die Datenbestände der Klägerin nicht zu kennen, und untätigg
bleiben. Vielmehr wäre es seine Aufgabe gewesen, das Datenmaterial
durch konkrete Nachforschungen zu ermitteln, nötigenfalls zu
sichten, gegebenenfalls erforderliche Aktualisierung anzuregen und
auf eine zügige Vertragserfüllung selbst hinzuwirken. Dies
spätestens nach dem Schreiben der Klägerin vom 02.11.1990. Zu Recht
ist das Landgericht Bonn davon ausgegangen, daß die Klä-gerin
spätestens in diesem Schreiben die Leistung abgerufen hat. Dem kann
der Beklagte nicht entgegenhalten, das wäre technisch gar nicht in
der Kürze der Zeit möglich gewesen. Denn er hätte zumindest alles
daran setzen müssen, die noch erforderlichen Mitwirkungshandlungen
der Klägerin abzuverlangen, um in ihrem Sinne zum Abschluß zu
kommen.
Der Beklagte hatte auch kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der
Begleichung der Rechnung für den G.-Terminal. Der
Auftragsbestätigung ist ein Fälligkeitszeitpunkt nicht
ausdrücklich zu entnehmen. Nach der Verkehrssitte ist die Zahlung
bestellter Ware nach Lieferung und Rechnungserhalt fällig. Gründe,
warum das im vorliegenden Fall anders sein sollte, sind nicht
ersichtlich. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, daß
die Klägerin insoweit vorleistungspflichtig sein sollte und ihr
gegenüber erst eine Verrechnung bei der Schlußzahlung erfolgen
sollte.
Gegen eine solche Vereinbarung spricht schon der Text der
Auftragsbestätigung, in dem die drei Fälligkeitszeitpunkte für die
Zahlungen der Klägerin im einzelnen aufgeführt sind, ohne daß
hinsichtlich des G.-Terminals ein Kosteneinbehalt bei der
Schlußzahlung vereinbart wäre. Auch der Umstand, daß eine
Installation des der Klägerin so wichtigen Zeiterfassungsprogramms
erst nach Anschluß des Terminals möglich war und die zweite Rate
der Klä-gerin erst bei Installation aller Programme fällig wurde,
bestätigt, daß das Gerät sofort nach Lieferung von dem Beklagten
bezahlt werden sollte.
Da die Klägerin wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist, steht
dem Beklagten der mit der Widerklage geltendgemachte weitere
Erfüllungsanspruch nicht zu, der in Höhe der Kosten für den
G.-Terminal schon nach dem eigenen Vortrag des Beklagten
unschlüssig war.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Gegenstandswert der Berufung und Beschwer für den Beklagten
57.500,00 DM