Brandenburgisches OLG, Urteil vom 25.04.2007 - 4 U 183/06
Fundstelle
openJur 2012, 5730
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 19.10.2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, 7.475,50 € an die D. Inkassodienst GmbH & Co. KG, vertreten durch die Verwaltungsgesellschaft D. Inkassodienst mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer H. S., ... zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von weiteren Forderungen der D. Inkassodienst GmbH & Co. KG aus dem Versicherungsverhältnis mit der Beklagten über die Restschuldversicherung RSV-Nr. ... freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aufgrund eines Restschuldversicherungsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.

Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs eines Pkw Renault Clio durch die Klägerin am 17.07.2003 ist auf Antrag der Klägerin zwischen der den Pkw finanzierenden R.-Bank und der Beklagten ein Restschuldversicherungsvertrag geschlossen worden. Versicherte Person dieses Vertrages war die Klägerin. Versichert ist u.a. das Risiko der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Dem Restschuldversicherungsvertrag lagen - was die Parteien in der ersten Instanz unstreitig gestellt haben - die als Anlage K 2 zu den Akten gereichten Bedingungen der Beklagten für die Restschuldversicherung zugrunde.

§ 6 dieser Bedingungen lautet:

"(1) Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die der versicherten Person bekannten ernstlichen Erkrankungen oder Unfallfolgen, wegen derer sie in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich beraten oder behandelt wurde. Diese Einschränkung gilt nur, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 12 Monate seit Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Erkrankungen oder Unfallfolgen in ursächlichem Zusammenhang steht."

Der Begriff ”ernstliche Erkrankungen” ist in der Fußnote zu dieser Regelung wie folgt definiert:

"Ernstliche Erkrankungen sind z.B. Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, der Wirbelsäule und Gelenke, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektionen/Aids, psychische Erkrankungen, chronische Erkrankungen."

"(2) Wir verpflichten uns, von der Ausschlussklausel nur dann Gebrauch zu machen, wenn es sich um ernstliche Gesundheitsstörungen handelt, wobei als ernstliche Gesundheitsstörungen solche gelten, die bei einer Risikobeurteilung zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Ablehnung oder zu erheblichen Risikozuschlägen geführt hätte."

Die Klägerin war aufgrund einer Wirbelsäulenerkrankung in der Zeit von Juli 2002 bis Juli 2003 in ärztlicher Behandlung.

Am 20.04.2004 ist die Klägerin wegen einer Schädigung der Wirbelsäule arbeitsunfähig erkrankt. Eine Mitteilung von dieser Erkrankung erhielt die Beklagte durch die R.-Bank mit einem Schreiben vom 24.08.2004.

Mit Schreiben vom 21.10.2004 lehnte die Beklagte einen von der Klägerin ihr gegenüber geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Ratenzahlungen aus dem Darlehensvertrag vom 17.07.2003 mit der Begründung ab, der Versicherungsschutz erstrecke sich nicht auf die eingetretene Erkrankung der Klägerin.

Mit Schreiben vom 14.02.2005 kündigte die R.-Bank den Darlehensvertrag mit der Klägerin und rechnete mit Schlussabrechnung vom 16.03.2005 nach Verwertung des Pkw einen Betrag von 6.875,06 € ab. Diesen Anspruch zuzüglich weiterer außergerichtlicher Kosten hat die R. Bank an die D. Inkassodienst GmbH & Co. KG abgetreten und dies der Klägerin mit Schreiben vom 01.08.2005 mitgeteilt.

In der von der Klägerin gegenüber der Beklagten erstinstanzlich geltend gemachten Forderung auf Zahlung von 7.975,22 € sind die vorgenannten Forderungen sowie weitere Rechtsverfolgungskosten in Folge einer Tätigkeit der Rechtsanwälte Dr. A. enthalten.

Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob die in § 6 der Versicherungsbedingungen der Beklagten enthaltene Regelung gemessen an den Voraussetzungen der §§ 16, 34 a VVG unwirksam ist.

Die Beklagte hat darüber hinaus geltend gemacht, die Klage sei auch der Höhe nach unbegründet. Ausweislich der Versicherungsbedingungen sei sie nur zur Zahlung von Raten verpflichtet und dies auch nur dann, wenn fortdauernd Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werde. Ein Nachweis der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin liege ihr jedoch nur bis zum 05.09.2004 vor. Darüber hinaus bestehe ihre Leistungspflicht erst ab Anzeige der Arbeitsunfähigkeit, d.h. ab August 2004, so dass von dem eingeklagten Betrag jedenfalls die Raten für die Monate Juni und Juli 2004 abzuziehen wären.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellung in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.10.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte berufe sich zu Recht auf den Ausschluss ihrer Leistungspflicht gemäß § 6 des Restschuldversicherungsvertrages. Die Klausel sei wirksam; sie verstoße weder gegen § 34 a VVG noch gegen §§ 305 ff. BGB, da sie den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilige.

Restschuldversicherungen als Kopplungsprodukt entsprächen in besonderer Weise dem Bedürfnis des Marktes und unterschieden sich von klassischen Lebens- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen gerade dadurch, dass der Versicherer keine Risikoprüfung vornehme. Die Vorgehensweise diene dabei auch dem Interesse des Darlehensnehmers an einer möglichst schnellen Kreditgewährung. Die Ausschlussklausel stelle in dieser besonderen Situation eine zulässige Maßnahme dar, um das durch eine vorweggenommene Annahmeerklärung ohne Risikoprüfung entstehende Risiko überschaubar zu halten.

Die vom BGH (VersR 1996, 486) geäußerten Bedenken in Bezug auf die Unschärfe von Begriffen seien bei der streitgegenständlichen Klausel ausgeräumt. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, der Begriff "ernsthaft" sei zu unbestimmt, könne dahinstehen, inwieweit dem Vertragsformular die Konkretisierung beigefügt gewesen sei, da es allgemein zulässig sei, unbestimmte, der Auslegung zugängliche Begriffe zu verwenden, so lange diese hinreichend transparent und verständlich den Willen des Verwenders zum Ausdruck brächten. Dies sei hier der Fall.

Die weiteren Bedenken des BGH, die sich auf die Tatsache bezögen, dass der Versicherer in den streitgegenständlichen Fällen keine Risikoprüfung vornehme, griffen nicht durch. Insoweit sei mit dem OLG Dresden (4 U 1666/04 vom 16.12.2004) zu berücksichtigen, dass das gesetzliche Leitbild im Falle einer ernstlichen und bekannten Erkrankung ebenfalls zu einer Versagung des Versicherungsschutzes führe. Auch im Übrigen sei unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile der Klausel keine für den Versicherungsnehmer nachteilige Abweichung von §§ 16 ff VVG anzunehmen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, es sei nicht zutreffend, dass die Bedingungen der Rechtsschutzversicherung unstreitig dem Darlehensvertrag beigelegen hätten. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei zwischen den Parteien demgegenüber nicht streitig, dass die Klägerin auch seit dem 05.09.2004 fortdauernd arbeitsunfähig sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihre Rechtsauffassung, wonach die Klausel des § 6 der Restschuldversicherungsbedingungen der Beklagten gemäß §§ 16 ff., 34 a VVG keine Wirkung zu Lasten der Klägerin entfalten könne.

Nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich des Antrages zu 1. in einem Umfang von 499,72 € beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 7.475,50 € an die D. Inkassodienst GmbH & Co. KG, vertreten durch die Verwaltungsgesellschaft D. Inkassodienst mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer H. S., ... zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von weiteren Forderungen der D. Inkassodienst GmbH & Co. KG aus dem Versicherungsverhältnis mit der Beklagten über die Restschuldversicherung RSV-Nr. ... freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und weist insbesondere darauf hin, dass die Parteien ausweislich des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2006 unstreitig gestellt hätten, dass die Klausel betreffend die ernstliche Erkrankung dem Darlehensvertrag zugrunde gelegen habe. Im Übrigen weist die Beklagte auf eine weitere Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein vom 27.03.2006 hin.

II.

Die Berufung ist zulässig; sie hat in dem im Berufungsverfahren zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang auch Erfolg.

Der Klägerin steht gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Schadens zu.

Die Beklagte hat ihre gegenüber der Klägerin als versicherter Person bestehende Verpflichtung aus dem am 17.07.2003 mit der R.-Bank geschlossenen Restschuldversicherungsvertrag zur Übernahme der Restschuld aus dem ebenfalls am 17.07.2003 zwischen der R.-Bank und der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Pkw Renault Clio verletzt.

Der Versicherungsfall ist eingetreten, da die Klägerin - dies hat die Beklagte jedenfalls in der Berufungsinstanz auch hinsichtlich der Dauerhaftigkeit nicht mehr in Abrede gestellt - seit dem 20.04.2004 aufgrund einer Schädigung der Wirbelsäule arbeitsunfähig erkrankt ist. Nach den - ebenfalls unstreitigen - Versicherungsbedingungen war die Beklagte deshalb gemäß § 75 Abs. 1 VVG gegenüber der Klägerin nach Mitteilung von dieser Erkrankung mit Schreiben der R.-Bank vom 24.08.2004 ab dem 01.08.2004 zur Übernahme der Ratenzahlungen aus dem Darlehensvertrag verpflichtet. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat die Beklagte mit Schreiben vom 21.10.2004 ernsthaft und endgültig abgelehnt.

Die Beklagte kann sich entgegen ihrer Auffassung nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre Leistungspflicht sei aufgrund der Regelung in § 6 der Versicherungsbedingungen ausgeschlossen.

Zwar ist davon auszugehen, dass die Versicherungsbedingungen der Beklagten wirksam in den Darlehensvertrag vom 17.07.2003 und damit auch in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sind. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2006 vor dem Landgericht ausdrücklich unstreitig gestellt, dass "die Klausel betreffend ernstliche Erkrankungen" dem Darlehensvertrag zugrunde lag. Angesichts dessen ist der neuerliche Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz, die Versicherungsbedingungen seien ihr bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht übergeben worden, nicht zulassungsfähig; Zulassungsgründe im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.

Die Ausschlussklausel des § 6 der Versicherungsbedingungen ist jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht wirksam.

Es kann dahinstehen, ob die von der Beklagten verwandte Ausschlussklausel des § 6 der Versicherungsbedingungen unter Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile wegen ihrer Abweichung vom Regelungskonzept der §§ 16 ff VVG im Hinblick auf § 34 a VVG zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB führt. Der unter diesem Gesichtspunkt im Hinblick auf eine Unwirksamkeit von Ausschlussregelungen in Restschuldversicherungsverträgen vertretenen Auffassung des BGH (Urteil vom 07.02.1996 - IV ZR 155/95 - VersR 1996, 486 ff) ist insbesondere das OLG Dresden (Urteil vom 16.12.2004 - 4 U 1666/04) für eine mit der vorliegenden Klausel identische Regelung im Rahmen eines Restschuldversicherungsvertrages zur Finanzierung eines Pkw-Kaufs mit beachtlichen Argumenten entgegengetreten (im Ergebnis ebenso auch Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 27.03.2006 - 16 W 177/05).

Die von der Beklagten verwandte Klausel des § 6 ihrer Versicherungsbedingungen genügt jedenfalls nicht den Anforderungen an das Transparenzgebot und führt schon deshalb zu einer unangemessenen Benachteiligung der versicherten Person im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB.

Dem Transparenzgebot genügen nur solche allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen und ihre Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers hinreichend deutlich wird, in welchem Umfang Versicherungsschutz besteht (vgl. nur: OLG Düsseldorf, VersR 2000, 1093, 1094) ...

Gerade dann, wenn man mit dem OLG Dresden (a.a.O.) und dem Schleswig-Holsteinischen OLG (a.a.O.) trotz Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der §§ 16 ff. VVG grundsätzlich eine Risikobegrenzung durch einen Restschuldversicherer in Form der Verwendung einer Ausschlussklausel unter bestimmten Voraussetzungen für einen bestimmten Zeitraum als zulässig, d.h. AGB-rechtlich wirksam, erachtet, sind an die Erfüllung des Transparenzgebotes besonders hohe Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass sich - wie das OLG Dresen unter Ziffer II 1 des Urteils vom 16.12.2004 plastisch dargestellt hat - der Abschluss einer Restschuldversicherung im Zusammenhang mit der Finanzierung eines Pkw-Kaufs zum Massengeschäft entwickelt hat, bei dem sowohl der Kaufvertrag über den Pkw als auch der Darlehensvertrag und der zur Sicherung dieses Vertrages geschlossene Restschuldversicherungsvertrag in einem Akt zustande kommen und die versicherte Person dabei nur mit dem Kfz-Händler in einen persönlichen Kontakt tritt. Dies bedeutet nicht nur, dass der Versicherer - anders als nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 16 VVG - vor Zustandekommen des Versicherungsvertrages keine Risikoprüfung vornimmt, sondern dass die versicherte Person auch nicht in anderer Weise durch einen kompetenten Vertreter des Versicherers in Bezug auf die Reichweite und die Grenzen des Versicherungsschutzes beraten wird. Die versicherte Person, die letztlich - auch wenn der Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und der finanzierenden Bank geschlossen wird - für den Versicherungsschutz zu zahlen hat, ist deshalb hinsichtlich ihrer Erkenntnismöglichkeiten in Bezug auf den voraussehbar bestandskräftigen Versicherungsschutz (zu diesem Erfordernis: BGH, VersR 1996, 486, 488) allein auf die Informationen angewiesen, die ihr die Versicherungsbedingungen ermöglichen. Hinzu kommt, dass die Interessen der handelnden Personen, d.h. sowohl des Kfz-Händlers als auch des Kfz-Käufers, in der Situation des Abschlusses des Versicherungsvertrages in erster Linie auf den Verkauf bzw. Kauf des Kfz gerichtet sind und sowohl der Darlehensvertrag als auch der zur Absicherung dieses Vertrages geschlossene Restschuldversicherungsvertrag lediglich der möglichst reibungslosen Verwirklichung dieser Interessen dienen. Auch diese situationsbedingt eingeschränkte Aufmerksamkeit in Bezug auf evtl. Grenzen des Versicherungsschutzes, die selbst bei einem verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person besteht, hat der Versicherer im Rahmen des Transparenzgebotes bei der Formulierung der Versicherungsbedingungen zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass eine Ausschlussklausel im Rahmen einer Restschuldversicherung – jedenfalls wenn sie in der dargestellten Situation eines Massengeschäfts beim Erwerb eines Kfz verwendet werden soll - dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person in einem dem in §§ 16 ff. VVG vorgesehenen Verfahren und der damit einhergehenden Beratungsintensität vergleichbaren Umfang und einer vergleichbaren Deutlichkeit vor Augen führen muss, welche Gesundheitsrisiken von dem Versicherungsschutz für welchen Zeitraum nicht gedeckt sind, und welche Risiken in Bezug auf das gesicherte finanzierte Geschäft deshalb bei dem Versicherungsnehmer verbleiben. Nur dann verschafft nämlich die bloße Kenntnisnahme von den Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person die Möglichkeit, wie bei einer Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen einer erheblichen Gesundheitsstörung im Verfahren nach § 16 ff. VVG eine Entscheidung zu treffen, ob er bereit ist, eine partiell ungesicherte Darlehensverpflichtung einzugehen (vgl. zu diesen Erwägungen, wenn auch unter anderem rechtlichen Gesichtspunkt auch: OLG Hamm, r + v 1999, 294; ähnlich OLG Saarbrücken, OLG-Report 2004, 183, 187).

Den danach an eine Ausschlussklausel bei einer Restschuldversicherung im Zusammenhang mit der Finanzierung eines Kfz-Kaufes zu stellenden Anforderungen an die Transparenz wird die Regelung in § 6 der Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht gerecht.

Zwar mögen durch die Formulierung in § 6 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen in Verbindung mit der Definition einer ernstlichen Erkrankung in der Fußnote zu dieser Regelung die Bedenken, die der BGH (Urteil vom 07.02.1996, VersR 1996, 486 ff) oder auch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.06.1999 - 6 U 84/98 - VersR 2000, 1093 f) hinsichtlich der Klarheit der tatbestandlichen Anknüpfungspunkte geäußert haben, ausgeräumt sein. Auch mag man argumentieren können, dass der in § 6 Abs. 1 Satz 1 formulierte Ausschluss des Versicherungsschutzes ("Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht") ein Entfallen des Versicherungsschutzes in der stärkst möglichen Form zum Ausdruck bringt, während der Ausschluss inhaltlich letztlich aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 1 S. 2 nur einer Wartezeit von 24 Monaten entspreche (zu diesem Argument, wenngleich unter dem Gesichtspunkt der Inhaltskontrolle, vgl. nur: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., §§ 16,17 Rn. 45; OLG Dresden a.a.O., Schleswig-Holsteinisches OLG, a.a.O.).

Im Hinblick auf die Klarheit der Rechtsfolgen unterscheidet sich die von der Klägerin verwandte Ausschlussklausel jedoch durchaus von einer von hinsichtlich ihrer Wirksamkeit im Hinblick auf § 307 Abs. 1 BGB grundsätzlich unbedenklichen Wartezeitregelung (vgl. dazu nur BGHZ 141, 137, 144/145). Bei einer Wartezeitregelung wird dem Versicherungsnehmer schon durch den Begriff der "Wartezeit" bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages deutlich gemacht, dass er den vereinbarten Versicherungsschutz erst nach Ablauf eines bestimmten Zeitraum erlangt und deshalb während dieses Zeitraums die versicherten Risiken in vollem Umfang selbst tragen muss. Nach der Regelung in § 6 der Versicherungsbedingungen der Beklagten besteht aber der Versicherungsschutz – dies wird auch in den Formulierungen des § 6 "12 Monate vor Beginn des Versicherungsschutzes" "24 Monate nach Beginn des Versicherungsschutzes" zum Ausdruck gebracht – grundsätzlich vom Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages an; er ist lediglich für bestimmte Risiken während der ersten 24 Monate ausgeschlossen. Es bedarf deshalb, anders als bei einer Wartezeit, für bestimmte Risiken einer durchaus nicht unerheblichen gedanklichen Anstrengung des Versicherungsnehmers zu erkennen, dass er während der ersten 24 Monate für die in § 6 Abs. 1 genannten Erkrankungen selbst in vollem Umfang das Risiko einer ungesicherten Finanzierung trägt. Eine solche gedankliche Anstrengung kann auch von einem verständigen Versicherungsnehmer in der oben beschriebenen Situation des Antrages auf Abschluss eines Versicherungsvertrages im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung eines Kfz-Kaufes nicht verlangt werden.

Unklar ist die Reichweite des bestandskräftigen Versicherungsschutzes darüber hinaus aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen, da ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kaum in der Lage sein wird, zu erkennen, wann eine ernstliche Gesundheitsstörung vorliegt, die bei einer Risikobeurteilung zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Ablehnung oder zu erheblichen Risikozuschlägen geführt hätte. Dies gilt umso mehr, als der Begriff der "ernstlichen Gesundheitsstörung" offenbar - nur dann macht die Regelung einen Sinn – eine andere Bedeutung haben muss, als der Begriff der "ernstlichen Erkrankung" im Sinne des § 6 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen. In welchen Fällen einer ernstlichen Erkrankung im Sinne des § 6 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen der konkrete Versicherer aufgrund seiner Geschäftspraxis von der Ausschlussklausel keinen Gebrauch machen wird, weil gleichwohl keine ernstliche Gesundheitsstörung vorliegt, die bei einer Risikobeurteilung zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu einer Ablehnung oder zu einer erheblichen Risikozuschlägen geführt hat, kann der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person allein aufgrund der in § 6 Abs. 2 der Versicherungsbedingung getroffenen Regelung nicht einschätzen und damit auch die konkreten Grenzen des voraussehbar bestandskräftigen Versicherungsschutzes nicht erkennen.

Daran, dass die insoweit getroffene Regelung unklar ist, ändert es auch nichts, dass es im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB im Hinblick auf die Abweichung von §§ 16 ff. VVG erforderlich sein mag, die Versicherungsbedingungen so auszugestalten, dass sie den nach § 16 VVG bei einer vorherigen Risikobeurteilung maßgeblichen Bewertungen des jeweiligen Versicherers gerecht werden (vgl. zu diesem Aspekt insbesondere OLG Dresden, Urteil vom 16.12.2004 - 4 U 1666/04 - II 2; unter dem Gesichtspunkt des Transparenz hinsichtlich der Abweichung von §§ 16 ff VVG auch OLG Düsseldorf, VersR 2000, 1093, 1094). Geht dies - wie hier - auf Kosten der Klarheit der Erkennbarkeit der Grenzen des voraussehbar bestandskräftigen Versicherungsschutzes, so kann die Klausel aufgrund des Transparenzgebotes keinen Bestand haben.

War danach die Beklagte gegenüber der Klägerin ab dem 01.08.2004 verpflichtet, die an die R.-Bank zu zahlenden Darlehensraten zu übernehmen, hat sie der Klägerin den infolge der Nichterfüllung dieser Verpflichtung entstandenen Schaden zu erstatten.

Einer Fristsetzung durch die Klägerin im Sinne des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB bedurfte es gemäß § 281 Abs. 2 BGB nicht, da die Beklagte mit Schreiben vom 21.10.2004 ernsthaft und endgültig die Übernahme der Ratenzahlungen aus dem Darlehensvertrag abgelehnt hat.

Die Pflichtverletzung ist auch für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden kausal geworden. Hätte die Beklagte pflichtgemäß die weiteren Raten an die R.-Bank gezahlt, wäre das Darlehen nicht gekündigt worden und die Klägerin wäre nicht den nunmehr nach Verwertung des Pkw und Schlussabrechnung sowie Abtretung durch die R.-Bank von der D. Inkassodienst GmbH geltend gemachten Zahlungsansprüchen ausgesetzt gewesen bzw. möglicherweise weiteren zukünftigen Ansprüchen ausgesetzt.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte, die insoweit gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB darlegungs- und beweispflichtig wäre, die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Allein der Umstand, dass die Wirksamkeit der von der Beklagten verwendeten Klausel inzwischen in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, kann sie angesichts der Entscheidung des BGH vom 07.02.1996 nicht entlasten.

In dem in der Berufungsinstanz zuletzt noch geltend gemachten Umfang besteht die Forderung der Klägerin auch der Höhe nach. Die Klägerin hat ihren Zahlungsantrag in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2007 um die (möglicherweise) auf die Monate Juni und Juli 2004 entfallenden Raten von je 249,86 € reduziert.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin der Klägerin im Umfang von insgesamt 499,72 €, wegen der sie die Berufung zurückgenommen hat, wirkt sich gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf die Kostenentscheidung nicht aus.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wegen der Divergenz zu den Entscheidungen des OLG Dresden vom 16.12.2004 - 4 U 1666/04 - und des Schleswig-Holsteinischen OLG vom 27.03.2006 - 16 W 177/05 – im Hinblick auf die Wirksamkeit der verwendeten Ausschlussklausel bei einem Restschuldversicherungsvertrag im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung eines Kfz zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis 9.000,- € festgesetzt.