BGH, Urteil vom 17.11.2004 - XII ZR 19/03
Fundstelle
openJur 2012, 58090
  • Rkr:
Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Dezember 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß der Beklagte sein Vater ist. Das Amtsgericht holte ein DNA-Gutachten ein, das eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit nach Essen-Möller von 99,998 % ergab. Daraufhin erkannte der Beklagte die Vaterschaft an. Auf entsprechenden Antrag des Klägers stellte das Amtsgericht durch Anerkenntnisurteil fest, daß der Beklagte sein Vater sei.

Hiergegen legte der Kläger Berufung ein mit dem Antrag, die Vaterschaft durch streitiges Urteil festzustellen. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung als unzulässig, da das Anerkenntnisurteil zwar prozeßordnungswidrig ergangen sei, den Kläger aber nicht beschwere.

Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Berufungsantrag weiterverfolgt.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das seinem Antrag entsprechende Anerkenntnisurteil zu Recht als unzulässig verworfen.

1. Zwar darf in einem Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft nach § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ein Anerkenntnisurteil nicht ergehen, §§ 640 Abs. 1, 617 ZPO.

Zutreffend ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der verfahrenswidrige Erlaß eines Anerkenntnisses für sich allein noch kein schutzwürdiges Interesse des obsiegenden Klägers an einer Berufungseinlegung rechtfertigt, sondern das Rechtsmittel grundsätzlich eine formelle Beschwer voraussetzt. Diese liegt regelmäßig nur dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung von dem in der unteren Instanz gestellten Antrag des Rechtsmittelführers inhaltlich oder der Form nach abweicht (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1994 -XII ZR 207/92 -FamRZ 1994, 694 m. krit. Anm. Franke ZZP 108 [1995]

S. 377 ff.).

2. Insbesondere bedarf es keiner Entscheidung, ob in Statussachen in Analogie zu § 641 i Abs. 2 ZPO auch eine materielle Beschwer ausreichen kann. Des weiteren kann dahinstehen, ob eine solche materielle Beschwer nur geltend machen kann, wer -anders als hier der Kläger -ein gegenüber der anzufechtenden Entscheidung inhaltlich anderes Urteil erstrebt (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1994 aaO S. 695). Jedenfalls kann eine materielle Beschwer des Klägers hier -entgegen der Auffassung der Revision -nicht etwa darin gesehen werden, daß der Beklagte sein Anerkenntnis der Vaterschaft auch nach Rechtskraft des ergangenen Urteils noch anfechten könne, zumal es ohne Zustimmung der Mutter des Klägers abgegeben und nicht gemäß §§ 641 c, 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 Abs. 1 ZPO, §§ 1597 Abs. 1, 1598 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß durch in der Sitzungsniederschrift zu vermerkende Verlesung (bzw. hier Vorspielen vom Diktiergerät) und Genehmigung beurkundet worden sei.

Denn eine Anfechtung dieses hier nach §§ 1595 Abs. 1, 1597 Abs. 1 BGB, § 641 c ZPO ohnehin unwirksamen materiellen Anerkenntnisses der Vaterschaft durch den Beklagten vermag nichts daran zu ändern, daß das hier ergangene Urteil des Familiengerichts rechtskräftig ist und (mit der Einschränkung des § 640 h Abs. 1 Satz 2 ZPO, die aber ebenso für ein streitiges die Vaterschaft feststellendes Urteil gilt) für und gegen alle gilt. Daß es verfahrensfehlerhaft durch Erlaß eines Anerkenntnisurteils zustande gekommen ist, ist nicht erheblich (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1994 aaO S. 695 m.N.; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 26. Aufl. § 640 h Rdn. 2; Musielak/Borth ZPO 4. Aufl. § 640 h Rdn. 1 a.E.; zum prozeßordnungswidrigen Versäumnisurteil vgl. OLG Bamberg NJW-RR 1994, 459; Staudinger/Rauscher BGB [2004] § 1600 e Rdn. 93).

Soweit demnach feststeht, daß der Kläger der Sohn des Beklagten ist, beruht dies auf der Feststellung im Tenor des ergangenen Urteils (vgl. § 1600 d Abs. 1 BGB) und nicht auf einem im Verfahren abgegebenen Anerkenntnis des Beklagten (§ 1592 Nr. 2 BGB), so daß Wirksamkeit und Bestand des Anerkenntnisses unerheblich sind.

Auf den Umstand, daß mit einer Anfechtung des vom Beklagten abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses angesichts des Ergebnisses des eindeutigen vom Gericht eingeholten Gutachtens ohnehin nicht zu rechnen ist, kommt es folglich nicht mehr an.

3. Der Senat hält nach alledem daran fest, daß eine Partei auch in Kindschaftssachen grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, durch Rechtsmittel zu erreichen, daß eine seinem Antrag stattgebende Entscheidung lediglich mit anderer, der Prozeßordnung entsprechender Form erlassen werde (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1995 aaO S. 694). Eine in ihrer Form dem Gesetz nicht entsprechende Entscheidung kann keinen weiteren Rechtsmittelzug eröffnen, wenn gegen die in gesetzentsprechender Form ergangene Entscheidung desselben sachlichen Gehalts kein Rechtsmittel statthaft wäre (vgl. BGHZ 46, 112, 113 f.).

Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose