BVerfG, Beschluss vom 02.07.2001 - 1 BvR 2049/00
Fundstelle
openJur 2011, 119676
  • Rkr:
Tenor

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Februar 2000 - 3 Sa 1463/99 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landesarbeitsgericht Hamm zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 90.000 DM (in Worten: neunzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich im Wesentlichen gegen eine gerichtliche Entscheidung, mit der eine gegenüber dem Beschwerdeführer fristlos ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als wirksam angesehen wurde. Anlass für die Kündigung war, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen seine Arbeitgeberin beziehungsweise deren Geschäftsführer als Zeuge ausgesagt und der Staatsanwaltschaft Unterlagen übergeben hatte.

I.

1. Der im Jahre 1937 geborene Beschwerdeführer war seit 1967 bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens und deren Rechtsvorgänger tätig. Diese ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und beschäftigt 58 Arbeitnehmer auf dem Gebiet der Stadtentwicklung und der Verkehrsplanung für die Stadt B. Aufgrund von Pressemitteilungen und Aktivitäten einer Stadtratsfraktion leitete die Staatsanwaltschaft B. im Oktober 1996 von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte beziehungsweise deren Geschäftsführer wegen des Verdachts strafrechtlich relevanter Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang mit der Auftragsabwicklung für die Stadt B. ein. Im Rahmen der Ermittlungen kam es zu diversen Gesprächen zwischen verschiedenen Staatsanwälten und dem Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer übergab der Staatsanwaltschaft auch umfangreiche Unterlagen, die er nach seinen Angaben in einem persönlichen Ordner aus seiner Zeit als Betriebsrat gesammelt hatte. Die Beklagte informierte er hierüber nicht. Auch andere Arbeitnehmer der Beklagten wurden von der Staatsanwaltschaft als Zeugen vernommen. Im Januar 1998 wurde das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Im Rahmen einer Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft erfuhr die Beklagte von der Übergabe von Unterlagen durch den Beschwerdeführer. Daraufhin kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21. Januar 1998 fristlos. Die Kündigung wurde auf die unaufgeforderte Übergabe von Unterlagen an die Staatsanwaltschaft zum Zwecke der Belastung des Geschäftsführers gestützt. Mit Schreiben vom 30. April 1998 sprach die Beklagte eine vorsorgliche zweite fristlose Kündigung aus. Die Beklagte erstattete ferner selbst Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. Die diesbezüglichen Ermittlungen wurden ebenfalls nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

2. Die Kündigungsschutzklage des Beschwerdeführers war zunächst erfolgreich. Das Arbeitsgericht gelangte in einem ausführlich begründeten Urteil zu dem Ergebnis, dass die beiden Kündigungen unwirksam seien. Es vernahm dazu zwei an den Ermittlungen beteiligte Staatsanwälte, den Oberstaatsanwalt und den Bevollmächtigten der Beklagten als Zeugen. Das Arbeitsgericht begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass der Beschwerdeführer in einem von Amts wegen eingeleiteten Strafverfahren als Zeuge vernommen worden sei, wozu die Initiative von der Staatsanwaltschaft ausgegangen sei, die ebenfalls von sich aus den Beschwerdeführer aufgefordert habe, die fraglichen Unterlagen vorzulegen und anderenfalls eine Beschlagnahme in Aussicht gestellt habe. Weder habe der Beschwerdeführer Anzeige gegen seine Arbeitgeberin erstattet noch habe er diese im Rahmen der Vernehmung in irgend einer Weise angeschwärzt oder konkrete Beschuldigungen des Begehens von Straftaten gegen sie oder ihren Geschäftsführer erhoben. Zu in der Folgezeit häufigen Vorsprachen bei der Staatsanwaltschaft habe er sich in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Pflicht veranlasst gesehen. Eine weiter als unbedingt notwendig gehende Auskunftserteilung reiche jedoch für die Annahme eines wichtigen Grundes gemäß § 626 BGB nicht aus.

Auf die Berufung der Beklagten änderte das Landesarbeitsgericht ohne weitere Beweisaufnahme die erstinstanzliche Entscheidung ab und wies die Klage in vollem Umfang ab. Wie es das erstinstanzliche Gericht im Ansatz noch zutreffend gesehen habe, seien Anzeigen oder Beschwerden des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bei Behörden wie der Staatsanwaltschaft an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen, jedenfalls wenn sie haltlose Vorwürfe aus verwerflichen Motiven enthielten und der Arbeitnehmer nicht vorher wenigstens den Versuch unternommen habe, innerbetrieblich den angenommenen Missstand zu bereinigen. Der Beschwerdeführer habe, wie nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme auch zur Überzeugung des Arbeitsgerichts feststehe, unter anderem freiwillig, von sich aus Unterlagen der Staatsanwaltschaft zur Begründung des Ermittlungsverdachtes gegen die Beklagte und ihren Geschäftsführer zur Verfügung gestellt. Er sei freiwillig mehrmals zur Staatsanwaltschaft gekommen, um durch seine Erklärungen das Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte und ihren Geschäftsführer voranzutreiben. Eine innerbetriebliche Klärung habe er nicht versucht. Im Gegenteil habe er seine Besuche bei der Staatsanwaltschaft verschwiegen und sie in die Mittagspausen gelegt, um sie vor der Beklagten zu verbergen. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens beweise die Haltlosigkeit der Erklärungen des Beschwerdeführers bei der Staatsanwaltschaft. Auch eine abschließende Interessenabwägung führe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu. Eine deshalb vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde wurde vom Bundesarbeitsgericht mangels Darlegung beziehungsweise Vorliegens einer Divergenz als unbegründet zurückgewiesen.

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. § 626 BGB werde durch die angegriffenen Entscheidungen in verfassungswidriger Weise ausgelegt, da nicht berücksichtigt worden sei, dass das Verhalten des Beschwerdeführers als Zeuge in einem Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung und des Rechtsstaatsprinzips für diesen keine Nachteile haben dürfe. Die strafprozessualen Vorschriften über die Zeugenpflicht entfalteten insoweit eine Bindungswirkung auch für die Arbeitsgerichte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften. Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfe derjenige, der nicht einmal selbst eine Anzeige erstatte, keine Rechtsnachteile dadurch erfahren, dass er als Zeuge in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren aussage, auch wenn sich dies gegen seinen Arbeitgeber richte. Mit der landesarbeitsgerichtlichen Entscheidung werde auch gegen die aus Art. 12 Abs. 1 GG resultierende Verpflichtung verstoßen, die geltenden - und an sich ausreichenden - Kündigungsschutzvorschriften im Lichte dieser Vorschrift anzuwenden. Der Beschwerdeführer sei auch insoweit in seinen Grundrechten verletzt, als das Bundesarbeitsgericht nicht in der Sache selbst entschieden habe.

4. Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Beklagte des Ausgangsverfahrens und das Bundesarbeitsgericht Stellung genommen.

II.

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts richtet, weil dies zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen insoweit vor.

a) Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage ist durch das Bundesverfassungsgericht bereits hinreichend entschieden (vgl. insbesondere BVerfGE 74, 257 <261 ff.>). Danach verstößt eine Handhabung des Schadensersatzrechts, die den gutgläubigen Strafanzeigeerstatter mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall belastet, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupteten Vorwurfs führt, gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

Die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist streng genommen zwar keine Sanktion für Verhalten in der Vergangenheit, sondern nur die Möglichkeit, sich von einem Dauerschuldverhältnis zu lösen, an dem man für die Zukunft zumutbar nicht festhalten kann. Doch stellt sich die Kündigung für den betroffenen Arbeitnehmer als zivilrechtlicher Nachteil dar. Die Beachtung des Gesichtspunkts, dass der Beschwerdeführer mit seinen Aussagen bei der Staatsanwaltschaft und der Übergabe von Unterlagen von der Rechtsordnung aufgestellte Pflichten erfüllt hat, war von Verfassungs wegen gefordert (vgl. BVerfGE 74, 257 <261>). Gerade die Zeugenpflicht ist eine allgemeine Staatsbürgerpflicht (vgl. BVerfGE 76, 363 <383>). Ferner kann die Staatsanwaltschaft die Herausgabe bestimmter Gegenstände verlangen (vgl. §§ 94 ff. StPO). Mit diesen Pflichten im Rechtsstaat ist es nicht vereinbar, wenn derjenige, der diese ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erfüllt und nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben macht, dadurch zivilrechtliche Nachteile erleidet. Nur so kann die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionsfähige Strafrechtspflege im Interesse der Allgemeinheit zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 46, 214 <222>), erfüllt werden.

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht.

aa) Allerdings unterliegen gerichtliche Entscheidungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur einer begrenzten Überprüfung. Nur wenn die Gerichte die Bedeutung und Tragweite der Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Vorschriften - hier § 626 BGB - grundsätzlich verkannt haben oder die Anwendung einfachen Rechts objektiv willkürlich ist, kann dies zu einer Aufhebung der Entscheidungen führen (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 96, 189 <199 f.>). Die Bewertung der Tatsachen und die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache der allgemein zuständigen Gerichte. Eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung kann für sich genommen noch nicht zur Aufhebung einer Entscheidung als verfassungswidrig führen (vgl. BVerfGE 34, 384 <397>; 76, 93 <98>). Auch bei Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs erweist sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts als verfassungswidrig.

bb) Verfassungsrechtlich unbedenklich ist noch der vom Landesarbeitsgericht aufgestellte Rechtssatz, welcher sich auf "Anzeigen und Beschwerden bei Behörden" bezieht und auf den Fall eingeschränkt wird, dass diese "haltlose Vorwürfe aus verwerflichen Motiven" enthalten.

cc) Die konkrete Anwendung des § 626 BGB durch das Landesarbeitsgericht hat aber mit dem aufgestellten Rechtssatz nichts mehr zu tun, missachtet weite Teile der Beweisaufnahme und der Feststellungen des Arbeitsgerichts und führt insgesamt zu einem Ergebnis, das mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar ist.

aaa) Das Landesarbeitsgericht hat schon nicht danach differenziert, dass keine Strafanzeige vorliegt, sondern dass es sich um ein von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen eingeleitetes Verfahren handelte und der Beschwerdeführer nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zum ersten Gespräch telefonisch von der Staatsanwaltschaft vorgeladen wurde, die Initiative also gerade nicht von ihm ausging. Es lässt insoweit schon den eigenen Obersatz außer Acht. Im tatsächlichen Bereich übergeht es entscheidende Teile der Beweisaufnahme oder verkehrt sie sogar in ihr Gegenteil. Damit verstellt es sich den Blick auf die verfassungsrechtlich bedeutsamen Fragen in der vorliegenden Fallkonstellation.

So heißt es im Tatbestand und den Entscheidungsgründen des Urteils, das Verfahren gegen die Beklagte sei nach § 170 Abs. 2 StPO "wegen erwiesener Unschuld" eingestellt worden, was nicht nur fern vom Wortlaut der Norm ist, sondern auch die Zeugenaussage des Oberstaatsanwalts übergeht, nach der behördenintern aufgrund der Umstände des Falls auch eine Einstellung nach §§ 153, 153 a StPO in Betracht gezogen wurde. Auch der Abschlussvermerk der Staatsanwaltschaft begründet die dann tatsächlich erfolgte Einstellung zum Teil mit mangelnder Beweisbarkeit und bereits eingetretener Verjährung. Dabei wäre auch zu berücksichtigen gewesen, dass ein auf Anzeige der Beklagten gegen den Beschwerdeführer wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung eingeleitetes Verfahren seinerseits nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, was umso mehr gegen die vom Landesarbeitsgericht unterstellte "Haltlosigkeit" der Erklärungen des Beschwerdeführers spricht, welche vom Landesarbeitsgericht auch nicht näher konkretisiert werden. Das Landesarbeitsgericht wirft dem Kläger ferner vor, "unter anderem freiwillig" von sich aus der Staatsanwaltschaft Unterlagen zur Verfügung gestellt zu haben. Dies ergibt sich gerade nicht aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts und ist auch nicht von diesem festgestellt worden, wie das Landesarbeitsgericht behauptet. Der Beschwerdeführer hat der Staatsanwaltschaft zwar Unterlagen übergeben, aber auch hier ging nach der Beweisaufnahme die Initiative von der Staatsanwaltschaft aus, die den Beschwerdeführer nach den Unterlagen gefragt hatte und gegebenenfalls eine Beschlagnahmung in Aussicht stellte. Das Landesarbeitsgericht übergeht auch die Aussagen des als Zeugen vernommenen Oberstaatsanwalts, wonach der Beschwerdeführer seine Besuche bei der Staatsanwaltschaft offenbar in der Meinung durchführte, damit seine staatsbürgerlichen Pflichten zu erfüllen. Die Haltlosigkeit der Äußerungen des Beschwerdeführers leitet das Landesarbeitsgericht allein aus der späteren Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO ab, ohne auf die Zeugenaussagen einzugehen, wonach die Aussagen des Beschwerdeführers bei der Staatsanwaltschaft wenig ergiebig waren und insbesondere keine ausdrücklichen strafrechtlichen Vorwürfe gegen die Beklagte oder ihren Geschäftsführer enthielten.

bbb) Entgegen der Ansicht der Beklagten des Ausgangsverfahrens betrifft die Verfassungsbeschwerde nicht nur Fragen der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, die einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht unterliegen. Die Bejahung eines Kündigungsgrundes durch das Landesarbeitsgericht ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.

Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung die verfassungsrechtliche Problematik ignoriert. Es hat verkannt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip entscheidungsrelevante Aspekte ergeben können. Weder hat es den Charakter der Aussagepflicht als staatsbürgerliche Pflicht berücksichtigt noch sich mit der Problemlage auseinander gesetzt, dass ein Bürger wegen der Erfüllung dieser Pflicht jedenfalls nicht ohne weiteres zivilrechtliche Nachteile erleiden darf. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt hat. Hätte es die Zeugenaussagen und die Feststellungen des Arbeitsgerichts genauer beachtet, wäre deutlich gewesen, dass der Beschwerdeführer nur den Aufforderungen der Staatsanwaltschaft nachgekommen ist. Die Beachtung des Gesichtspunkts, dass der Beschwerdeführer mit seinen Aussagen bei der Staatsanwaltschaft und der Übergabe von Unterlagen nur von der Rechtsordnung aufgestellte Pflichten erfüllt hat, war von Verfassungs wegen gefordert. Mit diesen Pflichten des Rechtsstaates ist es nicht vereinbar, wenn derjenige, der diese Pflichten erfüllt, zivilrechtliche Nachteile erleidet.

Aber selbst bei dem vom Landesarbeitsgericht zu Grunde gelegten Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer "freiwillig" zur Staatsanwaltschaft gegangen sei, dort Aussagen gemacht und aufgrund eigenen Antriebs Unterlagen übergeben habe, hätte es diesem verfassungsrechtlichen Aspekt Beachtung schenken müssen. Auch die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte im Strafverfahren kann - soweit nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht werden - im Regelfall aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen, daraus einen Grund für eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses abzuleiten. Das Landesarbeitsgericht spricht pauschal von "haltlosen Erklärungen" des Beschwerdeführers, ohne diese näher zu benennen und die auch aufgrund der Beweisaufnahme nicht nahe liegend sind. Ein derart substanzloser Vorwurf kann nicht als Grund für zivilrechtliche Nachteile dienen, die im Hinblick auf bestehende Pflichten und Rechte des Bürgers im Rahmen der Strafverfolgung grundsätzlich unzulässig sind (vgl. BVerfGE 74, 257 <261 ff.>). Eine zivilrechtliche Entscheidung, die dieses verkennt oder missachtet, verletzt den betroffenen Bürger in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

c) Bei der gegebenen Sachlage kann es dahinstehen, ob das Urteil des Landesarbeitsgerichts zugleich einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip darstellt.

2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, der einen Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers nicht erkennen lässt, wird damit gegenstandslos.

Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34 a Abs. 2, 3 BVerfGG, die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.