Die Berufung des Klägers gegen das am 23.03.2022 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird - beschränkt auf das Nichtbestehen eines selbstständigen Auskunftsanspruchs (II. 2. der Gründe) - zugelassen.
I.
Die Parteien streiten über Prämienanpassungen im Rahmen einer vom Kläger bei der Beklagten seit dem 01.07.1989 gehaltenen privaten Krankenversicherung. Der Kläger nimmt die Beklagte im Berufungsverfahren im Rahmen einer Stufenklage zunächst auf Auskunft über alle Beitragsanpassungen in den Jahren 2014 und 2015 in Anspruch und verlangt hierzu Mitteilung der Höhen der Anpassungen und der jeweiligen Tarife, die Übermittlung entsprechender Versicherungsscheine und Nachträge sowie die Nennung der jeweiligen Höhe der auslösenden Faktoren. In der zweiten Stufe kündigt er die nähere Konkretisierung von Anträgen zur Feststellung der Unwirksamkeit von Anpassungen, zur Rückzahlung von Prämienanteilen und zur Herausgabe von Nutzungen an.
Die Beklagte machte in der Vergangenheit mehrfach von der Möglichkeit Gebrauch, die Beiträge einseitig zu erhöhen. Diese Beitragsanpassung teilte sie dem Kläger jeweils durch Übersendung eines Anpassungsschreibens mit, dem jeweils ein Nachtragsversicherungsschein und weitere Informationsblätter beigefügt waren. Der Kläger zahlte regelmäßig die Prämien in der von der Beklagten festgesetzten Höhe.
Der Kläger ließ die Beklagte durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Übermittlung von Unterlagen hinsichtlich aller Beitragsanpassungen in den Jahren 2014 bis 2017 auffordern. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2021 forderte er - unbeziffert - die Beklagte aufgrund unwirksamer Prämienanpassungen unter Fristsetzung zur Rückzahlung überzahlter Beitragsanteile, zur Herausgabe daraus gezogener Nutzungen und zur Herabsetzung des Beitrages auf.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Der Kläger hat behauptet, die Versicherungsscheine für die in Rede stehenden Jahre lägen ihm nicht mehr vor Er ist der Ansicht gewesen, dass sämtliche Anpassungen formell unwirksam gewesen seien. Die Grundlage dieser Annahme bezieht er aus den seinen Prozessbevollmächtigten aus anderen Verfahren bekannten Unterlagen zu Prämienanpassungen der Beklagten. Ihm sei daher bekannt, dass ihm dem Grunde nach ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Prämien und Herausgabe der daraus gezogenen Nutzungen zustehe. Zur Bestimmung entsprechender Feststellungsanträge und zur Bezifferung der Zahlungsanträge sei er aber auf die verlangten Unterlagen angewiesen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, das Vorgehen des Klägers im Rahmen der Stufenklage sei unzulässig. Ein Anspruch auf Erteilung der Auskünfte und Überlassung der Unterlagen bestehe nicht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Stufenklage für unzulässig gehalten, da sie nicht der Bezifferung eines bestehenden Anspruchs, sondern der Ausforschung diene, ob ein Anspruch dem Grunde nach bestehe. Die gestellten Feststellungs- und Zahlungsanträge seien mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Der unbedingt gestellte Auskunftsantrag sei unbegründet, weil der Kläger die beantragte Auskunft nicht verlangen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der näheren Begründung des Landgerichts sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 320 ff. der elektronischen Gerichtsakte der ersten Instanz, im Folgenden: eGA-I bzw. eGA-II für die Akte der zweiten Instanz) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und ist insbesondere der Ansicht, dass die Stufenklage nicht der Ausforschung diene, weil ihm die Zeitpunkte und die jeweilige formelle Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen bekannt seien. Er wisse nur nicht um das Ausmaß der jeweiligen Beitragserhöhungen und könne daher die Feststellung der Unwirksamkeit der einzelnen Beitragsanpassungen nicht bestimmter beantragen und die sich daraus ergebenden Rückzahlungsansprüche nicht beziffern.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils
1)
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2014 und 2015 zur Versicherungsnummer N01 vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2014 und 2015 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2014 und 2015 sowie
die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer N01 seit dem 01.01.2014,
2)
festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer N01 unwirksam sind und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet sowie dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist,
3)
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
4)
die Beklagte zu verurteilen,
a) ihm die Nutzungen in der nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Höhe herauszugeben, die die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den er auf die unter 2) noch aufzuführenden Beitragsanpassungen gezahlt hat,
b) die Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,
5)
die Beklagte zu verurteilen, ihn hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.054,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass dann, wenn der Versicherungsnehmer in einer Konstellation wie der hier vorliegenden im Wege der Stufenklage den Versicherer zunächst auf Auskunft über frühere Prämienanpassungen einschließlich Überlassung der damit zusammenhängenden Unterlagen und sodann auf Feststellung der Unwirksamkeit noch zu bezeichnender Prämienanpassungen und Zahlung eines noch zu beziffernden Betrages in Anspruch nimmt, die Anträge der noch unbestimmten Stufen unzulässig sind und der in der ersten Stufe selbständig verfolgte Auskunftsanspruch unbegründet ist (Senat, Beschluss vom 15.11.2021, 20 U 269/21, r+s 2022, 93 f.; Beschluss vom 23.05.2022, 20 U 96/22 n.v.; Urteil vom 26.10.2022, 20 U 131/22 n.v., ebenso OLG Dresden, Urteil vom 29.03.2022, 4 U 1905/21, Rn.60 ff. - juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, 8 U 2907/21, VersR 2022, 622 ff. Rn. 30 ff.; OLG München, Beschluss vom 24.11.2021, 14 U 6205/21, r+s 2022, 94 f., Rn. 48 ff.).
1.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die nicht näher konkretisierten Anträge zu 2) bis 4) als unzulässig angesehen.
Diese Anträge genügen nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrages. Danach muss ein Leistungsantrag grundsätzlich beziffert sein. Und auch ein Feststellungsantrag muss das Rechtsverhältnis hinreichend konkret bezeichnen.
Hieran fehlt es.
Etwas anderes folgt hier auch nicht aus § 254 ZPO. Die unbezifferte Leistungsanträge und der noch unbestimmte Feststellungsantrag sind nicht im Wege der Stufenklage nach dieser Bestimmung zulässig. Eine Stufenklage ist unzulässig, wenn die Auskunft nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solche nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteile vom 02.03.2000, III ZR 65/99, NJW 2000, 1645 unter 1 a; vom 18.04.2002, VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952 unter II 1 a; OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, 20 U 75/18, VersR 2020, 81; Zöller-Greger, ZPO, 34. Auflage 2022, § 254 Rn. 2; BeckOK ZPO/Bacher, 47. Ed. [Stand: 01.12.2022] § 254 Rn. 4.1).
Im Streitfall geht es dem Kläger trotz entgegenstehender Erklärung in der Berufungsbegründung, er wisse um die Zeitpunkte der Anpassungen und um deren Unwirksamkeit, nicht um die Bezifferung eines sich aus einer Rechnungslegung ohne Weiteres ergebenden Anspruchs. Denn dann würde der Kläger die einzelnen von ihm zu rügenden Beitragsanpassungen konkret bezeichnen und wirklich nur diejenigen weiteren Informationen verlangen, die ihm nach seiner Ansicht für eine nähere Konkretisierung des Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen und zur Bezifferung der vermeintlichen Zahlungsansprüche noch fehlen.
Die einzelnen Anpassungen, die er vorgibt schon jetzt konkret anzugreifen, hat er aber noch gar nicht zeitlich näher bezeichnet. In erster Instanz hat er in der Klageschrift - offenbar unter Rückgriff auf die aus anderen Verfahren gespeiste Datenbank seiner Prozessbevollmächtigten - zahlreiche Daten von Beitragsanpassungen genannt, dies aber ohne erkennbaren Bezug zu den in seinem Vertrag bestehenden Tarifen. In der Replik (dort S. 4 ff., eGA-I 273 ff.) hat der Kläger sodann zumindest seine noch "aktuellen" Tarife bezeichnet und einzelne, von den Daten in der Klageschrift teilweise abweichende Termine von Beitragsanpassungen mitgeteilt, sich hierfür aber wiederum offenbar auf eine Datenbank seiner Prozessbevollmächtigten berufen. In der Berufungsbegründung verweist er immer wieder auf die unter "Röm. I" angeblich bezeichneten Anpassungen (Seite 5 und 7 der Berufungsbegründung (eGA-II 29 und 31)). Unter "I." verweist er aber nur allgemein auf die "seit dem 01.01.2014 erfolgten Beitragsanpassungen im Vertragsverhältnis mit der Versicherungsnummer N01" (Seite 3 der Berufungsbegründung, eGA-II 27). Und auf Seite 8 seiner Berufungsbegründung (eGA-II 32) nennt er wiederum andere Zeitpunkte für Beitragsanpassungen (und andere Tarife) als noch in der erstinstanzlichen Replik.
Dass der Kläger auf diese Weise eine Vielzahl von unterschiedlich bezeichneten Zeitpunkten für verschiedene Beitragsanpassungen benannt und zur Begründung der von ihm angenommenen formellen Unwirksamkeit sogar aus den Begründungen der Beitragsanpassungen zitiert hat, andererseits aber im Berufungsantrag weiterhin allgemein unter anderem Auskunft über die Zeitpunkte und die Informationen über die Begründungen der Anpassungen verlangt, lässt nur den Schluss zu, dass er mit den zu erteilenden Auskünften nicht lediglich die Ansprüche konkretisieren und beziffern möchte, die er dem Grunde nach für sicher gegeben hält, sondern dass er erst Klarheit über das Bestehen von Ansprüchen dem Grunde nach erlangen will.
2.
Zu Recht hat das Landgericht den Klageantrag zu 1) als zwar zulässig, aber unbegründet angesehen.
a)
Dieser Antrag ist zulässig.
Die Unzulässigkeit der Stufenklage führt zwar dazu, dass ein unbestimmter Leistungsantrag als unzulässig abgewiesen werden muss. Sie hat jedoch nicht die notwendige Folge, dass die Klage, wie sie hier erhoben worden ist, insgesamt oder teilweise als unzulässig abgewiesen werden muss. Vielmehr kommt eine Umdeutung in eine von der Stufung unabhängige objektive Klagehäufung in Betracht (BGH, Urteil vom 18.04.2002, VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952 unter II 2 a mwN; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 254 Rn. 7).
b)
Der Auskunftsantrag ist jedoch unbegründet.
aa)
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO).
Zumindest einzelne der vom Kläger mit dem Auskunftsbegehren verlangten Informationen mögen zwar personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DS-GVO sein. Der Beklagten steht aber ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 Buchstabe b) DS-GVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen "exzessiven" Antrag auf. Die Verwendung des Wortes "insbesondere" macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung 2. Auflage 2018, Art. 12 Rn. 43).
Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können (so auch BGH, Urteil vom 15.06.2021, VI ZR 576/19, VersR 2021, 1019 ff. Rn. 23).
Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger aber nach seinem eigenen Klagevorbringen überhaupt nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr - wie sich aus der Koppelung mit dem unzulässigen Antrag auf Zahlung zweifelsfrei ergibt - ausschließlich die Überprüfung etwaiger von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber nicht umfasst (ebenso OLG Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, 8 U 2907/21, VersR 2022, 622 ff., Rn. 43; s. auch OLG München, Beschluss vom 24.11.2021, 14 U 6205/21, r+s 2022, 94 f., Rn. 55 f.).
Gegen ein Weigerungsrecht nach Art. 12 Abs. 5 S. 2 Buchstabe b) DS-GVO kann auch nicht eingewendet werden, dass eine Abgrenzung des geschützten Interesses an der Überprüfung der Datensicherheit von einem daneben verfolgten Interesse bisweilen schwierig sein mag (so OLG Köln, Urteil vom 13.05.2022, 20 U 198/21, Rn. 85 f. - zitiert nach juris) und dass ein Grund für das Auskunftsverlangen auch nicht genannt werden muss (so OLG Celle, Urteil vom 15.12.2022, 8 U 165/22, VersR 2023, 429 ff., Rn. 124 ff.). Mit dem durch Art. 15 DS-GVO geschützten Interesse setzt sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht einmal auseinander. Er zitiert zwar die - zutreffenden - Erwägungen des Landgerichts, die gestützt auf den Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ein Weigerungsrecht herleiten. Ein Interesse, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung überprüfen zu wollen, deutet der Kläger aber nicht einmal an. Seine Ausführungen erschöpfen sich in der Darlegung, dass es sich bei den verlangten Auskünften um personenbezogene Daten handelt. Dass er Auskunft über diese Daten verlangt, um die durch die DS-GVO geschützten Interessen zu verfolgen, sagt er nicht, was er aber auch nicht muss. Deutlich erkennbar wird aber sein Ziel, die zunächst hingenommenen Beitragsanpassungen zum Teil nach langer Zeit überprüfen zu können und hierzu die ursprünglich nicht (länger) für relevant gehaltenen Informationen ersetzt zu bekommen. Geht es einem Kläger auch um die von Art. 15 Abs. 1, 3 DS-GVO geschützten Interessen, mögen daneben auch verfolgte Zwecke einem Anspruch nicht entgegenstehen. Wird das datenschutzrechtliche Interesse aber erkennbar gar nicht verfolgt oder nur vorgeschoben, bestehen die vom Oberlandesgericht Köln angenommenen Abgrenzungsschwierigkeiten nicht. Und auch das vom Oberlandesgericht Celle angeführte Argument, der Grund eines Auskunftsverlangens müsse nicht offenbart werden, um einen Auskunftsanspruch geltend zu machen, überzeugt nicht, wenn - wie hier - erkennbar ist, dass der in Art. 15 Abs. 1, 3 DS-GVO eingeräumte Anspruch ausschließlich für Zwecke ausgeübt wird, die vom europäischen Verordnungsgeber nicht geschützt werden. Gerade der Abwehr solcher erkennbar vom Schutzzweck der Verordnung offensichtlich nicht gedeckter Auskunftsanträge dient das Weigerungsrecht in Art. 12 Abs. 5 S. 2 Buchstabe b) DS-GVO.
Ob diese Frage bei letztinstanzlicher Entscheidung ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 Buchst. b) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erforderlich macht (so OLG Koblenz, Beschluss vom 19.10.2022, 10 U 603/22, r+s 2023, 62 ff.), lässt der Senat offen; er ist zu einer solchen Vorlage an den Gerichtshof jedenfalls wegen der Anfechtbarkeit seiner Entscheidung nicht verpflichtet.
Darauf, dass es sich im Übrigen jedenfalls bei standardisierten Begründungen, die - etwa als einheitliches Beiblatt - an sämtliche Versicherungsnehmer in identischer Form versandt werden, auch nicht um personenbezogene Daten im Sinne der DS-GVO handelt, kommt es angesichts dessen hier nicht an.
bb)
Auch ein Auskunftsanspruch aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag besteht nicht.
Zwar kann sich aus einem Schuldverhältnis nach Maßgabe von § 241 Abs. 2 BGB auch die Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung ergeben. Dies kann auch zu einer Verpflichtung des Gläubigers führen, dem Vertragspartner etwa Unterlagen für die Kreditbeschaffung (BGH, Urteil vom 01.06.1973, V ZR 134/72, NJW 1973, 1793 unter II 2) oder für die Wahrnehmung von dessen steuerlichen Belangen (Senatsurteil vom 05.07.1974, 20 U 227/73, MDR 1975, 401) zur Verfügung zu stellen.
Auch im Rahmen einer zwischen den Parteien bestehenden Sonderverbindung setzt ein solcher Auskunftsanspruch aber jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Schuldner in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.08 2013, VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 ff., Rn. 20). Darlegungs- und beweisbelastet für alle Voraussetzungen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist der Kläger. Hier konnte der Kläger aus den ihm während der Laufzeit des Vertrages übersandten Unterlagen unschwer selbst ersehen, welche Prämienanpassungen vorgenommen wurden. Allein der pauschale Verweis darauf, er habe die Nachträge zum Versicherungsschein "nicht mehr vorliegen" (eGA-II 36), vermag die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 242 BGB nicht zu begründen. Darlegen müsste er in diesem Zusammenhang etwa, wie er regelmäßig mit den über Jahre hinweg immer wieder unstreitig erhaltenen Dokumenten umgegangen ist. Davon, etwa von der Aufbewahrung der Unterlagen, würde es wiederum abhängen, welchen Vortrag man vom Kläger zu den Anstrengungen verlangen müsste, die der Kläger unternommen hat, um die Dokumente wieder aufzufinden (vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, 8 U 2907/21, VersR 2022, 622 ff., Rn. 39 f.). Ohne solchen Vortrag jedenfalls steht nicht fest, dass der Kläger in entschuldbarer Weise im Ungewissen über den Inhalt der Unterlagen ist.
Es ist entgegen der Ansicht des Klägers auch gerade nicht lebensfremd, sondern zur Wahrung eigener Interessen geradezu naheliegend, überlassene Vertragsunterlagen zumindest so lange aufzubewahren, wie man aus diesen Unterlagen (auch nur) möglicherweise Rechte gegen seinen Vertragspartner herleiten möchte.
Und auch der Umstand, dass der Versicherungsnehmer aus § 3 Abs. 3 S. 1 VVG unter bestimmten Voraussetzungen die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins einschließlich der Nachträge, aus § 3 Abs. 4 VVG Abschriften eigener Vertragserklärungen und aus § 7 Abs. 4 VVG die Vertragsbestimmungen einschließlich der AVB verlangen kann (siehe hierzu noch sogleich), begründet keinen Auskunftsanspruch der geltend gemachten Art aus § 242 BGB (so aber OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2022, 1 U 171/21, VersR 2023, 436 ff., Rn. 52 f.). Denn der Gesetzgeber hat gerade nicht ein umfassendes Auskunftsrecht des Versicherungsnehmers über Bestand und Entwicklung des Versicherungsverhältnisses kodifiziert, sondern es in einzelnen Vorschriften bei der Ausgestaltung spezifischer Ansprüche auf Erteilung von Ausfertigungen oder Abschriften bestimmter Dokumente belassen. Ein darüber hinausgehendes Auskunftsrecht aus § 242 BGB muss sich an den aufgezeigten Voraussetzungen messen lassen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu entwickelt hat. Und hierfür reicht es aus den genannten Gründen nicht aus, dass der Versicherungsnehmer lediglich erklärt, er habe die jetzt verlangten Informationen nicht (mehr) vorliegen.
Der Senat ist nicht gehalten gewesen, den Kläger auf diese Aspekte gemäß § 139 ZPO gesondert hinzuweisen. Denn schon das Landgericht hat einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB gerade deshalb abgelehnt, weil der Kläger keine nachvollziehbaren Gründe dargelegt habe, weshalb er nicht aus den ihm übersandten Unterlagen selbst ersehen könne, welche Prämienanpassungen vorgenommen worden seien (Seite 6 des Urteils, eGA-II 9).
cc)
Ein Auskunftsanspruch aus § 3 Abs. 3 VVG scheidet aus.
Nach dieser Vorschrift kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen, wenn der Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet ist. Hieraus ergibt sich kein Auskunftsanspruch, weil mit einer Auskunft im Vergleich zu der Erteilung einer Ersatzausfertigung ein nicht unerheblicher Mehraufwand verbunden ist (vgl. BeckOK VVG-Filthuth 18. Edition (Stand 01.02.2023), § 3 Rn. 21 m.w.N.).
Dem Kläger ist auf seinen Auskunftsantrag auch dann kein Anspruch auf Erteilung von Ersatzversicherungsscheinen bzw. -nachträgen zuzusprechen, wenn ein solcher Anspruch als "minus" in seinem umfassend formulierten Auskunftsantrag enthalten sein sollte. Denn der Versicherungsschein soll den Versicherer über die wesentlichen Inhalte des geschlossenen Vertrages informieren, über sie Beweis erbringen und den Inhaber unter bestimmten Voraussetzungen legitimieren, Leistungen des Versicherers zu beanspruchen (Langheid/Rixecker-Rixecker, VVG, 7. Auflage 2022, § 3 Rn. 1). Diese Funktionen sollen dem Versicherungsnehmer nach § 3 Abs. 3 VVG auch bei Abhandenkommen und Vernichtung ermöglicht werden. Aufgrund dieser Zweckrichtung verschafft § 3 Abs. 3 VVG dem Versicherungsnehmer nach Auffassung des Senats (ohne nähere Begründung weitergehend OLG Schleswig, Urteil vom 18.07.2022 - 16 U 181/21, VersR 2022, 1489) aber nur einen Anspruch auf Ersatzausstellung des zuletzt gültigen Versicherungsscheins bzw. Nachtrags. Diesen verlangt der Kläger aber nicht. Er macht Ansprüche auf Auskunft für die Jahre 2014 und 2015 geltend. Da die Beklagte in den Folgejahren weitere Anpassungen vornahm und hierüber jeweils Nachträge ausstellte, dokumentieren die Nachträge der Jahre bis einschließlich 2015 den Inhalt des Versicherungsvertrages nicht mehr.
dd)
Der von der Kläger geltend gemachte Anspruch kann auch nicht aus § 810 BGB hergeleitet werden. Diese Vorschrift gibt keinen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft oder auf Übersendung von Unterlagen. Ob - wie der Kläger meint - ein Einsichtsrecht als Minus in dem weiterhin allein gestellten Auskunftsantrag enthalten ist, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls besteht ein Einsichtsrecht aus § 810 BGB dann nicht, wenn es der "Ausforschung", also dazu dienen soll, erst durch die gewonnenen Informationen Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung zu gewinnen (OLG Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, 8 U 2907/21, VersR 2022, 622 ff., Rn. 42). Das ist hier erkennbar der Fall.
ee)
Ein Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 666, 675 BGB. Die Argumentation des Klägers hierzu ist ein Zirkelschluss: Weil der Versicherer aus §§ 6, 6a VVG auch während des Vertragsverhältnisses Auskunft und Beratung schulden kann, sei jeder Versicherungsvertrag auch ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit den sich aus §§ 666, 675 BGB ergebenden umfassenden Auskunfts- und Rechenschaftspflichten. Der Kläger schließt also von einer ausdrücklich begrenzten Regelung in §§ 6, 6a VVG auf eine umfassende Auskunftspflicht.
ff)
Schließlich ergibt sich ein Auskunftsanspruch auch nicht aus der Pflicht der Beklagten zur Aufbewahrung von Unterlagen aus § 257 HGB. Denn nur bestimmte der aufzubewahrenden Unterlagen sind im Rechtsstreit gemäß §§ 258 ff. HGB vorzulegen, und zwar nur auf Anordnung des Gerichts. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Aufbewahrungspflicht des Kaufmanns keinen Auskunftsanspruch geschaffen hat (OLG München, Beschluss vom 24.11.2021, 14 U 6205/21, r+s 2022, 94 f., Rn. 65 ff.; OLG Koblenz, Beschluss vom 19.10.2022, 10 U 603/22, r+s 2023, 62 ff., Rn. 21).
3.
Mangels Bestehens der geltend gemachten Ansprüche kann der Kläger auch nicht die Befreiung von den vorgerichtlich aufgewendeten Rechtsanwaltskosten verlangen.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist - beschränkt auf das Nichtbestehen eines selbstständigen Auskunftsanspruchs (II. 2 der Gründe) - gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat weicht mit der Verneinung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ab von Urteilen des OLG Naumburg (vom 13.10.2022, 1 U 171/21), des OLG Köln (vom 13.05.2022, 20 U 198/21), des OLG Celle (vom 15.12.2022, 8 U 165/22) und des OLG Schleswig (vom 18.07.2022, 16 U 181/21).
Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.750,00 €