OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2022 - 22 U 113/22
Fundstelle
openJur 2023, 5676
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 12.05.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Beklagte wurde von der Klägerin mit Betonierarbeiten nach dem System D. - für das eine Europäische Technische Bewertung vorliegt (ETA) - beauftragt, u. a. dem Betonieren der Wände im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Bauvorhabens. Nach Ausführung der Betonierarbeiten am 22.07.2019 wurden Hohllagen und Gefügestörungen (Betonnester) in den EG-Wänden festgestellt. Die Klägerin setzte dem Beklagten eine Frist zur Beseitigung der Mängel, die sie letztlich selbst beseitigte. Gegenstand ihrer Klage sind die Kosten der von ihr selbst durchgeführten Mangelbeseitigung und die Feststellung der Ersatzpflicht für etwaige Schäden, die durch die mangelbedingte Verzögerung der Fertigstellung des Bauvorhabens entstanden sein könnten.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin 54.047,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zudem hat das Landgericht die Feststellung getroffen, dass der Beklagte weitere Schäden zu ersetzen hat, die ihr daraus entstehen, dass der Beklagte die Wände für das Bauvorhaben "W." in S. nicht ausreichend standsicher betoniert hat. Unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. A. (GA 405 ff.) hat es festgestellt, dass die vollständige und hohlraumfreie Betonausfüllung der Dämmschalungssteine von entscheidender Bedeutung für die Standsicherheit sei. Der Beklagte habe sich auch nicht dahin zu entlasten vermocht, dass er für die mangelhafte Leistung nicht verantwortlich sei. Dafür reiche sein Vortrag zu den von ihm behaupteten Hinweisen schon deshalb nicht, weil diese nicht dem richtigen Adressaten mitgeteilt worden seien. Er hätte sich an die Klägerin selbst wenden müssen. Der Bauleiter W. sei nicht der richtige Adressat gewesen, weil er sich den Hinweisen des Beklagten verschlossen habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er trägt neue Tatsachen zu den von ihm erteilten Hinweisen vor und wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung des Landgerichts, dass der Hinweis nicht dem Bauleiter W. hätte erteilt werden können.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Krefeld vom 12.05.2022 Az. 5 O 50/20, kostenpflichtig abzuweisen,

hilfweise das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 12.05.2022, Az. 5 O 50/20, aufzuheben und den vorliegenden Rechtsstreit zur Neuverhandlung an das Landgericht Krefeld zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet den neuen Vortrag des Beklagten.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.Anwendbar ist das BGB in der seit dem 01.01.2018 geltenden Fassung (Art. 229 § 39 EGBGB). Der Vertrag über die Rohbauarbeiten datiert auf den 05.06.2019.

2.Das Landgericht hat zutreffend allein das Werkvertragsrecht des BGB zur Anwendung gebracht, auch wenn beide Parteien von der Anwendung der VOB/B ausgehen.

Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung der VOB/B sind nicht dargelegt. Vorgelegt worden ist der "Werkvertrag-Rohbauarbeiten" (Anlage H1, GA 20). In diesem Vertrag wird auf Vertragsbedingungen der Klägerin verwiesen. Diese Vertragsbedingungen sind nicht vorgelegt worden. Danach ist zu einer Einigung der Parteien, dass die VOB/B gelten sollte, nicht vorgetragen worden. Hierauf hat bereits das Landgericht hingewiesen (Hinweisbeschluss vom 22.04.2021, GA 434).

Allein der Umstand, dass die Parteien bzw. ihre Prozessbevollmächtigten davon ausgehen, die VOB/B sei vereinbart, führt nicht zu deren Einbeziehung in den Vertrag (BGH, Urt. v. 08.07.1999 - VII ZR 237/98, NJW 1999, 3261; BGH, Urt. v. 26.06.2003 - VII ZR 281/02, NZBau 2003, 560).

3.Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das von dem Beklagten erstellte Werk mangelhaft ist, weil die EG-Wände durch die nicht vollständige Verfüllung nicht entsprechend der ETA und damit nicht standsicher hergestellt worden sind. Das Werk hat angesichts der nicht realisierten Standfestigkeit nicht die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehört der mit der Herstellung des Werkes verfolgte Zweck. Ein Werk ist daher mangelhaft, wenn das Werk die nach dem Vertrag vereinbarte oder vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn die Ursachen des Mangels in der Sphäre des Bestellers - etwa einer fehlerhaften Planung - begründet sind. Der Unternehmer ist aber von der Haftung für Mängel befreit, wenn er seine Bedenkenhinweispflicht erfüllt hat (BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05, NJW 2008, 511; Jurgeleit/Kniffka/Jurgeleit, BauvertragsR, 4. Auflage, § 633 Rn. 62 ff.). Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze werden durch § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB bestätigt und gelten für das neue Recht fort (Jurgeleit, a. a. O., § 633 Rn. 67).

Für das Vorliegen eines Mangels kann es daher dahinstehen, ob und inwieweit der Mangel auf den Außentemperaturen am Tag des Betonierens, der Beschaffenheit des Betons oder der Körnung des Betons beruht. Entgegen der in erster Instanz vertretenen Auffassung des Beklagten ist das von ihm erstellte Werk nicht schon deshalb mangelfrei, weil er es entsprechend der Vorgaben der Klägerin ausgeführt hat.

4.Der Beklagte ist von seiner Haftung nicht befreit. Die von ihm in erster Instanz vorgetragenen Hinweise genügen den strengen Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflicht nicht, zumal der Vortrag des Beklagten in sich widersprüchlich war (dazu nachfolgend unter a). Mit dem neuen Vortrag in der Berufungsinstanz kann der Beklagte nicht gehört werden (dazu nachfolgend unter b). Schließlich dürfte der Hinweis an den falschen Adresseten erfolgt sein (dazu nachfolgend unter c).

a)Entgegen der Ansicht der Berufung (BB Seite 27) war ein Bedenkenhinweis nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin ein professionelles Bauunternehmen ist oder es bei anderen Bauvorhaben in der Vergangenheit zu ähnlichen Mangelsymptomen gekommen ist. Auch gegenüber professionellen Bestellern besteht eine Bedenkenhinweispflicht; sie folgt aus der Erfolgsverantwortung des Bestellers und dient nicht zum "Ausgleich" mangelnder Sachkunde des Bestellers (Thode/Quack, Abnahme und Gewährleistung im Bau- und Bauträgervertrag, Rn. 120). Soweit der Beklagte - ohne konkreten Vortrag - auf Probleme bei zeitlich früheren Bauvorhaben in Wegberg, Essen-Kettwig und Rheinland-Pfalz verweist, ist das unerheblich. Denn es bleibt unklar, was die Ursache der geschilderten Mangelsymptome bei diesen Bauvorhaben war. Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass der Beklagte schon bei ähnlichen Temperaturen tätig geworden und die Betonierung gelungen ist (Replik Seite 4, GA 244). Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Zudem folgt aus der von der Beklagten behaupteten Anweisung, die Betonierarbeiten mit Kühlungsmaßnahmen auszuführen, dass die Klägerin davon ausging, dass die Betonierarbeiten erfolgreich ausgeführt werden könnten.

Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis - der bei BGB-Verträgen nicht zwingend in Schriftform zu erteilen ist - setzt voraus, dass der Besteller ausreichend gewarnt wird. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Besteller die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird. Allgemeine und vage Hinweise genügen nicht (BGH, Urt. v. 10.04.1975 - VII ZR 183/74, NJW 1975, 1217; Thode/Quack, Abnahme und Gewährleistung im Bau- und Bauträgervertrag, Rn. 115).

In erster Instanz hat der Beklagte zu den Ursachen des Mangels und den von ihm erteilten Hinweisen Folgendes vorgetragen:

In der Klageerwiderung hat der Beklagte vorgetragen, er habe telefonisch Herrn "Bl." (gemeint: Sven B.) mitgeteilt, dass die Temperaturen für die Verarbeitung des Betons zu hoch seien. Vor Beginn der Ausführung sei dem anwesenden Bauleiter W. mitgeteilt worden, dass "keine Gewähr" für die ordnungsgemäße Durchführung wegen hoher Temperaturen gegeben werden könne.

Im Schriftsatz vom 24.07.2020 hat der Beklagte vorgetragen, das "Problem" sei das zeitgleiche Eintreffen des gesamten Betons gewesen. Der Bauleiter W. sei die ganze Zeit vor Ort gewesen, nicht wie der Kläger vortrage, erst nach Ausführung von 2/3 der Betonierungsarbeiten. Dem Bauleiter W. gegenüber seien die Bedenken wiederholt worden. Beim Eintreffen der zweiten Betonlieferung sei angezeigt worden, dass eine ordnungsgemäße Herstellung praktisch nicht möglich wäre. Das "Problem" sei durch die Körnung des Betons 0/16 statt 0/8 entstanden. Er, der Beklagte, habe nicht in die Zukunft sehen und das Ergebnis bereits positiv erkennen können. Die konkreten Problematiken im Zusammenhang mit hochsommerlichen Temperaturen und dem relativ groben Korn seien nicht bekannt gewesen. Als Anlage zu dem vorgenannten Schriftsatz hat der Beklagte die Anlage SWP 7 vorgelegt. Darin heißt es u. a, dass die Standzeit des zweiten Betonwagens unbekannt gewesen wäre, anderenfalls die Verarbeitung der Ladung abgelehnt worden wäre.

Im Schriftsatz vom 16.04.2021 hat der Beklagte geltend gemacht, er habe auf die Probleme der Verarbeitung bei hohen Temperaturen und der Art der Körnung hingewiesen.

Im Schriftsatz vom 26.05.2021 hat er geltend gemacht, "einzige Möglichkeit" sei es gewesen, am Tag der Verarbeitung auf Bedenken hinzuweisen.

Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass ein ausreichender Hinweis erteilt worden ist. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass über die nachteiligen Folgen aufgeklärt worden ist, insbesondere darüber, dass die Wände möglicherweise nicht standsicher sein würden. Angesichts dieser gravierenden Folge wäre ein besonders deutlicher Hinweis erforderlich gewesen.

Der Vortrag des Beklagten lässt im Gegenteil darauf schließen, dass ihm die "Problematik" bei der Ausführung noch nicht bewusst war. Im Schreiben vom 14.10.2019 hat er mitgeteilt, dass er die Betonierungsarbeiten unzählige Male ohne Probleme ausgeführt habe, jedoch hier "rückblickend betrachtet" einige "Komponenten" zusammengetroffen seien. Auch heißt es in dem Schreiben, dass die Problematik der Verfüllung nachträglich bekannt geworden sei. Zudem hat er schriftsätzlich geltend gemacht, er habe nicht "in die Zukunft" sehen können und die Problematik der Temperatur und des groben Korns sei nicht bekannt gewesen.

Das vorgenannte Schreiben widerspricht übrigens dem schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten, er habe auf die zu lange Standzeit des zweiten Betonwagens hingewiesen. Denn in dem Schreiben legt er dar, dass ihm diese nicht bekannt gewesen sei. Darauf kann sich der Beklagte indessen nicht berufen, weil er den Beton vor der Verarbeitung hätte prüfen müssen, was anhand der von dem Beklagten vorgelegten Lieferscheine (Anlagen SWP2-5) auch ohne weiteres möglich gewesen wäre. Seinen Vortrag, er hätte auf die lange Standzeit des Betons hingewiesen, hat der Beklage zudem im Verlauf des Rechtsstreits nicht aufrechterhalten. Denn im Schriftsatz vom 16.04.2021 hat der Beklagte nur noch geltend gemacht, er habe auf die Probleme der Verarbeitung bei hohen Temperaturen und der Art der Körnung hingewiesen. Von einen Hinweis auf die Standzeit des zweiten Betonwagens ist nicht mehr die Rede.

Zu dem von ihm behaupteten Telefonat ist der Vortrag des Beklagten widersprüchlich. Denn er hat nachträglich geltend gemacht, die "einzige Möglichkeit" für einen Hinweis habe am Tag der Ausführung bestanden. Wenn es sich so verhielt, ist nicht verständlich, warum zuvor ein telefonischer Hinweis hätte erteilt werden können.

b)In zweiter Instanz trägt der Beklagte neue Tatsachen vor.

Erstmals trägt er vor, in dem im Vorfeld der Ausführung geführten Telefonat gegenüber Herrn W. Bedenken dahin angemeldet zu haben, dass der Beton wegen der Temperaturen zu schnell trocknen und aussteifen könnte. Dabei habe er insbesondere nochmals daran erinnert, dass die Bildung von Betonnestern und Hohllagen nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem habe er den Bauleiter Ralf W. darüber in Kenntnis gesetzt, dass dies die Statik und Tragfähigkeit des Betonkernes beeinträchtigen könne. Damit weicht der Beklagte in einem entscheidenden Punkt von seiner Darstellung in erster Instanz ab. Er trägt vor, das Telefonat mit Herrn W. und nicht Herrn B. geführt zu haben. Zudem benennt er als Beweismittel nunmehr den Zeugen Timo und nicht - wie in erster Instanz (GA 222) - Herrn B..

Mit seinem neuen Vortrag kann der Beklagte nicht gehört werden.

Der Vortrag des Beklagten ist neu. Neu ist ein Vorbringen auch dann, wenn es sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert und erstmals substantiiert, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, Beschl. v. 02.04.2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236; BGH, Beschl. v. 21.12.2006 - VII ZR 279/05, NZBau 2007, 245; BeckOK ZPO/Wulf § 530 Rn. 5). Im letztgenannten Sinne liegt es hier nicht. Denn der Vortrag des Beklagten in erster Instanz war nicht schlüssig.

Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nur zuzulassen, wenn einer der in § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO angeführten Zulassungsgründe vorliegt oder die neuen Tatsachen in der Berufungsinstanz unstreitig sind. So liegt der Fall hier nicht. Der Vortrag ist nicht unstreitig und Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht einschlägig. Zwar betrifft das Verteidigungsmittel einen Gesichtspunkt, den das Landgericht für unerheblich gehalten hat; es hat den Inhalt der Hinweise nicht thematisiert, weil es davon ausgegangen, dass der Bauleiter W. nicht der richtige Adressat des Hinweises war. Das eröffnet jedoch im vorliegenden Fall nicht den Anwendungsbereich des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Der vorgenannte Zulassungsgrund wird nämlich dadurch eingeschränkt, dass die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts zumindest mitursächlich dafür geworden sein muss, dass sich das Parteivorbringen in die Berufungsinstanz verlagert hat (BGH, Beschl. v. 26.01.2021 - VI ZR 1304/20, NJW-RR 2021, 249; BGH, Beschl. v. 03.03.2015 - VI ZR 490/13, NJW-RR 2015, 1278). So liegt der Fall hier nicht. Der von dem Beklagten in den Raum gestellte Bedenkenhinweis war der zentrale Streitpunkt der Parteien. Die Klägerin hat ausdrücklich gerügt, dass die behaupteten Bedenkenhinweise nicht ausreichend gewesen sein könnten, der Beklagte hat diesen Vortrag aufgegriffen und erwidert, er habe nicht in die Zukunft sehen können. Die erstmals im Hinweisbeschluss vom 22.04.2021 und in dem Urteil geäußerte Rechtsansicht, dass der Hinweis nicht richtig adressiert worden sei, ist danach nicht ursächlich dafür, dass der Beklagte in erster Instanz zum Inhalt seiner Hinweise noch nicht vorgetragen hat. Ein Mitursächlichkeit der Rechtsauffassung des Landgerichts lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass es - hätte es nicht angenommen, dass die Hinweise dem falschen Adressaten zugeleitet wurden - einen Hinweis dahin hätte erteilen müssen, dass die von dem Beklagten behaupteten Hinweise eine Haftungsbefreiung nicht zu tragen vermögen. Denn zu einem solchen Hinweis war das Landgericht nicht verpflichtet, nachdem es einer der zentralen Streitpunkt der Parteien war, ob die von dem Beklagten erteilten Hinweise ausreichend waren. Auch unter diesem Aspekt lässt sich daher die für § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO erforderliche Mitursächlichkeit nicht begründen.

§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO rechtfertigt die Zulassung des neuen Vortrags nicht. Ein Verfahrensfehler des Landgerichts liegt nicht vor. Zu einem Hinweis war das Landgericht nach dem von ihm eingenommenen Rechtsstandpunkt - der für die Beurteilung, ob ein Hinweis hätte erteilt werden müssen, maßgeblich ist (BeckOK ZPO/Wulf, § 531 Rn. 18) - nicht gehalten.

Schließlich liegt der Zulassungsgrund gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO nicht vor. Der in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag hätte ohne weiteres in erster Instanz gehalten werden können.

Nach den vorstehenden Ausführungen ist auch dem neuen Beweisantritt nicht nachzugehen. Die in erster Instanz erfolgte Benennung des Zeugen B. geht ins Leere, nachdem nunmehr vorgetragen wird, dass das Telefonat mit Herrn W. geführt worden sein soll.

Der Vortrag des Beklagten ist zudem unter Berücksichtigung weiteren Vortrags rechtlich unerheblich. Der Beklagte trägt nämlich (erstmals) vor, Herr W. habe in dem ersten Telefonat auf die von der Klägerin praktizierte Möglichkeit der Kühlung durch Bewässern hingewiesen; er, der Beklagte, solle ebenso verfahren (BB Seite 9, GA 79). Damit wird die Verteidigung des Beklagten aus zwei Gründen unerheblich. Der Sachverständige hat in den Raum gestellt, dass unter den herrschenden Temperaturbedingungen Kühlungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären. Es ist aber von dem Beklagten nicht vorgetragen worden, dass er solche ausgeführt hätte. Auf diesen Aspekt hat auch die Klägerin hingewiesen, ohne dass hierzu Vortrag des Beklagten erfolgt wäre. Danach steht bereits nicht fest, dass der Mangel tatsächlich durch hohe Temperaturen verursacht ist und der Beklagte nicht durch sorgfältigere Ausführung und Kühlungsmaßnahmen den Mangel hätte vermeiden können. Zudem ist in dem Fall, dass der Besteller auf einen Bedenkenhinweis reagiert, die Anweisung des Bestellers erneut zu prüfen und ist - wenn auch die als Reaktion auf einen ersten Bedenkenhinweis erfolgte Anweisung keine mangelfreie Herstellung ermöglicht - ein weiterer Bedenkenhinweis zu erteilen (BGH, Urt. v. 29.11.1973 - VII ZR 179/71, NJW 1974, 188; Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 21. Auflage, B § 4 Abs. 3 Rn. 26; Kniffka/Jurgeleit/Krause-Allenstein, BauVertragsR, 4. Auflage, § 634 Rn. 51). Der Beklagte trägt nicht vor, dass er im Anschluss an die Reaktion des Herrn W. in dem Telefonat oder im Anschluss an das Telefonat einen Hinweis erteilt hätte.

Der Beklagte räumt nunmehr ein, dass der Bauleiter W. bei Beginn der Betonierarbeiten nicht vor Ort war, sondern erst später ("gegen schätzungsweise14 Uhr") erschienen ist. Neu ist der Vortrag in der Berufung, dass der Beklagte einen telefonischen Hinweis gegenüber Herrn W. erteilt habe. In erster Instanz ist ausdrücklich und dezidiert vorgetragen worden, Herr W. sei von vornherein vor Ort gewesen. Ebenso neu ist der Vortrag zum Inhalt des Hinweises, es seien die Auswirkungen, die Temperaturen auf das Trocknungs- und Aussteifungsverhalten des Betons haben können, erläutert worden und er, der Beklagte, habe erneut klargestellt, dass die Bildung von Betonnestern und Hohllagen nicht ausgeschlossen werden kann, wenn der Beton nicht flüssig genug sei und zu schnell aushärte. Dieser neue Vortrag kann - aus den vorgenannten Gründen - nicht berücksichtigt werden.

Die Berufung trägt vor, schon die Verarbeitung der ersten Betonladung sei nicht "völlig problemlos" verlaufen. Zudem trägt die Berufung vor, der Beklagte sei von dem Fahrer des Betonwagens über die Standzeit der zweiten Ladung informiert worden, nachdem die Pumpe beim Entladen wiederholt verstopft sei. Er habe sich darauf an Herrn W. gewandt, habe die Hinweise auf die bereits geäußerten möglichen Folgen und Risiken wiederholt und sei von Herrn W. vor die Wahl gestellt worden, die Kosten für den angelieferten Beton sowie die Anlieferung und Entsorgung zu übernehmen oder die Betonierarbeiten fortzusetzen; da er, der Beklagte, sich der Übernahme der Kosten verweigert habe, sei er angewiesen worden, die Betonierarbeiten fortzusetzen. Dieser Vortrag ist teilweise neu. In erster Instanz ist lediglich vorgetragen worden, dass bei Eintreffen des zweiten Wagens (also nicht erst nach Beginn des Entladevorgangs) Herrn W. angezeigt worden sei, dass "so eine ordnungsgemäße Herstellung praktisch nicht möglich sei." Neu ist danach insbesondere der Vortrag zum Inhalt der (wiederholten) Hinweise und der Vortrag dazu, dass Herr W. den Beklagten mit zu übernehmenden Kosten konfrontiert habe. Der neue Vortrag kann - aus den vorgenannten Gründen - nicht berücksichtigt werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das Ansinnen von Herrn W. zumindest teilweise berechtigt war, wenn - wovon auszugehen ist - im Vorfeld der Betonierarbeiten kein Hinweis dahin erteilt worden ist, dass die Betonierarbeiten nicht möglich sein würden. Denn nur durch einen frühzeitig erteilten Hinweis konnten die Kosten für die Betonbestellung (nach der Anlage H 11 = 2.427,64 EUR netto) vermieden werden. Im Übrigen hat der Bauleiter W. nach dem Vortrag der Berufung den Bedenkenhinweis nicht zurückgewiesen. Die von ihm eröffnete "Wahlmöglichkeit" durfte der Beklagte nicht dahin verstehen, dass Herr W. nicht standsichere Wände akzeptieren wollte. Er hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass die Einstellung der Arbeiten mit Kosten verbunden ist - für die er den Beklagten als einstandspflichtig angesehen hat - und daher tunlichst ausgeführt werden sollten. Dem ist bei objektiver Sicht keine Zurückweisung des Bedenkenhinweises zu entnehmen.

Ergänzend weist der Senat noch auf Folgendes hin: Die Berufung greift nicht den Vortrag erster Instanz auf, dass die Körnung zu groß gewesen sei. Lediglich ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass die Körnung zuvor bekannt gegeben worden war (E-Mail vom 17.07.2019) und der Sachverständige festgestellt hat, dass das System DuoTherm für die Körnung 0/16 zugelassen ist (Gutachten Seite 6, GA 410).

c)Auf die Frage, ob der Bedenkenhinweis mit haftungsbefreiender Wirkung an Herrn W. als angestellten Bauleiter gerichtet werden konnte (vgl. zu dieser Frage OLG Köln, Urt. v. 23.04.2021 - 32 O 16/19, BeckRS 2021, 39134; OLG Schleswig, Urt. v. 24.05.2019 - 1 U 71/18, BeckRS 2019, 53208) kommt es danach nicht entscheidend an. Allerdings erachtet der Senat die Entscheidung des Landgerichts in diesem Punkt als zutreffend.

Nicht zu folgen vermag der Senat der Ansicht, die Bevollmächtigung zu einer rechtsgeschäftlichen Abnahme beinhalte ohne weiteres auch die Vollmacht, Bedenkenhinweise als passiv Empfangsbevollmächtigter des Vertretenen entgegen zu nehmen. Der Vortrag zu einer Rechtsscheinvollmacht des Herrn W. ist teilweise neu; in erster Instanz ist darauf abgestellt worden, Herr W. sei als Vorgesetzter des während der Betonierarbeiten urlaubsabwesenden Herrn B. tätig. Die Frage, ob Herr W. bevollmächtigt war - die Berufung lässt die konkrete Ausgestaltung einer solchen Vollmacht offen - kann aber dahinstehen.

Denn nach der Rechtsprechung des BGH geht auch in dem Fall, dass ein Vertreter für die Entgegennahme von Bedenkenanzeigen bevollmächtigt ist, die Bedenkenanzeige nicht dem Besteller zu, wenn der Bauleiter selbst für den Mangel verantwortlich ist oder sich den Bedenken verschließt. Nach der Rechtsprechung des BGH führt der Hinweis des Bauunternehmers auf Bedenken gegen die geplante Ausführung gegenüber dem Architekten des Bauherrn dann nicht zu einer Verlagerung des Mängelrisikos auf den Bauherrn, wenn es sich um einen Fehler handelt, den der Architekt zu verantworten hat oder wenn der Architekt sich den berechtigten Einwänden des Bauunternehmers verschließt und auf der Ausführung besteht. In derartigen Fällen entfällt die Verantwortlichkeit des Bauunternehmers nur, wenn er seine Bedenken dem Bauherrn gegenüber äußert (BGH Urt. v. 19.12.1996 - VII ZR 309/95, BauR 1997, 301; BGH, Urt. v. 19.01.1989 - VII ZR 87/88, ZfBR 1989, 164; BGH, Urt. v. 19.01.1989 - VII ZR 87/88, NJW-RR 1989, 721; BGH, Urt. v. 10.11.1977 - VII ZR 252/75, WM 1978, 218; BGH, Urt. v. 29.09.1977 - VII ZR 134/75, BauR 1978, 54; BGH, Urt. v. 10.04.1975 - VII ZR 183/74, WM 1975, 541; BGH, Urt. v. 18.01.1973 - VII ZR 88/70, NJW 1973, 518; BGH, Urt. v. 19.12.1968 - VII ZR 23/66, WM 1969, 398). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken des Vollmachtmissbrauchs. Der Zugang des Hinweises bei dem Architekten wird dem Besteller ausnahmsweise nach den Grundsätzen des Vollmachtsmissbrauchs nicht zugerechnet, wenn der Hinweis für den Unternehmer erkennbar einen Fehler betrifft, den der Architekt zu verantworten hat oder wenn sich der Architekt dem berechtigten Hinweis verschließt (vgl. Thode/Quack, Abnahme und Gewährleistung im Bau- und Bauträgervertrag, Rn. 130). Die Ansicht der Berufung, die Rechtsprechung des BGH gelte nicht, wenn der Bauleiter Stellvertreter, Wissensvertreter oder Arbeitnehmer des Bestellers sei, trifft danach offensichtlich nicht zu. Der Rechtsprechung lagen Fälle zugrunde, in denen eine Vollmacht des Bauleiters grundsätzlich gegeben war. Entgegen der Ansicht der Berufung (und des OLG Köln, a. a. O.) kann die vorgenannte Rechtsprechung auch nicht auf den Fall verengt werden, dass der Bauleiter auf der Grundlage eines Werkvertrags für den Besteller tätig ist. Hierzu heißt es in dem Urteil des BGH vom 10.04.1975 (VII ZR 183/74, juris-Rn. 11):

Die Belehrung muß in Anbetracht ihrer erheblichen Bedeutung grundsätzlich vom Auftragnehmer selbst oder dessen vertragsgemäß befugten Vertreter gegenüber dem Auftraggeber selbst oder dessen befugten Vertreter erfolgen. Sie muß so eindeutig sein, daß die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird. Wird nicht der Auftraggeber, sondern sein befugter Vertreter belehrt und verschließt dieser sich den vorgebrachten Bedenken, so muß sich der Auftragnehmer unmittelbar an den Auftraggeber selbst wenden.

Die Grundsätze der Rechtsprechung gelten somit allgemein für den "befugten Vertreter", zumal es auch in der Sache nicht angemessen wäre, für die Wirkung der Bedenkenanzeige danach zu differenzieren, auf welcher Grundlage die (Empfangs-) Vollmacht des Bauleiters besteht.

5.Die Ausführungen der Berufung zum Mitverschulden gehen ins Leere. Es geht vorliegend nicht um einen "formal nicht ordnungsgemäßen" Bedenkenhinweis. Mangels Vereinbarung der VOB/B spielt die Schriftform keine Rolle. Die Berufung gelangt zu dem Fazit: "Neben einer Enthaftung des Auftragnehmers führt eine wirksame Bedenkenanmeldung ferner zu einem Mitverschulden des Auftraggebers gemäß § 254 Abs. 1 BGB." Der Mitverschuldenseinwand hat danach im vorliegenden Fall keine Bedeutung. Denn der mündliche Bedenkenhinweis hätte zur Enthaftung geführt, wenn er denn inhaltlich ausreichend gewesen und dem Besteller zugegangen wäre.

6.Die Berufung thematisiert nicht die Frage, ob die Klägerin deshalb ein Mitverschulden trifft, weil sie die Ausführung der Betonierarbeiten geplant hat.

Im Ausgangspunkt ist ein Unternehmer nicht gehindert, sich auf ein Mitverschulden des Bestellers zu berufen, nur weil er die ihm obliegende Behinderungsanzeige unterlassen hat (BGH, Urt. v. 18.12.1980 - VII ZR 43/80, BGHZ 79, 180, juris-Rn. 34; Ingenstau/Korbion/Oppler, B § 4 Abs. 3 Rn. 84). Als Mitverschulden der Klägerin könnte hier in Betracht kommen, dass sie die Durchführung der Betonierarbeiten bei hohen Temperaturen geplant hatte. Indessen hat die Klägerin ihre Planung nach dem Vortrag des Beklagten modifiziert, wonach der Beklagte auf zu ergreifende Maßnahmen zur Kühlung des Betons hingewiesen worden ist. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass solche Maßnahmen möglich gewesen wären (Gutachten Seite 13, oben, GA 417). Danach ist aber ein Mitverschulden der Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Ihre Planung war im Grundsatz geeignet, das Werk mangelfrei zur Entstehung zu bringen. Die Umsetzung unter den konkreten Verhältnissen war Sache der (Werk-) Planung des Beklagten; es begründet daher kein Mitverschulden der Klägerin, dass sie nicht - gleichsam an Stelle des Beklagten - die für Betonage unter den gegebenen Temperaturverhältnissen erforderlichen Maßnahmen geplant hat. Sichere Feststellungen zu der Ursache des Mangels erscheinen ohnehin als schwierig, weil keine Unterlagen zur Betonageüberwachung vorliegen, obwohl ein Betoniertagebuch hätte geführt werden müssen (Gutachten Seite 13, GA 417). Hinzu kommt, dass der Beklagte in erster Instanz den Mangel auch darauf zurückgeführt hat, dass mit der Entladung des ersten Wagens nicht zeitnah begonnen wurde. Warum ihn daran kein Verschulden treffen sollte, hat er nicht dargelegt (SS vom 24.07.2020, GA 270).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

Berufungsstreitwert: bis 65.000,00 EUR.