LG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2023 - 17 O 191/22
Fundstelle
openJur 2023, 5103
  • Rkr:
Rubrum

Landgericht Stuttgart

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Stadt Ulm, vertreten durch d. Oberbürgermeister, Marktplatz 1, 89073 Ulm

- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

V... e.V., vertreten durch d. 1. Vorsitzenden Herrn ..., ..., ...

- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

wegen Kennzeichenverletzung, Unterlassung u.a

hat das Landgericht Stuttgart - 17. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht R..., den Richter K... und die Richterin am Landgericht K... aufgrund des Sachstands vom 06.04.2023 für Recht erkannt:

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollziehen am Vorstand, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die

Zeichen "Verschwörhaus" und/oder

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a) als Vereinsnamen

und/oder

b) zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Bereich der Bildung und Weiterbildung, insbesondere der Medienbildung und/oder von Veranstaltungen und/oder zur Beantragung von Förderanträgen im Bereich der Medienbildung

zu verwenden und/oder Dienstleistungen gemäß b) anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollziehen am Vorstand, zu unterlassen, unter dem Domainnamen https://www.verschwörhaus.de und/oder einem gleichnamigen Social Media Account, insbesondere einem Facebook und Twitter und Instagram Account unter dem Zeichen "Verschwörhaus" und/oder

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Dienstleistungen im Bereich der Bildung und Weiterbildung, insbesondere der Medienbildung und/oder von Veranstaltungen zu verwenden anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben.

3. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollziehen am Vorstand, zu unterlassen, Angaben über die betriebliche Herkunft und Verfügbarkeit von Dienstleistungen des Verschwörhauses unter Verwendung von Adressbezeichnungen

und/oder Lichtbildern der Fassade und Räume des Verschwörhauses Weinhof 9, 89073 Ulm zu machen und/oder hierbei dessen Status als "geschlossen" anzuzeigen, wenn dieses geöffnet hat, wenn dies wie folgt geschieht

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4. Der Beklagte wird verurteilt, die vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von € 2.171,50 zu bezahlen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, in die Rücknahme der Widersprüche bei der EUIPO hinsichtlich der Markenanmeldungen UM Bildmarke 018621990

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und der UM Wortmarke 018621986 VERSCHWÖRHAUS einzuwilligen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Die Widerklage wird abgewiesen.

8. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/6, der Beklagte zu 5/6.

9. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 30.000, hinsichtlich des Klageantrages Ziffer 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000, hinsichtlich des Klageantrages Ziffer 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 5.000, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss:

Der Streitwert wird für die Klage auf € 150.000, für die Widerklage auf € 50.000 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche im Zusammenhang mit der Verwendung der Bezeichnung "Verschwörhaus" und des Logos

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geltend.

Die Klägerin und Widerbeklagte (im Folgenden: Klägerin) mietete nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss mit Mietvertrag vom 27./30.6.2016 Räumlichkeiten in dem ehemaligen Sparkassengebäude an der Adresse Weinhof 7-9 mit Mietbeginn zum 1.7.2016 an. Das Gebäude Weinhof 7-9 befindet sich in unmittelbarer Nähe zum sogenannten "Schwörhaus" in Ulm, vor welchem der Oberbürgermeister traditionsgemäß gegenüber der Bürgerschaft jedes Jahr den Schwur auf die Stadtverfassung erneuert.

Der Mietzweck ist in § 4 des Mietvertrages (Anlage K 63) wie folgt definiert:

"Der Mieter wird die angemieteten Räume als Büroflächen für ein digitales Stadtlabor Ulm — eine Art "digitaler Bolzplatz" nutzen und während der Mietzeit dauerhaft betreiben. Dort sollen sich kreative Köpfe, Schüler, Studierende, Gründer und Wirtschaftsvertreter treffen. Es sollen technische Prototypen entwickelt und gebaut werden, Workshops durchgeführt werden sowie Hilfe bei Gründung gegeben werden. Kernthema ist Digitalisierung und IT. Der Mieter möchte gezielt die Möglichkeit anbieten, Räume tageweise und wochenweise für Projekte in oben genanntem Sinn zu vermieten."

Vor Abschluss des Mietvertrages hatte es diverse Treffen zwischen städtischen Vertretern und Herrn S K, der in verschiedenen Gruppierungen aktiv war, die sich mit digitalen Themen beschäftigen, hinsichtlich des Betriebs des digitalen Bolzplatzes gegeben. Im Mai 2016 wandte sich Herr K an die Klägerin und teilte mit, dass er die Klägerin gerne bei der Entwicklung des Stadtlabors und auf dem Weg zur Zukunftsstadt begleiten und die Umsetzung neuer Ideen und Lösungen gestalten würde (vgl. Mail vom 5.5.2016, vorgelegt als Anlage K 37). Am 15.6.2016 wurde Herr K mit einer 50 % Stelle als Mitarbeiter der Klägerin für das "Projekt Stadtlabor" angestellt (Anlage B 9). Ab dem 1.9.2017 bis Ende 2021 war er in Vollzeit bei der Klägerin tätig. Neben Herrn K wurden noch weitere Personen, die als Ehrenamtliche im Bereich der Digitalisierung aktiv waren, in Teilzeit bei der Klägerin angestellt.

Im Juli 2016 wurden die Räumlichkeiten in dem Gebäude Weinhof 9 in Betrieb genommen.

Am 29.10.2016 wurde ein Folienplott "Verschwörhaus" auf den großen Schaufenstern im Erdgeschoss des Gebäudes Weinhof 9 angebracht, wobei streitig ist, auf welche Initiative hin und wer den Auftrag hierzu erteilt hat. Bezahlt wurde die Folie von der Klägerin (vgl. Rechnung vom 28.1.2017, Anlage K 3).

Am 13.8.2019 gründete sich der Beklagte und die Widerklägerin (im Folgenden: Beklagter), die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte im Dezember 2019. Nach § 2 Abs. 2 f) sollte der Satzungszweck u.a. dadurch erreicht werden, dass der Verein die Klägerin bei der Programm- und Projektgestaltung und -durchführung in ihrem Projekt Stadtlabor gemäß der Satzungszwecke a. – e.unterstützt. Diese Passage hat der Beklagte mittlerweile gestrichen.

Am 15.12.2021 meldete die Klägerin die Unionsmarke "Verschwörhaus" sowie die Wortbildmarke

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in den Klassen 16, 25, 35 und 41 an. Gegen die Eintragung legte der Beklagte Widerspruch ein.

Herr S K war ab dem Jahr 2023 nicht mehr bei der Klägerin tätig. Am 19.3.2023 meldete die Klägerin die Bezeichnung "Verschwörhaus" als deutsche Wortmarke für Dienstleistungen in den Klassen 36, 41 und 43 an.

Im April 2022 verhandelten die Parteien über die Neustrukturierung der Zusammenarbeit. Eine Einigung über die konkrete Nutzung der Räumlichkeiten am Weinhof 9 und der Verwendung der Zeichen "Verschwörhaus" und des Logos konnte nicht erzielt werden. Am 13.7.2022 zog der Beklagte aus den Räumlichkeiten am Weinhof 9 aus.

Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben vom 12.8.2022 abmahnen und unter anderem zur Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Zeichen auffordern (Anlage K 20) und stellte Kosten, berechnet aus einem Streitwert von 100.000 € mit einer Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3 in Rechnung (Anlage K 21). Des Weiteren forderte die Klägerin den Beklagten auf, es zu unterlassen, irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen durch Verwendung von Fotos der Fassade des Verschwörhauses am Weinhof 9 in Ulm und deren Öffnungsstatus zu machen (vgl. Abbildung in Antrag Ziffer 3.).

Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, die geltend gemachten Unterlassungsansprüche seien begründet, weil ihr die Rechte an der Bezeichnung "Verschwörhaus" und dem Logo in Form einer Marke kraft Verkehrsgeltung gem. § 4 Nr. 2 MarkenG, einer besonderen Geschäftsbezeichnung gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG, aufgrund eines Namensrechts nach § 12 BGB, sowie (bzgl. des Zeichens "Verschwörhaus" hilfsweise) gestützt auf Urheberrecht zustünden. Das Verhalten des Beklagten sei zudem unter dem Gesichtspunkt der Täuschung über Tatsachen wettbewerbswidrig. Mit dem "Verschwörhaus" sei die von der Klägerin angemietete und der Ulmer Bürgerschaft zur Verfügung gestellte Immobilie an der Adresse Weinhof 9 bezeichnet worden, was bereits der Name "*Haus" nahelege. Die Klägerin meint, seit dem Anbringen der Bezeichnung "Verschwörhaus" an dem Gebäude Weinhof 9 sei das Gebäude öffentlich als "Verschwörhaus" gewidmet und werde von der Klägerin gegenüber der Ulmer Bürgerschaft als solches benannt und von der Bürgerschaft als solches wahrgenommen. Die Einordnung des "Verschwörhauses" als städtische Einrichtung sei von vornherein klar gewesen und deutlich gemacht worden. Die dort stattfindenden Aktivitäten des Beklagten bzw. der von ihm als Community bezeichneten Personen seien der Klägerin zuzurechnen. Es seien im "Verschwörhaus" zudem nicht nur der Beklagte tätig gewesen, sondern auch die Stadt habe zahlreiche Veranstaltungen im "Verschwörhaus" stattfinden lassen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

wie erkannt,

wobei eine Ergänzung bei den Anträgen Ziffer 2. und Ziffer 3. insoweit erfolgt ist, als die Passage "Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollziehen am Vorstand, zu unterlassen", die von der Klägerin versehentlich nur im Klageantrag Ziffer 1 aufgenommen wurde, obwohl sie sich erkennbar auch auf die unter Ziffer 2 und Ziffer 3 formulierten Ansprüche beziehen sollte, hinzugefügt wurde.

Hilfsweise stellt die Klägerin unter Ziffer 1a folgenden Antrag:

als Vereinsnamen seines beim AG Ulm unter der ... eingetragenen Vereins, ohne dass der Beklagte als Förderverein der Klägerin i.S.d § 58 Nr.1 AO verfasst ist und/oder einen Namenszusatz führt, zu verwenden

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt er:

1. Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft biszu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren,zu vollstrecken am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,

im geschäftlichen und/oder nicht geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Beklagtendas Zeichen "Verschwörhaus" oder

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für Dienstleistungen für die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung, einschließlich der Studentenhilfe und die Förderung von Wissenschaft und Forschung, nämlich für die Ausrichtung von Bildungsveranstaltungen, Workshops, Seminaren, Schulungen und Tagungen, für die Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, für die Förderung interdisziplinärer Arbeitsgruppen im digitalen Ehrenamt und die Kontaktvermittlung zwischen solchen Gruppen, für die Entwicklung, Erprobung und Etablierung von Konzepten und Angeboten zur Bildung und Weiterbildung jenseits konventioneller Berufsausbildung und/oder für die Förderung von Wissenschaft und Forschung durch Pilotprojekte interdisziplinärer wissenschaftlicher Art, sowie mit allen vorgenannten Dienstleistungen in Verbindung stehenden Waren

und/oder in Verbindung mit Angeboten für die Digitale Bildung und Entwicklung, damit in Verbindung stehenden Lehrmaterialien, Dienstleistungen einer Bibliothek, eines Lötlabors, einer Holzwerkstatt, einer Medienproduktionsagentur, einer Metallwerkstatt und/oder einer Textilwerkstatt zu benutzen.

2. Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, an den Widerkläger für die außergerichtlicheRechtsverteidigung erforderliche Kosten in Höhe von € 2.171,50 zu bezahlen.

3. Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zuvollstrecken am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unterdem Zeichen "Verschwörhaus" mit irreführenden Fünf-Sterne-Bewertungen aus dem Zeitraum vor Juli 2022 zu werben, wenn dies geschieht wie in der Anlage B 49 dargestellt,

hilfsweise:

Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zuvollstrecken am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unterdem Zeichen "Verschwörhaus" mit Fünf-Sterne-Bewertungen aus dem Zeitraum vor Juli2022 zu werben, wenn dies geschieht wie in der Anlage B 49 dargestellt,

4. Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, alle erforderlichen Handlungen vorzunehmen, umdie in der Anlage B49 aufgelisteten Bewertungen von vor Juli 2022 auf das Profil des Beklagten überzuleiten, insbesondere entsprechende Willenserklärungen gegenüber derGoogle Ireland Ltd., Gordon House, Barrow Street, Dublin 4, Irland abzugeben.

5. Die Widerbeklagte wird dazu verurteilt, die Anmeldung der deutschen Marke "VERSCHWÖRHAUS" DE 3020230008032 mit dem Anmeldetag vom 19.01.2023 zurückzunehmen, im Falle der Eintragung in die Löschung einzuwilligen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, ihm stünden die prioritätsälteren Rechte an der Bezeichnung "Verschwörhaus" und dem Logo zu. Er trägt im Wesentlichen vor, bereits im Jahr 2015 hätten mehrere Ehrenamtliche, die bereits in anderen Gruppierungen wie der UlmAPI-Gruppe bzw. der datalove-Gruppe und der Jugend hackt-Organisationsgruppe auf dem Gebiet der digitalen Transformation zusammengearbeitet hätten, den Entschluss gefasst, eine neue, selbständige, Community mit dem Ziel der Förderung der digitalen Bildung zu gründen. Die Community habe sich bereits im Jahr 2015 den Namen "Verschwörhaus" gegeben und diesen auch nach außen hin kommuniziert. Die Mitglieder der Community hätten zur Verwirklichung des Projekts vereinbarungsgemäß Arbeits- und Freizeit aufgewendet sowie sachliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt. Hierdurch sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden, jedenfalls habe sich die Community zu einer namensfähigen Organisation verfestigt, welche die Rechte an den streitgegenständlichen Zeichen erworben habe. Auf diese Priorität könne sich der Beklagte als Rechtsnachfolger der Community berufen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe die Bezeichnung "Verschwörhaus" nicht markenmäßig benutzt, allein eine referenzierende Bezugnahme auf die Tätigkeit des Beklagten genüge hierfür nicht. "Verschwörhaus" sei auch keine Orts- oder Etablissementbezeichnung und werde auch nicht als solche verstanden. Alle in dem Gebäudekomplex Weinhof 9 Tätigen, selbst die Geschäftsstelle der Klägerin "Digitale Agenda" bezeichneten das Gebäude nicht so, sondern mit der Angabe "Weinhof 9".

Der Beklagte meint, dass jedenfalls angesichts der klägerischen Förderung der Aktivitäten der Community und angesichts ihres Hinwirkens auf die Vereinsgründung sowie die jahrelange Duldung zunächst der Benennung durch die Community und später durch den Verein die Geltendmachung der Ansprüche rechtsmissbräuchlich und treuwidrig sei.

Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Die Parteien haben am 24.1.2023 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt (Bl. 285 d.A.). Das Gericht hat den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, zuletzt mit Beschluss vom 8.3.2023 auf den 6.4.2023 bestimmt (Bl. 368 d.A.).

Gründe

Die Klage ist ganz überwiegend begründet, die Widerklage ist unbegründet.

I.

Klage

Die Klage ist zulässig und insoweit begründet, als die Ansprüche auf Rechte an den streitgegenständlichen Zeichen nach § 12 BGB gestützt werden.

Klageantrag Ziffer 1:

Die Klägerin kann von dem Beklagten gem. §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 BGB Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Zeichen "Verschwörhaus" und des Logos

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als Vereinsname (Tenor Ziffer 1 a.) und zur Kennzeichnung von Dienstleistungen oder Veranstaltungen oder zur Beantragung von Förderanträgen im Bereich der Medienbildung wie im Tenor Ziffer 1 b. genauer beschrieben, verlangen.

Der Klägerin stehen an den streitgegenständlichen Zeichen Namensrechte nach § 12 BGB im Sinne einer Etablissementbezeichnung zu. Diese Rechte sind prioritätsälter als etwaige Rechte auf Beklagtenseite.

1. Namensschutz nach § 12 BGB können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel Städte und Gemeinden in Anspruch nehmen. Dabei unterfallen dem Schutz des § 12 BGB auch Geschäftsbezeichnungen und Kennzeichen, die unabhängig vom gesetzlichen Namen oder der Firma geführt werden, wenn sie Namensfunktion besitzen. Das kann insbesondere auf sogenannte Etablissementbezeichnungen zutreffen (vgl. Grüneberg, 82. Auflage 2023, BGB, § 12 Rn. 10 f.; BeckOGK/Niebel, 1.2.2023, BGB § 12 Rn. 38). Etablissementbezeichnungen sind solche Zeichen, die nicht subjektiv auf den Unternehmensträger, sondern objektiv auf dessen Geschäftsbetrieb hinweisen, beispielsweise eine Gaststätte oder einen Veranstaltungsort (vgl. LG Hamburg, BeckRS 2016, 135245 Rn. 41 ff. – Elbphilharmonie). Objekt der Bezeichnung kann dabei – wie bei den besonderen Unternehmensbezeichnungen i.S.d. § 5 Abs. 2 MarkenG – auch ein bestimmter Geschäftszweig eines Unternehmens sein, wenn dieser über eine hinreichende organisatorische Selbständigkeit verfügt oder jedenfalls abgrenzbar ist (vgl. BeckOK MarkenR/Weiler, 32. Ed. 1.1.2023, § 5 Rn. 47; MüKoBGB/Säcker, 9. Aufl. 2021, BGB § 12 Rn. 27, 28; Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB 4. Aufl. 2021, BGB § 12 Rn. 75 f.; LG Hamburg, BeckRS 2016, 135245 Rn. 41). Für die Abgrenzbarkeit ist darauf abzustellen, ob sich der Unternehmensteil hinreichend verfestigt und institutionalisiert hat, wobei eigene räumliche oder personelle Mittel ein Indiz sein können. Entscheidend für die Abgrenzbarkeit des Unternehmensteils sind letztlich die organisatorische Gestaltung innerhalb des Unternehmens und die Wahrnehmung des Verkehrs (vgl. BeckOK MarkenR/Weiler, a.a.O., Rn. 47). Inhaber des Namensrechts ist derjenige, der sich den Namen beigelegt hat. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles (vgl. Grüneberg, a.a.O., Rn. 11 zur Frage, ob Inhaber des Namensrechts bei einer Gaststättenbezeichnung der Pächter oder Verpächter ist).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von einem Namensrecht der Klägerin nach § 12 BGB an der Bezeichnung "Verschwörhaus" und dem Logo

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im Sinne einer Etablissementbezeichnung der Räumlichkeiten an der Adresse Weinhof 9 auszugehen.

a) Bei dem an der Adresse Weinhof 9 in Ulm betriebenen "Verschwörhaus" handelt es sich um ein gesondert ausgewiesenes Projekt der Klägerin, das mit besonderen Mitteln ausgestattet ist und in der Organisation der Klägerin explizit aufgeführt wird (vgl. das Organigramm der Klägerin, abgebildet auf S. 6 der Beschlussvorlage an den Gemeinderat vom 16.3.2017, vorgelegt als Anlage K 32) und somit als städtische Einrichtung zur namensmäßigen Unterscheidung mit einer eigenen Bezeichnung versehen werden kann. Der Gemeinderat der Klägerin hat gemäß der Beschlussvorlage vom 28.4.2016 (Anlage K 1) bewilligt, dass für das Projekt – dort noch als "Stadtlabor" bezeichnet – eigens Räumlichkeiten angemietet werden sollen. Dies ist mit Abschluss des Mietvertrages vom 27./30.6.2016, vorgelegt als Anlage K 63, geschehen. Des Weiteren wurde eine Anschubfinanzierung in Höhe von 70.000 € bewilligt und eine Projektstelle zur (Weiter-)Entwicklung des Projekts eingerichtet, die ab dem 15.6.2016 mit Herrn S K besetzt wurde.

b) Für die Kennzeichnung dieses "Etablissements" mit einem Namen besteht, wie bei anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit zugänglich und gerade für diese gedacht sind (Gaststätten, Schwimmbäder etc.), ein Bedürfnis. Mit dem "Stadtlabor" sollte ausweislich der als Anlage K 1 vorgelegten Beschlussvorlage an den Gemeinderat der Klägerin ein Ort der Vernetzung, des Austausches, der Innovation und kreativen Entwicklung geschaffen werden; ein Haus, in dem sich kreative Köpfe, Schüler, Studierende, Gründer, Wirtschaftsvertreter aufhalten, ein Treffpunkt, an dem technische Prototypen entwickelt und gebaut werden, Geschäftsmodelle und Workshops durchgeführt werden sowie Tipps und Ideen für neue Gründungen diskutiert werden. Dass dieser Ort von den Ulmer Bürgern und sonstigen Interessierten leicht gefunden werden muss, um seine Funktion als offenes Haus für Jedermann und nicht nur für Eingeweihte erfüllen zu können, liegt auf der Hand. Insofern besteht zum einen das Erfordernis einer Bezeichnung dieses Ortes und zum anderen muss diese Bezeichnung, wie bei anderen, für die Öffentlichkeit bereitgestellten Einrichtungen, gut sichtbar sein.

c) Die Räumlichkeiten Am Weinhof 9 wurden nach Beginn ihrer Nutzung im Sommer 2016 und seit ihrer Kennzeichnung Ende Oktober 2016 mit den streitgegenständlichen Zeichen auf dem Schaufenster als "Verschwörhaus" wahrgenommen.

(i) Wie sich aus den von den Parteien vorgelegten Abbildungen und aus anderen öffentlich zugänglichen Fotografien ergibt, ist das Erdgeschoss des Gebäudes Weinhof 9 an den Seiten, die auf die Straße zeigen, gänzlich mit Schaufenstern versehen. Der Frontbereich des Erdgeschosses wirkt wie ein Schaukasten, an dem sich seitlich direkt der Eingang befindet. Belegt waren die Räumlichkeiten ab Mietbeginn zunächst nur, jedenfalls insbesondere, mit den sogenannten Ehrenamtlichen, die sich als "Community" sehen. Deren Betätigungsbereich in den Räumlichkeiten war der Bereich, der von außen durch die Schaufenster sichtbar war.

(ii) Der Schriftzug "Verschwörhaus" wurde Ende Oktober 2016 an dem Schaufenster der Gebäudefront oben mittig angebracht. Eine andere Bezeichnung für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss gab es nirgends. Jemand, der sich – wie vorgesehen – an diesem Ort engagieren und beteiligen wollte und den "digitalen Bolzplatz" oder das "Stadtlabor (siehe zur Verwendung dieser Bezeichnungen z.B. in einem Artikel in der Südwestpresse am 11.5.2016, vorgelegt als Anlage K 7) an der Adresse Weinhof 9 aufsuchte, fand ab Inbetriebnahme der Räumlichkeiten 2016 daher an dieser Adresse nur das "Verschwörhaus". Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss am Weinhof 9, die auf dem Schaufenster der Gebäudefront gut sichtbar als "Verschwörhaus" bezeichnet waren, stellten aus Sicht eines interessierten Bürgers von Anfang das "Verschwörhaus" dar. Andere Räumlichkeiten, die die Funktion des angekündigten digitalen Bolzplatzes oder des Stadtlabors hätten erfüllen können, gab und gibt es nicht.

d) Die Klägerin benutzte die Bezeichnung "Verschwörhaus" und das Logo seitdem kontinuierlich in ihrer internen Kommunikation und nach außen: So verwendete die Klägerin beispielsweise in der Beschlussvorlage an den Gemeinderat vom 16.3.2017 (Anlage K 7) für ihren Bericht über das Stadtlabor bereits die Überschrift "Stadtlabor im Weinhof 9: "Verschwörhaus" und spricht von "der Einrichtung des Verschwörhauses" (S. 5 der als Anlage K 7 vorgelegten Beschlussvorlage unter Ziffer 3.2). In der Presse wurde ebenfalls vom "Verschwörhaus" als digitaler Bolzplatz berichtet (vgl. z.B. Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 8.2.2017, vorgelegt als Anlage K 72). Auch gegenüber der Bürgerschaft wurde in zahlreichen Veranstaltungsnachweisen als Ausführungsort durchgehend "Verschwörhaus", und nicht "Stadtlabor" angegeben (vgl. z.B. Anlagen K 11-12, 25-27, 36, 74, 75, 76, 80, 82). Die Räumlichkeiten am Weinhof 9 werden auch in diversen Internetauftritten u.a. der Klägerin als "Verschwörhaus" bezeichnet (vgl. z.B. Anlagen K 82, Screenshot vom 3.4.2019; Auftritt unter www.verschwoerhaus.ulm.de, Hinweis unter www.service-bw.de). Von Stadtlabor ist keine Rede mehr.

3. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der Bezeichnung "Verschwörhaus" um eine unterscheidungskräftige Bezeichnung handelt, ist das Recht an der Bezeichnung "Verschwörhaus" als Etablissementbezeichnung mit der Bezeichnung der Räumlichkeiten Weinhof 9, in welchen die Aktivitäten stattfanden, entstanden. Da das Logo - ein abstrahiertes Haus – dort immer in Kombination mit dem Zeichen "Verschwörhaus" verwendet wurde, bezieht sich das Namensrecht aus § 12 BGB auch auf diesen Teil (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation MüKoBGB/Säcker, 9. Aufl. 2021, BGB § 12 Rn. 29).

4. Die Bezeichnung "Verschwörhaus" und das Logo stehen der Klägerin zu.

Die Ehrenamtlichen hatten vor Eröffnung der Räumlichkeiten am Weinhof 9 im Juli 2016 nicht bereits Rechte an der Bezeichnung "Verschwörhaus" erworben. Soweit die Beklagtenseite vorträgt, es habe bereits seit Ende 2015 eine Community existiert, die sich den Namen "Verschwörhaus" gegeben habe und der Ansicht ist, deren Priorität könne der Beklagte als Rechtsnachfolger der Community in Anspruch nehmen, teilt die Kammer diese Beurteilung nicht.

a) Von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die grundsätzlich Träger eines Namensrechts sein kann, ist bei der sogenannten "Community" bereits deshalb nicht auszugehen, weil der Beklagte selbst vorträgt, bei den Aktiven habe es sich um "Ehrenamtliche" gehandelt, deren Anzahl und Umfang der Beteiligung an dem Projekt variiert hätte. Zudem sei die Community aus der Hochschulgruppe datalove hervorgegangen, einer Gruppierung, bei der es sich gerade nicht um eine GbR handelt, sodass unter Berücksichtigung aller Umstände nicht auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen bei den als Community-Mitglieder angegebenen Personen geschlossen werden kann.

b) Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass selbst nichtrechtsfähige Gebilde Namensschutz nach § 12 BGB für sich in Anspruch nehmen können. Dann muss es sich aber zumindest um eine hinreichend abgegrenzte und dauerhaft verselbständigte Einheit handeln (vgl. Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, a.a.O., Rn. 72). Hinzukommen muss, dass die entsprechende Personenvereinigung unter einem Gesamtnamen nach außen auftritt (vgl. Grüneberg, a.a.O., Rn. 9).

c) Im Zeitraum 2015 bis Oktober 2016, bevor der Folienplott mit der Bezeichnung "Verschwörhaus" an das Schaufenster der Räumlichkeiten im Weinhof 9 angebracht wurde, fehlt es bereits an einer nach außen als "Verschwörhaus" auftretenden Gruppierung. Aus den von der Beklagtenseite vorgelegten Unterlagen lässt sich dies nicht entnehmen:

(i) In der Präsentation des Herrn S K, vorgestellt im Rathaus am 2.9.2015 (Anlage B 2), findet sich die Bezeichnung "Verschwörhaus" entgegen der Ausführungen der Beklagtenseite nicht.

(ii) Soweit die Beklagtenseite auf die als Anlage B 3 – B 6 vorgelegten Mails des Herrn S K vom 30.11.2015, 9.1.2016, 21.1.2016 und 19.2.2016 mit städtischen Mitarbeitern verweist, in welchen von "Verschwörhaus" die Rede ist, wird die Bezeichnung "Verschwörhaus" dort nicht, jedenfalls nicht hinreichend deutlich, als Bezeichnung einer Gruppierung verwendet, sondern ist vielmehr von einer Bezeichnung des Ortes auszugehen, an dem das mit der Klägerin geplante Projekt durchgeführt werden soll (vgl. z.B. den Betreff in der Mail vom 30.11.2015 "Profile iHouse", Anlage B 3, und den Verweis auf ein "Konzept IHouse").

(iii) In der Mail des Herrn S K an die Stadt vom 5.5.2016 (Anlage K 37), in welcher er sich um eine "Stelle im Stadtlabor" bewirbt, wird der Name "Verschwörhaus" geschweige denn eine Community namens "Verschwörhaus" ebenfalls überhaupt nicht erwähnt, obwohl diese bereits seit einem halben Jahr existiert haben soll. Wohl aber weist Herr K auf sein Engagement in der open Data-Arbeitsgruppe "datalove" und anderen Gruppierungen hin.

(iv) Aus dem auf Seite 13 der Klageerwiderung vom 27.10.2022 (Bl. 55 d.A.) wiedergegebenen Tweet vom 28.4.2016 mit dem Inhalt

"Topfschlagen also baldmöglichst, sobald alle Civic-Tech-Initiativen in die Räume am Weinhof ziehen können! #stadtlabor #verschwörhaus"

ergibt sich ebenfalls kein Hinweis auf die Existenz einer Community mit dem Namen "Verschwörhaus". Der Tweet stammt von der Gruppierung Ulm/API und ist in zeitlicher Hinsicht nach Bekanntwerden der Anmietung der Räumlichkeiten an der Adresse Weinhof 9 erfolgt, weshalb in der Bezeichnung "Verschwörhaus" wieder lediglich ein Hinweis auf die Örtlichkeit des Projekts "Stadtlabor/Verschwörhaus" zu sehen ist.

(v) Die Existenz des Twitteraccounts "verschwoerhaus" seit Juli 2016 (vgl. Screenshot, vorgelegt als Anlage B 16) liefert ebenfalls keinen Hinweis auf die Existenz einer namensfähigen "Verschwörhaus"-Community zu diesem Zeitpunkt. Es wird vielmehr wieder auf die Örtlichkeit Bezug genommen, indem es u.a. heißt: "das #Verschwörhaus in Ulm – Das Experimentierfeld für die Welt von morgen!"

(vi) Der Tweed vom 20.7.2016 (vgl. Seite 9 des Schriftsatzes vom 6.3.2023, Bl. 295 d.A.)

"Heute: Uralte Hausverkabelung debuggen:D"

und darunter ein Foto, welches zwei Personen zeigt, die an den Kabeln in den Räumlichkeiten des Verschwörhauses arbeiten, belegt ebenfalls nicht, dass es eine Community gibt, die sich den Namen "Verschwörhaus" gegeben hat. Wieder wird der Bezug zu den Räumlichkeiten hergestellt.

(vii) In dem als Anlage K 46 vorgelegten Dokument "Wettbewerb Zukunftsstadt Vision 2030+ Vorhabensbeschreibung Stadt Ulm" vom 22.8.2016 – zu diesem Zeitpunkt waren die Ehrenamtlichen bereits am Weinhof 9 vor Ort – ist im Zusammenhang mit dem Projekt Stadtlabor ebenfalls keine Rede von einer "Verschwörhaus" Community. Vielmehr wird als einer der zivilgesellschaftlichen Akteure und inhaltlichen Kooperationspartner die Datalove-Hochschulgruppe unter Angabe des Herrn S K aufgeführt.

(viii) In den als Anlage B 56 vorgelegten Unterlagen zu Förderanträgen, die die Community als "Verschwörhaus" gestellt haben will, wird die Bezeichnung "Verschwörhaus" ebenfalls nur als Ortsangabe verwendet (so ausdrücklich die Angabe unter "wo:", wobei unter "Orga:" und "Wer:" andere Personen/andere Gruppierungen angegeben werden).

(ix) Sofern – zugunsten des Beklagten unterstellt – es tatsächlich einen Entwurf einer Vereinssatzung vom 30.8.2016/23.7.2017 (vgl. Anlage B 60) gibt, welcher unter § 1 Ziff. 1. bestimmt, dass der Verein den Namen "Verschwörhaus" trägt, handelt es sich um eine ausdrücklich als nicht endgültig bezeichnete Maßnahme ("Entwurf"), der der für den Erwerb eines Namensrechts erforderliche Außenbezug fehlt.

Die Auswertung des Beklagtenvortrags lässt in dem hier begutachteten Zeitraum bis zur "Kennzeichnung" der Räumlichkeiten Ende Oktober 2016 die Annahme einer hinreichend verfestigten Gruppierung, die unter einem einheitlichen Namen "Verschwörhaus" auftritt, nach alledem nicht zu. Es fehlt insbesondere an der Abgrenzung einer etwaigen Gruppierung von der bereits bestehenden und im Zeitraum 2015 und 2016 ebenfalls im Zusammenhang mit dem Projekt Stadtlabor erwähnten Gruppierung datalove/UlmAPI sowie an einem deutlichen, als Gruppe unter dem Namen "Verschwörhaus" erfolgten Auftritt nach außen. Es kommt nicht auf den inneren Willen der einzelnen Akteure, sondern dessen Erkennbarkeit für Außenstehende an. Für Außenstehende war die Existenz einer Gruppierung, die den Namen "Verschwörhaus" trägt, in diesem Zeitraum indes nicht erkennbar.

d) Auch mit dem "Einzug" der Ehrenamtlichen in die Räumlichkeiten am Weinhof 9 und der Kennzeichnung der Räumlichkeiten durch Anbringung des "Verschwörhaus"-Schriftzuges sind keine Rechte der "Community" entstanden. Dies auch unter Berücksichtigung des unstreitig durch die Ehrenamtlichen dort erbrachten Engagements. Die dort stattfindenden Aktivitäten begründeten vielmehr die Etablissementbezeichnung "Verschwörhaus" nebst Logo zugunsten der Klägerin nach § 12 BGB.

Zwar könnte mit der regelmäßigen Präsenz und den Aktivitäten der Ehrenamtlichen in den Räumlichkeiten das Entstehen eines Namensrechts an den streitgegenständlichen Zeichen zugunsten einer "Community" grundsätzlich in Frage kommen.

Dies ist jedoch angesichts der besonderen Umstände hier nicht so:

(i) Ein entscheidender Aspekt ist, dass sich das "Stadtlabor", das am Weinhof 9 entstehen sollte, unmittelbar mit seiner Eröffnung aufgrund der prominenten Kennzeichnung auf der Schaufensterfront Ende Oktober 2016 als "Verschwörhaus" dargestellt hat. Eine andere Einrichtung namens "Stadtlabor" existierte daneben tatsächlich nie. Daher war klar, dass es sich bei dem "Verschwörhaus" um die Einrichtung handelte, die die Klägerin mit dem Stadtlabor intendiert hatte.

(ii) Weiter ist von Gewicht, dass die Ehrenamtlichen nicht in eine bereits bestehende Einrichtung eingezogen sind, um dort als eine Gruppe von mehreren eine bereits vorhandene (Infra-)Struktur zu nutzen und sich – dem "Stadtlabor"-Konzept der Klägerin entsprechend – auszuprobieren. Es waren vielmehr im Wesentlichen die Ehrenamtlichen und Herr S K, die diese Strukturen überhaupt erst geschaffen haben und während des Betriebs des Hauses kontinuierlich gepflegt haben. Hierbei haben sie indes überwiegend von der Klägerin zur Verfügung gestellte Mittel in Form der Räumlichkeiten, Maschinen, Möbel und Gelder genutzt. Den Folienplott mit den streitgegenständlichen Zeichen, der an den Räumlichkeiten angebracht war und die Gestaltung des Logos hat ebenfalls die Klägerin bezahlt. Ohne die Mittel der Klägerin und die – kostenlose – Nutzung der Räumlichkeiten hätten die Ehrenamtlichen überhaupt nicht in dieser Form und in diesem Umfang tätig werden können.

(iii) Der vorliegende Fall ist zudem insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass von Anbeginn der konkreten Phase der Durchführung des Projekts "digitaler Bolzplatz/Stadtlabor" Herr S K beteiligt war, der einerseits einer der Initiatoren der in den Räumlichkeiten tätigen Ehrenamtlichen und "Community-Mitglied" ist bzw. damals war, der andererseits aber noch vor Eröffnung der Räumlichkeiten am Weinhof 9 bei der Klägerin für das Projekt "Stadtlabor" angestellt wurde und in der Folge für die Dauer von insgesamt mehr als 5 Jahren für die Klägerin tätig war.

(iv) Das "Verschwörhaus" war in der Organisationsstruktur bei der Klägerin unter der Leitung von Herr S K fest verankert (vgl. z.B. das Organigramm auf Seite 17 der Klageschrift vom 5.1.2023 (Bl. 17 der Akte). Ein "Stadtlabor" tauchte in der Organisationsstruktur der Klägerin nirgends auf. Es existierte nur das "Verschwörhaus".

(v) Herr S K selbst präsentierte das "Verschwörhaus" in zahlreichen Fällen in städtischen Gremien und nach außen nicht als eine Community, die diesen Namen trägt, sondern als eine Einrichtung, und zwar eine solche der Klägerin. Etwas Anderes lässt sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen (vgl. nur beispielhaft die als Anlage K 38 vorgelegten Folien des Herrn K für eine Gemeinderatsklausur 2018). Im Juni 2018 verfasste Herr S K selbst einen ausführlichen Text über das "Verschwörhaus" für die Homepage der Klägerin, in welchem er das Verschwörhaus als "Leuchtturmprojekt" und "Ort" und "Raum" beschrieb und ausführte, dass die Einrichtung des Verschwörhauses im Rahmen der Beteiligung der Klägerin am Programm "Zukunftsstadt" erfolgt ist (vgl. die als Anlage K 41 vorgelegte Mail des Herrn S K an eine Mitarbeiterin der Klägerin mit dem Betreff: "AW: Text für Verschwörhaushomepage").

(vi) In den als Anlage B 15 vorgelegten, an die Klägerin gerichteten Schreiben (Letter of Intent vom 15.12.2017 und 2.8.2018) wird das "Verschwörhaus" ebenfalls explizit als "ein von der Stadt getragener und unterstützter Ort für netzkulturelle Programme und Diskurse" und "Raum" bzw. als "digitales Stadtlabor der Stadt Ulm" bezeichnet. Bei der Bewertung des Aspekts, dass die Schreiben, die von Herrn S K (15.12.2017) bzw. Herrn M R (2.8.2018), der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bei der Klägerin beschäftigt war, unterschrieben sind, das Logo und die Bezeichnung "Verschwörhaus" im Briefkopf zeigen und in den Schreiben von "Kooperationspartner" (Schreiben vom 15.12.2017 am Ende) und "Community" bzw. "Gruppe von 20-30 Freiwilligen" (Schreiben vom 2.8.2018 im ersten und zweiten Absatz) die Rede ist, muss berücksichtigt werden, dass es sich hier lediglich um Schriftverkehr mit der Klägerin und nicht mit einer außerhalb dieser Konstellation angesiedelten Person oder Stelle handelt.

Herr S K in seiner Zwitterstellung und die im Verschwörhaus tätigen Ehrenamtlichen haben also selbst dazu beigetragen, dass das "Verschwörhaus" als städtische Einrichtung für digitale Bildung etabliert, bekannt und beliebt wird.

e) Unter Berücksichtigung dieser Umstände gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Zeichen trotz des unstreitig erbrachten Engagements der Ehrenamtlichen nicht einer etwaigen Community als Vorläufer des Beklagten zugeordnet werden können. Es fehlt an einer ausreichend klaren Abgrenzung auf Beklagtenseite, die angesichts der Beschäftigung des Herrn S K bei der Klägerin ohne weiteres möglich und gerade notwendig gewesen wäre, dahingehend, dass mit der gut sichtbaren Bezeichnung "Verschwörhaus" und dem Logo an den Räumlichkeiten Weinhof 9 nicht die Örtlichkeit – die aufgrund der oben aufgeführten tatsächlichen Gegebenheiten als städtische wahrgenommen wurde –- bezeichnet wird, sondern lediglich die Ehrenamtlichen gemeint sind, die sich in den Räumlichkeiten aufhalten und diese mit Leben füllen.

Entscheidend ist auch hier wieder nicht die innere Sicht der Mitglieder der Community, sondern wie die Community aufgetreten ist. Der Auftritt der Ehrenamtlichen nach außen fand aber über ihre Präsenz in den mit "Verschwörhaus" gekennzeichneten Räumlichkeiten am Weinhof 9 statt. Die Inhalte, die die Ehrenamtlichen über die Domain www.verschwoerhaus.de und die unter dieser Bezeichnung eingerichteten Social Media-Accounts verbreiteten, bezogen sich ebenfalls auf Aktivitäten im "Verschwörhaus" am Weinhof 9, sodass auch hier wieder die Ehrenamtlichen selbst den Bezug zu der Einrichtung "Verschwörhaus" und nicht zu einer hiervon unabhängigen Community hergestellt haben.

(i) Soweit vorgetragen wird, die Bezeichnung "Verschwörhaus" oder das Logo sei von Beklagtenseite außerhalb der Räumlichkeiten am Weinhof 9 verwendet worden, indem die Ehrenamtlichen beispielsweise gemeinsam mit Herrn S K bei einer Veranstaltung am 21.7.2017 an der Universität Ulm die Aktivitäten des Verschwörhauses mit einem Banner und Werbematerial vorgestellt hätten, findet dieser Vortrag keine Bestätigung in dem hierzu in der Klageerwiderung vom 27.10.2022 auf Seite 42 abgebildeten Foto. Zu sehen sind zwei Aufsteller mit der Bezeichnung "Civic Tech" und "Digital Literacy", aber keiner mit der Bezeichnung "Verschwörhaus". Bleiben nur die Veranstaltung am 14.11.2018 (LoRaWAN/TheThingsNetwork in Stuttgart) und am 2.6.2018 bei der Maker Faire Bodensee sowie die Veranstaltungen des Chaos Computer Clubs und Chaos Communication Camps im Jahr 2019. Auch wenn die Ehrenamtlichen dort mit Bannern zugegen waren, welche die streitgegenständlichen Zeichen zeigen, waren zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 2018, die streitgegenständlichen Zeichen bereits untrennbar mit der Lokalität am Weinhof 9 verbunden, sodass – unabhängig davon, dass dann schon die Rechte auf Seiten der Klägerin bestanden – diese Präsentationen zwei Jahre später nicht mehr als Auftritt einer unabhängig von der städtischen Einrichtung agierenden Community aufgefasst werden konnten.

(ii) Es ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen zwar, dass mit Herrn S K die Gründung eines Vereins thematisiert wurde. Dass – jedenfalls zunächst - keine vollständige Unabhängigkeit der auf Seiten des Beklagten agierenden Personen von der Klägerin bestehen sollte, sondern die Klägerin vielmehr die Zügel in der Hand behalten wollte, ergibt sich aus der Mailkorrespondenz zwischen Herrn S K und dem Oberbürgermeister der Klägerin, Herrn C, vom 7.9.2016 (Anlage K 31). Dort wird Herrn S K explizit mitgeteilt, dass zunächst weiterhin die Klägerin sicherstellen müsse, dass in den Räumen am Weinhof das mit der Sparkasse Vereinbarte passiere (Betrieb eines "Stadtlabors"). Des Weiteren thematisiert Herr C, dass noch nicht feststehe, wer die Akteure dieses Vereins seien. Es sollte daher explizit noch kein Verein gegründet werden. Aus der Korrespondenz geht also hervor, dass die Klägerin der Gründung eines Vereins aufgeschlossen gegenüberstand. Die Klägerin macht aber auch deutlich, dass es im Falle der "Verselbständigung" der Ehrenamtlichen hinsichtlich der Nutzung und des Betriebs des Verschwörhauses einer Regelung bedarf. Zu einer solchen Regelung ist es unstreitig nie gekommen.

5. Der Umstand, dass die Klägerin sich nach der schließlich im Sommer 2019 durch Herrn S K initiierten Gründung des Beklagten zunächst nicht gegen den Namen "Verschwörhaus e.V." wendete, steht dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen.

a) Die Duldung der Gründung des Beklagten mit der Bezeichnung "Verschwörhaus e.V." erfolgte deshalb, weil die Zusammenarbeit zwischen den Parteien aus Sicht der Klägerin damals noch zufriedenstellend funktionierte. Die Art und der Umfang der Zusammenarbeit wird von der Klägerin ausführlich dargestellt in der Beschlussvorlage an den Gemeinderat vom 8.10.2020 (vorgelegt als Anlage B 38). Hier wird unter anderem auch wieder aufgezeigt, dass es ein "Verschwörhaus" gibt und im Unterschied dazu eine sich dort in hohem Maße engagierende – namentlich nicht bezeichnete – Gruppe von Ehrenamtlichen.

b) Im Zeitpunkt der Gründung des Beklagten war die Unterstützung der Klägerin durch den Beklagten auch noch unter Ziffer 2 Abs. 2 f. in der Vereinssatzung verankert (Anlage K 13). Dieser Abschnitt der Satzung wurde mittlerweile von Beklagtenseite gestrichen.

c) Nachdem die Mitglieder des Beklagten die Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr in der bisherigen Form und in den Räumlichkeiten am Weinhof 9 fortsetzten, war die Grundlage für die bisher erfolgte Duldung entfallen und steht eine solche der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht mehr entgegen.

6. Indem der Beklagte die Bezeichnung "Verschwörhaus e.V." führt und die streitgegenständlichen Zeichen weiterhin für Aktivitäten im Bereich der digitalen Bildung nutzt, verletzt er die Rechte der Klägerin an den streitgegenständlichen Zeichen gem. § 12 BGB.

Es besteht die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung. Nachdem die Klägerin im "Verschwörhaus" weiterhin Veranstaltungen im Bereich der digitalen Bildung stattfinden lässt und die Räumlichkeiten weiterhin als digitalen Bolzplatz zur Verfügung stellt und der Beklagte unter dieser Bezeichnung ebenfalls Aktivitäten im Bereich der Medienbildung in Ulm anbietet, lässt sich eine Verwechslungsgefahr nicht vermeiden. Es könnte angenommen werden, dass die Aktivitäten, die bisher nur im "Verschwörhaus" stattfanden, nun von der Klägerin auch außerhalb der Räumlichkeiten am Weinhof 9 angeboten werden, was nicht der Fall ist. Es könnte zudem der ebenfalls unrichtige Eindruck entstehen, dass die Klägerin dem Gebrauch der streitgegenständlichen Zeichen durch den Beklagten zugestimmt hat, was auch nicht der Fall ist. Existiert in Ulm ein Verein, der unter dem gleichen Namen Aktivitäten durchführt und Leistungen im Bereich der Medienbildung anbietet, besteht zudem die Gefahr, dass das "Verschwörhaus" der Klägerin seine besondere Stellung in Ulm als "Leuchtturmprojekt" verliert. Dies muss die Klägerin nicht hinnehmen. Da die Klägerin ihre Duldung der Vereinsbezeichnung aufgegeben hat, siehe oben, ist der Gebrauch der Zeichen durch den Beklagten unbefugt und steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch wie im Hauptantrag unter Ziffer 1 a. und 1 b. beantragt, zu.

7. Ob darüber hinaus die Ansprüche auch nach §§ 5, 15 MarkenG begründet wären, kann offenbleiben. Es handelt sich um keinen anderen Streitgegenstand (Etablissementbezeichnung). Soweit die Ansprüche auch auf § 4 MarkenG (Marke kraft Verkehrsgeltung), Urheberrecht und Wettbewerbsrecht gestützt werden, hat die Klägerin hiermit keinen Erfolg. Die Klägerin bietet nicht unter dem Zeichen "Verschwörhaus" bzw. dem Logo Leistungen im Bereich Medienbildung an, sondern stellt mit dem "Verschwörhaus" am Weinhof eine so bezeichnete Einrichtung zur Verfügung, in welcher Veranstaltungen u.a. im Bereich Medienbildung durchgeführt werden und Aktivitäten von Dritten stattfinden, wobei die Angebote vorrangig insbesondere der Bildung und Aufklärung der Bürger dienen und nicht einem geschäftlichen Betätigungsfeld zuzurechnen sind. Damit sind die Voraussetzungen für markenrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht gegeben.

Soweit die Ansprüche hilfsweise auf Urheberrecht gestützt werden mit der Begründung, der Klägerin stünden Nutzungsrechte an dem Zeichen "verschwör" als Teil eines für die Stadt Ulm erstellten Marketingkonzepts zu, fehlt es bereits an der für ein Urheberrecht erforderlichen Schöpfungshöhe für den Wortbestandteil "verschwör" gem. § 2 Abs. 1, Abs. 2 UrhG.

8. Ebenso fehlt es an der erforderlichen Schöpfungshöhe für einen urheberrechtlichen Schutz des streitgegenständlichen Logos, weshalb der Beklagte den Ansprüchen der Klägerin keine etwaigen Nutzungsrechte an dem Logo entgegenhalten kann. Es handelt sich bei dem Logo um eine naheliegende, einfache und nicht außergewöhnliche Art der Darstellung eines Gebäudes, die keine individuellen Züge trägt. Der Beklagte trägt selbst vor, dass das Logo bewusst einfach und in Pixelform gestaltet worden sei, damit es von jedermann umgearbeitet werden könne.

Klageantrag Ziffer 2:

Da der Klägerin die prioritätsälteren Rechte an den streitgegenständlichen Zeichen zustehen, besteht seit der Aufgabe der Duldung der Klägerin auch ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung dieser Zeichen als Domainnamen und in den aufgeführten Social Media Accounts in dem beantragten Umfang.

Der Umstand, dass einzelne Ehrenamtliche die Domain und die Accounts auf ihren Namen angelegt haben, steht dem nicht entgegen. Durch die Registrierung eines Domainnamens erwirbt der Inhaber kein absolutes Recht an dem Domainnamen und damit kein sonstiges Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB (vgl. BGH GRUR 2012, 417, 419).

Klageantrag Ziffer 3:

Nachdem die Zusammenarbeit der Klägerin mit dem Beklagten im "Verschwörhaus" nicht mehr besteht und die Rechte an der Bezeichnung der Einrichtung "Verschwörhaus" am Weinhof 9 der Klägerin zustehen, kann die Klägerin von dem Beklagten verlangen, es zu unterlassen, Angaben über die betriebliche Herkunft und die Verfügbarkeit von Dienstleistungen des Verschwörhauses zu machen und beispielsweise anzugeben, das "Verschwörhaus" sei geschlossen.

Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 1004, 823, 824 BGB. Die falsche Statusangabe als "geschlossen" führt dazu, dass Interessierte sich von einem Besuch des "Verschwörhauses" und der Inanspruchnahme der dort angebotenen Leistungen abhalten lassen, was angesichts der Kostenfreiheit der Angebote zwar keinen sich direkt monetär auswirkenden "Umsatzrückgang" zur Folge hat, jedoch dazu führen kann, dass die Angebote der Klägerin im "Verschwörhaus" nicht mehr in Anspruch genommen werden und daher die Einrichtung an Bedeutung verliert oder Renommee einbüßt.

Klageantrag Ziffer 4:

Die Abmahnkosten sind angesichts der Begründetheit der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes ebenfalls zu ersetzen. Der angesetzte Streitwert von 100.000 € ist nicht überhöht, genauso wenig wie die Geschäftsgebühr von 1,3.

Klageantrag Ziffer 5:

Da dem Beklagten kein Recht an den streitgegenständlichen Bezeichnungen zusteht, kann die Klägerin von dem Beklagten die Einwilligung in die Rücknahme der Widersprüche zu den Markenanmeldungen bei der EUIPO verlangen.

II.

Widerklage

Die Widerklage ist vollumfänglich unbegründet.

Widerklageantrag Ziffer 1:

Mangels prioritätsälteren Rechten des Beklagten an den streitgegenständlichen Bezeichnungen kann der Beklagte von der Klägerin nicht Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Zeichen verlangen.

Widerklageantrag Ziffer 2:

Da die von Seiten des Beklagten geltend gemachten Ansprüche unbegründet sind, besteht kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Widerklageantrag Ziffer 3:

Wie zu den Klageansprüchen unter Ziffer I. ausgeführt, sind die im "Verschwörhaus" stattfindenden Aktivitäten nicht dem Beklagten als eigenständige "Community", sondern der Klägerin zuzuordnen. Insofern darf die Klägerin auch mit den Bewertungen werben, die aus der Zeit (vor Juli 2022) stammen, als die Ehrenamtlichen noch im "Verschwörhaus" tätig waren. Der unter Ziffer 3. der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung dieser Werbung besteht daher nicht.

Widerklageantrag Ziffer 4:

Aus demselben Grund wie soeben ausgeführt, besteht auch kein Anspruch des Beklagten auf die Überleitung der Bewertungen.

Widerklageantrag Ziffer 5:

Ein Anspruch auf Rücknahme der Markenanmeldung "Verschwörhaus" beim DPMA besteht mangels älterer Rechte des Beklagten ebenfalls nicht.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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