LG Leipzig, Urteil vom 01.03.2023 - 05 O 807/22
Fundstelle
openJur 2023, 3100
  • Rkr:
Rubrum

Landgericht Leipzig

Zivilkammer

IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

...

- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte;

gegen

...

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: wegen Unterlassung

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch

Richter am Landgericht als Einzelrichter ...

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2023 am 01.03.2023

für Recht erkannt:

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

es zu unterlassen, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Musikalbum

"Evanescence - The Bitter Truth"

mit den darauf enthaltenen Tonaufnahmen

1. Artifact/The Turn 2. Broken Pieces Shine 3. The Game Is Over 4. Yeah Right 5. Feeding the Dark 6. Wasted on You 7. Better Without You 8. Use My Voice 9. Take Cover 10. Far From Heaven 11. Part of Me 12. Blind Belief

öffentlich zugänglich zu machen,

indem die Beklagte ihren Nutzern einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der die Domain

"c...to"

und/oder die Subdomain "uu.c...to" in numerische IP-Adressen übersetzt,

so dass es den Nutzern der Beklagten mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, den Internetdienst unter der Domain "c...to" und/oder der Subdomain "uu.c...to" und/oder der weiteren Domain(s) zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des Albums aufzurufen,

wie geschehen

indem die Beklagte ihren Nutzern den DNS-Resolver-Dienst "..."" unter der IP-Adresse 9.9.9.9 zur Verfügung gestellt hat, mit dessen Hilfe die Nutzer für den in der angefügten Anlage

K 36 abgebildeten Beitrag und die Internetadresse

http://...

sowie den in der angefügten Anlage K 37 abgebildeten Beitrag und die Internetadressen

http://...

http://...

http://...

numerische IP-Adressen übermittelt erhielten,

welche es ihnen ermöglichten, die auf den unter den vorgenannten Adressen vorgehaltenen Hyperlinks auf die Speicherplätze

http://...

bzw.

http://...

anzuklicken und die dort rechtswidrig gespeicherten Kopien des vorgenannten Albums aufzurufen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.

3. Das Urteil ist für die Klägerseite vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 Euro und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten in einem Hauptsacheverfahren nach einem vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine DNS-Sperre zugunsten eines urheberrechtlichen Rechtsinhabers.

Der streitgegenständliche Sachverhalt war Gegenstand eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht Hamburg unter dem Az. 310 O 99/21, in dem die Beschlussverfügung erlassen und durch Urteil bestätigt worden ist (Anl. Kl, K2).

Die Klägerin ist eine deutsche Tonträgerherstellerin. Die Beklagte ist eine Stiftung mit Sitz in der Schweiz und betreibt einen offenen rekursiven DNS-Resolver, der für Internet-Endnutzer unter der IP-Adresse 9.9.9.9 einen kostenfreien Domain Name Resolver bereitstellt ("...").

Das Domain Name System (DNS) dient dazu, textbasierte Anfragen, vor allem für Internetseiten, in IP-Adressen zu übersetzen und kann daher im weitesten Sinne mit einem Telefonbuch verglichen werden. Gibt ein Nutzer an seinem Internetzugang einen Domainnamen in die Adresszeile des Internetbrowsers ein, um die Seite aufzurufen, findet zunächst - falls die IP-Adresse nicht bereits in dem Gerät zwischengespeichert ist - ein DNS-Lookup statt. Das Endgerät fragt den voreingestellten DNS-Server nach der IP-Adresse für die Domain. Dieser beantwortet die Anfrage aus seinem Speicher oder verbindet sich im Hintergrund mit einem oder mehreren DNS-Servern, um die IP-Adresse dort abzufragen. Erst im zweiten Schritt verbindet sich der Webbrowser des Nutzers für den Aufruf der Webseite mit dem Server unter der ihm mitgeteilten IP-Adresse. Hier kann das Angebot der Beklagten als standardmäßiger DNS-Resolver eingestellt werden.

Unter der Domain www.c...to werden Musikinhalte gelistet und kategorisiert. Die Überschrift der Website lautet "CannaPower".

Die Klägerin behauptet, CannaPower sei eine strukturell urheberrechtsverletztende Webseite, auf der Musik- und Hörspielalben ohne Zustimmung der Berechtigten zum Download angebo-ten würden. Die Gesamtzahl der Angebote belaufe sich laut einer Untersuchung der Firma proMedia Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH am 08.01.2021 auf insgesamt 49.239 Produkte von Musik-, Musikvideo- und Hörspielveröffentlichungen. Eine gutachterliche Auswertung der Annebnte sei zu dem Eraebnis aelanat. dass es sich fast ausschließlich um nicht autorisierte Veröffentlichungen geschützter Ton- bzw. Bildtonaufnahmen handelte. Die Klägerin sei Tonträgeherstellerin im Hinblick auf das Album "Evanescence -The Bitter Truth". Dieses sei am 26.3.2021 veröffentlicht worden, aber bereits am 13.3.2021 auf c...to aufzufinden gewesen. Mit Schreiben vom 23. März 2021 habe die Klägerin die Beklagte auf die Rechtsverletzung aufmerksam gemacht und auch auf die URL hingewiesen. Die Beklagte sei zur Beendigung der Rechtsverletzung aufgefordert worden. Die Beklagte sei, nachdem sie nicht abgeholfen habe, abgemahnt worden.

Die Klägerin habe alle denkbaren Anstrengungen unternommen, das rechtsverletzende Angebot unter Einschaltung von primär Haftpflichtigen zu beseitigen. Die Internetseite CannaPower habe kein Impressum. Einträge zum Domaininhaber seien auch nicht verfügbar. Löschungsaufforderungen an den Host-Provider blieben ohne Reaktion. Dort seien zwar 2 IP-Adressen benannt. Als verantwortliche Organisation ergebe sich die Firma InfiumUAB mit einem administrativen und technischen Kontakt in der Ukraine. Die Firma habe angeblich ihren Sitz in Vilnius (Litauen). Dort habe aber eine Zustellung mittels Kurier mangels auffindbarer Unterschrift aber nicht stattfinden können. In der Ukraine sei eine Zustellung nicht möglich, weil die Adresse sich in einem Hochsicherheitstrakt befinde, zu dem ohne ausdrückliche Zustimmung Zustellungsannahmen nicht möglich wären; diese Zustimmung sei hier verweigert worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte als Störerin. Nach neuerer Rechtsprechung hafte sie darüber hinaus als Täterin einer Urheberrechtsverletzung. Die Beklagte könne sich nicht auf Schwierigkeiten oder finanzielle Hürden bei der Errichtung von Sperren zurückziehen, da die Art der Sperrung ihrer eigenen Entscheidung unterliege und kein Grund dafür ersichtlich sei, technisch eine Sperrung nur in regionaler Hinsicht vorzunehmen.

Nach einer Teilrücknahme in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zuletzt noch beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

es zu unterlassen, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Musikalbum

"Evanescence - The Bitter Truth"

mit den darauf enthaltenen Tonaufnahmen

1. Artifact/The Turn 2. Broken Pieces Shine 3. The Game Is Over 4. Yeah Right 5. Feeding the Dark 6. Wasted on You 7. Better Without You 8. Use My Voice 9. Take Cover 10. Far From Heaven 11. Part of Me 12. Blind Belief

öffentlich zugänglich zu machen,

indem die Beklagte ihren Nutzern einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der die Domain "c...to" und/oderdie Subdomain "uu.c...to"

in numerische IP-Adressen übersetzt,

so dass es den Nutzern der Beklagten mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, den Internetdienst unter der Domain "c...to" und/oder der Subdomain "uu.c...to" und/oder der weiteren Domain(s) zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des Albums aufzurufen,

wie geschehen

indem die Beklagte ihren Nutzern den DNS-Resolver-Dienst ... unter der IP-Adresse 9.9.9.9 zur Verfügung gestellt hat, mit dessen Hilfe die Nutzer für den in der angefügten Anlage K 36 abgebildeten Beitrag und die Internetadresse

http://...

sowie den in der angefügten Anlage K 37 abgebildeten Beitrag und die Internetadressen http://

http://...

http://...

numerische IP-Adressen übermittelt erhielten,

welche es ihnen ermöglichten, die auf den unter den vorgenannten Adressen vorgehaltenen Hyperlinks auf die Speicherplätze

http://...

bzw. http://...

anzuklicken und die dort rechtswidrig gespeicherten Kopien des vorgenannten Albums aufzurufen,

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht eine Privilegierung nach § 8 TMG annehme,

es der Beklagten bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer) aufzugeben,

in ihrem Quad9 DNS-Service ihren Nutzern den Zugang zu dem gegenwärtig "CannaPower" genannten Internetdienst, wie über die URLs c...to und uu.c...to abrufbar, zu sperren, indem sie die Auflösung der Domain "c...to" und/oder der Subdomain "uu.c...to" in numerische IP-Adressen blockiert, soweit darüber das Musikalbum "Evanescence - The Bitter Truth" mit den darauf enthaltenen Tonaufnahmen 1. Artifact/The Turn 2. Broken Pieces Shine 3. The Game Is Over 4. Yeah Right 5. Feeding the Dark 6. Wasted on You 7. Better Without You 8. Use My Voice 9. Take Cover 10. Far From Heaven 11. Part of Me 12. Blind Belief

auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich gemacht wird, wie geschehen,

"indem die Beklagte ihren Nutzern den DNS-Resolver-Dienst ... unter der IP-Adresse 9.9.9.9 zur Verfügung gestellt hat, mit dessen Hilfe die Nutzer für den in der angefügten Anlage K 36 abgebildeten Beitrag und die Internetadresse http://...

sowie den in der angefügten Anlage K 37 abgebildeten Beitrag und die Internetadressen

http://... http://...

und http://...

numerische IP-Adressen übermittelt erhielten, welche es ihnen ermöglichten, die auf den unter den vorgenannten Adressen vorgehaltenen Hyperlinks auf die Speicherplätze http://

bzw. http://...

anzuklicken und die dort rechtswidrig gespeicherten Kopien des vorgenannten Albums aufzurufen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der konkrete Abrufweg über den DNS-Resolver-Dienst der Beklagten sei im Verhältnis der tatsächlichen Abrufe der beanstandeten Domain nur von untergeordneter Bedeutung. Die Nutzungsrate des Dienstes der Beklagten betrage in der Bundesrepublik Deutschland laut der Auswertung des Asia Pacific Network Information Centres (APNIC) am 22.07.2022 lediglich 0,159% gegenüber 16,790% bei Google. Der Dienst der Beklagten zeichne sich insbesondere dadurch aus, dass er den Anfragenden ein besonders hohes Schutzniveau vor IT-Sicherheitsbedrohungen biete, damit etwa Schadsoftware nicht auf die Rechner der Anfragenden gelangen könne. Während andere Internetdienstanbieter, etwa Host-Provider, Inhalte oder Dienste zielgenau löschen und sperren können, bestehe für DNS-Dienste lediglich eine binäre Auswahl an Optionen, nämlich die gesamte Erreichbarkeit oder Nichterreichbarkeit eines Domain-Namens zu verhindern, verbunden mit dem Risiko, dass rechtmäßige Dienste oder Inhalte unter dem Domain-Namen zwangsläufig ebenfalls nicht weiter erreichbar seien. Die jurisdiktionsbezogene Sperrung von Domain-Namen sei im System der Beklagten nicht vorgesehen. Die Umsetzung der DNS-Sperre habe erhebliche Auswirkungen auf die Systemarchitektur der Beklagten und deren Performanz. Die Klägerin nehme die Beklagte in Anspruch, ohne sich vorher ausreichend um die Beendigung der geltend gemachten Rechtsverletzung gegenüber tatnäheren Beteiligten bemüht zu haben.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Anträge seien zu unbestimmt. Die Beklagte sei jedenfalls nach § 8 I TMG privilegiert. Die Bereitstellung des Dienstes der Beklagten stelle keinen adäquat-kausalen Beitrag zur öffentlichen Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Tonaufnahmen dar. Eine Inanspruchnahme sei wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen. Eine Täterhaftung nach neueren Kriterien scheide aus, da die Rechtsprechung diese ersichtlich speziell für den Fall eines Host-Provders entwickelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im noch zur Entscheidung gestellten Umfang begründet.

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere entspricht der zuletzt noch gestellte Antrag den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO für Unterlassungsanträge. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.10.2021, Aktenzeichen I ZR 111/21 - DNS - Sperre (zit. n. openJur) hat der BGH im Hinblick auf die Bestimmtheit des Antrags bei DNS - Sperren es für ausreichend gehalten (Rz. 38), dass eine konkrete Domain und der Begriff DNS-Sperre Verwendung finden. Das ist hier der Fall. Soweit die Klägerseite statt DNS-Sperre eine ausführlichere Umschreibung der Unterlassungspflichten der Beklagten vorgenommen hat, schadet dies der Bestimmtheit im genannten Sinne nicht.

II.

Die Klage ist im Umfang des zuletzt noch gestellten Hauptantrages begründet.

1.

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-ll-VO) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.

Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die Rechtsinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2014 | ZR 35/11, GRUR 2015, 264 - Hi Hotel II; BGH, GRUR 2016, 1048 [juris Rn. 24] - An Evening with Marlene Dietrich, jeweils mwN). Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung der Tonträgerherstellerrechte nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind, für die die Klägerin im Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 - uploaded III, Rn. 21, juris).

2.

Die Klägerin ist als Inhaberin der Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers in der Bundesrepublik Deutschland zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums aktivlegitimiert. Gemäß § 10 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 UrhG ist für den hier maßgeblichen Unterlassungsanspruch von der Aktivlegitimation der Klägerin auszugehen, weil diese auf Vervielfältigungsstücken des Tonträgers mit dem streitgegenständlichen Musikalbum als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte bezeichnet ist. Dazu hat die Klägerin das Back-Cover des Albums (in Kopie: Anlage K 21) vorgelegt. § 85 IV UrhG verweist für den Tonträgerhersteller auf die Vermutungswirkung des § 10 I UrhG, die die Beklagte hier nicht widerlegt hat.

3.

Allerdings findet als Anspruchsgrundlage § 7 IV TMG hier keine Anwendung.

Nach dieser Vorschrift können einem Diensteanbieter nach § 8 III TMG Unterlassungspflichten obliegen. "Diensteanbieter" ist legaldefiniert in § 2 Nr. 1 TMG, als "(...) Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt".

Dies trifft auf einen DNS-Resolver aber nicht zu. Der Begriff des Diensteanbieters ist funktionell zu bestimmen (LG Hamburg, Beschl. v. 12.05.2021, Az. 310 O 99/21, Anlage K 1). Er muss durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von Informationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten. So ist etwa der Admin-C kein Diensteanbieter, weil er nur die Abwicklung der Domainregistrierung erleichtert, aber weder Informationen bereithält noch Zugang zu diesen vermittelt. Der Registrar stellt Nutzern ebenfalls keine Informationen bereit und vermittelt keinen Zugang zur Nutzung von Telemedien, sondern nimmt lediglich die administrative Abwicklung der Domainregistrierung vor, indem er der Registrierungsstelle die für die Registrierung der Domain erforderlichen Daten mitteilt. Er ist insbesondere kein Zugangsvermittler im Sinne von § 8 TMG, weil er weder Zugang zu einem Netz vermittelt noch Informationen durchleitet (BGH, Urt. v. 15.10.2020-tzR13/19, GRUR 2021, 53,64 Rz. 15_17 m.w.N.). Das gleiche gilt jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Fall des DNS-Resol-vers (LG Hamburg, a.a.O.)

4.

Die Beklagte haftet im vorliegenden Fall als Täter aus §§ 97 Abs. 1,15, 19 a, 85 UrhG

Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie Internetnutzem ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes c...to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Köln in der Sache 14 O 29/21, Urteil vom 29.09.2022 (Anlage K 23 II) an.

a)

Dabei ist zunächst unschädlich, dass die Klägerin in ihrer Begründung des Klageantrags zunächst selbst auf die Störerhaftung der Beklagten abgestellt hat, so wie sie sich aus der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zu dessen Urteilen vom 02.06.2022 (I ZR 140/15 —YouTube II) ergibt. Auch braucht nicht entschieden zu werden, inwieweit diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen, da beide Begründungen bei identischem Sachverhalt auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind.

b)

Die Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere sind die zentralen Kriterien der öffentlichen Wiedergabe in täterschaftlicher Form nach der neueren Rechtsprechung erfüllt, nämlich die zentrale Rolle des Diensteanbieters und die Vorsätzlichkeit seines Handelns (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021, Az.: C682/18 und C-683/18 -, Rn. 68, juris, mit weiteren Nachweisen). Diese sind nicht ausschließlich auf den Fall eines Hostproviders beschränkt.

aa)

Mit dem DNS-Resolver wird denjenigen Nutzern, die den Resolver der Beklagten verwenden, erst ermöglicht, einen Domainnamen in eine numerische IP-Adresse aufzulösen und die hier streitgegenständliche Seite aufzufinden, worin eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung zu sehen ist.

bb)

Im Hinblick auf die Vorsätzlichkeit des Handelns hat die Klägerin die Beklagte auf eine Rechtsverletzung hinsichtlich des Musikalbums hier hingewiesen. Die Beklagte ist im Anschluss ihrer durch die Verletzung der Rechte der Klägerin am genannten Musikalbum ausgelöste Pflicht nicht nachgekommen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu diesen Inhalten zu unterbinden. Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung war es bis zuletzt möglich, über den DNS-Resolver der Beklagten eine Verbindung herzustellen auf die im Tenor genannten Seiten (vgl. zur fehlenden Unverzüglichkeit bei einer fortdauernden Verfügbarkeit von zwei Tagen nach dem Hinweis: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rz 45, juris).

cc)

Auch die weiteren Einwände der Beklagten stehen dem Anspruch nicht entgegen. Denn so ist es auch nach ihrem eigenen Vorbringen möglich, die Verweisung auf einzelne Domains zu filtern und Domains zu sperren, indem sie auch nach ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich von Malware solche einsetzt.

dd)

Unschädlich wäre auch, wenn entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Webseiten global und ungeachtet einer bestimmten Jurisdiktion für sämtliche Internetnutzer, die den DNS-Re-solver der Beklagten verwenden, gesperrt würden. Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020, Az.:6 U 32/20). Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich um eine Seite mit (fast) ausschließlich illegalen Angeboten handelt, ist dieses Bestreiten unzulässig, weil der Hinweis konkret genug war, dass die Beklagte mit einem Blick auf die Seite den Charakter der Seite hätte erkennen können. Im Übrigen ist die Natur der Seite durch die vorgelegten Sreenshots ausreichend belegt.

c)

aa)

Der Diensteanbieter muss zum einen zumutbare Vorsorgemaßnahmen ergreifen, mit denen das Hochladen von Dateien mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt in Zukunft verhindert wird und ist zum anderen auch zur Beseitigung fortdauernder und damit in die Zukunft reichender Rechtsverletzungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 -1 ZR 135/18 -,Rn. 47, Juris). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die täterschaftliche Haftung wegen öffentlicher Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 S. 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art.3 Abs.2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG.

Die Beschränkung des Anspruchsumfangs auf die Unterbindung der konkret beanstandeten Verletzungshandlung wäre mit dem Gebot der wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unvereinbar, weil damit die durch den Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflichten und darauf bezogene Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung - etwa ein gerichtlicher Unterlassungstitel - umgangen werden könnten und ihnen die praktische Wirksamkeit genommen wäre (zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019 - C-18/18, GRUR 2019, 1208, zitiert nach: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 WRP 2019, 1452 - Glawischnig-Piesczek).

bb)

Damit umfasste auch vorliegend die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zum konkret beanstandeten Angebot und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits vorhandenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten als auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Es genügt für den Erfolg des Unterlassungsantrags damit, dass die Klägerin dargelegt hat, der konkret beanstandete Inhalt sei nach Erteilung des Hinweises noch zugänglich gewesen. Darauf, ob auch danach noch eine weitere gleichartige Rechtsverletzung erfolgt ist, kommt es nicht maßgeblich an (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rn. 49, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

d)

Zwar müssen anspruchseinschränkend die Kriterien jedenfalls in analoger Form zugunsten der Beklagten, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "DNS - Sperre" (Urteil vom 13.10.2022, IZR 111/21,openJur) aufgestellt hat, eingehalten werden.

Danach haftet ein Access - Provider nach den für ihn jedenfalls anwendbaren Vorschriften des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG im Verhältnis zu dem Betreiber der Internetseite und auch zum Host-Provider lediglich subsidiär. Da ein DNS-Resolver keine engere Verbindung zum rechtswidrigen Geschehen als ein Access-Provider hat, ist er dessen Position in der Subsidiaritätskette insoweit gleichzustellen.

Umgekehrt sind die Anstrengungen des Rechtsinhabers zur Inanspruchnahme des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers wiederum am Kriterium der Zumutbarkeit für den Rechteinhaber zu messen, damit die Rechtsverfolgung nicht entgegen europarechtlicher Vorgaben (Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) nicht umgangen werden.

aa)

Der primären Verpflichtung, den Seitenbetreiber in Anspruch zu nehmen, ist hier die Klägerseite in ausreichender Weise nachgekommen. Eine zusteilfähige Anschrift, etwa in Form einer Mitteilung im Impressum der streitgegenständlichen Seiten ist insofern nicht erkennbar geworden, sodass ein weiteres gerichtliches oder außergerichtliches Vorgehen gegen diesen vorrangig Anspruchsverpflichteten nicht erfolgversprechend ist.

bb)

In der Entscheidung "DNS-Sperre" hat der Bundesgerichtshof es für erforderlich gehalten, dass gegen einen Host-Provider mit unstreitigem Sitz in der europäischen Union in der Regel ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Auskunft, gegebenenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, durchzuführen ist. Dieses kann im Einzelfall nur dann unterbleiben, wenn aus vom Anspruchsteller darzulegenden Gründen dem Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt.

Dieser Fall ist hier aber gegeben. Bereits, dass eine Anschrift des Host-Providers in Vilnius, also Litauen und damit der EU, tatsächlich existiert, kann nicht festgestellt werden. Eine mögliche Anschrift in der Ukraine führt nicht zur genannten Primärpflicht. Weitere Zustellungsversuche als die von der Klägerseite dargelegte Zustellung über einen Kurier können nicht verlangt werden, da nichts für eine erfolgversprechende andere Möglichkeit spricht. Dabei ist insbesondere nicht entscheidend, ob es sich um eine versuchte gerichtliche oder außergerichtliche Zustellung handelt, da bereits die Richtigkeit der Adresse in der EU nicht zweifelsfrei ist. Weitere Anforderungen würden realistische Rechtsschutzmöglichkeiten des Rechteinhabers zu stark beschneiden.

e)

Die Wiederholungsgefahr ist indiziert und nicht widerlegt.

Mangels Bedingungseintrittes ist über den Hilfsantrag nicht zu befinden.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 269, 709 ZPO und §§ 286 ff. BGB.