BGH, Urteil vom 09.12.2022 - V ZR 91/21
Fundstelle
openJur 2023, 1279
  • Rkr:

1a. Bei der Abtretung einer durch Vormerkung gesicherten Forderung gilt der Inhalt des Grundbuchs analog § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB zugunsten des Zessionars im Hinblick auf den Grundbuchstand unter Einschluss des Rangs der Vormerkung sowie das Vorliegen ihrer sachenrechtlichen Entstehungsvoraussetzungen unter Einschluss der wirksamen Bewilligung als richtig; der Schutz des öffentlichen Glaubens erstreckt sich hingegen nicht auf den Bestand der gesicherten Forderung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 21. Juni 1957 - V ZB 6/57, BGHZ 25, 16, 23 f.).

1b. Bei einem abgeleiteten Erwerb der Vormerkung ist der Zeitpunkt der Abtretung der gesicherten Forderung entscheidend für die Gutgläubigkeit des Zessionars.

1c. Tritt der Zedent seinen durch Vormerkung gesicherten, gegen den Erstverkäufer gerichteten Auflassungsanspruch an einen in Ansehung eines nicht eingetragenen vorrangigen Rechts gutgläubigen Zessionar ab und übereignet der Erstverkäufer das Grundstück sodann mit Zustimmung des Zessionars an den Zedenten als Zwischenerwerber, so kommen die Wirkungen der Vormerkung dem Zedenten zugute; dies gilt auch dann, wenn der Zedent seinerseits bei Erwerb der Vormerkung nicht gutgläubig im Sinne von § 892 BGB war (Fortführung von Senat, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.).

2. Ziel des Anspruchs auf Grundbuchberichtigung kann auch ein Amtswiderspruch sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. April 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte kaufte im Jahr 1991 von der vormaligen Eigentümerin (im Folgenden: Erstverkäuferin) mehrere Grundstücke. Zu seinen Gunsten wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2014 verkaufte die Erstverkäuferin die Grundstücke nochmals, und zwar - unter der aufschiebenden Bedingung der Schaffung eines Bebauungsplans - an die Streithelferin. Der Anspruch auf Eigentumsübertragung wurde durch eine weitere Vormerkung gesichert. Die zugunsten des Beklagten eingetragene vorrangige Vormerkung wurde am 2. Mai 2017 im Grundbuch gelöscht. Mit Vertrag vom 15. Mai 2017 verkaufte die Streithelferin die Grundstücke an die Klägerin und trat dieser die durch die Vormerkung gesicherte Forderung aus dem Kaufvertrag mit der Erstverkäuferin ab. Gegen die Löschung der zugunsten des Beklagten eingetragenen Vormerkung wurden im Juni 2017 ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO sowie ein Widerspruch nach § 899 BGB in das Grundbuch eingetragen. Die Streithelferin wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Am 12. März 2018 erfolgte die Auflassung zwischen der Streithelferin und der Klägerin. Die Klägerin wurde anschließend als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Das Landgericht hat die auf Bewilligung der Löschung der Widersprüche gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Gründe

A.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zugunsten des Beklagten eingetragenen Widersprüche aus § 894 BGB nicht zu. Zwar könne sich ein derartiger Anspruch grundsätzlich aus ihrer Stellung als eingetragene Eigentümerin ergeben. Er scheide hier aber aus, da die Klägerin das Eigentum nicht gutgläubig "lastenfrei" erworben habe. Ihre Eintragung sei nicht auf Grundlage des ihr abgetretenen vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruchs gegen die Erstverkäuferin, sondern aufgrund des mit der Streithelferin abgeschlossenen Kaufvertrags erfolgt. Wegen der zwischenzeitlich eingetragenen Widersprüche sei sie in dem nach § 892 Abs. 2 BGB maßgeblichen Zeitpunkt im Hinblick auf die Löschung der Auflassungsvormerkung des Beklagten nicht mehr gutgläubig gewesen.

B.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der Löschung der zugunsten des Beklagten eingetragenen Widersprüche nicht verneint werden.

I. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich der geltend gemachte Anspruch aus der Stellung der Klägerin als eingetragene Eigentümerin ergeben kann.

1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die zugunsten des Beklagten eingetragene vorrangige Vormerkung am 2. Mai 2017 zu Unrecht gelöscht worden mit der Folge, dass sie materiell-rechtlich zunächst fortbestand und das Grundbuch deshalb unrichtig wurde (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 1972 - V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 51). Davon geht auch die Klägerin aus. Sie verfolgt in der Sache nicht die Beseitigung einer vormerkungswidrig vorgenommenen, nach § 883 Abs. 2 BGB nur relativ unwirksamen Belastung oder sonstigen Eintragung unter Berufung auf ihre Vormerkungsberechtigung nach § 888 Abs. 1 BGB (vgl. dazu Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14, BGHZ 208, 133 Rn. 12 f.; Urteil vom 14. Januar 2022 - V ZR 245/20, ZfIR 2022, 179 Rn. 3, 5 ff. mwN). Sie erstrebt vielmehr als Eigentümerin die Löschung der Widersprüche mit der Begründung, sie habe ihr Eigentum hinsichtlich der Vormerkung des Beklagten "lastenfrei" erworben.

2. Dieses Rechtsschutzziel kann über einen Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB erreicht werden. Gläubiger des Berichtigungsanspruchs ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene wahre Berechtigte, Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte. Die Vorschrift gilt aber entsprechend für den eingetragenen wahren Berechtigten, der - wie hier - die Löschung eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen Eintragung der vermeintliche Berechtigte zu Unrecht erwirkt hat (vgl. Senat, Urteil vom 5. Mai 2006 - V ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242 Rn. 5 mwN).

3. Ziel des Anspruchs auf Grundbuchberichtigung in entsprechender Anwendung des § 894 BGB kann, wie der Senat bereits in einer älteren Entscheidung vorausgesetzt hat (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 1962 - V ZR 116/60, NJW 1962, 963), auch ein nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO eingetragener Amtswiderspruch sein. Der Einwand der Revisionserwiderung, dem Widerspruchsberechtigten fehle insoweit die Passivlegitimation, weil er in Bezug auf einen von Amts wegen eingetragenen Widerspruch nicht Störer sei (vgl. auch jurisPK-BGB/Toussaint, 9. Aufl., § 894 Rn. 13), greift nicht durch.

a) Der Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB ist ein gesetzlich besonders behandelter Fall des in § 1004 BGB allgemein geregelten Eigentumsstörungsanspruchs (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 1952 - V ZR 6/50, BGHZ 5, 76, 82; Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 299/14, NJW 2019, 71 Rn. 23, jeweils mwN). Für die Störereigenschaft reicht es dabei aus, dass im Rahmen eines Vorgehens nach § 19 GBO eine Berichtigung der Grundbucheintragung nicht ohne die Mitwirkung des Betreffenden erfolgen kann (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 1964 - V ZR 25/62, BGHZ 41, 30, 32).

aa) Gemäß § 894 BGB kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen ist. Die Vorschrift stellt auf die Regelung des § 19 GBO ab, wonach im Grundbuchverfahren eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen ist (vgl. jurisPK-BGB/Toussaint, 9. Aufl., § 894 Rn. 1, 40; vgl. auch MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl., § 894 Rn. 29). § 894 BGB begründet vor diesem Hintergrund einen Anspruch auf Erteilung dieser im Grundbuchverfahren nach § 19 GBO formell-rechtlich erforderlichen Bewilligung zur Berichtigung des Grundbuchs (vgl. MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl., § 894 Rn. 1).

bb) Ausgehend von diesem auf eine Bewilligung nach § 19 GBO gerichteten Inhalt des Grundbuchsberichtigungsanspruchs ist Störer derjenige, dessen Mitwirkung für eine Berichtigung des Grundbuchs im Rahmen eines Vorgehens nach § 19 GBO erforderlich ist (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 1964 - V ZR 25/62, BGHZ 41, 30, 32). Es ist dagegen unerheblich, wie die Unrichtigkeit des Grundbuchs entstanden ist (vgl. Erman/Artz, BGB, 16. Aufl., § 894 Rn. 23). Dafür spricht auch die Kostenregelung des § 897 BGB, wonach der zur Berichtigung Berechtigte grundsätzlich die hierfür erforderlichen Kosten zu tragen hat. Diese Regelung weicht von dem Grundsatz ab, dass der Schuldner die Aufwendungen zur Erfüllung seiner Pflichten zu tragen hat (vgl. NK-BGB/Krause, 5. Aufl., § 897 Rn. 1), und erklärt sich nur dadurch, dass Ansprüche aus § 894 BGB auch dann entstehen, wenn der Anspruchsgegner die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht zu verantworten hat (vgl. jurisPK-BGB/Toussaint, 9. Aufl., § 897 Rn. 1; NK-BGB/Krause, 5. Aufl., § 897 Rn. 1; Erman/Artz, BGB, 16. Aufl., § 897 Rn. 1).

cc) Die Möglichkeit, im Grundbuchverfahren nach § 22 GBO bzw. im Beschwerdeverfahren nach § 71 GBO eine Berichtigung ohne Bewilligung des Anspruchsgegners zu erreichen, steht selbständig neben einem Anspruch aus § 894 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2006 - V ZR 110/05, NJW-RR 2006, 886 Rn. 7). Davon zu trennen ist die Frage, inwieweit in Fällen, in denen das kostengünstigere Grundbuchverfahren zweifelsfrei zum Erfolg führen würde, das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchsetzung eines Anspruchs aus § 894 BGB im Klagewege entfallen kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2006 - V ZR 110/05, aaO Rn. 7). Eine solche Konstellation liegt hier aber schon deswegen nicht vor, weil eine Klärung der entscheidungserheblichen Fragen im Grundbuchverfahren aufgrund der dort nach § 29 GBO beschränkten Beweismittel (vgl. Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 4. Aufl., § 53 Rn. 62) nicht erfolgen könnte.

b) Entscheidend für die Passivlegitimation ist demgemäß auch bei einem gegen einen Amtswiderspruch gerichteten Grundbuchberichtigungsanspruch, dass eine Berichtigung bei einem Vorgehen nach § 19 GBO von der Bewilligung des Anspruchsgegners abhängig ist. Dies ist bei demjenigen, zu dessen Gunsten der Amtswiderspruch eingetragen ist, der Fall. Denn auch ein Amtswiderspruch ist auf die Bewilligung desjenigen, dessen wahres Recht durch den Widerspruch geschützt werden soll, nach § 19 GBO zu löschen, weil damit etwaigen Amtshaftungsansprüchen die Grundlage entzogen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Januar 1985 - V ZB 5/84, NJW 1985, 3070, 3071).

II. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch die Voraussetzungen des Grundbuchberichtigungsanspruchs mit der Begründung, ein im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfreier" Eigentumserwerb der Klägerin scheitere jedenfalls daran, dass ihre Eintragung als Eigentümerin sich nicht als Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs gegenüber der Erstverkäuferin, sondern als Erfüllung ihres Eigentumsverschaffungsanspruchs gegenüber der Streithelferin darstelle, und die Klägerin in diesem Zeitpunkt nicht mehr gutgläubig war.

1. Richtig ist, dass nach Löschung einer materiell-rechtlich bestehenden Vormerkung aus dem Grundbuch ein gutgläubiger "vormerkungsfreier" Erwerb in Betracht kommt (vgl. auch Senat, Urteil vom 15. Dezember 1972 - V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 51; BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 107/90, NJW 1991, 1113). § 891 Abs. 2 BGB ist auf eine gelöschte Vormerkung entsprechend anwendbar (vgl. Assmann, Die Vormerkung [§ 883 BGB], 1998, S. 347).

2. Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass dann, wenn auf eine Eigentumsübertragung aufgrund des Kaufvertrags zwischen der Streithelferin und der Klägerin abzustellen wäre, ein hinsichtlich der Vormerkung des Beklagten "lastenfreier" Eigentumserwerb durch die Klägerin kraft guten Glaubens nach § 892 Abs. 2 BGB nicht (mehr) in Betracht käme, weil zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags und der Eintragung des Zwischenerwerbs die Widersprüche gegen die Löschung der Vormerkung schon eingetragen waren.

3. Das Berufungsgericht übersieht aber, dass die Streithelferin aufgrund einer Ermächtigung der gutgläubigen Klägerin als Inhaberin des vormerkungsgesicherten Anspruchs aus dem Kaufvertrag zwischen der Erstverkäuferin und der Streithelferin im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfrei" Eigentum erworben und dieses dann auf die Klägerin übertragen haben kann. Der Erwerb der Klägerin wäre dann ein Erwerb vom Berechtigten gewesen, so dass es auf das Fortbestehen ihres guten Glaubens im Zeitpunkt ihres Eigentumserwerbs nicht angekommen wäre.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Klägerin eine Vormerkung erworben hat, die ihr einen im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfreien" Eigentumserwerb ermöglichte (hierzu unter a), und dass diese Vormerkung auch bei dem Eigentumserwerb der Streithelferin Wirkung entfaltete (hierzu unter b). Dies ist nach den getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen.

a) Die Klägerin kann eine Vormerkung erworben haben, die ihr einen im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfreien" Eigentumserwerb ermöglichte.

aa) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Klägerin am 15. Mai 2017 infolge der Abtretung des vormerkungsgesicherten Anspruchs die zunächst zugunsten der Streithelferin begründete Vormerkung erworben hat.

Allerdings ist die rechtsgeschäftliche Übertragung einer Vormerkung als solcher rechtlich nicht möglich, und zwar weder isoliert noch gemeinsam mit dem gesicherten Anspruch. Nach § 398 Satz 1 BGB kann eine Forderung von dem Gläubiger durch den Vertrag mit einem anderen übertragen, also abgetreten werden. Soweit die Forderung durch eine Vormerkung gesichert wird, geht die Vormerkung mit der Abtretung des gesicherten Anspruchs wegen der strengen Akzessorietät zum gesicherten Anspruch entsprechend § 401 BGB außerhalb des Grundbuchs kraft Gesetzes über (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.; Urteil vom 19. November 2021 - V ZR 104/20, NJW-RR 2022, 808 Rn. 16, insoweit etwas missverständlich im Hinblick auf die Formulierung "nicht isoliert abtretbar"). Auf die Eintragung eines Vermerks über den Übergang in das Grundbuch kommt es dabei nicht an; wird der Übergang vermerkt, geschieht dies nur deklaratorisch im Wege der Berichtigung (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 275/14, BGHZ 206, 281 Rn. 17; unzutreffend insoweit Senat, Urteil vom 27. Oktober 2006 - V ZR 234/05, NJW 2007, 508 Rn. 16 a.E.).

bb) Der gesetzliche Übergang der Vormerkung auf die Klägerin als Zessionarin kann ihr den im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfreien" Eigentumserwerb ermöglicht haben. Zwar war die Streithelferin bei der Begründung der Vormerkung im Jahr 2014 im Hinblick auf die zugunsten des Beklagten eingetragene Vormerkung im Sinne des § 892 BGB bösgläubig, weil die Vormerkung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelöscht worden war. Ein gutgläubiger (Erst-)Erwerb der Vormerkung "unbelastet" von der vorrangigen Vormerkung des Beklagten durch die Streithelferin selbst war damit nicht möglich. Die Klägerin kann aber am 15. Mai 2017 durch einen im Hinblick auf deren Rangstellung "gutgläubigen Zweiterwerb" eine Vormerkung erworben haben, die ihr einen bezüglich der Vormerkung des Beklagten "lastenfreien" Eigentumserwerb ermöglichte.

cc) Ein derartiger gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung ist grundsätzlich möglich.

(1) Allgemein anerkannt ist, dass eine Vormerkung bei ihrer Begründung aufgrund Bewilligung nach § 885 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB gutgläubig (erst-)erworben werden kann, das Grundbuch also zugunsten des gutgläubigen Erwerbers der Vormerkung im Hinblick auf den eingetragenen Eigentümer und den Grundbuchstand als richtig gilt; aufgrund der strengen Akzessorietät der Vormerkung zum gesicherten Anspruch gilt dies aber nur insoweit, als die gesicherte Forderung tatsächlich besteht. Besteht die Forderung nicht, kann auch die Vormerkung nicht gutgläubig erworben werden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 21. Juni 1957 - V ZB 6/57, BGHZ 25, 16, 23; Urteil vom 31. Oktober 1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446, 447; Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947).

(2) In der Rechtsprechung des Senats ist der gutgläubige Zweiterwerb der Vormerkung in gewissem Umfang anerkannt. Zwar kommt auch insoweit ein gutgläubiger Erwerb bei Nichtbestehen des Anspruchs nicht in Betracht. Für den Fall, dass für einen wirksamen Auflassungsanspruch von einem Nichtberechtigten eine Vormerkung zugunsten eines Bösgläubigen bestellt worden ist, kann die Vormerkung aber in der Person eines gutgläubigen Rechtsnachfolgers des Bösgläubigen wirksam werden (Beschluss vom 21. Juni 1957 - V ZB 6/57, BGHZ 25, 16, 23 f.). Kann der Zweiterwerber trotz Bösgläubigkeit des Ersterwerbers eine nichtbestehende Vormerkung gutgläubig erwerben, folgt daraus erst recht, dass ein Zweiterwerber auch eine bestehende Vormerkung gutgläubig lastenfrei bzw. - wie hier - gutgläubig "vormerkungsfrei" von dem bösgläubigen Ersterwerber erwerben kann.

(3) Dem ist die Rechtspraxis gefolgt (vgl. KG, OLGZ 1978, 122, 124; OLG Saarland, Rpfleger 1995, 404, 406; OLG München, BWNotZ 2002, 12, 14; LG München II, Urteil vom 4. Juni 2008 - 11 O 2016/07, juris Rn. 46). Auch Teile der Literatur vertreten die Meinung, dass ein gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung möglich ist, wobei insbesondere auf die Schutzbedürftigkeit des Erwerbers abgestellt wird, der auf den durch die Eintragung des Zedenten hervorgerufenen Rechtsschein vertraue. Entscheidend sei nicht die Publizitätsform der jeweiligen Verfügung, sondern die Rechtsscheinstellung des Verfügenden (vgl. - mit unterschiedlichen Begründungsansätzen - u.a. AK-BGB/v. Schweinitz, § 885 Rn. 26; Bauer/Schaub/Lieder, GBO, 4. Aufl., C Rn. 98 f.; Erman/Artz, BGB, 16. Aufl., § 883 Rn. 29; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 53 Rn. 49; Jauernig/Berger, BGB, 18. Aufl., § 883 Rn. 28; KEHE/Keller, Grundbuchrecht, 8. Aufl., Teil 1 § 6 Rn. 13; MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl., § 885 Rn. 44; RGRK/Augustin, BGB, 12. Aufl., § 883 Rn. 19; Schulze/Staudinger, BGB, 11. Aufl., § 883 Rn. 36; PWW/Huhn, BGB, 16. Aufl., § 885 Rn. 12; Heck, Grundriss des Sachenrechts, S. 201 f.).

(4) Nach der Gegenansicht scheidet ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung bei der Zession des gesicherten Anspruchs aus. Dabei nimmt die Diskussion in erster Linie die zunächst unwirksam bestellte Vormerkung in den Blick und nicht die hier vorliegende Konstellation des Rangverhältnisses. Wegen des Übergangs der Vormerkung kraft Gesetzes analog § 401 BGB fehle es sowohl an dem für einen gutgläubigen Erwerb notwendigen rechtsgeschäftlichen Erwerb als auch an der für den Schutz des guten Glaubens nach §§ 892 f. BGB vorausgesetzten sachenrechtlichen Übertragungsform. Da die Vormerkung jederzeit außerhalb des Grundbuchs übergehen könne, begründe ihre Eintragung keine Vermutung dafür, dass der eingetragene Berechtigte auch Inhaber der Vormerkung sei. Zudem bestehe kein Bedürfnis für einen derartigen Schutz des Rechtsverkehrs (vgl. - mit unterschiedlichen Begründungsschwerpunkten - u.a. BeckOGK/Assmann, BGB [1.11.2022], § 885 Rn. 161 ff.; BeckOK BGB/Eckert [1.11.2022], § 885 Rn. 27 f.; NK-BGB/Krause, 5. Aufl., § 892 Rn. 28; Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl., § 885 Rn. 19; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883 Rn. 44, § 893 Rn. 8; Staudinger/Kesseler, BGB [5.2.2022], § 883 Rn. 437; Staudinger/Picker, BGB [31.12.2021], § 892 Rn. 60; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 20 Rn. 52; Wilhelm, Sachenrecht, 7. Aufl., Rn. 2297 ff.).

(5) Es besteht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Senats zum gutgläubigen Zweiterwerb der Vormerkung, auf die sich der Rechtsverkehr eingestellt hat, abzurücken. Bei der Abtretung einer durch Vormerkung gesicherten Forderung gilt der Inhalt des Grundbuchs analog § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB zugunsten des Zessionars im Hinblick auf den Grundbuchstand unter Einschluss des Rangs der Vormerkung sowie das Vorliegen ihrer sachenrechtlichen Entstehungsvoraussetzungen unter Einschluss der wirksamen Bewilligung als richtig; der Schutz des öffentlichen Glaubens erstreckt sich hingegen nicht auf den Bestand der gesicherten Forderung. Die derartige analoge Anwendung auf den Zweiterwerb der Vormerkung ist geboten, weil die Vormerkung sowohl in ihrer Wirkung als auch im Hinblick auf die Grundbuchlage in gewissen Beziehungen einem dinglichen Recht angenähert ist und eine mit dem Erwerb eines dinglichen Rechts vergleichbare Interessenlage besteht.

(a) Zwar ist die Vormerkung kein dingliches Recht, wie es § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt, sondern als Sicherungsmittel eigener Art anzusehen. Sie verleiht aber dem gesicherten schuldrechtlichen Anspruch in beträchtlichem Umfang dingliche Wirkungen im Sinn einer dinglichen Gebundenheit des Grundstücks; sie bewirkt insbesondere die relative Unwirksamkeit von sogenannten Zwischenrechten (§ 883 Abs. 2 BGB) und sichert dem dinglichen Recht, auf dessen Einräumung der vormerkungsgesicherte Anspruch gerichtet ist, denjenigen Rang zu, der ihm zugekommen wäre, wenn es selbst bereits zur Zeit der Eintragung der Vormerkung eingetragen worden wäre (§ 883 Abs. 3 BGB). Damit ist die Vormerkung in manchen Beziehungen einem dinglichen Recht angenähert (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 15. Dezember 1972 - V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 49 f.; Urteil vom 14. Januar 2022 - V ZR 245/20, NJW 2022, 1167 Rn. 24).

(b) Auch im Hinblick auf ihre Eintragung im Grundbuch ist die Vormerkung teilweise einem dinglichen Recht angenähert. Zwar lässt sich aufgrund der strengen Akzessorietät der Vormerkung dem Grundbuch nicht entnehmen, ob die Forderung - und damit insoweit auch die Vormerkung - (noch) besteht oder (noch) dem Eingetragenen zusteht; denn das Erlöschen und der Übergang der Forderung vollziehen sich außerhalb des Grundbuchs. Aus der Eintragung im Grundbuch ergibt sich aber bei einer gemäß § 885 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB bestellten Vormerkung zum einen, dass die Bewilligung dessen, dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, erteilt worden ist, und zum anderen die dingliche Gebundenheit des betroffenen Rechts und die Rangstellung der Vormerkung. Anders als bei dem Erwerb einer Forderung oder eines Pfandrechts ergibt sich bezüglich dieses "sachenrechtlichen Teils" der Vormerkung aus dem Grundbuch ein objektiver Rechtsschein, auf den der Zessionar einer vormerkungsgesicherten Forderung vertrauen kann (vgl. Bauer/Schaub/Lieder, GBO, 4. Aufl., Teil C Rn. 99; Schreiber/Ruge/Preuß, Handbuch Immobilienrecht, 4. Aufl., Kapitel 14 Rn. 58).

(c) Bei einem Zweiterwerb der Vormerkung liegt auch eine mit dem Erwerb eines dinglichen Rechts vergleichbare Interessenlage vor. Ebenso wie bei der Übertragung eines dinglichen Rechts besteht im Interesse des Rechtsverkehrs auch bei dem gesetzlichen Übergang der Vormerkung infolge der Abtretung des gesicherten Anspruchs ein Bedürfnis, sich auf das Grundbuch verlassen zu können. Die Vormerkung soll dem Berechtigten das zu dem Zeitpunkt des Erwerbs der Vormerkung nach der Grundbuchlage bestehende Erfüllungsvermögen des Schuldners sichern. Die Eintragung der Vormerkung ist insofern Grundlage für das Vertrauen, das Eigentum ohne die im Zeitpunkt des Übergangs nicht vorhandenen oder nachträglich eingetragenen Belastungen erwerben zu können. Derjenige, der den gesicherten Anspruch durch Abtretung erwirbt, ist auf die möglichst frühzeitige Absicherung seines in Aussicht genommenen Rechtserwerbs nicht weniger angewiesen als der ursprüngliche Erwerber. Gerade bei Kettenveräußerungen besteht ein praktisches Bedürfnis für die Verkehrsfähigkeit der Vormerkung. Die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung ist oft von der Absicherung des Käufers durch eine Vormerkung abhängig. Eine solche kann der ursprüngliche Erwerber aber nach § 885 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB erst bestellen, wenn er im Grundbuch eingetragen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 1996 - V ZB 27/96, BGHZ 134, 182, 188). Diese Eintragung abzuwarten, wäre mit einem erheblichen Aufwand von Zeit und Kosten verbunden, der den praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs zuwiderliefe.

(d) Die dogmatischen Bedenken der Gegenauffassung gegen die analoge Anwendung des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB greifen nicht durch. Es fehlt für die entsprechende Anwendung weder an einem rechtsgeschäftlichen Erwerb noch ist die analoge Anwendung in dem dargestellten Umfang deswegen ausgeschlossen, weil sich der Übergang der Vormerkung ohne einen sachenrechtlichen Übertragungstatbestand außerhalb des Grundbuchs vollzieht.

(aa) Obwohl die Vormerkung nicht isoliert, sondern nur infolge der Abtretung des gesicherten Anspruchs übergehen kann, handelt es sich bei der Übertragung des Anspruchs und dem Übergang der Vormerkung bei funktioneller Betrachtung um einen einheitlichen rechtsgeschäftlichen Vorgang (vgl. MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl., § 885 Rn. 44; Prütting, Sachenrecht, 37. Aufl., § 18 Rn. 198; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 83 Rn. 36; Wunner, NJW 1969, 113, 116 f.). Der Übergang der Vormerkung knüpft - anders als etwa die Entstehung eines gesetzlichen Pfandrechts (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Dezember 1960 - VIII ZR 146/59, BGHZ 34, 153, 157 f.) - nicht an rein tatsächliche Vorgänge oder von dem Parteiwillen unabhängige Ereignisse, sondern an die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung an. Die Vertragspartner können den Übergang der Vormerkung zwar ausschließen (vgl. hierzu Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 20 Rn. 53; Staudinger/Kesseler, BGB [5.2.2022], § 883 Rn. 428 mwN). In aller Regel wird der Übergang der Vormerkung aber das Hauptanliegen der Vertragspartner bei der Abtretung des gesicherten Anspruchs sein, weswegen häufig auch untechnisch von einer "Abtretung der Vormerkung" gesprochen wird.

(bb) Die analoge Anwendung des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet auch nicht wegen eines fehlenden sachenrechtlichen Übertragungstatbestandes aus. Zwar ist es zutreffend, dass der gutgläubige Erwerb von dinglichen Rechten in der Regel an einen solchen Tatbestand anknüpft. Bei der Vormerkung kann es hingegen auf die Eintragung der Zession im Grundbuch entgegen vereinzelter Ansicht (vgl. jurisPK-BGB/Stamm, 9. Aufl., § 885 Rn. 109 ff.; Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, 6. Aufl., § 22 Rn. 17; Trapp, Die dingliche Wirkung der Vormerkung im Rechtsverhältnis zwischen dem aus einer Auflassungsvormerkung Berechtigtem und dem vormerkungswidrig eingetragenen Dritten, 1974, S. 124) schon deshalb nicht ankommen, weil diese nur deklaratorisch ist (vgl. oben Rn. 20). Der gutgläubige Zweiterwerb der Vormerkung in dem dargestellten Umfang bezieht sich aber gerade nicht auf den Übergang der Vormerkung, der sich allein nach der Forderung richtet, sondern lediglich darauf, dass sich aus dem Grundbuch die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der abgetretenen Forderung ergibt. Der gute Glaube an den aus dem Grundbuch ersichtlichen "sachenrechtlichen Teil" der Vormerkung ist nicht deswegen weniger schutzwürdig, weil sich die von der Forderung abhängigen Elemente der Vormerkung nicht aus dem Grundbuch ergeben.

(e) Die nach alledem gebotene analoge Anwendung des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Zweiterwerb der Vormerkung ist nicht davon abhängig, aus welchen dinglichen Gründen die Bestellung der Vormerkung mangelhaft war. Soweit sich aus der zitierten Entscheidung des Senats (Beschluss vom 21. Juni 1957 - V ZB 6/57, BGHZ 25, 16, 24) im Hinblick auf die fehlende Bewilligung des Eigentümers etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht fest. Ein sachlicher Grund für eine solche Unterscheidung besteht nicht, da sich für den schutzwürdigen Erwerber die Sachlage bei einer fehlenden Bewilligung nicht anders darstellt als bei einer Unwirksamkeit der Vormerkung aus anderen, auf den dinglichen Entstehungstatbestand bezogenen Unwirksamkeitsgründen (vgl. Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 83 Rn. 36; Reinicke, NJW 1964, 2373, 2378 f.). Inwieweit eine Vormerkung bei Abtretung eines Anspruchs auch dann gutgläubig erworben werden kann, wenn es sich nicht um die erste, sondern eine weitere Abtretung handelt bzw. der Zedent nicht im Grundbuch eingetragen ist, ist hier nicht zu entscheiden.

b) Hat die Klägerin ihre Vormerkung im Hinblick auf die vorrangige Vormerkung des Beklagten gutgläubig "lastenfrei" erworben, wäre ihr es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - möglich gewesen, auch das Eigentum ohne die vorrangige Vormerkung des Beklagten zu erwerben (vgl. Senat, Urteil vom 31. Oktober 1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446, 447; Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947; Urteil vom 20. Juli 2007 - V ZR 245/06, NJW-RR 2008, 102 Rn. 21). Diese Wirkung der Vormerkung kann hier auch der Streithelferin bei ihrem Zwischenerwerb zugutegekommen sein.

aa) Anders als das Berufungsgericht meint, erfordert der Eigentumserwerb aufgrund des vormerkungsgesicherten Anspruchs nicht zwingend, dass der Vormerkungsschuldner (hier: Erstverkäuferin) unmittelbar an den Anspruchsinhaber und Vormerkungsberechtigten (hier: Klägerin) leistet. Der Senat hat für eine vergleichbare Fallkonstellation entschieden, dass die Wirkungen einer dem Käufer eingeräumten Auflassungsvormerkung dem Dritten (hier: Streithelferin) zugutekommen, an den der Verkäufer mit Zustimmung des Käufers (§ 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB) übereignet. Tritt der Zedent seinen durch Vormerkung gesicherten, gegen den Erstverkäufer gerichteten Auflassungsanspruch an einen in Ansehung eines nicht eingetragenen vorrangigen Rechts gutgläubigen Zessionar ab und übereignet der Erstverkäufer das Grundstück sodann mit Zustimmung des Zessionars an den Zedenten als Zwischenerwerber, so kommen die Wirkungen der Vormerkung dieser Entscheidung zufolge dem Zedenten zugute. Aufgrund der dem Zedenten vom Anspruchsinhaber gemäß § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB erteilten Ermächtigung, die geschuldete Leistung in Empfang zu nehmen, stellt sich der Zwischenerwerb nämlich als Erfüllung des vormerkungsgesicherten Anspruchs dar (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947, 2948).

bb) Daran gemessen kann die Streithelferin das Eigentum frei von der vorrangigen Vormerkung des Beklagten erworben haben.

(1) Dass die Klägerin die Streithelferin ermächtigt hat, die geschuldete Leistung nach § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB in Empfang zu nehmen, stellen die Parteien nicht in Abrede. Eine solche Ermächtigung liegt - wie die Revision zu Recht geltend macht - aufgrund der vereinbarten Sicherungsabtretung auch nahe (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, ZIP 1999, 927 mwN).

(2) Zugunsten der Revision ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen, dass die Übereignung an die Streithelferin in Erfüllung des durch diese Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs erfolgt ist (vgl. dazu unten Rn. 49).

(3) Anders als in dem der Entscheidung vom 17. Juni 1994 zugrundeliegenden Sachverhalt war die Streithelferin hier allerdings sowohl im Jahr 2014, als sie die Vormerkung selbst erwarb, als auch bei ihrem Eigentumserwerb im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten nicht gutgläubig im Sinne des § 892 BGB. Die genannten Grundsätze gelten aber auch dann, wenn der Zedent seinerseits bei Erwerb der Vormerkung nicht gutgläubig im Sinne von § 892 BGB war.

(a) Stellt sich die Übertragung des Eigentums als Erfüllung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dar, ist allein entscheidend, welche Wirkung die Auflassungsvormerkung zugunsten des Gläubigers des Anspruchs im Zeitpunkt der Erfüllung hatte. Denn die Auflassungsvormerkung besteht nur mit dem Inhalt, den sie für den Gläubiger hatte. Ist ein gutgläubiger Erwerb einer Rechtsposition erfolgt, ist diese im Rechtsverkehr genauso wirksam, als wäre der Erwerb vom Berechtigten erfolgt. Ebenso wie sich der Inhalt der gutgläubig erworbenen Auflassungsvormerkung nicht mehr ändert, wenn der Berechtigte nach dem gutgläubigen Erwerb bösgläubig oder ein Widerspruch eingetragen wird (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 1971 - V ZR 90/69, BGHZ 57, 341, 343 f.; Urteil vom 31. Oktober 1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446, 447), kann die Übereignung an einen Dritten mit Zustimmung des Gläubigers in Erfüllung des gesicherten Anspruchs nichts an der Sicherungswirkung der Auflassungsvormerkung ändern. Ein gutgläubig erworbenes Recht ist gleichwertig mit einem vom Berechtigten erworbenen Recht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2001 - XI ZR 41/00, NJW-RR 2001, 1097, 1098 mwN).

(b) Dieses Ergebnis wird auch durch die Überlegung gestützt, dass es demjenigen, der gutgläubig eine Vormerkung erworben hat, nicht zur Last fallen kann, wenn er entscheidet, dass die Erfüllung des vormerkungsgesicherten Anspruchs an einen Dritten erfolgen soll. Andernfalls hinge der Wert des von ihm erworbenen Rechts nämlich davon ab, ob die Erfüllung an ihn selbst, einen gutgläubigen Dritten oder einen bösgläubigen Dritten erfolgt. Dies würde zu einer deutlichen Schmälerung der Rechtsstellung des Vormerkungsinhabers führen, was gerade in der hier vorliegenden Konstellation deutlich wird: Hätte die Erstverkäuferin direkt an die Klägerin übereignet, beständen an einem im Hinblick auf die Vormerkung des Beklagten "lastenfreien" Eigentumserwerb der Klägerin keine Zweifel. Ein Zwischenerwerb der Streithelferin, die selbst nicht mehr Inhaberin des gesicherten Auflassungsanspruchs war, kann daran nichts ändern.

4. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Dass der gesicherte Anspruch unter einer aufschiebenden Bedingung stand, führt nicht dazu, dass er nicht vormerkungsfähig war. Nach § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB können auch bedingte Ansprüche durch Auflassungsvormerkung gesichert werden (vgl. hierzu im Einzelnen Senat, Beschluss vom 5. Dezember 1996 - V ZB 27/96, BGHZ 134, 182, 185 f.; Beschluss vom 13. Juni 2002 - V ZB 30/01, BGHZ 151, 116, 121; Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, WM 2013, 1894 Rn. 30, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 198, 14).

b) Von der Gutgläubigkeit der Klägerin bei einem Erwerb der Vormerkung am 15. Mai 2017 ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen. Bei einem abgeleiteten Erwerb der Vormerkung ist der Zeitpunkt der Abtretung der gesicherten Forderung entscheidend für die Gutgläubigkeit des Zessionars. Maßgeblich für die Gutgläubigkeit ist nach § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB nämlich der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai 1980 - V ZR 27/79, NJW 1980, 2413, 2414; Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, NJW 2001, 359, 360); dies ist bei einem abgeleiteten Erwerb der Vormerkung die Abtretung der gesicherten Forderung (vgl. AK-BGB/v. Schweinitz, § 885 Rn. 28). Am 15. Mai 2017 war die Löschung der zugunsten des Beklagten bestehenden Auflassungsvormerkungen bereits erfolgt, die Widersprüche waren indes noch nicht eingetragen. Inwieweit die aufschiebende Bedingung des von der Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs im Zeitpunkt der Abtretung des Anspruchs bereits eingetreten war, ist für den für den guten Glauben entscheidenden Zeitpunkt nicht erheblich; insoweit gilt Entsprechendes wie bei durch Vormerkung gesicherten künftigen Ansprüchen (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 31. Oktober 1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446, 447). Dass der vormerkungsgesicherte Anspruch aufschiebend bedingt war, hinderte den Übergang der Vormerkung am 15. Mai 2017 nicht. Ein aufschiebend bedingter Anspruch entsteht nicht erst mit Eintritt der vorgesehenen Bedingung, sondern bereits im Zeitpunkt der Vereinbarung (näher Senat, Beschluss vom 13. Juni 2002 - V ZB 30/01, BGHZ 151, 116, 122; BGH, Urteil vom 21. September 1994 - VIII ZR 257/93, BGHZ 127, 129, 134) und kann daher bereits vor Bedingungseintritt mit der Folge des Übergangs von Sicherungsrechten gemäß § 401 BGB abgetreten werden.

C.

1. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil noch weitere Feststellungen zu treffend sind. Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

2. Das Berufungsgericht wird insbesondere Folgendes zu klären haben:

a) Offen ist, inwieweit im Hinblick auf den vormerkungsgesicherten Anspruch im Kaufvertrag aus dem Jahr 2014 ein Abtretungsverbot nach § 399 Fall 2 BGB bestand und gegebenenfalls, ob und wann die Erstverkäuferin die Abtretung genehmigte. Sollte die Abtretung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs ausgeschlossen gewesen sein, schiede ein Erwerb der Vormerkung durch die Klägerin am 15. Mai 2017 aus (vgl. Monath, RNotZ 2004, 359, 370). Eine später erklärte "Genehmigung" der Abtretung durch die Zedentin hätte, anders als die Revision meint, keine Rückwirkung, sondern führte lediglich dazu, dass die Abtretung im Zeitpunkt der Genehmigung wirksam würde (st. Rspr., vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 1. Februar 1978 - VIII ZR 232/75, BGHZ 70, 299, 303; Urteil vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 176; vgl. auch Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Insoweit wäre dann der Zeitpunkt der "Genehmigung" für den guten Glauben der Klägerin entscheidend.

b) Zu klären ist auch, auf welcher Grundlage der Zwischenerwerb der Streithelferin beruhte. Das Berufungsgericht hat hierzu - von seinem rechtlichen Ansatzpunkt folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Die Wirkung der Auflassungsvormerkung könnte der Streithelferin nur zugutegekommen sein, wenn der Zwischenerwerb in Erfüllung des abgetretenen Anspruchs erfolgte. Inwieweit dies der Fall war, ist, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die Erstverkäuferin und die Streithelferin nach der Abtretung eine Änderungsvereinbarung zum Kaufvertrag aus dem Jahr 2014 geschlossen haben sollen, unklar.

c) Offen ist darüber hinaus, ob sich die Klägerin im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs durch die Streithelferin bereits auf die Wirkungen der Auflassungsvormerkung berufen konnte. Die Wirkung einer Auflassungsvormerkung, die einen aufschiebend bedingten Anspruch sichert, kann erst bei Eintritt der Bedingung geltend gemacht werden (vgl. BeckOGK/Assmann, BGB [1.11.2022], § 883 Rn. 182; vgl. entsprechend zum künftigen Anspruch Senat, Urteil vom 31. Oktober 1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446, 447; Urteil vom 3. Dezember 1999 - V ZR 329/98, NJW 2000, 1033). Ob die Bedingungen des Übereignungsanspruchs aus dem Kaufvertrag zwischen der Erstverkäuferin und der Streithelferin bereits eingetreten waren, ergibt sich aus den Feststellungen nicht.

Brückner

Göbel

Malik

Laube

Grau