Landgericht Hamburg
Beschluss
In der Sache
1) S.. O. E. G. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, <leer>
- Antragstellerin -
2) R. E. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, <leer>
- Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: <leer>
gegen
L. K., <leer>
Prozessbevollmächtigte: <leer>
beschließt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 24 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. S..., den Richter am Landgericht Dr. S... und den Richter am Landgericht {Kemper} am 04.07.2022 ohne mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit gemäß § 937 Abs. 2 ZPO:
I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung
untersagt,
zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
1. "Wir dürfen einmal in der Woche eine Einkaufsliste schreiben. Einmal in der Woche." (06:50)
2. (...)
3. (...)
4. "Leute, wir standen auf der Treppe, es sollte in 2 Minuten losgehen mit der Fashion Show, da kamen die Stylisten und haben gezielt Mädels von uns die Füße eingecremt. (...) Aber nicht jeder, sondern nur gezielt manchen Mädels. Und das Problem war, wir sind noch nie ´ne Fashion Show gelaufen, wir wussten nicht: mit komplett glitschig eingecremten Füßen in nem High Heel, wenn die Show in ´ner Minute losgeht bist du am Arsch. Du rutschst dermaßen aus den Schuhen, du hast keine Chance. Die Mädels sind über den Laufsteg gestolpert. Das heißt, es wird vorher einfach manipuliert, wer stolpern soll und wer nicht. Ganz einfache Nummer."(16:20)
5. "Sie haben mir wirklich verkauft, sie stellen mir einen Psychologen an die Seite, haben nen Psychologen an die Seite gestellt. Am Ende hat sich herausgestellt, es war gar kein Psychologe, er ist Medienberater für die Produktionsfirma." (22:36) wenn dies geschieht wie unter https://www. y..com/ <leer> und aus Anlage Ast 2 ersichtlich.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerinnen jeweils 25 % und die Antragsgegnerin 50 % zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist im tenorierten Umfang begründet und war im Übrigen zurückzuweisen.
Der Antrag zu Ziff. 1 ("Einkaufsliste") ist nach den Grundsätzen der sog. mehrdeutigen Äußerung begründet. Jedenfalls ein Teil der Zuschauerschaft versteht die Passage so, dass die Teilnehmerinnen der Show über die gesamte Produktionsdauer lediglich einmal wöchentlich eine Einkaufsliste verfassen durften. Dies erscheint im Lichte der eidesstattlichen Versicherung der Frau M. (Anlagenkonvolut ASt 7) prozessual unwahr. Dort führt Frau M. aus, dass es die eingangs offenbar geplante Vorgehensweise, nur eine Einkaufsliste pro Woche und nur einen Einkauf pro Woche durchzuführen, sich bereits nach dem ersten Einkauf als nicht durchführbar erwies und diese Praxis mithin auch nicht beibehalten wurde. Ferner wurden nach der Erklärung von Frau M. von ihr auch abseits von der "offiziellen" Einkaufsliste besondere Lebensmittel eingekauft, die es nicht im Supermarkt gab. Soweit die Antragsgegnerin sich in ihrer eidesstattlichen Versicherung (Anlage AG 1) zu diesem Thema verhält, liegt eine Non-liquet-Situation vor.
Der Antrag zu Ziff. 2 ("zuckerhaltige Lebensmittel") ist nicht begründet. Aus der eidesstattlichen Versicherung der Frau M. (dort Ziff. 6) ergibt sich lediglich, dass sie selbst keine Verbote bezüglich der genannten Lebensmittel ausgesprochen hat. Demgegenüber trägt die Antragsgegnerin vor, dass das erwähnte "Verbot" von einem Produktionsmitarbeiter unter Hinweis auf eine etwaige Missbilligung durch H. K. ausgesprochen worden sei. Soweit die Antragstellerseite mit dem Anlagenkonvolut ASt 8 Einkaufslisten vorlegt, auf denen sich zucker- bzw. fetthaltige Lebensmittel (z.B. Kakao, Süßkartoffelchips, Himbeermarmelade) befinden, belegt dies nicht, dass die dort geäußerten Wünsche auch beim Einkauf berücksichtigt wurden.
Der Antrag zu Ziff. 3 ("ganze Handlungen vorgeschrieben") ist unbegründet. Das Verständnis der Zuschauerschaft der unbestimmten Begriffe "Handlung" und "vorschreiben" erschöpft sich nicht in der Vorgabe bestimmter Dialoge oder Aussagen der Teilnehmerinnen, sondern umfasst das Einwirken auf das gesamte Verhalten der Teilnehmerinnen zum Zwecke der filmischen Verwertung. Die Antragstellerseite verhält sich insoweit insbesondere nicht zu der Erklärung der Antragsgegnerin, dass z.B. seitens der Produktion ein Kartenspiel der Teilnehmerinnen seitens der Produktion unterbrochen worden sei, um "etwas anderes" zu machen, nämlich z.B. über andere Kandidatinnen zu reden bzw. zu lästern. Dies genügt als Anknüpfungstatsache für die Bewertung der Antragsgegnerin, dass den Teilnehmerinnen ganze Handlungen vorgeschrieben worden seien.
Ziff. 4 ("eingecremte Füße") ist teilweise begründet. Ein Anspruch der Antragstellerseite besteht insoweit, als in der Passage von der Antragsgegnerin beanstandet wird, dass zu manipulativen Zwecken nur einzelne Teilnehmerinnen "gezielt" eingecremt worden seien. Dem hält die Antragstellerseite mit der eidesstattlichen Versicherung des Herrn M entgegen, dass beabsichtigt gewesen sei, alle Teilnehmerinnen mit Bräunungscreme zu versehen. Damit fehlt es auch an einer Grundlage für den letzten Äußerungsteil, so dass dieser zu untersagen war. Der Antrag ist allerdings unbegründet, soweit es um die Passage "da kamen die Stylisten und haben (...) Mädels (...) die Füße eingecremt. Denn unstreitig geschah genau dies; äußerungsrechtlich macht es keinen Unterschied, dass dies - so trägt es die Antragstellerseite vor - ausschließlich auf Geheiß des Gastjurors hin geschah, da die Produktionsfirma, welcher die Verantwortung für die sichere Durchführung der "Catwalkshow" oblag, dieses potentiell unfallträchtige Verhalten gebilligt haben dürfte, es jedenfalls nicht verhindert hat. Die Kammer weist darauf hin, dass nur die unterstrichenen Passagen der Untersagung unterliegen.
Der Antrag zu Ziff. 5 ("Psychologe") ist unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung des Herrn T. begründet. Danach ist es prozessual unwahr, dass Herr T. - so das Verständnis der Zuschauerschaft - kein Psychologe ist.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 3, 92 Abs. 1 ZPO.