OLG Köln, Urteil vom 23.06.2022 - 18 U 8/21
Fundstelle
openJur 2022, 14620
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 154.681 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Beträgen, die er für angeblich illegale Online-Glücksspiele auf der von A Ltd. (im Folgenden: Glückspieleanbieter) betriebenen Internetseite Internetadresse 1 verwendet haben will.

1. Der Kläger hat bei der Beklagten, die den Online-Zahlungsdienst B betreibt, seit Oktober 2006 ein B-Konto. Er leistete ab März 2016 unter Inanspruchnahme des vorgenannten Zahlungsdienstes Zahlungen in Höhe von insgesamt 297.053 €, um sein Spielerkonto bei dem mit der Beklagten über ein "Payment Processing Agreement" verbundenen Glücksspieleanbieter aufzuladen. Er nimmt die Beklagte mit der Behauptung in Anspruch, er habe die über die Beklagte an den Glückspieleanbieter transferierten Gelder für illegale Online-Casinospiele verwendet und hierbei insgesamt 157.681 € verloren.

Wegen der getroffenen Feststellungen und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angegriffene Urteil des Landgerichts (GA 437 ff.) Bezug genommen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 154.681 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. Dezember 2020 abgewiesen. Seine Entscheidung hat es - soweit für die Berufung von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

a) Die Klage sei zulässig. Die internationale Zuständigkeit für vertragliche Ansprüche folge aus Art. 17 Abs. 1 lit c) EuGVVO, diejenige für deliktische Ansprüche aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.

b) Die Klage sei jedoch unbegründet, weil dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch nicht zustehe.

aa) Dies beurteile sich ungeachtet der in den Nutzungsbedingungen der Beklagten zugunsten des Rechts von England und Wales enthaltenen Rechtswahl nach deutschem Recht. Die Parteien hätten, indem sie im Bewusstsein des gegebenen Auslandsbezugs im Rahmen dieses Rechtsstreits ausschließlich auf Grundlage des deutschen Sachrechts argumentiert hätten, mit dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein nachträglich eine konkludente Rechtswahl zugunsten des deutschen Sachrechts getroffen.

bb) (1) Ein Anspruch aus § 675c Abs. 2, § 675u Satz 2 BGB sei nicht gegeben, weil dies einen unautorisierten Zahlungsvorgang voraussetze. Daran fehle es. Die durch den Kläger erteilten Autorisierungen seinen nicht nach § 134 BGB nichtig, weil diese gegen kein gesetzliches Verbot verstießen.

§ 4 Abs. 1 und 4 des Glücksspielstaatsvertrages vom 15. Dezember 2011 (im Folgenden: GlüStV 2011) verbiete die Teilnahme an und die Veranstaltung von Glücksspiel, also erst das der Aufladung des Spielerkontos nachgelagerte Verhalten des Spielers.

Eine Nichtigkeit der Autorisierung folge auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011. Zwar verbiete dieser auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel. Allerdings ergebe sich aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 und den zugrunde liegenden Erläuterungen, dass hiernach einer Inanspruchnahme Dritter als verantwortlicher Störer die Unterrichtung von der Illegalität des Glückspiels durch die Glücksspielaufsichtsbehörde vorausgehen müsse. Durch die für die Glücksspielaufsichtsbehörden erweiterte Möglichkeit der Inanspruchnahme Dritter solle jedoch nicht in den Zahlungsverkehr - hier - zwischen Kläger und Beklagter eingegriffen werden. Dass es einen Hinweis durch die Glücksspielaufsicht gegeben habe, sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Umstand, dass der Kläger nach § 134 BGB wegen fehlender entsprechender Genehmigung möglicherweise nicht gegenüber dem Glücksspieleanbieter zur Zahlung seiner Einsätze verpflichtet gewesen sei, wirke sich auf das Anweisungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht aus.

(2) Auch ein Anspruch des Klägers aus § 675c Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

(a) Die Beklagte habe mit dem Transfer des Geldes auf das Spielerkonto des Klägers keine Schutzpflicht verletzt. Sie sei vielmehr nach § 675o Abs. 2 BGB zur Ausführung des autorisierten Zahlungsauftrags verpflichtet gewesen. Für eine gegenteilige Ausnahme reiche es nicht aus, dass die Zahlung bzw. Anspruchserfüllung im Valutaverhältnis möglicherweise gegen Rechtsvorschriften verstoße, sittenwidrig oder rechtsgrundlos erfolgt sei. Entsprechendes ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, derzufolge ein Kreditkartenunternehmen die Zahlung an Vertragsunternehmen grundsätzlich für erforderlich halten dürfe, ohne die Wirksamkeit der dem Vertragsunternehmen zustehenden Forderung prüfen zu müssen. Etwas anderes sei nur anzunehmen, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar sei, dass dem Vertragsunternehmen im Valutaverhältnis zum Karteninhaber eine Forderung nicht zustehe. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Denn im Zeitpunkt, in dem der Kläger seinen Zahlungsauftrag zur Aufladung seines Spielerkontos auslöse, sei für die Beklagte nicht erkennbar, ob das Geld in der Folgezeit für illegales Online-Glücksspiel verwendet werde. Zum einen verfüge die A Ltd. über eine Lizenz des Bundeslandes C, weshalb das Online-Casinospiel für sich in diesem Bundesland aufhaltende Personen legal sei. Zum anderen habe der Kläger sich das Geld vom Spielerkonto auch wieder auszahlen lassen können.

Auch eine Verpflichtung der Klägerin, den Aufenthaltsort des Klägers zu prüfen, bestehe nicht; diese habe von einem rechtstreuen Verhalten des Klägers ausgehen dürfen und nicht mit einem Verstoß gegen § 285 StGB rechnen müssen.

Schließlich bestehe eine Warnpflicht des Kreditinstituts nur bei Verdacht einer Fremdschädigung, während vorliegend der Kläger allenfalls im Begriff gewesen sei, sich selbst zu schädigen.

(b) Aus diesem Grund sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, eine Kooperationsvereinbarung mit der A Ltd. zu unterlassen.

(c) Schließlich sei nicht ersichtlich, inwieweit eine etwaige Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden adäquat kausal gewesen sei.

Es handle sich um ein selbstschädigendes Verhalten des Klägers. Dieses sei zwar durch die Zahlungsdienstleistung der Beklagten ermöglicht worden. Doch habe die Beklagte den Kläger nicht zur Selbstschädigung bestimmt; die Teilnahme an einem illegalen Glücksspiel sei dem Kläger selbst zuzurechnen.

Auch sei nicht dargetan, dass der Kläger von einer Teilnahme an den Online-Glücksspielen abgesehen hätte, wenn die Beklagte mit dem Glücksspieleanbieter keine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen hätte. Eine solche Schlussfolgerung sei nicht plausibel, denn dagegen spreche, dass der Kläger sein Spielerkonto auch per Kreditkarte aufgeladen habe.

(3) Aus den gleichen Erwägungen scheide auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 GlüStV 2011, §§ 284, 285 StGB aus.

3. Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers (auf Bl. 93 ff. eA), mit der er seine Klageforderung in vollem Umfang weiter verfolgt.

a) Er rügt im Wesentlichen, dass das Landgericht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, indem es unstreitige Tatsachen nicht berücksichtigt und, indem es aus unerfindlichen Gründen eine Kenntnis des Klägers von der Illegalität des Online-Glücksspiels unterstellt habe, den Sachverhalt einseitig bewertet habe.

b) Vor diesem Hintergrund erweise sich das landgerichtliche Urteil als fehlerhaft.

(1) Nicht nachvollziehbar sei, dass das Landgericht eine Warnpflicht des Kreditinstituts nur bei Verdacht einer Fremdschädigung annehme, obwohl sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung etwas anderes ergebe. Tatsächlich hätten für die Beklagte vor jeder Transaktion massive Anhaltspunkte vorgelegen für das Vorliegen einer zum Nachteil ihres Kunden - hier des Klägers - gehenden Straftat nach § 284 StGB; die Beklagte habe nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass die Transaktionen nicht im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel stünden. Indem das Landgericht eine Kenntnis des Klägers von der Illegalität des Online-Glücksspiels unterstelle, andererseits aber ausführe, die Beklagte habe von einem rechtstreuen Verhalten des Kunden ausgehen dürfen, erweise sich seine Argumentation als widersprüchlich. Ferne habe das Landgericht es unterlassen, sich mit dem Geltungsbereich des C Gesetzes auseinanderzusetzen, das für die Legalität des Online-Glücksspiels entweder einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt des Spielers in C verlange, woran es hier fehle (vgl. Bl. 99 ff. eA).

(2) Darüber hinaus handle es sich bei § 4 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrages StV 2011, der dem Schutz des Spielers diene, um eine Verbotsnorm mit zivilrechtlicher Auswirkung. Dies ergebe sich auch aus dem Kontext zu § 4 Abs. 4 GlüStV 2011, den andere Gerichte als Schutz- und Verbotsgesetz eingestuft hätten (vgl. Bl. 105 ff. eA).

(2) Um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handle es sich auch bei der in § 284 StGB unter Strafe gestellten unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels, hinsichtlich derer sich die Beklagte wegen Beihilfe strafbar gemacht habe (vgl. Bl. 119 ff. eA).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 17. Dezember 2020- 22 O 482/19 - die Beklagte zu verurteilen, an ihn 154.681 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil (vgl. Bl. 144 ff. eA).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien wechselseitig zur Verfahrensakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, so dass sie zurückzuweisen ist. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen.

a) Das Landgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Dabei hat es jedenfalls im Ergebnis zutreffend die - in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfende - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte angenommen. Diese ist hier kraft rügeloser Einlassung der Beklagten nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012 (ABl. EU Nr. L 351 S. 1) begründet.

b) Das Landgericht hat ferner die Klage auch zu Recht abgewiesen.

aa) Dabei hat es seiner Prüfung zutreffend deutsches Sachrecht zugrunde gelegt. Es hat rechtsfehlerfrei - und von den Parteien unbeanstandet - angenommen, dass die Parteien im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits in Kenntnis der maßgebenden Umstände und mit dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein konkludent eine nachträgliche Rechtswahl zugunsten des deutschen Sachrechts getroffen haben, die sowohl durch Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) vom 27. Juni 2008 als auch durch Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) vom 27. Juni 2008 eröffnet ist (vgl. auch Thorn, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., Rom I Art. 3 Rn. 8, 11, Rom II Art. 14 Rn. 6).

bb) Die Annahme des Landgerichts, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch nicht zusteht, ist frei von Rechtsfehlern.

aaa) Ein auf Erstattung von Zahlungsbeträgen gerichteter Anspruch des Klägers aus § 675c Abs. 2, § 675 Abs. 2 Satz 1, § 675u Satz 2 BGB ist nicht gegeben. Ein solcher Anspruch setzt einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang voraus, was im vorliegenden Fall aufgrund der durch den Kläger erteilten Autorisierungen nur angenommen werden könnte, wenn die Autorisierungen nichtig wären.

bbb) Dies ist hier nicht der Fall, denn die Autorisierungen sind, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, nicht nach § 134 BGB nichtig.

(1) Soweit das Landgericht eine Nichtigkeit nach § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 verneint hat, wird auf die keiner Ergänzung bedürfenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, denen die Berufung auch nicht entgegen tritt.

(2) Die Autorisierungen sind auch nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 nichtig. Dabei kann dahin stehen, ob die Autorisierung des (spielenden) Kunden als dessen einseitige Willenserklärung überhaupt als Mitwirkungshandlung der Beklagten im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 in Betracht kommt (zweifelnd Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221). Denn ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 würde die Wirksamkeit der Autorisierung nicht berühren.

(a) Teilweise wird die auf einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStv 2011 gestützte Nichtigkeit der Autorisierung für möglich erachtet, jedoch unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 vom Einschreiten der Glücksspielaufsichtsbehörde abhängig gemacht; habe diese ein Verbot der Mitwirkung angeordnet, solle die Autorisierung nach § 134 BGB nichtig sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 6. Februar 2019 - 19 U 793/18, WM 2019, 1301, 1303 f.; LG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2019 - 8 O 398/18, BeckRS 2019, 24433 Rn. 21; LG Hamburg, Urteil vom 3. Januar 2020 - 330 O 111/19, BeckRS 2020, 1847 Rn. 11; ebenso Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175).

Ergänzend wird darauf abgestellt, dass der in § 1 GlüStV 2011 niedergelegte Schutzzweck konterkariert würde, nähme man eine Nichtigkeit der Zahlungsvorgänge an, denn die Möglichkeit der Schadlosstellung beim Zahlungsdienstleister begründete - einem "Freibrief" gleichkommend - für Spieler den Anreiz, ohne eigenes Verlustrisiko an illegalen Glücksspielen teilzunehmen (OLG München, Beschluss vom 6. Februar 2019 - 19 U 793/18, WM 2019, 1301, 1304; LG Düsseldorf a.a.O. Rn. 24; LG Hamburg a.a.O.; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175; ebenso Vossler, in BeckGOK-BGB, Stand: 1. Juni 2021, § 134 Rn. 219 aE).

(b) Andere wiederum vertreten den Standpunkt, dass Autorisierungen stets wirksam seien, auch wenn die zu autorisierende Zahlung gegen ein gesetzliches Verbot verstoße (Schmalenbach, in: BeckOK-BGB, Stand: 62. Edition [1. Mai 2022], § 675j Rn. 6; Vossler, in BeckGOK-BGB, Stand: 1. September 2020, § 134 Rn. 219).

Dies wird zum einen damit begründet, dass das in § 675o Abs. 2 BGB geregelte Recht des Zahlungsdienstleisters, die Ausführung eines gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßenden autorisierten Zahlungsvorgangs abzulehnen, funktionslos sei, wenn der Rechtsverstoß bereits zur Unwirksamkeit der Autorisierung führe (Schmalenbach a.a.O.). Des Weiteren wird aus der Gesetzessystematik ein Gebot abgeleitet, die Autorisierung als solche wertneutral zu behandeln und die Zulässigkeit der Zahlung ex post aus der Sicht des Zahlungsdienstleisters zu beurteilen, wofür auch die Haftungsfreistellung in § 676c Nr. 2 BGB spreche (Schmalenbach a.a.O.).

(c) Der Senat tritt im Ergebnis dem letztgenannten Standpunkt bei, demzufolge Autorisierungen auch wirksam sind, wenn die zu autorisierende Zahlung gegen das Mitwirkungsverbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 verstößt. Denn § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist kein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 10 S 5/19, Anlage B 37 - Bl. 203 ff. [210 ff.] eA m.w.N.; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175; Vossler, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. September 2020, § 134 Rn. 219; in diesem Sinne auch Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 328 und [zu § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021]; Findeisen, WM 2021, 2128, 2135; a.A. obiter dicta wohl LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745, das im Rahmen der Prüfung des § 823 Abs. 2 BGB unter anderem den Charakter des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 als "Verbotsgesetz" diskutiert und bejaht).

(aa) § 134 BGB, demzufolge ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, findet auch auf die Autorisierung im Sinne des § 675j Abs. 1 BGB Anwendung. Zwar handelt es sich hierbei um eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Zahlungsdienstnutzers (vgl. Jungmann, in: MünchKommBGB, 8. Aufl., § 675j Rn. 12; Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 675j Rn. 3). Doch ist dies unschädlich. Denn als Rechtsgeschäft im Sinne des § 134 BGB sind auch einseitige Rechtsgeschäfte wie etwa Gestaltungserklärungen und Kündigungen erfasst (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Februar 2020 - KZR 7/17, NJW-RR 2020, 546 Rn. 18; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 34).

(bb) Jedoch handelt es sich bei § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 nicht um ein Verbotsgesetz, dessen Verletzung die Wirksamkeit der Autorisierung berührt.

(aaa) Dabei ist im Ausgangspunkt allerdings davon auszugehen, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 eindeutig ("... sind verboten") ein Verbot ausspricht. Dieses Verbot besteht unabhängig von einer gegenüber den Normadressaten des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 erfolgen Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote durch die Glücksspielaufsichtsbehörde; die Bekanntgabe nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 setzt ein Mitwirkungsverbot voraus und bedingt nicht erst ein solches.

(bbb) Darüber hinaus steht außer Zweifel, dass die Unterbindung von Transaktionen dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Zweck, illegales Glücksspiel zu unterbinden, Rechnung trägt. Denn ein für Zahlungsdienstleister bestehendes Regressrisiko kann diese zum Rückzug aus dem Glücksspielsegment veranlassen, wodurch Glücksspieleanbietern das Angebot (unerlaubter) Glücksspiele und Spielern das Erlangen von Spielguthaben erschwert würde (vgl. Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 220; ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745). Das demgegenüber vereinzelt vorgebrachte "Freibrief"-Argument (vgl. dazu oben unter [2] [a]) ist durchaus vertretbar, jedoch schon deswegen nicht überzeugend, weil die Spieler sich des Zahlungsdienstleisters überhaupt nicht bedienen könnten, wenn diese das Mitwirkungsverbot, was ihnen ohne Weiteres möglich ist, beachten würden.

(ccc) Allerdings bedingt eine systematischhistorische Betrachtung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages 2011 die Notwendigkeit, bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 einzubeziehen (zutreffend Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 220; vgl. auch Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 149; Neuhof, WuB 2020, 332, 335 f.). Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien, in denen der innere Zusammenhang zwischen den beiden vorgenannten Regelungen hervorgehoben wird (vgl. nur LT BW-Drucks. 15/1570 S. 17, 32). Den Gesetzesmaterialien lässt sich des Weiteren entnehmen, dass nur eine subsidiäre Inanspruchnahme der Zahlungsdienstleister nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 ermöglicht werden sollte, denn diese setzte neben der vorherigen Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote eine erfolglos gebliebene Inanspruchnahme des vom Online-Glücksspielverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV adressierten Veranstalters bzw. Vermittlers voraus (vgl. etwa LT BW-Drucks. 15/1570 S. 32). Dem durch den Kläger in diesem Zusammenhang (ab Bl. 111 eA) eingenommenen Standpunkt, ein Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien sei ausgeschlossen (ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 746), vermag der Senat nicht beizutreten. Der Rückgriff auf die Gesetzgebungsmaterialien ist allgemein anerkannt; es fügt sich, dass auch das Bundesverfassungsgericht in seinem "Spielhallenbeschluss" auf die Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zurückgegriffen hat (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. März 2007 - 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20 Rn. 133; vgl. auch Hendricks/Lüder a.a.O.).

Sieht man § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 im Zusammenhang, ergibt sich, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 lediglich die gesetzliche Grundlage dafür schafft, dass die Glücksspielaufsicht die Mitwirkung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 untersagt und so das Verbot aus § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 konkretisiert. Zweck dieser Verknüpfung ist es ersichtlich, auf diesem mittelbaren Weg die Glücksspielveranstalter zu treffen, die ihren Sitz regelmäßig im Ausland haben und deshalb für deutsche Verwaltungsbehörden nicht erreichbar sind (vgl. Findeisen, WM 2021, 2128, 2129).

Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der vereinzelt geäußerte Einwand, bei einem solchen Verständnis sei § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 funktionslos (LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745), als unbegründet. Im Gegenteil ermöglicht erst das in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 statuierte öffentlichrechtliche Mitwirkungsverbot eine auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 gestützte Inanspruchnahme von Zahlungsdienstleistern als Störer (wie hier Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 328; Hendricks/Lüders, ZfGW 2020, 216, 220, dort auch mit Hinweis auf die Rechtslage unter der Ägide des Glücksspielstaatsvertrages vom 30. Januar 2007, der wegen des Fehlens einer entsprechenden Verbotsnorm nur eine beschränkte Inanspruchnahme als Nichtstörer ermöglichte).

Mit Blick auf den öffentlichrechtlichen Charakter des Mitwirkungsverbots nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV, die nur subsdiär ausgestaltete Inanspruchnahme des gegen das Mitwirkungsverbot verstoßenden Zahlungsdienstleisters und die einseitige Ausgestaltung des Mitwirkungsverbots, die regelmäßig gegen eine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB spricht (vgl. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 9; Vossler, in: BeckGOK-BGB, Stand: 1. Juni 2022, § 134 Rn. 56; jeweils m.w.N.), geht der Senat davon aus, dass auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts - hier einer Autorisierung des Zahlers - unberührt lässt (in diesem Sinne auch Findeisen, WM 2021, 2128, 2135 [zu § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021]).

bbb) Auch ein Anspruch des Klägers aus § 675c Abs. 2, § 675f Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben.

(1) (a) Die Beklagte hat mit dem (autorisierten) Transfer der Beträge als E-Geld von dem B-Konto des Klägers auf das B-Konto des Glücksspieleanbieters keine ihr gegenüber dem Kläger bestehende (neben)vertragliche Pflicht verletzt. Sie war vielmehr nach § 675o Abs. 2 BGB zur Ausführung der ihr erteilten Zahlungsaufträge verpflichtet und zu einer Ablehnung unter anderem nur berechtigt, wenn die Ausführung des Zahlungsauftrages nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Dabei ist anerkannt, dass sich ein Zahlungsdienstleister in der Regel auf eine rein formale Prüfung darauf, ob der ihm erteilte Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach in Ordnung ist, beschränken darf (vgl. Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 675o Rn. 2/3, § 675f Rn. 8 m.w.N.). Da Zahlungsdienstleister bei der Abwicklung des Überweisungsverkehrs zum Zweck eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig werden, können sie sich wegen dieses beschränkten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge regelmäßig nicht um die Interessen der am Zahlungsverkehr beteiligten Personen kümmern und müssen sie sich nach dem sog. Grundsatz der Auftragsstrenge (Sprau a.a.O.) innerhalb der ihnen erteilten Aufträge halten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14; vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626; und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, WM 2010, 1393 Rn. 18).

Zwar ist anerkannt, dass Warn- und Hinweispflichten der Zahlungsdienstleister bestehen können, wenn sie von einem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Kontoinhabers Kenntnis haben (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14) oder wenn sie aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegen, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigt (vgl. BGH a.a.O. Rn. 15). Hieraus erwachsen jedoch keine generellen Prüfungs- und Überwachungspflichten der Zahlungsdienstleister. Vielmehr sind die Warn- und Hinweispflichten auf die Ausnahmefälle beschränkt, dass Treu und Glauben es nach den Umständen des Einzelfalls gebieten, den Auftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Auftraggeber auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren (BGH, Urteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626). Um die Zahlungsdienstleister nicht übermäßig zu belasten und um den bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht übermäßig zu erschweren, beschränken sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente; zusätzliche Prüfungspflichten sollen gerade nicht begründet werden (vgl. BGH, Urteile vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 16 und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, WM 2010, 1393 Rn. 18).

(b) Nach Maßgabe der auch auf den vorliegenden Fall anwendbaren Maßstäbe sind hier Umstände, die geeignet wären, ausnahmsweise eine Warn- und Hinweispflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen, nicht feststellbar.

(aa) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, war in dem Zeitpunkt der Autorisierung der Zahlungsaufträge durch den Kläger für die Beklagte nicht erkennbar, ob die Beträge, deren Transfer an den Glückspieleanbieter zunächst nur der Aufladung des dort für den Kläger geführten Spielerkontos diente, in der Folgezeit für unerlaubte Glücksspiele eingesetzt würden. Denn der Glücksspieleanbieter verfügte über eine Genehmigung für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen nach dem Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels des Landes C (Anl. B 2).

(bb) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung verfangen nicht.

Zutreffend ist allerdings im Ausgangspunkt der Hinweis der Berufung darauf, dass das von der Genehmigung erfasste Online-Casinospiel nach den landesrechtlichen Vorschriften nur für Spieler erlaubt war, die - anders als der Kläger - ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in C haben.

Doch verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Denn nach dem unbestritten gebliebenen Beklagtenvorbringen bot der Glücksspieleanbieter auch Sportwetten an, deren Veranstaltung und Vermittlung im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2011 erlaubnisfähig waren und die jedenfalls als Folge einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Hessischer VGH, Beschluss vom 16. Oktober 2015 - 8 B 1028/15, NVwZ 2016, 171), in der das im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Konzessionssystem als im Widerspruch zum Grundgesetz stehend eingestuft wurde, und unter dem Eindruck der Ince-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Februar 2016 - Rs. C-336/14, NVwZ 2016, 369) auch ohne Konzession bundesweit geduldet wurden (vgl. Bayerische LT-Drucks. 18/11128 S. 70 f.).

Soweit die Berufung unter Hinweis auf die als Anlage B 4 vorgelegte Ergänzungsvereinbarung zum "Payment Processing Agreement" einwendet, die Zahlungstransfers an den Glücksspieleanbieter seien zweckgebunden nur für Onlinecasino und Onlinepoker erfolgt, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beklagte hat hierzu in erster Instanz in Erwiderung auf die mit Schriftsatz vom 2. November 2020 aufgestellte Behauptung des Klägers mit (nachgelassenem) Schriftsatz vom 25. November 2020 (auf GA 390 f.) unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Glücksspieleanbieter die Zahlungsdienste der Beklagten auch für die von ihm angebotenen Sportwetten habe in Anspruch nehmen können und dass dies der durch die Beklagte mit dem Glückspieleanbieter gelebten Vertragspraxis entsprochen habe. Diesem Vorbringen ist der für die Voraussetzungen einer Warn- und Hinweispflicht darlegungs- und beweisbelastete Kläger bis zuletzt nicht entgegen getreten, so dass es nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und somit als unstreitig zugrunde zu legen ist. Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte auch von der Verwendung des transferierten Geldes für Sportwetten im Sinne des § 4 Abs. 5 GlüStV 2011 ausgehen, für die es auf den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt des Spielers im Zeitpunkt der Online-Spielteilnahme nicht ankam, weshalb es auf die damit zusammenhängenden Ausführungen der Berufung nicht ankommt und entgegen der von der Berufung (auf Bl. 101, 105 eA) vertretenen Annahme auch eine auf den Verdacht einer Straftat nach § 284 StGB gestützte Hinweispflicht der Beklagten nicht bestand.

(2) Auch sonst lässt sich eine Warn- und Hinweispflicht der Beklagten nicht begründen. Eine solche lässt sich insbesondere nicht aus einer (durch das "Payment Processing Agreement" vermittelten) bloßen Kenntnis der Beklagten von einer möglichen Teilnahme des Klägers an Glücksspielen (einschließlich Sportwetten) herleiten. Grundsätzlich hat aufgrund der im Zivilrecht herrschenden Privatautonomie jede Partei ihre Belange selbst wahrzunehmen.

(a) Zwar ist anerkannt, dass sich im Rahmen vertraglicher Beziehungen aus § 241 Abs. 2 BGB für eine Partei mit überlegener Sachkunde eine Warn- und Hinweispflicht zur Wahrung des Leistungs- oder Integritätsinteresses des Vertragspartners ergeben kann, wenn dieser mangels eigener Kenntnisse der Gefährdung seiner Belange nicht selbst in ausreichendem Maße entgegenwirken kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - III ZR 190/11, WM 2012, 2296 Rn. 14 m.w.N.).

So liegt der Fall hier jedoch nicht, denn es fehlt an der für die Annahme einer solchen Warn- und Hinweispflicht erforderlichen Informationsasymmetrie. Der Kläger wusste um den Verwendungszweck der transferierten Gelder und um das Verlustrisiko, das jedem Glücksspiel inhärent ist (zutreffend Beyer, WuB 2020, 378, 381, 382; in diesem Sinn auch Findeisen, WM 2021, 2128, 2135; Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221). Dass er das Risiko des Verlustes seines Spieleinsatzes nicht gekannt habe, behauptet auch der Kläger nicht, sondern er bestreitet, dass er von der Illegalität des Glücksspiels Kenntnis gehabt habe. Damit zeigt er jedoch weder eine Informationsasymmetrie im vorbeschriebenen Sinne noch ein mit der Illegalität verbundenes spezifisches Risiko auf, das über die jedem Glücksspiel innewohnenden vermögensrechtlichen Risiken hinausgeht.

Es ist auch nicht ersichtlich, welchen Sinn ein Hinweis der Beklagten an den Kläger hätte haben sollen. Wäre für die Beklagte erkennbar gewesen, dass die angewiesenen Beträge (möglicherweise) der Teilnahme an einem verbotenen Glücksspiel dienen sollten, hätte sie den Kläger auch nur hierüber unterrichten können. Sie konnte aber ohne Weiteres davon ausgehen, dass dies dem Kläger bereits bekannt war, wusste er doch, welchem Zweck die angewiesenen Beträge zu dienen bestimmt waren. Eine entsprechende Information des Klägers hätte bei diesem also vorhersehbar nicht zu einem Erkenntnisgewinn geführt.

(b) Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob sich etwas anderes ergibt, wenn die Glückspieleaufsicht den Zahlungsdienstleister gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 unterrichtet hat (so Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 149; ferner wohl Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 326 sub 1. aE). Denn vorliegend ist eine solche Unterrichtung weder dargetan noch ersichtlich.

ccc) Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist nicht gegeben. Die Beklagte hat mit der Ausführung der durch den Kläger autorisierten Zahlungen zur Aufladung seines bei dem Glücksspieleanbieter geführten Spielerkontos nicht gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen. Dabei kann dahin stehen, ob die Beklagte vorliegend gegen das in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 statuierte Mitwirkungsverbot verstoßen hat. Denn § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739; Landgericht Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 10 S 5/19, Anlage B 37 - Bl. 203 ff. (218) eA; Beyer, WuB 2020, 378, 382; Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 150; Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 326 f., die aber die Annahme einer individualschützenden Wirkung als "durchaus vertretbar" ansehen; Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221; a.A. LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 744 ff., das allerdings seine Prüfung eines Schutzgesetzes mit der eines Verbotsgesetzes im Sinne von § 134 BGB vermengt).

(1) Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt jede Rechtsnorm gemäß Art. 2 EGBGB in Betracht, die (zumindest auch) dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Es kommt nicht auf die Wirkung, sondern auf den Inhalt und Zweck des Gesetzes, insbesondere darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Hierfür genügt, dass die Norm auch das Interesse der einzelnen schützen sollte, wenngleich sie in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge hat.

Ob Verbote, deren Einhaltung durch strafrechtliche Sanktionen mittelbar oder durch öffentlichrechtliche Maßnahmen unmittelbar erzwungen werden kann, nur die Interessen der Gesamtheit zu schützen bestimmt sind oder ob daneben jeder einzelne, dem die Vorschrift zugutekommt, in diesem ihn berührenden Bereich gegen die Übertretung des Verbots geschützt sein soll, ist mangels einer ausdrücklichen Erklärung aus dem Gesetz insgesamt zu erschließen. Der Schutz des Einzelnen bedeutet dabei, dass sein Interessenbereich nicht nur durch die Maßnahmen der Behörden nach Maßgabe ihrer - möglicherweise überprüfbaren - rechtlichen Beurteilung und ihres Ermessens geschützt sein soll, dass vielmehr dem Einzelnen selbst die Rechtsmacht in die Hand gegeben ist, diesen Kreis unmittelbar, nämlich mit Mitteln des Privatrechts gegen denjenigen zu schützen, der das Verbot übertritt und sein Rechtsinteresse beeinträchtigt. Ein Gebot oder Verbot ist auch nur dann als Schutzgesetz geeignet, wenn das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt ist (BGH, Urteil vom 27. November 1963 - V ZR 201/61, BGHZ 40, 306, zitiert nach juris Rn. 1 f.).

(2) Nach dieser Maßgabe ist der Schutzgesetzcharakter des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 zu verneinen.

(a) Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 legt jedenfalls eine individualschützende Zielrichtung des Mitwirkungsverbots nicht nahe (ebenso Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 327).

Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf § 1 Nr. 3 GlüStV 2011, der als eines der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele die Gewährleistung des Spielerschutzes nennt, auf den sich der Kläger stützt (ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 744, 746). Maßgeblich ist nicht das Gesetz insgesamt, sondern die konkrete Einzelnorm, die der Prüfung auf eine etwaige individualschützende Ausrichtung unterliegt (vgl. Wagner, in: MünchKommBGB, 8. Aufl., § 823 Rn. 562). Im Übrigen muss dem in § 1 Nr. 3 GlüStV 2011 genannten "Spielerschutz" nicht zwingend individualschützende Bedeutung beigemessen werden, sondern er kann auch als Gemeinwohlzweck verstanden werden, wie dies die meisten der in § 1 GlüStV 2011 genannten Ziele nahe legen (vgl. Haertlein, in: BeckGOK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 150).

(b) Demgegenüber sprechen die Gesetzesmaterialien gegen eine individualschützende Ausrichtung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 (ebenso OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739 f.; Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 327). Danach steht - wie bereits (oben unter bb bbb [2] [c] [bb] [ccc]) ausgeführt - die Norm des § 4 Abs. 1 GlüStV 2011 im Zusammenhang mit den in § 9 GlüStV 2011 geregelten Befugnissen der Glücksspielaufsicht zur Überwachung der durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen, die in § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2011 ausdrücklich als "öffentlichrechtlich" benannt werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739). Dies spricht dafür, das Mitwirkungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 als öffentlichrechtliche Verbotsnorm einzustufen, die das unerlaubte Glücksspiel im Interesse der Allgemeinheit untersagt (vgl. Findeisen, WM 2021, 2128, 2129: Verbotsnorm des öffentlichen Wirtschaftsrechts). Dass damit auch Individualinteressen geschützt werden, ist nicht Ausdruck einer entsprechenden Zielrichtung des Gesetzes, sondern erweist sich als Reflex, was für die Annahme eines Schutzzweckcharakters nicht genügt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739; Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 823 Rn. 58).

Gegen die Annahme eines Schutzgesetzes spricht auch, dass die der Glücksspielaufsicht in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 zur Durchsetzung des Mitwirkungsverbots eingeräumte Befugnis zur Untersagung der weiteren Mitwirkung eine - gegenüber dem Adressaten des durch § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 statuierten Verbots - nur nachrangige Inanspruchnahme des Zahlungsdienstleisters als Störer vorsieht, die zudem die vorherige Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote voraussetzt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739 f.).

(c) Damit fehlt es aber auch an der für die Annahme eines Schutzgesetzes weiteren Voraussetzung, dass die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 18; und vom 13. März 2018 - II ZR 158/16, BGHZ 218, 80 Rn. 22). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sich gegen eine allgemeine deliktische Haftung für primäre Vermögensschäden entschieden hat. Der Vermögensschutz wird im deliktischen Haftungssystem grundsätzlich nur über § 826 BGB gewährleistet. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung darf nicht durch eine ausufernde Annahme von Schutzgesetzen unterlaufen werden. Die Schutzvoraussetzungen müssen bei hypothetischer Annahme eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB mit denen des § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 826 BGB vergleichbar sein (BGH, Urteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 20).

Das Mitwirkungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 hat keines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter im Blick, sondern schützt (reflexartig) nur reine Vermögensinteressen von Spielern. Eine Verletzung solcher Interessen löst einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nur bei sittenwidrigem Verhalten und vorsätzlicher Schadenszufügung aus. Gemessen daran können grundsätzlich nur solche Normen als Schutzgesetze qualifiziert werden, die entweder nur vorsätzlich verletzt werden können oder im Fall fahrlässiger Begehung ein sittenwidriges Verhalten sanktionieren (BGH, Urteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 21). Davon kann bei einer Verbotsnorm (wie § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011), deren Verletzung kein Verschulden erfordert - und deshalb öffentlichrechtlich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (neben einer vorrangigen Inanspruchnahme des Glücksspielanbieters) vor einer Umsetzung des Verbots eine Unterrichtung des Zahlungsdienstleisters durch die Glücksspielaufsicht erfordert - nicht die Rede sein, so dass ein Verstoß nicht zu einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB führen darf (ebenso Beyer, WuB 2020, 378, 382).

ddd) Schließlich besteht kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 284, 27 Abs. 1 StGB. § 27 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass jemand vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat; eine haftungsbegründende strafbare Beihilfehandlung erfordert mithin einen sogenannten doppelten Gehilfenvorsatz (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739). Daran fehlt es hier, denn - wie bereits ausgeführt - war es für die Mitarbeiter/Organe der Beklagten weder erkennbar noch war es offensichtlich, dass der Glücksspieleanbieter bewusst eine Straftat nach § 284 Abs. 1 BGB beging.

eee) Schließlich steht dem Kläger gegenüber der Beklagten auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Die Beklagte hat durch Leistung des Klägers nichts ohne Rechtsgrund erlangt. Der Belastung des klägerischen Bankkontos in Höhe der zuvor von der Beklagten auf Anweisung des Klägers an den Glücksspieleanbieter übermittelten Beträge lag als Rechtsgrund jeweils ein gegen den Kläger gerichteter Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten aus § 675c Abs. 1, § 670 Abs. 1 BGB zugrunde, weil die Beklagte aus den vorstehend im Einzelnen ausgeführten Gründen die Aufwendungen für erforderlich halten durfte.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO hierfür niedergelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. April 2011 - 1 BvR 3007/07, WM 2011, 1117, 1118; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 190). Die Rechtsfragen, ob § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB und ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt, betreffen nicht mehr geltendes Recht. Der am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag vom 29. Oktober 2020 hat die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 vorgeschriebene subsidiäre Inanspruchnahme des Zahlungsdienstleisters, die bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 zu berücksichtigen ist, aufgehoben (vgl. Findeisen, ZfGW 2021, 436, 437; ders., WM 2021, 2128, 2133); die gegenteilige Annahme des Klägers (auf Bl. 235 eA) trägt dem eindeutigen Wortlaut und den Gesetzesmaterialien keine Rechnung. Eine sich zu nicht mehr geltendem Recht stellende Rechtsfrage kann nur noch dann grundsätzliche Bedeutung haben, wenn ihr im Hinblick auf eine erhebliche Zahl von Altfällen eine fortdauernde Relevanz zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2003 - XI ZR 238/02, WM 2003, 2278). Hierzu ist für Fälle, in denen Spieler, die im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel wegen eines behaupteten Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 den Zahlungsdienstleister in Anspruch nehmen, nichts vorgetragen oder ersichtlich.