LG Köln, Urteil vom 21.07.2022 - 14 O 152/19
Fundstelle
openJur 2022, 14618
  • Rkr:
Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 22. November 2018 zum Az. 137 C 254/18 wird aufgehoben.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 745,40 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6 Mai 2014 zu zahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 249,- € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6 Mai 2014 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 91 % und die Beklagten zu 1.) - 3.) als Rechtsnachfolger des früheren Beklagten zu 1.) zu je 9 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1.) - 3.) als Rechtsnachfolger des früheren Beklagten zu 1.) zu 18 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) - 3.) als Rechtsnachfolger des früheren Beklagten zu 1.) trägt die Klägerin zu 82 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.) trägt die Klägerin.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Alle Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i. H. v. 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt einerseits den während des Verfahrens verstorbenen ehemaligen Beklagten zu 1), Herrn I, als Internetanschlussinhaber, nunmehr dessen Erben als Rechtsnachfolger wegen Urheberrechtsverletzung über den Internetanschluss an dem Computerspiel "T S 0" durch sogenanntes Filesharing wegen zweier behaupteter Verstöße am 22.02.2014 um 16:50:24 Uhr und um 18:30:00 Uhr (Bl. 19 d.A.) auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten und Schadensersatz in Anspruch. Andererseits nimmt sie den Beklagten zu 2) als unmittelbaren Täter der vorgenannten Verstöße in Anspruch.

Die Umverpackung des Computerspiels "T S 0" enthält folgenden Hinweis: "© 2013 and published by L N GmbH". Es enthält auch das Logo "E T1", das ein Label der Klägerin ist. Die Klägerin trägt ausführlich und unter Vorlage von Verträgen zur Rechtekette vor. Das Spiel "T S 0" erschien im November 2011.

Die Klägerin beauftragt regelmäßig Unternehmen mit der Ermittlung von Urheberrechtsverstößen im Internet mittels sogenannter Filesharing-Software, auch bezüglich des streitgegenständlichen Spiels. Das Unternehmen U ermittelte durch einen ihrer Mitarbeiter zwei entsprechende Verstöße am 22.02.2014 um 16:50:24 Uhr und um 18:30:00 Uhr, ausgehend von der IP-Adresse 00.000.00.00. Die Klägerin ließ beim Landgericht Köln ein entsprechendes Auskunftsverfahren durchführen (vgl. LG Köln, Az. 215 O 7/14), woraufhin der verstorbene Herr I als Inhaber des fraglichen Internetanschlusses ermittelt wurde.

Die Klägerin mahnte Herrn I mit anwaltlichem Schreiben vom 24.04.2014 wegen Urheberrechtsverletzung durch Bereithaltung der Datei "T S 0" mit dem Hashwert 00000 zum Download über die IP-Adresse 00.000.00.00 ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum 05.05.2014 auf. Herr I gab eine Unterlassungserklärung ab, weitere Ansprüche wurden nicht erfüllt.

Die Klägerin macht klageweise Aufwendungsersatz in Höhe von 984,60 EUR nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von zuletzt 4.590,00 EUR geltend. Den Schadensersatz berechnet sie aus dem Faktor 250 des behaupteten Einzelpreises des streitgegenständlichen Spiels zum Stichtag der Rechtsverletzung in Höhe von 18,36 EUR.

Die Klägerin ist im Wesentlichen der Ansicht, der Beklagte zu 2) sei der Täter der ermittelten Rechtsverletzungen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Beklagte zu 2) eingeräumt habe, das Spiel aus einem Trailer-Video zu kennen. Bei diesem Video handele es sich eigentlich um eine Anleitung zum Download über P2P-Börsen, was der Beklagte zu 2) dann auch in die Tat umgesetzt habe. Der Verstorbene hafte im Übrigen nach § 832 BGB wegen mangelnder Belehrung.

Die Sache war zunächst beim AG Köln zum Az. 137 C 254/18 und nur gegen den verstorbenen Herrn I anhängig. Dort erging zunächst Versäumnisurteil gegen die Klägerin. Vor dem Versäumnisurteil teilte der damalige Beklagte zu 1.) in der Klageerwiderung mit, dass sein Anschluss ein Familienanschluss sei und von ihm, seiner Ehefrau und seinen beiden minderjährigen Kindern (Tochter N E1, geb. 00.00.0000, und Sohn N1 E1, geb. 00.00.0000) genutzt werde. Dem Sohn, also dem Beklagten zu 2.), sei das Spiel aus einem Trailer-Video bekannt, was er nach Befragung durch die Eltern erklärt habe. Im Übrigen haben alle Familienmitglieder die Tat abgestritten.

Nach dem Versäumnisurteil erhob die Klägerin Einspruch und erweiterte die Klage in subjektiver Hinsicht auf den Beklagten zu 2.). Nach gerichtlichen Hinweisen in der Verhandlung über den Einspruch erweiterte die Klägerin die Klage der Höhe nach, sodass die Zuständigkeitsschwelle zum LG erreicht wurde.

Nach weiterer mündlicher Verhandlung vor der erkennenden Kammer ist ein Beweisbeschluss ergangen. Nach Erlass des Beweisbeschlusses ist der frühere Beklagte zu 1.) verstorben. Auf Antrag seines Vertreters wurde der Rechtsstreit insoweit ausgesetzt nach § 246 ZPO. Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung am 28.04.2022 erklärten die Ehefrau und die Kinder als Rechtsnachfolger des Beklagten zu 1) die Aufnahme des Rechtsstreits.

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten 2) ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.04.2022 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.

Die Klägerin beantragt,

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln v. 22. November 2018 zum Az. 137 C 254/18 wird aufgehoben.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 984,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6 Mai 2014 zu zahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 4.590,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6 Mai 2014 zu zahlen.

Der Kläger beantragt außerdem,

gegen den Beklagten zu 2.) den Erlass eines Versäumnisurteil.

Die Beklagten zu 1.) - 3.) als Rechtsnachfolger des verstorbenen Herrn I beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2.) stellte im eigenen Namen mangels rechtsanwaltlicher Vertretung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.04.2022 keinen Antrag.

Der Beklagte zu 2.) wies zuvor schriftsätzlich seine Haftung zurück. Er sei nicht passivlegitimiert und die Klägerin komme ihrer uneingeschränkten Darlegungs- und Beweislast nicht nach.

Die Beklagten behaupten, das gegenständliche Computerspiel sei zum Zeitpunkt der ermittelten Zurverfügungstellung für nur 2,49 € als PC Download zu erwerben gewesen.

Die Rechtsnachfolger des Beklagten zu 1.) halten eine Haftung für ausgeschlossen, weil der Beklagte zu 1.) seiner sekundären Darlegungslast genügt habe. Er hafte auch nicht wegen nicht erfüllter Aufsichtspflicht der zur Tatzeit minderjährigen Kinder. Die Kinder seien hinreichend zur Nutzung des Internets und zum Verbot der Nutzung von Filesharingsoftware aufgeklärt worden.

Die Beklagten insgesamt meinen, der geltend gemachte Lizenzschadensersatz sei überzogen, weil im Jahr 2014 das gegenständliche Computerspiel, das bereits seit 2011 auf dem Markt ist, bereits für Ramschpreise an Verbraucher angeboten worden sei. Die Abmahnkosten dürften nur aus dem nach § 97a Abs. 3 UrhG reduzierten Gegenstandswert berechnet werden.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2022 die Beklagte zu 1.) und den Beklagten zu 2.) persönlich angehört.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur in geringem Umfang Erfolg.

I. Soweit das Verfahren als Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 22.11.2018 zum Az. 137 C 254/18 geführt wird, d.h. im Verhältnis der Klägerin zu den Rechtsnachfolgern des früheren Beklagten zu 1.), Herrn I, also den nunmehrigen Beklagten zu 1.) - 3.), so ist der Einspruch zulässig. Er ist form- und fristgerecht am 18.12.2018 durch Fax (Bl. 83 GA) erhoben worden, nachdem das Versäumnisurteil der Klägerin am 04.12.2018 zugestellt worden ist (Bl. 81 GA).

II. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

1. Nachdem der Rechtsstreit im Verhältnis der Klägerin zum verstorbenen früheren Beklagten zu 1.) nach §§ 239, 246 ZPO ausgesetzt war, haben die nunmehrigen Beklagten zu 1.) - 3.) den Rechtsstreit gem. §§ 239 Abs. 1, 246 Abs. 2, 250 ZPO aufgenommen. Die Rechtsnachfolge ist unbestritten, im Übrigen durch Erbschein belegt. Die Aufnehmenden sind demnach an die Stelle des Verstorbenen getreten und Parteien des Rechtsstreits geworden, wobei zu beachten ist, dass der Beklagte zu 2.) bereits zuvor Partei war.

2. Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 2.) kommt nicht in Betracht. Da der Beklagte zu 2.) schon vor der Aufnahme der Rechtsnachfolger seines Vaters Partei des Rechtsstreits war, kommt ihm nach der Aufnahme eine "Doppelfunktion" zu, da er einerseits als Rechtsnachfolger seines Vaters und andererseits im eigenen Namen in Anspruch genommen wird. Dies hat primär Folgen für die materiellrechtliche Beurteilung. Vorliegend ist jedoch der vor Erklärung der Rechtsnachfolge für den Beklagten zu 2.) bestellte Prozessbevollmächtigte zum Termin nicht erschienen, weshalb die Klägerin des Erlass eines Versäumnisurteils beantragt. Zugleich war der Prozessbevollmächtigte des früheren Beklagten zu 1.) anwesend und stellte für die Rechtsnachfolger des Verstorbenen einen Sachantrag. Da der Beklagte zu 2.) auch Rechtsnachfolger ist, wurde auch für ihn ein solcher Sachantrag gestellt und zwar sowohl zu der Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils als auch der Klageabweisung. Vor diesem Hintergrund kommt kein Erlass eines (Teil-) Versäumnisurteils gegen den Beklagten zu 2.) in Betracht, weil dieser nicht zugleich säumig sein kann und zugleich einen Sachantrag stellen kann. Eine derartige Aufspaltung des Beklagten zu 2.) hat in prozessualer Hinsicht keine Grundlage.

3. Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 2.) scheidet auch aus materiellen Gründen aus. Die Klage ist insoweit nicht schlüssig. Den Anspruch gegen den Beklagten zu 2.) stützt die Klägerin auf den Vorwurf unmittelbarer Täterschaft. Sie beruft sich hierzu auf die Mitteilungen des Verstorbenen im Rahmen dessen sekundärer Darlegungslast, wonach der Beklagte zu 2.) das streitgegenständliche Computerspiel kenne. Ohne weitere Begründung folgert die Klägerin hieraus, dass der Beklagte zu 2.) das Spiel über eine Filesharing Software heruntergeladen und zum Abruf durch Dritte bereitgehalten habe. Dies genügt für einen schlüssigen Sachvortrag nach Ansicht der Kammer jedoch deshalb nicht, weil ausweislich der Mitteilungen des Verstorbenen im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast auch die Schwester des Beklagten zu 2.), die nunmehrige Beklagte zu 3.) grundsätzlich Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Die Klägerin bleibt aber jeglichen Vortrag dazu schuldig, wieso die Beklagte zu 3.) nicht als Täterin in Betracht komme, sondern allein der Beklagte zu 2.). Es verbleiben demnach, selbst wenn man an dieser Stelle eine Säumnis unterstellt und den klägerischen Vortrag als zugestanden ansieht, Zweifel an der Täterschaft des Beklagten zu 2.).

4. Die Klage gegen die Beklagten als Rechtsnachfolger des Verstorbenen ist teilweise begründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten (Klageantrag zu 2.) zu in Höhe von 745,40 € gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (in der bis zum 01.12.2020 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.; siehe dazu nachfolgende Ausführungen unter lit. b.) und auf Schadenersatz (Klageantrag zu 3.) gemäß § 832 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 97 Abs. 2 UrhG i.V.m. §§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG in Höhe von 249,- € zu (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen lit. a.).

a) Schadensersatz

Der Anspruch folgt aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 97 Abs. 2 UrhG i.V.m. §§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG.

aa) Die Bereitstellung eines Computerspiels - hier des streitgegenständlichen "T S 0" - zum Herunterladen über eine Internettauschbörse verletzt das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung gemäß §§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG (vgl. BGH, GRUR-RR 2017, 484 Rn. 10 - Ego-Shooter, mwN; BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 10 - Dead Island). Soweit der Beklagte pauschal bestreitet, das streitgegenständliche Computerspiel sei über eine seinem Internetanschluss zugeordnete IP-Adresse zum Download angeboten worden, ist dies unbeachtlich. Die Klägerin hat detailliert unter Beweisangebot zu den Ermittlungen der U GmbH vorgetragen. Konkrete Anhaltspunkte, die etwa für eine Fehlzuordnung oder fehlerhafte Ermittlungen sprächen, zeigt der Beklagte nicht auf.

bb) Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel "T S 0" aktivlegitimiert. Soweit der Beklagte die Rechteinhaberschaft lediglich pauschal bestreitet, dringt er damit nicht durch.

Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass die ausschließlichen Rechte des hier streitgegenständlichen Computerspiels "T S 0" von ihr von den Entwicklern, der Fa. U Inc., erworben worden ist. Der Copyright-Vermerk auf den Umverpackungen des streitgegenständlichen Spiels weist nach dem insoweit vom Beklagten in der Sache unbestrittenen Vortrag der Klägerin auf die Klägerin hin und weist das Logo von "E T1" auf, das ebenfalls der Klägerin zuzuordnen ist. Ein Nachweis der Urheberschaft und der Inhaberschaft an ausschließlichen Verwertungsrechten kann außerhalb des Anwendungsbereichs der in § 10 UrhG niedergelegten Vermutungsregeln auch durch einen Indizienbeweis erbracht werden, bei dem selbst mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (BGH, GRUR 2016, 1280, 1281 Rn. 26 - Everytime we touch). Die Klägerin hat die Rechtekette lückenlos unter ausführlicher Darlegung und Belegung mit Vertragsdokumenten sowie einer entsprechenden Benennung in öffentlich zugänglichen Handelsquellen in Fachmedien der Spielebranche belegt. Der Beklagte hat dagegen keine erheblichen Einwendungen erhoben und auch nicht dargelegt, wem die Rechte anderweitig zustehen sollten.

cc) Die Beklagten als Rechtsnachfolger des Herrn I haften auch für diese Verletzung.

Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht nach der Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Da der Verstorbene Inhaber des Internetanschlusses zum maßgeblichen Zeitpunkt war, über den das Computerspiel in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurde, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die von der Klägerin behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich ist. Diese tatsächliche Vermutung kann entkräftet werden, wenn die Gegenpartei Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich eine ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Geschehensablaufs ergibt.

Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag des früheren Beklagten zu 1.) insofern gerecht, als er dargelegt hat, dass es sich um einen Familienanschluss gehandelt hat und neben ihm seine Ehefrau und die beiden zur Tatzeit minderjährigen Kinder Zugriff auf das Internet hatten. Er führte auch zu den Kenntnissen und Nutzungsgewohnheiten seiner Familienmitglieder und seiner selbst aus.

Auf dieser Grundlage sowie auf Grundlage der Anhörung der Beklagten zu 1.) ist die Kammer der Überzeugung, dass zunächst die Beklagte zu 1.) als Täterin nicht in Betracht kommt. Die Kammer ist außerdem auf Grundklage des Sach- und Streitstandes überzeugt, dass der Verstorbene, Herr I, selbst nicht Täter der Rechtsverletzung war. Dies folgt zunächst aus seinem Vortrag in der Klageerwiderung, in welcher er unter anderem ausführen ließ, dass er das streitgegenständliche Spiel vor Abmahnung nicht gekannt habe und den Internetanschluss nicht für "Online-Spiel" nutzte, während dies seine beiden Kinder beide taten. Auch aus der Anhörung der Beklagten zu 1.) und 2.) ergeben sich keinerlei Hinweise, dass der Verstorbene selbst als Spieler des streitgegenständlichen oder eines anderen Computerspiels in Betracht käme. Hingegen ist die Kammer überzeugt, dass die Rechtsverletzung über den Anschluss des Verstorbenen erfolgt ist und zwar durch eines der beiden Kinder, also der Beklagten zu 2. oder 3.), einzeln oder von ihnen gemeinsam. Dafür sprechen nach den obigen Ausführungen, dass ausweislich der Klageerwiderung beide Kinder durchschnittliche Computeranwenderkenntnisse hatten und "Online-Spiele" spielten. Bei dieser Kenntnis- und Interessenlage ist eine Nutzung von Tauschbörsen mit Blick auf Computerspiele jedenfalls möglich. Wie oben bereits ausgeführt, ist es jedoch nicht ersichtlich, dass nur der Beklagte zu 2.) als Täter in Betracht kommt, während seine Schwester, die Beklagte zu 3.), als Täterin auszuscheiden habe. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die Beklagte zu 3.) weder die Kenntnisse, noch die Möglichkeiten, noch das Interesse hatte, das streitgegenständliche Spiel über eine Tauschbörse herunterzuladen und zugleich zum Upload zur Verfügung zu stellen. Dass die Klägerin die Beklagte zu 3.) ggf. nicht zur Zielgruppe des streitgegenständlichen Spiels zählt, führt nicht zum Ausschluss als potentielle Täterin.

Diese Umstände entlasten die Beklagtenseite jedoch nicht, da der Verstorbene seine Aufsichtspflicht gem. § 832 BGB gegenüber beiden Kindern verletzt hat. Der Verstorbene war kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über seine damals 17-jährige Tochter und seinen 12-jähirgen Sohn verpflichtet (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Gemäß § 832 Abs. 1 S. 1 BGB ist, wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die - hier - wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Der Aufsichtspflichtige hat im Rahmen des § 832 BGB umfassend und konkret darzulegen und zu beweisen, was er zur Erfüllung der Aufsichtspflicht unternommen hat. Den Beklagten ist nicht der Beweis gelungen, dass der Verstorbene seine nach Überzeugung der Kammer als Täter in Betracht kommenden Kinder vor dem streitgegenständlichen Vorfall über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen ausreichend belehrt hat. Wer der beiden Kinder konkret die Rechtsverletzung begangen hat, kann dabei offenbleiben, weil mangels hinreichender Belehrung beider Kinder sowohl eine Rechtsverletzung des Sohnes als auch der Tochter als auch beider zusammen der Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 832 BGB gegeben ist. In jedem Fall ist die Rechtsverletzung zur Überzeugung der Kammer in seiner Sphäre geschehen und seine unterbliebene Aufklärung ist kausal hierfür.

Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch das Kind zu verhindern. Dazu zählt die Verhinderung der Urheberrechte verletzenden Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH GRUR 2016, 184 - Tauschbörse II; GRUR 2013, 511 - Morpheus).

Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, richten sich nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hängt es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss (vgl. BGH, NJW 2009, 1952 Rn. 17; BGH, NJW 2009, 1954 Rn. 14).

Diesen Maßstäben ist der Verstorbene vorliegend nicht gerecht geworden. Dabei hat die Kammer ihre Überzeugung auf Grundlage der persönlichen Anhörung der Beklagten zu 1.), der Ehefrau des Verstorbenen, und des Beklagten zu 2.), dem Sohn des Verstorbenen, gebildet. Der Beklagte zu 2.) gab von sich aus keine Aussage zu etwaigen Belehrungen. Er wurde insoweit nicht befragt. Er konnte sich aber auch zu einer Ansprache nach Zugang der Abmahnung schon nicht erinnern, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er sich an einen noch früher zurückliegenden Zeitraum zuverlässig erinnern kann. Die Beklagte zu 1.) führte zwar aus, dass die Kinder im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets über gewissen Verhaltensweisen belehrt worden ist. Sie bleibt aber insgesamt in Ihren Ausführungen vage, hat zum Teil keine eigenen Wahrnehmungen, soweit es ihren Ehemann betrifft, und sie widerspricht sich teilweise. So stellt sie einleitend klar, dass hauptsächlich der Verstorbene die Kinder belehrt haben soll. Zu den Inhalten der Belehrungen durch Ihren Ehemann kann sie aber nichts sagen. Sodann verweist sie wiederholt darauf, dass anlassbezogen belehrt worden sei, wenn im Fernsehen über entsprechenden Themen berichtet worden ist. Dabei sei es sicherlich auch um Filesharing bzw. Tauschbörsen gegangen. Zugleich weist sie darauf hin, dass für sie das Thema Filesharing unbekannt war, sie in diesem Zusammenhang "unbeleckt" gewesen sei.

Auf dieser Grundlage kann die Kammer nicht erkennen, dass die Kinder durch den Verstorbenen oder die Beklagte zu 1.) hinreichend deutlich über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Tauschbörsen bzw. an Filesharing belehrt worden sind. Schon gar nicht ist erkennbar, dass diese Belehrung vor dem Tatzeitpunkt erfolgt ist. Es ist zur Überzeugung der Kammer unrealistisch, dass eine hinreichende Belehrung erfolgen kann, wenn man selbst die Problematik nicht erfasst und versteht. Dass der Verstorbene hier bessere Kenntnisse hatte und auf dieser Grundlage hinreichend und rechtzeitig belehrte, kann dem Sach- und Streitstand nicht entnommen werden.

dd) § 832 BGB begründet eine Haftung für vermutetes Verschulden. Hingegen kommt es auf ein Verschulden des Aufsichtsbedürftigen nicht an. Vermutet wird ferner, dass zwischen der Verletzung der Aufsichtspflicht und dem entstandenen Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. Urteil der Kammer v. 17.5.2018 - 14 S 34/16, GRUR-RR 2018, 505). Nach den obigen Ausführungen gelingt der Beklagtenseite keine Exkulpation.

ee) Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz ist der Höhe nach nur in Höhe von 249,- € begründet.

Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH ZUM-RD 2010, 529 - Restwertbörse I; ZUM 2016, 173 - Tauschbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen - die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 - Tchibo/Rolex II) - oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf den Beklagten vereinbart hätten, infolge dessen dieser das streitgegenständliche Computerspiel im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereithalten durfte.

Für den Schadensersatzanspruch ist als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Musiksingle im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 - 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 - 11 U/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 7/14, I ZR 19/14 und I ZR 75/14 - Tauschbörse I-III; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch).

Vorliegend macht die Klägerin wegen der Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels am 22.02.2014 um 16:50:24 Uhr und um 18:30:00 Uhr über die IP-Adresse 00.000.00.00 einen Anspruch auf Lizenzschadensersatz i.H.v. 4.590,00 EUR geltend. Diesen Betrag erachtet die Kammer gemäß § 287 ZPO aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles als Lizenzschadensersatz für übersetzt. Streitgegenständlich ist die zweifache öffentliche Zugänglichmachung des Computerspiels "T S 0" im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse. Rechtsverletzungen wurden am 22.02.2014 um 16:50:24 Uhr und um 18:30:00 Uhr zu zwei verschiedenen Zeitpunkten unter der gleichen IP-Adresse ermittelt.

Zu berücksichtigen ist daneben auch der konkrete Zeitpunkt der Rechtsverletzungen. Die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen erfolgten zu einem Zeitpunkt als das streitgegenständliche Computerspiel sich unstreitig nicht mehr auf dem Höhepunkt seines kommerziellen Ersterfolgs befand, sondern bereits der Nachfolger der Serie "T S 01" erschienen war. Das streitgegenständliche "T S 0" hingegen befand sich zur Tatzeit bereits ca. 2 ½ Jahre nach Erstveröffentlichung in einer nachgelagerten Verwertungsphase, in der das Spiel zum Teil zu erheblich reduzierten Preisen im Vergleich zum Preis bei Veröffentlichung von ca. 50 € zu erwerben war - nach Vortrag der Klägerin etwa als "Full Package" für 18,36 € am 21.02.2014. Die öffentliche Zugänglichmachung eines Werkes in einer Filesharing-Tauschbörse und der damit verbundene Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte stellt die kommerzielle Auswertung des Werks insgesamt in Frage (BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 1/15 - Tannöd, Juris Rn. 41). Das illegale Upload-Angebot im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse war vorliegend in besonderem Maße geeignet, die der Klägerin zustehenden Verwertungsrechte der öffentlichen Zugänglichmachung und auch des Vertriebs wirtschaftlich zu beeinträchtigen. Wegen der zeitlich weit entfernten Erstveröffentlichung und der zwischenzeitlichen Veröffentlichung des Nachfolgespiels hat die rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung der Klägerin die weitere wirtschaftliche Verwertung des Computerspieles zwar erschwert, dies aber nur in begrenztem Umfang. Denn durch die unstreitige erhebliche Reduzierung des Spielpreises auf zwischenzeitlich mindestens ca. 18 € ist eindeutig, dass die Nachfrage am Markt auch ohne die Beeinträchtigung durch Filesharing erheblich vermindert war.

Vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien hätten diese Umstände bei der Bemessung der Lizenzgebühr für die von dem Beklagten in Anspruch genommene Nutzung berücksichtigt und im Hinblick auf die fehlende Aktualität des Computerspiels eine moderate Lizenzgebühr vereinbart. Der von der Klägerin angesetzte Lizenzschadensersatz i.H.v. 4.590,00 EUR, welcher wertmäßig dem Betrag entspricht, den die Klägerin für 250 Exemplare des am Tattag zum Einzelhandelspreis von (behaupteten) 18,36 EUR vertriebenen Computerspiels erzielen konnte, ist vor diesem Hintergrund zu hoch bemessen. Dabei ist zwar die ständige Rechtsprechung der Kammer zu berücksichtigen, dass auch ohne konkrete Kenntnis von der Zahl der Teilnehmer der Filesharing-Tauschbörse zu den jeweiligen Tatzeitpunkten eine Zahl von (mindestens) 400 möglichen Zugriffen auf ein in einer solchen Tauschbörse zum Download angebotenes, aktuelles Werk durchaus realistisch und zur Grundlage der Bemessung eines Anspruchs auf Lizenzschadensersatz geeignet ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 08.05.2013, 6 W 256/12, juris Rn. 9; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014, 11 U 115/13; OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015; 6 U 209/13; nicht beanstandet von BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - Everytime we touch, juris Rn. 56). Bei einem nicht mehr aktuellen Titel unter den Umständen des Einzelfalls lässt sich dies jedoch nicht auf den Streitfall übertragen. Im hiesigen Einzelfall erachtet die Kammer vielmehr den Faktor 100 des Handelspreises des streitgegenständlichen Computerspiels für angemessen.

Dabei ist jedoch entgegen der Ausführungen der Klägerin nicht von einem Verkaufspreis von 18,36 € auszugehen, sondern wie die Beklagtenseite zutreffend vorträgt von 2,49 €. Beide Parteien legen zur Substantiierung ihres Vortrags Ausdrucke aus dem Preismonitor der Webseite h.de vor. Jedoch ergibt sich aus dem klägerischen Screenshot (Anlage K6, Bl. 250 GA), dass hier der Preisverlauf für das Produkt "T S 0 - Full Package deutsch" wiedergegeben ist. Aus dem Screenshot der Beklagtenseite (S. 2 des Schriftsatzes der RAe X C T2 v. 03.08.2020, Bl. 385 GA) ergibt sich für das Produkt "T S 0 - Download PC" ein Preis am 22.02.2014 von 2,49 €. Letzteren Preis konnte das Gericht durch Einsichtnahme der Webseite h.de zum konkret genannten Produkt nachvollziehen. Ausweislich der Ermittlungen war die betroffene Datei bezeichnet als "T S 0". Dass hiermit ein "Full Package" betroffen war, vermag die Klägerin als Auftraggeberin der Ermittlungen nicht nachvollziehbar vorzutragen. Demnach ist davon auszugehen, dass nur die Standard-PC Version in der Datei enthalten war.

Auf dieser Grundlage errechnet sich also ein Schadensersatz in Höhe von 249,- € (2,49 € x 100). Dieser Betrag ist angemessen und ausreichend, um den konkreten Schaden der Klägerin abzubilden.

ff) Die Beklagten zu 1.) - 3.) haften als Erben in Erbengemeinschaft jeweils als Gesamtschuldner, § 2058 BGB.

b) Abmahnkosten

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 745,40 € gemäß § 97a Abs. 4 Satz 1 UrhG a.F. in der vom 09.10.2013 bis zum 02.12.2020 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) zu.

aa) Die Abmahnung vom 24.04.2014 war berechtigt, da der Klägerin gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 69c Nr. 4 UrhG i.V.m. § 832 BGB wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels zustand (s.o. zu den Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs, die ebenso für den Unterlassungsanspruch gelten).

bb) Die Abmahnung vom 24.04.2014 war berechtigt und entsprach den Anforderungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG a.F. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG a.F. (wortgleich mit neuer, aktueller Fassung) auf den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000,00 EUR beschränkt. Insoweit greift vorliegend § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG, wonach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG nicht gilt, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. § 97a Abs. 3 UrhG ist im Lichte des Unionsrechts auszulegen. Danach kann vorliegend die Deckelung des Ersatzes der Abmahnkosten nicht zur Anwendung gelangen.

(1) Art. 14 der Richtlinie 2004/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt im ABl. 2004, L 195, S. 16) ist dahin auszulegen, dass die Kosten, die einem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums für seine Vertretung durch einen Beistand im Hinblick auf die außergerichtliche Durchsetzung dieser Rechte entstanden sind, wie z. B. die mit einer Abmahnung verbundenen Kosten, unter den Begriff "sonstige Kosten" im Sinne dieser Bestimmung fallen (EuGH, Urteil vom 28. April 2022 - C-559/20 -, juris, Rn. 45).

Art. 14 der Richtlinie 2004/48 besagt, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen werden. Zum anderen sieht Art. 14 der Richtlinie 2004/48 vor, dass die Prozesskosten und sonstigen von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten "angemessen" sein müssen (EuGH, Urteil vom 28. April 2022 - C-559/20 -, juris, Rn. 48, 51). Aus dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 ergibt sich zwar, dass die Voraussetzung, dass die Rechtsverletzungen, um in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie zu fallen, in gewerblichem Ausmaß vorgenommen sein müssen, nur für Maßnahmen in Bezug auf Beweismittel, für Maßnahmen in Bezug auf das Auskunftsrecht und für einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen gemäß Kapitel II der Richtlinie gilt, wobei die Mitgliedstaaten unbeschadet davon solche Maßnahmen auch bei nicht in gewerblichem Ausmaß vorgenommenen Rechtsverletzungen anwenden können (EuGH, Urteil vom 17. Juni 2021 - C-597/19 -, juris, Rn. 88). Diese Voraussetzung gilt aber nicht für die "Prozesskosten" und die "sonstigen Kosten" nach Art. 14 der Richtlinie 2004/48. Nach dieser Bestimmung kann somit auch gegenüber einzelnen Verletzern - also auch gegenüber einer Privatperson wie vorliegend - angeordnet werden, dass sie dem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums diese Kosten vollständig zu erstatten haben, sofern sie zumutbar und angemessen sind.

Art. 14 der Richtlinie 2004/48 sieht neben einer Prüfung der Zumutbarkeit und Angemessenheit der erstattungsfähigen Kosten vor, dass die allgemeine Regel der Aufteilung dieser Kosten keine Anwendung findet, wenn Billigkeitsgründe es verbieten, der unterlegenen Partei die Kosten der obsiegenden Partei aufzuerlegen, selbst wenn diese zumutbar und angemessen sind (EuGH, Urteil vom 28. April 2022 - C-559/20 -, juris, Rn. 58). Billigkeitsgründe können indes einen allgemeinen und bedingungslosen Ausschluss der Erstattung von Kosten, die eine bestimmte Obergrenze überschreiten, nicht rechtfertigen (EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016 - C-57/15 -, juris, Rn. 31).

Art. 14 der Richtlinie 2004/48 steht einer Regelung wie der des § 97a Abs. 3 UrhG nicht entgegen, da sie sicherstellen soll, dass die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten zumutbar und angemessen sind, soweit sie dem Gericht, dem die Kostenentscheidung obliegt, die Möglichkeit gibt, in jedem Einzelfall dessen spezifische Merkmale zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 28. April 2022 - C-559/20 -, juris, Rn. 64).

(2) Gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG führt die Deckelung auf erstattungsfähige Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR auf Grundlage eines 1,3-fachen Gebührensatzes zu einem Nettobetrag von lediglich 104,00 EUR. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat in § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG für den Fall, dass der Abgemahnte eine natürliche, nicht gewerblich oder beruflich handelnde Person ist, das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 14 Enforcement-RL umgekehrt. Nach dem Wortlaut des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG a.F. kommt bei Beteiligung einer solchen natürlichen Person ein voller Kostenersatz nur dann in Betracht, wenn sonst das Ergebnis unbillig wäre.

§ 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG muss daher unionsrechtskonform so verstanden werden, dass der Streitwertdeckel in der Regel entfällt und nur gilt, wenn sonst das Ergebnis zum Nachteil des Verletzers unbillig wäre. Die nach dem Wortlaut von § 97 Abs. 3 Satz 4 UrhG zur vollen Kostenerstattung führende besondere Unbilligkeit ist bereits dann anzunehmen, wenn die Begrenzung des Gegenstandswertes dazu führen würde, dass der Verletzer nur einen geringen Teil der tatsächlichen Anwaltskosten des Rechteinhabers tragen muss. In der Konsequenz muss der Verletzer sich auf eine Unbilligkeit im Einzelfall berufen und die Darlegungs- und Beweislast für deren Vorliegen tragen. Denn nur dies ermöglicht dem Gericht den spezifischen Merkmalen jedes Falles hinreichend Rechnung zu tragen.

(3) Vorliegend hat der abgemahnte Verstorbene zwar als natürliche Person gehandelt und das streitgegenständliche Computerspiel weder für eine gewerbliche noch für eine selbständige berufliche Tätigkeit verwendet; auch ist er nicht durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet. Die Beschränkung des Ersatzes der erforderlichen Aufwendungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert in Höhe von 1.000,00 EUR erweist sich jedoch jedenfalls nach § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG als unbillig.

Bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen, durchschnittlich erfolgreichen Computerspieles im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse ist regelmäßig von einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von nicht unter 15.000,00 € auszugehen (BGH, ZUM-RD 2017, 25 Rn. 48). Bei einem überaus populären, kommerziell sehr erfolgreichen und mit hohem Marketingaufwand herausgebrachten Computerspiel - wie dem hier streitgegenständlichen - aber einer Rechtsverletzung erst ca. 2 ½ Jahre nach Erscheinen des Spiels erscheint ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angemessen. Die obigen Ausführungen zur Schadenshöhe gelten entsprechend.

Könnte der Beklagte hier nur zur Erstattung eines geringen Teils der zumutbaren Anwaltskosten verurteilt werden, welche der Klägerin entstandenen sind, würde die abschreckende Wirkung eines Verfahrens wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums, entgegen der allgemeinen Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48 und dem mit dieser Richtlinie verfolgten Hauptziel, ein hohes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten, das ausdrücklich im zehnten Erwägungsgrund dieser Richtlinie genannt wird und im Einklang mit Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union steht, erheblich geschwächt. Dem ist entgegenzuwirken, mit der Folge, dass die Abmahnkosten hier nach dem vollen Gegenstandwert von 10.000,00 EUR ersatzfähig sind (vgl. auch das Kammerurteil vom 24.05.2022, 14 O 244/20, unveröffentlicht).

cc) Wie oben bereits beschrieben ist hier ein Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch aus einem Gegenstandswert von 10.000 € angemessen, nicht aber wie von der Klägerin angesetzt 20.000 €. Dadurch reduziert sich der geschuldete Kostenbetrag auf eine 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 725,40 € zzgl. 20,- € Kostenpauschale Nr. 7300 VV RVG, mithin 745,40 €. Umsatzsteuer macht die Klägerin nicht geltend.

c) Die Zinsansprüche folgen aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Beklagte hat vorgerichtlich jede Zahlung verweigert. Die Abmahnung vom 24.04.2014 und die damit verbundene Zahlungsaufforderung erfolgten unter Fristsetzung bis zum 05.05.2014, sodass der Zinslauf in gesetzlicher Höhe sowohl für den Schadensersatzanspruch als auch für die zu erstattenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten mit dem 06.05.2014 zu laufen begann.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Bei der Kostenentscheidung war - anders als bei der Bewertung der Säumnis des Beklagten zu 2.) - zu beachten, dass im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten zu 2.) schon vor dem Versterben des Herrn I und der Rechtsnachfolge sowie Aufnahme des Rechtsstreits durch die Rechtsnachfolger ein Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist und der Beklagte zu 2.) sich deshalb eines Rechtsanwalts bedienen musste. Diese Kosten sind bereits vor der Aufnahme durch die Rechtsnachfolger entstanden. Hingegen hat sich durch die Aufnahme des Rechtsstreits im isoliert zu betrachtenden Prozessrechtsverhältnis der Klägerin zum früheren Beklagten zu 1.) in kostenrechtlicher Hinsicht kein maßgeblicher Unterschied ergeben. Demnach war für die Kostenentscheidung von einer einfachen Streitgenossenschaft der Rechtsnachfolger des Herrn I einerseits und des Beklagten zu 2.) andererseits auszugehen. Somit war die Kostenentscheidung auf Grundlage der Baumbach’schen Formel und dem anteiligen Unterliegen der Parteien zu fassen. Angesichts des überwiegenden Unterliegens der Klägerin liegen die Kosten weitestgehend wie tenoriert bei dieser. Eine Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kam hingegen nicht in Betracht, weil das teilweise Obsiegen der Klägerin im Verhältnis zum einfachen Streitwert mehr als 10% beträgt.

IV. Der Streitwert wird auf 5.574,60 EUR festgesetzt.