BPatG, Beschluss vom 28.06.2010 - 9 W (pat) 327/05
Fundstelle
openJur 2011, 112276
  • Rkr:
Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I.

Gegen das am 14. März 2003 angemeldete und am 11. November 2004 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges"

ist Einspruch eingelegt worden.

Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass das Dichtungssystem gemäß Patentanspruch 1 nicht mehr neu sei, zumindest jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Stütze ihres Vorbringens verweist sie auf die Druckschriften DE 199 43 765 A1 (D1), DE 101 37 031 C1 (D2) und die nachveröffentlichte Druckschrift älteren Zeitrangs DE 199 43 765 C5 (D3). Zudem macht sie eine offenkundige Vorbenutzung geltend, die anhand der Anlagen E4a bis E4j belegt werden soll. Insbesondere habe vor Einreichung der Patentanmeldung eine vorbehaltslose Lieferung stattgefunden, und seinerzeit habe der gelieferte Gegenstand keiner Geheimhaltungspflicht mehr unterlegen. Für die Richtigkeit der gemachten Angaben bietet die Einsprechende Zeugenbeweis an.

In der mündlichen Verhandlung hat sich die Einsprechende gegen die Beteiligung der Patentinhaberin zu 2. gewandt. Ob diese Gesamtrechtsnachfolgerin der vorhergehenden, gemeinschaftlich mit der Patentinhaberin zu 1. eingetragenen Patentinhaberin C... GmbH geworden sei, könne sie nicht beurteilen. Auch halte sie ihre am 28. Mai 2010 gegenüber dem Senat erklärte Zustimmung zur Beteiligung der C... GmbH für gegenstandslos, weil diese Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr existiert habe. Hilfsweise fechte sie diese Zustimmungserklärung an.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberinnen stellen den Antrag, das Patent aufrecht zu erhalten.

Die Patentinhaberinnen machen geltend, dass die genannten Druckschriften der Patentfähigkeit nicht hindernd entgegenstehen. Auch sei die behauptete Vorbenutzung jedenfalls der Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

1. Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, bei denen jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser aufweist, wobei diese Kanäle bei einem überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb des Dichtungssystems zusammenwirken, gekennzeichnet durch die Merkmale, -unterhalb des in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnittes (5) ist mindestens eine mit dem mindestens einen Kanal (7, 8) dieses Karosserieteils (2) verbundene Wasser-Fangrinne (9) vorgesehen, -diese Wasser-Fangrinne (9) überlappt unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen (7, 8).

Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 4 an.

II.

1.

Die Zuständigkeit des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.

2.

Der Einspruch ist zulässig; Gegenteiliges ist auch nicht vorgetragen worden.

3.

Am Verfahren beteiligt ist nunmehr nicht nur die ursprüngliche einzige Patentinhaberin, sondern auch die Patentinhaberin zu 2., die Rechtsnachfolgerin der im Patentregister als Mitinhaberin des Patents aufgeführten C... GmbH geworden ist. Zwar ändert die Veräußerung der Streitsache nicht ohne Weiteres die Beteiligtenstellung; vielmehr ist im anhängigen Einspruchsverfahren die Vorschrift des § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO analog anzuwenden (vgl. BGH BlfPMZ 2007, 459 ff.) mit der Folge, dass ein Einzelrechtsnachfolger des Patentinhabers ohne Zustimmung des Einsprechenden nicht berechtigt ist, in die Verfahrensstellung des Patentinhabers einzutreten.

Allerdings gilt diese Vorschrift, wie sich auch aus der o. g. Entscheidung des Bundesgerichtshofes indirekt ergibt, nicht für den Fall einer Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl. 2003, § 30 Rdn. 100, 101 m. w. N.), wie sie hier die Patentinhaberin zu 2. unter Berufung auf einen entsprechenden Handelsregisterauszug dargelegt hat.

Dass die Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin zu 2. ihrerseits Beteiligte im Wege der Einzelrechtsnachfolge geworden ist, ändert daran nichts. Denn insoweit hat die Einsprechende ihre Zustimmung mit Schreiben vom 28. Mai 2010 erklärt. Diese Erklärung ist nicht deshalb wirkungslos, weil bei ihrer Abgabe die Rechtsvorgängerin im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge nicht mehr existierte. Denn die Zustimmungserklärung nach § 265 Abs. 2 ZPO bezog sich auf die im Patentregister noch formell eingetragene Rechtsvorgängerin, die nach Erhebung des Einspruchs und im Zeitpunkt der Zustimmung als Mitinhaberin des Patents ausgewiesen war. Mit der Zustimmung hat sich die Einsprechende damit einverstanden erklärt, dass ein Beteiligtenwechsel auf Seiten der Patentinhaberin stattfindet, wobei im vorliegenden Fall sogar die ursprüngliche Patentinhaberin erhalten geblieben ist, weil sie nunmehr gemeinsam mit einer weiteren Inhaberin eingetragen ist.

Nach Ansicht des Senats begründet diese Situation auch kein Anfechtungsrecht. Abgesehen von der Frage, ob die Zustimmungserklärung nicht eine Prozesshandlung darstellt, die keiner Anfechtung zugänglich ist (so Zöller/Gerger, ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 128, Rn. 21; Baumbach, ZPO, 68. Aufl. 2010, Grdz. § 128, Rdn. 56, 57), würde die nachträgliche Beseitigung der Zustimmung hier nicht von einem Anfechtungsgrund umfasst. Die Einsprechende war sich nicht darüber im Irrtum, dass die Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin zu 2. im Wege der Einzelrechtsnachfolge nach Erhebung des Einspruchs (gemeinsame) Patentinhaberin geworden ist. Denn insoweit war diese durch den Stand des Patentregisters legitimiert. Würde man der Einsprechenden nun ein Beseitigungsrecht ihrer Erklärung zubilligen, weil zwischenzeitlich ein weiterer Rechtserwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten der Rechtsvorgängerin stattgefunden hat, so würde man der Einsprechenden letztlich ein Zustimmungsrecht einräumen, das ihr nach § 265 Abs. 2 ZPO bei einem Beteiligtenwechsel im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gerade nicht zusteht. Insoweit kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Gesamtrechtsnachfolge vor oder nach der Zustimmungserklärung stattgefunden hat. Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob dies die Patentinhaberinnen vor der Zustimmungserklärung hätten offenlegen müssen. Denn der Schutzgedanke des § 265 Abs. 2 bezieht sich lediglich auf die Einzelrechtsnachfolge. Hat sich die Gegenseite mit der Beteiligung eines Einzelrechtsnachfolgers im Laufe des anhängigen Verfahrens einverstanden erklärt, ist die Beteiligung eines Rechtsnachfolgers, der anschließend durch eine oder auch mehrere Gesamtrechtsnachfolgen an die Stelle des Rechtsvorgängers getreten ist, nicht mehr von der Zustimmung der Gegenseite abhängig. Ohnehin bleibt der Einsprechenden im vorliegenden Fall die ursprüngliche Patentinhaberin als gesamtvertretungsberechtigte und gesamtschuldnerisch haftende Beteiligte erhalten, so dass sich auch deshalb die Frage stellt, ob es im vorliegenden Fall des Schutzes von § 265 Abs. 2 ZPO bedarf, wonach neben dem Aufdrängen eines neuen Prozessbeteiligten auch prozessökonomische Gesichtspunkte zu beachten sind (vgl. BGH a. a. O., S. 461; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 265 Rdn. 1).

4. In der Sache hat der Einspruch keinen Erfolg.

a) Laut Beschreibungseinleitung geht das Streitpatent von einem Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeugs aus, mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, bei denen jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser aufweist. Solche Dichtungssysteme mit korrespondierenden Wasserführungskanälen seien aus der DE 199 43 765 A1 (D1) und der DE 101 37 031 C1 (D2) bekannt. In dem einen Fall würden die wasserführenden Kanäle in dem Auftrennbereich ineinander greifen, um den dichten Übergang zwischen den Wasserführungskanälen in dem Trennbereich zu gewährleisten. Das Ineinandergreifen der Kanäle erfordere ein Fügen der Dichtungsprofilabschnitte in einer bestimmten vorgegebenen Richtung. Im anderen Fall mit überlappungsfrei aneinanderstoßenden Wasserführungskanälen bestehe zumindest nach längerer Gebrauchszeit eine Leckagegefahr. Auch diese Profile seien ausschließlich in einer vorgegebenen Fügerichtung zusammenfügbar (Abs. 0001 bis 0003 der Streitpatentschrift).

Zielsetzung sei daher das Schaffen eines Dichtungssystems im Trennbereich, bei dem die Dichtungsprofilabschnitte dauerhaft sicher gegeneinander gedichtet sind und zwar auch, wenn sie aus mehreren unterschiedlichen Richtungen gefügt werden können (Abs. 0004 der Streitpatentschrift).

Als den mit der Lösung dieses Problems beauftragten Durchschnittsfachmann legt der Senat seiner Entscheidung einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung zugrunde, der bei einem Kraftfahrzeughersteller oder einem seiner Zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von Dichtungen für den Karosseriebereich an Fahrzeugen befasst ist.

Die nach Patentanspruch 1 vorgeschlagene Lösung für ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges lautet in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt:

1.

Das Dichtungssystem weist zwei Dichtungsprofilabschnitte an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen auf.

2.

Jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte weist wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser auf.

3.

Die Kanäle wirken bei einem überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb des Dichtungssystems zusammen.

4.

Unterhalb des in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnittes ist mindestens eine Wasserfangrinne vorgesehen.

5.

Die Wasserfangrinne ist mit dem mindestens einen Kanal dieses Karosserieteils verbunden.

6.

Die Wasserfangrinne überlappt den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich.

Nach dem Verständnis des zuständigen Fachmanns stellt sich der beanspruchte Gegenstand unter Berücksichtigung der Beschreibung wie folgt dar: An zwei benachbarten Karosserieteilen eines Fahrzeugdachs sind Dichtungen bzw. Dichtungsprofilabschnitte angebracht. Die Dachteile sind mit den an ihnen vorgesehenen Dichtungen relativ zueinander bewegbar. In den Dichtungen sind Kanäle vorgesehen, die zur Führung von Wasser dienen. Wenn die Karosserieteile aneinanderliegen, d. h. wenn die Karosserieteile eine die Fahrgastzelle schließende Position einnehmen, überlappen diese nicht. Die den Karosserieteilen zugeordneten Dichtungen nehmen dann eine solche Lage ein, dass die in ihnen vorgesehenen Kanäle korrespondierend zusammenwirken, und zwar für einen etwa horizontalen Wasserübertritt. Der unten liegende Dichtungsprofilabschnitt ist der, dessen wasserführender Kanal bei ebener Lage des Fahrzeugs das aus dem korrespondierenden Kanal des anderen Dichtungsprofilabschnitts abfließende Wasser aufnimmt. An dem unten liegenden Dichtungsprofilabschnitt ist eine Wasserfangrinne vorgesehen, die sich unterhalb, d. h. an der Unterseite, des Dichtungsprofilabschnitts befindet. Aus der Wasserfangrinne kann über eine Verbindung Wasser in den wasserführenden Kanal abfließen. Die Wasserfangrinne überlappt unterhalb und auf wenigstens einer vertikalen Seite der Dichtung den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen, d. h. den Trennbereich zwischen den Dichtungen und somit die Trennfuge (vgl. Abs. 0007 Streitpatentschrift).

b) Der mit Patentanspruch 1 beanspruchte und zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand ist neu.

b1) Aus der Druckschrift DE 199 43 765 A1 (D1) ist ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten (obere Dichtung 13, Dachkassettendichtung 17) an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, dem entnehmbaren Seitenholm 11 und der Dachkassette 4 bekannt (vgl. Fig. 1 bis 3; Merkmal 1.). Die obere Dichtung 13 weist einen Primär-Kanal 13F auf, die Dachkassettendichtung 17 den Wasserkanal 17B (vgl. Fig. 3; Merkmal 2.). Im geschlossenen Zustand des Fahrzeugdachs liegen die beiden Karosserieteile überlappungsfrei aneinander und die Kanäle 13F und 17B wirken als korrespondierende Kanäle mit leichtem Gefälle, d. h. mit einem etwa horizontalen Wasserübertritt, innerhalb des Dichtungssystems zusammen (vgl. Fig. 3, Sp. 1, Z. 22 bis 29, Sp. 3, Z. 41 bis 67; Merkmal 3.). Dabei überlappen die Kanäle zumindest teilweise (vgl. Sp. 3, Z. 41 bis 45). Im unten liegenden vorderen Bereich 17A der Dachkassettendichtung 17, d. h. im Boden des Wasserkanals 17B, ist eine den Überlappungsbereich untergreifende vertiefte Querrinne 17F ausgebildet (vgl. Sp. 4, Z. 2 bis 8; Merkmal 5.).

Diese Querrinne fängt zurücklaufendes Wasser auf, das beispielsweise durch Kapillarwirkung zwischen die überlappenden Dichtungsprofilabschnitte eindringt (Sp. 1, Z. 30 bis 36 i. V. m. Sp. 3, Z. 64 bis Sp. 4, Z. 8). Offensichtlich müssen die Kanäle im Überlappungsbereich ineinander liegen, wenn sie einer den anderen zumindest teilweise überlappen und dichtend aneinander zu liegen kommen (Sp. 1, Z. 22 bis 29). Um den Wasserfluss durch Kapillarwirkung unterbinden zu können, muss die Querrinne den Spalt zwischen den überlappenden Dichtungsprofilabschnitten unterbrechen. Demnach liegt die Querrinne 17F zwar in dem in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnitt 17, jedoch nicht unterhalb dieses Abschnitts, sondern innerhalb dessen Kanals 17B. Aus ihrem funktionalen Wirken der Unterbindung der Kapillarwirkung ergibt sich, dass die Querrinne 17F den Überlappungsbereich nicht in seiner Gesamtheit untergreift, sondern lediglich einen Teil zwischen den Enden dieses Bereichs und jeweils mit Abstand zueinander. Eine Erstreckung der Querrinne 17F in einen vertikalen Seitenbereich des Wasserkanals 17B ist der Druckschrift DE 199 43 765 A1 (D1) nicht zu entnehmen. Jedenfalls fehlen Angaben in der Beschreibung hierzu, und Fig. 3 lässt den Verlauf der Querrinne 17 nicht eindeutig erkennen. Demnach weist das aus DE 199 43 765 A1 (D1) bekannte Dichtungssystem die Merkmale 4. und 6. nicht auf.

b2) Die nachveröffentlichte Druckschrift älteren Zeitrangs DE 199 43 765 C5 (D3) geht auf die von der DE 199 43 765 A1 (D1) wiedergegebene Anmeldung zurück. Soweit sich die Einsprechende auf Patentanspruch 1 der Nachveröffentlichung bezieht, gibt dieser keinen anderen Sachverhalt als den bereits aus der Beschreibung und den Figuren der DE 199 43 765 A1 (D1) dargelegten wieder.

b3) Die Entwässerungsanordnung für ein Klappdach eines Hardtop-Fahrzeugs nach der DE 101 37 031 C1 (D2) stellt ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen dar. Die bewegbaren Karosserieteile sind die Dachsäule (C-Säule 2) und die Heckscheibe 1 (vgl. Fig. 1, Anspruch 1; Merkmal 1.). Jedem der Karosserieteile ist eine Dichtung mit einem Wasserführungskanal zugeordnet, wobei diese Kanäle bei einem in Schließposition des Fahrzeugdaches offensichtlich überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile (vgl. Fig. 1) als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb der Entwässerungsanordnung zusammenwirken. Die Dichtungen an Heckscheibe 1 und C-Säule 2 weisen jeweils zwei Wülste 5, 6 bzw. 7, 8 sowie einen Wasserführungskanal 4 bzw. 9 auf (vgl. Fig. 1, Ansprüche 1 und 3 sowie Sp. 3, Z. 4 bis 7; Merkmale 2. und 3.). Die Entwässerung der Wasserführungskanäle 4, 9 erfolgt über eine Auffangwanne 12, die Teil der Abdichtung der Dachsäulen oder des außerhalb der Heckscheibe liegenden Teils des Heckdaches ist (vgl. Anspruch 1, Fig. 1.). Insofern ist die Auffangwanne 12 mit dem Wasserführungskanal 9 verbunden. Da die Auffangwanne 12 am tiefsten Punkt der Dachanordnung liegt (vgl. Sp. 3, Z. 24 bis 27), ist der Wasserführungskanal 9 der in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtung zuzurechnen und die Auffangwanne 12 unterhalb des Wasserführungskanals 9 angeordnet. Die Auffangwanne kann als Wasserfangrinne aufgefasst werden (Merkmale 4. und 5.).

Im Gegensatz zum Streitgegenstand überlappt diese Auffangwanne 12 den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Wasserführungskanälen 4 und 9 weder unten noch vertikal seitlich. Jedenfalls lassen die Angaben in der DE 101 37 031 C1 (D2) die Lage der Auffangwanne 12 bezüglich der Stoßstelle der Dichtungen nicht erkennen (Merkmal 6.).

c) Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Die genaue Anordnung der Auffangwanne 12 ist in DE 101 37 031 C1 (D2) offen gelassen. Nach Überzeugung des Senats entspricht es nicht dem fachmännischen Vorgehen, die Auffangwanne einfach in den Stoß-/Überlappungsbereich der beiden Dichtungen zu verlagern. Die Auffangwanne 12 ist durch eine Öffnung im Wasserführungskanal 9 der der C-Säule zugeordneten zweiten Dichtung mit den Wasserführungskanälen 4, 9 wirkverbunden (Fig. 1). Eine Verlagerung der Auffangwanne in den Stoßbereich der beiden Dichtungen führt dazu, dass die der schwenkbaren Heckscheibe zugeordnete Dichtung an der Stoßstelle nicht nur an der zweiten Dichtung, sondern auch an der Auffangwanne dicht anliegen muss.

Hierdurch wird ein weiteres Dichtproblem geschaffen, das der Fachmann aber vermeidet. Die D2 führt auch unter Berücksichtigung des Fachwissens des Fachmanns nicht zum Streitgegenstand.

Auch die Zusammenschau der D2 mit der D1 führt nicht zum Streitgegenstand. Der Hinweis aus der DE 199 43 765 A1 (D1), eine Querrinne im Überlappungsbereich der Stoßstelle anzuordnen, führt dazu, zusätzlich eine Querrinne in den Boden der unten liegenden Dichtung einzuarbeiten, um Leckagewasser abzuleiten. Der Hauptstrom des Wassers soll nach der DE 199 43 765 A1 (D1) gerade nicht durch diese Querrinne abgeleitet werden. Das Beibehalten einer Haupt-Entwässerung ist daher unbedingt erforderlich, nach der Lehre der D2 über die Auffangwanne 12. Die Anordnung der Auffangwanne 12 unterhalb der Dichtungen im Stoßbereich ist daher auch durch die D1 nicht angeregt.

Soweit geltend gemacht wird, dass aus fachmännischer Sicht eine Ausdehnung der Querrinne 17F auch in die Seitenbereiche des Wasserkanals 17B (vgl. Fig. 3 der DE 199 43 765 A1 (D1)) zur Verbesserung der Abdichtung erwogen wird, ist festzustellen, dass eine solche, in die vertikalen Seitenflächen verlängerte Rinne nicht unterhalb des Dichtungsprofilabschnitts zu liegen kommt und auch nicht den Übergangsbereich zwischen den Kanälen überlappt. Sie untergreift lediglich den Überlappungsbereich (teilweise) und nicht den gesamten Bereich der Trennfuge.

d) Das Dichtungssystem, das am 10. Januar 2003 an die K... GmbH & Co. geliefert sein soll, ist nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

Laut Vorbringen der Einsprechenden hat vor dem Anmeldetag eine vorbehaltslose Lieferung des Dichtungssystems an die K... GmbH & Co. in R... aus dem Verbund der W... GmbH in O... stattgefunden. Ausweislich der Lieferscheine 109575, 109572 und 10573 sind mit der beauftragten Spedition jeweils 15 Stück Dichtungen mit den Bezeichnungen HTD OBEN, VTD LI und VTD RE an den Empfänger geliefert worden. Die Gestaltung der Dichtungen soll entsprechend der vorgelegten Zeichnungen E 84 876 351 (Anlage E4a) und E 84 876 161/162 (Anlage E4b) gewesen sein. Solche Dichtungen sollen in dem Fahrzeug des Typs Renault Megane CC eingebaut worden sein. Die Einsprechende kann die Beschaffenheit der gelieferten Dichtungen nicht genau angeben. Nach ihrem Bekunden war es nicht möglich, eine dieser Dichtungen in der mündlichen Verhandlung vorzulegen. Zudem ist anhand der eingereichten Unterlagen und des Vorbringens nicht festzustellen, ob das gelieferte Dichtungssystem mit einer Wasserfangrinne versehen ist, die mit einem wasserführenden Kanal des Dichtungssystems verbunden ist, und ob die Wasserfangrinne den Übergangsbereich zwischen korrespondierenden wasserführenden Kanälen unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich überlappt (im Sinne der Merkmale 5. und 6.). Zur Gestaltung des Dichtungssystems hat die Einsprechende Zeugenbeweis angeboten. Die benannte Zeugin soll auch über die Umstände im Hause der Einsprechenden aussagen können. In einer eidesstattlichen Versicherung hat die Zeugin erklärt, dass die Lieferung ihrer Kenntnis nach keiner Geheimhaltungsverpflichtung mehr unterlegen habe.

Wenn man unterstellt, dass die Lieferung stattgefunden hat, so ist nicht dargetan, auf welche Weise die gelieferten Teile des Dichtungssystems der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Unbestritten ist die Markteinführung des Renault Megane CC nach dem Anmeldetag des Streitpatents erfolgt. Das Dach dieses Fahrzeugs wurde bei K... gefertigt, die Dichtungen dazu, zumindest einige, bei M.... Schon die vorgelegten Zeichnungen (Anlagen E4a und E4b) zeigen, dass die Entwicklung der Dichtungen keinesfalls eine allein in der Hand der Einsprechenden liegende Angelegenheit war. Im Schriftfeld der Zeichnungen ist jeweils die W... GmbH als Urheberin angegeben und als Lieferant für R... bezeichnet. Dies deutet vielmehr darauf hin, dass diesbezüglich K... und R... bestimmend waren, an die die Zeichnungen bei Nichtbestellung zurückzugeben sind. Demnach handelt es sich bei dem Dach des Renault Megane CC und den zugehörigen Dichtungen um eine Entwicklung, zu der mehrere Beteiligte beigetragen haben. Aufgrund des gemeinsamen Interesses der Beteiligten ist nicht zu erwarten, dass einer von ihnen, der in das gemeinsame Projekt dergestalt eingebunden ist und davon profitiert, Kenntnisse über die Entwicklung an beliebige Dritte weiter verbreiten wird. Dies gilt auch dann, wenn Dritte mit der Weiterentwicklung betraut werden oder eine Geheimhaltungsverpflichtung abgelaufen ist. Besondere Umstände, warum von diesen nach der Lebenserfahrung zu erwartenden Gepflogenheiten abgewichen werden soll, hat die Einsprechende nicht dargetan (vgl. PatG, Schulte, 8. Auflage, § 3 Rn. 32 m. w. N.). Da die benannte Zeugin nach Angaben der Einsprechenden nur zu den Umständen bei der Absenderin der Lieferung, jedoch nicht zu denen bei der Empfängerin der Lieferung aussagen kann, erübrigt sich eine Zeugeneinvernahme. Allein der behauptete Umstand, dass die Dichtung ohne Geheimhaltungspflicht an die Empfängerin geliefert wurde, rechtfertigt nicht die positive Feststellung, dass auch tatsächlich ein unbegrenzter Personenkreis von der streitigen Dichtung Kenntnis nehmen konnte. Hierzu hätte zumindest dargelegt werden müssen, auf welche Weise beim Lieferungsempfänger (K...) objektiv die Möglichkeit dazu bestanden haben soll. Somit ist nicht dargetan bzw. bestehen zumindest erhebliche Zweifel, dass die erfolgte Lieferung für beliebige Dritte öffentlich zugänglich war. Dies geht zu Lasten der Einsprechenden (vgl. Schulte, a. a. O. Rn. 34). Auf die genaue Beschaffenheit des gelieferten Dichtungssystems kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

e) Mit dem Dichtungssystem nach dem erteilten Patentanspruch 1 sind auch die Gegenstände der rückbezogenen Unteransprüche patentfähig, die vorteilhafte Weiterbildungen des Dichtungssystems in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen nach dem Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.

Pontzen Paetzold Reinhardt Dr. Höchst Ko