BPatG, Beschluss vom 03.12.2009 - 25 W (pat) 98/09
Fundstelle
openJur 2011, 110728
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Maltinosist am 1. März 2007 für die Waren "Schokolade, Schololadewaren, Zuckerwaren, Pralinen, Bonbons, feine Backund Konditorwaren, Kakao, Marzipan" in das Markenregister unter der Nummer 307 08 792 eingetragen worden. Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, seit dem 3. September 1982 unter der Nummer 1 037 829 für die Waren "Konfekt, Knabbererzeugnisse auf Getreide-, Kakao-, Kuchenund/oder Gebäckbasis; Backwaren, insbesondere Kuchen und Biskuits; Konditorwaren, Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladewaren, Getreideerzeugnisse für die menschliche Ernährung"

eingetragenen Wortmarke MALTESERS Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamtes hat mit zwei Beschlüssen vom 24. Januar 2008 und 23. Oktober 2008, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.

Beide Marken könnten sich nach der Registerlage auf identischen Waren begegnen, so dass unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ein erheblicher Abstand der Marken erforderlich sei, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Vergleichsmarken hielten diesen erforderlichen Markenabstand selbst bei Anlegung strenger Maßstäbe jedoch ein.

Beide Markenwörter stimmten zwar in der Silbenzahl sowie in dem Anfangsbestandteil "Malt-/MALT" überein, verfügten jedoch über sich deutlich unterscheidende Endbestandteile "-ESERS" bei der Widerspruchsmarke bzw. "-inos" bei der angegriffenen Marke. Die sich daraus ergebende unterschiedliche Vokalfolge "aee" bei der Widerspruchsmarke bzw. "aio" bei der angegriffenen Marke sowie die durch die Verdoppelung der Buchstaben "e" und "s" in den letzten beiden Silben der prioritäsälteren Marke bewirkte markante Aussprache des Wortendes der Widerspruchsmarke führten aber zu einer deutlich wahrnehmbaren klanglichen Abweichung im Gesamtklangbild beider Marken, so dass auch aus der Erinnerung heraus Verwechslungen nicht zu befürchten seien.

Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die einschlägigen Verkehrskreise "MALTESERS" nach englischen Sprachregeln aussprechen würden, da es sich nicht um ein Wort der englischen Sprache handele.

Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr sei aufgrund der deutlichen Abweichungen in der Umrisscharakteristik der Buchstabenfolge "ESERS" der Widerspruchsmarke und "inos" der angegriffenen Marke ebenfalls nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, unter Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 24. Januar 2008 und 23. Oktober 2008 die Marke 307 08 79 "Maltinos" zu löschen.

Ausgehend davon, dass sich beide Marken auf identischen Waren begegnen könnten, sei die Ähnlichkeit beider Markenwörter zu groß, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Durch den übereinstimmenden Anfangsbestandteil "Malt" stimmten beide Zeichen in nahezu der Hälfte der einzelnen Buchstaben überein. Dies führe zu einer deutlichen Ähnlichkeit beider Zeichen, da die beiden Wortendungen "-ESERS" bzw. "-inos" nicht besonders einprägsam seien und auch Übereinstimmungen am Wortanfang in aller Regel vom Verkehr stärker beachtet würden. Dies gelte insbesondere, wenn man der Widerspruchsmarke "MALTESERS" eine englische Aussprache zu Grunde lege, bei der der Vokal "E" in der zweiten Silbe der Widerspruchsmarke als "I" ausgesprochen würde. Diese Aussprache dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, da das Produkt mit der Bezeichnung "MALTESERS" seit 1936 in Großbritannien hergestellt werde und dort heute in 14 verschiedenen Packungsgrößen und -arten erhältlich sei. Daher sei die Bezeichnung "Maltesers" als englische Markenbezeichnung auch einem Großteil der deutschen Verbraucher seit Jahrzehnten bekannt. Aber auch bei einer deutschen Aussprache seien die Vokalfolgen der Vergleichsmarken nahezu identisch, weil die beiden Vokale "E" und "I" generell eine hohe klangliche Ähnlichkeit aufwiesen. Dies führe zu einer verstärkten Ähnlichkeit der Gesamtzeichen, da die Betonung bei natürlicher Aussprache auf den ersten beiden Silben läge.

Auch schriftbildlich bestehe eine erhebliche Ähnlichkeit. Beide Zeichen wiesen bei nahezu identischer Länge zu Beginn den übereinstimmenden Bestandteil "Malt" sowie am Wortende den identischen Buchstaben "s" auf. Zudem verfügten die Wortenden weder über eine Obernoch eine Unterlänge. Der "i-Punkt" des Zeichens Maltinos sei dabei aufgrund seiner geringen Größe zu vernachlässigen.

Einer Verwechslungsgefahr wirke auch nicht entgegen, dass es sich bei der Lautfolge "MALT" um den englischen Begriff für "Malz" handele, da es sich nicht um einen dem Verbraucher geläufigen und damit verständlichen Begriff des englischen Grundwortschatzes handele, welcher zudem auch aufgrund der Silbengliederung nicht als eigenständiger Begriff innerhalb des Markenworts hervortrete. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergebe sich daraus nicht.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Übereinstimmung in dem Anfangsbestandteil "Malt" als englischer Begriff für "Malz" könne nur ein geringes Gewicht für den Gesamteindruck beider Marken beigemessen werden, da der Verkehr darin in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren lediglich einen Hinweis auf die Geschmacksrichtung erkennen werde. Die dann maßgeblich zu beachtenden Wortendungen wiesen aber so deutliche Unterschiede auf, dass eine Verwechslungsgefahr ausscheide. Für eine englische Aussprache der Widerspruchsmarke bestünden keine Anhaltspunkte, da es sich nicht um ein englisches Wort handele. Auch in schriftbildlicher Hinsicht reiche der Abstand aus, da die Wortendungen "-ESERS" bzw. "-inos" keine typographischen Ähnlichkeiten hätten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Begriff "MALTE-SERS" beim Verkehr Assoziationen in Bezug auf den Malteser-Orden hervorrufe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse und die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht, auch wenn man ausgehend von einer nach der Registerlage möglichen Warenidentität zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr strenge Anforderungen an den Markenabstand stellt.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 170). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 -Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 -HEITEC).

In klanglicher Hinsicht stimmen die wie "Maltinos" und "Maltesers" artikulierten Vergleichswörter zwar bei gleicher Silbenzahl in der Lautfolge "Malt" am jeweiligen Wortanfang überein, wobei bei einer deutschen Ausspracheregeln folgenden Artikulation beider Markenwörter ein beschreibender, die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beeinträchtigender beschreibender Anklang der Lautfolge "Malt" als englisches Wort für "Malz" unabhängig von Bekanntheit dieses Begriffs schon bereits aufgrund der Silbentrennung "Malte" bzw. "Malti" und der Einbindung dieser Lautfolge in jeweils einheitliche Markenwörter nicht nahe liegt. Ebenso liegt ein von der Inhaberin der angegriffenen Marke angesprochener begrifflicher Anklang der Widerspruchsmarke auf die Einwohner Maltas oder gar den "Malteser-Orden" sowohl nach der Wortbildung der Widerspruchsmarke als auch in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren fern.

Nach dem übereinstimmenden Bestandteil "Malt" unterscheiden sich beide Marken aber im weiteren deutlich voneinander. Die unterschiedlichen Vokalfolgen "io" bzw. "ee" in der Wortmitte bzw. den Endsilben beider Markenwörter, die abweichenden Anlaute "n" bzw. "s" der Endsilben sowie der zusätzliche Konsonant "r" bei der Widerspruchsmarke bewirken eine deutlich wahrnehmbare klangliche Abweichung im Gesamtklangbild beider Marken. Hierbei ist zu beachten, dass Vokalen regelmäßig eine größere Bedeutung für das Klangbild zufällt, so dass insoweit bestehende Unterschiede sich in aller Regel nachhaltiger auf das Klangbild auswirken als Abweichungen im Konsonantengefüge (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 193). Zusätzlich führen die beiden Konsonanten "s" sowie der Konsonant "r" bei "MALTESERS" zu einem zischenden Klang, wobei das "r" den Schlusskonsonanten "s" klanglich hervorhebt, während die Konsonantenfolge "n" und "s" bei "Maltinos" zu einem leicht nasalen Klang der beiden Endsilben führt. Wenngleich Übereinstimmungen am Wortanfang erfahrungsgemäß regelmäßig stärker beachtet werden, so verändern diese Unterschiede in ihrer Gesamtheit das Gesamtklangbild beider gleichmäßig betonter Markenwörter gleichwohl so deutlich und nachhaltig, um auch bei Berücksichtigung einer nicht zeitgleichen oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge erfolgenden Wahrnehmung und eines erfahrungsgemäß häufigen undeutlichen Erinnerungsbildes (vgl. dazu EuGH MarkenR 1999, 236, 239 -Lloyd/Loints) eine klangliche Verwechslungsgefahr in einem markenrechtlich relevanten Umfang nicht nur in Fachverkehrskreisen, sondern auch bei einem vorliegend ebenfalls maßgeblich zu beachtenden normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher -auf den nach der Rechtsprechung des EUGH abzustellen ist (vgl. GRUR 2004, 943 -SAT.2) -auszuschließen.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann von einer englischen Aussprache hier nicht ausgegangen werden. Dazu bietet die Art der Wortbildung für sich gesehen keinen Anlass, da es sich nicht um ein Wort der englischen Sprache handelt. Eine -seitens des Senats insoweit zugunsten der Widersprechenden ohne nähere Sachprüfung unterstellte -Bekanntheit der Widerspruchsmarke in Großbritannien erlaubt nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf eine entsprechende Aussprache inländischer Verkehrskreise. Zudem würde eine "englische" Aussprache der Widerspruchsmarke zwar zu einer klanglichen Annäherung der Mittelvokale führen, da der Vokal "e" dann wie "i" ausgesprochen würde. Jedoch würden diejenigen, die in der Widerspruchsmarke "Maltesers" einen englischsprachigen Begriff erkennen, dann aber auch trotz der Silbentrennung "Malte" der Lautfolge "Malt" jedenfalls einen beschreibenden Anklang auf "Malz" und damit auf die Geschmacksrichtung der entsprechenden Waren entnehmen. Dieser mag zwar aufgrund der Silbengliederung innerhalb des einheitlichen Markenworts nicht so deutlich und ausgeprägt sein, als dass er eine Einschränkung der Kennzeichnungskraft der Marke nach sich ziehen könnte. Jedoch führt er dazu, dass der diesen Begriffsanklang erkennende Verbraucher zum einen seine Aufmerksamkeit den weiteren abweichenden Bestandteilen zuwendet und deren Unterschiede um so eher wahrnimmt. Vor allem jedoch ist mit einer englischen Aussprache der Widerspruchsmarke gleichzeitig eine abweichende Artikulation des Anfangsvokals "a", der dann eher wie der Vokal "o" ausgesprochen wird, verbunden (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., S. 1308 zu "malt"), so dass auch eine gegenüber einer "deutschen Aussprache" stärkere klangliche Annäherung im Gesamtklangbild beider Marken letztendlich nicht angenommen werden kann.

Bei einem schriftbildlichen Markenvergleich sind die Annäherungen ebenfalls nicht so ausgeprägt, dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre. Im Vordergrund steht dabei die drucktechnische Schreibweise, da eine handschriftliche Wiedergabe wegen der weitgehend maschinellen Bearbeitung z. B. von Bestellungen und angesichts des wachsenden EDV-Einsatzes im täglichen Geschäftsverkehr eher zu vernachlässigen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 208). Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende Wort (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 206). Bei Beachtung dieser kollisionsmindernden Voraussetzungen weisen beide Marken aber in allen üblichen Wiedergabeformen aufgrund der deutlichen und nicht übersehbaren Abweichungen in der Gesamtumrisscharakteristik der Bestandteile "-inos" und "-ESERS" ebenfalls einen ausreichenden Abstand auf. Beide für den bildlichen Gesamteindruck neben den Anfangsbestandteilen ebenfalls bedeutsame Endbestandteile (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 206) stimmen lediglich in dem Schlusskonsonanten "S" überein. Die Konturen der übrigen abweichenden Buchstaben, insbesondere der strichlinienförmige Vokal "i/I" als auch das kreisrunde Erscheinungsbild des weiteren Vokals "o/O" bei der angegriffenen Marke heben sich jedoch so markant von der Typographie der entsprechenden Buchstaben auf Seiten der Widerspruchsmarke ab, dass dies auch im Gesamteindruck beider Markenwörter nicht unbemerkt bleiben wird.

Ob eine abweichende Beurteilung der Verwechslungsgefahr für den Fall einer durch langjährige und intensive Benutzung für einzelne und/oder mehrere Waren zumindest gestärkten oder sogar deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke veranlasst wäre, kann offen bleiben. Denn für eine solche gestärkte bzw. gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im vorliegend allein maßgeblichen Inland bieten sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die dazu seitens der Widersprechenden gemachten Angaben zur Bekanntheit und Bedeutung der Widerspruchsmarke in Großbritannien und dem englischsprachigen Raum erlauben keine Rückschlüsse auf Marktanteil bzw. Marktstellung und einen entsprechend erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke im Inland.

Für eine Verwechslungsgefahr unter einem anderen Gesichtspunkt bieten sich keine Anhaltspunkte.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Bayer Metternich Merzbach Hu