BPatG, Urteil vom 29.11.2005 - 4 Ni 53/04
Fundstelle
openJur 2011, 110543
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Klageerhebung eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 900 971 (Streitpatent), das am 9. September 1997 angemeldet und dessen Erteilung am 2. Mai 2003 bekannt gemacht worden ist. Der Rechtsübergang bezüglich des Streitpatents auf die P... Consulting e.K. (vormals: P1... und Fa. P2..., nachfolgend: P2...) wurde rechtsgeschäftlich am 1. August 2003 vorgenommen und beim Deutschen Patent- und Markenamt am 18. Februar 2005 im Register eingetragen. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 597 09 978 geführt.

Wegen der angegriffenen Ansprüche 1 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 900 971 B1 Bezug genommen.

Am 26. März 1998 schlossen die Rechtsvorgängerin der Klägerin als Lizenznehmerin und Platz als Lizenzgeberin einen Lizenzvertrag. Dieser regelte die Lizenzvergabe auszugsweise wie folgt:

"(...)

1.1 Schutzrechte sind die bereits existierenden Schutzrechte von P2..., wie sie in der Anlage A zu diesem Lizenzvertrag aufgeführt sind, sowie deren Äquivalente, die auf dem Gebiet Glasfolientastaturen und stromübertragende Glasleiter verwendbar sind. (...) Zukünftige technische Weiterentwicklungen, die von P2... auf dem sachlichen Lizenzbereich erworben werden (...) werden, soweit sie schutzfähig sind, ebenfalls zu Vertragsschutzrechten. (...)

1.2 Lizenzgegenstände sind die Produkte, bei deren Herstellung Schutzrechte und/oder Knowhow von P2... genutzt wird.

1.3 Vertragsgebiet ist weltweit.

2. Art der Lizenz 2.1 P2... erteilt S... eine ausschließliche, unbefristete, unwiderrufliche, entgeltliche Lizenz an den Schutzrechten und dem Knowhow für die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, den Besitz und das Gebrauchen der Lizenzgegenstände auf dem sachlichen Geltungsbereich der Lizenz im Vertragsgebiet. (...) Hinsichtlich der Schutzrechte auf dem Gebiet stromübertragender Glasleiter wird der sachliche Geltungsbereich auf Anwendungen mit Glasfolientastaturen beschränkt, soweit es sich nicht um das Geschäftsfeld Haushaltsgeräte ("Weiße Ware") handelt.

2.2 P2... behält sich vor, Lizenzgegenstände in Abstimmung mit S... als Prototypen und/oder in kleinen Serien (Losgröße bis 2000 Stück) im Vertragsgebiet selbst herzustellen, zu gebrauchen und unter Benutzung der Marken zu vertreiben. S... wird seine Zustimmung dazu nicht unbillig verweigern. Die Vertragspartner verpflichten sich, nach Klärung der Marktsituation Einzelheiten zu regeln.

2.3 S... verpflichtet sich, auf den Lizenzgegenständen zusätzlich zur eigenen Marke oder Firma eine der lizenzierten Marken anzubringen, soweit dies am Markt durchsetzbar ist.

2.4 Im Hinblick auf Ziffer 2.2 verpflichtet sich S..., P2... für den Bedarf des eigenen Geschäftsbetriebes mit Dünngläsern zu marktüblichen Preisen zu beliefern.

(...)

4. Aufrechterhaltung, Verteidigung, Beschränkung und Abhängigkeit von Schutzrechten.

4.1 P2... ist verpflichtet, die Schutzrechte aufrechtzuerhalten. Die Parteien werden sich über die Länder, in denen Schutzrechte angemeldet werden, abstimmen. Die Kosten hierfür tragen P2... und S... gemeinsam. Sofern die Kostenbeteiligung nicht in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt werden kann, sind die Kosten von jedem Vertragspartner jeweils zu zu tragen.(...)

4.2 P2... ist nicht verpflichtet, die Schutzrechte auf eigene Kosten gegen An- griffe Dritter (z. B. Nichtigkeitsklage) zu verteidigen. P2... wird jedoch S... unverzüglich von einem solchen Angriff unterrichten. P2... wird sich im Falle eines Nichtigkeitsverfahrens mit S... über eine geeignete Vorgehensweise einigen.

(...)

4.7 Die Vertragsparteien werden sich von sämtlichen Verletzungen im Vertragsgebiet und im sachlichen Geltungsbereich unverzüglich unterrichten. Beide Parteien sind berechtigt, aber nicht verpflichtet, gegen Verletzer vorzugehen.(...)

10. Geheimhaltung 10.1 Während der Dauer dieses Vertrages sowie für weitere fünf (5) Jahre nach seiner Beendigung werden die Parteien alle einander im Rahmen dieses Vertrages übergebenen Informationen vertraulich behandeln. (...)

11. Anpassungsklausel Treten erhebliche Änderungen in den Umständen ein, die für den Abschluss und die Durchführung dieses Lizenzvertrages wesentlich sind, (...) so sind die Vertragspartner verpflichtet, gemeinschaftlich den Vertrag in einem angemessenen Ausgleich der gegenseitigen Interessen entsprechend anzupassen. (...)

12. Laufzeit und Kündigung 12.1 Der Vertrag läuft solange, wie ein Schutzrecht von Platz benutzt wird, mindestens aber 8 Jahre ab Unterzeichnung. Danach verlängert er sich automatisch um jeweils 2 Jahre, wenn er nicht von einem der Vertragspartner mit 6 monatiger Kündigungsfrist zum Jahresende gekündigt wird.

12.2 Aus wichtigem Grund steht beiden Vertragsparteien ein Recht zur außerordentlichen sofortigen Kündigung zu.(...)

12.3 Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende für beide Vertragspartner möglich, falls über einen zusammenhängenden Zeitraum von 4 Jahren die Lizenzgebühren niedriger sind als die gemäß Anlage B zu zahlende Mindestlizenzgebühr.

(...)

14. Abschlussbestimmungen

(...)

Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.

(...)

Dieser Vertrag ist auf der Basis einer vertrauensvollen Partnerschaft geschlossen. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten aus diesem Vertrag werden sich die Parteien bemühen, diese gütlich beizulegen. Sollte dies nicht möglich sein, wird als ausschließlicher Gerichtsstand das Landgericht Düsseldorf (...) vereinbart."

In Anlage B zu diesem Lizenzvertrag ist unter Punkt 3.1 vereinbart:

"3.1 S... gewährt P2... mit Gründung eine Beteiligung in Höhe von 20 % des Stammkapitals an der noch zu gründenden Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH zum Nennwert von (...). Die Mindesteinzahlung auf das Stammkapital durch P2... beträgt (...). Die restliche Einzahlung ist durch P2... innerhalb von acht (8) Jahren zu leisten."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B2a Bezug genommen. Ebenfalls unter dem Datum des 26. März 1998 hatten die Parteien des Lizenzvertrages noch eine "Entwicklungsvereinbarung (Rahmenvereinbarung)" geschlossen, wonach gemeinsam eine SZ Forschungs- und Ent- wicklungs GmbH gegründet werden sollte, die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben entsprechend den Ziffern 2.1 und 2.2 des Lizenzvertrages durchführen sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Anlage B1 Bezug genommen.

Nach Divergenzen zwischen den Parteien des Lizenzvertrages schlossen diese am 22. September 2000 eine "Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung", wobei unter anderem folgendes vereinbart wurde:

§ 1 Lizenzvertrag Der Lizenzvertrag (Anlage 1) wird den geänderten wirtschaftlichen Umständen entsprechend unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse wie folgt fortgeführt und angepasst:

(...)

(3) § 2.2 Lizenzvertrag wird wie folgt geändert:

PLATZ behält sich vor, Lizenzgegenstände als Prototypen und/oder in kleinen Serien (Losgröße bis 2000 Stück) im Vertragsgebiet selbst herzustellen, zu gebrauchen und unter Benutzung der Marken (Anlage A Lizenzvertrag) zu vertreiben. Klarstellend wird festgehalten, dass es insoweit einer Abstimmung mit S nicht bedarf.

(4) § 4.1 Lizenzvertrag gilt mit der Maßgabe fort, dass zukünftig P2... die Kosten für die Aufrechterhaltung und die Anmeldung von Schutzrechten alleine trägt (...).

(5) § 12.1 Lizenzvertrag wird wie folgt geändert:

Der Vertrag läuft 8 Jahre ab Unterzeichnung (26. März 1998). Eine automatische Verlängerung findet nicht statt. Der Vertrag kann nur durch ausdrückliche schriftliche Vereinbarung der Parteien verlängert werden.

(6) § 12.3 wird wie folgt geändert:

Falls über einen zusammenhängenden Zeitraum von 4 Jahren die Lizenzgebühren geringer sind als die in gemäß Anlage B zu zahlende Mindestlizenzgebühr, werden die Parteien alsdann Verhandlungen über die einvernehmliche Anpassung des Vertrages aufnehmen.

(7) Ziffer 3.1 und 3.2 der Anlage B zum Lizenzvertrag werden ersatzlos gestrichen. Klarstellend wird festgehalten, dass hieraus keine weitergehenden Ansprüche abgeleitet werden können.

§ 2 Entwicklungsvereinbarung (Rahmenvereinbarung), (kurz: F&E-Vertrag)

(1) Der F&E-Vertrag (Anlage 2) wird hiermit einvernehmlich aufgehoben.

(...)"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B4 Bezug genommen.

Die Änderung der Firma der Lizenzgeberin in "P... Consulting e.K." wurde am 16. August 2002 im Handelsregister eingetragen (Anl. B6).

Die Klägerin ist der Ansicht, die Klage sei zulässig, nachdem durch die Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung vom 22. September 2000 sämtliche Elemente in der vertraglichen Beziehung der Lizenzvertragsparteien, die ein besonderes Vertrauensverhältnis begründen könnten, aufgehoben worden seien. Eine Nichtangriffsabrede sei weder ausdrücklich noch inhaltlich vereinbart worden. Nur auf Bitten von Karl Otto Platz sei die Lizenznehmerin von der fristlosen Kündigung (Anlage K21) abgerückt und habe diese Vereinbarung mit Platz getroffen. Schließlich sei der Gegenstand des Streitpatents weder neu noch erfinderisch. Hierzu verweist die Klägerin auf Literatur und Druckschriften.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 900 971 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 bis 8 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise verteidigt sie das Patent gemäß den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 1, 2 und 3.

Sie ist der Auffassung die am 8. November 2004 eingereichte Klage sei unzulässig. Am 28. Oktober 2004 sei der Antrag auf Umschreibung des Streitpatents auf P... Consulting e.K. beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt worden. Zum Zeitpunkt der Abfassung der Nichtigkeitsklage durch die Klägerin am 5. November 2004 sei dieser bekannt gewesen, dass das Patent übertragen worden sei. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Firma "S1..." verstoße mit ihrer Klage gegen Treu und Glauben, weil zwischen Platz einerseits und der Rechtsvorgängerin der Klägerin andererseits ein Lizenzvertrag geschlossen worden sei, der wegen seiner gesellschaftsrechtlichen Züge sinngemäß eine Nichtangriffsabrede enthalte. Daran habe auch die Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung vom 22. September 2000 nichts geändert.

Die Beklagte regt an, dass an ihrer Stelle P... Consulting e. K. in den Rechtsstreit eintrete. Die Klägerin stellt keinen Antrag auf Klageänderung (Parteiwechsel) und stimmt einem Parteiwechsel auch nicht zu.

Im Übrigen ist die Klage nach Meinung der Beklagten auch in der Sache nicht begründet. Der Gegenstand des Streitpatents sei sowohl neu als auch erfinderisch.

Gründe

Die Klage ist als unzulässig abzuweisen.

1) Die Klage ist gegen die richtige Beklagte gerichtet, denn zum Zeitpunkt der Klageerhebung war sie (noch) im deutschen Patentregister eingetragen (§ 81 Abs. 1 Satz 2 PatG). Ausschlaggebend für die passive Prozessführungsbefugnis ist insoweit, auch für europäische Patente, ausschließlich der Registerstand des Deutschen Patent- und Markenamtes (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 81 Rdnr. 99 m. w. N.; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 81 Rdnr. 16). Die Veräußerung eines Schutzrechts während des Rechtsstreits ist ohne Belang, denn gemäß §§ 81 Abs. 1 Satz 2, 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 Abs. 2 ZPO hat sie grundsätzlich keine Auswirkung auf diesen. Dem Umstand einer vorgenommenen, gleichwohl im Register (noch) nicht vermerkten Rechtsänderung wird dadurch Rechnung getragen, dass infolge der Sachbezogenheit des Patents die Rechtskraft eines Urteils gemäß § 325 Abs. 1 ZPO auch gegen den Erwerber des Patents wirkt. Im Hinblick auf § 81 Abs. 1 Satz 2 PatG stellt es keinen Verstoß der Klägerin gegen Treu und Glauben dar, dass sie, auch wenn ihr die tatsächlichen Rechtsverhältnisse am Streitpatent bekannt gewesen waren, die Klage gegen den eingetragenen Schutzrechtsinhaber richtete.

Die Klägerin hat einen Parteiwechsel auf Seiten der Beklagten analog der Vorschrift über die Klageänderung gemäß § 263 ZPO nicht beantragt. Nach den Vorschriften des Patentgesetzes i. V. m. der Zivilprozessordnung hat die Beklagte keinen Anspruch, ohne Zustimmung der Klägerin an ihrer Stelle die Rechtsnachfolgerin in den Rechtsstreit eintreten zu lassen.

2) Die Klage ist aber infolge des Lizenzvertrages zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und P wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unzuläs- sig, denn die Klage verstößt gegen eine Nichtangriffsabrede.

a) Der Lizenzvertrag vom 26. März 1998 wurde zwar nicht zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossen. Es ist insoweit unstreitig, dass die Klägerin Rechtsnachfolgerin der S1... ist, die Lizenzgeberin in P... Consulting e.K. umfirmierte und der Lizenzvertrag vom 26. März 1998 in der Form, die er durch die "Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung" vom 22. September 2000 erfahren hat, zwischen diesen Partnern fortgeführt wurde.

In diesem Streitverfahren kann es der Beklagten, die ihrerseits eine vertragliche Beziehung zur Klägerin nicht unterhält, nicht verwehrt werden, diejenigen Einwendungen P... Consulting e.K. dem Begehren der Klägerin entgegenhalten könnte. Das resultiert aus der Tatsache, dass P... Consulting e.K. ein Urteil über § 325 Abs. 1 ZPO gegen sich gelten lassen muss (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 265 Rdnr. 16).

b) Die Klage ist unzulässig, denn sie verstößt gegen die Verpflichtung der Klägerin, das Streitpatent nicht anzugreifen. Der Lizenzvertrag enthält zwar keine ausdrückliche Nichtangriffsabrede. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt aber nach der Rechtsprechung auch ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn sich aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis ergibt, dass eine Nichtangriffsverpflichtung gewollt war. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn zwischen den Parteien vertragliche Beziehungen bestehen, die die Erhebung einer solchen Nichtigkeitsklage wegen der individuellen Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere bei Bestehen eines besonderen Vertrauensverhältnisses, nach Inhalt, Sinn und Zweck der vertraglichen Beziehungen als unzulässige Ausübung eines Rechtes erscheinen lassen (vgl. BGH BlPMZ 1989, 155, 156 - Flächenentlüftung). So verhält es sich hier.

Im Lizenzvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und P"... vom 26. März 1998 ist unter Ziffer 2 die Erteilung einer ausschließlichen, unbefristeten, unwiderruflichen und entgeltlichen Lizenz an Schutzrechten auf dem sachlichen Geltungsgebiet des Vertrages vereinbart. Zu vernachlässigen ist dabei der Vorbehalt der Fertigung von Prototypen und Kleinserien durch den Lizenzgeber, da die daraus resultierende alleinige Lizenz einen Unterfall der ausschließlichen Lizenz bildet (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 15 Rdnr. 55 m. w. N.).

Der Gegenstand des Streitpatents wird sowohl vom zeitlichen als auch vom sachlichen Geltungsbereich des Lizenzvertrages umfasst. Denn auch wenn das seinerzeit erst angemeldete Streitpatent in der Anlage A zum Lizenzvertrag nicht aufgeführt ist, ergibt sich aus der Regelung in der Präambel und in Ziffer 1.1 des Vertrages, dass auch zukünftig vom Lizenzgeber erworbene Schutzrechte, worunter entsprechend der Formulierung: "soweit sie schutzfähig sind" auch Anmeldungen zu verstehen sind, im "sachlichen Lizenzbereich" Gegenstand der Lizenzgewährung werden können.

In diesem sachlichen Geltungsbereich des Lizenzvertrages ist dieser auf dem Gebiet der stromübertragenden Glasleiter zwar zunächst auf Anwendungen mit Glasfolientastaturen beschränkt, aber für das Geschäftsfeld der Haushaltsgeräte, im Vertrag als "weiße Ware" bezeichnet, ist gleichzeitig jedes unter Ziffer 1 des Vertrages zu fassende Schutzrecht zu berücksichtigen. Damit ist auch das Streitpatent Gegenstand des Lizenzvertrages, denn die patentierte Beleuchtungsvorrichtung kann im Bereich der Haushaltsgeräte Anwendung finden. Das stellt die Klägerin nicht in Abrede.

Die nach Treu und Glauben zu beachtende Verpflichtung zum Unterlassen eines Angriffs ergibt sich inhaltlich aus dem Lizenzvertrag vom 26. März 1998, auch unter Berücksichtigung der "Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung" vom 22. September 2000, die insbesondere den ersatzlosen Wegfall der Vorhaben der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft sowie einer Produktions- und Vertriebsgesellschaft vorsieht. Es verblieb insoweit nicht nur bei der Gewährung einer ausschließlichen Lizenz in der Form der alleinigen Lizenz, was bereits für sich betrachtet erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Klage des Lizenznehmers bedingt (BGH GRUR 1971, 243, 245 - Gewindeschneidvorrichtungen; Busse/-Keukenschrijver, a. a. O., § 81 Rdnr. 77; Schulte, a. a. O., § 81 Rdnr. 58), sondern auch bei Resten einer, über das bloße Verhältnis zwischen Lizenzgeber und -nehmer hinausgehenden gemeinsamen Zusammenarbeit, speziell auch der Verpflichtung zur gemeinsamen Verteidigung der Schutzrechte.

Dabei kommt dem Umstand, dass der Lizenzvertrag im Rahmen der "Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung" vom 22. September 2000 nicht etwa aufgehoben, sondern gemäß § 1 dieser Vereinbarung "(...) den geänderten wirtschaftlichen Umständen entsprechend unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse wie folgt fortgeführt und angepasst (...)" werden sollte, besonderes Gewicht zu. So wurden im Hinblick auf den Lizenzvertrag lediglich die Regelungen der Kostentragung bei der Aufrechterhaltung und der Verteidigung der Schutzrechte, der Laufzeit sowie die Kündigungsmöglichkeit bei Unterschreiten der Mindestlizenzentgelte (Ziffern 4.1, 12.1 und 12.3 des Lizenzvertrages) modifiziert.

Auch wenn insoweit die ersatzlose Streichung der Laufzeitverlängerung des Vertrages über den 26. März 2006 hinaus nahe legen mag, dass die Parteien an einer zukünftigen weitergehenden Zusammenarbeit nicht mehr interessiert waren, kann dies am Bestand des laufenden Vertragsverhältnisses nichts ändern.

Insbesondere ist Ziffer 4. 2 des Lizenzvertrages unverändert beibehalten worden, wonach Platz die Schutzrechte nicht auf eigene Kosten gegen Angriffe Dritter (z. B. Nichtigkeitsklage) zu verteidigen verpflichtet ist. Für diesen Fall ist vielmehr vereinbart, dass sich die Parteien des Lizenzvertrages über ein gemeinsames Vorgehen einigen, mithin ist an eine Kostenbeteiligung der Lizenznehmerin gedacht. Diese Regelung wurde in der "Abänderungs- und Aufhebungsvereinbarung" nur dahin geändert, als Platz nur die Kosten für die Aufrechterhaltung und Anmeldung von Schutzrechten allein trägt. Bereits dies bedingt notwendig eine über die bloße Lizenzgewährung hinausgehende Verbindung, da ein erfolgversprechendes Vorgehen gegen einen Dritten ohne Abstimmung nicht möglich erscheint und auch im Interesse sowohl des Patentinhabers als auch des alleinigen Lizenznehmers liegt. Schon hieraus ist zu folgern, dass die Parteien des Lizenzvertrages eine Zusammenarbeit auch nach dem 22. September 2000 zumindest in Bezug auf die Lizenzgegenstände im Wesentlichen fortsetzen wollten.

Das wird in besonderem Maße durch die unverändert gebliebenen Regelungen der Ziffern 2.3, 4.7 und auch die der geänderten Ziffer 12.3 des Lizenzvertrages gestützt. Denn nach der Regelung in Ziffer 2.3 sollte die Zusammenarbeit der Lizenzvertragsparteien nach außen hervortreten (vgl. BGH GRUR 1971, 243, 245 - Gewindeschneidvorrichtungen). In der Regelung nach Ziffer 4.7 ist eine gegenseitige Unterrichtungsverpflichtung vorgesehen, und ein, wenn auch nicht notwendiges, gemeinsames Vorgehen gegen Verletzer. Ziffer 12.3 in der geänderten Fassung wandelt schließlich das ursprünglich vereinbarte Sonderkündigungsrecht in eine Verpflichtung zur Anpassung des Vertrages um und gibt damit - ebenso wie auch die unverändert beibehaltene Regelung nach Ziffer 11 - den Willen der Vertragsparteien zur weiteren Durchführung des Vertrages während der vereinbarten Laufzeit zu erkennen.

Bei dieser Sachlage wäre es daher geradezu abwegig anzunehmen, die Lizenznehmerin sei zur Erhebung der Nichtigkeitsklage berechtigt (vgl. BGH GRUR 1971, 243, 245 - Gewindeschneidevorrichtungen; BlPMZ 1989, 155, 156 - Flächenentlüftung; GRUR 1990, 667 - Einbettungsmasse).

Die Frage der Begründetheit der Klage stellt sich daher nicht mehr.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Winkler Voit Dr. Maksymiw Dr. Häußler Dr. Morawek Pr