LG Essen, Urteil vom 02.10.2020 - 44 O 6/20
Fundstelle
openJur 2022, 819
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Gewinnspiel zu bewerben oder bewerben zu lassen,

ohne bereits bei dessen Ankündigung darauf hinzuweisen,

1. wie die Gewinner ermittelt werden, wenn dies wie aus der Anl. K1 ersichtlich geschieht

und/oder

2. welche Beschränkungen des Teilnehmerkreises bestehen, wenn dies wie aus den Anl. K1 und K5 ersichtlich geschieht.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten angedroht:

die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an einem der Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin,

oder

die Anordnung unmittelbarer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, bei mehreren oder wiederholten Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken an einem der Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 440,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 220 € seit dem 05.10.2019 und aus weiteren 220 € seit dem 16.10.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen des Unterlassungsantrages gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 32.000 Euro, im Übrigen gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer wettbewerbswidrigen Werbung in Anspruch.

Der Kläger ist ein im Jahr 1977 im Vereinsregister des Amtsgerichts E unter der Nummer ... eingetragener rechtsfähiger Verein, der nach § 2 Nummer ein seiner Satzung seit über 40 Jahren unter anderem den Zweck verfolgt, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und durch Beteiligung an der Rechtsforschung, Aufklärung und Belehrung im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspfleger den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen bzw. den lauteren Wettbewerb zu fördern.

Die Beklagte betreibt bundesweit ca. 150 Discount-Möbelgeschäfte.

Im September 2019 wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte zweimal ein Gewinnspiel beworben hatte, ohne die nach seiner Ansicht wesentlichen Teilnahmebedingungen mitzuteilen.

In ihrer Werbebeilage (Anlage K 1) "F", Ausgabe S, gültig vom 31.8. bis 06.09.2019, lautete der Gewinnspielhinweis: "MEGA-Gewinnspiel zur C Tournee! Teilnahme Zeitraum vom zweiten bis 21.09.2019. Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel finden Sie auf den Teilnahmekarten in ihrer S1- Filiale."

Auf den Teilnahmekarten (Anlage K 2) wurde dann darüber aufgeklärt, dass die Gewinner ausgelöst wurden. Ausgenommen von dem Gewinnspiel waren Mitarbeiter der S1 GmbH & Co. KG und deren Angehörige. Das Mindestalter für die Teilnahme betrug 18 Jahre.

Der Kläger mahnte die Beklagte ab, weil sie bei der Bewertung des Gewinnspiels die Teilnahmebedingungen nicht mitgeteilt habe. Er forderte unter Fristsetzung zum 27.9.2019 die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung und beanspruchte eine Kostenpauschale i.H.v. 220 €, zahlbar bis zum 04.10.2019.

Die Beklagte ließ die geltend gemachten Ansprüche durch ihre Prozessbevollmächtigten mit der Begründung ablehnen, es handele sich lediglich um die Ankündigung eines Gewinnspiels, bei der die Teilnahmebedingungen noch nicht genannt werden müssten.

Drei Wochen später bewarb die Beklagte in der Werbebeilage (Anlage K 5) "F", Ausgabe S, mit Gültigkeit vom 21.9. bis zum 27.9.2019, wiederum ein Gewinnspiel. Unter dem Motto "50 Jahre S1. Das Jahrhundertjubiläum K Gewinnspiel" lobte sie unter anderem Gewinne im Wert von über 1,5 Million € aus. Als Preise waren bildlich abgebildet unter anderem ein T, ein Fernseher, ein T1-Roller sowie einen Berg Bargeld mit dem Hinweis "1 Million €". Auf der Rückseite befand sich dieser Hinweis:

"5 Schritte zum möglichen Millionär!

1. Bei S1 im Markt oder online einkaufen

2. auf S1-Gewinnspiel.de/50Jahre registrieren und Kassenbon oder Bestellbestätigung hochladen

3. an der Slotmaschine spielen und direkt erfahren, ob Tagesgewinn gewonnen wurde

4. anschließend persönlich achtstelligen Glückskot am Tresor eingeben

5. Kaufbeleg einsenden, Gewinn einlösen und nach Teilnahmescheins erfahren, ob die Millionen gewonnen wurde."

Auf Seite 10 des Prospekts wurde die hochgestellte Ziffer 4), die hinter dem Wort "Gewinnspiel" angebracht war, wie folgt aufgelöst:

"Teilnahmezeitraum vom 23.9. bis 11.11.2019. Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Glücksspiel finden Sie in Ihrer S1-Filiale unter S1-Gewinnspiel.de/50Jahre."

Von der Teilnahme an diesem Gewinnspiel waren Mitarbeiter der S1 GmbH & Co. KG, der D GmbH sowie der F1 AG und deren jeweilige Angehörige sowie Minderjährige ausgeschlossen.

Auch diese Werbung mahnte der Kläger ab, weil nach seiner Ansicht die Beklagte nicht bereits bei der Bewerbung des Gewinnspiels darauf hingewiesen habe, wer von der Teilnahme ausgeschlossen sei. Er setzte der Beklagten zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr durch die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung eine Frist bis zum 08.10.2019 und forderte die Zahlungen der Kostenpauschale i.H.v. 220 € bis zum 15.10.2019.

Der Kläger meint, die für die Aktivlegitimation erforderliche hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers im Sinne des §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sei seit langem anerkannt. Er behauptet, der Kläger verfüge über eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden auf demselben Markt. Der örtlich relevante Markt betreffe das Verbreitungsgebiet der "F", welches die Postleitzahlengebiete 40,41 und 42 umfasse. Der sachliche Markt betreffe die Möbel- bzw. Küchenbranche und umfasse damit auch Haushaltsgeräte. Der Kläger verfüge auf dem örtlich und sachlich relevanten Markt über mindestens 83 Mitglieder (Anlage K8). Dabei handele es sich um 20 direkte Mitglieder, sieben Mitglieder welche über die F2 GmbH Mitglied beim Kläger seien und 50 Mitglieder, die der N dem Kläger vermittelt. Weitere sechs Unternehmen sein über die U GmbH & Co. KG Mitglied beim Kläger.

Es sei nicht erforderlich, dass es sich bei den Mitbewerbern um Discount- Möbelhäuser handele. Der Verkauf von Möbeln oder Elektrogeräten sei bereits geeignet, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen. Der Kläger behauptet, die Firma X GmbH aus F3 vertreibe Büromöbel wie Schreibtischstühle und -tische. Die Filiale der Beklagten seine Entfernung von 7,2 km in I. Der örtliche Markt sei nicht auf ein Gebiet mit starren Grenzen beschränkt. Bei den direkten Mitgliedern des Klägers sei die Anzahl der Filialen ausschlaggebend.

Kläger meint, ein Unterlassungsanspruch folge aus §§ 3, 8 Abs. 1, 5 Abs. 2 und aus § 5a Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG analog. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG müsse bei Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. Dazu gehöre die Art der Gewinnermittlung sowie die Bekanntgabe des Personenkreises, der zur Teilnahme berechtigt sei. Diese Informationen würden in der Werbung der Beklagten fehlen. Eine Information im Ladenlokal oder im Internet sei unzureichend weil das verwendete Kommunikationsmittel keine nennenswerten räumlichen oder zeitlichen Beschränkungen unterliege. Die Informationen erfolgten auch zu spät, da der Verbraucher mit dem Aufsuchen des Ladenlokals oder dem Aufrufen der Internetseite bereits eine geschäftliche Entscheidung getroffen habe. Unzutreffend sei, dass Kinder grundsätzlich von der Teilnahme an Gewinnspielen ausgeschlossen sein. Weiter werde bestritten dass die jeweiligen Angehörigen der ausgeschlossenen Personengruppe durch das bestehende Arbeitsverhältnis Kenntnis hiervon hätten.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Gewinnspiel zu bewerben oder bewerben zu lassen,

ohne bereits bei dessen Ankündigung darauf hinzuweisen,

1. wie die Gewinner ermittelt werden, wenn dies wie aus der Anl. K1 ersichtlich geschieht

und/oder

2. welche Beschränkungen des Teilnehmerkreises bestehen, wenn dies wie aus den Anl. K1 und K5 ersichtlich geschieht und

II. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 440 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 220 € seit dem 05.10.2019 und aus weiteren 220 € seit dem 16.10.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Relevante Branche sei nach Ansicht der Beklagten der Vertrieb von Möbeln im Discountbereich. Es werde bestritten, dass der Kläger über Mitgliedsunternehmen in dem sachlich relevanten Markt verfüge. Es sei nicht ersichtlich, dass die im Mitgliederverzeichnis genannten Unternehmen der Möbelbranche und insbesondere dem Einzelhandel im Discountbereich angehören sollen. Es werde bestritten dass die dort aufgeführten Unternehmen Mitglied des Klägers sein. Aus dem klägerischen Vortrag sei nicht ersichtlich, welche angeblichen Mitgliedsunternehmen im Einzelnen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt von der beanstandeten Werbung der Beklagten betroffen sein sollen. Daher werde auch das Vorhandensein der von der Werbung betroffenen Mitgliedsunternehmen insgesamt bestritten. Es werde bestritten, dass der Kläger über 83 Mitgliedsunternehmen auf demselben sachlich und räumlich relevanten Bereich verfüge. Die Beklagte sei ausschließlich im Bereich des Discount Möbelhandels tätig, sodass der sachlich relevante Markt der Discount Möbelhandel sei. Die K1 GmbH & Co. KG sei insgesamt 15-Mal aufgeführt, ohne dass es sich hierbei jedoch um 15 Mitgliedsunternehmen handele. Darüber hinaus handele sich hier um einen Elektrogerätehändler, der nicht im Discountbereich tätig sei. Die N1 GmbH sei ausschließlich regional und in N2 tätiger Küchenfachhändler, der nicht im Discountbereich tätig sei. Die Beklagte sei in dem Gebiet N2 nicht tätig, so dass nach Ansicht der Beklagten schon kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Der räumlich relevante Markt sei jeweils auf die einzelnen Städte beschränkt, in denen die betreffenden Unternehmen Handel treiben. Die L GmbH betreibe ausschließlich in N2 und W Handel. Die N3 GmbH & Co. KG sei ausschließlich in W tätig. Bei der G GmbH in F3 handele sich um ein Schreibwarengeschäft. Die Beklagte betreibe weder in W noch in F3 eine Filiale. Bei der F2 GmbH handelt es sich um eine Einkaufsgesellschaft, so dass insoweit schon kein Wettbewerbsverhältnis bestehe.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, es liege kein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften vor. Bei den vom Kläger vorgelegten Prospekten handele es sich zwar um Werbung der Beklagten. Dem Verbraucher sei es aber nicht möglich, ohne weiteres am Gewinnspiel allein aufgrund der Werbung teilzunehmen, sodass die geforderten Hinweise rechtlich nicht erforderlich sein. Weiter handele es sich bei der Art der Ermittlung der Gewinner unter Beschränkung des Teilnehmerkreises nicht um Informationen, für die nach dem Einzelfall schon zum Zeitpunkt der Werbung ein aktuelles Aufklärungsbedürfnis bestanden hätte. Die Interessenten hätten sich erst in den Märkten oder im Internet mit dem zu diesem Zwecke bereitgehaltenen Informationen befassen müssen. Den ausgeschlossenen Personen sei durch das bestehende Arbeitsverhältnis bekannt, dass eine Teilnahme nicht möglich sei. Schon nach der gesetzlichen Regelung sei die Teilnahme an derartigen Gewinnspiel nur für volljährige natürliche Personen möglich.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger über die erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG verfüge.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung sowie auf Ersatz der Aufwendungen für die Abmahnung.

1. Der Unterlassungsanspruch gemäß Antrag zu I. des Klägers folgt aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1 ,5 a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 UWG i.V.m. §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG analog.

a) Der Kläger ist aktivlegitimiert, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Anspruchsberechtigt sind rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist anhand der Zielsetzung, der Satzung und der tatsächlichen Betätigung des Verbandes zu ermitteln (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.31f., 3.34).

Ferner sind Verbände nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen. Es kommt darauf an, ob sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Dieses abstrakte Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitgliedern und dem Verletzer wird in der Regel durch die Zugehörigkeit zur selben Branche (z.B. Unterhaltungselektronik) oder zumindest zu angrenzenden Branchen begründet. Wird die Werbung für ein konkretes Produkt beanstandet, ist daher grundsätzlich nicht das Gesamtsortiment maßgeblich. Vielmehr ist grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.35 m. w. Nachw.).

Als Unternehmer, deren Interessen von dem Verband wahrgenommen werden, kommen auch Unternehmer in Betracht, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbandes ist. Der die Mitgliedschaft vermittelnde Verband braucht nicht nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt zu sein; es reicht aus, wenn der vermittelnde Verband von seinen Mitgliedern mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt ist (BGH GRUR 2006, 778ff., Rn. 17 - I ZR 103/03 "Sammelmitgliedschaft IV").

Die Beteiligten müssen nicht derselben Wirtschafts- oder Handelsstufe angehören. Unerheblich für die sachliche Marktabgrenzung sind auch die Vertriebsform (z.B. Direktvertrieb; Versandhandel; Auktionen) oder die Vertriebsmethode (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.38a).

Danach vertritt der Kläger hier eine ausreichende Anzahl von Mitbewerbern der Beklagten und ist damit aktivlegitimiert.

Die sachliche Überschneidung ergibt sich daraus, dass der Kläger Unternehmen der Möbelbranche als auch des Elektrofacheinzelhandels vertritt. Beide stehen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten, die in den streitgegenständlichen Werbebeilagen Küchenelektrogroßgeräte (Kühlschrank, Herd, Geschirrspüler) als Teil von Einbauküchen und Möbel anbot.

Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei den Mitbewerbern gerade um Discount-Möbelhäuser handelt. Vielmehr ist bei Anwendung des gebotenen weiten Maßstabs bereits der Verkauf von Möbeln bzw. Elektrogeräten geeignet, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen.

Soweit die Beklagte einwendet, bei der Firma G GmbH handele es sich um einen Schreibwarenhändler, geht dieser Einwand ins Leere. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Firma auch Bürostühle und -tische vertreibt, was ebenfalls im Sortiment der Beklagten erhalten ist. Ob es sich dabei um hochpreisige Büromöbel handelt, spielt für die Mitbewerbereigenschaft insoweit keine Rolle.

Ausgehend von den oben dargestellten Anforderungen vertritt der Kläger aber auch eine ausreichende Anzahl von Mitbewerbern im örtlichen Bereich. Soweit die Beklagte bezüglich der Fa. N1 GmbH, der Fa. L GmbH, der Fa. N3 GmbH & Co KG, die in N2 bzw. W ansässig sind, einwendet, die Beklagte habe in diesen Orten keine Filiale, greift dieser Einwand nicht durch. Wie die Klägerseite unbestritten vorgetragen hat, befindet sich zwischen den betreffenden Filialen und der nächstgelegenen Filiale der Beklagten lediglich eine Distanz von 7,9 km, so dass ein räumlich relevanter Markt jedenfalls zu bejahen ist.

Die Firma K1 GmbH & Co. KG kann mit jeder der in der Anl. K8 genannten Filialen gezählt werden, da jede Filiale in gesonderter Konkurrenz zu der Beklagten steht.

Weiter kann dahinstehen, ob die über die F2 GmbH vermittelten Mitglieder in die Zahl der Mitglieder einzubeziehen sind oder nicht. Denn die in der Anl. K8 aufgeführten direkten Mitglieder und die über die N und U GmbH & Co. KG vermittelten Mitglieder reichen der Anzahl nach bereits aus, um eine erhebliche Zahl darzustellen. Das pauschale Bestreiten der Mitgliedschaft der aufgeführten vermittelten Mitglieder durch die Beklagte ist insoweit nicht ausreichend.

Bei dieser Bewertung ist zu berücksichtigen, dass eine Mindestanzahl von Mitgliedern aus dem betreffenden sachlich und räumlich maßgebenden Markt nicht erforderlich ist; ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.42a). Vielmehr muss lediglich ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden; dafür reichen acht bis neun Verbandsmitglieder aus (vgl. BGH GRUR 2009, 692f., Rn. 11ff. - I ZR 197/06), nach Auffassung der Kammer aber auch die hier vorliegende Anzahl von Mitbewerbern.

Die hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers hat die Beklagtenseite lediglich einfach und damit nicht ausreichend substantiiert bestritten.

b) Die streitgegenständlichen Werbeanzeigen der Beklagten stellen auch eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1, 5, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG analog dar.

Gemäß § 5 Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Informationen vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Eine Information ist wesentlich im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Verbraucher erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt (BGH, Beschluss vom 15.12.2016 - I ZR 241/15). Gemäß § 5 Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne von Abs. 2 auch spezialgesetzliche unionsrechtliche Vorschriften betreffend Information, die im Bereich der kommerziellen Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing dem Verbraucher nicht vorenthalten werden dürfen. Nach Maßgabe des auch im nicht elektronischen Geschäftsverkehr entsprechend anwendbaren § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG müssen Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter klar als solche erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden (BGH, Urteil vom 27 03.07.2017 - I ZR 153/16).

Bei der streitgegenständlichen Anzeige der Beklagten handelt es sich um ein Gewinnspiel mit Werbecharakter im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 TMG, weil der Gewinner durch einen Zufallselement ermittelt wird und die Anzeige dem Absatz der Beklagten zu dienen bestimmt ist.

Der Begriff "Teilnahmebedingungen" des §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG ist weit zu verstehen, sodass nicht nur die Berechtigung der Inanspruchnahme bzw. Teilnahme sondern auch deren Modalitäten angegeben werden müssen. Der Diensteanbieter muss deshalb angeben, welcher Personenkreis die jeweilige Verkaufsförderungsmaßnahmen in Anspruch nehmen kann bzw. zur Teilnahme berechtigt ist und anhand welcher Kriterien die Wohnort, Alter oder Beruf dies zu beurteilen ist (Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, TMG, § 6 Rn. 76)

diese Informationen müssen bereits in der Werbung selbst angegeben sein (BGH, Urteil vom 30.04.2009 - I ZR 66/07). Da § 6 Abs. 1 TMG eine "informierte" geschäftliche Entscheidung des Kunden ermöglichen will, ist die Information so rechtzeitig zu erteilen, dass ein durchschnittlich informierter, (situationadäquat) aufmerksamer und verständiger Kunde die bei seiner Entscheidung über die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahmen berücksichtigen kann. Das entspricht dem § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 TMG und dem § 5 Abs. 2 2 Nr. 3 TMG. Eine derartige Entscheidung kann bereits darin liegen, dass der Kunde das Ladenlokal betritt (BGH, Urteil vom 30.04.2009 - I ZR 66/07).

Die Beklagte hat in den Werbebeilagen im September 2019 mit dem "Mega Gewinnspiel" bzw. dem "Jahrhundert- Jubiläum K Gewinnspiel" geworben, ohne dass darauf hingewiesen worden ist, wie der Gewinn ermittelt wird und welche Beschränkung des Teilnehmerkreises bestehen. Hierzu heißt es in dem einen Prospekt lediglich "Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel finden Sie auf den Teilnahmekarten in Ihrer S1-Filiale" und in dem anderen Prospekt lediglich "Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel finden Sie in Ihrer S1-Filiale und unter www.S1.gewinnspiel/50jahre.de".

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies nicht ausreichend. Dies gilt zum einen hinsichtlich der fehlenden Beschränkungen des Teilnehmerkreises schon hinsichtlich der Angabe zur Altersbeschränkung. Soweit die Beklagte meint, der durchschnittlich informierte und adäquat aufmerksame Verbraucher wisse, dass Kinder und Jugendliche nicht an Gewinnspielen teilnehmen dürfen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass Kinder und Jugendliche nicht per se von Glücksspielen ausgeschlossen sind, sondern gemäß § 6 Abs. 2 JSchG an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in der Öffentlichkeit auf Volksfesten, Schützenfest, Jahrmärkten, Spezialmärkten und ähnlichen Veranstaltungen und nur, wenn der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht, teilnehmen nehmen dürfen. Gerade vor diesem Hintergrund müssen Einschränkungen hinsichtlich der Teilnahmemöglichkeit aufgrund des Alters angegeben werden und zwar schon in der Werbung selbst (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 - I ZR 196/05.

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Mitteilung in der Werbung selbst, wie der Gewinn ermittelt wird. Der Verbraucher benötigt die Informationen, um informiert die geschäftliche Entscheidung zu treffen, sich ins Möbelhaus der Beklagte begeben, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Bereits die Entscheidung des Verbrauchers, das Möbelhaus der Beklagten aufzusuchen, ist eine geschäftliche Entscheidung im Sinne von Paragraf vom § 5a Abs. 2 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 27.72017 - I ZR 153/16).

Das Vorenthalten der Information ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Denn es macht für ihn einen erheblichen Unterschied, ob und wie er teilnehmen kann und wie der Gewinner ermittelt wird. Das Vorenthalten ist damit geeignet, den Verbraucher zum Besuch der das Geschäft der Beklagten zu veranlassen, wovon er in Kenntnis der Teilnahmebedingungen sonst abgesehen hätte. Aus diesem Grund der Verstöße auf spürbar im Sinne von § 3a UWG.

Die Beklagte kann den Kläger nicht darauf verweisen, der Hinweis auf die Internetseite, welcher die notwendigen Informationen aufgefunden werden könnten, sei ausreichend. Der Verweis auf ein anderes Medium setzt nach § 5a Abs. 5 UWG voraus, dass das gewählte Kommunikationsmittel räumliche oder zeitliche Beschränkungen aufweist. Daran fehlt es aber bei einem mehr seitigen Prospekt wie den hier vorliegenden. Die Teilnahmebedingungen müssen daher bereits in der Werbung angegeben werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 1183).

2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz des Klägers gegen die Beklagte folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Abmahnungen des Klägers vom 19.09.2019 und 30.09.2019 waren berechtigt. Die Höhe des Aufwendungsersatzes von jeweils 220 € wird von der Beklagten nicht beanstandet.

3. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2019 bzw. 16.10.2019 folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich nach Ablauf der in den Abmahnungen gesetzten Fristen in Verzug.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 30.000 € festgesetzt.

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