KG, Beschluss vom 13.04.2021 - 6 U 28/20
Fundstelle
openJur 2022, 702
  • Rkr:
Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13.01.2020, Az. 24 O 71/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen dreier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht das klageabweisende Versäumnisurteil vom 8. April 2019 aufrechterhalten. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Klägers rechtfertigen keine abweichende Entscheidung, denn sie zeigen weder eine Rechtsverletzung noch eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung im Sinne des § 513 ZPO auf.

1. Zutreffend stellt das Landgericht fest, dass auf der Grundlage des Klägervortrags der Eintritt eines Versicherungsfalls im Rahmen der mit der Beklagten zustande gekommenen Hausratversicherung nicht festgestellt werden kann.

Die Beklagte schuldet im Rahmen der Hausratsversicherung nicht schlechterdings Entschädigung für durch Wasser beschädigte Hausratsgegenstände. Vielmehr ergeben sich die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, mithin aus den in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen (VHB 2010, nachfolgend: VHB). Danach schuldet die Beklagte Leistungen für Nässeschäden an versicherten Sachen nur, soweit diese durch eine der unter Ziffer 4.1 VHB vereinbarten versicherten Gefahren verursacht worden ist.

Der Kläger beruft sich vorliegend auf einen Leitungswasserschaden im Sinne der Ziffer 4.1, dort 4. Spiegelstrich, VHB. Danach schuldet die Beklagte Entschädigungsleistungen für versicherte Sachen, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt worden sind.

Dass die Hausratgegenstände, wie im Schriftsatz vom 16. Juli 2019 aufgelistet, durch Leitungswasser zerstört worden sind, kann jedoch schon anhand des Klägervortrages nicht festgestellt werden.

Gemäß Ziffer 8.1 VHB nach dem hier allein in Betracht kommenden 1. Spiegelstrich ist Leitungswasser definiert mit "Wasser, das aus Zu- oder Abwasserrohren der Wasserversorgung oder damit verbundenen Schläuchen bestimmungswidrig ausgetreten ist".

Entgegen der Ansicht des Klägers gehörte das Rohr, durch das Wasser in den Keller des versicherten Gebäudes eingedrungen sein soll, jedoch nicht zu den Ableitungsrohren der Wasserversorgung in diesem Sinne. Zwar ist der Begriff der Wasserversorgung weit auszulegen, hierzu gehören alle Rohre, die im Zeitpunkt des Wasseraustritts der Heranführung oder Ableitung von Wasser dienten (OLG Hamm, Beschluss vom 01.06.2012 zu 20 U 107/12, zitiert nach juris, dort Leitsatz 2 und Rdnr. 8; vgl. auch Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Auflage E 1 Rdnr. 29).

Das Rohr, aus dem im Juli 2017 das Wasser ausgetreten sein soll, gehörte nach dem Vortrag des Klägers zu der vormaligen Waschküche des Hauses, es führte zum Pumpensumpf, in dem sich eine Tauchpumpe zur Gebäudeentwässerung befand. Solange die Waschküche in Betrieb war, gehörte das Rohr damit zu den Ableitungen der Wasserversorgung des Hauses. Allerdings war die Waschküche auch nach dem Vortrag des Klägers im Juli 2017 nicht (mehr) in Betrieb und das Rohr deshalb nicht (mehr) in Benutzung. Das Rohr war vielmehr zeitlich vor dem Wasseraustritt außer Funktion gesetzt und somit aus der Wasserversorgung des Hauses ausgegliedert worden. Soweit der Kläger darauf verweist, dass das Rohr im Zeitpunkt des Schadenseintritts theoretisch noch funktionsfähig gewesen sei und jederzeit wieder hätte in die Wasserversorgung eingebunden werden können, kommt dem keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weil auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen nur die Zu- und Abwasserleitungen vom Versicherungsschutz erfasst sind, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses Teil der aktiven Wasserversorgung waren. Dazu gehörte das hier fragliche Rohr jedoch unstreitig nicht.

Soweit der Kläger von einem Rückstau in dem Rohr ausgeht, wäre ein Versicherungsfall in der Leitungswasserversicherung zudem über Ziffer 8.4.2. VHB ausgeschlossen, weil er auf der Basis des Klägervortrages durch Witterungsniederschläge verursacht worden wäre.Dass ein solcher Ausschluss wirksam vereinbart werden kann, hat der Senat bereits entschieden (Beschluss vom 27.09.2016 zu 6 U 21/15, zitiert nach juris, dort Leitsatz und Rdz. 34 ff).

3. Weiter stellt das Landgericht zutreffend fest, dass auch der Eintritt eines Versicherungsfalls in der Gebäudeversicherung nicht festgestellt werden kann.

Ob Versicherungsschutz für den Wasserschaden im Rahmen der Gebäudeversicherung besteht, ist wiederum anhand der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, mithin auf der Grundlage der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen (VGB 2008, nachfolgend VGB) zu klären.

Gemäß 4.1 VGB ist ein Versicherungsfall eingetreten, wenn versicherte Sachen im Sinne der Ziffer 1 VGB durch ein Ereignis gemäß 4.2.1 bis 4.2.3 zerstört oder beschädigt wurden oder infolge eines solchen Ereignis ist abhandengekommen sind.

Da der Kläger einen Leitungswasserschaden im Sinne der Ziffer 4.2.2 VGB geltend macht, ist hier Ziffer 6 VGB maßgeblich. In Betracht kommt allein der 1. Spiegelstrich. Danach ist Leitungswasser als Wasser definiert, das u.a. "aus Zu- oder Abwasserleitungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten ist".

Wie bereits unter I. 1. ausgeführt und begründet, war das stillgelegte Rohr, über das vorliegend das Wasser in den Keller des Hauses eingedrungen sein soll, im Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht (mehr) Teil der im Gebäude aktiven Wasserversorgung, weil es nicht mehr in Benutzung war, insbesondere kein Brauchwasser mehr ableitete.

3. Schließlich stellt das Landgericht zutreffend weiter fest, dass auch ein versichertes Schadensereignis im Rahmen der in die Gebäudeversicherung eingeschlossenen Elementarschadenversicherung nicht vorliegt.

Nach Ziffer 2.1.1 der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen (BEH 2008, nachfolgend BEH) schuldet die Beklagte im Rahmen der Elementarschadenversicherung Leistungen für Schäden an versicherten Sachen, die u.a. durch Überschwemmung des Versicherungsortes (1. Spiegelstrich) oder Rückstau (2. Spiegelstrich) entstanden sind.

a) Eine bedingungsgemäße Überschwemmung lag nicht vor.Gemäß Ziffer 3.1 BEW ist die Überschwemmung definiert mit "Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das Gebäude steht, in dem sich die versicherten Sachen (siehe Ziffer 1 VHB) befinden durch...".

Dass das Grundstück "Im ..." am 26./27. Juli 2017 überflutet war, behauptet der Kläger nicht. Nach seinem Vortrag (Schriftsatz vom 23.08.2018, Bl. 27 d.A.) waren zwar die Straße und das Nachbargrundstück überflutet, auf dem Grundstück des Klägers war es jedoch in Folge des Starkregens lediglich zu einer Sättigung des Erdreichs mit Wasser gekommen und es hatten sich einzelne Pfützen auf der Oberfläche gebildet. Dies stellt jedoch keine bedingungsgemäße Überflutung des Grund und Bodens dar. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20.04.2005 zu IV ZR 252/03, zitiert nach juris, dort Rdz. 19) liegt - auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers- eine bedingungsgemäße Überflutung erst vor, wenn sich erhebliche Wassermassen auf der Geländeoberfläche ansammeln (vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 15.12.2017 zu 10 U 811/16, zitiert nach juris, dort Leitsatz 1 und Rdz. 82; OLG Köln, Urteil vom 09.04.2013 zu 9 U 198/12, zitiert nach juris, l dort Leitsatz und Rdz. 11).

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, es mache keinen Unterschied, ob sein Grundstück oder das Nachbargrundstück überflutet sei, ist dies im Hinblick auf die vertraglichen Vereinbarungen zum Versicherungsfall gemäß Ziffer 2.1 und 3.1 BEW schon nicht zutreffend, weil nach diesen Klauseln der Versicherungsfall "Überschwemmung" nur vorliegt, wenn der Versicherungsort, der im Versicherungsschein mit "I..." festgelegt worden ist, überflutet wurde.Unabhängig davon kann eine Überschwemmung außerhalb des Versicherungsortes auch deshalb keinen Leistungsanspruch auslösen, weil über Ziffer 3. 2 BEW Versicherungsschutz nur für Schäden vereinbart wurde, die durch die unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung auf versicherte Sachen entstanden sind. Eine Überschwemmung auf der Straße oder auf dem Nachbargrundstück könnte die versicherten Sachen im Keller des Hauses des Klägers jedoch jeweils nur mittelbar - über eine Sättigung des Erdreiches auf dem Versicherungsgrundstück- geschädigt haben.

b) Dass sich in dem stillgelegten Rohr ein Rückstau im Sinne der Ziffer 2.1.1. 2. Spiegelstrich BEH gebildet haben könnte, kann nicht festgestellt werden.

Gemäß Ziffer 4/4.1 BEH ist unter einem Rückstau "der bestimmungswidrige Austritt von Wasser aus dem Rohrsystem des Gebäudes, in dem sich die versicherten Sachen (siehe Ziffer 1 VHB) befinden, oder dessen zugehörigen Einrichtungen durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern" zu verstehen. Nach dem Vortrag des Klägers ist der Wassereintritt von außen in das Rohr jedoch nicht auf die Ausuferung eines Gewässers zurückzuführen, sondern auf vorangegangenen Starkregen.

4. Auch soweit der Kläger Erstattung der Kosten für die Beseitigung eines Rohrbruchs begehrt, kann ein Versicherungsfall nicht festgestellt werden.

Gemäß Ziffer 7.1.1 VGB besteht im Rahmen der Gebäudeversicherung Versicherungsschutz für Frost- und sonstige Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) innerhalb des Gebäudes. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Denn unabhängig davon, dass das Rohr - wie ausgeführt- im Zeitpunkt des Schadensereignisses nicht (mehr) Teil der Wasserversorgung war, befand es sich auch unterhalb der Bodenplatte und damit nicht innerhalb des Gebäudes; innerhalb des Gebäudes befinden sich nur Rohre, die sich in dem durch die Wände, den Boden und das Dach umbauten Raum befinden (vgl. Martin a.a.O. Rdnr. 94).

II.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass die Rücknahme der Berufung die Gerichtsgebühren für die 2. Instanz auf die Hälfte reduzieren würde.

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