Die Vorschrift des § 62 Abs. 3 und 5 Berliner Datenschutzgesetz - Bln DSG - schließt einen Informationszugangsanspruch der betroffenen Person aus § 3 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz Berlin - IFG Bln - nicht aus.
Die Berufung des Beklagten gegen das ihm am 6. Februar 2020 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt Informationszugang zu Protokolldaten über Abfragen seiner personenbezogenen Daten in Datenbanken des Landes Berlin.
Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter des Beklagten. Im Zusammenhang mit dienstrechtlichen Auseinandersetzungen erfuhr er von möglichen Abfragen seiner Daten im polizeilichen Informations- und Kommunikationssystem ("POLIKS") sowie im System des Einwohnermeldewesens ("EWW").
Mit Schreiben vom 29. März 2015 beantragte der Kläger beim Polizeipräsidenten in Berlin u. a. Auskunft darüber, welche Polizeibeamten seine Daten aus welchem Anlass innerhalb der letzten zwei Jahre im POLIKS bzw. EWW abgefragt haben. Der Beklagte veranlasste daraufhin am 14. April 2015 eine Protokolldatenauswertung.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2018 beantragte der Kläger unter Berufung auf das Berliner Informationsfreiheitsgesetz Akteneinsicht in diese Protokolldatenauswertung ("Protokollbandabfrage").
Mit Bescheid vom 14. Februar 2018 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Ein Anspruch auf Akteneinsicht in die Protokolldatenauswertung vom 14. April 2015 sei nach § 6 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG Bln) ausgeschlossen, da durch die Akteneinsicht personenbezogene Daten der die Daten abfragenden Personen, nämlich ihre Namen, Dienstbezeichnungen und Dienststellen veröffentlicht würden. Darüber hinaus bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger lediglich Privatinteressen verfolge, da die Abfragen ihn als Privatperson beträfen. Jedenfalls fiele auch eine Abwägung zu Lasten des Klägers aus. Ausnahmsweise schutzwürdige Belange der Betroffenen ergäben sich entgegen der Regel des § 6 Abs. 2 Nr. 2 IFG Bln aus der gesetzlichen Wertung des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG). Denn nach § 11 Abs. 5 BlnDSG a.F. (jetzt: § 15 Abs. 1 Satz 2 BlnDSG n.F.) dürften personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nicht für andere Zwecke verarbeitet werden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 15. März 2018 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2019 zurück. Zwar diene das Protokoll gemäß § 62 Abs. 3 BlnDSG auch der Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitung durch die betroffene Person; ein Recht auf Herausgabe an die betroffene Person bestehe jedoch nicht. Denn § 62 Abs. 5 BlnDSG sehe lediglich die Zurverfügungstellung an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vor.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht im Wege schriftlicher Entscheidung den Beklagten mit dem ihm am 6. Februar 2020 zugestellten Urteil unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger Zugang zu der Protokollbandauswertung vom 14. April 2015 zu den über ihn abgefragten Daten zu gewähren.
Aus § 62 BlnDSG folge kein spezialgesetzlicher Ausschlussgrund für Informationsansprüche nach dem IFG Bln. § 62 Abs. 3 BlnDSG regele lediglich, wie die zu erstellenden Protokolle durch Behörden genutzt werden dürften, schütze jedoch nicht die Daten abfragender Amtsträger. Auch § 6 IFG Bln stehe dem Anspruch nicht entgegen. Es bestünden keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass überwiegend private Interessen verfolgt würden, denn aufgrund der gegen den Kläger geführten Disziplinarverfahren, die Grund der Abfragen gewesen seien, stünde auch die Kontrolle staatlichen Handelns sowie die Rechtmäßigkeit der Abfragen im Raum.
Es bestünden auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Offenbarung schutzwürdige Belange der betroffenen Person entgegenstünden und das Informationsinteresse das Interesse der betroffenen Person an der Geheimhaltung nicht überwiege. Bei den in der Protokollbandauswertung enthaltenen Daten handele es sich um solche im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IFG Bln. Dessen Regelvermutung könne auch § 62 Abs. 3 BlnDSG nicht entkräften. Denn nach dessen Zwecksetzung dürfe gerade auch die von der Datenabfrage betroffene Person - hier also der Kläger - die Protokolle zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit nutzen. Zudem habe der Beklagte nicht dargelegt, warum die in der Protokollauswertung enthaltenen personenbezogenen Daten so sensibel seien, dass sie abweichend von der Regelvermutung schutzwürdige Belange der Abfragenden begründeten.
Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten. Der Beklagte macht geltend, der Informationszugangsanspruch aus § 3 Abs. 1 Bin IFG sei spezialgesetzlich durch § 62 Abs. 3 BlnDSG verdrängt. Der Gesetzgeber habe in § 62 BlnDSG die Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteressen und dem Informationsbedürfnis bei solchen Protokollen abschließend geregelt. Die Aufzählung der Verwendungszwecke verlöre ihren Sinn, wenn auch eine Verwendung unter Berufung auf das IFG möglich sei. Eine Herausgabe an die von der Datenabfrage betroffene Person sehe § 62 BlnDSG nicht vor. Ihre Rechte seien umfassend und abschließend im Kapitel 3 (§§ 41-47 BlnDSG) normiert. Ein Auskunftsrecht auch bezüglich der Protokollbandabfrage sei nach § 43 Abs. 2 BlnDSG ausgeschlossen. Auch die Genese des § 62 Abs. 3 BlnDSG spreche gegen ein eigenständiges Auskunftsrecht der betroffenen Person. Aus Art. 25 Abs. 2 und 3 DSRL-JI folge, dass die Protokolle ausschließlich der Rechtmäßigkeitskontrolle dienten und nur die Aufsichtsbehörde ihre Herausgabe verlangen könne. Der Informationszugangsanspruch aus dem IFG sei auch nicht geboten, da der Gesetzgeber mit der Aufsichtsbehörde eigens eine unabhängige Behörde zur Überprüfung und Kontrolle staatlichen Handelns im datenschutzrechtlichen Bereich geschaffen habe.
Dessen ungeachtet sei das Erstgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Alt. 1 IFG Bln nicht erfüllt sei. Zwar betreffe die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Abfragen auch die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns. Für den Kläger stehe diese Frage jedoch allenfalls gleichrangig neben seinem privaten Interesse an den Namen der abfragenden Personen. Sekundäransprüche verfolge der Kläger nicht. Ein Überwiegen der Privatinteressen könne daher nicht verneint werden.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das ihm am 6. Februar 2020 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten und den Inhalt der Streitakte Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Beratung des Senats geworden sind.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Recht verpflichtet, dem Kläger Zugang zur Protokolldatenauswertung vom 14. April 2015 zu gewähren. Der Ablehnungsbescheid in Gestalt des Widerspruchbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I. Gegenstand des Ausgangsbescheids wie des Widerspruchsbescheids ist allein die auf die Anfrage des Klägers vorgenommene Protokolldatenauswertung vom 14. April 2015. Das Verwaltungsgericht hat daher zutreffend den erstinstanzlich schriftsätzlich angekündigten Klageantrag auf diese Auswertung bezogen und den Beklagten dazu verpflichtet, hierzu Zugang zu erteilen. Dagegen wenden sich die Beteiligten auch nicht. Ausweislich des Ausgangsbescheids vom 14. Februar 2018 enthält die Protokolldatenauswertung nicht lediglich das Ergebnis der Auswertung; in ihr sind danach vielmehr auch die Namen, Vornamen, Dienstbezeichnungen und Dienststellen der Abfragenden festgehalten.
II. Der Kläger hat einen Anspruch auf Informationszugang zu der Protokolldatenauswertung aus § 3 Abs. 1 IFG Bln.
1. Nach § 3 Abs. 1 IFG Bln hat jeder Mensch nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG Bln genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten.
Der Kläger ist als natürliche Person Anspruchsberechtigter. Die Polizei Berlin ist als Behörde des Landes Berlin informationspflichtige Stelle gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln. Nach § 3 Abs. 2 IFG Bln sind Akten im Sinne dieses Gesetzes u. a. alle schriftlich und elektronisch festgehaltenen Gedankenverkörperungen und sonstige Aufzeichnungen soweit sie, wie die streitgegenständliche Auswertung, amtlichen Zwecken dienen. Auch liegt ein konkreter Bezug zu einem Verwaltungsvorgang vor (zu diesem Erfordernis Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 - OVG 7 B 9.05 - juris Rn. 13 ff.). Die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeitskontrolle von Datenverarbeitungsvorgängen erfolgt mit Bezug auf den jeweiligen konkreten Abfragevorgang; die Protokolldatenauswertung stellt selbst einen Verwaltungsvorgang, nämlich die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeitskontrolle, dar. Die streitgegenständliche Auswertung ist daher eine "Akte" im Sinne des § 3 Abs. 2 IFG Bln, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat. Da die Protokolldatenauswertung dem Beklagten tatsächlich vorliegt und Bestandteil seiner Verwaltungsvorgänge geworden ist, wird die Akte von ihm auch "geführt" (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007 - OVG 12 B 9.07 - juris Rn. 32).
2. Das Informationszugangsrecht aus § 3 IFG Bln wird nicht durch Regelungen in anderen Rechtsvorschriften verdrängt, namentlich nicht durch solche des Datenschutzrechts.
Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz enthält, anders als die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes (§ 1 Abs. 3 IFG) oder verschiedener Länder (z.B. § 1 AIG BB oder § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW; siehe ferner etwa Schoch, in: IFG, 2. Aufl., § 1 Rn. 288 und Fn. 988) keine allgemeine Subsidiaritätsklausel, wonach andere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen dem Informationsfreiheitsgesetz vorgehen. § 3 Abs. 3 IFG Bln bestimmt lediglich, dass weitergehende Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben, also nicht etwa durch (engere) Tatbestandsvoraussetzungen oder (weitergehende) Ausschlussgründe des IFG Bln verkürzt werden. Das Fehlen einer Subsidiaritätsklausel schließt jedoch nicht aus, dass der Berliner Gesetzgeber speziellere Informationszugangsregelungen erlässt, die der Anwendbarkeit des (gesamten) IFG Bln vorgehen (vgl. hierzu auch Schoch, a. a. O., § 1 Rn. 288).
Die Frage nach dem Vorrang derartiger abweichender Informationszugangsrechte ist nach denselben Maßgaben zu beurteilen wie bei der Anwendung des § 1 Abs. 3 IFG (des Bundes). Danach kann eine Norm nur Sperrwirkung entfalten, die einen mit dem Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz - abstrakt - identischen sachlichen Regelungsgehalt hat und sich als abschließende Regelung versteht (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 10 C 16.19 - juris Rn. 9; Urteil vom 10. April 2019 - 7 C 22.18 -Buchholz 404 IFG Nr. 32 Rn. 13; Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 12). Die vorrangige Rechtsvorschrift muss demnach Informationsrechte regeln, die nicht nur im Einzelfall, sondern ausschließlich oder jedenfalls typischerweise den Zugang zu amtlichen Aufzeichnungen gestatten, und diese müssen nicht nur im Einzelfall, sondern typischerweise an nach dem Informationsfreiheitsgesetz Informationspflichtige adressiert sein (BVerwG, Urteil vom 10. April 2019, a. a. O. Rn. 13).
Ein Spezialitätsverhältnis liegt daran gemessen hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten aus §§ 41 ff. BlnDSG nicht vor (a) und lässt sich hinsichtlich der Protokolldaten auch nicht aus § 62 BlnDSG folgern (b).
a) Die landesdatenschutzrechtlichen Betroffenenrechte in Kapitel 3 (§§ 41 - 47) BlnDSG verdrängen den Informationszugangsanspruch nicht.
aa) Sie sind inhaltlich nicht auf den gleichen sachlichen Regelungsgegenstand gerichtet. Für eine Spezialität kommt von vornherein nur der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch aus § 43 BlnDSG in Betracht. Gegenstand dieses Auskunftsrechts sind nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BlnDSG personenbezogene Daten (vgl. § 31 Nr. 1 BlnDSG) der um Auskunft ersuchenden betroffenen Person, die Gegenstand der Datenverarbeitung sind. Insoweit greift § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BlnDSG die Formulierung in Art. 14 Abs. 1 g) RL 2016/680/EU auf. Der Auskunftsanspruch formt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus, dient aber nicht der Verwirklichung der Informationszugangsfreiheit; es handelt sich hierbei nicht um eine Regelung mit einem mit dem IFG Bln - abstrakt - identischen sachlichen Regelungsgehalt (vgl. Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 140; Schoch, a. a. O. § 1 Rn. 372 ff. m.w.N.). Die Norm gewährt keinen generellen Informationszugangsanspruch, sondern gewährt allein dem Betroffenen einen Auskunftsanspruch über seine personenbezogenen Daten.
Zudem betrifft der vom Kläger begehrte Informationszugang einen anderen sachlichen Gegenstand. Ihm geht es nicht um die Auskunft, welche seiner personenbezogenen Daten Gegenstand einer Datenverarbeitung waren, sondern vielmehr darum, wer wann und warum diese Daten in den Datensystemen des Beklagten abgefragt hat. Er begehrt daher Auskunft zu den personenbezogenen Daten der Abfragenden. Dieser Auskunftsgegenstand ist inhaltlich nicht von § 43 Abs. 1 BlnDSG erfasst, weshalb der Kläger im Übrigen sein Begehren nicht erfolgreich auf § 43 Abs. 1 BlnDSG stützen kann. Unter Empfänger i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 4 BlnDSG ist nach § 31 Nr. 9 BlnDSG nur die Stelle zu verstehen, der die Daten offen gelegt werden (hier also die Polizeibehörde), nicht jedoch die abfragende Person (vgl. Schulz, in: Gola/Heckmann, BDSG, 13. Aufl,, § 46 Rn. 52 ff. zur identischen Regelung des § 46 Nr. 9 BDSG). Dies findet seine Bestätigung in der Unterscheidung zwischen Empfänger und abfragender Person in § 62 Abs. 2 BlnDSG.
bb) Bei den datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten (§ 41 bis 47 BlnDSG) handelt es sich auch nicht um eine abschließende Sonderregelung, in deren Anwendungsbereich ein gleichgerichteter informationsrechtlicher Anspruch grundsätzlich ausgeschlossen ist.
Bereits der Wortlaut des Auskunftsrechts nach § 43 Abs. 1 BlnDSG ist nicht abschließend formuliert. Die Vorschrift setzt ferner das in Art. 13 und 14 RL (EU) 2016/680 verankerte Auskunftsrecht um. Diese Regelungen gewähren nur das Mindestmaß des Auskunftsinhalts (s. Art. 13 Abs. 1 RL (EU) 2016/680: "zumindest folgende Informationen") und schließen den Erhalt weitergehender Informationen nicht grundsätzlich aus. Auch aus der Gesetzesbegründung des BlnDSG geht nicht hervor, dass der Berliner Landesgesetzgeber mit dem landesdatenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch eine abschließende Sonderregelung schaffen wollte. Er strebte lediglich die Umsetzung der Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz an (s. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 18/1033, S. 104). Der europäische Richtliniengeber stellt in Erwägungsgrund Nr. 16 der Datenschutzrichtlinie jedoch klar, dass die Vorschriften der RL (EU) 2016/680 den Grundsatz des Zugangs der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten nicht berühren.
cc) Entgegen dem Beklagten folgt auch nichts anderes aus der Regelung des § 43 Abs. 2 BlnDSG. Hiernach gilt das Auskunftsrecht nach Absatz 1 u. a. nicht für personenbezogene Daten, die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, wenn die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist. Die Regelung soll dem Ausgleich zwischen den Rechten der betroffenen Person und einer möglichst effizienten Verwaltungstätigkeit dienen und in solchen Fällen eingreifen, in denen personenbezogene Daten zwar noch vorliegen, aber nicht mehr aktiv genutzt werden und auch sonst nicht zur Grundlage von Entscheidungen gegenüber der betroffenen Person gemacht werden können (Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 18/1033, S. 105).
Dieser isolierte datenschutzrechtliche Ausschlussgrund ist von vornherein nicht geeignet, bereits die Anwendbarkeit des IFG Bln in Frage zu stellen, sondern könnte allenfalls einen spezialgesetzlich geregelten Ausschlussgrund darstellen (zu dieser Unterscheidung Schoch, a. a. O., § 1 Rn. 289 und 380; zur Implementierung derartiger Ausschlussgründe ins IFG Bln sogleich zu 3).
Dessen ungeachtet ist er hinsichtlich der hier streitigen Protokollauswertung offensichtlich nicht gegeben, denn diese liegt bereits vor und könnte dem Kläger ohne großen Aufwand zugänglich gemacht werden. Davon abgesehen bezieht sich der Ausschlussgrund nicht auf den vom Kläger begehrten Informationszugang, denn "personenbezogene Daten" im Sinne des Anspruchsausschlusses nach § 43 Abs. 2 können aufgrund des systematischen Zusammenhangs nur solche im Sinne des Abs. 1 sein. Die personenbezogenen Daten der Abfragenden stellen für die vom (ursprünglich) in Rede stehenden Datenverarbeitungsvorgang betroffene Person - hier den Kläger - schon keinen möglichen Auskunftsgegenstand dar. Sie sind nicht von dem Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 1 BlnDSG gedeckt. Im Übrigen geht die ausdrückliche Zweckbestimmung des § 62 Abs. 3 BlnDSG über die in § 43 Abs. 2 BlnDSG genannten Zwecke der Datensicherung und der Datenschutzkontrolle insofern hinaus, als sie auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kontrollabfragen und die Nutzung für Strafverfahren vorsehen.
b) Die Vorschrift des § 62 BlnDSG führt nicht zur Verdrängung anderer Zugangsansprüche in Bezug auf Protokolldaten bzw. die Protokolldatenauswertung. Auch insofern liegt kein Fall der inhaltlichen Spezialität vor, die einen gleichgerichteten Anspruch aus dem IFG Bln ausschließt.
aa) § 62 BlnDSG regelt ebenfalls keinen abstrakt mit dem IFG Bln sachlich identischen Gegenstand. Die Norm bestimmt in Absatz 3 die besondere Zweckbindung der Protokolldaten sowie in Absatz 5 die Zurverfügungstellung dieser ausschließlich an die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, eine oberste Landesbehörde (§ 7 BlnDSG). Weder die Allgemeinheit noch die betroffene Person hat hiernach einen wie auch immer gearteten Zugangsanspruch. Selbst wenn man mit der jüngeren Rechtsprechung des BVerwG für verzichtbar hält, dass "die objektiv-rechtliche Informationspflicht mit subjektiv-rechtlichen Ansprüchen unterlegt ist" (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020, a. a. O. Rn. 12 zum Parteienrecht), fehlt es hier bereits an einer objektiv-rechtlichen Informationspflicht, die mit derjenigen nach § 3 IFG abstrakt identisch oder nur vergleichbar wäre.
§ 62 Abs. 3 BlnDSG regelt in Umsetzung des Art. 25 RL (EU) 2016/680 (vgl. Abgeordnetenhaus-Drs. 18/1033, S. 112) abschließend die Verwendungszwecke der Rechtmäßigkeitsüberprüfung und sieht hierbei auch eine Überprüfung durch die betroffene Person vor. Wie diese Zweckbindung bei der Anwendung des IFG Bln sichergestellt werden kann, ist keine Frage der Verdrängung des (gesamten) IFG Bln durch spezielleres Fachrecht, sondern eine solche des Vorliegens von Ausschlussgründen (hierzu sogleich zu 3).
bb) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Regelung des § 62 Abs. 5 BlnDSG dergestalt abschließend sein könnte, dass damit eine generelle Anwendung des IFG Bln ausgeschlossen sein soll. Sie dient der Umsetzung des Art. 25 Abs. 3 RL (EU) 2016/680. Erwägungsgrund 57 der RL (EU) 2016/680 greift zwar die besondere Zweckbestimmung der Protokolldaten auf, lässt aber ebenso wenig wie die Regelung selbst erkennen, dass auch ein außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie eingeräumter Zugangsanspruch des Betroffenen ausgeschlossen sein soll. Dies lässt sich auch nicht aus dem Erwägungsgrund 48 folgern, der das Recht des Betroffenen betrifft, die Aufsichtsbehörde einzuschalten. Diese Behörde dient nicht dazu, die Rechte des Betroffenen einzuschränken, sondern sie zu erweitern. Das Recht, die Aufsichtsbehörde einzuschalten, tritt neben das Recht des Betroffenen, die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner Daten notfalls gerichtlich überprüfen zu lassen. Auch die Beschränkung des Verwendungszwecks der Protokolldaten dient dem Schutz des Betroffenen, ist aber nicht dazu bestimmt, seine Rechte einzuschränken. Es bleibt daher bei dem im Erwägungsgrund 16 artikulierten Grundsatz, dass durch die RL (EU) 2016/680 Informationsfreiheitsrechte nicht generell ausgeschlossen sein sollen, vielmehr bei ihrer Anwendung der Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten ist.
Dagegen lässt sich auch nicht anführen, dass Zugangsansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen grundsätzlich nicht davon abhängen, zu welchem Zweck Informationen verlangt werden und wie mit ihnen weiter verfahren werden soll. Zum einen wird dieser Grundsatz durchbrochen, soweit der Schutz personenbezogener Daten im Raum steht (vgl. § 6 Abs. 1 IFG Bln und §§ 5 und 7 Abs. 1 Satz 3 IFG (des Bundes)). Zum anderen kann ein von einer rechtswidrigen Datenabfrage Betroffener jederzeit auf den Schutz seiner eigenen personenbezogenen Daten verzichten und den - ggf. seitens der Aufsichtsbehörde bekannt gegebenen - Rechtsverstoß öffentlich machen.
3. Dem Zugangsanspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1 IFG Bln stehen auch Ausschlussgründe nicht entgegen.
Allerdings enthält das IFG Bln anders als etwa das IFG des Bundes in dessen § 3 Nr. 4 keinen ausdrücklichen Ausschlussgrund, mittels dessen spezialgesetzliche Einschränkungen des Informationszugangs in das allgemeine Informationszugangsrecht nach dem IFG Bln transformiert werden. Derartigen Beschränkungen ist jedoch bei der Auslegung und Anwendung der einzelnen geschriebenen Ausschlussgründe des IFG Bln Rechnung zu tragen, im Anwendungsbereich des § 6 IFG Bln also bei der im Rahmen des Absatzes 1 vorgegebenen Interessenabwägung, im Anwendungsbereich des Absatzes 2 der Norm bei der Bestimmung von Regelfall und Ausnahme.
a) Nach § 6 Abs. 1 IFG Bln besteht das Informationszugangsrecht nicht, soweit durch die Akteneinsicht oder Aktenauskunft personenbezogene Daten veröffentlicht werden und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass überwiegend Privatinteressen verfolgt werden (aa) oder der Offenbarung schutzwürdige Belange der betroffenen Personen entgegenstehen und das Informationsinteresse (§ 1) das Interesse der betroffenen Personen an der Geheimhaltung nicht überwiegt (bb).
aa) Das Gesetz enthält mit der primär zu prüfenden ersten Alternative eine abstrakte Interessenabwägung, die dem Schutz personenbezogener Daten vor dem Informationsinteresse den Vorrang einräumt und den Anspruch auf Informationszugang ausschließt (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2016 - OVG 12 B 24.15 - juris Rn. 20 m.w.N.).
Die Protokolldatenauswertung enthält u. a. die Namen und die Dienstbezeichnung der abfragenden Beamten und damit deren personenbezogenen Daten. Es bestehen jedoch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger überwiegend private Interessen verfolgt (§ 6 Abs. 1 Alt. 1 BlnIFG). Er bezweckt mit dem Zugang zu den Protokolldaten die Kontrolle staatlichen Handelns, denn er möchte die im Zusammenhang mit gegen ihn geführten Disziplinarverfahren vorgenommenen Datenabfragen überprüfen, um deren Rechtmäßigkeit zu kontrollieren und ggf. auch strafrechtlich gegen unzulässige Datenabfragen vorzugehen. Dies liegt innerhalb des Gesetzeszweckes des § 1 IFG Bln. Dass der Informationszugang dabei - wie der Beklagte meint - für den Kontrollzweck der einzige, verfügbare Schritt sein muss, setzen weder der Gesetzeszweck noch § 6 Abs. 1 IFG Bln voraus. Andere Rechtsschutzmöglichkeiten schließen diese Zweckverfolgung nicht aus. Ob der Kläger darüber hinaus auch Amtshaftungsansprüche verfolgen will, kann dahinstehen, denn auch dies würde nicht auf überwiegende Privatinteressen führen (vgl. vorgenanntes Senatsurteil, a. a. O.).
bb) Der Offenbarung der personenbezogenen Daten der Abfragenden stehen auch keine schutzwürdigen Belange der Betroffenen entgegen (§ 6 Abs. 1 Alt. 2 IFG Bln). Denn bei den personenbezogenen Daten der Abfragenden handelt es sich um Daten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bln IFG. Hiernach stehen schutzwürdige Belange der betroffenen Person in der Regel nicht entgegen, soweit sie - wie hier - die Mitwirkung eines bestimmten Amtsträgers an Verwaltungsvorgängen, dessen Name, Titel, akademischer Grad, Beruf, innerdienstliche Funktionsbezeichnung, dienstliche Anschrift und Rufnummer ergeben.
Diese Regelvermutung kann weder durch § 11 Abs. 5 BlnDSG a.F. bzw. nunmehr § 15 Abs. 1 Satz 2 BlnDSG n.F. (1) noch durch § 43 Abs. 2 (2) oder § 62 Abs. 3 BlnDSG (3) entkräftet werden.
(1) Der Verweis des Beklagten im Ausgangsbescheid vom 14. Februar 2018 auf § 11 Abs. 5 BlnDSG a.F. geht fehl. Nach der nunmehr geltenden gleichlautenden Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BlnDSG n.F. dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nicht für andere Zwecke verarbeitet werden. Hiermit wird zwar eine besondere Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten statuiert. Allerdings folgt aus der systematischen Stellung der Norm im zweiten Teil des BlnDSG ("Durchführungsbestimmungen für Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679"), dass die Norm nur im Anwendungsbereich der EU-Datenschutzgrundverordnung greift. Diese ist bei Datenabfragen der Polizei nach Art. 2 Abs. 2 d) VO (EU) 2016/679 jedoch nicht anwendbar. Eine Norm vergleichbaren Inhalts kennt der dritte Teil des Landesdatenschutzgesetzes, der die anwendbare RL (EU) 2016/680 umsetzt, nicht.
(2) Das § 43 Abs. 2 BlnDSG dem Zugangsanspruch nicht entgegengehalten werden kann, wurde eingangs bereits dargelegt (II. 2 a cc). Dies gilt auch im Rahmen der Prüfung von Ausschlussgründen.
(3) Auch § 62 Abs. 3 BlnDSG stellt in der hier zu beurteilenden Konstellation eines Zugangsanspruchs gerade desjenigen, über den Daten abgefragt wurden, keinen Ausnahmefall dar, der entgegen der Regelvermutung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IFG Bln die besondere Schutzwürdigkeit der abfragenden Amtsträger begründet. Jene Regelung schreibt lediglich die Nutzungszwecke fest. Daraus folgt jedoch keine besondere Schutzbedürftigkeit der die Daten abfragenden Amtsträger. Zweck der Norm ist vielmehr der Schutz personenbezogener Daten des von der Abfrage Betroffenen, hier also des Klägers, und zwar auch vor unbefugten Zugriffen auf die Daten durch abfragende Personen. Diese Zweckbestimmung würde lediglich verfehlt, wenn einem Dritten Zugang zu den personenbezogenen Daten des Abgefragten gewährt würde; insofern bietet § 6 Abs. 1 Alt. 2 IFG Bln einen rechtlichen Anknüpfungspunkt, um der Zweckbestimmung in § 62 Abs. 3 BlnDSG Rechnung zu tragen. Unter welchen Umständen einem Dritten auch der Zugang zu den Daten der abfragenden Beamten verwehrt ist, also eine Ausnahme von der Regelvermutung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IFG Bln anzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
b) Dem Informationsanspruch des Klägers steht auch der Ausschlussgrund des § 11 IFG Bln nicht entgegen. Danach darf außer in den Fällen der §§ 5 bis 10 des Gesetzes die Akteneinsicht oder -auskunft nur versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde.
Dieser Ausschlussgrund ist grundsätzlich geeignet, in bestimmten Fällen (jedenfalls vorübergehend) auch dem Abgefragten selbst das Protokoll einer Auswertung der Datenabfragen zu seiner Person vorzuenthalten, etwa aus Gründen des Staatsschutzes. Derartige Gründe hat der Beklagte jedoch hier nicht geltend gemacht und sie sind auch nicht ansatzweise erkennbar.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 2 GKG für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).