BGH, Beschluss vom 22.06.2021 - VIII ZR 134/20
Fundstelle
openJur 2021, 34407
  • Rkr:
Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. April 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als hinsichtlich der (auf Lärmbelästigungen gestützten) Kündigung der Klägerin vom 20. September 2017 zu deren Nachteil entschieden worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorstehend genannten Urteil zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 7.212 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beklagte zu 1 mietete im Jahr 2005 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wohnung in Köln.

Im Jahr 2007 zog der Beklagte zu 3, mit welchem der Beklagte zu 1 zuvor eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hatte, in die Wohnung ein. Aufgrund der Schwangerschaft der Beklagten zu 2 vom Beklagten zu 3 wurde diese Lebenspartnerschaft im September 2014 aufgehoben, damit der Beklagte zu 3 die Beklagte zu 2 heiraten konnte, um diese mit den gemeinsamen Kindern nach Deutschland ziehen zu lassen. Eine Trennung beabsichtigten die Beklagten zu 1 und 3 nicht. Zum Jahreswechsel 2016/2017 zog die Beklagte zu 2 nebst den beiden Kindern ebenfalls in die Wohnung ein, welche seitdem von den drei Beklagten sowie zwei Kindern bewohnt wird.

Am 9. März sowie am 2. Mai 2017 mahnte die Klägerin den Beklagten zu 1 wegen der nicht genehmigten "Wohngemeinschaft" sowie wegen Lärmbelästigungen ab. Gestützt auf eine - aus ihrer Sicht - unberechtigte Untervermietung sowie auf fortdauernde Ruhestörungen, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Juni 2017 die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.

Mit Schreiben vom 20. September 2017 kündigte die Klägerin aufgrund zweier weiterer Ruhestörungen das Mietverhältnis fristlos. In der Kündigungserklärung führte sie unter anderem aus, am 2. September 2017 sei in der Zeit von 20.30 Uhr bis nach Mitternacht aus der Wohnung der Beklagten erheblicher Lärm gedrungen, "der überwiegend aus lautem Schreien, Stampfen, Türenschlagen und Poltern" bestanden habe. Zwei Nachbarinnen hätten vergeblich versucht, die Beklagten zur Einhaltung der Nachtruhe zu bewegen. Am 3. September 2017 habe gegen 13.00 Uhr erheblicher, durch die Beklagten verursachter Lärm die Mittagsruhe nachhaltig gestört. Es sei zu einer heftigen Auseinandersetzung mit einem Nachbarn gekommen, welcher hiernach Strafanzeige erstattet habe.

Das Amtsgericht hat - gestützt auf die Kündigung vom 1. Juni 2017 und die hierin als Kündigungsgrund angeführte unberechtigte Untervermietung - der Räumungsklage der Klägerin stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Revision hat das Landgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Zulassung der Revision mit dem Ziel begehrt, das amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

II.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung (§§ 546, 985 BGB) nicht zu, da das Mietverhältnis weder durch die ordentliche Kündigung vom 1. Juni 2017 noch durch die fristlose Kündigung vom 20. September 2017 beendet worden sei.

Die Klägerin könne die Kündigung vom 1. Juni 2017 nicht mit Erfolg auf eine unberechtigte Untervermietung stützen. Weder der Zuzug der Beklagten zu 2 noch derjenige des Beklagten zu 3 rechtfertigten eine Kündigung "nach §§ 543, 569, 573 BGB". Eine unterlassene Anzeige durch den Beklagten zu 1 oder eine fehlende Genehmigung des Zuzugs weiterer Bewohner seitens der Klägerin könne eine Kündigung dann nicht rechtfertigen, wenn der Mieter ohnehin einen Anspruch auf Genehmigung des Zuzugs gehabt hätte. Dies sei hier der Fall.

Ferner hätten auch die Kündigungen wegen Lärmbelästigung das Mietverhältnis nicht beendet. Bezüglich der Kündigung vom 1. Juni 2017 fehle es bereits an einer ausreichenden Begründung (§ 573 Abs. 3 BGB).

In der (fristlosen) Kündigung vom 20. September 2017 seien zwar zwei konkrete Ruhestörungen genannt. Aus dem durch die Klägerin vorgelegten Lärmprotokoll sei ersichtlich, dass zu diesen Zeiten - aus der Wohnung der Beklagten dringendes - "lautes Trampeln" (durch einen Nachbarn) moniert worden sei. Jedoch sei nicht behauptet worden, dass die in der Wohnung der Beklagten lebenden Erwachsenen getrampelt hätten. Was genau zu den genannten Zeiten in der Wohnung der Beklagten passiert sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen, so dass aufgrund der Anwesenheit der Kinder und der Vortragslast der Klägerin zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen sei, dass es sich um als sozialadäquat hinzunehmendes, bei Anwesenheit von Kindern nicht zu vermeidendes, "lautes Trampeln" gehandelt habe.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) mehrfach in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Denn es hat zum einen deren Sachvortrag zu den behaupteten Lärmstörungen durch die Beklagten im Wesentlichen übergangen und zum anderen an das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin zu hohe Substantiierungsanforderungen gestellt und die angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfGE 86, 133, 144; 96, 205, 216; BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, juris Rn. 14; vom 25. September 2020 - 2 BvR 854/20, juris Rn. 26; Senatsbeschlüsse vom 26. Mai 2020 - VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 13; vom 10. November 2020 - VIII ZR 18/20, juris Rn. 11).

a) Dabei ist es allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO). Liegen im Einzelfall jedoch besondere Umstände vor, aus denen sich ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Prozessbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist, ist ein Verstoß gegen die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen gegeben (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO Rn. 15; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO; BGH, Beschluss vom 14. November 2019 - I ZB 54/19, juris Rn. 8). Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. November 2019 - I ZB 54/19, aaO; vom 10. November 2020 - VIII ZR 18/20, aaO Rn. 12; jeweils mwN).

b) Ferner gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines solchen erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfGE 50, 32, 36; 65, 305, 307; 69, 141, 144; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2016 - V ZR 232/15, juris Rn. 5; vom 11. Oktober 2016 - VIII ZR 300/15, NJW-RR 2017, 75 Rn. 10; vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, WM 2020, 476 Rn. 4; jeweils mwN).

Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2; Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9; vom 21. Februar 2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 10).

2. Gemessen an diesen Maßstäben ist dem Berufungsgericht eine Gehörsverletzung nach Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten. Es durfte das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nicht verneinen, ohne - nach vollständiger Berücksichtigung des Klägervortrags - die angebotenen Zeugenbeweise zu den behaupteten Lärmstörungen zu erheben.

a) Die Klägerin stützt ihre - hier in Rede stehende - fristlose Kündigung vom 20. September 2017 auf anhaltende Lärmbelästigungen durch die Beklagten und beruft sich damit auf die Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB, wonach das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden kann.

Ein solcher Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Vorschrift des § 569 Abs. 2 BGB ergänzt dies dahin, dass auch die nachhaltige Störung des Hausfriedens einen solchen wichtigen Grund darstellen kann. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens setzt voraus, dass eine Mietpartei die gemäß § 241 Abs. 2 BGB aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme folgende Pflicht, sich bei der Nutzung der Mietsache so zu verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr als unvermeidlich gestört werden, in schwerwiegender Weise verletzt (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 2015 - VIII ZR 186/14, NJW 2015, 1239 Rn. 12 f.; Senatsbeschluss vom 25. August 2020 - VIII ZR 59/20, NJW-RR 2020, 1275 Rn. 19).

b) Bei der nach Vorstehendem gebotenen Abwägung ist das Berufungsgericht auf die in der Kündigungserklärung sowie - dies untermauernd - in der Klageschrift behaupteten, durch die Beklagten hervorgerufenen erheblichen Lärmstörungen nicht eingegangen. Damit hat es - wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt - einen wesentlichen Teil des Vorbringens der Klägerin zu Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer der ihrem Klagebegehren zugrunde liegenden Lärmstörungen unberücksichtigt gelassen und dadurch bereits im Ansatz die nach § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 2 BGB zur Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes entscheidungserhebliche Abwägung der Umstände des Einzelfalls verfehlt. Denn das Berufungsgericht ist unter ausschließlicher Heranziehung des mit der Klageschrift vorgelegten Lärmprotokolls davon ausgegangen, dass zu den in der Kündigung behaupteten Zeiten (lediglich) ein "lautes Trampeln" aus der Wohnung der Beklagten gedrungen sei.

Unter weiterer Verkennung des Gebots rechtlichen Gehörs hat das Berufungsgericht bezüglich dieser Lärmstörung zu hohe Anforderungen an die Substantiierungspflicht der Klägerin gestellt, indem es von ihr Vortrag dazu verlangt hat, "was genau" in der Wohnung der Beklagten zu den behaupteten Zeiten der Ruhestörungen passiert sei. Demzufolge ist das Berufungsgericht fehlerhaft ausschließlich von - als im Ergebnis sozialadäquat hinzunehmendem - "lautem Trampeln" von Kindern ausgegangen und hat die von der Klägerin benannten Zeugen zu den aus der Wohnung der Beklagten stammenden Ruhestörungen nicht vernommen.

c) Einer Gehörsverletzung steht vorliegend nicht entgegen, dass die Klägerin - als Berufungsbeklagte - ihren erstinstanzlich gehaltenen Sachvortrag zu den Lärmbelästigungen sowie die diesbezüglich angebotenen Zeugenbeweise im Berufungsrechtszug nicht ausdrücklich wiederholt, sondern lediglich hierauf Bezug genommen hat.

aa) Denn ihr oblag als Berufungsbeklagte gemäß § 521 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 277 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur, ihre Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Danach durfte sie in erster Linie die zu ihren Gunsten ergangene Entscheidung verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsklägers abwehren (vgl. BGH, Urteile vom 28. August 2018 - VI ZR 518/16, NJW 2019, 362 Rn. 15; vom 7. April 2021 - VIII ZR 49/19, juris Rn. 56; Beschluss vom 10. Januar 2017 - XI ZR 365/14, BKR 2017, 164 Rn. 15; jeweils mwN). Die Nichtberücksichtigung solchen nur in erster Instanz gehaltenen Vortrags sowie erfolgter Beweisantritte verstößt dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Erstgericht das - unter Beweis gestellte - Vorbringen als unerheblich behandelt hat, das Vorbringen nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch erheblich wird (vgl. Senatsurteil vom 7. April 2021 - VIII ZR 49/19, aaO Rn. 57; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2010 - V ZR 165/09, juris Rn. 11; vom 10. Januar 2017 - XI ZR 365/14, aaO; BVerfGE 70, 288, 295; BVerfG, NJW-RR 1993, 636, 637; NJW 2015, 1746 Rn. 17).

bb) So verhält es sich hier. Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage - gestützt auf die Kündigung vom 1. Juni 2017 - aufgrund unberechtigter Untervermietung stattgegeben. Daher durfte sich die Klägerin zweitinstanzlich darauf beschränken, die hiergegen gerichteten Angriffe der Beklagten abzuwehren. Da nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch eine unberechtigte Untervermietung nicht vorlag, wurde die auf anhaltende Lärmbelästigungen gestützte fristlose Kündigung vom 20. September 2017 im Berufungsrechtszug beachtlich. Den diesbezüglichen Sachvortrag hat die Klägerin vorliegend zulässigerweise durch vorsorgliche Wiederholung des gesamten erstinstanzlichen Vorbringens, "insbesondere zu dem unzumutbaren Verhalten der Beklagtenseite, das für sich betrachtet wiederum auch die Kündigung" rechtfertigte, zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht.

d) Das Berufungsgericht hat die seitens der Klägerin behaupteten Lärmstörungen durch die Beklagten, welche den Grund für die fristlose Kündigung vom 20. September 2017 bildeten, in wesentlichen Teilen nicht berücksichtigt.

aa) In der Kündigungserklärung vom 20. September 2017 hat die Klägerin vorgebracht, am 2. September 2017 sei ab 20.30 Uhr bis weit nach Mitternacht aus der Wohnung der Beklagten erheblicher Lärm gedrungen, der überwiegend aus lautem Schreien, Stampfen, Türenschlagen und Poltern bestanden habe. Der Versuch zweier Nachbarinnen, die Beklagten zur Einhaltung der Nachtruhe zu bewegen sei "ergebnislos" gewesen. Am 3. September 2017 habe erheblicher Lärm die Mittagsruhe gestört. Mit einem Nachbarn, der dieses Verhalten moniert habe, sei es zu einer "heftigen Auseinandersetzung" gekommen, die zu einer Strafanzeige durch den Nachbarn geführt habe.

bb) Auf diesen in der Kündigung geschilderten Sachverhalt ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Es hat sich vielmehr allein mit einem "lauten Trampeln" befasst, das im Lärmprotokoll für die in der Kündigung angegebenen Zeiten vermerkt war.

Mit den in der Kündigungserklärung (weiter) angeführten Lärmemissionen in Form von Schreien, Türenschlagen und Poltern hat sich das Berufungsgericht nicht befasst und hat auch nicht berücksichtigt, dass verschiedene als Zeugen benannte Nachbarn - auch aus dem Nachbarhaus - das ruhestörende Verhalten moniert hatten, wobei einer dieser Nachbarn das Lärmprotokoll erstellt hat. Durch die alleinige Heranziehung des in diesem Lärmprotokoll verzeichneten Eintrags und die Nichtbeachtung der anderen, sich hiervon qualitativ unterscheidenden sowie den Kern des Vorbringens der Klägerin darstellenden Lärmerscheinungen, hat das Berufungsgericht das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt.

cc) Ebenso wenig hat das Berufungsgericht - wie es geboten gewesen wäre - die in der Klageschrift geschilderten Lärmemissionen bei der Prüfung des Vorliegens einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens in seine Betrachtung eingestellt.

Hierin hat die Klägerin als Lärmbelästigungen "Poltern, lautes Rumgerenne und Geschreie, Rücken von Möbeln sowie, weil man offensichtlich musikalisch ist, Trompetespielen" angeführt, die über einen längeren - im Lärmprotokoll dokumentierten Zeitraum - immer wieder aufgetreten seien. Im Lärmprotokoll sind Ruhestörungen ab dem 18. Dezember 2016 verzeichnet, was sich mit dem Zeitpunkt des Einzugs der Beklagten zu 2 nebst den beiden Kindern - zum Jahreswechsel 2016/2017 - deckt. Nach dem Klägervortrag wurden seit diesem Zeitpunkt regelmäßig erhebliche Ruhestörungen beanstandet, waren Gegenstand der beiden Abmahnungen sowie schließlich der Kündigungen.

Daher musste das Berufungsgericht den in der Klageschrift enthaltenen Vortrag zu den Lärmstörungen ebenfalls berücksichtigen, da er lediglich der näheren Erläuterung, Ergänzung, Ausfüllung sowie dem Beweis des im Kündigungsschreibens geltend gemachten Kündigungsgrunds diente und damit vorliegend zulässigerweise noch im Prozess nachgeschoben werden durfte (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 25; vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 36).

e) Soweit das Berufungsgericht von der Klägerin Vortrag dazu verlangt hat, "was genau" in der Wohnung der Beklagten zu den jeweiligen, in der Kündigung genannten Zeiten passiert sei, und weil ein solches Vorbringen nicht erfolgt sei, seiner Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne der § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 2 BGB allein - im Ergebnis als sozialadäquat hinzunehmenden - Kinderlärm zu Grunde gelegt hat, überspannt es die Substantiierungsanforderungen. Infolgedessen hat es verfahrensfehlerhaft den von der Klägerin für die von ihr behaupteten Lärmemissionen angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.

aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11; jeweils mwN). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, aaO). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13, aaO; BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, aaO; vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7).

bb) Danach genügte das in der Kündigungserklärung und damit korrespondierend das in der Klageschrift gehaltene Vorbringen der Klägerin den an die Darlegung einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens durch anhaltende Lärmbelästigung zu stellenden Anforderungen. Das Berufungsgericht war gehalten, die seitens der Klägerin hierfür benannten Zeugen zu vernehmen.

Es kann hierbei dahinstehen, ob - wie die Nichtzulassungsbeschwerde meint - zugunsten des wegen einer nachhaltigen Lärmbelästigung durch den Mieter kündigenden Vermieters die gleichen (erleichterten) Darlegungsanforderungen gelten, auf die sich ein Mieter berufen kann, der eine Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) wegen eines Mangels infolge von Lärm behauptet und der etwa nicht gehalten ist, ein detailliertes "Protokoll" vorzulegen (vgl. hierzu Senatsurteile vom 20. Juni 2012 - VIII ZR 268/11, NZM 2012, 760 Rn. 18; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 84; Senatsbeschlüsse vom 21. Februar 2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 12; vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, NJW-RR 2017, 1290 Rn. 17; für eine Gleichbehandlung der Darlegungsanforderungen BeckOGK-BGB/Geib, Stand: 1. April 2021, § 569 Rn. 86).

Denn die Klägerin hat die Lärmbelastungen, die - nach ihrer Behauptung - von der Wohnung der Beklagten ausgehen, nach Zeitpunkt, Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit mit ausreichender Substanz beschrieben und überdies durch ein detailliertes, über einen längeren Zeitraum erstelltes "Lärmprotokoll" konkretisiert. Zur genauen Ursache des beanstandeten Lärms sowie zur Person der Verursacher (Kinder und/oder Erwachsene) konnte die Klägerin mangels Einblicks in die Wohnung nicht detailliert vortragen. Anders als das Berufungsgericht meint, war sie daher nicht gehalten, Ausführungen dazu zu machen, "was genau" in der Wohnung der Beklagten passiert sei.

Zudem hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin in der Klageschrift ihr mögliche nähere Angaben gemacht und aus der Art des Lärms Rückschlüsse auf die Person der Verursacher gezogen hat. Anknüpfend an den Vortrag etwa zum "Rücken von Möbeln" und "Geschreie" hat sie ausgeführt, dass es sich bei den Lärmbelästigungen um solche gehandelt habe, die angesichts ihrer Intensität mit normalem Verhalten, "insbesondere durch spielende Kinder" nicht zu erklären seien.

Nach Vorstehendem war es dem Berufungsgericht somit verwehrt, ausschließlich von (sozialadäquatem) Kinderlärm auszugehen. Vielmehr hätte es angesichts des hinreichend substantiierten Vortrags der Klägerin die von dieser angebotenen Zeugenbeweise bezüglich der einzelnen (behaupteten) Lärmbelästigungen erheben müssen.

f) Diese dem Berufungsgericht unterlaufenen Gehörsverletzungen sind auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei vollständiger Berücksichtigung des Klägervortrags sowie Erhebung der Zeugenbeweise durch Einvernahme der die Lärmstörungen rügenden Nachbarn zum Ergebnis gekommen wäre, dass die Beklagten den Hausfrieden nachhaltig gestört haben, die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Klägerin unzumutbar ist (§ 569 Abs. 2, § 543 Abs. 1 BGB) und somit das Mietverhältnis infolge der (formell wirksamen) Kündigung vom 20. September 2017 beendet wurde.

3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus rügt, das Berufungsgericht habe ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der - mit Schreiben vom 1. Juni 2017 ausgesprochenen - Kündigung des Mietverhältnisses wegen unberechtigter Untervermietung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) zu Unrecht verneint und insoweit die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) geltend macht, hat der Senat dies geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 ZPO).

IV.

Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

Sollte das Berufungsgericht nach Erhebung der Beweise zu der Überzeugung gelangen, es habe (auch) Kinderlärm vorgelegen, wird es zu beachten haben, dass Geräuschemissionen, die ihren Ursprung in einem altersgerecht üblichen kindlichen Verhalten haben, gegebenenfalls auch unter Inkaufnahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und entsprechender Begleiterscheinungen kindlichen Verhaltens, zwar grundsätzlich hinzunehmen sind, auf der anderen Seite jedoch die insoweit zu fordernde erhöhte Toleranz auch Grenzen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 203/18, NJW 2020, 1354 Rn. 34; Senatsbeschluss vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, NJW-RR 2017, 1290 Rn. 14 mwN). Diese sind hierbei jeweils im Einzelfall zu bestimmen unter Berücksichtigung namentlich von Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschemissionen, des Alters und des Gesundheitszustands des Kindes sowie der Vermeidbarkeit der Emissionen etwa durch objektiv gebotene erzieherische Einwirkungen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, aaO).

Dr. Milger

Dr. Fetzer

Dr. Bünger

Kosziol

Wiegand