VG Gera, Urteil vom 24.06.2021 - 5 K 978/20 Ge
Fundstelle
openJur 2021, 33790
  • Rkr:

1. Eine Konzentrationsplanung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept voraus, das den Anforderungen des Abwägungsgebots genügt und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schafft.

2. Kommt der Plangeber zu dem Ergebnis, dass er der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft, dann muss er die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung unterziehen.

3. Die Festlegung von Naturschutzgebieten als harte Tabuzonen ist im Hinblick auf das aus § 23 Abs. 2 BNatSchG erwachsende absolute Veränderungsverbot zulässig.

4. Landschaftsschutzgebiete sind nur als harte Tabuzonen einzuordnen, wenn eine Einzelfallprüfung ergibt, dass eine Erlaubnis zur Errichtung von Windenergieanlagen oder eine Ausnahme bzw. Befreiung von den Verboten der Schutzgebietsverordnung nach § 67 BNatSchG auf keiner der Flächen des Schutzgebiets in Betracht kommt.

5. Im Unterschied zu dem in einem Naturschutzgebiet bestehenden absoluten Veränderungsverbot aus § 23 Abs. 2 BNatSchG sind die ein Landschaftsschutzgebiet betreffenden Verbote stets auf den jeweiligen Schutzzweck bzw. den Gebietscharakter bezogen und damit relativ.

6. § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG, wonach für die Nutzung der Windenergie ein Prozent der Landesfläche bereitgestellt wird, enthält, auch in Zusammenschau mit Art. 20a GG, keine die einzelnen Träger der Regionalplanung bindende Vorgabe. (Hinweis: Verweis auf S. 36 Ziffer 2. Des Urteilsabdrucks). Allerdings muss diesem Belang ebenso wie dem Staatsziel Umwelt- und Klimaschutz (vgl. Art. 20a GG) bei der Raumplanung eine angemessene Gewichtung beigemessen werden. (Hinweis: Verweis auf S. 4. Absatz 4 des Urteilsabdrucks)

7. Je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger müssen die gegen eine weitere Ausweitung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunk-te sein.

8. Bei einem Verhältnis der Konzentrationsflächen zu den ausgewiesenen Potentialflächen von 1,15 % spricht vieles dafür, dass mit der Regionalplanung der Windenergie im Ergebnis nicht der erforderliche substantielle Raum geschaffen wird. Dies gilt erst Recht, wenn die richtige Einordnung der Flächen als weiche Tabuzonen das Verhältnis von Konzentrationsflächen zu Potentialflächen noch deutlich verringert hätte.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 1. März 2016 (Az. AII/66.1-La/106.11/V-18/15/G) und der Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom 28. August 2020 (Az. 5070-61-8701/38-2-59205/2020) werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 29. Mai 2015 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Vestas V117-3,3 MW (Nabenhöhe: 141,50 m, Rotordurchmesser: 117,00 m, Gesamthöhe: 200,00 m) am Standort Gemarkung ..., Flur 2, Flurstück a unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10 zu tragen; hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages und für den Beklagten ohne Sicherheitsleistung. Die Klägerin darf die Vollstreckung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in dieser Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die klagende Kapitalgesellschaft, die bundesweit vor allem Windenergieanlagen (WEAs) errichtet und betreibt, will den beklagten ostthüringischen Landkreis dazu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine solche Anlage zu erteilen.

2012 trat der von der beigeladenen Planungsgemeinschaft beschlossene Regionalplan Ostthüringen in Kraft, der in seinem Abschnitt 3.2.2 Gebiete auswies, die ausschließlich für Windenergieanlagen vorgesehen waren (ThürStAnz 2012, S. 1741). In der Folge erklärte das Thüringer Oberverwaltungsgericht im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens (Urteil vom 8. April 2014 - 1 N 676/12 -) diesen Teil des Regionalplans rechtskräftig für unwirksam.

2015 leitete die Beigeladene ein neues Verfahren zur Aufstellung eines "Sachlichen Teilplans Windenergie" ein (ThürStAnz 2015, S. 776 f.). Sie fasste am 4. März 2016 den Beschluss, den neu erarbeiteten Entwurf (1. Planentwurf) öffentlich auszulegen. Hierüber informierte die Beigeladene die Öffentlichkeit mit der

"Bekanntmachung [vom 16. März 2016] über die vorgezogene öffentliche Auslegung des Entwurfes des Abschnittes 3.2.2 Vorranggebiete Windenenergie im Rahmen der Änderung des Regionalplans Ostthüringen" (ThürStAnz 2016, S. 655).

Der 1. Planentwurf zählte 39 "Vorranggebiete Windenergie" namentlich auf. Aus seiner Begründung ergab sich, dass diese Vorranggebiete eine Fläche von ca. 4.100 ha einnahmen. Das entsprach einem Anteil von 0,88 Prozent des Gebietes der Beigeladenen (Regionsfläche, -gebiet).

Am 30. November 2018 fasste die Beigeladene den Beschluss, den 1. Planentwurf, den sie zwischenzeitlich überarbeitet hatte (2. Planentwurf), öffentlich auszulegen. Hierüber informierte die Beigeladene die Öffentlichkeit mit der

"Bekanntmachung [vom 16. Januar 2019] über die öffentliche Auslegung des Entwurfes des Regionalplans Ostthüringen mit integriertem überarbeitetem Entwurf des Abschnittes 3.2.2 Vorranggebiete Windenenergie (2. Entwurf)" (ThürStAnz 2019, S. 407).

In dieser Bekanntmachung wurde unter anderem der Zeitraum der Auslegung genannt (4. März bis 10. Mai 2019) und die vom Entwurf umfassten und ausgelegten Unterlagen aufgezählt. "Stellungnahmen zum Entwurf" könnten innerhalb der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift vorgebracht werden. In der Begründung des 2. Planentwurfs (Textteil, S. 66 [= GA, Az. 5 E 1744/19 Ge, Bl. 93]) heißt es einleitend:

"Die im Folgenden verbindlich vorgegebenen - zeichnerisch in den Karten 3-2-1 - 3-2-22 bestimmten - Vorranggebiete Windenergie, die zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten haben, sind für die Konzentration von raumbedeutsamen Anlagen zur Nutzung der Windenergie vorgesehen. Dem entgegenstehende raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen sind in diesen Gebieten ausgeschlossen. Außerhalb der Vorranggebiete Windenergie sind raumbedeutsame Windenergieanlagen nicht zulässig."

Am 15. Juni 2020 gab die Beigeladene die Tagesordnung ihrer Planungsversammlung vom 26. Juni 2020 öffentlich bekannt, in der über den neuen sachlichen Teilplan Windenergie (des Regionalplans Ostthüringen) entschieden werden sollte (ThürStAnz 2020, S. 764). In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass am Sitzungsort aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie zur Sicherstellung des Mindestabstandes von 1,5 m für die Öffentlichkeit nur 20 Plätze zur Verfügung stehen. Am 26. Juni 2020 beschloss die Beigeladene den in der Genehmigungsvorlage vom 11. Juni 2020 enthaltenen "Abschnitt 3.2.2 Vorranggebiete Windenergie des Regionalplans Ostthüringen" (im Folgenden: Plan 2020).

In dem Plan 2020 werden unter dem Punkt 3-3 einundzwanzig Vorranggebiete Windenergie genannt, darunter auch aus einer 427 ha großen Prüffläche das 54 ha große Vorranggebiet Windenergie W-14 - Gütterlitz

(vgl. den Prüfbogen 7.2/W-14 - Gütterlitz, Anlage 4 zur Begründung Z 3-3, S. 201-211 [Ordner 20-5 K-00978]).

Ferner legt die Beigeladene in dem Plan 2020 dar, nach welcher Methode sie die Vorranggebiete Windenergie ermittelt hat (vgl. die Begründung Z 3-3, S. 3, 5-7). Die Beigeladene spricht darin die so genannten harten und weichen Tabuzonen an. Sie führt in der Begründung weiter aus, dass sie nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen die verbliebenen zusammenhängenden Prüfflächen mit einer Größe von mehr als 25 ha einer Einzelfallprüfung unterzogen habe, ob diese als Windvorrangfläche geeignet seien. Es sollen nur solche Flächen als Windvorranggebiete ausgewiesen werden, in denen mindestens drei Windenergieanlagen Platz finden. Ferner benennt die Beigeladene in einem eigens erstellten Kriterienkatalog (vgl. die Anlage 1 zur Begründung zu Z 3-3) ausgewählte harte und weiche Tabukriterien. Die Ausweisung des hohen Anteils harter Tabuzonen sei vor allem auf die relativ hohe Siedlungsdichte im ländlichen Raum ("verstädterte Räume") zurückzuführen. Weitere Flächen könnten aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht für Windenergieanlagen (WEAs) genutzt werden. Zahlreiche Kulturerbe-Standorte mit einer sehr weitreichenden Raumwirkung würden die Windenergienutzung ausschließen. In 10 der 22 in dem Plan 2020 ausgewiesenen Windvorranggebiete dürfen die WEAs die Gesamthöhe von 200 m nicht überschreiten, da in diesen Bereichen bereits WEAs vorhanden seien, welche den 1.000 Meter-Abstand zu Siedlungsflächen unterschreiten würden (vgl. die Begründung Z 3-4, S. 13).

Nach der Begründung Z 3-3 des Plans 2020 (S. 10) und dem Vortrag der Beigeladenen (GA, Bl. 493) bestehen für ihr Regionsgebiet folgende Windenergieflächen-Kennzahlen:

Regionsfläche: 4.667 km2

Fläche der harten Tabuzonen: 3.035,11 km2 (65,2 Prozent der Regionsfläche)

Fläche der weichen Tabuzonen: 1.390,11 km2 (29,8 Prozent der Regionsfläche)

Fläche nach Abzug der Tabuzonen: 235,81 km2 (5,06 Prozent der Regionsfläche)

Prüfflächen > 25 ha (Punkt 2.4 der Begründung Z 3-3) 231,78 km2 (4,98 der Regionsfläche)

Fläche der 22 Vorranggebiete Windenergie: 18,82 km2 (0,40 Prozent der Regionsfläche)

Anteil der Vorranggebiete Windenergie an der Regionsfläche abzgl. harte Tabuzonen: 1,16 Prozent

Dass Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft genehmigte durch Bescheid vom 23. November 2020 den Plan 2020. Diese Genehmigung wurde von der Beigeladenen durch die

"Bekanntmachungen [vom 7. Dezember 2020] über die Genehmigung des Sachlichen Teilplans Windenergie Ostthüringen" (ThürStAnz 2020, S. 1852)

veröffentlicht. In dieser Veröffentlichung wurde auf den Beschluss vom 26. Juni 2020 hingewiesen und die Körperschaften benannt, bei denen Einsicht in die Planunterlagen genommen werden kann. Ferner heißt es in den "Bekanntmachungen", dass durch den Plan 2020 Vorranggebiete Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten ausgewiesen werden, die eine raumbedeutsame Windenergienutzung an anderer Stelle ausschließen und damit eine Konzentrations- und Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 des Baugesetzbuchs (BauGB) entfalten würden.

Bereits im Jahr 2015 hatte die Klägerin bei dem Beklagten beantragt, ihr die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Vestas V117-3.3 MW (Nabenhöhe: 141,50 m, Rotordurchmesser: 117,00 m, Gesamthöhe: ca. 200,00 m) im Gebiet der kreisangehörigen Landgemeinde Auma-Weidatal, Ortsteil Gütterlitz auf einer dortigen weiträumigen Ackerflur (Gemarkung Gütterlitz, Flur 2, Flurstück a) zu erteilen.

Nordwestlich des geplanten Standortes liegen jeweils in etwas weniger als 1 km Luftlinie entfernt die vom Fluss Orla gespeiste Talsperre Triptis und eine Teichkette, ferner Siedlungsflächen sowie Sport- und Freizeitstätten der Stadt Triptis. Etwa 1 km Luftlinie südlich des geplanten Anlagenstandortes liegt der Ortsteil Gütterlitz. Etwa 1 bis 1,5 km östlich des geplanten Anlagestandortes wurden bereits in der Vergangenheit in räumlicher Nähe zueinander fünf Windenergieanlagen errichtet ("AU 01 bis AU 05"). Nördlich und östlich dieser fünf WEAs erstreckt sich ein zusammenhängendes Waldgebiet. Die in Rede stehende zu errichtende WEA "AU 07" soll nach den Planungen der Klägerin Bestandteil des vorgenannten "Windfeldes Auma/Gütterlitz" werden. Westlich des Anlagenstandortes verläuft in Nord-Süd-Richtung die Bundesautobahn 9. In der weiteren Umgebung besteht ein Windpark. Zur Veranschaulichung des beabsichtigten Anlagenstandortes wird auf die in den beigezogenen Verwaltungsakten enthaltenen Karten verwiesen, nämlich auf

- die Topographische Übersichtskarte, BA 2, Bl. 359,

- Auszüge aus dem Katasterplan, BA 2, Bl 360 f. und

- den Landschaftspflegerischen Begleitplan, hier: Biotop- und Nutzungsstruktur, BA 3, Bl. 178.

Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 1. März 2016 unter Verweis auf § 44 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ab. Zur Begründung gab er an, dass sich ca. 535 m entfernt vom geplanten Anlagenstandort ein Horst der WEA-sensiblen Greifvogelart Rotmilan befinde. Damit werde der Mindestabstand zwischen derartigen Horsten und Windenergieanlagen, dessen Einhaltung die Landesvogelschutzwarte für diese WEA-sensible Vogelart empfohlen hätte (1.500 m), erheblich unterschritten. Überdies existiere für diesen Horst ein aus dem Jahr 2014 stammender Brutnachweis. Die von der Klägerin beabsichtigten Maßnahmen, um Kollisionen vom Rotmilanen mit der geplanten WEA zu verhindern (vor allem Abschaltzeiten während der Mahd), könnten das durch die Anlagennähe ausgelöste gesteigerte Tötungsrisiko nicht wirksam herabsetzen.

Die Klägerin erhob am 2. April 2016 gegen die ablehnende Entscheidung Widerspruch. Sie machte im Wesentlichen begründend geltend, dass Vorgaben der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten zu den Mindestabständen zwischen WEAs und bestimmten Vogelarten einer Einzelfallprüfung zugänglich sein müssten. Die von ihr beabsichtigten Vermeidungsmaßnahmen (vor allem Abschaltzeiten während der Mahd sowie Aufzucht der Jungen) seien auch in anderen Bundesländern gängige Praxis.

Nachdem der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin nicht abgeholfen hatte, setzte die Widerspruchsbehörde im Jahr 2017 das Widerspruchsverfahren im Hinblick auf die seinerzeit laufende Aufstellung des "Sachlichen Teilplans Windenergie" zunächst für zwei Jahre und im Juni 2019 für ein weiteres Jahr aus. Die gegen die Verlängerung der Aussetzung von der Klägerin eingelegten gerichtlichen Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg (VG Gera, Beschlüsse vom 28. April 2020 - 5 E 1744/19 Ge und 29. September 2020 - 5 K 1471/19 Ge; ThürOVG, Beschluss vom 21. August 2020 - 1 EO 343/20).

Die Klägerin hat am 16. Juli 2020 Untätigkeitsklage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Erteilung der Genehmigung für die WEA AU 07 weiterverfolgt.

Im Laufe des Klageverfahrens hat das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz durch Widerspruchsbescheid vom 28. August 2020 den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der 2. Planentwurf stehe als ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB dem Vorhaben entgegen. Der 2. Planentwurf sei ein in Aufstellung befindliches, hinreichend konkretes und voraussichtlich verbindliches Ziel der Raumordnung. Das Vorhaben der Klägerin liege nicht in einem der im 2. Planentwurf ausgewiesenen 22 Windvorranggebiete, sondern in einem Bereich, der von der Windenergienutzung freigehalten werden solle.

Die Klägerin, die den Widerspruchsbescheid vom 28. August 2020 in das Klageverfahren einbezogen hat, trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor:

Ihrem Vorhaben stünden keine Belange der Raumordnung im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB entgegen.

Der Plan 2020 sei formell rechtswidrig und damit unbeachtlich.

Die beiden Bekanntmachungen (vom 16. März 2016 und vom 16. Januar 2019) über die öffentlichen Auslegungen des 1. und des 2. Planentwurfs hätten nicht die notwendige "Hinweis- und Anstoßfunktion" gehabt, um auf die erstrebte Ausschlusswirkung hinzuweisen und die interessierte Öffentlichkeit dazu anzuregen, sich mit dem Planentwürfen auseinanderzusetzen und eine Stellungnahme abzugeben. Der in den Bekanntmachungen verwendete Begriff "Vorranggebiete" sei durch § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) belegt. Er beinhalte aber nicht das, was die Beigeladene habe zum Ausdruck bringen wollen, nämlich, dass Windenergieanlagen ausschließlich in bestimmten bezeichneten Bereichen errichtet werden dürften und in allen anderen Bereichen ihre Nutzung unzulässig sei.

Die Klägerin meint weiter, dass die Planungsversammlung der Beigeladenen über den Plan 2020 unter Verstoß gegen die Öffentlichkeit der Sitzung entschieden habe (vgl. § 15 Abs. 6 des Thüringer Landesplanungsgesetz - ThürLPlG - in Verbindung mit §§ 112, 40 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung - ThürKO -). Die Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Beschlussfassung über den Plan 2020 am 26. Juni 2020 auf 20 Personen sei nicht gerechtfertigt gewesen. Damit sei faktisch die gesamte Öffentlichkeit ausgeschlossen gewesen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Plan 2020 auch materiell rechtswidrig und damit unbeachtlich sei.

Der Plan 2020 verstoße gegen § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 des Thüringer Klimaschutzgesetzes (ThürKlimaG), wonach alle Landesbehörden zum Klimaschutz beitragen und für die Nutzung der Windenergie ein Prozent der gesamten Landesfläche zur Verfügung gestellt wird. Mit der Ausweisung von lediglich 0,4 Prozent der Regionsfläche als Windvorranggebiete verfehle die Beigeladene nicht nur deutlich die Ein-Prozent-Vorgabe des Gesetzes, sondern gehe auch weit hinter den entsprechenden Flächenwert des 1. Planentwurfs (0,88 Prozent) zurück. Bei der gesetzlichen Windenergieflächenvorgabe handele es sich um eine mit Inkrafttreten des Gesetzes verbindliche Regelung, die sofort und nicht erst 2040 Geltung beanspruche. Soweit die Beigeladene die nach dem Plan 2020 ausgewiesenen Windvorrangflächen für ausreichend erachte, um 1.600 GWh/a Windenergie zu erzeugen, wie es der Landesentwicklungsplan 2025 vorsehe, so stamme dieser Wert aus dem Jahr 2014 und werde durch die Flächenvorgabe des § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG überlagert.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft von der Fa. d... ... ...

_ erstellte Studie "Ermittlung von Präferenzräumen für die Windenergienutzung in Thüringen" (Ergänzungsstudie, 2. Regionaler Teil, Planungsregion Ostthüringen, Stand: 8. September 2015, S. 47. Tab. 18) belegen würde, dass die Beigeladene insgesamt 1,29 Prozent ihrer Regionsfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung stellen könnte. Zwar werde in der Tabelle 6 der von der Ergänzungsstudie zu unterscheidenden Hauptstudie darauf hingewiesen, dass die ermittelten "Präferenzräume" dagegen 0,44 Prozent der Regionsfläche ausmachen würden. In der Hauptstudie werde aber zugleich einschränkend angeführt, dass 18 Präferenzräume in Ostthüringen aufgrund der pauschalen Mindestabstände oder Mindestgrößen der Konzentrationsflächen zunächst nicht berücksichtigt worden seien. Diese würden eine Fläche von 0,32 Prozent ausmachen und seien zu den 0,44 Prozent hinzuzuzählen. Zusätzlich könnte, so die Ergänzungsstudie, noch ein Flächenanteil von 0,53 Prozent für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt werden. Dabei handele es sich um Flächen aus dem großräumigen Naturpark "Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale", der nicht nur aus Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebieten bestehe.

Die Klägerin macht weiter geltend, dass der Plan 2020 entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG in Verbindung mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der Windenergie nicht substanziell Raum verschaffe. Der Plan 2020 enthalte kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept, weil die Beigeladene fehlerhafte Planungskriterien angewendet habe. Die Klägerin trägt dazu im Wesentlichen vor:

Das Kriterium 1.1 (harte Tabuzone)

"vorhandene Siedlungsflächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sowie alle über Bebauungspläne definierten Baugebiete für Wohn- und Mischnutzung, Sondergebiete ... und Kurparks"

sei zu unbestimmt. Es sei unklar, ob auch urbane Gebiete (vgl. 6a der Baunutzungsverordnung - BauNVO -) und Kerngebiete (vgl. § 7 BauNVO) die Windenergienutzung ausschließen würden.

Das Kriterium 1.2 (harte Tabuzone)

"Puffer von 400 Metern um Siedlungsflächen und Baugebiete mit hohem Schutzanspruch sowie Kurparks"

sei rechtswidrig, da es auf den unbestimmten Begriff der "Siedlungsfläche" im Sinne des Tabukriteriums 1.1 abstellen würde. Ferner werde bei den Baugebietstypen nicht nach der Schutzwürdigkeit differenziert. Die Beigeladene habe zudem bei der Ermittlung des Abstandes um Siedlungsflächen das Digitale Landschaftsmodell aus dem Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem (Basis DLM aus ATKIS) fehlerhaft angewendet. Das Digitale Landschaftsmodell arbeite mit Siedlungsabständen von 500 m oder mehr. Seine Anwendung habe dazu geführt, dass beispielsweise außerhalb der Ortslage gelegene Gärten und Parks noch der Wohnbebauung zugerechnet würden, obgleich sie zum Außenbereich gehörten.

Das Kriterium 1.3 (weiche Tabuzone)

"Sicherheitsabstand von 1.000 Meter um alle Flächen aus Kriterium 1.1"

sei aus den vorstehenden Gründen ebenfalls fehlerhaft. Hinzu komme, dass der 1.000 Meter-Siedlungsabstand, den WEAs einhalten müssten, sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Es könnte mit Abständen von 750 bis 800 m ein dem Immissionsschutzrecht entsprechender Schutz der Wohnbevölkerung sichergestellt werden.

Das Kriterium 1.3a (weiche Tabuzone)

"Dort, wo in einem Abstand bis 1.000 m um alle Flächen aus Kriterium 1 Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer bis zu den stehenden bzw. genehmigten Windenergieanlagen (mindestens 850 m) um alle Flächen aus Kriterium 1.1 verbunden mit einer Höhenbeschränkung der Windenergieanlagen-Gesamthöhe auf 200 m zwischen 850 und 1.000 m"

sei fehlerhaft, weil eine Abwägung unterblieben sei. Die angesprochenen Siedlungsabstände könnten die Höhenbeschränkungen nicht rechtfertigen. Das Argument der optisch bedrängenden Wirkung greife nicht ein, da diese Wirkung nur bei Abständen von etwa der zwei- bis dreifachen Gesamthöhe zum Tragen kommen würde.

Das Kriterium 1.5 (Einzelfallbelang)

"Abstand von 300 m um alle Gewerbe- und Industriegebiete"

sei fehlerhaft, weil solche Gebiete nicht schutzbedürftig seien.

Das Kriterium 1.6 (harte Tabuzone)

"Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit Wohnnutzung oder Nutzung für Verwaltung, Bildung, Forschung, Kultur ..."

sei rechtswidrig, weil der Ausschluss gleichermaßen für alle aufgezählten Nutzungsarten gelte.

Das Kriterium 1.7 (harte Tabuzone)

"Puffer von 400 m um alle Flächen aus Kriterium 1.6"

sei zu unbestimmt, da eine Abgrenzung zu dem Kriterium 1.9 (Splittersiedlungen und Einzelhäuser) nicht möglich sei, und die Beigeladene zudem keine Differenzierung nach der Schutzwürdigkeit der jeweiligen Fläche vorgenommen habe.

Das Kriterium 1.8 (weiche Tabuzone)

"Puffer zwischen 400 und 600 um alle Flächen aus Kriterium 1.6"

sei fehlerhaft, da es der Beigeladenen nicht gelinge, die Abstände zwingend zu rechtfertigen. Zudem stufe sie die unterschiedliche Nutzungen nicht nach deren Schutzwürdigkeit ein.

Das Kriterium 1.9 (weiche Tabuzone)

"Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit gemischter Nutzung, Gewerbe- und Industrienutzung"

sei fehlerhaft, da sich die "weichen" Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit gemischter Nutzung nicht von den "harten" Splittersiedlungen und Einzelhäusern im Außenbereich mit Nutzungen für Verwaltung, Bildung, Forschung, religiöse Einrichtung, Kultur, Gesundheit, Kur, Soziales, Sicherheit und Ordnung (Kriterium 1.6) unterscheiden ließen.

Das Kriterium 1.12 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 600 m um Freizeitanlagen, Zooanlagen, Golfplätze, Freizeitparks, Freilichtmuseen und -theater, Schwimm- und Freibäder, Wochenend- und Ferienhausgebiete"

sei rechtswidrig, da die Beigeladene wiederum nicht zwischen den unterschiedlichen Nutzungsarten unterschieden habe.

Das Kriterium 1.19 (weiche Tabuzone)

"Vorgesehene Flächen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauNVO aus aktuellen rechtskräftigen Flächennutzungsplänen"

sei ebenfalls fehlerhaft. Damit werde eine Windenergieanlagennutzung durch Ausweisungen von Bauflächen in Flächennutzungsplänen verhindert. Erst ein Bebauungsplan setze verbindlich die Bodenordnung fest.

Für die Kriterien 1.20, 1.20a und 1.21 (jeweils weiche Tabuzone)

- "Dort, wo in einem Abstand bis 1.000 m um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1) keine Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer von 1.000 m um Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1)"

- "Dort, wo in einem Abstand bis zu 1.000 m um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1) Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer bis zu den bestehenden bzw. genehmigten Windenergieanlagen (mindestens jedoch 850 m) um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1), verbunden mit einer Höhenbeschränkung der Windenergieanlagen-Gesamthöhe auf 200 m zwischen 850 und 1.000 m" und

- "Puffer von 300 m um Flächennutzungsplan-Flächen mit niedrigem Schutzanspruch (vgl. Nr. 1.4)"

gelte das vorstehend Gesagte entsprechend.

Das Kriterium 2.1 (harte Tabuzone)

"Vorhandene Naturschutzgebiete"

sei ebenso fehlerhaft. Das BVerwG (Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287-303, juris, Rn. 19-22) sowie vor allem das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 14. März 2019 - 2 D 71/17.NE - juris, Rn. 126-129 und vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE - juris, Rn. 138-156) hätten entschieden, dass einem Vorhaben ein Bauverbot dann nicht entgegenstehe, wenn hiervon nach § 67 BNatSchG befreit werde. Die Beigeladene hätte für jedes Naturschutzgebiet die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde einholen müssen, inwieweit die Windenergienutzung rechtlich den Schutzzwecken der jeweiligen Gebietsverordnung tatsächlich entgegenstehe. Es treffe nicht zu, dass WEAs generell nicht mit Naturschutzgebieten vereinbar seien

Das Kriterium 2.3 (harte Tabuzone)

"Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale",

das Kriterium 2.5 (harte Tabuzonen)

"Landschaftsschutzgebiete (Gesamtfläche - Wald und Offenland)

- Hainspitzer See,

- Der Hausberg,

- Zaufensgraben,

- Trießnitz,

- Oberaue,

- Unteraue",

die Kriterien 2.6 bzw. 2.7 (harte bzw. weiche Tabuzonen)

"Wald bzw. Offenland in den Landschaftsschutzgebieten

- Mittleres Saaletal,

- Geraer Stadtwald,

- Zeitzgrund,

- Rotehofbachtal,

- Kemnatenberg und Spitalsberg,

- Rinne - Rottenbachtal,

- Hermannstal,

- Zechsteinriffe in der Orlasenke,

- Döbritzer Höhlen,

- Drommberg,

- Weidatalsperre,

- Plothener Teichgebiet,

- Steinicht

- Kulm

- Gleitsch

- Obere Saale,

- Burgruine Reichenfels

- Wälder um Greiz und Werdau,

- Hainbergsee Meuselwitz,

- Sprottetal

- Kohrener Land,

- Thüringer Wald,

- Saaletal in den Fluren Göschwitz bis Kahla",

das Kriterium 2.8 (weiche Tabuzone)

"Landschaftsschutzgebiet Thüringer Schiefergebirge" und

das Kriterium 2.11b (harte Tabuzone)

"Nationale Naturmonumente (Grünes Band Thüringen)"

seien jeweils rechtswidrig, da die Beigeladene durchgehend die Prüfung unterlassen habe, ob das Verbot, Windenergieanlagen in diesen Gebieten zu errichten, nicht im Wege gesetzlicher Ausnahmen und Befreiungen aufgehoben werden könne.

Das Kriterium 3.22 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 5 km um den Wetterradarstandort des Deutschen Wetterdienstes"

sei ebenfalls fehlerhaft. Die Behauptung der Beigeladenen, dass es aufgrund von Abschattungen und Fehlechos durch WEAs innerhalb dieses Bereiches zu einem substantiellen Datenverlust kommen könne, treffe nicht zu. Es gebe keine generellen Abstandsempfehlungen für derartige Anlagen. Es komme auf den jeweiligen Einzelfall an.

Das Kriterium 3.25 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 10 km um das Geodynamische Observatorium Moxa"

sei genauso fehlerhaft. Die Frage der Störung einer seismologischen Messstation durch WEAs sei wiederum eine Frage des Einzelfalls. Pauschale oder schematische Mindestabstände von WEAs zu solchen Stationen seien nicht sachlich zu rechtfertigen.

Das Kriterium 4.2 (harte Tabuzone)

"Wasserschutzgebiete Schutzzonen I und II sowie Heilquellen Schutzzonen I und II"

sei hinsichtlich des Ausschlusses der Wasserschutzzone II fehlerhaft. Die Beigeladene habe es unterlassen zu prüfen, ob die Errichtung von WEAs im Wege einer Befreiung vom Bauverbot auf der Grundlage von § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zulässig wäre.

Die Klägerin legt weiter im Einzelnen dar, dass der Plan 2020 deshalb rechtswidrig sei, weil die Beigeladene auf Grund von Fehlern in der Abwägung mehrere Potenzialflächen für die Windenergienutzung ausgeschlossen habe. Zumindest gelte das für die 115 ha große Potenzialfläche 16.4 (Teilflächen der Gemeinden Dreitzsch, Miesitz, Rosendorf, Triptis) und die 327 ha große Potenzialfläche 19.3 (Teilflächen der Gemeinden Gefell, Hirschberg, Saalburg-Ebersdorf, Tanna).

Darüber hinaus ist die Klägerin der Auffassung, dass der Plan 2020 durch das am 31. Dezember 2020 in Kraft getretene gesetzliche Verbot, Waldflächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen, nachträglich funktionslos geworden sei. § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG bewirke, dass Festsetzungen des Plans 2020 auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen seien. Die Änderung des Thüringer Waldgesetzes habe nach der Einschätzung des Vereins Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk e.V. zur Folge, dass 40 Prozent der im Plan 2020 ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsflächen für Windenergie entfallen würden.

Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass dem Vorhaben keine artenschutzrechtlichen Belange entgegenstehen würden. Sie macht insoweit geltend, dass ihr Vorhaben nicht gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) verstoßen würde. Ihr Vorhaben halte die erforderlichen Mindestabstände ein.

Soweit der Beklagte ihren Antrag damit abgelehnt habe, dass sich im Jahr 2016 ein Rotmilan-Horst in einem Abstand von 535 m zum geplanten Anlagenstandort befunden habe, für den für das Jahr 2014 ein Brutnachweis geführt worden sei, so habe sich im Jahr 2020 die Situation wesentlich geändert. Von ihr in Auftrag gegebene Untersuchungen seien zu dem Ergebnis gekommen, dass innerhalb eines Mindestabstandes von 1.250 m zum geplanten Standort keine Fortpflanzungsstätten von Rotmilanen mehr liegen würden.

Hinsichtlich der Art Mäusebussard seien artenschutzrechtliche Konflikte ebenfalls ausgeschlossen, da der nach dem Avifaunistischen Fachbeitrag vorgeschriebene Sicherheitsabstand von 1.000 Meter eingehalten sei und im Umkreis von 3.000 m um den Anlagenstandort nicht mindestens elf Brutplätze des Mäusebussards anzutreffen seien.

Die in ihrem Auftrag im April 2021 von der Erfurter Firma G... ... __ erstellte "Beurteilung des artenschutzrechtlichen Konfliktpotentials der beantragten WEA AU 07 für WEA-sensible Vogelarten auf Grundlage aktueller Daten" (G

-Beurteilung), die sich auf die Ergebnisse langjähriger Ermittlungen der sachkundigen Fa. K... aus W... _ gestützt habe, habe nochmals alle in Betracht kommenden WEA-sensiblen Vogelarten im Abstand von 1.500 m um den Vorhabenort untersucht und bewertet. Hieraus werde deutlich, dass die geplante WEA außerhalb der Mindestabstände erfasster Brutplätze geschützter Arten wie etwa Rotmilan und Graureiher liegen würde. Zwar existiere ein 2018 und 2019 erfasster Schwarzmilan-Brutplatz innerhalb des Mindestabstandes von 1.000 m. Nach der G... -Beurteilung seien jedoch keine artenschutzrechtlichen Konflikte zu befürchten. Die erfolgte "Habitatpotentialanalyse Schwarzmilan" habe erbracht, dass sich die Nahrungsflächen der Schwarzmilane in entgegengesetzter Richtung des geplanten WEA-Standortes befinden würden. Diese Habitatpotentialanalyse sei plausibel und vollständig. Um Konflikte durch eine erhöhte Überflugwahrscheinlichkeit des Schwarzmilans während der Ernte- und Mahdzeit sowie zur Paarungs- und Jungenaufzuchtzeit auszuschließen, könnten Vermeidungsmaßnahmen (Abschaltzeiten) ergriffen werden.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verpflichten, die von ihr beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Windenergieanlage Typ Vestas V 117 am Standort Gemarkung Gütterlitz, Flur 2, Flurstück a unter Aufhebung des am 1. März 2016 ergangenen Ablehnungsbescheides (Az.: AII/66.1-La/106.11/V-18/15/G) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2020 (Az. 5070-61-8701/38-2-59205/2020) zu erteilen,

2. hilfsweise: unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 1. März 2016 und des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom 28. August 2020 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die am 29. Mai 2015 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Vestas V117-3,3 mW am Standort Gemeinde Gütterlitz, Flur 2, Flurstück a mit der Auflage zu erteilen, dass die Anlage vom 1. März bis 15. September eines jeden Jahres zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang abgeschaltet wird,

3. höchsthilfsweise: unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 1. März 2016 und des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom 28. August 2020 den Beklagten zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 29. Mai 2015 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zu Betrieb der vorbezeichneten Windenergieanlage am vorbezeichneten Standort unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass das Vorhaben der Klägerin planungsrechtlich unzulässig sei, da es den Zielen der Raumordnung widerspreche. Der Plan 2020 sei wirksam und nach seiner Genehmigung in Kraft getreten. Die WEA AU 07 solle nicht in einem der 22 Windvorranggebiete errichtet werden.

Über diese sprächen nach wie vor artenschutzrechtliche Gründe gegen das Vorhaben, welche die Klägerin nicht ausgeräumt habe: In der Umgebung des Vorhabenstandortes hätte es in den letzten Jahren bereits verschiedene Erfassungen der WEA-sensiblen Vogelarten gegeben. Allerdings habe die Klägerin das vom Avifaunistischen Fachbeitrag empfohlene Prüfungsprogramm für die WEA AU 07 nicht vollständig und nachvollziehbar abgearbeitet. Die G... -Beurteilung bilde aus folgenden Gründen das artenschutzfachliche Gesamtbild des Standortes nicht ab:

Erstens: Es würden Angaben zur windkraftsensiblen Art Mäusebussard fehlen, obwohl es zufolge einer aktuellen LINFOS-Abfrage entsprechende Brutnachweise aus den Jahren 2017 bis 2019 gebe. Der Avifaunistische Fachbeitrag empfehle neben der Einhaltung des Mindestabstandes zwischen Brutplätzen und WEAs von 1.000 m auch die Siedlungsdichte zu berücksichtigen. Sobald der empfohlene Mindestabstand zu einem Brutvorkommen unterschritten werde und die Siedlungsdichte im Umkreis von 3.000 m um eine Einzelanlage elf Horste betrage, könnten artenschutzrechtliche Konflikte nicht ausgeschlossen werden.

Zweitens: Die Klägerin habe nur eine bis 2020 reichende Betrachtung vorgelegt. Sie habe offenbar im Jahr 2021 die Horste nicht kontrollieren lassen. Eine entsprechende Dokumentation fehle. Gegenwärtig sei eine Kontrolle der Horste wegen der Belaubung der Bäume nicht möglich.

Drittens: Der G...-Beurteilung lasse sich nicht entnehmen, ob diese die vom Avifaunistischen Fachbeitrag vorgegebenen Betrachtungsräume um WEAs beachtet habe.

Viertens: Für den Schwarzmilan habe die Klägerin nur reine "C-Nachweise" (sicheres Brüten) vorgelegt, obwohl es zufolge einer aktuellen LINFOS-Abfrage auch andere Nachweise gebe. Die Aussage der G... -Beurteilung (Habitatpotentialanalyse), wonach es zu keinen deutlich erhöhten Konflikten von Schwarzmilanen mit der geplanten WEA AU 07 kommen werde, weil die Nahrungsflächen in entgegengesetzter Richtung zur WEA liegen würden, sei nicht hinreichend sicher. Die Klägerin hätte eine weitergehende Einzelfallprüfung im Umkreis von 4 km um den Brutplatz herum durchführen müssen. Es fehle eine nachvollziehbare Einschätzung, weshalb die unmittelbar nördlich der WEA AU 07 gelegenen potentiellen Nahrungsflächen (Teichkette der Orlaquelle bzw. Speicher Triptis) für den Schwarzmilan nicht anziehend sein sollen, obwohl diese deutlich näher am Brutplatz liegen würden als anderweitig dargestellte Nahrungsflächen, nämlich im Aumatal im Bereich der Wolcheteiche und angrenzend an die Kiefernwaldgebiete nördlich der Orlasenke.

Schließlich sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin es unterlassen habe, für die weiteren WEA-sensiblen Vogelarten Rotmilan, Mäusebussard und Baumfalke Habitatpotentialanalysen beizubringen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie verteidigt die Entscheidung des Beklagten. Dem Vorhaben stünden Belange der Raumordnung entgegen, nämlich der Plan 2020. Das Vorhaben befinde sich außerhalb eines der im Plan 2020 festgelegten Vorranggebiete Windenergie. Der Standort des Vorhabens liege innerhalb der nach dem Kriterium 1.3 (vorhandene Siedlungsflächen innerhalb der in Zusammenhang bebauten Ortsteile - Puffer 1.000 m) weichen Tabuzone, und zwar in Bezug auf die Ortslagen Gütterlitz und Triptis. Darüber hinaus liege er im Pufferbereich von 600 m um "Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit Wohnbaunutzung ...".

Die Beigeladene erachtet den Plan 2020 für formell rechtmäßig. Die beiden Bekanntmachungen (vom 16. März 2016 und vom 16. Januar 2019) über die öffentlichen Auslegungen des 1. und des 2. Planentwurfs seien ordnungsgemäß gewesen. Sie habe auch ohne Verstoß gegen die Öffentlichkeit der Sitzung über den Plan 2020 entschieden. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl sei auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Satz 3, § 4 der Thüringer SARS_CoV-2 Thüringer Infektionsschutz-Grundverordnung vom 9. Juni 2020 (GVBl. S. 269, ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO - Verordnung -) ausgesprochen worden. Der gewählte Raum sei ausreichend groß gewesen, da er dem typischerweise zu erwartenden Interesse an der Sitzung entsprochen habe.

Die Beigeladene hält den Plan 2020 auch materiell für rechtmäßig.

Der Plan 2020 verstoße nicht gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG. Die Vorschrift enthalte keine verbindlichen Vorgaben für die Gegenwart, sondern beinhalte lediglich einen Zielwert im Sinne eines Programmsatzes, welcher im Jahre 2040 erreicht werden solle. Ihr Plan 2020 habe einen mittelfristigen Planungshorizont, der zwar über das Jahr 2020 hinausgehe, aber nicht bis in das Jahr 2040 hineinreiche. Nach der Begründung zur Einzelmaßnahme S-02 der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie des Freistaats Thüringen von Oktober 2019 (S. 49 ff.) würden die Ergebnisse der Regionalisierung des Ein-Prozent-Ziels in die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms einfließen. Die Regionalen Planungsgemeinschaften hätten anschließend gemäß § 5 Abs. 6 ThürLPlG Zeit, den an die neuen Ziele des Landesentwicklungsprogramms angepassten Regionalplan zur Genehmigung vorzulegen.

Die Beigeladene weist darauf hin, dass aus der von der Fa. d... ... ... im Jahr 2015 vorgelegten Studie "Ermittlung von Präferenzräumen für die Windenergienutzung in Thüringen" mitnichten folge, dass 1,29 Prozent der Regionsfläche als Vorranggebiet zur Verfügung gestellt werden könnte. Die Hauptstudie (S. 12 f.) habe für Ostthüringen 30 Präferenzräume mit einer Gesamtfläche von 2.040 ha ermittelt, davon sieben in Waldgebieten, und einem Wind-ertragspotenzial von 1.643 GWh pro Jahr. Das habe einem Flächenanteil von 0,44 Prozent der Planungsregion entsprochen. In der Ergänzungsstudie der Fa. d... ... ... werde darauf hingewiesen (S. 16, Punkt 4.1), dass diese die zusätzliche Untersuchung von Naturparks, EU-Vogelschutzgebieten, Biosphärenreservaten und Waldflächen zum Gegenstand habe, die im Hauptgutachten als "naturnahe Wälder" eingestuft worden seien. In der Ergänzungsstudie werde betont, dass die Öffnung dieser Gebiete dem jeweiligen Verordnungsgeber obliege. Die Ergänzungsstudie sei als theoretische Betrachtung des Potenzials für eine Windkraftnutzung und nicht als eine fachliche Empfehlung zu verstehen.

Die Beigeladene führt weiter aus, dass der Plan 2020 im Einklang mit § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG in Verbindung mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der Windenergie substanziell Raum gebe. Der Plan 2020 beruhe auf einem rechtmäßigen gesamträumlichen Planungskonzept, das fehlerfrei Planungskriterien einschließe. Sie macht dazu im Wesentlichen geltend:

Es stehe mit einem schlüssigen räumlichen Gesamtkonzept im Einklang, dass sie für die einzelnen Windvorranggebiete eine Mindestflächengröße von 25 ha und einen Mindestabstand von 5 km zwischen den Vorranggebieten verlange. Derartige Konzentrationszonen und Abstände seien generell rechtmäßig. Das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 6. Februar 2018 - 8 C 11.527/17 - juris, Rn. 85) habe das Mindestflächenkriterium von 50 ha zur Sicherung der Konzentrationswirkung nicht beanstandet. Das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 1. Juli 2013 - 2 D 46/12.NE, ZNER 2013, 443) habe den Ausschluss von Flächen mit einer Größe unter 30 ha grundsätzlich gebilligt.

Das Kriterium 1.1 (vgl. oben S. 10 des Urteils) sei rechtmäßig. Es sei vor allem bestimmt genug. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG seien Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren und vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen und zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen. Die Klägerin rüge der Sache nach nicht, dass die im Plan 2020 genannten zwei Ziele der Raumordnung, nämlich Z 3-3 (Ausweisung der Vorranggebiete Windenergie) und Z 3-4 (Ausweisung der Vorranggebiete Windenergie für WEAs mit Gesamthöhe bis 200 m), zu unbestimmt seien, sondern wende sich gegen die Begründung der Dokumentation der Schlüssigkeit des Abwägungsvorganges bei der Ausweisung von Konzentrationszonen. Aus der Begründung des Kriteriums 1.1 und ggf. unter Zuhilfenahme der Planunterlagen seien die vom Kriterium erfassten Flächen zu erkennen.

Das Kriterium 1.2 (vgl. oben S. 10 des Urteils) sei ebenfalls rechtmäßig. Dazu könne vor allem auf das allgemein anerkannte Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9. August 2006 (Az. 8 A 3726/05) verwiesen werden, wonach bei einem Abstand bis zur zweifachen Anlagenhöhe in der Regel eine unzulässige, optisch bedrängende Wirkung vorliege. Sie habe Anlagen mit einer Gesamthöhe von 200 m zugrunde gelegt und diese Anlagenhöhe verdoppelt. Der Vorwurf der Klägerin, sie, die Beigeladene habe das Digitale Landschaftsmodell aus dem Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem (Basis-DLM aus ATKIS) fehlerhaft angewendet, treffe nicht zu. Gemäß § 7 Abs. 2 ROG seien bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung seien. Daraus folge, dass ihr eine Typisierungsbefugnis zustehe, wie sie das Instrument einsetze. Dazu habe das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 20. Mai 2014 - 4 B 56.13 - juris, Rn. 8) entschieden, dass das Abwägungsmaterial nicht so kleinteilig zusammengestellt werden brauche, wie das für die nachgeordneten Planungsebenen der Fall zu sein habe. Sie habe zur Bestimmung der Abstände die Daten des Basis-DLM aus ATKIS entnommen und ausreichend dokumentiert.

Das Kriterium 1.3 (vgl. oben S. 10 des Urteils) sei ebenfalls rechtmäßig. Es sei hinreichend bestimmt, schlüssig, erforderlich und abwägungsfehlerfrei, wobei ihr, der Beigeladenen, ein Beurteilungsspielraum zukomme. Nach der Begründung dieses Tabukriteriums gehe es vor allem darum, dass mit dem 1.000 Meter-Abstand vorsorgend ein hohes Umweltschutzniveau für die Bevölkerung gesichert werden solle.

Das Kriterium 1.3a (vgl. oben S. 10 des Urteils) sei ebenfalls rechtmäßig. Die vorstehenden Siedlungsabstände seien Ausdruck ihres Abstandskonzepts, das auf einem angemessenen Interessenausgleich beruhen würde. Dort, wo bereits WEAs stehen würden, genehmigt worden oder von den kommunalen Bauleitplanungen vorgesehen seien, habe sie das Interesse der Anlagenbetreiber an der Installation höherer und damit leistungsstärkerer WEAs ("Repowering") und den Aspekt der Vorbelastung dieser Gebiete beachtet. In diesen Fällen sei es möglich, den "Vorsorgepuffer" zu verkleinern, ohne allerdings den bisherigen Abstand zwischen Siedlung und WEA zu verringern. Ihr stehe die Kompetenz zu, eine Höhenbeschränkung auf 200 m festzulegen. Nach der Begründung des Kriteriums 1.3a gehe es um ein hohes Umweltschutzniveau und um den vorsorgenden Schutz der Bevölkerung vor Schall, Schatten und vor der "scheinbaren Höhe" von WEAs bei längerer Betrachtung sowie um den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes.

Der Einzelfallbelang 1.5 (vgl. oben S. 10 f. des Urteils) sei gleichfalls rechtmäßig. Es gehe bei diesem Punkt nicht um einen Abstand von 300 m in jedem Fall, sondern ausweislich der Begründung zu Nr. 1.5 des Kriterienkatalogs um eine Einzelfallprüfung.

Das Kriterium 1.6 (vgl. oben S. 11 des Urteils) sei rechtmäßig. Es treffe nicht zu, dass sich die unter 1.6 genannten Flächen nicht von den unter dem Kriterium 1.9 genannten Flächen unterscheiden ließen. Dazu müsse nur die kartographische Darstellung aus der Anlage 2 herangezogen werden. Bei dem Kriterium 1.6 würden die ATKIS-Objektarten "Wohnbaufläche" sowie "Flächen besonderer funktionaler Prägung" verwendet werden. Dagegen betreffe das Tabukriterium 1.9 "Flächen gemischter Nutzung" sowie "Gewerbe- und Industrieflächen". Dass die "Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit gemischter Nutzung, Gewerbe- und Industrienutzung nur als weiches Tabukriterium 1.9 geschützt seien, rechtfertige sich aus der nicht so hohen Schutzbedürftigkeit heraus.

Das Kriterium 1.7 (vgl. oben S. 11 des Urteils) sei ebenso rechtmäßig. Dazu könne in Bezug auf die Bestimmtheit des Kriteriums auf das zum vorstehenden Punkt Gesagte verwiesen werden. Der statuierte Abstand beruhe auf der heute üblichen Gesamthöhe von WEAs von 200 m und den Vorgaben vor allem der Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen und des Niedersächsischen OVG. Sie habe auch hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der Nutzungen im Außenbereich hinreichend differenziert.

Das Kriterium 1.8 (vgl. oben S. 11 des Urteils) sei rechtmäßig. Nach der Planbegründung diene der Abstand der Vorsorge.

Das Kriterium 1.9 (vgl. oben S. 11 des Urteils) sei ebenfalls rechtmäßig. Zu der von der Klägerin behaupteten fehlenden Unterscheidbarkeit zum Tabukriterium 1.6 werde auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Das Kriterium 1.12 (vgl. oben S. 11 des Urteils) sei rechtmäßig. Sie habe diesen Schutzpuffer im Rahmen der ihr zustehenden Typisierungsbefugnis rechtmäßig auswählen dürfen. Soweit die Klägerin kritisiere, dass beispielsweise Freizeitanlagen lärmintensiv seien und nicht mit Splittersiedlungen und Einzelhäusern im Außenbereich verglichen werden könnten, so nehme sie nicht in den Blick, dass es darum gehe, die optisch bedrängende Wirkung der WEAs auszuschließen.

Die Kriterien 1.19, 1.20, 1.20a und 1.21 (vgl. oben S. 11 f. des Urteils) seien ebenfalls rechtmäßig. Ihr Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit halte sich im Rahmen des ihr eingeräumten Planungsermessens. Aus der Begründung der Tabukriterien ergebe sich, dass zwar nach § 1 Abs. 4 BauGB die Flächennutzungspläne den Zielen der Raumordnung anzupassen seien. Die Einordnung der Regelungen in Flächennutzungsplänen als weiche Tabuzonen sei aber erfolgt, damit die Windenergienutzung den Entwicklungsvorstellungen der Städte und Gemeinden (kommunale Planungshoheit, Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes - GG -) nicht entgegenstehe. Aus diesem Grund sei auch der Puffer gewählt worden. Es gehe im Rahmen der Abwägung nach § 7 Abs. 2 ROG darum, die kommunale Bauleitplanung und die Regionalplanung miteinander zum Ausgleich zu bringen.

Das Kriterium 2.1 (vgl. oben S. 12 des Urteils) sei gleichfalls rechtmäßig. Nach dem Niedersächsischen OVG (Urteil vom 7. Februar 2020 - 12 KN 75/18 - juris Rn 95) spreche "Überwiegendes" dafür, Naturschutzgebiete als harte Tabuzonen einzustufen. In diesen Gebieten bestehe ein absolutes Veränderungsverbot (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Die Genehmigung der Errichtung von Windenergieanlagen sei eine "allenfalls theoretisch denkbare" Ausnahme. Auch das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 6. Februar 2018 - 8 C 11.527/17.OVG - juris Rn. 78) habe diesen Standpunkt eingenommen. Diese Rechtsprechung entspreche der Begründung, die sie, die Beigeladene, dem Tabukriterium 2.1 mitgegeben habe. Sie habe sich mit der jeweiligen Naturschutzgebiet-Rechtsverordnung und dem jeweiligen Schutzzweck des Naturschutzgebietes auseinandergesetzt. Soweit die Klägerin moniere, dass die Prüfung unterblieben sei, ob eine Befreiung nach § 67 BNatSchG in Betracht komme, so überspanne sie die an ein hartes Tabukriterium zu stellenden Anforderungen. Ihr als Plangeberin stehe nicht nur eine regionalplanerische, sondern auch eine naturschutzfachliche Typisierungsbefugnis zu, was auf § 7 Abs. 2 ROG beruhe. Dabei sei auch zu bedenken, dass gegen die Einbeziehung von Ausnahmegenehmigungen nach § 67 BImSchG in die Regionalplanung spreche, dass auf dieser Ebene und in diesem Stadium Fragen wie der Anlagentyp und der konkrete Standort nicht feststehen würden. Referenzanlagenmodelle würden sich nicht dazu eignen, eine Befreiungsprüfung nach § 67 BNatschG zu simulieren.

Auch die Kriterien 2.3, 2.5, 2.6, 2.7, 2.8 und 2.11b (vgl. oben S. 12 f. des Urteils) seien rechtmäßig. In der Begründung dieser Kriterien werde zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach den jeweiligen Gebietsausweisungen in den geschützten Gebieten ausdrücklich verboten sei, Windparks und Windkraftanlagen zu errichten oder bestehende Windparks oder Windkraftanlagen zu erweitern. Ausnahmen und Befreiungen vor allem nach § 67 BNatSchG von diesen Verboten habe sie im Rahmen des Regionalplanverfahrens nicht zu prüfen gehabt.

Das Kriterium 3.22 (vgl. oben S. 13 des Urteils) sei rechtmäßig. In diesem Zusammenhang sei es ihre Aufgabe, die der Windenergie gegenläufigen Interessen zu sichten, zu bewerten und sodann zu gewichten. Aus der Begründung zu dem Kriterium 3.22 ergebe sich, dass der Deutsche Wetterdienst auf der Grundlage der Internationalen Richtlinien der World Meterological Organization fordere, den Umkreis von 5 km der Wetterradarstandorte von Windenergieanlagen freizuhalten, da es innerhalb dieses Bereichs zu einem substantiellen Datenverlust aufgrund von Abschattungen und Fehlechos kommen könne. Sie habe mit dem Kriterium 3.22 eine Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs. 2 ROG getroffen.

Das Kriterium 3.25 (vgl. oben S. 13 des Urteils) sei rechtmäßig. Ausweislich der Planbegründung sei sie sich bewusst gewesen, dass die Funktionsfähigkeit der Erdbebenmessstation ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei, der der Genehmigung von WEAs entgegenstehen könne. Es sei zu befürchten, dass durch die von WEAs induzierten langperiodischen Signale in der Umgebung des Observatoriums zusätzliche Bodenunruhen verursacht würden, was mit dem Risiko eines Qualitätsverlusts verbunden sei. Der Thüringer Windenergieerlass sowie vergleichbare Erlasse anderer Bundesländer würden eine Schutzzone von 10 km um derartige Observatorien empfehlen. Sie habe mit dem Kriterium 3.25 eine Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs. 2 ROG getroffen.

Das Kriterium 4.2 (vgl. oben S. 13 des Urteils) sei ebenfalls rechtmäßig. Sie habe erkannt, dass in Ostthüringen alle Trinkwasserschutzgebiete mit Ausnahme der Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes für die Talsperre Leibis/Lichte auf der Basis des DDR-Rechts bereits ausgewiesen worden seien und sodann gemäß § 130 Abs. 2 bzw. § 131 Abs. 1 des Thüringer Wassergesetzes (ThürWG) in Verbindung mit § 106 Abs. 1 und 2 WHG als Schutzgebiete im Sinne des § 51 Abs. 1 WHG bzw. § 53 WHG übergeleitet worden seien. In der Begründung zum Tabukriterium 4.2 habe sie ausgeführt, dass in allen Trinkwasserschutzgebieten innerhalb der Zonen I und II vor allem eine Neubebauung verboten sei. Sie habe von der ihr zustehenden Typisierungsbefugnis Gebrauch gemacht. Sie sei nicht verpflichtet gewesen zu prüfen, ob an diesen Standorten möglicherweise Befreiungen von den Verboten der Schutzgebietsverordnung in Betracht kämen, da diese Befreiungsprüfungen sehr komplex seien, was im Rahmen einer Regionalplanung nicht zu leisten sei.

Die Beigeladene macht weiter geltend, rechtmäßig Potentialflächen als Windvorrangflächen ausgeschlossen zu haben. Das gelte vor allem für die beiden Potenzialflächen 16.4 und 19.3 (vgl. oben S. 13 f. des Urteils) sowie die 633 ha große Potentialfläche 20.3 (Teilflächen der Gemeinden Eichenberg, Reinstädt, Uhlstädt-Kirchhasel). Sie habe bei ihrer Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG den Ausschluss nicht allein damit begründet, dass Windenergieanlagen die dortigen Räume prägen würden. Vielmehr habe sie den Ausschluss in Bezug auf die Potentialfläche 16.4 auch auf Belange des Landschaftsbildes, des Naturschutzes (Vogelschutzkorridor Meuselwitz-Ronneburg-Gera-Neustadt-Saalfeld-Königsee, Wasservögel, vor allem Kraniche) und des Schutzes des Kulturerbes (Leuchtenburg) gestützt. Das seien nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 Satz 3 und Nr. 6 ROG sowie § 1 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 8 ThürLPlG gesetzmäßige Planungsgesichtspunkte, die den gesetzlichen Leitvorstellungen entsprechen würden. Hinsichtlich der Potentialfläche 19.3 habe sie das Abwägungsergebnis ebenso mit Belangen des Kulturerbeschutzes und ferner mit der topographischen Situation begründet. In Bezug auf die Potentialfläche 20.3 gehe es auch um naturschutzrechtliche Belange, nämlich vor allem die angrenzenden FFH-Gebiete "Reinstädter Berge - Langer Grund" und "Muschelkalkhänge um Teiche und Großkochberg" sowie das EG-Vogelschutzgebiet "Muschelkalkhänge der westlichen Saaleplatte" sowie die in der Prüffläche selbst vorhandenen schützenswerten Räume (Lage im geplanten Naturschutzgebiet, große zusammenhängende Laubwaldbestände) und avifaunistischen Gründe (Lage im Dichtezentrum für den Uhu).

Die Beigeladene ist der Meinung, dass der Plan 2020 der Windenergie substanziell Raum verschaffe. Nach dem Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 29. März 2010 - 4 BN 65/09 - juris, Rn. 5) existiere keine gesetzlich vorgegebene Methode, ob und inwieweit der Windenergienutzung substanziell Raum verschafft worden sei. Dafür gebe es auch keine festen Prozentwerte. Maßgeblich komme es auf die konkreten Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum an und wie sich der Plangeber mit diesen Verhältnissen auseinander gesetzt habe. Die Frage, wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verlaufe, lasse sich nicht abstrakt bestimmen, sondern erst nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum. Das Bundesverwaltungsgericht habe in dem Urteil vom 11. April 2013 (Az. 4 CN 2/12) die Ausweisung von 0,26 Prozent der Regionsfläche und das Sächsische OVG habe in dem Urteil von 7. April 2005 (Az. 1 D 2/03) die Ausweisung von 0,25 Prozent der Regionsfläche für rechtmäßig erachtet, um der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen. Das ThürOVG habe in dem Beschluss vom 5. August 2020 (Az. 1 EO 320/20) festgestellt, dass ein offensichtlicher Verstoß gegen das Gebot der substanziellen Raumverschaffung durch den 2. Planentwurf nicht vorliegen würde. In diesem Zusammenhang würden nach dem Oberverwaltungsgericht weder die Annäherung an das Ein-Prozent-Ziel des Thüringer Klimagesetzes noch der Thüringer Windenergieerlass eine Rolle spielen. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG den thüringischen Landesentwicklungsplan 2025 überlagere. Die Vorschrift enthalte auch keinen einfachen Abwägungsbelang. Darüber hinaus ergebe sich aus der Planbegründung (S. 11), dass im Jahr 2020 2.346 GWh Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt worden seien. Damit werde der im Landesentwicklungsplan 2025, der für Ostthüringen eine Zielstellung von 1.600 GWh/a Strom aus erneuerbaren Energien vorgebe, deutlich überschritten.

Die Beigeladene ist weiter der Auffassung, dass der Plan 2020 nicht durch das am 31. Dezember 2020 in Kraft getretene gesetzliche Verbot, Waldflächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020), nachträglich funktionslos geworden sei. Der Plan 2020 habe in der Sache selbst weder zum Teil noch zur Gänze seine Funktion durch § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 verloren. Solange der Plan 2020 einen sinnvollen Beitrag zur Steuerung der Windenergie leiste, übe er seine Steuerungsfunktion weiter aus. Das sei der Fall. § 67 Satz 1 ThürWaldG 2020, wonach die Landesregierung dem Landtag bis zum 31. Dezember 2023 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung (Bewertung) über einen notwendigen Anpassungs- und Änderungsbedarf von § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 vorlegt, lasse es gerade zu, dass das Errichtungsverbot für WEAs im Wald wieder aufgehoben werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (3 Aktenordner bzw. 1 Aktenheftung), die Prozessakten (5 Bände) und die Gerichtsakten der Verfahren 5 E 1744/19 Ge und 5 K 1471/19 Ge Bezug genommen. Zudem wird auf die auf der Internetseite der Beigeladenen veröffentlichten Unterlagen vor allem zu dem Plan 2020 verwiesen. Das Gericht hat diese Unterlagen elektronisch gespeichert (Ordner 19-5 E-01528 CD und Ordner 20-5 K-00978). Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Klage hat ganz überwiegend Erfolg.

Die Verpflichtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 Alt. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ist zulässig und im Wesentlichen begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 1. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (Landesamt) vom 28. August 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Zwar hat sie gegenwärtig keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wie sie es mit den Klageanträgen zu 1 und 2 (Hauptantrag, Hilfsantrag) begehrt. Die Klägerin beansprucht aber zu Recht mit dem Klageantrag zu 3 (weiterer Hilfsantrag), dass der Beklagte über ihren Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der WEA AU 07 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Nach der vorstehenden Vorschrift spricht das Gericht, soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist und die Sache nicht spruchreif ist, die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Die WEA AU 07 ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 BImSchG in Verbindung mit § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 1.6.2 der der Anlage 1 der Vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) genehmigungspflichtig.

Danach bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, einer Genehmigung. Ferner kann durch Rechtsverordnung vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird. Das ist bei der WEA AU 07 der Fall, da es um eine Anlage zur Nutzung der Windenergie mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m und um weniger als 20 WEAs geht.

Der Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG zu erteilen, wenn vor allem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten eingehalten werden (kein Hervorrufen schädlicher Umwelteinwirkungen, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

Diese Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

Verbindliche Ziele der Raumordnung (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB) hindern die Erteilung der Genehmigung nicht (siehe nachfolgend unter A.). Auch das Artenschutzrecht (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) schließt das Vorhaben nicht aus (siehe nachfolgend unter B.). Da es sich um ein so genanntes "steckengebliebenes" Genehmigungsverfahren handelt, bei dem der für die Genehmigungserteilung entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht in jeder Hinsicht geklärt ist und auch vom Gericht nicht aufgeklärt werden muss, darf nur eine Neubescheidung erfolgen (siehe nachfolgend unter C.).

Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Verpflichtungsklage der Klägerin auf Erlass des von ihr begehrten begünstigenden Verwaltungsakts ist die Sach- und Rechtslage am Tag der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, mithin am 24. Juni 2021, maßgeblich, denn das zur Anwendung kommende Fachrecht regelt nichts Abweichendes (vgl. nur: OVG-Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 2 L 171/09 - zitiert nach juris, Rn. 49; BayVGH, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 22 ZB 14.1079, 22 ZB 14.1080 - zitiert nach juris, Rn. 42; VG Gera, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 5 K 1574/12 Ge - S. 15 des Urteilsabdrucks).

A. Dem Vorhaben WEA AU 07 stehen keine Belange der Raumordnung entgegen.

Der Plan 2020 bildet kein rechtliches Hindernis für das Vorhaben der Klägerin. Er ist zwar nicht funktionslos geworden (siehe nachfolgend unter I.). Er ist auch formell rechtmäßig ergangen (siehe nachfolgend unter II.). Der Plan 2020 weist aber materielle Fehler auf und darf deshalb in diesem Verfahren nicht angewendet werden (siehe nachfolgend unter III.).

Das Verwaltungsgericht ist befugt und verpflichtet, den Plan 2020 auf dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen. Unberührt von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 des Thüringer Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO), wonach das Thüringer Oberverwaltungsgericht (allgemein verbindlich) über die Gültigkeit von "anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften" entscheidet (Normenkontrolle) - hierzu zählen auch Regionale Raumordnungspläne (vgl. ThürOVG, Urteil vom 27. Mai 2015 - 1 N 318/12 - juris, Rn. 56) -, hat das Verwaltungsgericht von Amts wegen im Einzelfall streitentscheidende Rechtssätze, die im Rang unter dem Landesgesetz stehen, auf die Einhaltung höherrangigen Rechts zu kontrollieren. Die Reichweite der Entscheidung einer solchen "inzidenten" Feststellung der Unwirksamkeit einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift ist im Gegensatz zur Normenkontrolle auf das konkrete Rechtsverhältnis und die Beteiligten beschränkt (vgl. v. Albedyll, in: Bader/Fubke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 7. Aufl. 2018, § 47 Rn. 5 mit weiteren Nachweisen), also hier auf die drei Beteiligten des Klageverfahrens und den Streitgegenstand "Genehmigung des Vorhabens WEA AU 07".

I. Das kurze Zeit nach Inkrafttreten des Plans 2020 ergangene landesgesetzliche Verbot, Windenergieanlagen in Wäldern zu errichten (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 2020, GVBl. S. 665 - ThürWG 2020), hat diesen nicht funktionslos gemacht.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 ist eine Änderung der Nutzungsart (des Waldes) zur Errichtung von Windenergieanlagen unzulässig. Das vorgenannte Verbot darf für die Klage nicht deshalb ausgeblendet werden, weil es erst zu einer Zeit ergangen ist, als die Beigeladene dem Plan 2020 bereits beschlossen hatte.

Es kommt für die Prüfung des rechtmäßigen Ergehens des Plans 2020 gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986 in der Fassung des Gesetzes vom 31. August 2015, BGBl. I S. 1474 - ROG a.F. -) auf den Zeitpunkt seiner Beschlussfassung, mithin auf den 26. Juni 2020, an. Dass dabei für die Prüfung das Raumordnungsgesetz und das Thüringer Landesplanungsgesetz jeweils in der alten Fassung (a.F.) einschlägig ist, folgt aus § 27 Abs. 1 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2694 - ROG). Danach müssen Verfahren zur Aufstellung von Raumordnungsplänen nach § 13 ROG, die vor dem 29. November 2017 förmlich eingeleitet wurden, nach dem bis zum 28. November 2017 geltenden Raumordnungsgesetzen von Bund und Ländern abgeschlossen werden. Raumordnungspläne sind gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 und § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG auch Raumordnungspläne für die Teilräume der Länder (Regionalpläne). Die Beigeladene hatte die Aufstellung des "Plans 2020" vor dem 29. November 2017, nämlich im März 2015, förmlich eingeleitet (vgl. oben S. 4 des Urteils).

Allerdings ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verpflichtungsbegehrens grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zur Zeit der mündlichen Verhandlung maßgeblich. Am Verhandlungstag am 24. Juni 2021 war § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWG 2024) bereits einige Monate in Kraft. Die Vorschrift muss bei der Klage deshalb beachtet werden und kann den Plan 2020 nachträglich unwirksam gemacht haben. § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 bewirkt als über dem Plan 2020 stehende Rechtsnorm, dass die mit dem angeordneten gesetzlichen Verbot kollidierenden Ausweisungen von Windvorranggebieten unwirksam oder unbeachtlich sind. Soweit bestehende Regionalpläne Waldflächen als Windvorranggebiete ausweisen, dürfen diese wegen des Verbots künftig nicht mehr mit WEAs bebaut werden, zumal das Thüringer Waldgesetz auch keine Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Verbot vorsieht.

Allerdings löst § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 nicht die Rechtsfolge aus, dass der Plan 2020 seit dem 31. Dezember 2020 (Inkrafttreten des ThürWG 2020) zur Gänze entfallen ist, weil er funktionslos geworden ist und deshalb dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegenstehen kann.

Ein Bebauungsplan kann unwirksam sein - und gleiches gilt für einen Regionalplan - wenn unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es ausschließen, dass der Plan wirksam wird. Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen. Bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit des Plans reichen allerdings für die Annahme eines unüberwindlichen Hindernisses nicht aus. Ein Bebauungsplan - ebenso ein Regionalplan - tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn offenkundig ist, dass er als Instrument für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung - bzw. hier der regionalen Windenergienutzung - nicht mehr tauglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207-219, juris Rn. 34).

Ein solches umfassendes unüberwindliches Hindernis steht dem Plan 2020 nicht entgegen.

Zwar bewirkt § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020, dass die WEA-Vorrangflächen des Plans 2020, die sich in Waldgebieten befinden, als Konzentrationsgebiete für WEAs ausfallen. Nach dem - nicht bestrittenen - klägerischen Vortrag sind hiervon 40 Prozent der Windvorrangflächen des Plans 2020 betroffen. Allerdings behält der Plan 2020 hinsichtlich der weiteren 60 Prozent der Windvorrangflächen seine Steuerungswirkung bei. Ein gänzlicher Steuerungsverlust des Plans 2020 wird durch § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 nicht bewirkt.

II. Der Plan 2020 ist formell rechtmäßig.

1. Die Beigeladene hat die Öffentlichkeit (und auch die Träger öffentlicher Belange) bei der Aufstellung des Plans 2020 ordnungsgemäß beteiligt.

Die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beteiligung der Öffentlichkeit normiert § 10 Abs. 1 ROG a.F., der folgendes Verfahren vorschreibt:

"1Die Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen sind vor der Aufstellung des Raumordnungsplanes zu unterrichten; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Raumordnungsplans und seiner Begründung zu geben. ... 3Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher bekannt zu machen; dabei ist unter Angabe einer Frist, die zumindest der Auslegungsfrist entspricht, darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen abgegeben werden können. 4Wird der Planentwurf nach Durchführung der Verfahren nach den Sätzen 1 bis 3 geändert, kann die Einholung einer Stellungnahme auf die von der Änderung betroffenen Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen beschränkt werden, wenn durch die Änderung des Planentwurfs die Grundzüge der Planung nicht berührt werden."

Ferner enthält § 3 des Thüringer Landesplanungsgesetzes vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 450 - ThürLPlG a.F. -) für die ordnungsgemäße Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Aufstellung von Regionalplänen folgende Regelungen:

"(1) Hinsichtlich der Beteiligung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen gilt § 10 ROG unter Berücksichtigung der in den Absätzen 2 bis 5 genannten Maßgaben.

(2) 1Die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Raumordnungsplans einschließlich der Begründung ... und weiterer, nach Einschätzung der für die Aufstellung des Raumordnungsplans zuständigen Stelle zweckdienlicher Unterlagen erfolgt ... für den Regionalplan bei den zur jeweiligen Regionalen Planungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gebietskörperschaften abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 2 ROG für die Dauer von zwei Monaten. 2Zusätzlich kann die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Raumordnungsplans auf den Internetseiten der für die Aufstellung des Plans zuständigen Stelle erfolgen. ...4In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen während einer Frist, die zumindest der Auslegungsfrist entspricht, abgegeben werden können und dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan unberücksichtigt bleiben können. ...

(3) 1Die Regelungen des Absatzes 2 gelten auch für die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen und die im Planungsbeirat vertretenen Institutionen mit der Maßgabe, dass ihnen der Entwurf des Raumordnungsplans und die Begründung ... zur Verfügung zu stellen sind. ...

(4) 1Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Absatz 2 und der Behördenbeteiligung nach Absatz 3 können ergänzend elektronische Informationstechnologien genutzt werden. ..."

Die vom 16. März 2016 bzw. vom 16. Januar 2019 datierenden öffentlichen Bekanntmachungen der öffentlichen Auslegungen des 1. Planentwurfs vom 16. März 2016 und des 2. Planentwurfs vom 30. November 2018 (vgl. dazu oben S. 4 des Urteils) sind rechtmäßig. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, die Bekanntmachungen der Planentwürfe wiesen nicht die vom Gesetz vorausgesetzte "Hinweis- und Anstoßfunktion" auf, so geht dieser Einwand fehl. Mit Blick auf die von § 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Aufstellung von Bauleitplänen (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 17. September 2008 - 4 BN 22/08 -, juris Rn. 4 f.) Folgendes ausgeführt:

"Die Bekanntmachung muss danach in einer Weise geschehen, die geeignet ist, dem an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Abgabe einer Stellungnahme bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen (Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 22.80 - BVerwGE 69, 344 <345>). Sie soll interessierte Bürger dazu ermuntern, sich am Ort der Auslegung des Planentwurfs zu den angegebenen Zeiten über die gemeindlichen Planungsabsichten zu informieren und gegebenenfalls mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen. Ihre Aufgabe ist es nicht, über den Inhalt der angelaufenen Planung selbst so detailliert Auskunft zu geben, dass die Einsichtnahme in die Planunterlagen am Ort der Auslegung entbehrlich wird.

...

Der Senat fordert, dass die Bekanntmachung erkennen lassen muss, welches Planungsvorhaben die Gemeinde betreiben will (Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 22.80 - a. a. O. <346>). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - NVwZ 2003, 733; <insoweit in BVerwGE 117, 287 nicht abgedruckt>). Ein Flächennutzungsplan, der Darstellungen mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthalten soll, entfaltet durch die Festlegung von Konzentrationszonen für Anlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB regelmäßig Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet, es sei denn, die Gemeinde macht von der Ermächtigung in § 5 Abs. 2b BauGB Gebrauch, einen sachlichen Teilflächennutzungsplan aufzustellen. Erfasst die in Aussicht genommene Kombination von Konzentrations- und Ausschlusszonen das gesamte Gemeindegebiet, erfüllt die Bekanntmachung jedenfalls dann ihre Anstoßfunktion, wenn sie - wie vorliegend - kenntlich macht, dass die Grenzen des Geltungsbereichs des in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplans mit den Gemeindegrenzen übereinstimmen sollen. Dass und an welcher Stelle Konzentrationszonen dargestellt werden sollen, muss aus der Bekanntmachung nicht hervorgehen. Wer sich Kenntnis davon verschaffen will, ob der Flächennutzungsplan Darstellungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthält, dessen Aufmerksamkeit wird durch den Hinweis auf Ort und Dauer der Auslegung auf die Planunterlagen gelenkt, die insoweit nähere Auskunft geben. Die Bekanntmachung muss eine solche Detailinformation nicht vorwegnehmen."

Überträgt man diese für die Bekanntmachung von Bauleitplänen geltenden Grundsätze auf die Bekanntmachung von Entwürfen von Raumordnungsplänen - die Bekanntmachungssituation ist vergleichbar, da weder § 10 Abs. 1 ROG a.F. noch §§ 3 Abs. 1 bis 4 ThürLPlG a.F. weitergehende Anforderungen enthalten -, so kommt es auf Folgendes an (vgl. bereits VG Gera, Beschluss vom 28. April 2020 - Az. 5 E 1744/19 Ge -, S. 17 f. des Beschlussabdrucks): Erstens muss in der Bekanntmachung des Regionalplanentwurfs das Plangebiet zumindest durch gebräuchliche geografische oder verwaltungsorganisatorische Bezeichnungen benannt werden. Zweitens muss die Öffentlichkeit anhand der Bezeichnung erkennen können, dass sie über einen Planentwurf unterrichtet werden soll und aufgefordert wird, Einwände geltend zu machen und Anregungen zu geben (vgl. Spannowsky/Runkel/Goppel/Runkel, ROG, Kommentar, 2. Aufl. 2018, § 9 Rn. 38). Drittens soll die Bekanntmachung auf die Planungsabsichten des Plangebers mehr als nur grob hinweisen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2018 - OVG 2 A2.16 -, juris Rn. 48).

Die Bekanntmachungen vom 16. März 2016 und vom 16. Januar 2019 erfüllen diese Voraussetzungen.

Ihnen lassen sich sowohl der sachliche als auch der räumliche Umfang der Planungsabsichten der Beigeladenen entnehmen: Die Bekanntmachungen zählen die begrifflichen Festlegungen der in den Planentwürfen behandelten Themen auf (vgl. oben S. 5 des Beschlusses). Aus der Bezeichnung "Regionalplan Ostthüringen" ergibt sich für interessierte Personen der räumliche Geltungsbereich des Planentwurfs aufgrund der bereits 1991 auf der Basis des Thüringer Landesplanungsgesetzes vom 17. Juli 1991 (GVBl. S. 210) erfolgten und unverändert gültigen Einteilung Thüringens in die vier Planungsregionen. Weiter wird aus der Bekanntmachung auch hinreichend deutlich, dass es darum geht, Windenergieanlagen in bestimmten Teilen Ostthüringens zu konzentrieren und dort andere Nutzungen auszuschließen. Der Begriff "Vorranggebiet Windenergie" ist schlagwortartig geeignet, den durchschnittlichen Bekanntmachungsadressaten über den Rechtscharakter der betreffenden Gebiete zu unterrichten, nämlich Windenergieanlagen für bestimmte Bereiche des Regionsgebietes zur bevorrechtigen und ihnen diese Bereiche zur ausschließlichen raumbedeutsamen Nutzung zu überlassen. Die Beigeladene musste in der Bekanntmachung nicht zwingend zusätzlich oder ausschließlich den Begriff "Eignungsgebiete" (vgl. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 ROG a.F.) verwenden. Zwar ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass die Begriffe "Vorranggebiete" und "Eignungsgebiete" eine unterschiedliche rechtliche Tragweite haben. "Vorranggebiete" bezeichnen gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG a.F. Gebiete, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind. Demgegenüber sind "Eignungsgebiete" - weitergehend - Gebiete, in denen bestimmte raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Allerdings sind für den maßgeblichen durchschnittlichen Regionsbürger mit dem Begriff der "Eignungsgebiete" keine weiterreichenden Erkenntnisse als mit dem Begriff der "Vorranggebiete" verbunden. Eher das Gegenteil ist der Fall. Der Begriff "Vorranggebiete" hat eine Signalwirkung der Gestalt, dass der interessierte Bürger dazu aufgerufen wird, durch den in der Bekanntmachung enthaltenen Hinweis auf die ausgelegten Unterlagen Aufschluss über die genaue Gestalt und die Wirkungen der Planentwürfe zu gewinnen. Schließlich wird in den Bekanntmachungen auch angesprochen, dass es um eine Öffentlichkeitsbeteiligung geht.

In Bezug auf die weiteren von der Klägerin gegen die ordnungsgemäße Öffentlichkeitsbeteiligung erhobenen Einwände verweist die Kammer auf den zutreffenden Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. August 2020 (Az. 1 EO 320/20 - NuR 2021, 334-340, juris), den sich die Kammer anschließt. In diesem heißt es (vgl. juris, Rn. 27-29):

"...Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht weiter zu Recht angenommen, dass die Bekanntmachung mit dem darin enthaltenen Hinweis auf die geplante Ausweisung von Vorranggebieten Windenergie auch in sachlicher Hinsicht den Umfang der Planungsabsichten der Beigeladenen zu 2 hinreichend deutlich erkennen lässt und damit die erforderliche Anstoßfunktion erfüllt. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das in seinem bereits erwähnten Beschluss vom 17.09.2008 (a. a. O.; vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 und juris, hier insb. Rdn. 14 f.) für den Fall einer Flächennutzungsplanung ausgeführt hat:

"Dass und an welcher Stelle Konzentrationszonen dargestellt werden sollen, muss aus der Bekanntmachung nicht hervorgehen. Wer sich Kenntnis davon verschaffen will, ob der Flächennutzungsplan Darstellungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthält, dessen Aufmerksamkeit wird durch den Hinweis auf Ort und Dauer der Auslegung auf die Planunterlagen gelenkt, die insoweit nähere Auskunft geben. Die Bekanntmachung muss eine solche Detailinformation nicht vorwegnehmen."

Soweit in der von der Antragstellerin zitierten instanzgerichtlichen Rechtsprechung für die Flächennutzungsplanung strengere Anforderungen an die Offenlegungsbekanntmachung gestellt werden und gefordert wird, dass darin auch die mit der geplanten Ausweisung der Vorranggebiete verbundene Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verdeutlicht werden müsse (so etwa OVG NRW, Urteil vom 06.12.2017 - 7 D 100/15.NE - BauR 2018, 468 und juris, hier insb. Rdn. 47 und dem folgend VG Minden, Urteil vom 26.04.2018 - 11 K 874/17 - juris, insb .Rdn. 61), folgt der Senat dem jedenfalls für den vorliegenden Fall der Änderung eines Regionalplans nicht. Die erforderliche "Anstoßfunktion", die interessierte Bürger dazu ermuntern soll, sich an den in der Bekanntmachung im Einzelnen aufgeführten Orten der Auslegung zu den angegebenen Zeiten über die mit der Planung verfolgten Absichten zu informieren und ggf. dazu Stellung zu nehmen (so für die gemeindliche Planung das BVerwG in seinem Beschluss vom 17.11.2008, a. a. O. Rdn. 14) wird schon durch die schlagwortartige Kennzeichnung der mit der Planung verfolgten Absichten, wie sie hier mit dem Hinweis auf die geplante Ausweisung der Vorranggebiete Windenergie erfolgt ist, gewährleistet (vgl. in diesem Sinne auch das bereits erwähnte Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 05.07.2018 - OVG 2 A 2.16 - juris Rdn. 48, das eine grobe Charakterisierung des vorgesehenen Inhalts der Planung durch Nennung entsprechende Oberbegriffe für ausreichend hält). Hierdurch wird die interessierte Öffentlichkeit hinreichend veranlasst, sich durch Einsichtnahme in die ausgelegten Planungsunterlagen über Einzelheiten der mit der Ausweisung von Vorranggebieten Windenergie verfolgten Planungsabsichten zu informieren und ggf. dazu zu äußern. Entsprechendes gilt auch für die in der angefochtenen Entscheidung nicht angesprochene Bekanntmachung über die vorgezogene öffentliche Auslegung des Entwurfs vom 16.03.2016."

2. Die Planungsversammlung der Beigeladenen vom 26. Juni 2020 hat den Plan 2020 ordnungsgemäß beschlossen und dabei insbesondere den Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzung gewahrt (§ 15 Abs. 6 Satz 1 ThürLPlG a.F. in Verbindung mit §§ 112, 40 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung - ThürKO -).

Danach ist ergänzend zu den Bestimmungen des Thüringer Landesplanungsgesetzes auf die Regionalen Planungsgemeinschaften unter anderem § 112 Abs. 1 ThürKO entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift verweist vor allem auf § 40 Abs. 1 Satz 1 ThürKO. Danach sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder das berechtigte Interesse einzelner entgegenstehen.

Diese Regelungen sind nicht verletzt.

Die Beigeladene macht zutreffend geltend, dass die Sitzung der Planungsversammlung "öffentlich" ist, wenn die Möglichkeit des freien Zutritts für jedermann zum Sitzungsraum im Rahmen der verfügbaren Plätze besteht. Das ist am 26. Juni 2020 der Fall gewesen. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl war auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Satz 3, § 4 der Thüringer SARS-CoV-2-Verordnung ausgesprochen worden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung war insbesondere ein Mindestabstand nach § 1 Abs. 1 der Verordnung von 1,5 m einzuhalten gewesen. Auch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmen-Fortentwicklungsverordnung vom 12. Mai 2020 ist ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten. Der gewählte Raum, in dem für die Öffentlichkeit 20 Sitzplätze zur Verfügung standen, ist ausreichend groß gewesen, da er dem nach den Erfahrungen der Beigeladenen typischerweise zu erwartenden Interesse an der Sitzung der Planungsversammlung entsprochen hat. Die Klägerin hat weder im Einzelnen dargelegt, noch gibt es sonst für das Gericht Hinweise darauf, dass die von der Beigeladenen gewählte Raumgröße nicht ausreichte, um der interessierten Öffentlichkeit die Teilnahme an der Sitzung der Planungsversammlung vom 26. Juni 2020 zu ermöglichen.

3. Der Plan 2020 ist auch im Übrigen formell ordnungsgemäß ergangen.

Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Umwelt hat den Plan 2020 durch Bescheid vom 23. November 2020 gemäß § 5 Abs. 3 ThürLPlG a.F. genehmigt.

Die Beigeladene hat den Plan 2020 auch in gesetzmäßiger Weise bekanntgemacht. § 11 Abs. 1 ROG a.F. regelt dazu, dass in dem Fall, in dem der Raumordnungsplan nicht als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet wird, er oder seine Genehmigung oder der Beschluss über ihn öffentlich bekannt zu machen ist; mit der Bekanntmachung wird der Raumordnungsplan wirksam. Ferner bestimmt § 5 Abs. 7 Satz 1 ThürLPlG a.F., dass die Erteilung der Genehmigung des Regionalplans durch den Träger der Regionalplanung im Thüringer Staatsanzeiger öffentlich bekannt zu machen ist. Gemäß § 5 Abs. 7 Satz 2 ThürLPlG a.F. ist bei der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan bei den zur Regionalen Planungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gebietskörperschaften eingesehen werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben (vgl. oben Seite 5 des Urteils).

III. Der Plan 2020 ist allerdings materiell rechtswidrig.

Die Konzentrationsflächenplanung für die Windenergie verstößt gegen das Abwägungsgebot des § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F. Der Plan 2020 weist Mängel im Abwägungsvorgang auf. Diese bewirken, dass die Ausweisung der Vorranggebiete für Windenergie und der damit verbundene Ausschluss von Windenergieanlagen an anderer Stelle im Planungsraum unwirksam sind.

Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F. sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen; bei der Festlegung von Zielen der Raumordnung ist abschließend abzuwägen.

Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ROG a.F. ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan maßgebend. Ferner bestimmt § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG a.F., dass Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Den von der Beigeladenen im Plan 2020 festgesetzten Vorranggebieten für Windenergie kommt die Wirkung von Eignungsgebieten im Sinn des § 8 Abs. 7 Nr. 3 ROG a.F. zu. Das sind solche Gebiete, in denen bestimmte raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind.

Sollen Vorranggebiete zugleich Eignungsgebiete sein, dann muss die Abwägungsentscheidung der Beigeladenen den rechtlichen Anforderungen an eine solche Planung im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entsprechen. Die Vorschrift bestimmt, dass öffentliche Belange einem Vorhaben im Außenbereich nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 - also auch Windenergievorhaben - in der Regel auch dann entgegenstehen, soweit hierfür als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Der Ausschluss von WEAs in Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Regionalplan sicherstellt, dass sich die betreffenden Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dementsprechend muss dem Plan ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots genügt. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Hierbei muss der Plangeber die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen.

Die Ausarbeitung eines Planungskonzepts erfolgt abschnittsweise:

Zunächst sind in einem ersten Arbeitsschritt diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern:

Der Begriff der harten Tabuzonen kennzeichnet die Bereiche, die für die Windenergienutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind. Ist in einem besonders geschützten Gebiet des Außenbereichs die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen generell verboten, sind aber im Wege einer Ausnahme oder einer Befreiung von diesem Verbot diese Anlagen zulässig ("Planung in eine Befreiungslage"), dann ist eine harte Tabuzone nicht gegeben (vgl. Gatz, Die planerische Steuerung der Windenergienutzung in der Regional- und Flächennutzungsplanung, DVBl. 2017, 461 [467]). Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Regionsgebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen gewichtigen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vorneherein" ausgeschlossen werden "soll". Die weichen Tabuzonen sind im Rahmen der Abwägung disponibel. Sie sind nicht von vornherein vorrangig.

Die Potentialflächen des Regionsgebiets, die nach dem Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen. Das bedeutet, dass die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, mit dem Anliegen abzuwägen sind, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

Kommt der Plangeber zu dem Ergebnis, dass er der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft, dann muss er die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 [560], juris Rn. 15 sowie Beschluss vom 15. September 2009 - 4 BN 25/09 - BauR 2010, 82-84, juris Rn. 8; ThürOVG, Urteil vom 27. Mai 2015 - 1 N 318/12 - juris, Rn. 68-73 unter Verweis auf BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 ff., juris Rn. 10 ff. und vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 - NVwZ 2013, 1017, juris Rn. 5).

Zwar hat die Beigeladene vom Ausgangspunkt die vorstehenden Anforderungen zutreffend erkannt (siehe nachfolgend unter 1.). Auch ergibt sich aus dem Thüringer Klimagesetz keine unmittelbar verpflichtende Flächenvorgabe für den Plan 2020 (siehe nachfolgend unter 2.). Der Abwägungsvorgang des Plans 2020 ist aber fehlerhaft (siehe nachfolgend unter 3.). Er enthält zum Teil fehlerhaft festgelegte Tabukriterien (siehe nachfolgend unter 3.1). Ferner hat die Beigeladene den Einzelfallbelang "substanzielle Windenergienutzung" nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt (siehe nachfolgend unter 3.2). Darüber hinaus hat die Beigeladene § 4 Abs. 2 ThürKlimaG nicht als in die Abwägung einzustellenden Belang berücksichtigt (siehe nachfolgend unter 3.3). Ihr sind bei einzelnen Prüfflächen Abwägungsfehler unterlaufen (siehe nachfolgend unten 3.4). Diese Fehler im Abwägungsvorgang wirken sich auf das Abwägungsergebnis mit der Folge aus, dass der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft wird (siehe nachfolgend unter 4.).

1. Methode der Windvorranggebietsermittlung

Die von der Beigeladenen angewandte Methode zur Ermittlung der Windvorrangflächen ist nicht zu beanstanden. Sie hat in der Begründung Z 3-3 des Plans 2020 unter dem Gliederungspunkt 1 die Rahmenbedingungen für die Ausweisung von Windenergiegebieten dargestellt. Unter Punkt 1.2 gibt sie die vorstehend aufgeführten Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung korrekt wieder. Die Beigeladene konkretisiert unter dem Gliederungspunkt 2 ihr methodisches Vorgehen bei der Ausweisung von Windvorranggebieten in Ostthüringen. Sie führt dazu unter Punkt 2.2 aus, die harten und weichen Tabuzonen anhand eines Kriterienkatalogs ermittelt und kartenmäßig niedergelegt zu haben (vgl. Anlagen 1 bzw. 2.1 bis 2.27 zur Begründung Z 3-3). Die Beigeladene führt weiter aus, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen verbliebenen Teilflächen "standort- und einzelfallbezogen" darauf geprüft zu haben, ob sie geeignete Windvorranggebiete sind (Punkte 2.3, 2.4). Diese müssten größer als 25 ha sein. Auf ihnen müssten mindestens drei WEAs Platz finden. Die Windvorranggebiete müssten überdies mindestens 5 km auseinander liegen (Punkt 2.7). Die Plangeberin will ferner keine Flächen als Windvorranggebiete ausweisen, die nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz 2017 nur verminderte Chancen auf Realisierung haben. Das sind in der Regel WEAs mit einer Gesamthöhe von weniger als 200 m (Punkt 2.5). Ferner möchte die Beigeladene zum Schutz der Regionsbewohner keine Windvorranggebiete ausweisen, die zu einer Einkreisung der Ortslagen von über 120° führen würden (Punkt 2.6). Windvorranggebieten im Wald seien auf maximal 20 WEAs je Standort zu begrenzen (Punkt 2.8).

2. Der Plan 2020 verstößt nicht gegen § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 des Thüringer Klimagesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBl. S. 816 - ThürKlimaG -).

Danach wird ein Prozent der gesamten Landesfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt und alle Landesbehörden tragen zum Klimaschutz bei.

a) Der Plan 2020 weist 0,40 Prozent der Regionsfläche als Windvorrangfläche aus. Die Beigeladene weist zutreffend darauf hin, dass sich aus den vorstehenden Vorschriften für sie keine unmittelbare rechtliche Bindung ergibt, ein Prozent ihrer Regionsflächen als Windvorranggebiete auszuweisen. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in dem bereits angesprochenen Beschluss vom 5. August 2020 (Az. 1 EO 320/20 - juris Rn. 31-35) Folgendes ausgeführt:

"Für materiell fehlerhaft hält die Antragstellerin den Planentwurf zunächst schon deshalb, weil er gegen die Vorgabe in § 4 Abs. 2 Satz 2 des Thüringer Klimagesetzes ... verstoße, für die Nutzung der Windenergie ein Prozent der gesamten Landesfläche zur Verfügung zu stellen. Die 22 Vorranggebiete Windenergie entsprächen nach den Angaben im Textteil des Entwurfs einem Anteil an der Planungsregionsfläche von 0,4 %, womit die Flächen für die Windenergienutzung gegenüber dem vorherigen Entwurf, der noch 0,88 % der Gesamtfläche hierfür vorgesehen habe, mehr als halbiert worden sei. Mit dieser nochmaligen erheblichen Verringerung der Flächenausweisungen entferne sich der Planentwurf immer weiter von den Zielen des Thüringer Klimaschutzgesetzes. Das Verwaltungsgericht stelle zwar zutreffend fest, dass die Landesplanungsgemeinschaften als Teil der öffentlichen Verwaltung an § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG gebunden seien, nehme aber zu Unrecht an, dass es sich bei der Ein-Prozent-Vorgabe lediglich um einen Zielwert für die Zukunft handele und deshalb kein Verstoß des Regionalplanentwurfs gegen höherrangiges Recht vorliege. Wenn es nach der vom Verwaltungsgericht für seine Auffassung angeführten Regelung des § 4 Abs. 1 ThürKlimaG das Ziel sei, den Energiebedarf in Thüringen ab 2040 bilanziell durch einen Mix aus erneuerbaren Energien aus eigenen Quellen decken zu können, liege es auf der Hand, dass für die Regionalen Planungsgemeinschaften nicht erst 2040 das Ziel-Jahr sein könne, in dem Flächen für die Windenergienutzung in den Regionalplänen ausgewiesen werden müssten. Vielmehr müsse bereits jetzt damit begonnen werden, entsprechende Flächen auf Regionalplanebene auszuweisen, um das Ziel der Landesregierung zu erreichen.

Dieses Vorbringen vermag die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG keine die Beigeladene bindende Vorgabe enthält, die sie bei der vorliegenden Planung zu beachten hatte, nicht in Frage zu stellen. Die Regelung enthält anknüpfend an die Aussage in Satz 1, dass die Landesregierung die Erschließung und Nutzung der Potentiale der erneuerbaren Energien unterstützt, lediglich die allgemeine Aussage, dass für die Nutzung der Windenergie dazu ein Prozent der Landesfläche bereitgestellt werden. Sie unterscheidet sich schon nach ihrem Wortlaut deutlich etwa von den Bestimmungen des Landesentwicklungsprogramms 2025, das unter den Punkten 5.2.11 bis 5.2.14 für den Ausbau erneuerbarer Energien ausdrücklich entsprechende "Vorgaben für die Träger der Regionalplanung" (so die Überschrift vor 5.2.11) enthält. § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG lässt dagegen völlig offen, von wem in welcher Form ein Prozent der Landesfläche für die Nutzung der Windenergie bereitgestellt werden soll. Angesichts fehlender konkreter Vorgaben, die die Erreichung dieses Ziels sicherstellen sollen, kann die Bestimmung nur als Programmsatz oder Angabe einer allgemeinen Orientierungsgröße verstanden werden, nicht aber als konkrete Vorgabe für die einzelnen Planungsträger. Bestätigt wird diese Annahme durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. So heißt es in der bereits von der Vorinstanz (Beschluss, S. 22 f.) zitierten Begründung des dem Thüringer Klimagesetz zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der Landesregierung (Landtagsdrucksache 6/4919, S. 27 f.):

""Aufgrund der Bedeutung der Windkraft und der flächenmäßigen Voraussetzungen, die von staatlicher Seite für ihre Nutzung geschaffen werden müssen, wird ein Zielwert für die Flächen, die für die Stromerzeugung aus Windkraft zur Verfügung stehen, in Höhe von einem Prozent als Sollgröße vorgegeben. Die Ausweisung von einem Prozent der Landesfläche für die Nutzung der Windenergie schafft der Windkraft den Raum, der für das Erreichen des in Absatz 1 genannten Ziels mindestens nötig ist.

Die Landesregierung wird im Rahmen des Prozesses der Erarbeitung der Integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie unter Beiziehung wissenschaftlichen Sachverstandes ergänzende Grundlagen für eine Regionalisierung des Gesamtziels auf die Planungsregionen erarbeiten und entsprechend der Festsetzung im Koalitionsvertrag den regionalen Planungsgemeinschaften eine Potentialanalyse an die Hand geben, die sie bei der Ausweisung von Vorranggebieten unterstützt.""

Der Hinweis darauf, dass es sich bei dem Wert um einen "Zielwert" bzw. eine "Sollgröße" handeln und die Grundlagen für eine "Regionalisierung des Gesamtziels" erst noch erarbeitet werden sollen, verdeutlicht, dass der Landesgesetzgeber mit der Regelung gerade (noch) keine verbindliche Vorgabe für die Regionalplanung schaffen, sondern den unterschiedlichen Verhältnissen in den einzelnen Planungsregionen durch die angesprochene "Regionalisierung des Gesamtziels" Rechnung tragen wollte. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Planungsverfahren in den einzelnen Planungsregionen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Thüringer Klimagesetzes Ende Dezember 2018 ohnehin bereits weit fortgeschritten waren und das Verfahren in der Planungsregion Mittelthüringen für den Bereich der Windenergie sogar schon abgeschlossen war; die Genehmigung des Sachlichen Teilplans "Windenergie" wurde hier am 24.12.2018 im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 52/2018 bekannt gemacht. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch eine strikte Vorgabe, mindestens ein Prozent der Fläche für die Windenergie zur Verfügung zu stellen, in die noch laufenden Planungsprozesse eingreifen wollte."

Die Kammer folgt diesen Ausführungen.

b) Soweit die Klägerin geltend macht, die in der Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG verwandten Begriffe "Zielwert" und "Sollgröße" würden für die "normative Wirkung" der Vorschrift stehen, so teilt die Kammer diese Auslegung nicht.

Die Klägerin setzt bloße Ziele oder Absichten des Gesetzgebers, die eine Vorschrift zum Ausdruck bringt, mit unmittelbaren Rechtsfolgen, die sich aus einer Rechtsnorm ergeben, gleich. Das überzeugt nicht. Rechtsnormen sind als Gebote und Verbote für den Normadressaten unmittelbar verbindlich. Hingegen werden als "Zielwert", "Sollgröße" oder "Programmsatz" solche gesetzlichen Bestimmungen qualifiziert, die keine unmittelbare Verbindlichkeit beanspruchen, sondern nur Absichten, Vorstellungen, Zielsetzungen oder Pläne des Gesetzgebers wiedergeben (vgl. nur Creifelds, Rechtshandwörterbuch, 9. Aufl. 2007, Stichwort: "Programmsatz"). So liegt es nach der Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG hier. Die Ein-Prozent-Vorgabe ist eine Richtgröße und keine verbindliche Regelung, welche eine sofortige Umsetzung verlangt.

c) Auch der Einwand der Klägerin, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG im Zusammenhang mit Art. 20a GG die Ein-Prozent-Vorgabe als rechtliches Gebot enthält, trifft nicht zu.

Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Die Vorschrift enthält eine verfassungsrechtliche Wertentscheidung zugunsten des Umweltschutzes. Sie wendet sich in erster Linie an den Gesetzgeber, aber auch an die vollziehende Gewalt und an die Rechtsprechung (vgl. Jarass, Grundgesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2016, Art. 20a Rn. 1, 18 f.). Art. 20a GG beinhaltet die konkretisierungsbedürftige Staatszielbestimmung Umweltschutz. Diese begreift sich als eine Art von "permanentem Konkretisierungsauftrag", der vor allem über die Gesetzgebung immer wieder anhand der wechselnden konkreten Situationen und Bedarfslagen in der gesellschaftlichen Realität zu aktualisieren ist (R. Scholz, in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, 94. Ergänzungslieferung, Januar 2021, Art. 20a Rn. 35).

Aus dieser Auslegung als vor allem durch das einfache Gesetzesrecht konkretisierungsbedürftige Verfassungsnorm ergibt sich, dass Art. 20a GG zwar den Auftrag auch an den thüringischen Gesetzgeber enthält, die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für einen wirksamen Umwelt- und Klimaschutz zu schaffen. Die Verfassungsnorm ist aber zu offen und unbestimmt, als dass ihr - auch in der Zusammenschau mit § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG - die rechtlich verbindliche Vorgabe entnommen werden könnte, eine bestimmte Fläche eines Bundeslandes oder einer Planungsregion für Windenergiezwecke sofort zur Verfügung zu stellen (in diesem Sinn: Sauthoff, Klimaschutz in der Raumordnung, ZUR 2021, 140 [145] unter Verweis auf ThürOVG, Beschluss vom 5. August 2020 - Az. 1 EO 320/20).

3. Der Abwägungsvorgang, der zum Plan 2020 geführt hat, ist fehlerhaft (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F.).

Nach der Vorschrift sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen die öffentlichen und die privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen.

Zunächst ist der Abwägungsvorgang insoweit rechtmäßig und es steht mit einem schlüssigen räumlichen Gesamtkonzept im Einklang, dass der Plan 2020 für die einzelnen Windvorranggebiete eine Mindestflächengröße von 25 ha und einen Mindestabstand von 5 km zwischen den Vorranggebieten verlangt. Dazu hat die Beigeladene zu Recht verschiedene obergerichtliche Entscheidungen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Februar 2018 - 8 C 11.527/17 - juris Rn. 85; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Juli 2013 - 2 D 46/12.NE - ZNER 2013, 443 und NdsOVG, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 KN 155/03 - NVwZ-RR 2005, 98-102, juris Rn 67) und gewichtige Literaturstimmen angeführt (vgl. nur Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 347), die ein vergleichbares Vorgehen gebilligt haben. Hierauf kann verwiesen werden.

3.1 Die im Kriterienkatalog des Plans 2020 als harte und weiche Tabukriterien gelistete Kriterien (vgl. die Anlage 1 zur Begründung Z 3-3) erfüllen aber nicht durchweg die dazu notwendigen Voraussetzungen.

Wie bereits angesprochen (vgl. oben S. 35 des Urteils), erfassen weiche Tabuzonen die Regionsteile, die nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen für die Errichtung "von vorneherein ausgeschlossen werden sollen".

Harte Tabuzonen kennzeichnen in der Regionalplanung die Gebietsteile, die für eine Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ("schlechthin") ungeeignet sind. In diesem Fall misst der Gesetzgeber der Verbotsregelung einen absoluten Vorrang zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287-304, juris Rn. 20). Zwar betrifft vorgenannte Entscheidung einem Flächennutzungsplan. Sie gilt aber gleichermaßen für den Bereich der Regionalplanung. Zwar ist die Raumordnung typischerweise auf eine großräumige Planung angelegt. Die Planaussagen sind daher abstrakter und genereller als diejenigen der Bauleitplanung. Allerdings müssen die Ziele der Raumordnung, die die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen sollen, sachlich, räumlich und inhaltlich so konkret sein wie ein Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Denn die landesplanerischen Ziele schlagen unmittelbar auf die einzelfallbezogene Vorhabenzulassung durch (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl. 2013, Rn. 726).

Will die Planungsbehörde insbesondere Landschaftsschutzgebiete als harte Tabuzonen ausweisen, dann müssen die Planer zwar nicht für jeden denkbaren Standort im Planungsraum ein kleinräumiges fiktives Genehmigungsverfahren durchspielen (Gatz, DVBl. 2017, 461 [467]). Die Planungsbehörde muss aber, will sie die an harte Tabuzonen zu stellenden strengen Anforderungen erfüllen, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der zuständigen Fachbehörden ermitteln, ob nicht insgesamt im Planungsgebiet innerhalb geschützter Gebiete Flächen vorhanden sind, die nicht besonders schutzwürdig sind und für die im Wege einer Befreiung (oder Ausnahme) Windenergieanlagen errichtet werden können (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 1 EO 589/17 - ThürVBl. 2019, 196-198, juris Rn. 17). Zu denken ist dabei an Randlagen eines Landschaftsschutzgebiets oder durch technische Nutzung vorbelastete Flächen. Verschafft sich die Planungsbehörde diese Klarheit nicht, dann liegt grundsätzlich keine harte Tabuzone vor. Der Planungsbehörde bleibt aber ggf. die Möglichkeit, das Gebiet als weiche Tabuzone zu behandeln. Dabei darf aber nicht einfach unterstellt werden, dass die Behörde solche Nutzungen im Außenbereich, sollten sie keine harten Tabuzonen darstellen, als weiche Tabuzonen aufrechterhalten will. Dazu müsste die Behörde den entsprechenden planerischen Wille aktenkundig machen. Eine solche Willensbekundung, das kann schon vorweggenommen werden, ist dem Plan 2020 nicht zu entnehmen.

Soweit den vorstehenden Grundsätzen entgegengehalten wird, dass eine bloße Befreiungsmöglichkeit nicht geeignet ist, der Windenergienutzung innerhalb eine Konzentrationszone den erforderlichen Vorrang zu verschaffen (vgl. Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Windenergieerlass vom 21. Juni 2016, ThürStAnz S. 162, Punkt 2.2.1.3), so ist dem entgegen zu halten, dass es hier nicht um die bloße Möglichkeit einer Befreiung, sondern um deren tatsächliches Vorliegen bzw. Nichtvorliegen geht.

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze gilt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kriterien des "Kriterienkatalogs zur Ausweisung der Vorranggebiete Windenergie" (vgl. die Anlage 1 zur Begründung Z 3-3) Folgendes:

a) Das Kriterium 1.1 (harte Tabuzone)

"vorhandene Siedlungsflächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sowie alle über Bebauungspläne definierten Baugebiete für Wohn- und Mischnutzung, Sondergebiete ... und Kurparks"

ist rechtmäßig

Der Einwand der Klägerin, das harte Tabukriterium sei zu unbestimmt, da unklar sei, ob auch die Gebietsarten "urbane Gebiete" und "Kerngebiete" (vgl. §§ 6a, 7 der Baunutzungsverordnung - BauNVO -) die Windenergienutzung ausschließen würden, trifft nicht zu.

Beides ist der Fall. Die Bereiche des Kriteriums 1.1 sind für WEAs schlechthin ungeeignet. Dieses Kriterium spricht "alle über Bebauungspläne definierte Baugebiete für Wohn- und Mischnutzung" an. Dazu gehören gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO auch urbane Gebiete. Nach der Vorschrift sind das Gebiete, die dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen dienen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. In urbanen Gebieten geht es um mindestens zwei wesentliche Nutzungsarten, von denen eine immer das Wohnen ist und die andere sich hiermit verträgt (vgl. Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 6a Rn. 9). Auch Kerngebiete sind Baugebiete für eine Wohn- und Mischnutzung. Gemäß § 7 Abs. 1 BauNVO dienen Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 6 und 7 BauNVO sind Wohnungen für die Gewerbebetriebsinhaber und Aufsichtspersonal sowie "sonstige Wohnungen" nach Maßgabe der Festsetzungen des Bebauungsplans zulässig. Kerngebiete betreffen vornehmlich das eigentliche Ortszentrum einer Gemeinde oder Stadt bzw. das Ortsteilzentrum (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 7 Rn. 1.12).

Ungeachtet des Vorstehenden weist die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass aus der Begründung des Tabukriteriums 1.1 und ggf. unter Zuhilfenahme der Planunterlagen (dort lila eingezeichnete Grenzen der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und der dort dunkelrot eingezeichnete bebauten Flächen) die von diesem Kriterium erfassten Flächen zu erkennen sind.

b) Das Kriterium 1.2 (harte Tabuzone)

"Puffer von 400 Metern um Siedlungsflächen und Baugebiete mit hohem Schutzanspruch sowie Kurparks"

ist ebenfalls rechtmäßig.

Der Abstandspuffer von 400 m ist zwingend, da das Planungskonzept der Beigeladenen auf die Errichtung von WEAs mit einer Gesamthöhe ab 200 m ausgerichtet ist und bei einem Abstand bis zur zweifachen Anlagenhöhe eine unzulässige, optisch bedrängende Wirkung der Anlagen gegeben ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 - DVBl. 2006, 1532-1535, juris Rn. 92).

Die Beigeladene war, anders als die Klägerin meint, nicht verpflichtet, zwischen unterschiedlichen Baugebietstypen je nach Schutzwürdigkeit zu unterscheiden und in Abhängigkeit davon abgestufte Abstände zwischen Siedlungs- und WEA-Vorranggebieten zuzulassen. Sie hat zu Recht angenommen, dass die in Rede stehenden Siedlungsflächen und Baugebiete mit hohem Schutzanspruch es schlechthin erfordern, dass der Abstandspuffer von 400 m eingehalten wird. Der Gebietscharakter ist durch die ausschließliche oder überwiegende Wohnnutzung oder durch eine andere Nutzungsart kombiniert mit der Wohnnutzung oder durch Erholungs- und Freizeitzwecke geprägt, was mit der Windenergienutzung nicht zu vereinbaren ist. Bei den harten Tabukriterien 1.1 und 1.2 kommt es damit weder auf die "gebotene Beachtung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten" an (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2/07 - NVwZ 2008, 559-560, juris, Rn. 16 [Flächennutzungsplan]), noch ist die aus der Bestimmung über die Aufstellung der Raumordnungspläne (§ 7 Abs. 2 Halbsatz 1 ROG a.F.) abgeleitete Befugnis des Plangebers von Bedeutung, typisierende Ausweisungen vornehmen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 4 BN 37.15 - ZfBR 2016, 376 [377], juris Rn. 9).

Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang weiter erhobene Rüge, die Beigeladene habe bei der Ermittlung des Abstandes um Siedlungsflächen das genutzte "Digitale Landschaftsmodell" aus dem "Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem" (Basis DLM aus ATKIS) fehlerhaft angewendet, weil das Modell nicht "parzellenscharf", sondern mit Siedlungsabständen von 500 m oder mehr arbeite, ist nicht erheblich. Die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Tabukriteriums 1.2 und die Handhabung des "Digitalen Landschaftsmodels" sind zwei unterschiedliche Tatbestände. Die Klägerin zeigt nicht substantiiert auf, dass die Anwendung des "Digitalen Landschaftsmodells" durch die Beigeladene zwingend zur Fehlerhaftigkeit des Plans 2020 geführt hat.

c) Das Kriterium 1.3 (weiche Tabuzone)

"Sicherheitsabstand von 1.000 Meter um alle Flächen aus Kriterium 1.1"

ist rechtmäßig.

Die Beigeladene weist zu Recht darauf hin, dass nach der Begründung dieses Tabukriteriums es vor allem darum geht, dass mit dem 1.000 Meter-Abstand im Vorfeld schädlicher Umwelteinwirkungen vorsorgend ein hohes Umweltschutzniveau für die Bevölkerung gesichert werden soll. Der gewählte Abstand ist durch das der Beigeladenen zustehende Planungsermessen gedeckt. Das BVerwG (Beschluss vom 10. Februar 2016 - 4 BN 37.15 - ZfBR 2016, 376-378, juris, Rn. 11) hat einen Regionalplan gebilligt, der aus Gründen des vorbeugenden Immissionsschutzes einen Abstand von 1.000 m von Windkraftanlagen zu Wohnsiedlungen vorgesehen hat.

d) Das Kriterium 1.3a (weiche Tabuzone)

"Dort, wo in einem Abstand bis 1.000 m um alle Flächen aus Kriterium 1 Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer bis zu den stehenden bzw. genehmigten Windenergieanlagen (mindestens 850 m) um alle Flächen aus Kriterium 1.1 verbunden mit einer Höhenbeschränkung der Windenergieanlagen-Gesamthöhe auf 200 m zwischen 850 und 1.000 m"

ist ebenfalls rechtmäßig.

Die Beigeladene hat zu diesem Kriterium unter Bezugnahme auf die Begründung des Plans 2020 (Anlage 1 zur Begründung zu Z 3-3, S. 3) ausgeführt, dass die vorstehenden Siedlungsabstände Ausdruck ihres auf einem angemessenen Interessenausgleich beruhenden Abstandkonzepts seien. Dort, wo bereits WEAs stehen würden, genehmigt worden oder von den kommunalen Bauleitplanungen vorgesehen seien, habe sie das Interesse der Anlagenbetreiber an der Installation höherer und damit leistungsstärkerer WEAs ("Repowering") und den Aspekt der Vorbelastung dieser Gebiete beachtet. In diesen Fällen sei es möglich, den "Vorsorgepuffer" zu verkleinern, ohne allerdings den bisherigen Abstand zwischen Siedlung und WEA zu verringern. Ihr stehe die Kompetenz zu, eine Höhenbeschränkung auf 200 m festzulegen (vgl. Nds.OVG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 12 KN 311/10 - DVBl. 2013, 446-449, juris Rn. 48). Dabei gehe es nicht nur um die von WEAs ausgehenden optisch bedrängenden Wirkungen, sondern um ein hohes Umweltschutzniveau, den vorsorgenden Schutz der Bevölkerung vor Schall, Schatten und vor der "scheinbaren Höhe" von WEAs bei längerer Betrachtung sowie um den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes.

Die vorstehenden Erwägungen sind eingängig und halten sich im Rahmen des der Beigeladenen gesetzlich eingeräumten Planungsermessens.

e) Das Kriterium 1.5 (Einzelfallbelang)

"Abstand von 300 m um alle Gewerbe- und Industriegebiete und Baugebiete mit niedrigem Schutzanspruch"

ist rechtmäßig.

Das Kriterium ist unbedenklich. Es hängt von der konkreten Situation des Einzelfalls ab, ob der Puffer von 300 m der Errichtung von WEAs entgegensteht oder nicht. Anders als von der Klägerin geltend gemacht, kann nicht ausnahmslos angenommen werden, dass WEAs unmittelbar verträglich an Gewerbe-, Industrie- oder Baugebiete mit niedrigem Schutzanspruch angeschlossen werden können oder Bestandteil dieser Gebiete werden. Die Beigeladene stellt mit dem Kriterium 1.5 heraus, dass die Entscheidung auf der nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsebene getroffen werden soll.

f) Das Kriterium 1.6 (harte Tabuzone)

"Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit Wohnnutzung oder Nutzung für Verwaltung, Bildung, Forschung, Kultur, religiöse Einrichtung, Kultur, Gesundheit/Kur, Soziales, Sicherheit und Ordnung"

ist ebenfalls rechtmäßig.

Die Ausweisung als harte Tabuzone ist zwingend geboten, da sich die Wohnnutzung sowie die auch nur gelegentliche Nutzung von Einrichtungen der unterschiedlichsten Art durch Menschen und die Existenz von WEAs in unmittelbarer Nachbarschaft dazu ausschließen.

g) Das Kriterium 1.7 (harte Tabuzone)

"Puffer von 400 m um alle Flächen aus Kriterium 1.6"

ist partiell rechtswidrig.

Die Klägerin weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Ausschluss für alle aufgezählte Nutzungsarten gelte, ohne dass aber belastbar angenommen werden könne, dass stets die WEA-Nutzung schlechthin ausgeschlossen sei. Soweit es um Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit Wohnnutzung geht, ist das Kriterium 1. 7 allerdings rechtmäßig. Insoweit verträgt sich diese Nutzung schlechterdings nicht mit dem Betrieb von Windenergieanlagen in diesen Bereichen. Soweit es allerdings um Einrichtungen geht, die nicht ständig oder häufig, sondern nur gelegentlich und dann nur vorübergehend von Menschen genutzt oder aufgesucht werden, so lässt sich nicht überzeugend begründen, warum Windenergieanlagen in diesen Bereich nicht errichtet und betrieben werden können. Zu denken ist etwa an im Außenbereich befindliche "unbemannte" Forschungseinrichtungen, eine Kapelle oder ein Feuerwehrausbildungszentrum, die zwar wiederkehrend, aber doch nur gelegentlich und vorübergehend von Menschen aufgesucht werden.

h) Das Kriterium 1.8 (weiche Tabuzone)

"Puffer zwischen 400 und 600 um alle Flächen aus Kriterium 1.6"

ist rechtmäßig (Planungsermessen).

i) Das Kriterium 1.9 (weiche Tabuzone)

"Splittersiedlungen und Einzelhäuser im Außenbereich mit gemischter Nutzung, Gewerbe- und Industrienutzung"

ist im Ergebnis rechtmäßig.

Die genannte Flächen sollen nach dem planerischen Willen des Beigeladenen für die gemischte, gewerbliche oder industrielle Nutzung uneingeschränkt zur Verfügung stehen und von der Windenergienutzung freigehalten werden (vgl. Anlage 1 zur Begründung Z 3-3, S. 5.). Soweit es um Wohnnutzung geht, kommt es allerdings auf den planerischen Willen der Beigeladenen nicht an. Insoweit liegt wiederum eine harte Tabuzone vor, weil sich das unmittelbare Nebeneinander von Wohn- und Windenergienutzung nicht verträgt. Allerdings ist diese fehlerhafte Kategorisierung unschädlich. Denn wenn die Beigeladene nach ihrem planerischen Willen eine Windenergienutzung in diesem Bereich nicht haben will, dann gilt das erst recht, wenn bereits aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen diese Nutzung ausgeschlossen ist. Soweit es um eine Gewerbe- oder Industrienutzung geht, ist die Einordnung fehlerfrei, denn die Entscheidung der Beigeladenen hält sich im Rahmen des ihr eingeräumten planerischen Ermessens.

j) Das Kriterium 1.12 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 600 m um Freizeitanlagen, Zooanlagen, Golfplätze, Freizeitparks, Freilichtmuseen und -theater, Schwimm- und Freibäder, Wochenend- und Ferienhausgebiete"

ist ebenfalls rechtmäßig.

Die Argumentation der Beigeladenen, dass sie diese vor allem der Erholung und der Freizeitgestaltung dienenden Flächennutzungen gleichermaßen von der optisch bedrängenden Wirkung von WEAs freihalten will, ist schlüssig und hält sich ebenfalls im Rahmen des ihr eingeräumten planerischen Gestaltungsraums.

k) Die Kriterien (jeweils weiche Tabuzone)

"1.19: Vorgesehene Flächen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauNVO aus aktuellen rechtskräftigen Flächennutzungsplänen,

1.20: Dort, wo in einem Abstand bis 1.000 m um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1) keine Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer von 1.000 m um Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1),

(Nr. 1.20 des Kriterienkatalogs),

1.20a: Dort, wo in einem Abstand bis zu 1.000 m um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1) Windenergieanlagen stehen oder genehmigt wurden: Puffer bis zu den bestehenden bzw. genehmigten Windenergieanlagen (mindestens jedoch 850 m) um alle Flächennutzungsplan-Flächen mit hohem Schutzanspruch (vgl. 1.1), verbunden mit einer Höhenbeschränkung der Windenergieanlagen-Gesamthöhe auf 200 m zwischen 850 und 1.000 m und

1.21: Puffer von 300 m um Flächennutzungsplan-Flächen mit niedrigem Schutzanspruch (vgl. Nr. 1.4)"

sind rechtmäßig.

Die Beigeladene hält sich mit den Kriterien innerhalb des gesetzlichen Planungsspielraums. Sie hat sich in zulässiger Weise dafür entschieden, die Windenergienutzung dort nicht zu erlauben, wo Flächennutzungspläne der Kommunen Flächen als Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen oder als gewerbliche Bauflächen ausweisen. Gleichzeitig hat sie Abstandspuffer für ausgewiesene Flächen abhängig vom Grad der Schutzbedürftigkeit ausgewiesen. Die Kommunen sollen ihre städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen realisieren können (vgl. Anlage 1 zur Begründung Z 3-3, S. 7). Die Beigeladene hat in diesem Verfahren tragfähig weiter geltend gemacht, im Rahmen der Abwägung nach § 7 Abs. 2 ROG a.F. die kommunale Bauleitplanung und die Regionalplanung miteinander zum Ausgleich bringen zu wollen. Der Einwand der Klägerin, dass dann den Kommunen ermöglicht werde, in Flächennutzungsplänen das "gesamte Gemeindegebiet als Wohngebiet auszuweisen", ist unbegründet. Flächennutzungspläne müssten gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung "erforderlich" sein. Das wäre. Wie die Beigeladene zutreffend erkannt hat, ist dies bei dem von der Klägerin angesprochenen Szenario nicht der Fall. Ferner müssen Flächennutzungspläne gemäß § 6 Abs. 1 BauGB durch die höhere Verwaltungsbehörde genehmigt werden. Die Regionalplanungsbehörde müssen auch nicht in jedem Einzelfall prüfen, ob und inwieweit die gemeindlichen Flächennutzungspläne umgesetzt würden. Solange die Behörde keine konkreten Anhaltspunkte für eine Funktionslosigkeit eines Flächennutzungsplans habe, müssten solche Fälle bei typisierender Betrachtung außer Acht bleiben (vgl. Nds.OVG, Urteil vom 5. März 2019 - 12 KN 202/17 - BauR 2019, 1074-1085, juris Rn. 110). Nach Auffassung der Kammer hält sich das Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit ebenfalls im Rahmen des der Beigeladenen eingeräumten Planungsermessens.

l) Das Kriterium 2.1

"Vorhandene Naturschutzgebiete" (harte Tabuzone)

ist ebenfalls rechtmäßig.

Die Beigeladene hat zu Recht entschieden, dass die Errichtung und der Betrieb von WEAs in Naturschutzgebieten schlechthin unzulässig sind. Sie hat dazu in der Planbegründung ausgeführt, dass gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung eines Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten sind. Der Beigeladenen ist auch darin zuzustimmen, dass die in Thüringen seit 1994 unter Schutz gestellten Naturschutzgebiete ausnahmslos das Verbot enthalten, dort bauliche Anlagen zu errichten. Ausnahmen für die Errichtung sind nicht vorgesehen. Auf die sog. übergeleiteten, also aus der Zeit vor 1990 stammenden, Naturschutzgebiete ist nach § 36 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 3 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes und zur weiteren landesrechtlichen Regelung des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 30. Juli 2019 (GVBl. S. 323 - ThürNatG) das Verbot der Errichtung baulicher Anlagen übergegangen.

Der Beigeladenen ist ferner darin beizupflichten, dass die von § 67 Abs. 1 BNatSchG vorgesehenen Befreiungen von den Geboten und Verboten des Bundesnaturschutzgesetzes nicht dazu führen dürfen, dass Naturschutzgebiete nicht als harte Tabuzonen betrachtet werden dürfen. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG - um diese Vorschrift geht es vor allem - kann

"von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes ... nach dem Naturschutzrecht der Länder ... auf Antrag Befreiung gewährt werden", wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist".

Verfahrensrechtliche Ausführungsregelungen zu der vorgenannten Vorschrift enthält § 32 ThürNatG.

Das ThürOVG (Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 1 EO 589/17 - ThürVBl. 2019, 196-198, juris Rn. 17) hat die Frage, ob § 67 Abs. 1 BNatSchG der pauschalen Einstufung von Naturschutzgebieten als harte Tabuzone entgegensteht oder, ob der Plangeber ohne die Prüfung des Zwecks des jeweiligen Naturschutzgebietes pauschal unter Hinweis auf die bestehende Typisierungsbefugnis davon ausgehen könne, dass raumbedeutsame WEAs regelmäßig zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung von Naturschutzgebieten oder seiner Bestandteile bzw. zu einer erheblichen oder nachteiligen Störung führen können, als "gegenwärtig noch nicht abschließend geklärt" bezeichnet.

Demgegenüber wird von gewichtigen Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten, dass nach dem Grundanliegen des Bundesnaturschutzgesetzes, Naturschutzgebiete nicht zu verändern, diese Gebiete einer Abwägung zwischen den (großflächigen) Belangen der Windenergie und den widerstreitenden Belangen von vornherein entzogen sein sollen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 6. Februar 2018 - 8 C 11527/17.OVG - juris Rn. 78 und vom 26. Mai 2021 - 8 C 11151/20 - ZNER 2021, 418-428 - juris Rn. 138; Nds.OVG, Urteil vom 7. Februar 2020 - 12 KN 75/18 - ZfBR 2020, 276-281 - juris Rn. 95, VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2020 - 3 S 526/20 - ZNER 2020, 570-582, juris Rn. 97).

Die Kammer schließt sich der vorstehenden Auffassung aus drei Gründen an:

Erstens: Aus § 23 Abs. 2 BNatSchG erwächst ein absolutes, d.h. ein allgemeines, umfassendes und nicht nur auf einen konkreten Schutzzweck bezogenes Veränderungsverbot, was die Strenge des den Naturschutzgebieten zukommenden Schutzes verdeutlicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2020 - 3 S 526/20 - ZNER 2020, 570-582, juris Rn. 97 unter Verweis auf Gellermann, in Landmann/Rohmer, 92. Ergänzungslieferung, Februar 2020, § 23 BNatSchG Rn. 16). Es besteht ein deutlicher Unterschied zu den auf konkrete Schutzzwecke bezogenen Schutzgebieten wie Wasserschutz- oder Landschaftsschutzgebiete.

Zweitens: Die Funktion der Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatschG besteht darin, rechtlichen Unausgewogenheiten abzuhelfen, die sich bei der Anwendung einer Norm auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles ergeben. Diesem Zweck entsprechend setzt die Möglichkeit der Befreiung stets einen im Zeitpunkt des Normerlasses vom Normgeber so nicht vorausgesehenen und deshalb atypischen Sonderfall voraus. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatschG ermächtigt aber nicht dazu, die Geltung der naturschutzrechtlichen Normen in Frage zu stellen. Nach Umfang und Häufigkeit dürfen Befreiungen nicht dazu führen, "die Norm sozusagen in kleiner Münze aufzuheben" (Gellermann, in Landmann/Rohmer, 95. Ergänzungslieferung, Mai 2021, § 67 BNatSchG Rn. 10). Die von der Klägerin der Beigeladenen überantwortete systematische Prüfung von Naturschutzgebieten auf Befreiungslagen würde genau dies bewirken und die naturschutzrechtlichen Schutzzwecke des § 23 Abs. 1 BNatSchG flickenteppichartig unterlaufen.

Drittens: Das von § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG vorausgesetzte "überwiegende öffentliche Interesse" wird verneint, wenn alternative Standorte in Betracht kommen (Gellermann, in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 67 BNatSchG Rn. 13). Da WEAs nicht zwingend auf bestimmte in Naturschutzgebieten gelegene Standorte angewiesen sind, darf angenommen werden, dass das "überwiegende öffentliche Interesse" praktisch stets fehlt.

Demgegenüber überzeugt die Argumentation der Klägerin nicht.

Sie wendet sich gegen die pauschale Qualifizierung von Naturschutzgebieten als "harte Tabuzonen" und beruft sich dazu auf das BVerwG (Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287-303, juris, Rn. 19-22) sowie das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 14. März 2019 - 2 D 71/17.NE - juris Rn. 126-129 und vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE - juris Rn. 138-156). Zunächst haben sämtliche Entscheidungen Flächennutzungs- und keine Raumordnungspläne zum Gegenstand. Im Zusammenhang mit einem Flächennutzungsplan sind in beschränkten Einzelfällen naturschutzrechtliche Befreiungen offenbar zulässig. Es handelt sich dabei aber um anders gelagerte Situationen als es bei dem Plan 2020 der Fall ist. Insoweit beansprucht die Klägerin, Befreiungen könnten flächendeckend für die Planungsregion und mit der Folge erteilt werden, dass Naturschutzgebiete nicht schlechthin von Windenergieanlagen freigehalten werden müssten. Das ist aber in Bezug auf große Räume beanspruchende technische Anlagen gerade die Zielrichtung des § 23 Abs. 1 BNatSchG.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Befreiungen nach der Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Jenaer Forst" vom 6. Juni 2008 (ThürStAnz S. 987 - VO Jenaer Forst -) anführt, so trifft es zwar zu, dass § 5 Abs. 1 VO Jenaer Forst im Einzelfall Befreiungen von den Verboten des § 3 VO Jenaer Forst, insbesondere von dem Verbot der Errichtung baulicher Anlagen, zulässt. Die Befreiungen knüpfen nach ihrem Hauptanwendungsfall (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 VO Jenaer Forst) aber daran an, dass die Durchführung der Vorschrift des § 3 VO Jenaer Forst zu "einer unbeabsichtigten Härte führen würde". Davon kann bei der Errichtung von WEAs nicht die Rede sein.

m) Das Kriterium 2.3 (harte Tabuzone)

"Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale"

ist rechtswidrig.

Es trifft nicht zu, dass die Errichtung und der Betrieb von WEAs in dem genannten Naturpark schlechthin - also in jedem Fall - unzulässig ist.

Die Beigeladene hat das Kriterium mit § 4 Nr. 1 der Verordnung über den Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale vom 27. Juni 2009 (GVBl. S. 731 - VO Naturpark) begründet. Danach ist es im Naturpark verboten, Windparks und Windkraftanlagen zu errichten oder bestehende Anlagen zu erweitern (vgl. Begründung Z 3-3, S. 8). § 5 Nr. 1 und 2 VO Naturpark lassen Ausnahmen von den Verboten des § 4 VO Naturpark zu, und zwar, was die Windenergie anbelangt, lediglich für eine namentlich bezeichnete, in der Gemeinde Remptendorf gelegene WEA (vgl. § 5 Nr. 2 VO Naturpark).

§ 4 Nr. 1 VO Naturpark ist allerdings kein unüberwindliches rechtliches Hindernis für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen, sofern objektiv eine Befreiungslage gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Hierfür ist die gesetzliche Regelung der Naturparke ins Auge zu fassen: Nach § 27 Abs. 1 BNatSchG sind Naturparks (Naturparke)

1. einheitlich zu entwickelnde und zu pflegende Gebiete, die großräumig sind,

2. überwiegend Landschaftsschutzgebiete oder Naturschutzgebiete sind,

3. sich wegen ihrer landschaftlichen Voraussetzungen für die Erholung besonders eigenen und in denen ein nachhaltiger Tourismus angestrebt wird,

4. nach den Erfordernissen der Raumordnung für Erholung vorgesehen sind,

5. der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch vielfältige Nutzungen geprägten Landschaft und ihren Arten- und Biotopvielfalt dienen und in denen zu diesem Zweck eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung angestrebt wird und

6. besonders dazu geeignet sind, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern.

Gemäß § 27 Abs. 3 BNatSchG sollen Naturparke entsprechend ihren in Absatz 1 beschriebenen Zwecken unter Beachtung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege geplant, gegliedert, erschlossen und weiterentwickelt werden. Da zu einem Naturpark Gebiete zusammengefasst werden, die bereits über den Status eines Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebietes verfügen, kann von einem Schutzregime für Naturparke gesprochen werden (vgl. Gellermann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. Ergänzungslieferung, Mai 2021, § 27 BNatSchG Rn. 10).

Allerdings werden Naturparks - anders als das § 24 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG bei Nationalparks der Fall ist - nicht einheitlich wie Naturschutzgebiete mit den damit verbundenen absoluten Veränderungsverboten geschützt. Vielmehr kann der Schutzstatus im Gebiet eines Naturparks abgestuft sein, je nachdem wie der jeweilige Gebietscharakter beschaffen ist. Dem trägt § 6 Abs. 1 VO Naturpark Rechnung. Danach gilt für die Befreiung von Verboten nach § 4 VO Naturpark ausdrücklich die Vorschrift des § 36a des Thüringer Naturschutzgesetzes (in der Fassung des Gesetzes vom 13. April 2006, GVBl. S. 161 - ThürNatG 2006). Damit wird die Befreiungsmöglichkeit betont. Mit dem Inkrafttreten des ThürNatG 2019 ist gemäß dessen § 32 Abs. 2 an die Stelle der Befreiungsregelung des § 36a ThürNatG 2006 die Befreiungsvorschrift des § 67 BNatSchG getreten. Es kommt auch praktisch in Betracht, dass in Ausnahmefällen im Bereich solcher Gebietsteile eines Naturparks, die nicht den Status eine Naturschutzgebietes haben, die Errichtung und der Betrieb von WEAs im Wege einer Befreiung genehmigt werden darf, sofern eine der Alternativen des § 67 Abs. 1 BNatSchG erfüllt ist. Das kann dort der Fall sein, hierauf weist die Klägerin zu Recht hin, wenn es um Flächen geht, die bereits "technogen" geprägt sind, z.B. durch Stromtrassen.

n) Die Kriterien 2.5. und 2.6 (jeweils harte Tabuzone)

"Landschaftsschutzgebiete (Gesamtfläche - Wald und Offenland)

- Hainspitzer See,

- Der Hausberg,

- Zaufensgraben,

- Trießnitz,

- Oberaue,

- Unteraue

bzw.

Wald in den Landschaftsschutzgebieten

- Mittleres Saaletal,

- Geraer Stadtwald,

- Zeitzgrund,

- Rotehofbachtal,

- Kemnatenberg und Spitalsberg,

- Rinne - Rottenbachtal,

- Hermannstal,

- Zechsteinriffe in der Orlasenke,

- Döbritzer Höhlen,

- Drommberg,

- Weidatalsperre,

- Plothener Teichgebiet,

- Steinicht

- Kulm

- Gleitsch

- Obere Saale,

- Burgruine Reichenfels

- Wälder um Greiz und Werdau,

- Hainbergsee Meuselwitz,

- Sprottetal

- Kohrener Land,

- Thüringer Wald,

- Saaletal in den Fluren Göschwitz bis Kahla"

sind rechtswidrig.

Die Annahme der Beigeladenen, dass die Errichtung und der Betrieb von WEAs in den vorstehenden Landschaftsschutzgebieten schlechthin - also in jedem praktisch denkbaren Fall - unzulässig sind, geht fehl.

Die Beigeladene hat das Kriterium 2.5 damit begründet, dass alle ostthüringischen Landschaftsschutzgebiete mit Ausnahme des Landschaftsschutzgebietes Thüringer Schiefergebirge übergeleitete Landschaftsschutzgebiete im Sinn des § 36 Abs. 2 ThürNatG 2019 seien. In diesen Landschaftsschutzgebieten dürfe gemäß § 36 Abs. 4 ThürNatG 2019 nicht gebaut werden. Die Gebietsausweisungen der sechs vom Kriterium 2.5 erfassten Landschaftsschutzgebiete würden keine abweichenden Regelungen enthalten (vgl. Begründung Z 3-3, S. 9).

Das Kriterium 2.6 hat die Beigeladene damit begründet, dass die Errichtung von WEAs im Wald eine Waldumwandlung im Sinn des § 10 des Thüringer Waldgesetzes (ThürWaldG) sei. Gemäß § 36 Abs. 4 Nr. 4 ThürNatG 2019 sei es verboten, Wald in einem Landschaftsschutzgebiet umzuwandeln oder ungenutzte Flächen in Nutzung zu nehmen, soweit nicht eine Unterschutzstellung oder der Landschaftspflegeplan eine entgegenstehende Regelung enthält. Es finde sich "nirgendwo" eine Regelung, die das Waldumwandlungsverbot relativieren würde. Daher stehe dieses naturschutzrechtliche Verbot der Errichtung von Windenergieanlagen dauerhaft entgegen (vgl. Begründung Z 3-3, S. 9).

Vom Ausgangspunkt her ist der Beigeladenen zuzustimmen, dass § 36 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 4 ThürNatG 2019 generelle Verbote enthält, in Landschaftsschutzgebieten zu bauen sowie dort Waldflächen umzunutzen. Allerdings verweist § 36 Abs. 6 Satz 2 ThürNatG 2019 für die Befreiung von Verboten und Geboten für diese Schutzgebiete ausdrücklich auf die Befreiungsvorschrift des § 67 BNatSchG. Der Verweis bringt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber in diesen Schutzgebieten Befreiungen in Ausnahmefällen doch für relevant erachtet. Das muss vor dem Hintergrund des § 26 BNatSchG gesehen werden. Die Vorschrift bestimmt:

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtlich verbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1. zur Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,

2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder

3. wegen der besonderen Bedeutung für die Erholung

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind ... nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

§ 26 BNatSchG enthält - im Unterschied zu Naturschutzgebieten - kein absolutes Veränderungsverbot für Landschaftsschutzgebiete. Obwohl § 36 Abs. 4 Nr. 1 und 4 ThürNatG 2019 grundsätzlich - soweit vor allem die Gebietsausweisung nichts Abweichendes regelt - der Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen entgegenstehen, so kann doch gemäß § 36 Abs. 6 Satz 2 ThürNatG 2019 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG auf Antrag in Ausnahmefällen eine Befreiung erteilt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2019 - OVG 2 A 4.19 - ZNER 2019, 478-490, juris Rn. 99-101 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287-304, juris Rn. 20; in diesem Sinne wohl auch Nds.OVG, Urteil vom 7. Februar 2020 - 12 KN 75/18 - ZfBR 2020, 276-281, juris Rn. 96 f.). Dass die Erteilung einer Befreiung in sämtlichen der vorgenannten Landschaftsschutzgebiete ausgeschlossen ist, lässt sich nicht sagen. Entsprechende Ermittlungen hat die Beigeladene auch nicht durchgeführt. Damit kommt es in Betracht, in Ausnahmefällen Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen auszuweisen, sofern kein Widerspruch zum jeweiligen Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes gegeben ist. Das kann vor allem in Randlagen, in Bereichen mit einer Vorbelastung oder bei einem weniger hochwertigen Landschaftsbild der Fall sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2019 - OVG 2 A 4.19 - juris Rn. 100).

o) Das Kriterium 2.7 (weiche Tabuzone)

"Offenland in den Landschaftsschutzgebieten

- Mittleres Saaletal,

- Geraer Stadtwald,

- Zeitzgrund,

- Rotehofbachtal,

- Kemnatenberg und Spitalsberg,

- Rinne - Rottenbachtal,

- Hermannstal,

- Zechsteinriffe in der Orlasenke,

- Döbritzer Höhlen,

- Drommberg,

- Weidatalsperre,

- Plothener Teichgebiet,

- Steinicht

- Kulm

- Gleitsch

- Obere Saale,

- Burgruine Reichenfels

- Wälder um Greiz und Werdau,

- Hainbergsee Meuselwitz,

- Sprottetal

- Kohrener Land,

- Thüringer Wald,

- Saaletal in den Fluren Göschwitz bis Kahla"

ist rechtmäßig.

Die Beigeladene hat das Kriterium 2.7 damit begründet, dass sie nach ihrem planerischen Willen in den vorgenannten Landschaftsschutzgebieten Windenergieanlagen nicht zulassen will, obgleich diese von den Ausweisungen nicht untersagt worden seien. Es gehe ihr dabei darum, landschaftlich wertvolle Bereiche zu schützen. Neben dem kulturhistorischen Wert dieser Gebiete handele es sich auch um Erholungsräume. Dem Schutz der Landschaft und der Erholungsräume in diesen Gebieten messe sie pauschal ein höheres Gewicht als der Windenergienutzung zu. Diese Begründung ist tragfähig. Insbesondere musste die Beigeladene nicht Befreiungsmöglichkeiten prüfen. Sie kann rechtmäßig den Standpunkt einnehmen, aus den genannten gewichtigen Gründen die Windenergienutzung in diesen Bereichen auszuschließen.

p) Das Kriterium Nr. 2.8 (harte Tabuzone)

"Landschaftsschutzgebiet Thüringer Schiefergebirge"

ist rechtswidrig.

Die Beigeladene hat das Kriterium 2.8 damit begründet, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt dieses Landschaftsschutzgebiet auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 10 ThürNatSG in Verbindung mit der Thüringer Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Thüringer Schiefergebirge" vom 28. August 2006 (ThürStAnz S. 1565 - VO Schiefergebirge) ausgewiesen habe. § 3 Abs. 1 VO Schiefergebirge verbiete alle Handlungen, die den Charakter des Gebiets verändern, das Landschaftsbild oder die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes beeinträchtigen oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen. § 3 Abs. 2 Nr. 7 VO Schiefergebirge verbiete es, Windkraftanlagen zu errichten.

Die vorgenannten Verbote sind allerdings kein unüberwindliches rechtliches Hindernis für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen, sofern objektiv eine Befreiungslage gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Nach § 5 Abs. 1 VO Schiefergebirge in Verbindung mit § 32 Abs. 2 ThürNatG 2019 kann von den Bestimmungen des § 3 VO Schiefergebirge unter den Voraussetzungen des § 67 BNatSchG auf Antrag Befreiung erteilt werden. Damit kommt es praktisch wiederum in Betracht, dass in Ausnahmefällen Windenergieanlagen errichtet werden dürfen, vor allem wenn Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses dies erfordern (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG). Dass solche Befreiungslagen im Landschaftsschutzgebiet "Thüringer Schiefergebirge" nicht gegeben sind, hat die Beigeladene nicht festgestellt.

q) Das Kriterium 2.11b (harte Tabuzone)

"Nationale Naturmonumente (Grünes Band Thüringen)" -

ist gleichfalls rechtswidrig.

Nach der Planbegründung (Begründung Z 3-3, S. 11 f.) verkörpert das 763 km lange "Grüne Band Thüringen" einen "repräsentativen Abschnitt der deutschen Geschichte" und ist ein wichtiger Teil des internationalen Biotopverbundes "Green Belt". Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 des Thüringer-Grüne-Band-Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (GVBl. S. 605 - ThürGBG) verboten, bauliche Anlagen im Sinne der Thüringer Bauordnung zu errichten oder wesentlich zu verändern. Die Beigeladene meint weiter geltend, dass Nationale Naturmonumente nach § 24 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG wie Naturschutzgebiete zu schützen seien.

Zwar ist es grundsätzlich korrekt, Naturschutzgebiete pauschal als harte Tabuzonen zu qualifizieren (vgl. oben S. 48 f. des Urteils). Da § 24 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG Nationale Naturmonumente wie Naturschutzgebiete schützt, spricht auf den ersten Blick alles dafür, dass das "Grüne Band Thüringen" ebenfalls den harten Tabuzonen unterfällt. Allerdings bestimmt § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG - und dies macht die Klägerin zu Recht geltend -, dass Naturschutzgebiete einem absoluten Veränderungsverbot "nach Maßgabe näherer Bestimmungen" unterliegen. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ThürGBG nimmt die Errichtung solcher baulicher Anlagen von den Verboten nach § 6 ThürGBG aus, für die eine Genehmigung nach § 8 Abs. 3 Satz 4 ThürGBG vorliegt. Nach der vorgenannten Vorschrift wird die Genehmigung erteilt, wenn keine der in § 3 Abs. 2 ThürGBG genannten Reste der Grenzbefestigungsanlagen und Einrichtungen der Erinnerungskultur oder wertvolle Biotope oder Lebensstätten besonders geschützter Arten zerstört oder erheblich beeinträchtigt werden und der Biotopverbund gewährleistet bleibt. Es kommt in Betracht, dass im Wege der Ausnahme auch Windenergieanlagen im Grünen Band Thüringen betrieben werden dürfen, sofern die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dass eine solche Ausnahme in der Praxis nicht erteilt werden kann, hat die Beigeladene nicht festgestellt.

r) Das Kriterium 3.22 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 5 km um den Wetterradarstandort des Deutschen Wetterdienstes (Neuhaus a. Rw.)"

ist rechtmäßig.

Die Beigeladene hat dazu in der Planbegründung (Begründung Z 3-3, S. 22) ausgeführt, dass der Deutsche Wetterdienst auf der Grundlage der Internationalen Richtlinien der World Metereological Organization fordert, dass der Umkreis von 5 km um die Wetterradarstandorte von Windenergieanlagen freizuhalten ist, da es innerhalb dieses Bereichs zu einem substantiellen Datenverlust aufgrund von Abschattungen und Fehlerechos kommen kann.

Damit verfolgt die Beigeladene einen legitimen Planungszweck, indem sie der Vorsorge für das störungsfreie Funktionieren des Wetterradars als öffentlichen Belang ein größeres Gewicht als Windenergieanlagen in diesem Gebiet zumisst. Der Einwand der Klägerin, dass es keine generellen Abstandsempfehlungen für derartige Anlagen gebe und dass daher stets im Einzelfall geprüft werden müsse, ob die störende Wirkung der jeweiligen WEA einen schmalen Sektor oder einen größeren Bereich betrifft, lässt außer Acht, dass die Beigeladene im Rahmen ihres Planungsermessens aus Gründen der Vorsorge Windenergieanlagen im Vergleich zu anderen Belangen als weniger gewichtig behandeln darf, solange es sich nicht um eine sachwidrige, willkürliche Entscheidung handelt. Das ist hier nicht der Fall.

s) Das Kriterium 3.25 (weiche Tabuzone)

"Puffer von 10 km um das Geodynamische Observatorium Moxa"

ist ebenfalls rechtmäßig.

Die Beigeladene rechtfertigt den 10 km-Puffer damit, dass zu befürchten sei, dass durch die von Windenergieanlagen induzierten langperiodischen Signale in der Umgebung des Observatoriums zusätzliche Bodenunruhen verursacht würden, was mit dem Risiko eines Qualitätsverlusts verbunden sei. Der Windenergieerlass (ThürStAnz 2016, S. 162, Anlage 2, Punkt 22) sowie vergleichbare Erlasse anderer Bundesländer würden eine Schutzzone von 10 km um derartige Observatorien empfehlen (vgl. die Begründung Z 3-3, S. 23 f.).

Der aus Vorsorgegründen für die ungestörte Aufzeichnung von Erdbeben im Observatorium Moxa gewählte Abstandspuffer zu Windenergieanlagen trägt das Kriterium 3.25 und ist ein erheblicher öffentlicher Belang, dem die Beigeladene Priorität einräumen durfte. Der Einwand der Klägerin, dass derartige pauschale Abstände sachlich nicht zu rechtfertigen seien, wird dem von der Beigeladenen verfolgten Vorsorgegedanken nicht gerecht.

t) Das Kriterium 4.2 (harte Tabuzone)

"Wasserschutzgebiete, Schutzzonen I und II sowie Heilquellen, Schutzzonen I und II"

ist hinsichtlich der Wasserschutzgebiete, Schutzzonen II rechtswidrig.

Die Klägerin macht insoweit zutreffend geltend, dass die Beigeladene in Bezug auf die Wasserschutzgebiete für die Schutzzone II (engere Schutzzone) - anders als für die Schutzzone I (Fassungszone) - nicht pauschal von einer harten Tabuzone ausgehen darf. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG können in der Rechtsverordnung oder der behördlichen Entscheidung, in der Wasserschutzgebiete festgesetzt werden, soweit der Schutzzweck dies erfordert, bestimmte Handlungen verboten oder für nur eingeschränkt zulässig erklärt werden. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG kann die zuständige Behörde von Verboten, Beschränkungen sowie Duldungs- und Handlungspflichten nach Satz 1 eine Befreiung erteilen, wenn der Schutzweck nicht gefährdet wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Die Behörde hat eine Befreiung zu erteilen, wenn dies zur Vermeidung unzumutbarer Beschränkungen des Eigentümers erforderlich ist und hierdurch der Schutzzweck nicht gefährdet wird (§ 52 Abs. 1 Satz 3 WHG). Da die Zulassung einer Windenergieanlage in einer engeren Schutzzone eines Wasserschutzgebiets nicht bereits praktisch ausgeschlossen ist und die Beigeladene insoweit keine Ermittlungen angestellt hat, kann nicht gesagt werden, dass eine Befreiung zu Zwecken der Windenergie nicht erteilt werden könnte.

Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Abwägungsvorgang zur Aufstellung des Plans 2020 aufgrund der fehlerhaften Zuordnung verschiedener Gebiets- und Schutzgebietstypen als harte Tabuzonen fehlerhaft ist.

3.2 Überdies hat die Beigeladene im Rahmen der Abwägung den Belang "substanzielle Windenergienutzung" nicht mit dem ihm zukommendem Gewicht in die Abwägung eingestellt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F.).

Die Vorschrift regelt, dass in die planerische Abwägung alle Belange einzustellen sind, die mehr als geringwertig, schutzwürdig, nicht mit einem Makel behaftet und für den Planer erkennbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2016 - 4 BN 37.15 - ZBR 2016, 376-378, Rn. 9).

Das Raumordnungsgesetz enthält zwar keine zwingenden Vorgaben oder Gewichtungsvorgaben in Richtung Klimaschutz, sondern planerische Leitlinien bzw. Abwägungsbelange (Sauthoff, a.a.O. S. 143). Das bringt § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 1 ROG a. F. zum Ausdruck. Nach der Vorschrift sind Grundsätze der Raumordnung insbesondere, dass der Raum in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen wiederherzustellen ist. Ein Vorrang des Klimaschutzes folgt auch nicht aus § 13 Abs. 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513 - KSG), wonach die Ziele dieses Gesetzes bei der Planung zu berücksichtigen sind.

Allerdings muss in Verfolgung des Staatsziels Umwelt- und Klimaschutz (vgl. Art. 20a GG) bei der Raumplanung diesem Ziel eine angemessene Gewichtung beigelegt werden. Art. 20a GG verpflichtet den Staat insbesondere zum Klimaschutz. Dies zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität. Dabei hat Art. 20a GG keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen. Das relative Gewicht des Klimaschutzgebots nimmt in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel allerdings weiter zu (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2956/18 und andere - juris Rn. 198; in diese Richtung bereits: R. Scholz, in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 20a Rn. 39). Art. 20a GG ist die allgemeine Wertung zu entnehmen, dass der Klimaschutz bei der Abwägung im Planungsrecht nicht ohne weiteres "weggewogen" werden darf (vgl. M. Seibert, Klimaschutz und Generationengerechtigkeit - Der Jahrhundert-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, DVBl. 2021, 1141 [1146]).

Mit anderen Worten: Bei der Aufstellung eines Regionalplans ist eine besonders sorgfältige Abwägung vorzunehmen. Da bei der Aufstellung eines Regionalplans das Planergebnis der Windenergie "substanziell Raum zu verschaffen" hat, muss sich der Plangeber darüber bewusst sein, dass je geringer der Anteil der ausgewiesenen Windvorrangflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige "Feigenblattplanung" handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231-237, juris Rn. 19). Die Windenergienutzung muss sich in den Konzentrationszonen auch nennenswert gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen können und stellt zum anderen Anforderungen an den flächenmäßigen Umfang der Konzentrationszonen (Gatz, DVBl. 2017, 461 [467]).

Nach Überzeugung des Gerichts kann nicht festgestellt werden, dass die Beigeladene bei der Abwägung der Belange des Plans 2020 beachtet hat, dass für die Windenergienutzung in substanziellem Umfang Konzentrationszonen zur Verfügung gestellt werden müssen und dieser Belang im Vergleich zu anderen Belangen nicht von nachrangiger Bedeutung sein darf, sondern dass zunächst grundsätzlich versucht werden muss, gegenläufige Belange zum Ausgleich miteinander zu bringen.

Nach der Begründung Z 3-3, S. 10 beträgt die Regionsfläche der Beigeladenen 4.667 km2. Der Anteil harter Tabuzonen hieran ist 65,2 Prozent (= 3.035,11 km2). Ferner hat die Beigeladene 29,8 Prozent der Regionsfläche zu weichen Tabuzonen (= 1.390,11 km2) bestimmt. Nach Abzug der vorgenannten Tabuzonen und dem Ausscheiden der weniger als 25 ha ausmachenden (zusammenhängenden) Flächen hat sie die verbliebenen Prüfflächen von 4,98 Prozent der Regionsfläche (= 231,78 km2) in der Größenordnung von 0,40 Prozent (= 18,82 km2) Flächen als Vorranggebiete Windenergie ausgewiesen (vgl. oben S. 6 des Urteils).

Der Beigeladenen mag darin zuzustimmen sein, dass die relativ hohe Siedlungsdichte im Regionsgebiet und die "verstädterten Räume entlang der Bundesautobahn 4 (Thüringer Städtekette) sowie dem Saale-, Elster- und Orlatal" Grund für den hohen Anteil der harten Tabuzonen sind. Allerdings verstößt es gegen den Belang, Windvorrangflächen substanziell auszuweisen, wenn die Beigeladene herausstellt, dass

"gerade in Ostthüringen flächig besonders stark ausgedehnte Belange des Denkmalschutzes (Umgebungsschutzbereiche), die insbesondere im Umfeld der zahlreichen Kulturerbestandorte ... mit sehr weitreichender Raumwirkung zu Einschränkungen der Windenergienutzung bis hin zum Ausschluss geführt haben".

Hierdurch macht die Beigeladene deutlich, dass sie "in der Fläche" dem Denkmal- und Kulturerbeschutz (mehr oder weniger) uneingeschränkt den Vorrang vor der Windenergienutzung einräumt. Diese Leitentscheidung verträgt sich aber nicht mit dem gewichtigen Belang, der Windenergie substanziell Raum zu geben. Das wird besonders deutlich, wenn der 1. Planentwurf der Beigeladenen (vom 4. März 2016) herangezogen wird. Danach betrug der Anteil der Vorranggebiete Windenergie an der Regionsfläche noch 0,88 Prozent. Das sind gut 100 Prozent mehr als die nun vom Plan 2020 vorgesehene Fläche. Über diese ins Auge springende und begründungsbedürftige Reduzierung gibt der Plan 2020 in der Begründung Z 3-3 aber keinen Aufschluss. Die Reduzierung lässt die Feststellung zu, dass die Beigeladene mit dem Plan 2020 (nur) in relativ restriktivem Umfang Windvorranggebiete ausgewiesen hat.

3.3 Die Beigeladene hat es ferner unterlassen, in die Abwägung des Plans 2020 den Programmsatz einzustellen, dass ein Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt werden soll.

Soweit sie dazu in der Begründung Z 3-3, S. 10 geltend macht, dass der Plan 2020 dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG verankerten Ziel, den Energiebedarf im Freistaat Thüringen bis 2040 bilanziell vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken, schrittweise Rechnung trägt, so ist der Plan 2020 gewiss ein Schritt in diese Richtung. § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG enthält, wie ausgeführt, keine verbindliche Gewichtungsvorgabe (vgl. Sauthoff, a.a.O. S. 143). Allerdings enthält die Vorschrift den nicht rechtsverbindlichen Programmsatz, ein Prozent der Landesfläche als Windvorrangfläche zur Verfügung zu stellen (vgl. oben S. 6 des Urteils). Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass der Programmsatz bei der Abwägung der Beigeladenen keine Rolle gespielt hat. Der Plan 2020 berücksichtigt den Programmsatz tatsächlich nur ansatzweise. Er schiebt seine Verwirklichung in die weite Zukunft, nämlich bis in das Jahr 2040. Die Beigeladene unterläuft damit die Zielsetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürKlimaG und des Art. 20a GG, wonach es darum geht, dass auch die Verwaltungen substanzielle Maßnahmen ergreifen, um den erneuerbaren Energien im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes den notwendigen Raum zu geben.

Eine tragfähige Rechtfertigung für das Vorgehen der Beigeladenen folgt auch nicht aus dem in der Begründung Z 3-3, S. 11 enthaltenen "Abgleich mit den energiepolitischen Vorstellungen des Landes Thüringen". Dort wird ausgeführt, dass die Zielstellung des Landes nach dem Landesentwicklungsplan 2025 für 2020, jährlich 1.600 GWh Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, bereits erreicht worden sei. Ende 2018 seien in Ostthüringen 1.631 GWh Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt worden, wovon 579 GWh auf Windenergie entfallen seien. Im Regionsgebiet seien im Jahr 2019/2020 fünf neue WEAs errichtet worden, die zusammen jährlich etwa 38 GWh Strom erzeugen. Es seien zum 31. Dezember 2019 weitere neun WEAs genehmigt worden, die zusammen jährlich 69 GWh Strom erzeugen würden. Nach den im Plan 2020 ausgewiesenen Windvorranggebieten könnten 60 zusätzliche Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 436 GWh pro Jahr errichtet werden. Die Erfüllung der sich aus dem Landesentwicklungsplan 2025 ergebenden programmatischen Vorgaben entbindet die Beigeladene nicht davon, die sich aus anderen Gesetzen ergebenden rechtlichen Pflichten bei der Vorranggebietsausweisung zu erfüllen. Das bedeutet vor allem, dass die Beigeladene auch den Programmsatz, ein Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung bereit zu halten, gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F. in den Abwägungsvorgang einstellt.

Dass weitere Windvorranggebietsausweisungen möglich sind, belegt nicht nur der 1. Planentwurf, sondern auch die von den Beteiligten angesprochene d... -Studie (vgl. oben S. 9, 18 des Urteils). Darin wird angegeben, dass 0,44 Prozent der Regionsfläche als "Präferenzräume" für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden. Es wird zugleich darauf hingewiesen, dass anderweitig im Regionsgebiet weitere Flächen für diesen Zweck in Betracht kämen, etwa wenn die pauschalen Mindestabstände oder Mindestgrößen der Konzentrationsflächen vermindert oder Befreiungen in Schutzgebieten realisiert würden.

3.4 Dass die Beigeladene den Belang "substanzielle Windenergienutzung" nicht mit dem ihm zukommendem Gewicht in die Abwägung eingestellt hat, lässt sich exemplarisch anhand der Prüfbögen für die Prüfflächen 16.4, 19.3 und 20.3 (vgl. dazu die Anlage 4 zur Begründung Z 3-3) belegen.

a) Die nicht als Vorranggebiet ausgewiesene 111 ha große Prüffläche 16.4 setzt sich aus Flächen der im Saale-Orla-Kreis gelegenen Gemeinden Dreitzsch, Miesitz, Rosendorf und Triptis zusammen.

Die Beigeladene hat den Ausschluss dieser Prüffläche als Vorranggebiet Windenergie damit begründet, dass sie aufgrund ihrer Lage auf ca. 400 m ü. NN weit hinein in den Raum wirken würde. WEAs würden in diesem Bereich den Raum weithin sichtbar prägen. Zudem sei der Raum bereits durch die benachbarten Windenergiestandorte bei Gütterlitz und die Neuausweisungen bei Schmieritz (W-24) und Eineborn/St. Gangloff (W-20) stark belastet. Die Abstände zum Standort Gütterlitz von nur 6 km und zum Standort Eineborn/St. Gangloff von 8 km seien zu wenig um eine "Überprägung" des Raums zu vermeiden. Es stünden besser geeignete Flächen zur Verfügung, um der Windenergienutzung substanziell Raum zu geben. Darüber hinaus liege die Prüffläche quer zum Vogelzugkorridor Meuselwitz-Ronneburg-Gera-Neustadt-Saalfeld-Königsee (einschließlich Schreit- und Kranichvögel). Schließlich wäre die Errichtung von Windenergieanlagen mit "einem wirksamen Schutz zur Erhaltung des Bestandes und der Wertigkeit des Kulturerbestandortes Leuchtenburg unvereinbar".

Es erschließt sich für das Gericht nicht, warum die vorgenannten Belange den Belang der substanziellen Windenergienutzung verdrängen und nicht mit ihm in Ausgleich zu bringen sein sollen.

Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang zu Recht geltend, dass die Beigeladene gegen ihr eigenes 5-km-Kriterium verstoße (Begründung Z 3-3, Nr. 2.7, S. 6-8), wenn sie die Potenzialfläche 16.4 wegen erforderlicher "größerer Abstände als 5 km" ausscheidet. Der Schutz des Landschaftsbildes wird bereits mit dem pauschalen Abstand von 5 km gewahrt. Das Argument der Beigeladenen, sie habe bereits andernorts der Windenergienutzung "substanziell Raum" geschaffen, ist nur dann ein tragfähiges Argument, wenn dem unstreitig so ist, was hier nicht der Fall ist. Der Einwand der Beigeladenen, "mögliche Beeinträchtigungen von Zugvögeln" drohten, weil die Potenzialfläche 16.4 quer zum vorgenannten Vogelzugkorridor Meuselwitz-Ronneburg-Gera-Neustadt-Saalfeld-Königsee liegen würde, ist nicht tragfähig, da nicht feststeht, dass die Ausweisung von Windvorrangflächen den Vogelzug tatsächlich behindert. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu Thema gemacht werden muss (ggf. Abschaltzeiten für WEAs). Denkmalschutzrechtliche Gründe in Bezug auf die Leuchtenburg hindern die Ausweisung von Teilflächen der Potenzialfläche 16.4 als Windvorranggebiet nicht, da die Leuchtenburg etwa 12 bis 14 km von der vorgenannten Fläche entfernt ist. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass das Verwaltungsgericht Meiningen in dem Urteil vom 28. Juli 2010 (Az. 5 K 670/06 Me) entschieden hat, dass WEAs, die eine landschaftlich exponierte Lage aufwiesen, bei einem Abstand von 7,5 km zum Kulturdenkmal Wartburg keine störenden Sichtbeziehungen und keine Beeinträchtigungen denkmalschutzrechtlicher Belange erzeugen könnten. Bei den Sichtbeziehungen muss immer darauf abgestellt werden, ob WEAs durch ihre räumliche Nähe ein Kulturdenkmal beeinträchtigen. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob von dem exponierten Kulturdenkmal aus in der Ferne WEAs zu erblicken sind.

b) Die ebenfalls nicht als Windvorrangfläche ausgewiesene 327 ha große Potenzialfläche 19.3 umfasst Teilflächen der ebenfalls im Saale-Orla-Kreis gelegenen Gemeinden Gefell, Hirschberg, Saalburg-Ebersdorf, Tanna.

Die Beigeladene hat in der einschlägigen Begründung des Plans 2020 ausgeführt, dass gewichtige naturschutzfachliche und landschaftsästhetische Gründe, Belange des Kulturerbeschutzes sowie die topographische Situation gegen die Nutzung der Windenergie sprechen würden.

"Landschaftsästhetische Gründe" seien ein rechtlicher Abwägungsbelang und würden den Begriffen der "Landschaftspflege", der "natürlichen Eigenart der Landschaft" und dem "Landschaftsbild" im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entsprechen. Sie habe bei der Abwägung auch die nahe Bundesautobahn BAB 9 berücksichtigt, wenn es in der Begründung heißt, dass die "Störungsarmut des unzerschnittenen Raumes durch die nahe Bundesautobahn BAB 9 im Randbereich beeinträchtigt ist". Sie habe auch die Lage der Prüffläche innerhalb eines für das Schloss Burgk mit Park gelegenen Schutzbereichs zu Lasten der Ausweisung berücksichtigt. Bei einer Erweiterung des Windparks W-39 - Tanna/Schilbach in Richtung Westen in die Prüffläche 19.3 hinein würde sich die von zukünftig zu errichtenden WEAs ausgehende sichtbare Kulisse nicht nur deutlich verbreitern, sondern weiter in die Hauptsichtachse hineinrücken. Auch insoweit würden die zur Prüffläche 16.4 angeführten denkmalschutzrechtlichen Gründe gelten. Es treffe auch nicht zu, so die Beigeladene weiter, dass sie "gekünstelte Trennungen" von Windvorranggebieten vornehmen würde. Die Trennungen seien "entlang bandartiger Infrastrukturen (z.B. Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Freileitungen) vorgenommen" worden und spiegelten sich auch in der Landschaft wider.

Die Klägerin hat demgegenüber im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Potenzialfläche 19.3 sei nicht auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes wegen landschaftsästhetischer Gründe geschützt worden. Die Fläche liege nördlich der Kreisstraße K 3030 und westliche der Bundesautobahn BAB 9, so dass der Bereich durch Infrastruktur vorbelastet sei.

Es sei nicht richtig, wenn die Beigeladene die Windenergienutzung wegen eines Verstoßes gegen das 5-km-Abstandskriterium ausschließe. Die von der Planungsbehörde vorgenommene Aufteilung in die Potenzialflächen 19.2 (Teilflächen der Gemeinden Saalburg-Ebersdorf, Schleiz, Tanna, 990 ha, teilweise Vorranggebiet) und 19.3 sei gekünstelt. Nach der Begründung Z 3-3, Nr. 2.7 (S. 7 f.) sei die 5-km-Abstandsregelung dann anzuwenden, wenn zwei potentielle Vorranggebiete bzw. ein potentielles Vorranggebiet zu einem planungsrechtlich gesicherten Standort mehr als 1.000 m voneinander entfernt liegen würden. Bei einem Abstand von weniger als 1.000 m würden derartige Gebiete als zusammengehöriges Vorranggebiet betrachtet. Die Beigeladene hätte die Potenzialflächen 19.2 und 19.3, die nahtlos ineinander übergehen würden, als ein Vorranggebiet behandeln müssen.

Den Ausschluss mit der Begründung zu rechtfertigen, dass eine Nähe zu Gebieten bestehen würde, die nach dem BNatSchG geschützt seien, sei nicht tragfähig. Ansonsten würde der Schutz dieser Gebiete überdehnt werden.

Zudem stünden keine denkmalschutzrechtlichen Gründe einer Ausweisung der Potenzialfläche 19.3 als Windvorranggebiet entgegen. Zwar sei es richtig, dass nach der im Landesentwicklungsplan enthaltenen Zielfestlegung LEP 1.2.3 Z Schloss und Park Burgk als so genannter Kulturerbestandort von internationaler, nationaler und thüringenweiter Bedeutung mit sehr weitreichender Raumwirkung eingestuft worden sei. Jedoch werde nicht festgelegt, welcher denkmalrechtliche Schutz draus folge oder dass überhaupt konkrete Sichtbeziehungen geschützt würden. Es bestünden keine Sichtbeziehungen zum Schloss Burgk, zumindest seien diese wegen der großen Distanzen zweifelhaft. Die Beigeladene habe anhand der Karte 2-6 im Entwurf des Gesamtregionalplans Ostthüringen den "Sichtschutzbereich" des Kulturerbestandortes KES-6 Burgk-Schloss Burgk selbst ermittelt und festgelegt. Jedoch sei dieser Schutzbereich offenkundig nicht zu rechtfertigen. Die bei Künsdorf bzw. Seubtendorf gelegene Potenzialfläche 19.3 befinde sich ca. 10 km südöstlich des Kulturerbestandortes KES-6 Burgk-Schloss Burgk mit Park entfernt. Dazwischen würden weitere Höhenzüge um die Bleilochtalsperre liegen. Zudem befinde sich die Potenzialfläche 19.3 auf keinem exponierten Standort oder Höhenzug. Selbst wenn eine Sichtbeziehungen bestünde, so folge hieraus keine Beeinträchtigung denkmalschutzrechtlicher Belange. Dazu werde auf das soeben angesprochene Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 28. Juli 2010 (Az. 5 K 670/06 Me) verwiesen.

Auch insoweit ist es für die Kammer nicht eingängig, warum die Windenergienutzung nicht mit von der Beigeladenen geltend gemachten Belangen in Ausgleich zu bringen sein sollen. Sie erachtet daher den Vortrag der Klägerin für plausibel und belastbar.

c) Die ebenso wenig als Vorranggebiet ausgewiesene 633 ha große Prüffläche 20.3 wird durch Flächen der im Saale-Holzland-Kreis und im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gelegenen Gemeinden Eichenberg, Reinstädt und Uhlstädt-Kirchhasel gebildet.

Die Beigeladene hat den Ausschluss dieser Prüffläche als Vorranggebiet Windenergie damit begründet, dass die naturräumliche Ausstattung in der Umgebung der Prüffläche (angrenzende FFH-Gebiete "Reinstädter Berge - Langer Grund" und "Muschelkalkhänge um Teichel und Großkochberg" und das EG-Vogelschutzgebiet "Muschelkalkhänge der westlichen Saaleplatte") sowie die Prüffläche selbst (Lage in einem geplanten Naturschutzgebiet, große zusammenhängende Laubwaldbestände, usw.) dem entgegenstehe. Des Weiteren würden gewichtige avifaunistische Gründe (Lage im Dichtezentrum für den Uhu) gegen die Ausweisung sprechen. Unabhängig davon würden Windenergieanlagen einen unzerschnittenen, störungsarmen Raum beeinträchtigen. Schließlich seien Belange des Denkmalschutzes betroffen, denn die Kulturdenkmale Leuchtenburg, Schloss Heidecksburg und Burg Ranis würden die eine Ausweisung als Windvorranggebiet negativ betroffen werden.

Es leuchtet nicht ein, warum die genannten Belange den Belang der substanziellen Windenergienutzung vollständig verdrängen und nicht mit ihm in Ausgleich zu bringen sein sollen. Dass die Umgebung der Prüffläche einen Schutzstatus aufweist, bedeutet nicht, dass dieser auch auf die gesamte Prüffläche zu beziehen ist. Dass in einem Bereich der Prüffläche feststehende avifaunistische Gründe gegen die Ausweisung sprechen, führt nicht dazu, dass diese Gründe auch für die übrigen Teile der Prüffläche eingreifen dürfen. Die von der Beigeladenen geltend gemachten Belange des Denkmalschutzes überzeugen ebenfalls nicht, da die WEAs ca. 10 km (und mehr) entfernt von den Burgen bzw. dem Schloss entfernt sind und deshalb von einer nahen Sichtbeziehung nicht die Rede sein kann.

4. Die Fehler im Abwägungsvorgang wirken sich auch auf das Abwägungsergebnis mit der Folge aus, dass der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft wird (§ 12 Abs. 3 Satz 2 ROG a.F.).

Nach der Vorschrift sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Der Mangel ist offensichtlich, wenn er positiv und klar erkennbar aus den Planungsunterlagen und insbesondere aus der Begründung der Zielfestlegungen folgt. Der Mangel ist auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit eines Einflusses besteht, was etwa der Fall sein kann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonstiger erkennbarer oder nahe liegender Umstände ergibt, dass sich ohne den Fehler im Abwägungsvorgang ein anderes Ergebnis abgezeichnet hätte (vgl. Thür OVG, Urteil vom 8. April 2014 - 1 N 672/12 - ThürVBl. 2015, 77-89, juris Rn. 105 mit weiteren Nachweisen).

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

a) Das dem Plan 2020 zu Grunde liegende Abwägungsergebnis gibt der Windenergie nicht substanziell Raum.

Die Beurteilung der Frage erfordert eine wertende Gesamtbetrachtung, die maßgeblich auf der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beruht. Die Entscheidung anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, ist den Tatsachengerichten vorbehalten (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231-237, juris Rn. 18; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2020 - 2 A 1.19 - juris Rn. 118). Die wohl aussagekräftigste Methode zur Feststellung der substanziellen Raumverschaffung ist es, die Größe der ausgewiesenen Konzentrationsflächen zu der Größe der Potentialflächen (Außenbereichsflächen ./. harte Tabuzonen) ins Verhältnis zu setzen. Je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger müssen die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein, damit es sich nicht um eine "Feigenblattplanung" handelt (Gatz, DVBl. 2017, 461 [468]; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2020 - 2 A 1.19 - juris Rn. 118).

Der Plan 2020 weist 18,82 km2 Konzentrationsflächen aus (vgl. oben S. 6 des Urteils). Die Potentialfläche beträgt 1.631,89 km2. Dieser Wert ergibt sich, wenn man von der Regionsfläche (4.667 km2) die Fläche der harten Tabuzonen (3.035,11 km2) abzieht. Setzt man die Konzentrationsflächen mit den Potentialflächen ins Verhältnis, so ergibt sich der Wert von 1,15 Prozent. Streng genommen darf bei dieser Ermittlung nicht auf die Regionsfläche, sondern muss auf die Außenbereichsflächen abgestellt werden. Da die Außenbereichsflächen geringer als die Regionsfläche sind, dürfte der ermittelte Wert etwas über 1,15 Prozent liegen.

Dem konkreten Befund, das Verhältnis sei kleiner als 0,45 Prozent, hat der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 9. Oktober 2012 - 8 S 1370/11 - ZfBR 2013, 167 [170]), der Quote von 1,4 Prozent hat des VG Hannover (Urteil vom 24. November 2011 - 4 A 4927/09 - juris Rn. 66) eine starke Indizwirkung dafür beigemessen, dass der Windenergienutzung nicht substanziell Raum verschafft werde (vgl. auch Gatz. DVBl. 2017, 461 [468]).

Der für den Plan 2020 ermittelte Anteil von 1,15 Prozent liegt zwischen den von den vorgenannten Gerichten für maßgeblich erachteten Quoten. Allerdings hat die Beigeladene auch Flächen als harte Tabuzonen behandelt, die keine sind. Bei richtiger Einordnung der Flächen zu den Kriterien hätten diese Flächen zu den Potentialflächen gehört. Das führt dazu, dass das Verhältnis von Konzentrationsflächen zu Potentialflächen deutlich niedriger als 1,15 Prozent ist. Allein der Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale, den die Beigeladene rechtswidrig als harte Tabuzone eingeordnet hat, umfasst 830 km². Der Abwägungsmangel ist offenkundig, weil er positiv und klar erkennbar aus den Planungsunterlagen und insbesondere aus der Begründung der Zielfestlegungen folgt.

Der Abwägungsmangel ist offensichtlich beachtlich, denn wenn die Beigeladene korrekt zwischen den harten und weichen Tabuzonen unterschieden hätte, wären deutlich mehr Flächen für die Windenergienutzung in Betracht gekommen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die Beigeladene die allenfalls als weiche Tabukriterien einzuordnenden Ausschlusskriterien bei der abschließenden Entscheidung über die Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie erneut in die Abwägung eingestellt hätte und auch deshalb möglicherweise zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre (vgl. ThürOVG, Urteil vom 8. April 2014 - 1 N 672/12 - juris Rn. 106). Die Beigeladene wäre überdies dann zu einem für die Windenergienutzung günstigeren Abwägungsergebnis gekommen, wenn sie bei der Abwägung den Belang der substanziellen Windenergienutzung seinem Gewicht entsprechend eingebracht hätte.

b) Die Abwägungsmängel sind auch nicht nach § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG a.F. unbeachtlich.

Nach der Vorschrift werden nach § 12 Abs. 3 ROG a.F. beachtliche Fehler des Abwägungsvorgangs unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Raumordnungsplans gegenüber der zuständigen Stelle unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Gemäß § 12 Abs. 5 Satz 2 ROG a.F. ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

Das hat die Beigeladene in ihrer Bekanntmachung vom 4. Dezember 2020 über den Plan 2020 getan (vgl. ThürStAnz 2020, S. 1852 [1854]) getan. Es kann offen bleiben, ob es für die Geltendmachung des Fehlers ausreicht, dass die Klägerin in diesem Klageverfahren, an dem die Beigeladene beteiligt ist, Einwände gegen den Plan 2020 erhoben hat oder ob sie dies stets außerhalb eines Klageverfahrens gegenüber der Beigeladenen tun muss und dies auch getan hat. Die Klägerin könnte diese Einwände noch gegenüber der Beigeladenen noch bis Anfang Dezember 2021 erheben.

B. Dem Vorhaben der Klägerin, die WEA AU 07 zu errichten und zu betreiben, stehen auch keine artenschutzrechtlichen Belange entgegen.

Dabei geht es im Kern um den Schutz der im Umkreis des Vorhabengebiets ansässigen WEA-sensiblen Vogelarten Schwarz- und Rotmilan sowie Graureiher und Mäusebussard.

I. Schwarzmilan

Für die im Umkreis des Vorhabengebiets ansässigen Schwarzmilane wird das Risiko, von der geplanten WEA AU 07 vor allem durch einen Rotorschlag verletzt oder getötet zu werden, nicht deutlich erhöht.

Alleiniger Prüfungsmaßstab ist dafür § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Danach ist es vor allem verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten.

Vom Ausgangspunkt her ist das Tötungs- und Schädigungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG individuell auf jedes Tier der geschützten Art und nicht etwa auf eine Tierpopulation bezogen zu verstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2018 - 9 B 25/17 - KommJur 2018, 220-227, juris Rn. 11; ThürOVG, Urteil vom 14. Oktober 2009 - 1 KO 372/06 - ThürVBl. 2010, 91-94, juris, Rn. 34-36). Der Tatbestand des Schädigungsverbotes ist in Bezug auf den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen erst dann erfüllt, wenn ein Vorhaben das Risiko für eine geschützte Vogel- oder Fledermausart, mit einer Windenergieanlage zu kollidieren, deutlich ("signifikant") erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann (vgl. § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG). Allgemein kommt es für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an, nämlich die artspezifischen Verhaltensweisen der im Vorhabengebiet festgestellten Vogel- oder Fledermausarten, die häufige Frequentierung des von dem Vorhaben betroffenen Raums und die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen.

Die Rechtsprechung verlangt für die anzustellende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zunächst die Feststellung, ob im Eingriffsbereich einer WEA gerade Tiere derjenigen Arten leben, die wegen ihrer artspezifischen Verhaltensweisen unter den Auswirkungen der Windkraft besonders leiden. Ferner ist die Siedlungsdichte der WEA-sensiblen Tierarten festzustellen. Für die fachliche Beurteilung, ob die Signifikanzschwelle überschritten ist, hat die Naturschutzbehörde eine wertende Betrachtung, eine Prognoseentscheidung zu treffen, da allgemein anerkannte fachwissenschaftliche Maßstäbe und standardisierte Erfassungsmethoden fehlen (BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524-526, juris Rn. 14, 16). Die Fachwissenschaft hat Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe Konfliktlagen bewältigt werden können. Hierfür soll im Gebiet des Freistaats Thüringen auf den von der (seinerzeitigen) Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie herausgegebenen

"Avifaunistische Fachbeitrag zur Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) in Thüringen" mit dem Stand 30. August 2017 (Fachbeitrag)

zurückgegriffen werden. Der Fachbeitrag (S. 4) ist eine von einem sachverständigen Gremium verfasste Handreichung, die naturschutzfachliche Vorgaben für Vögel zur Umsetzung des Artenschutzes im Rahmen von Genehmigungsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen enthält. Der Fachbeitrag gibt den Stand der Erkenntnisse der Fachwissenschaft (vor allem der Ornithologie als Teil der Zoologie) und die praktischen, verallgemeinerungsfähigen Erfahrungen der thüringischen Landesvogelschutzwarte Seebach wieder. An ihm orientieren sich die Beteiligten zu Recht. Auch das Gericht folgt seinen Empfehlungen.

Die Klägerin hat dargelegt und nachgewiesen, dass Vögel der Art Schwarzmilan durch das Vorhaben nicht deutlich beeinträchtigt werden. Sie hat für die im Vorhabenraum und seiner Umgebung ansässige Vogelart Schwarzmilan die geforderte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung ordnungsgemäß anhand des Prüfungsschemas des Fachbeitrags vorgenommen. Im Einzelnen:

1. Die Klägerin hat eine tragfähige Brutvogelkartierung und Datenrecherche durchgeführt.

Grundsätzlich hat für jede im Umkreis des Vorhabenortes lebende WEA-sensible Vogelart auf der Grundlage vor allem von 4 bis 6 Revier-Tagesbegehungen eine Brutvogelkartierung und Datenrecherche zu erfolgen (vgl. Fachbeitrag, S. 12). Dabei betragen die Betrachtungsräume für die Vogelarten Rot- und Scharzmilan um das Zentrum des Vorhabenortes herum 4.000 m (vgl. Fachbeitrag, S. 11, Tab 4).

Diesen Erfordernissen ist die Klägerin nachgekommen.

Die von ihr beauftragte Firma ... K... aus ... führte in ihrem Bericht über die durchgeführte artenschutzrechtliche Prüfung einleitend zu dem Betrachtungsraum aus, dass sich das Untersuchungsgebiet "Auma/Gütterlitz" zwischen der Stadt Triptis im Nordwesten und der Landgemeinde Auma-Wieidatal im Südosten befindet. Im Westen werde das Untersuchungsgebiet von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesautobahn 9 geschnitten. Östlich des Untersuchungsgebiets verlaufe die Bundesstraße 2 in Nord-Süd-Richtung. Die Bebauung der Stadt Triptis nehme etwa 20 Prozent der Fläche des Untersuchungsgebiets ein. Der bewaldete Anteil betrage weitere 30 Prozent der Fläche. Der Gewässeranteil des Untersuchungsgebiets liege etwa bei 5 Prozent (vor allem Talsperre Triptis). Weitere Gewässer (z.B. die Teiche um Trömmelsdorf, die Teiche in und um Gütterlitz und die Teiche südlich von Tischendorf) seien wegen ihrer Größe bedeutungslos. Das Untersuchungsgebiet liege auf einer durchschnittlichen Höhe von 420 m ü. NN (GA, Bl. 821).

Der Ornithologe K... führte im Zeitraum April bis Juni 2018 in einem Radius von 4.000 m um den Vorhabenstandort (Gemarkung Gütterlitz, Flur 2, Flurstück a) fünf Begehungen durch und zeichnete die Flugbewegungen von Greifvögeln sowie weiterer WEA-sensibler Vogelarten auf (GA, Bl. 822 ff., 854). Die Aufzeichnungen nahmen meistens zwei Personen vor. Innerhalb des Untersuchungsraums wurden Beobachtungspunkte festgelegt, von denen aus eine gute Übersicht über den Untersuchungsraum bestand. Diese Beobachtungspunkte wurden während jeder Begehung zum Teil mehrfach angefahren bzw. angelaufen. Alle Beobachtungen der im Gelände angetroffenen Vogelarten wurden in Artenlisten und Feldkarten (Luftbilder, topographische Karten) eingetragen. Dabei wurden Art und Anzahl der Vögel und auch mögliche Flugbewegungen und Aktivitäten zur Nahrungssuche dokumentiert. Anschließend wurden diese Daten manuell in die spätere Kartendarstellung überführt (GA, Bl. 854).

Der von der Klägerin beauftragte Gutachter stellte im Jahr 2018 sieben Schwarzmilan-Brutpaare innerhalb des Betrachtungsraums von 4.000 m fest. Davon hatten 2 Brutpaare ihre Horste innerhalb des vom Fachbeitrag (S. 6, Tab. 2) empfohlenen Mindestabstandes zwischen WEA und Horst von 1.000 m (GA, Bl. 824, 826 f., 835, 885). Der von der Klägerin beauftragte Gutachter kontrollierte überdies im Zeitraum Februar bis Juni 2020 erneut die Horste der Greifvögel und sonstiger WEA-sensibler Brutvogelarten im Radius von 1.500 m um das Vorhabengebiet (GA, Bl. 512, 806).

Es gibt keine belastbaren Hinweise dafür, dass sich zur Zeit der mündlichen Verhandlung die Anzahl der Brutplätze im Betrachtungsraum erhöht hat. Die Mitarbeiterin der unteren Naturschutzbehörde hat in der mündlichen Verhandlung von "einem deutlich innerhalb des Mindestabstandes" befindlichen Brutvorkommens dieser Vogelart gesprochen (GA, Bl. 956R). Dieser Befund stellt aber das Ermittlungsergebnis des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen nicht in Frage. Soweit der Beklagte der Klägerin vorhält, sie habe nur so genannte "C-Nachweise" (sicheres Brüten) berücksichtigt und die aktuelle Abfrage des Fachinformationssystems Naturschutz (LINFOS) ergebe noch andere Nachweise, so hat sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass es sich dabei um Daten der Jahre 2018 und 2019 handelt (GA, Bl. 956R). Zwar trifft es zu, dass die Klägerin im aktuellen Jahr 2021 keine Horstkontrollen vorgenommen hat. Es gibt aber auch keine Hinweise auf neue Horste. Solche Anhaltspunkte hat insbesondere der Beklagte nicht geliefert.

2. Die Klägerin hat eine ordnungsgemäße Habitatpotentialanalyse (HPA) für die Vogelart Schwarzmilan vorgenommen.

Auf dieser Untersuchungsstufe ist zu ermitteln, ob die im Betrachtungsraum festgestellten WEA-sensiblen Vogelarten Brutvorkommen haben. Wenn ja, dann ist festzustellen, ob artenschutzrechtliche Konflikte am jeweiligen Vorhabenort anzunehmen sind oder nicht. Die HPA soll ersten Aufschluss über die Raumnutzung der betreffenden WEA-sensiblen Vogelarten geben. Die Untersuchung erstreckt sich auf Radien von der jeweiligen Größe des Betrachtungsraums, aber nicht um den Vorhabenstandort, sondern um das Brutvorkommen bzw. um den vermuteten Reviermittelpunkt herum (S. 20). Anhand von Luftbildern und topographischen Karten mit anschließender Verifizierung im Gelände ist eine Einschätzung der Flugbewegungen vorzunehmen. Dabei gibt es verschiedene Merkmale, die sich für die Raumnutzung WEA-sensibler Vogelarten auswirken und zu einer Konzentration von Flugbewegungen führen können, vor allem die Hauptnahrungsflächen der Vögel (vgl. Fachbeitrag S. 20 bis 22).

Die von der Klägerin beauftragte Firma ... K... stellte bei den Untersuchungen im Jahr 2018 allgemein fest, dass die im Untersuchungsraum praktizierte Landwirtschaft nicht viele geeignete Hauptnahrungsgebiete für die hier interessierenden Vogelarten, auch für den Schwarzmilan, entstehen lässt. Gleichwohl hätten im Untersuchungsraum relativ gute Nahrungsbedingungen geherrscht. Die Vögel hätten zur Nahrungssuche meist nur kurze Strecken im Gebiet zurücklegen müssen. Die meisten Flugbewegungen hätten in der näheren Umgebung der Horstbereiche stattgefunden, ausgenommen das Mähen der Wiesen und des Grünlandes in der weiteren Umgebung. Es seien sechs Hauptnahrungsgebiete (HNG) im Untersuchungsraum ermittelt worden (GA, Bl. 520, 872), nämlich:

HNG 1: Wiese, östlich von Gütterlitz

HNG 2: Wiese, nördlich von Uhlerdorf

HNG 3: Luzernfeld, nordwestlich von Braunsdorf

HNG 4: Wiese, an den Teichen südlich von Tischendorf

HNG 5: Wiesen, südlich von Wüstenwetzdorf

HNG 6: Wiesen, östlich von Oberpöllnitz

Das eigentliche "Windfeld Auma/Gütterlitz" spiele bei den Flugbewegungen und der Nahrungssuche "fast überhaupt keine Rolle", weil diese Flächen nur wenig Nahrung bieten würden (vor allem keine Mäuse). Auf den anderen Flächen im Untersuchungsraum herrschten ausreichend gute Nahrungsbedingungen. Wenn das Windfeld Auma/Gütterlitz zur Nahrungssuche genutzt worden sei, dann habe das meist nur die äußeren Randbereiche betroffen, die meist von Einzeltieren angeflogen worden seien (GA, Bl. 855-859)

Soweit der Beklagte die vorstehenden HPA als nicht schlüssig beurteilt hat, weil diese die nördlich des Vorhabengebietes befindliche Orla-Teichkette und den Speicher Triptis als Nahrungsflächen nicht in den Blick genommen hat, so hat die Klägerin diesen Einwand überzeugend ausgeräumt.

Sie hat dazu geltend gemacht, dass der Orla-Teichkette, dem Speicher Triptis sowie den diesen Gewässer säumenden Grünlandflächen hinsichtlich der Nutzungsstruktur die gleiche potenzielle Bedeutung als Nahrungshabitat für den Schwarzmilan zukomme wie viele andere, ähnlich strukturierte Flächen im verhältnismäßig gewässer- und grünlandreichen Untersuchungsgebiet. Daher könnten Flugbewegungen des Schwarzmilans am Vorhabenort nicht ausgeschlossen werden. Allerdings könnten die Schwarzmilane vor allem Nahrungsflächen erreichen, ohne den Vorhabenort zu tangieren. Das gelte vor allem für den südöstlich von Gütterlitz gelegenen Grünlandkomplex mit dort eingeschlossenen Teichen. Dieser Grünlandkomplex sei 0,9 bis 2,0 km vom Brutplatz des Schwarzmilans entfernt. Der Grünlandkomplex sei deutlich attraktiver. Es handele sich um zusammen über 40 ha große regelmäßig geschnittene Grünlandflächen sowie eine speziell als Nahrungsfläche für Greifvögel angelegte Vielschnittfläche (Luzerne-Gras-Gemisch). Nach dem Parteigutachter K... _ handelt es sich um eine der wichtigsten und ständigen Nahrungsflächen der Greifvögel. Im Zuge der Kartierung 2018 habe, so die Klägerin, der Ornithologe K... keine Beobachtungen des Schwarzmilans im Bereich der Orla-Teichkette sowie am Speicher Triptis gemacht. Er habe auf Nachfrage der Firma G... im Jahr 2021 mitgeteilt, dass die vorgenannten Bereiche wenig attraktiv als Nahrungsflächen seien. Die Säume um die Gewässer würden von Hochstauden und Schilf dominiert werden. Bewirtschaftetes Grünland finde sich nur sehr kleinflächig westlich des Speichers Triptis (GA, Bl. 806).

Die Kammer erachtet diesen Vortrag als widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend, um erhebliche artenschutzrechtliche Konflikte auszuschließen.

3. Die Klägerin musste für die im Betrachtungsraum festgestellten Schwarzmilane keine Raumnutzungsanalyse (RNA) durchführen.

Diese zeit- und kostenintensive Maßnahme soll grundsätzlich unter anderem dann durchgeführt werden, wenn sich die Brutvorkommen innerhalb der empfohlenen Mindestabstände (von 1.000 m für den Schwarzmilan) befinden und die HPA darauf hindeutet, dass die Raumnutzung durch Habitat- und/oder Strukturelemente gesteuert wird (vgl. Fachbeitrag, S. 18, Stufe 2, Säule 4). Allerdings - und hierauf hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen -, bedarf es keiner RNA, soweit im Ergebnis der HPA festgestellt wird, dass sich der Vorhabenstandort außerhalb von Flächen mit überdurchschnittlich vielen potentiellen Flugaktivitäten befindet, weil dann in der Regel keine artenschutzrechtlichen Konflikte anzunehmen sind (vgl. Fachbeitrag, S. 22).

Das ist hier bei dem einen (bzw. den beiden) im Mindestabstand zum Vorhabenstandort ansässigen Schwarzmilanpaar(en) der Fall. Der von der Klägerin beauftragte Ornithologe K... hat dort keine ins Gewicht fallenden Flugaktivitäten des Schwarzmilans zu der Orla-Teichkette und dem Speicher Triptis hin ausgemacht. Er verortet die sechs vorgenannten Hauptnahrungs-gebiete des Vogels an Orten, zu denen der Schwarzmilan gelangt, ohne das Vorhabengebiet zu überfliegen.

II. Graureiher, Mäusebussard und Rotmilan

Für die im Umkreis des Vorhabengebiets ansässigen WEA-sensiblen Graureiher, Mäusebussard und Rotmilan wird das Risiko, von der geplanten WEA AU 07 vor allem durch eine Rotorschlag verletzt oder getötet zu werden, ebenso wenig deutlich erhöht.

Die Klägerin hat auch insoweit die geforderte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung ordnungsgemäß anhand des Prüfungsschemas des Fachbeitrags durchgeführt. Im Einzelnen:

1. Die Klägerin hat eine tragfähige Brutvogelkartierung und Datenrecherche erstellt.

Dazu kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen zum Schwarzmilan verwiesen werden (vgl. oben S. 68 f. des Urteils).

Der Ornithologe K... stellte hinsichtlich des Graureihers im Jahr 2018 ca. 35 Brutpaare innerhalb des Untersuchungsraums von 4.000 m fest. Im Jahr 2020 ermittelte er eine Brutkolonie im Betrachtungsraum von 3.000 m (GA, Bl. 885). Die ermittelten Brutplätze halten die vom Fachbeitrag (S. 6, Tab 2) empfohlenen Mindestabstand von 1.000 m ein. Dieses Ermittlungsergebnis ist unstreitig.

Der Ornithologe K... ermittelte in Bezug auf den Mäusebussard im Jahr 2018 insgesamt 19 Brutpaare, von denen 8 innerhalb des Betrachtungsraums von 3.000 m ihre Horste hatten. Davon hatten 2 Brutpaare ihre Horste innerhalb des Mindestabstandes von 1.000 m zu dem geplanten Anlagestandort (GA, Bl. 824, 827, 846, 884). Diese Angaben stimmen - dies hat die mündliche Verhandlung ergeben - mit den Erkenntnissen des Beklagten anhand des Fachinformationssystems Naturschutz (LINFOS) überein (vgl. GA, Bl. 956 R). Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich zur Zeit der mündlichen Verhandlung die Anzahl der Brutplätze im Betrachtungsraum noch erhöht hätte.

Der Ornithologe K... stellte hinsichtlich des Rotmilans Folgendes fest: Nach der von ihm erstellten Horst-Auflistung samt Standortbeschreibung (GA, Bl. 826) wurden in 2018 im Untersuchungsraum 11 besetzte Horste - darunter bis auf eine Ausnahme mit Jungen - aufgefunden; zum Teil heißt es allerdings dann bzw. wird dies in einer Karte für das Jahr 2018 vermerkt, dass seinerzeit lediglich 7 Brutpaare aufgefunden wurden (GA, Bl. 808, 885). 2019 wurden fünf Brutpaare und 2020 vier Brutpaare im Untersuchungsraum erfasst (GA, Bl. 808, 885). Nach dem Ornithologen K... waren die Brutplätze nur teilweise beständig genutzt. Der Mindestabstand von 1.250 m wurde eingehalten. Der geringste Abstand eines Brutplatzes zum Vorhabenstandort betrug nach den Feststellungen des Partei-Sachverständigen 1.450 m, alle weiteren seien mindestens 2 km entfernt gewesen (GA, Bl. 808, 885). Der Beklagte hat die Feststellungen des von der Klägerin beauftragten Gutachters nicht in Zweifel gezogen.

2. Die Klägerin hat auch eine ordnungsgemäße Habitatpotentialanalyse (HPA) für die Vogelarten Graureiher und Rotmilan erstellt. Für den Mäusebussard konnte darauf verzichtet werden, da die vom Fachbeitrag vorgegebenen elf Brutpaare nicht im Betrachtungsraum ansässig waren.

Die Klägerin hat sich im Klageverfahren für den Graureiher auf die Feststellungen der Ornithologen K... zu den Flugaktivitäten und den Nahrungsgründen aller in Rede stehenden WEA-sensiblen Vogelarten bezogen.

Dazu hat der Beklagte eingewandt, die Klägerin habe nicht eigens eine HPA für die Vogelart Graureiher beigebracht. Dem hat die Klägerin indessen substantiiert widersprochen. Sie hat darauf verwiesen, dass die Fa. G... im Jahr 2019 im Rahmen eines anderen Genehmigungsantrags eine HPA für die im Waldgebiet "Kleewinkel" befindliche Brutkolonie Graureiher durchgeführt habe (GA, Bl. 885, 886). Bei den Nahrungsflächen der Graureiher im Untersuchungsgebiet handele es sich um die von Fa. K... im Jahr 2018 erfassten Flächen. Der Abstand zwischen der Brutkolonie Graureiher und der beabsichtigten WEA AU 07 betrage ca. 1.990 m. Die HPA würde anhand der Flugbewegungen und der Hauptnahrungsflächen nicht auf eine überdurchschnittliche Raumnutzung am Vorhabenstandort hindeuten. Die meisten nachgewiesenen und potentiellen Nahrungsflächen würden nördlich, östlich und südöstlich des Windfeldes liegen. Nach den Erkenntnissen des Ornithologen K... gebe es keine den Vorhabenstandort tangierenden Flugrouten der Graureiher (GA, Bl. 886).

Für die Art Rotmilan gilt in Bezug auf den in der Gemarkung Gütterlitz gelegenen Vorhabenstandort Vergleichbares.

Auch insoweit macht die Klägerin geltend, dass auf eine HPA zurückgegriffen werden könne, die im Rahmen eines anderen Genehmigungsantrags für das Windfeld Auma/Gütterlitz erstellt worden sei. Der geringste Abstand der in den Jahren 2018 bis 2020 ermittelten 11, 6 und 4 Brutplätze zum Vorhabenstandort betrage 1.450 m; alle weiteren Brutplätze seien mindestens 2 km entfernt (GA, Bl. 809, 885). Bei den nachgewiesenen Nahrungsflächen handele es sich um die von der Fa. K... im Jahr 2018 erfassten Flächen. Potentiellen Nahrungsflächen seien auf der Basis des "Digitalen Landschaftsmodells von Thüringen" ermittelt worden. Die von den Rotmilanen tatsächlich genutzten Nahrungsflächen würden nahe an den Brutplätzen und weit entfernt vom Vorhabenstandort an der Peripherie des Untersuchungsgebiets, insbesondere im Aumatal im Bereich der Wolcheteiche liegen (GA, Bl. 809, 886). Für den am nächsten gelegenen Brutplatz existiere unmittelbar östlich dieses Brutplatzes ein großer Grünlandkomplex als Nahrungshabitat. Die Fa. K... habe dort 2018 Nahrung suchende Rotmilane festgestellt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Vorhabenort in einem regelmäßig genutzten Flugkorridor liege (GA, Bl. 809). Zu den Gewässer- und Grünlandflächen im Bereich der Orla und des Speichers Triptis würde das zum Schwarzmilan Ausgeführte entsprechend gelten. Es könne mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die beabsichtigte WEA AU 07 in einem Raum mit überdurchschnittlichen Flugaktivitäten des Rotmilans liege (GA, Bl. 810).

Die vorstehenden Ausführungen tragen die Feststellung, dass erhebliche artenschutzrechtliche Konflikte des Vorhabens mit Graureihern und Rotmilanen nicht anzunehmen sind. Der Fachbeitrag (S. 18, Stufe 2, Säule 1) nimmt das Fehlen artenschutzrechtlicher Konflikte an, wenn das Brutvorkommen außerhalb der empfohlenen Mindestabstände angesiedelt ist und die HPA auf keine überdurchschnittliche Raumnutzung im Bereich des Vorhabenstandortes hindeutet. So liegt es nach den Feststellungen des Ornithologen K... hinsichtlich der Graureiher und der Rotmilane.

Für den Mäusebussard musste die Klägerin nach den Empfehlungen des Fachbeitrags (S. 18, Stufe 2, Säule 3 und 4) nicht eigens eine HPA durchzuführen. Denn im Betrachtungsraum von 3.000 m lebten nicht mindestens 11 Brutpaare, sondern nur 8. Diese hier nicht eingehaltene Anforderung wird vertretbar damit gerechtfertigt, dass beim Mäusebussard nach der Datenlage zwar von einer hohen Kollisionsgefährdung mit WEAs ausgegangen werden muss, die Art aber eine geringere naturschutzfachliche Bedeutung im Vergleich zu den selteneren WEA-sensiblen Vogelarten aufweist (Fachbeitrag, S. 7). Unabhängig von diesem Befund ergibt sich aus den allgemeinen Erkenntnissen des Ornithologen K... zum Lebensraum der untersuchten Vogelarten, dass für Exemplare der Art Mäusebussard am beabsichtigten Vorhabenort keine erhöhte Kollisionsgefahr besteht, weil diese Vögel sich wegen anderweitiger Nahrungsstandorte dort nur selten aufhalten.

C. Dass der Hauptantrag zu 1 und der Hilfsantrag zu 1 keinen Erfolg haben, folgt aus der fehlenden Spruchreife der Klage (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Bei gebundenen Entscheidungen, bei denen der Verwaltungsakt im Sinn des § 35 Satz 1 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG) beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gewährt werden muss, muss das Verwaltungsgericht, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt noch nicht vollständig aufgeklärt ist, die Streitsache grundsätzlich gemäß § 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO in vollem Umfang spruchreif machen. Allerdings ist es in besonders gelagerten Fällen, insbesondere bei solchen mit technischen Sachverhalten, nicht Aufgabe des Gerichts, ein "steckengebliebenes" Genehmigungsverfahren in den Einzelheiten durchzuführen. Das gilt auch für die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen, die im Allgemeinen nicht ohne zahlreiche Nebenbestimmungen im Sinn des § 36 ThürVwVfG (Auflagen, Bedingungen usw.) erteilt werden. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mit Hilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Ausspruch des Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene häufig gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung anzufügen ist (BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 52/87 - NvWZ 1990, 257-258, juris, Rn. 18; VG Gera, Urteil vom 12. Mai 2020 - 5 K 1226/17 - S. 14-17 des Entscheidungsabdrucks; Eyermann/Schmidt, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., München 2010, § 113 Rn. 39).

Nach diesem Maßstab ist die Klage nicht spruchreif.

Das Verwaltungsverfahren betreffend die von der Klägerin beantragte Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der WEA AU 07 ist ein "steckengebliebenes" Genehmigungsverfahren. Damit ist gemeint, dass in dem Genehmigungsverfahren, das der Beklagte auf den im Jahr 2015 gestellten Antrag der Klägerin hin durchgeführt hat, bislang nicht abschließend geprüft worden ist, ob und inwieweit durch Nebenbestimmungen zu der beantragten Genehmigung sichergestellt werden kann, dass umfassend alle für den schadlosen Anlagenbetrieb einzuhaltenden Gesetze, Rechtsverordnungen und Standards erfüllt werden. Der Beklagte hat in dem durchgeführten Verwaltungsverfahren zwar die maßgeblichen Träger der öffentlichen Belange beteiligt. Aus Sicht des Beklagten sowie der Widerspruchsbehörde war bislang allein entscheidungserheblich, dass der Genehmigung des Vorhabens artenschutz- bzw. raumordnungsrechtliche Gründe entgegenstanden. Das trifft indessen nicht zu. Auch aus anderen Rechtsvorschriften folgt kein offensichtlicher Versagungsgrund. Es liegen auch keine anderen offensichtlichen Versagungsgründe vor. Aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergeben sich keine sonstigen Genehmigungshindernisse oder konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es dem Vorhaben der Klägerin endgültig an einer Genehmigungsvoraussetzung fehlen könnte, dem nicht mit einer entsprechenden Nebenbestimmung begegnet werden könnte. Allerdings überblickt das Gericht nicht, ob und inwieweit zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Anlagenbetriebs der WEA AU 07 auf Grund individueller, auf die konkrete Situation abstellender Einschätzungen und wegen Zweckmäßigkeitserwägungen, diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige technische Nebenbestimmung der begehrten Genehmigung anzufügen ist. Das könnte unter dem Gesichtspunkt des Schutzes WEA-sensibler Vogelarten für Abschaltzeiten der beantragten Anlage in Sondersituationen gelten, wenn etwa um die Anlage herum Felder bestellt werden sollten oder in Zeiten von Ernte und Mahd, aber auch zur Vermeidung etwaiger sonstiger von der Anlage ausgehender schädlichen Umwelteinwirkungen (z. B. Schattenwurf, Schall).

D. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt und teils unterliegt. Die Klägerin unterliegt mit ihrem Hauptantrag und ihrem ersten Hilfsantrag, obsiegt aber mit ihrem zweiten Hilfsantrag. Gleichwohl gewinnt sie gegen den Beklagten ganz überwiegend. Ihr durfte der Genehmigungsanspruch wegen des komplexen Genehmigungsverfahrens nicht zugesprochen werden. Der Sache nach steht ihr der Genehmigungsanspruch zu. Dies rechtfertigt die für die Klägerin günstige und den Beklagten ungünstige Kostenquotelung. Die Beigeladene ist nicht an dieser Kostentragung zu beteiligen, weil sie keinen Klageantrag gestellt und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist. Sie hat ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen, da sie sich in dem Rechtsstreit nicht mit ihren entscheidungserheblichen Rechtsstandpunkten durchsetzen konnte.

In Bezug auf den weiteren Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, ergeht ein gesonderter Beschluss.

Für die Klägerin folgt die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Für den Beklagten ergibt sich der Urteilsausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung und die Abwendungsbefugnis aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Das Gericht lässt gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung gegen das Urteil zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Rechtsstreit hat verschiedene fallübergreifende rechtserhebliche Fragen aufgeworfen, die ober - oder höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sind. Das betrifft die Zuordnung verschiedener geschützter Gebiete zu den "harten und weichen Tabuzonen", die Frage, ob § 4 Abs. 2 ThürKlimaG einen einfachen Abwägungsbelang enthält und wie sich § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG 2020 auf bestehende Regionalpläne auswirkt.

BeschlussDer Wert des Streitgegenstandes wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

GründeNach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Klägerin begehrt mit dem Hauptantrag die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine WEA. Der vom Gericht zur gleichmäßigen Ausübung des ihm bei der Streitwertfestsetzung eingeräumten Ermessens herangezogene Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt bei: Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Anm. 14) sieht als Streitwert bei Klagen des Errichters bzw. des Betreibers auf Genehmigung von Windkraftanlagen unter Nr. 19.1.2 zehn Prozent der geschätzten Herstellungskosten vor. Die Gesamtkosten der streitgegenständlichen WEA wurden im Genehmigungsantrag mit 2,5 Mio. € angegeben. Zehn Prozent davon sind 250.000,00 €.

Die beiden Hilfsanträge erhöhen den Streitwert nicht, weil sie denselben Streitgegenstand betreffen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).

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