VG Aachen, Beschluss vom 07.10.2021 - 6 L 418/21
Fundstelle
openJur 2021, 32110
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Das Gericht konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins entscheiden. Verwaltungsprozessual ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur dann zwingend vorgesehen, wenn durch Urteil entschieden wird (vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidet das Gericht indes durch Beschluss (vgl. §§ 80 Abs. 7 Satz 1, 122 Abs. 1 VwGO). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. eines Erörterungstermins (§ 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) steht in der Folge im Ermessen des Gerichts.

Vgl. Puttler, in: Sodann/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80, Rn. 166; Schoch, in: Schneider/Schoch, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 80, Rn. 523, jeweils m.w.N.

Vorliegend erachtet das Gericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angesichts der Dringlichkeit einer zeitnahen Entscheidung sowie des Umstands, dass der Prozessstoff in diesem Verfahren sowie im zugehörigen Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21 bereits umfassend schriftsätzlich aufgearbeitet wurde, für nicht erforderlich. Dass Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hier ausnahmsweise eine andere Entscheidung einfordern würde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kommt es auf den angekündigten Beweisantritt des Antragstellers durch einen sachverständige Zeugen nicht entscheidungserheblich an (s. dazu unten).

Der Hauptantrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Beschluss der vorzeitigen Besitzeinweisung vom 7. Mai 2021 wiederherzustellen,

hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 6 K 1323/21, mit welcher sich der Antragsteller gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 7. Mai 2021 über die vorzeitige Besitzeinweisung der Beigeladenen zur bergbaulichen Nutzung der Grundstücke des Antragstellers wendet, ist gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO statthaft. Bei einem Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung gemäß § 97 Bundesberggesetz (BBergG) handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt mit begünstigender Drittwirkung. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage entfaltet entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung, da der Antragsgegner auf Antrag der Beigeladenen gemäß § 80a Abs. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Besitzeinweisungsbeschlusses angeordnet hat.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer der betroffenen Grundstücke gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog jedenfalls aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG antragsbefugt. Dafür, dass es sich um ein sogenanntes "Sperrgrundstück" handeln könnte, welches allein zur Erlangung einer Antrag- bzw. Klagebefugnis erworben wurde,

vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. Januar 2012 - 9 A 6/10 -, juris, Rn. 13; ausführlich auch Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Urteil vom 3. November 2016 - 6 K 369/15 -, juris, Rn. 34 ff. m.w.N.,

ist trotz des erst im Jahr 00 erfolgten (erneuten) Zuzugs des Antragsstellers nach Lützerath nichts ersichtlich. Die Klage in der Hauptsache erweist sich zudem nicht als offenkundig unzulässig. Insbesondere ist die am 2. Juni 2021 erhobene Klage gegen den am 19. Mai 2021 an den Prozessbevollmächtigen des Antragstellers zugestellten Besitzeinweisungsbeschluss nicht verfristet, vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO ist bereits dann zumindest teilweise erfolgreich, wenn die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nicht den Begründungsanforderungen aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.

Im Übrigen trifft das Gericht nach § 80a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung. Maßstab ist hierbei eine umfassende Abwägung zwischen dem privaten Suspensivinteresse des Antragstellers einerseits und dem öffentlichen und privaten Vollzugsinteresse (der Beigeladenen) andererseits. Hierbei kommt den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache - mithin der voraussichtlichen Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit des dort streitgegenständlichen Verwaltungsakts - maßgebliches Gewicht zu. Mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist insofern zu beachten, dass der Vollzug der vorzeitigen Besitzeinweisung irreparable Folgen für den Antragsteller hätte, die auch im Falle des Obsiegens in der Hauptsache nicht mehr rückgängig zu machen wären und einen schwerwiegenden Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht bedeuten würden. Daher ist mit Blick auf dieses zentrale Abwägungskriterium des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO aus verfassungsrechtlichen Gründen eine dem Hauptsacheverfahren angenäherte, erhöhte Prüfungsintensität zu Grunde zu legen; ein Rückzug auf eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Vollzugsfolgenabwägung ist regelmäßig unzulässig.

Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.; allgemein auch Schoch, in: Schneider/Schoch, VwGO, 40. Ergänzungslieferung Februar 2021, § 80, Rn. 411.

Nach diesen Maßstäben erweist sich der Antrag des Antragstellers als unbegründet.

Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den Begründungsanforderungen aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Hiernach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dieses Formerfordernis soll neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst zu werden. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen aber nicht überspannt werden. Diese muss nur einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich nicht lediglich auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerade nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. November 2016 - 8 B 1395/15 -, juris, Rn. 6 f. m.w.N.

Gemessen daran ist die Begründung der Vollziehungsanordnung im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat sich im streitgegenständlichen Besitzeinweisungsbeschluss auf fünf Seiten ausführlich und unter Bezugnahme auf den konkreten Einzelfall schriftlich mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung auseinandergesetzt, die aus seiner Sicht maßgeblichen öffentlichen und privaten Suspensiv- und Vollzugsinteressen dargelegt und zuletzt in einer Abwägungsentscheidung gegenübergestellt (vgl. Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung vom 7. Mai 2021, Geschäftszeichen 00 (Besitzeinweisungsbeschluss), S. 49-53). Hierbei stellt er im Ergebnis im Wesentlichen darauf ab, dass im Falle einer - zu erwartenden - Klageerhebung mit aufschiebender Wirkung die für die planmäßige Abraum- und Kohlegewinnung erforderliche Vorbereitung des Tagebauvorfeldes nicht termingerecht erfolgen könne. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen auf den planmäßigen und linearen Fortschritt der Abbaukante in Richtung Südwesten, weil ein Sicherheitsabstand von 100 m zu beachten sei, für den ein absolutes Betretungsverbot für jedermann gelte, und die Abbaukante zum 31. Dezember 2021 bereits weniger als 80 m von der östlichen Grenze des Grundstücks des Antragstellers entfernt sei. Dies wiederum hätte unmittelbare Auswirkungen auf den planmäßigen Fortschritt der einzelnen Abbausohlen, weil aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse im Tagebau Garzweiler nicht die Möglichkeit bestehe, die Abraum- und Kohlegewinnung für einen bestimmten Zeitraum auf einzelne Abbausohlen und dort auf einzelne Strossenabschnitte zu konzentrieren. In der Folge müsste die Gewinnungstätigkeit bei längerer Verfahrensdauer eingestellt werden, was die Versorgungssicherheit für Strom schwerwiegend beeinträchtigen würde (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 51 f.).

Dass sich diese Begründung in Teilen mit derjenigen des Verwaltungsakts selbst deckt, erweist sich ausnahmsweise als unschädlich. Denn bereits die vorzeitige Besitzeinweisung als streitgegenständlicher Verwaltungsakt ist nach § 97 Satz 1 BBergG nur dann zulässig, wenn die sofortige Ausführung des die Grundabtretung erfordernden Vorhabens dringend geboten ist. Die Gründe für den Erlass des Besitzeinweisungsbeschlusses decken sich insofern notwendigerweise mit den Gründen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung desselben. In einem solchen Fall ist die Behörde nicht gezwungen, im Rahmen der Begründung des Verwaltungsakts Gründe "zurückzuhalten", um sie als besondere Erwägungen bei der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung verwenden zu können.

Vgl. VG Halle (Saale), Beschluss vom 19. April 2010 - 3 B 39/10 -, juris, Rn. 4; Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg (OVG BB), Beschluss vom 28. September 2000 - 4 B 130/00 -, juris, Rn. 21 (zur Kongruenz von Erlass- und Vollzugsinteresse); Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 5. September 2019 - 13 AS 19.820 -, juris, Rn. 19 (zu § 65 Flurbereinigungsgesetz); aus der Literatur Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 97, Rn. 11.

Sofern der Antragsteller demgegenüber umfänglich vorträgt, dass die Begründung der sofortigen Vollziehung inhaltlich unzutreffend und rechtlich nicht tragfähig sei, vermag dies nach den vorgenannten Maßstäben von vornherein keine Verletzung des rein formellen Begründungserfordernisses aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zu begründen.

Auch die im Weiteren vorzunehmende, an den Erfolgsaussichten der Hauptsache auszurichtende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Der in der Hauptsache streitgegenständliche Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung erweist sich auch nach Maßgabe der verfassungsrechtlich eingeforderten Prüfungsintensität aller Voraussicht nach als rechtmäßig, weswegen die Hauptsacheklage 6 K 1323/21 keinen Erfolg haben dürfte, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für eine bergrechtliche vorzeitige Besitzeinweisung ist § 97 Satz 1 BBergG. Hiernach kann die zuständige Behörde den Grundabtretungsbegünstigten auf dessen Antrag schon vor Abschluss des Verfahrens in den Besitz des betroffenen Grundstücks einweisen, wenn die sofortige Ausführung des die Grundabtretung erfordernden Vorhabens aus den in § 79 BBergG genannten Gründen des Wohles der Allgemeinheit dringend geboten ist.

Der hierauf gestützte Besitzeinweisungsbeschluss erweist sich zunächst als formell rechtmäßig.

Die landesweite Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg für die Ausführung des BBergG folgt aus § 142 BBergG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Verordnungsermächtigungen auf dem Gebiet des Bergrechts. Ein Antrag (§ 97 Satz 1 BBergG) wurde von der Beigeladenen ebenfalls gestellt. Dabei kann dahinstehen, ob die für den Fall der Klageerhebung aufschiebend bedingte Antragstellung mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 als ausreichend zu erachten ist, da mit Schreiben vom 16. Februar 2021 auch eine unbedingte Antragstellung erfolgt ist. Dem Antragsteller wurde zudem gemäß § 97 Satz 2 BBergG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Angebot einer zusätzlichen mündlichen Verhandlung wurde von Antragstellerseite ausdrücklich abgelehnt.

Der Besitzeinweisungsbeschluss erweist sich weiterhin als materiell rechtmäßig.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 97 Satz 1 BBergG liegen vor. Die sofortige Ausführung des Vorhabens erweist sich aus den in § 79 BBergG genannten Gründen des Wohles der Allgemeinheit als dringend geboten.

Aus der Bezugnahme des § 97 Satz 1 BBergG auf die in § 79 BBergG genannten Gründe des Wohles der Allgemeinheit sowie der Funktion der vorzeitigen Besitzeinweisung folgt insofern zunächst das Erfordernis, dass das Grundabtretungsverfahren aller Voraussicht nach erfolgreich sein wird, d.h. der - wie im vorliegenden Fall - bereits erlassene, aber noch nicht gemäß § 92 BBergG ausgeführte,

vgl. zu dieser Konstellation nur Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 97, Rn. 6 m.w.N.,

oder noch zu erlassende Grundabtretungsbeschluss sich voraussichtlich als rechtmäßig erweist.

Vgl. VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 60; VG Cottbus, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 3 L 255/17 -, juris, Rn. 10; Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 97, Rn. 5 m.w.N.; Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 97, Rn. 4 ff. m.w.N.

Hiervon geht auch der streitgegenständliche Besitzeinweisungsbeschluss zutreffend aus (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 24). Da zumindest die hiernach inzident zu prüfende Grundabtretung den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG genügen muss, kann dahinstehen, ob die vorzeitige Besitzeinweisung ebenfalls als Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne einzuordnen und als solche ihrerseits an den Voraussetzungen des Art. 14 GG zu messen ist.

Vgl. ebenfalls offen gelassen durch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Januar 2017 - 1 BvR 2297/10 -, juris, Rn. 50.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Grundabtretungsbeschluss vom 17. Dezember 2020, Geschäftszeichen 00 (Grundabtretungsbeschluss) - welcher auch das zwischenzeitlich veräußerte und im hiesigen Verfahren nicht mehr streitgegenständliche Grundstück Gemarkung Immerath, Flur 00, Flurstück 00 erfasst - lagen vor.

Rechtsgrundlage für den Erlass eines bergrechtlichen Grundabtretungsbeschlusses sind die §§ 77 ff. BBergG. Diese Vorschriften erweisen sich nach Maßgabe einer verfassungskonformen Auslegung (noch) als verfassungsgemäß.

Vgl. grundlegend BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 196 ff.

Der hierauf gestützte Grundabtretungsbeschluss erweist sich zunächst als formell rechtmäßig.

Die landesweite Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg folgt auch insofern aus § 142 BBergG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Verordnungsermächtigungen auf dem Gebiet des Bergrechts. Ein schriftlicher Antrag (§ 77 Abs. 1 BBergG) wurde von der Beigeladenen mit Schreiben vom 16. Juli 2018 gestellt; dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 3. Juli 2020 modifiziert bzw. beschränkt, nachdem der Antragsteller zwischenzeitlich den Großteil seiner landwirtschaftlichen Flächen der Beigeladenen zur Nutzung überlassen hatte. Der Antragsteller wurde zur beabsichtigten Grundabtretung vor Beschlusserlass auch umfänglich angehört (§ 105 BBergG in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)).

Weiterhin hat die Beigeladene sich gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 1 a) BBergG ernsthaft um den freihändigen Erwerb der Grundstücke zu angemessenen Bedingungen bemüht. Als angemessen wird insofern regelmäßig das Angebot eines Kaufpreises angesehen, der dem Verkehrswert des Grundstücks entspricht.

Vgl. Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 79, Rn. 46 m.w.N.; Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 79, Rn. 26 m.w.N.

Das letzte Kaufpreisangebot der Beigeladenen bezüglich der von der Grundabtretung betroffenen Flächen betrug unstreitig 1,5 Millionen Euro (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 37) und lag damit deutlich über dem seitens des Antragsgegners gutachterlich ermittelten und für die Entschädigung nach den §§ 84 ff. BBergG zugrunde gelegten Verkehrswert von ca. 1,26 Millionen Euro (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 5). Dass der angebotene Kaufpreis unter dem tatsächlichen Verkehrswert gelegen habe bzw. das Angebot der Beigeladenen nicht ernstlich gewesen sei, wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht. Sofern er sich demgegenüber darauf beruft, dass die alternativen Angebote der Beigeladenen - namentlich der Erwerb anderer Hofstellen in Nordrhein-Westfalen bzw. Brandenburg sowie die Zurverfügungstellung von sog. rekultiviertem "Neuland" - keinen äquivalenten Ersatz für seine bisherige Hofstelle bedeutet hätten, vermag er hiermit nicht durchzudringen. § 79 Abs. 2 Nr. 1 a) BBergG normiert insofern nur die Pflicht des Grundabtretungsbegünstigten, soweit dies möglich und zumutbar ist geeignete andere Grundstücke aus dem eigenen Vermögen anzubieten. Von vornherein nicht erforderlich ist hiernach der Erwerb von Ersatzland, um dies dem Grundabtretungspflichtigen anbieten zu können.

Vgl. Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 79, Rn. 50 m.w.N.; Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 79 Rn. 26.

Die - vom Antragsteller letztlich aus verschiedenen Gründen stets ausgeschlagenen - Bemühungen der Beigeladenen, für diesen eine andere Hofstelle zu finden und zu erwerben, sind daher zumindest im Lichte der gesetzlichen Anforderungen an die Grundabtretung als überobligatorisch einzustufen. Sofern die Beigeladene dem Antragsteller demgegenüber in ihrem Eigentum stehendes Neuland als Ersatz für seine landwirtschaftlichen Flächen angeboten hat, handelte es sich um ein zusätzliches und angemessenes Erwerbsangebot im Sinne des § 79 Abs. 2 Nr. 1 a) BBergG. Dass diese Flächen unstreitig eine geringere landwirtschaftliche Wertigkeit aufweisen als das Altland des Antragstellers, lässt ihre grundsätzliche Geeignetheit für den Ackerbau nicht entfallen. Dass dort ggf. nicht in vollem Umfang die gleichen Feldfrüchte angebaut werden können, ändert hieran nichts. Zudem trug das Tauschangebot der Beigeladenen diesem Umstand durch einen prozentualen Flächenaufschlag Rechnung, der sich am konkreten Wertigkeitsunterschied orientierte. Dass dieser Flächenaufschlag in der Höhe zu gering gewesen und das Flächentauschangebot in der Folge nicht angemessen gewesen sei, wird vom Antragsteller nicht substantiiert geltend gemacht und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Darauf, ob im Sinne des § 79 Abs. 2 Nr. 1 b) BBergG alternative ("oder") Bemühungen zur Vereinbarung eines Nutzungsverhältnisses stattgefunden haben, kommt es in der Folge nicht an.

Die Beigeladene hat darüber hinaus gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 2 BBergG glaubhaft gemacht, dass die betroffenen Grundstücke innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet werden. Dies ergibt sich schon aus dem Verweis auf den zugelassenen Hauptbetriebsplan für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022 (Hauptbetriebsplan 2020-2022), wonach die Grundstücke ab dem 4. Quartal 2021 vorbereitend und bis Ende des Jahres 2022 endgültig bergbaulich in Anspruch genommen werden sollen (vgl. nur die bildliche Darstellung der Abbauführung zur Anlage 4.1. zum Hauptbetriebsplan 2020-2022).

Zuletzt hat das zuständige Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen bezüglich der bebauten Grundstücke die nach § 79 Abs. 3 Satz 1 BBergG erforderliche Zustimmung zur Grundabtretung mit Schreiben vom 23. November 2020 erteilt.

Der Grundabtretungsbeschluss erweist sich weiterhin als materiell rechtmäßig.

Nach § 77 Abs. 1 BBergG kann auf Antrag des Unternehmers eine Grundabtretung nach Maßgabe des ersten Kapitels im siebten Teil des BBergG durchgeführt werden, soweit für die Errichtung oder Führung eines Gewinnungsbetriebes oder Aufbereitungsbetriebes einschließlich der dazugehörigen, in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBergG bezeichneten Tätigkeiten und Einrichtungen die Benutzung eines Grundstücks notwendig ist.

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor.

Bei der Beigeladenen handelt es sich um einen Unternehmer im Sinne des § 4 Abs. 5 BBergG, welcher mit dem Tagebau Garzweiler II einen Gewinnungsbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 8 BBergG betreibt. Beim Rohstoff Braunkohle handelt es sich zudem um einen bergfreien Bodenschatz im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG, d.h. das Eigentum am Bodenschatz und an den darüber liegenden Grundstücken fällt auseinander (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG).

Die Grundabtretung ist für die Führung dieses Gewinnungsbetriebs einschließlich der dazugehörigen Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBergG auch notwendig im Sinne des § 77 Abs. 1 BBergG. Nach § 77 Abs. 2 BBergG ist dies insbesondere dann der Fall, wenn das Vorhaben einer technisch und wirtschaftlich sachgemäßen Betriebsplanung oder Betriebsführung entspricht und die Bereitstellung von Grundstücken des Unternehmers für diesen Zweck nicht möglich oder deshalb nicht zumutbar ist, weil die Benutzung solcher Grundstücke für andere Zwecke der in Absatz 1 bezeichneten Art unerlässlich ist. Insofern kann dahinstehen, ob zugelassenen Betriebsplänen zumindest in diesem Rahmen eine bindende (Tatbestands-)wirkung zukommt. Denn ihnen ist regelmäßig jedenfalls eine indizielle Bedeutung dahingehend zuzuschreiben, dass die planmäßige Führung des Gewinnungsbetriebs einer technisch sachgemäßen Betriebsführung entspricht und die Benutzung der hiernach betroffenen Grundstücke notwendig im Sinne des § 77 Abs. 1 BBergG ist.

Vgl. für eine beschränkte Bindungswirkung im Rahmen des § 77 Abs. 2 BBergG BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2006 - 7 C 11/05 -, juris, Rn. 26; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 29. September 2008 - 7 B 20/08 -, juris, Rn. 18; auf diese Rechtsprechung verweist - ohne Erwähnung der dortigen Beschränkungen - auch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 276; die Frage offen lassen bspw. VG Cottbus, Urteil vom 11. März 2021 - 3 K 1022/12 -, juris, Rn. 33 f VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 4496/18 -, juris, Rn. 47 m.w.N.; für die Grundabtretung wohl auch OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 11 B 1129/18 -, juris, Rn. 24 ff.; lediglich für eine faktische Indizwirkung demgegenüber VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 63 sowie noch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 5/90 -, juris, Rn. 41; aus der Literatur Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 77, Rn. 19; Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 77, Rn. 21 ff., jeweils m.w.N.

Der Abbau der Braunkohle unter dem Grundstück des Antragstellers und die hierfür notwendige bergbauliche Inanspruchnahme desselben entspricht sowohl der zum Erlasszeitpunkt des Grundabtretungsbeschlusses gültigen Leitentscheidung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (vgl. Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Leitentscheidung 2016: Eine nachhaltige Perspektive für das Rheinische Revier (Leitentscheidung 2016)), dem Braunkohlenplan Garzweiler II (1995), dem bestandkräftig zugelassenen Rahmenbetriebsplan (1997) als auch dem in den Verfahren 6 K 1433/21 und 6 K 1681/21 anderweitig angefochtenen, aber gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbaren und am 20. Dezember 2019 genehmigten Hauptbetriebsplan 2020-2022. Diese Planungen sehen unstreitig eine bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke des Antragstellers in Form vorbereitender Maßnahmen (vgl. § 4 Abs. 2 BBergG) ab dem 4. Quartal 2021 sowie eine Abbaggerung bis Ende 2022 vor.

Die hiernach zumindest indizierte Notwendigkeit der Grundabtretung zur planmäßigen Fortführung des Tagebaus Garzweiler II entfällt nicht deswegen, weil diese zwischenzeitlich planerisch überholt wäre. Insofern kann dahinstehen, ob im Rahmen der Inzidentprüfung eines Grundabtretungsbeschlusses nach § 97 Satz 1 BBergG auf die Sach- und Rechtslage im Erlasszeitpunkt oder - aufgrund der Qualifizierung der vorzeitigen Besitzeinweisung als Dauerverwaltungsakt - im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist.

Vgl. zu den maßgeblichen Zeitpunkten nur VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 6238/18 -, juris, Rn. 41 f. (Grundabtretung); VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 55 (Besitzeinweisung), jeweils m.w.N.

Denn auch die im Nachgang zur Grundabtretung geänderte Leitentscheidung (Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Leitentscheidung 2021: Neue Perspektiven für das Rheinische Braunkohlerevier (Leitentscheidung 2021)) sieht weiterhin eine bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke des Antragstellers für den Tagebau Garzweiler II vor. Der gegenläufigen Deutung der dort getroffenen Aussagen durch den Antragsteller kann nicht gefolgt werden. Zwar heißt es im Entscheidungssatz 5 der Leitentscheidung 2021:

"Der Gewinnungsbetrieb von Garzweiler II ist unter Berücksichtigung des KVBG innerhalb des künftigen Abbaubereichs so zu gestalten, dass eine Flächeinanspruchnahme im Tagebauvorfeld auf den zur Erbringung der Kohleförderung in der benötigten Menge zwingend notwendigen Umfang beschränkt und zeitlich vorrangig zunächst auf die Inanspruchnahme unbewohnter Ortschaften ausgerichtet wird." (vgl. Leitentscheidung 2021, S. 15, eigene Hervorhebung).

Aus der weitergehenden Begründung dieses Entscheidungssatzes ergibt sich jedoch eindeutig, dass sich der Passus "unbewohnte Ortschaften" - trotz des Umstands, dass der Antragsteller sowie weitere Personen dort weiterhin bzw. neuerdings wohnhaft sind - auch auf die Ortschaft Lützerath beziehen sollte:

"Dafür ist die Flächeninanspruchnahme im Tagebauvorfeld auf den zur Erbringung der Kohleförderung in der benötigten Menge zwingend notwendigen Umfang zu beschränken und zeitlich vorrangig zunächst auf die Inanspruchnahme der bereits weitgehend unbewohnten Ortschaften des zweiten Umsiedlungsabschnitts (Immerath und Lützerath) auszurichten. Denn die bereits am 1. Juli 2006 begonnene Umsiedlung der Ortschaften Immerath und Lützerath ist schon jetzt nahezu vollständig abgeschlossen." (vgl. Leitentscheidung 2021, S. 16, eigene Hervorhebung).

Auf die - zwischen den Beteiligten umstrittene - bergbautechnische Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit einer Umfahrung der Grundstücke des Antragstellers kommt es in der Folge zumindest an dieser Stelle nicht an. Ein zugelassener und betriebener Tagebau ist insofern gerichtlich nicht darauf zu hinterfragen, ob möglicherweise eine andere als die zugelassene Betriebsführung oder gar eine Stilllegung des Betriebs unter wirtschaftlichen und bergbautechnischen Gesichtspunkten realisierbar oder sachgerecht wäre.

Vgl. nur VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 6238/18 -, juris, Rn. 51 f. m.w.N.

Ebenfalls als nicht entscheidungserheblich erweist sich hier die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob diese Planungen mit Blick auf den zu prognostizierenden Braunkohlebedarf der Energiewirtschaft überholt und zu aktualisieren sind. Denn an dem Umstand, dass die Grundabtretung für eine planmäßige Fortführung des Tagebaus Garzweiler II im Sinne des § 77 Abs. 2 BBergG notwendig ist, würde dies nichts ändern.

Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 BBergG liegen ebenfalls vor. Hiernach ist die Grundabtretung im einzelnen Falle (nur) zulässig, wenn sie dem Wohle der Allgemeinheit dient, insbesondere die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, die Erhaltung der Arbeitsplätze im Bergbau, der Bestand oder die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur oder der sinnvolle und planmäßige Abbau der Lagerstätte gesichert werden sollen, und der Grundabtretungszweck unter Beachtung der Standortgebundenheit des Gewinnungsbetriebes auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. Bei der tatbestandlichen Maßstabsbildung ist allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese Vorschrift mit Blick auf Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eine weitgehende verfassungsrechtliche Überformung erfahren hat.

Vgl. grundlegend BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris; aus der Literatur zusammenfassend auch Rehs, in: Frenz, BBergG, 2019, § 77, Rn. 1 ff.; Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, Vorbemerkungen zu §§ 77-106, Rn. 9 ff.

Aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG folgt insofern zunächst, dass die Grundabtretung - als Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne - nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Es ist nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG weiterhin Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers, hinreichend konkret das die Enteignung legitimierende Gemeinwohlziel zu bestimmen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 169 ff. m.w.N.

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt § 79 Abs. 1 BBergG zumindest insofern, als eine Grundabtretung hiernach nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist und dort als mögliches Gemeinwohlziel die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen - nach der Systematik des Bundesberggesetzes zählen hierzu nur die in § 3 Abs. 3 und Abs. 4 BBergG namentlich aufgezählten bergfreien und grundeigenen Bodenschätze - normiert ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 201 ff.; zur Verfassungswidrigkeit einer weiteren Auslegung ("insbesondere") ebd., Rn. 200; zu den verfassungsrechtlichen Zweifeln an den in § 79 Abs. 1 BBergG darüber hinaus aufgeführten "Gemeinwohlzielen" ebd., Rn. 204.

Diese hinreichend konkrete und auch im vorliegenden Fall einschlägige gesetzliche Festlegung eines grundsätzlich tragfähigen Gemeinwohlziels im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG,

vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 205,

wird - unabhängig vom maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt - durch die Leitentscheidungen 2016 und 2021 bereits exekutiv zulässigerweise auf die Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle konkretisiert.

Vgl. ebenfalls zum Tagebau Garzweiler BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 283.

Auch die bundesgesetzlichen Regelungen des Gesetzes zur Beendigung der Kohleverstromung (Kohleverstromungsbeendigungsgesetz - KVBG) gehen im Übrigen von einer Braunkohleverstromung und -verarbeitung und damit von einem energiewirtschaftlichen Bedarf dieses Rohstoffes mindestens bis zum Jahr 2035 und spätestens bis zum Jahr 2038 (vgl. § 40 ff. KVBG sowie die in Anlage 2 festgelegten Stilllegungszeitpunkte für die einzelnen Braunkohleanlagen) und damit von einer zumindest noch bis mindestens 2035 andauernden Gemeinwohldienlichkeit des Braunkohleabbaus aus. Zuletzt wird die Gewinnung von Braunkohle zur Versorgung des Energiemarktes in den §§ 20 ff. des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen auch vom Landesgesetzgeber implizit vorausgesetzt. Auf die verfassungsrechtlich umstrittene bundesrechtliche Regelung des § 48 Abs. 1 KVBG, welche die energiepolitische und energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf zur Gewährleistung einer sicheren und zuverlässigen Energieversorgung konkret für den Tagebau Garzweiler II feststellt, kommt es daher an dieser Stelle nicht an.

Diese bundes- und landesrechtliche Grundentscheidung zugunsten einer Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle ist weiterhin unter - hier allein maßgeblichen - rechtlichen Punkten nicht zu beanstanden. Denn es ist zuallererst eine energiepolitische Entscheidung des Bundes und der Länder, mit welchen Energieträgern und in welcher Kombination der verfügbaren Energieträger sie eine zuverlässige Energieversorgung sicherstellen wollen. Diese Entscheidung ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, wie etwa der Versorgungssicherheit bei Nutzung einer bestimmten Energiequelle, der aus ihrer Verwendung resultierenden Kosten für Wirtschaft und Verbraucher, ihrem Einfluss auf den Klima- und Umweltschutz, den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt oder der gebotenen Rücksichtnahme auf europäische oder internationale Verpflichtungen. Bei der Gewichtung dieser Faktoren haben Bund und Länder einen erheblichen Einschätzungsspielraum. Auch die Beurteilung ihres Zusammenspiels hängt wiederum von politischen Wertungen und in erheblichem Umfang von schwierigen prognostischen Einschätzungen ab.

Einer gerichtlichen Kontrolle sind diese komplexen energiepolitischen Grundentscheidungen nur sehr begrenzt zugänglich. Das Grundgesetz bietet keinen Maßstab für die zu einem bestimmten Zeitpunkt allein verfassungsgemäße oder auch nur verfassungsrechtlich vorzugswürdige Energiepolitik des Bundes oder eines Landes. Auch die energiepolitische Grundentscheidung zugunsten des Abbaus eines fossilen Energieträgers kann daher - insbesondere wenn ihr wie im vorliegenden Fall schwierige politische und gesellschaftliche Abwägungs- und Kompromissfindungsprozesse im Rahmen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung ("Kohlekommission") vorausgegangen sind - gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob sie offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen ist, wie sie insbesondere in den Grundrechten - hier vor allem Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG - oder den Staatszielbestimmungen - hier insbesondere dem Art. 20a GG - zum Ausdruck kommen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 287; 289.

Dass der hiernach zurzeit weiterhin als gemeinwohldienlich definierte Braunkohleabbau zur Versorgung des Energiemarktes bereits zum heutigen Zeitpunkt offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit den vorgenannten verfassungsrechtlichen Wertungen wäre, ist trotz der unbestreitbaren Klima- und Umweltschädlichkeit des Braunkohleabbaus bzw. der Braunkohleverstromung sowie des fortschreitenden anthropogenen Klimawandels mit seinen weitreichenden Folgen auch für Deutschland,

vgl. hierzu zuletzt ausführlich BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 18 ff. m.w.N.,

angesichts der Vielzahl der weiteren, mit dem Klima- und Umweltschutz politisch abzuwägenden Faktoren, weiterhin nicht ersichtlich.

Vgl. hierzu 2013 bereits ausführlich BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 287 ff. (Garzweiler); ebenso im Ergebnis aus der aktuelleren Rechtsprechung VG Aachen, Urteil vom 3. November 2016 - 6 K 369/15 -, juris, Rn. 113 ff. (Hambach); VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 4496/18 -, juris, Rn. 65 ff. (Hambach); VG Cottbus, Urteil vom 11. März 2021 - 3 K 1022/12 -, juris, Rn. 39 ff. (Lausitz), jeweils m.w.N.

Aus dem vom Antragsteller angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz (KSG) a.F.,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris; hierzu im Überblick auch Faßbender, NJW 2021, 2085 und Schlacke, NVwZ 2021, 912,

ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dort - stark verkürzt - festgestellt, dass ein völlig unbegrenztes Fortschreiten der Erderwärmung ohne staatliches Gegensteuern nicht mehr im Einklang mit dem Grundgesetz stünde. Dem stehe neben den grundrechtlichen Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG vor allem das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG entgegen, welches der Bundesgesetzgeber - verfassungsrechtlich maßgeblich - durch das Ziel konkretisiert habe, die Erwärmung der Erde entsprechend den Zielen des Übereinkommens von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (Pariser Übereinkommen) auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 120 und 208 ff.

Eine Verletzung der Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht angesichts des weiterhin bestehenden, weiten Spielraums des Gesetzgebers und des auch insofern eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstabs derzeit jedoch nicht feststellen können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 151 ff.

Demgegenüber wurde vom Bundesverfassungsgericht zwar insofern bereits zum heutigen Zeitpunkt eine Grundrechtsverletzung festgestellt, als der Gesetzgeber es unterlassen habe, im Einklang mit dem Klimaschutzgebot aus Art. 20a GG ausreichende Vorkehrungen zu treffen, um die ‒ wegen der im KSG a.F. bis 2030 zugelassenen Emissionen in späteren Zeiträumen möglicherweise sehr hohen ‒ Emissionsminderungspflichten grundrechtsschonend zu bewältigen (sog. intertemporaler Freiheitsschutz). Hieraus folgt jedoch derzeit "nur" eine Pflicht des Gesetzgebers, eine diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Zielvorgaben des KSG für Zeiträume ab dem Jahr 2031 zu finden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Tenor zu 2. und Rn. 182 ff.; zur hier entwickelten Figur des intertemporalen Freiheitsschutzes nur Rutloff/Freihoff, NVwZ 2021, 917, 917 ff. und Schlacke, NVwZ 2021, 912, 914 ff.

Aus diesen verfassungsgerichtlichen Feststellungen zu den Emissionsmengenregelungen und Zielvorgaben des KSG a.F. lässt sich - ungeachtet der zwischenzeitlichen Revision des KSG - zumindest zum heutigen Zeitpunkt indes noch keine Verdichtung des Klimaschutzgebots sowie des Gebots intertemporalen Freiheitsschutzes hin zu einem verfassungsrechtlich zwingenden Gebot einer unmittelbaren bzw. gegenüber den bisherigen gesetzlichen Planungen zumindest vorzeitigen Beendigung gerade des Braunkohleabbaus bzw. der Braunkohleverstromung extrapolieren. Dies gilt selbst dann, wenn man dem vorstehenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit dem Antragsteller im Ansatz die Aussage entnimmt, dass nach Maßgabe des Art. 20a GG jegliche CO²-emittierende Tätigkeit darauf zu überprüfen ist, ob sie dem Erreichen der Klimaziele des Pariser Übereinkommens entgegensteht. Anders als mit Blick auf die Emissionsmengenregelungen und Zielvorgaben des KSG kann eine solche Feststellung mit Blick auf einzelne Vorhaben nämlich kaum getroffen werden. Einzelne - auch CO²-intensive - Vorhaben sind für sich genommen zumindest derzeit noch kaum geeignet, das trotz bestehender Berechnungsunsicherheiten als Orientierungspunkt fungierende nationale CO²-Restbudget,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 219 ff.,

alleine oder auch nur überwiegend zu verbrauchen. Ob die Klimaziele des Pariser Übereinkommens auch mit einem solchen Vorhaben theoretisch erreichbar bleiben und das Gebot eines grundrechtsschonenden Ausgleichs im Sinne des intertemporalen Freiheitsschutzes gewahrt wird, hängt in der Folge - ungeachtet komplexer Prognose- und Berechnungsschwierigkeiten bei der Ermittlung der Emissionen einzelner Vorhaben - stets davon ab, wieviel CO² an anderer Stelle noch emittiert werden darf bzw. prognostisch noch emittiert werden wird. Mit Blick auf das vorliegende Verfahren gilt dies selbst dann, wenn man mit dem Antragsteller als maßgebliche Emissionsmenge zugrunde legt, dass alleine die bislang für das Rheinische Revier (d.h. nicht nur für den Tagebau Garzweiler II) bis 2038 (d.h. nicht nur bis zur geplanten bergbaulichen Inanspruchnahme der streitgegenständlichen Grundstücke Ende 2022) vorgesehene Restfördermenge im Falle der Verstromung ca. 12 % des nationalen CO²-Restbudgets verbrauchen würde und prognostisch auch verbrauchen wird.

Die sich in der Folge notwendigerweise ergebenden schwierigen Allokations- und Prognosefragen bei der Ausgestaltung des Klimaschutzinstrumentariums, in deren Rahmen verschiedene Grundrechtspositionen sowohl aktuell als auch intertemporal in Ausgleich zu bringen sind, sind vor diesem Hintergrund auch von Verfassungs wegen noch nicht durch einzelvorhabenbezogene Gerichtsentscheidungen, sondern durch den Gesetzgeber im Rahmen einer ganzheitlichen Energie- und Klimaschutzpolitik zu entscheiden, die in ihrer Gesamtheit den vorstehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen standhalten muss. Diese Energie- und Klimapolitik ist jedoch ebenso wenig Gegenstand des hiesigen Verfahrens wie der Braunkohleabbau oder die Kohleverstromung in ganz Deutschland, im Rheinischen Revier oder auch nur im Tagebau Garzweiler II bis zum Kohleausstieg 2038 bzw. 2035. Vielmehr betrifft dieses alleine die Zulässigkeit einer konkreten vorzeitigen Besitzweinweisung zur unmittelbar anstehenden bergbaulichen Inanspruchnahme von Grundstücken im Rahmen des Hauptbetriebsplans 2020-2022 für den Tagebau Garzweiler II.

Eine darüber hinaus greifende Verdichtung der vorstehenden verfassungsrechtlichen Anforderung hin zu einem "Kohleausstiegsgebot", welches die gesetzgeberisch auf Bundes- und Landesebene festgelegte und untergesetzlich konkretisierte Gemeinwohldienlichkeit der Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle als offensichtlich und eindeutig unvereinbar mit verfassungsrechtlichen Wertungen erscheinen ließe, liefe vor diesen Hintergrund auf eine - angesichts der (noch) bestehenden Bandbreite verfassungskonformer Handlungsoptionen zum Erreichen der Pariser Klimaziele -,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 230 ff.; zum Budgetansatz ausführlich ebd., Rn. 215 ff.,

zumindest derzeit nicht zu rechtfertigende verfassungsrechtliche Determinierung eines isolierten Klimaschutzinstruments hinaus, die aufgrund des weiterhin zu konzedierenden politischen Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums in diesem Bereich mit dem rechtsstaatlichen Gewaltenteilungsprinzip nicht vereinbar wäre.

Vgl. zum politischen Gestaltungsspielraum in diesem Kontext bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 1194/03 -, juris, Rn. 108 ff. m.w.N.; zum zunehmenden Gewicht des Art. 20a GG bei Fortschritt des Klimawandels bzw. abnehmenden CO²-Restbudget demgegenüber nur Faßbender, NJW 2021, 2085, 2090 f.

Das vom Antragsteller an dieser Stelle angeführte DIW-Gutachten (DIW, Kein Grad weiter - Anpassung der Tagebauplanung im Rheinischen Braunkohlerevier zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze, Gutachten im Auftrag von Alle Dörfer bleiben (Kib e.V.) vom 11. Juni 2021) verdeutlicht dies. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass gerade eine Reduktion der Restfördermengen im Rheinischen Revier oder konkret im Tagebau Garzweiler II zum Erreichen der Pariser Klimaziele zwingend erforderlich wäre. Vielmehr arbeitet dieses Gutachten mit der Prämisse, dass die Energiewirtschaft überproportional zur Reduktion der CO²-Emissionen beitragen müsse, weil in diesem Sektor relativ leicht und kostengünstig auf Alternativen umgestiegen werden könne. Dem Energiesektor wird daher nur 20 % des nationalen CO²-Restbudgets zugeteilt (vgl. DIW-Gutachten, S. 5). Weiterhin wird dieses Restbudget gleichmäßig zwischen Stein- und Braunkohlekraftwerken sowie erneut unter den Braunkohlekraftwerken (und damit unter Braunkohlerevieren und Tagebauen) verteilt (vgl. DIW-Gutachten, S. 5 f.). Zuletzt werden den Berechnungen im Folgenden eine Vielzahl prognostischer Schätzungen zur Entwicklung des mittel- und langfristigen Braunkohlebedarfs zugrunde gelegt (vgl. DIW-Gutachten, S. 7 ff.). Damit nimmt das Gutachten jedoch diverse energie- und klimapolitische Allokationsentscheidungen und Prognosen vorweg, die dem zurzeit weiterhin anzuerkennenden energiepolitischen Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum von Bund und Ländern bei der Ausgestaltung einer zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele geeigneten Gesamtpolitik zuzuordnen sind.

Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller an dieser Stelle weiterhin mit seinem Vortrag, dass der Kohleausstieg nach Maßgabe des KVBG nicht mehr dem Reduktionspfad des KSG in seiner aktuellen Fassung vom 18. August 2021 entspräche, welcher für 2030 mit Blick auf den Energiesektor statt 175 Millionen Tonnen nur noch eine Emissionsmenge von 108 Millionen Tonnen vorsieht. Denn unabhängig vom hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Rüge, dass die in Deutschland aktuell eingesetzten Klimaschutzinstrumente (mithin auch der bisherige Kohleausstiegspfad) prognostisch nicht ausreichen würden, um die im KSG (a.F.) festgelegten Minderungsquoten zu erreichen, für sich genommen derzeit jedenfalls keinen Verstoß gegen Art. 20a GG bzw. die Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG begründet und sich die einfachgesetzlichen Anforderungen des KSG nicht zwingend mit den - an dieser Stelle alleine maßgeblichen - verfassungsrechtlichen Anforderungen decken.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 169 f. und 238.

Die Grundabtretung ist zur Erreichung dieses verfassungskonformen Gemeinwohlziels auch geeignet, da sie den Abbau der unter dem Grundstück liegenden Braunkohle ermöglicht und hierdurch einen Beitrag zur gemeinwohldienlichen Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle liefert.

Vgl. zu dieser Anforderung BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 182.

Die Grundabtretung ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels darüber hinaus erforderlich. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Erforderlichkeit der Grundabtretung für die Verwirklichung des dem Gemeinwohl dienenden Vorhabens - hier des Tagebaus Garzweiler II - und der Erforderlichkeit des Vorhabens selbst.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 182.

Die Grundabtretung ist für die Verwirklichung des Tagebaus Garzweiler II im obigen Sinne erforderlich.

Eine konkrete Enteignung dient in aller Regel nicht unmittelbar dem vom Gesetzgeber als "enteignungsfähig" bestimmten Wohl der Allgemeinheit, sondern der Verwirklichung eines konkreten Vorhabens, das seinerseits zur Erreichung des Gemeinwohlziels führen oder es substantiell fördern soll. Die Erforderlichkeit der einzelnen Enteignungsmaßnahme bestimmt sich in Bezug auf dieses konkrete Vorhaben. Die Enteignung ist nur erforderlich, wenn und soweit sie für die Verwirklichung des jeweiligen Vorhabens unverzichtbar ist, es hierfür also kein milderes Mittel gibt, das gleich geeignet wäre. Kann das Vorhaben hingegen in gleicher Weise auch ohne den Entzug privaten Eigentums - etwa statt der Enteignung von Grundstücken durch die Inanspruchnahme öffentlichen oder von privater Seite freiwillig zur Verfügung gestellten Grund und Bodens - verwirklicht werden, ist die Enteignung unzulässig.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 183 m.w.N.

Entspricht die Grundabtretung einer technisch und wirtschaftlich sachgemäßen Betriebsplanung oder Betriebsführung und ist die Bereitstellung von Grundstücken des Unternehmers für diesen Zweck nicht möglich oder deshalb nicht zumutbar im Sinne des § 77 Abs. 2 BBergG (s. hierzu bereits oben), dürfte die Erforderlichkeit der konkreten Enteignung indes regelmäßig gegeben sein. Denn in diesem Falle erweist sich die Enteignung denklogisch als unverzichtbar für die Verwirklichung der maßgeblichen Betriebsplanung, welche einen Abbau der unter dem Grundstück gelegenen Bodenschätze vorsieht.

Vgl. zur Maßgeblichkeit des durch den Rahmenbetriebsplan zugelassenen Vorhabens bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 3051/06 -, juris, Rn. 47 f. m.w.N. (Garzweiler).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat insofern unter Bezugnahme auf § 77 Abs. 2 BBergG das durch den Rahmenbetriebsplan konkretisierte Vorhaben zum (verfassungs-)rechtlichen Bezugspunkt erklärt:

"Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt inmitten des Tagebaus Garzweiler I/II. Sein Abbau ist für eine technisch und wirtschaftlich sachgemäße Betriebsführung (vgl. § 77 Abs. 2 BBergG) im Sinne des zugelassenen Rahmenbetriebsplans erforderlich. Eine Umfahrung des Grundstücks im Rahmen des Braunkohleabbaus würde nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts dazu führen, dass etwa 60 Millionen Tonnen Braunkohle nicht gewonnen werden könnten, zugleich würde dem Grundstück jede sinnvolle anderweitige Nutzungsmöglichkeit genommen. Eigene Grundstücke des Betreibers stehen für diesen Zweck naturgemäß ohnehin nicht zur Verfügung. Der Abbau dieses Grundstücks ist damit für die Umsetzung des Vorhabens Tagebau Garzweiler I/II im enteignungsrechtlichen Sinne erforderlich. Darauf, ob gerade die unter dem Grundstück des Beschwerdeführers liegende Braunkohle für die Energieversorgung unverzichtbar ist, kommt es nicht an. Bezugspunkt der Erforderlichkeitsprüfung für die Inanspruchnahme des Grundstücks ist das konkrete Vorhaben, nicht das mit ihm verfolgte Gemeinwohlziel."

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 226 (eigene Hervorhebung).

Dies erkennt auch der Antragsteller im Grundsatz an. Soweit er demgegenüber darauf verweist, dass hier deswegen etwas anderes gelten müsse, weil die dem Rahmenbetriebsplan zugrunde liegenden Planungen mit der Leitentscheidung 2021 zwischenzeitlich überholt seien, vermag er hiermit bereits aus den vorgenannten Gründen nicht durchzudringen.

In der Folge dürfte es auf die Frage, ob eine Umfahrung der Grundstücke des Antragstellers unter Abweichung von der planmäßigen Betriebsführung bergbautechnisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll wäre, erneut nicht ankommen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil mit den Ausführungen der Beigeladenen und des Antragsgegners nicht von einer solchen Umfahrungsmöglichkeit auszugehen ist.

Der Antragsteller stützt seinen diesbezüglichen Vortrag auf eine Ausarbeitung des Büros B. vom 12. März 2021. Hierbei handelt es sich allerdings im Wesentlichen um bildliche Darstellungen, welche für die Jahre 2022 bis 2029 zunächst einen Braunkohleabbau in einem Korridor zwischen Lützerath, Keyenberg und Beverath und in den darauffolgenden Jahren zwischen Lützerath, Holzweiler und Jackerath vorsehen. Die Ortschaft Lützerath wäre bei einer solchen Abbauführung nur durch eine 500 m schmale Landzunge mit der Ortschaft Holzweiler verbunden und an drei Seiten vom Tagebau umgeben. Die Böschungen wären ausweislich dieser bildlichen Darstellungen mit einem Neigungswinkel von 1:2,3 auszuführen. Weiterhin verweist der Antragsteller darauf, dass entsprechende "Halbinsellösungen" ebenso wie die durch das Büro B. projektierten Böschungswinkel bereits in anderen Tagebauen - teilweise durch die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin selbst - umgesetzt worden seien.

Es liegt insofern zunächst auf der Hand, dass es sich bei einer bildlichen Darstellung nicht um eine vollständige Abbauplanung im eigentlichen Sinne handelt, wie sie bei der Zulassung eines Betriebsplans im Sinne des § 55 Abs. 1 BBergG einzufordern wäre. Die Führung eines hochkomplexen bergbaulichen Großvorhabens kann offenkundig nicht alleine auf Grundlage solcher Darstellungen geplant werden. Die Beigeladene und der Antragsgegner sind den dort zugrunde gelegten Annahmen zudem fachlich substantiiert und nach Auffassung des Gerichts in der Sache plausibel entgegengetreten. Verkürzt seien hiernach die sich ergebenden Korridore im Norden und Süden von Lützerath zu schmal, um alle erforderlichen Gewinnungssohlen zu entwickeln. Auch verbliebe bei einer Böschungsneigung von 1:2,3 im laufenden Tagebaubetrieb nicht genug Platz für die erforderlichen Bandanlagen und Großgeräte. Diese Böschungsneigung sei im Übrigen viel zu steil für eine sich anschließende Zwischenrekultivierung bzw. gar für eine dauerhaft standsichere Tagebauseemulde. Erforderlich sei insofern eine deutlich flachere Neigung von 1:5. Eine Forcierung des Tagebaus zunächst nur im Bereich nördlich von Lützerath verbiete sich weiterhin deswegen, weil das dortige Kohle-Abraum-Verhältnis ungünstiger sei und ein Abbau nur in diesem Bereich für eine Versorgung der Kraftwerke in Neurath und Niederaußem nicht ausreiche. Probleme, welche die projektierte alternative Abbauführung darüber hinaus auf der Verkippungsseite mit sich brächte, würden vom Antragsteller nicht einmal angesprochen. Der Verweis auf zwei andere Tagebaue sei aufgrund der völlig unterschiedlichen Abbaubedingungen und geologischen Gegebenheiten an diesen Standorten von vornherein unbrauchbar. Zuletzt wäre auch fraglich, ob sich der Tagebausee in der vom Büro B. projektierten Form mit zwei schmalen Armen zu einem ökologisch wertvollen Gewässer entwickeln könne (vgl. hierzu insgesamt die Stellungnahme der Beigeladenen vom 13. April 2021 sowie den Aktenvermerk des Antragsgegners vom 28. April 2021, jeweils zusammengefasst und bewertet im Besitzeinweisungsbeschluss, S. 26 ff. sowie die Klageerwiderung der Beigeladenen vom 28. Juli 2021 im Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21, S. 18 ff.). Der Antragsgegner ist diesen Ausführungen nach eigener fachlicher Prüfung mit der Einschätzung gefolgt, dass eine solche alternative Betriebsplanung nicht gemäß § 55 Abs. 1 BBergG genehmigungsfähig wäre (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 30). Diesen fachlich substantiierten und nachvollziehbaren Ausführungen vermag der Antragsteller keine durchgreifenden Einwände entgegenzusetzen.

Zuletzt verfängt der Verweis auf diese alternative Tagebauführung im Rahmen der hiesigen Erforderlichkeitsprüfung auch deswegen nicht, weil von vornherein nicht ersichtlich ist, dass das Vorhaben dann in gleicher Weise ohne den Entzug privaten Eigentums - etwa durch die Inanspruchnahme öffentlichen oder von privater Seite freiwillig zur Verfügung gestellten Grund und Bodens - verwirklicht werden könnte.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 183 m.w.N.

Vielmehr wäre nach dem Sankt-Florian-Prinzip auch insofern die Inanspruchnahme privater Flächen notwendig, welche der Beigeladenen nach ihrem insofern unbestritten gebliebenen Vortrag jedenfalls noch nicht vollständig freiwillig zur Verfügung gestellt wurden. Die vom Antragsteller angeregte Beweiserhebung zur bergbautechnischen Durchführbarkeit der alternativen Abbauplanung des Büros B. durch Vernehmung eines sachverständigen Zeugen war im hiesigen Eilverfahren bereits aus diesem Grunde nicht angezeigt. Soweit der Antragsteller daneben auf die alternative Abbauführung nach Maßgabe des DIW-Gutachtens verweist, greift dies schon deswegen nicht durch, weil dieses Gutachten eine von der hier maßgeblichen energiepolitischen Bedarfsfeststellung grundlegend abweichende Restfördermenge aus dem Tagebau Garzweiler II zugrunde legt.

Der Tagebau Garzweiler II erweist sich weiterhin im geplanten Umfang als für die Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle erforderlich.

Das Vorhaben seinerseits muss insofern nicht gleichermaßen unverzichtbar für das Erreichen des gesetzlich vorgegebenen Gemeinwohlziels sein wie die einzelne Enteignungsmaßnahme im Hinblick auf das Vorhaben. Für die Erforderlichkeit des Vorhabens genügt vielmehr, dass es zum Wohl der Allgemeinheit vernünftigerweise geboten ist. Das ist bereits dann der Fall, wenn das konkrete Vorhaben in der Lage ist, einen substantiellen Beitrag zur Erreichung des Gemeinwohlziels zu leisten. Nicht erforderlich ist folglich, dass ohne das Vorhaben die Energieversorgung (unmittelbar) gefährdet wäre.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 184 f. m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 3051/06 -, juris, Rn. 65 ff.

Dass der Tagebau Garzweiler II zurzeit noch ein wesentlicher Baustein im oben skizzierten Energiekonzept des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Bundesrepublik ist und nach den dort weiterhin zu erschließenden Braunkohlevorräten einen substantiellen Beitrag zur Erreichung des Gemeinwohlziels der Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle leisten kann, ergibt sich unmittelbar aus dem bereits erzielten und bei planmäßigem Betrieb prognostizierten Ertrag dieses Tagebaus.

Vgl. bereits BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 299 f.

Im Grundabtretungsbeschluss führt der Antragsgegner zur Bedarfsfeststellung diesbezüglich unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 KVBG nebst der hierzu vorliegenden Gesetzesbegründung sowie die damals gültige Leitentscheidung 2016 aus, dass im Tagebau Garzweiler 2019 rund 23 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert wurden und der Anteil des Tagebaus an der im Rheinischen Revier zur Verstromung eingesetzten Kohle bei rund 40 % liege, weswegen ihm bis zum endgültigen Kohleausstieg weiterhin eine bedeutende Rolle für die Stromversorgung zukomme. Insbesondere verbleibe der Tagebau Garzweiler II nach den Beschlüssen der Kohlekommission zur Verkleinerung des Tagebaus Hambach nach 2030 perspektivisch als einziger Tagebau zur Versorgung der Kraftwerke in Neurath und Niederaußem (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 15 ff.; 20 f.).

Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller mit seinem Vortrag, dass diese energiepolitische Bedarfsfeststellung angesichts neuerer Erkenntnisse sowie aktueller bzw. sich voraussichtlich wandelnder energiewirtschaftlicher und klimapolitischer Rahmenbedingungen in ihrem Umfang überholt sei und die zur Versorgung des Energiemarktes prognostisch erforderlichen Restfördermengen aus dem Tagebau Garzweiler II tatsächlich weitaus geringer ausfielen als bislang vorgesehen. Denn auch die Frage, wieviel Braunkohle insgesamt sowie konkret aus einem bestimmten Tagebau in Zukunft voraussichtlich noch für den Markt zur Verfügung stehen muss, ist als energiepolitische Entscheidung mit komplexen Abwägungs- und Prognoseelementen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich.

Vgl. VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 4496/18 -, juris, Rn. 80; in der Sache auch OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 3051/06 -, juris, Rn. 82 ff.

Die energiepolitische Bedarfsfeststellung für den Tagebau Garzweiler II im vorgenannten Umfang ist vor diesem Hintergrund jedenfalls aus rechtlicher Perspektive nicht zu beanstanden; ein durchgreifender Prognosefehler des Antragsgegners ist nicht ersichtlich. Denn mit Blick auf den mittel- und langfristig zu prognostizierenden Braunkohlebedarf der Energiewirtschaft existiert - unabhängig vom maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt - weiterhin eine äußerst heterogene und keinesfalls eindeutige Erkenntnislage.

Die aktuelle Leitentscheidung 2021, auf die sich der Besitzeinweisungsbeschluss insofern ergänzend bezieht (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 16 ff.), wertet diesbezüglich elf fachspezifische Studien aus. Im Ergebnis werden hierbei unterschiedliche Energieprognosen und -szenarien sowie hiermit zusammenhängende Entwicklungskorridore für die Stromerzeugung aus Braunkohle ausgemacht. In der Zeit bis 2025 wird in allen Szenarien Braunkohle zur Stromerzeugung in Deutschland eingesetzt, wobei die Mehrzahl der Szenarien eine Stromerzeugung zwischen 100 und 110 TWh, mindestens jedoch 64 TWh prognostizieren. Nur ein Szenario weicht hiervon mit 20 TWh deutlich nach unten ab. Für den Zeitraum bis 2030 reicht die Spannweite demgegenüber von 0 bis 84 TWh, wobei die Mehrzahl der Szenarien eine Stromerzeugung von 58 bis 65 TWh prognostiziert. Für den Zeitraum bis 2035 sieht demgegenüber ein gleicher Anteil an Szenarien einerseits eine Stromerzeugung zwischen 46 und 60 TWh, anderseits keine Stromerzeugung aus Braunkohle mehr vor; die restlichen Szenarien liegen in ihrer Prognose dazwischen (vgl. Leitentscheidung 2021, S. 4 f.). Vor diesem Hintergrund kommt die Landesregierung zu der Erkenntnis, dass der Abbau von Braunkohle - auch aus dem Tagebau Garzweiler II - zumindest noch bis 2030 einen substanziellen Beitrag zur Stromversorgung zu leisten habe und auch darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung und zur Versorgungssicherheit leisten wird (vgl. Leitentscheidung 2021, S. 5).

Unabhängig davon, ob sich aus den vom Antragsteller angeführten Studien (vgl. BET, Ermittlung von Folgekosten des Braunkohletagebaus bei einem gegenüber aktuellen Braunkohle- bzw. Revierplänen veränderten Abbau und Bestimmung der entsprechenden Rückstellungen, Gutachten vom 14. Dezember 2020 im Auftrag des BMWi (BET-Gutachten) sowie das DIW-Gutachten) überhaupt zwingend eine gegenläufige Erkenntnis gewinnen lässt, ist diese Einschätzung angesichts der beschriebenen Spannbreite der fachlich prognostizierten Szenarien jedenfalls nicht unvertretbar und in der Folge gerichtlich nicht zu beanstanden. Die neuen Emissionsmengenregelungen für den Energiesektor im KSG aktueller Fassung vom 18. August 2021 ändern hieran ebenso wenig wie etwaige zukünftige Entwicklungen (s. hierzu auch unten).

Dasselbe gilt erst recht für die im Grundabtretungsbeschluss - neben dem Entwurf der Leitentscheidung 2021 - maßgeblich zugrunde gelegte Leitentscheidung 2016 (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 12 ff.). Denn die zum damaligen Zeitpunkt für die energiepolitische Bedarfsfeststellung ausgewerteten Studien (vgl. Leitentscheidung 2016, S. 4 ff.) prognostizierten sogar noch bis 2040 einen Braunkohlebedarf der Energiewirtschaft.

Vgl. im Ergebnis ebenso (auch auf Grundlage der Leitentscheidung 2016) VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 6238/18 -, juris, Rn. 80 ff.

Auf die im Hinblick auf ihre formelle und materielle Verfassungskonformität umstrittene Vorschrift des § 48 Abs. 1 KVBG,

vgl. hierzu nur Hermes, Bundesgesetzgebungskompetenz für die Bedarfsfeststellung einer einzelnen Braunkohletagebaufläche? - zur Verfassungswidrigkeit von § 48 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes -, Kurzgutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Februar 2021; Schomerus, NuR (2021) 43, 378 ff.; Spieth/Hellermann, NuR (2021) 43, 386 ff.; das Bundesverfassungsgericht hat eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 2020 - 1 BvR 2126/20 -, juris,

welche die energiepolitische und energiewirtschaftliche Notwendigkeit sowie den vordringlichen Bedarf zur Gewährleistung einer sicheren und zuverlässigen Energieversorgung für den Tagebau Garzweiler II in den Grenzen der Leitentscheidung 2016 zusätzlich bundesgesetzlich festschreibt, kommt es mit Blick auf die diese Entscheidung eigenständig nachvollziehende und im Ergebnis gleichlautende energiepolitische Bedarfsfeststellung der Landesregierung für den Tagebau Garzweiler II in der Leitentscheidung 2021 (vgl. Leitentscheidung 2021, S. 4 und 5 f.) auch an dieser Stelle nicht entscheidungserheblich an. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG erweist sich im hiesigen Eilverfahren bereits aus diesem Grunde nicht als notwendig.

Im Übrigen ist zu beachten, dass die Grundstücke des Antragstellers bereits bis Ende 2022 zur Gewinnung der darunter liegenden Braunkohle abgebaggert werden sollen. Selbst bei Annahme eines massiven Rückgangs der Marktnachfrage nach Braunkohle und damit auch der Restfördermengen aus dem Tagebau Garzweiler II dürfte ein solcher "faktischer Kohleausstieg" bis 2030 (vgl. insofern auch die eidesstattliche Versicherung von Frau Prof. Dr. C. vom 30. September 2021 (Stellungnahme Prof. C.), S. 3) für den Antragsteller bei planmäßiger Abbauführung zu spät kommen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Leitentscheidung 2021 zu lesen, welche gerade aufgrund bestehender Prognoseunsicherheiten in einem dynamischen energiewirtschaftlichen und -politischen Kontext eine vorrangige Inanspruchnahme der (weitgehend) unbewohnten Ortschaften Lützerath und Immerath vorsieht. Denn hiermit wird für den Fall eines stärker als prognostizierten Rückgangs der Restfördermengen bzw. eines formal frühzeitigen Kohleausstiegs die Möglichkeit offen gehalten, die noch in größerem Ausmaß bewohnten Ortschaften Kuckum, Keyenberg, Beverath sowie Unter- und Oberwestrich ggf. doch noch erhalten zu können.

Auch insofern kann der Antragsteller im Übrigen weder auf eine alternative Abbauführung (s. hierzu bereits oben), noch auf etwaige Möglichkeiten verweisen, den bis dahin noch bestehenden Braunkohlebedarf (teilweise) aus anderen Tagebauen (insbesondere Hambach) zu decken. Letzteres folgt schon daraus, dass in den allermeisten Fällen bergrechtlicher Grundabtretungen vergleichbare Vorhaben in Frage kommen werden, die dem verfolgten Gemeinwohlziel ebenso dienen könnten wie dasjenige, für welches die hier streitgegenständliche Grundabtretung vorgenommen wird. Würde man zulassen, dass die Betroffenen eines Vorhabens darauf verweisen können, dass das Gemeinwohlziel auch durch ein anderes Vorhaben erreicht werden könnte, wäre letztlich keines dieser Vorhaben mehr durchführbar.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 184.

Der Grundabtretungsbeschluss erweist sich zuletzt auch als angemessen.

Insofern ist erneut zwischen der Angemessenheit der einzelnen Enteignungsmaßnahme und des konkreten Vorhabens, für das enteignet wird, zu unterscheiden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 186.

Die einzelne Enteignungsmaßnahme ist (nur) dann als angemessen anzusehen, wenn der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zum Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet. Die nach Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG für die Enteignung geschuldete Entschädigung ist insofern ohne Belang; sie mindert das Gewicht des Eingriffs nicht, sondern ist lediglich zwingende Folge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Enteignung.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 187.

Nach diesen Maßstäben erweist sich zunächst die konkrete Grundabtretung als angemessen.

Im Rahmen der an Art. 14 Abs. 1 GG auszurichtenden Abwägung ist insofern zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht zwar offen gelassen hat, ob ein aus Art. 11 GG abzuleitendes "Recht auf Heimat" anzuerkennen ist,

vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 263 ff.,

aber im Gegenzug betont hat, dass der das Grundeigentum entziehende Zugriff zusätzliche Schwere erlangt, wenn er auf Eigentum trifft, das zu dauerhaftem Wohnen genutzt wird, und damit gewachsene soziale Beziehungen der Eigentümer zu ihrem auch örtlich geprägten Umfeld zerstört. Denn das Eigentumsgrundrecht ist in erster Linie Grundlage persönlicher Freiheit und Selbstentfaltung auch in seinen konkreten örtlichen und sozialen Bezügen. Ein gewisser Schutz des zur "Heimat" gewachsenen sozialen Umfelds ist damit im Ergebnis durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet. Dabei wiegt der Eingriff umso schwerer, je umfassender und für die Freiheitsentfaltung gravierender die mit dem Entzug des Wohneigentums verbundene Beeinträchtigung oder gar Vernichtung des Wohnumfelds ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 168; 270; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, juris, Rn. 171.

Dies vorausgeschickt ist im hiesigen Kontext zu Gunsten des Antragstellers anzuerkennen, dass die Grundabtretung eine seit mehreren Generationen in Familienbesitz befindliche Hofstelle betrifft, diese für den Antragsteller einen starken Erinnerungsort darstellt und eine große emotionale Verbundenheit zu den Örtlichkeiten besteht. Darüber hinaus wird diese Hofstelle unstreitig seit 00 (wieder) durch den Antragsteller selbst bewohnt; nach dessen Vortrag besteht auch eine feste soziale Bindung an das örtliche Umfeld. Zuletzt dient die Hofstelle dem Antragsteller als Landwirt nach eigenem Vortrag weiterhin als wirtschaftliche Lebensgrundlage, weswegen der Eingriff auch den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG tangiert. Insgesamt ist daher von einer besonderen individuellen Schwere des Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht des Antragstellers auszugehen.

Teilweise entkräftet wird diese Annahme indes dadurch, dass der Antragsteller unstreitig erst 00 (wieder) nach Lützerath auf den Familienhof gezogen ist. Zu diesem Zeitpunkt war das dortige örtliche Umfeld aufgrund des Rahmenbetriebsplans 1997 bereits seit vielen Jahren durch das Bewusstsein geprägt, dass eine Abbaggerung des Ortes aller Voraussicht nach stattfinden wird. Spätestens mit Zulassung eines solchen Rahmenbetriebsplans setzt in den betroffenen Gemeinden zudem typischerweise ein Abwanderungsprozess von Menschen, Betrieben und sonstigen öffentlichen und privaten Einrichtungen ein, der zu einer zunehmend massiven Veränderung des sozialen und städtebaulichen Umfelds führt,

vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 277,

welche 00 schon weit fortgeschritten gewesen sein dürfte. Die Umsiedlung der Ortschaft Lützerath bzw. der größeren Nachbarortschaft Immerath nach dem am 16. Februar 2005 genehmigten Braunkohlenplan "Umsiedlung Immerath-Pesch-Lützerath" (Umsiedlungsplan Immerath-Pesch-Lützerath) hatte bereits im Jahr 2006 begonnen und sollte 2019 bzw. 2017 eigentlich abgeschlossen sein (vgl. Umsiedlungsplan Immerath-Pesch-Lützerath, S. 27). Neu-Immerath wurde als Zuzugsort für die Umsiedler aus Lützerath und Immerath bereits ab 2006 errichtet; der Rückbau von Immerath begann bereits 2013 und ist seit 2018 abgeschlossen. Der Umsiedlungs- und Abwanderungsprozess war mithin zum Zeitpunkt des erneuten Zuzugs des Antragstellers nach Lützerath bereits in vollem Gange. Abgesehen von neu zugezogenen Bewohnern (s. dazu sogleich) war der Antragsteller in der Folge seit geraumer Zeit sogar der letzte verbleibende Bewohner von Lützerath. Es liegt auf der Hand, dass selbst für eine ortskundige und ortsbekannte Person wie den Antragsteller, der die Hofstelle in Lützerath auch während seiner anderweitigen Wohnsitznahme nicht vollständig aufgegeben hatte, bei einem Zuzug in ein derart vorgeprägtes und auf Wegzug ausgerichtetes Wohnumfeld - zumal in einem Zeitraum von nur ca. 00 Jahren - regelmäßig keine schützenswerten sozialen Bindungen von einem Gewicht mehr aufgebaut werden können, wie sie an anderer Stelle ggf. über Jahrzehnte erwachsen können.

Sofern demgegenüber in den letzten Monaten durch vorübergehende Zuzüge temporär ein neues soziales Wohnumfeld entstanden ist, stand auch dies von vornherein unter der Prämisse, dass nach den maßgeblichen Planungen eine bergbauliche Inanspruchnahme des Ortes spätestens im Jahr 2022 erfolgen würde. Mit jahrelang gewachsenen sozialen Strukturen und einer hieraus resultierenden sozialen Bindung an das Wohnumfeld ist auch dies zumindest nicht vollumfänglich zu vergleichen.

Weiterhin ist in Rechnung zu stellen, dass der Antragsteller den Großteil der zur Hofstelle gehörenden landwirtschaftlichen Flächen bereits vor Erlass des Grundabtretungsbeschlusses zur Nutzung vertraglich an die Beigeladene überlassen hat. Ob dies "freiwillig" oder unter dem Druck drohender Enteignung geschah, kann dahinstehen. Von den ursprünglich ca. 100 ha landwirtschaftlicher Fläche verblieb dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Grundabtretung einschließlich der bebauten Grundstücke nach Kenntnis des Gerichts jedenfalls nur noch eine in seinem Eigentum stehende Fläche von insgesamt ca. 3,6 ha zur Eigennutzung. Nach Erlass des Grundabtretungsbeschlusses wurde hiervon eine weitere Fläche von 0,39 ha an eine dritte Person veräußert. Die zurzeit daneben ebenfalls noch bewirtschaftete Fläche von 16,75 ha Neuland wird - unabhängig davon, dass sie nicht in unmittelbarer Nähe zur Hofstelle gelegen ist - ab dem 1. November 2021 nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. die Klageerwiderung der Beigeladen vom 28. Juli 2021 im Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21, S. 26). Ob die dann verbleibende Fläche noch ausreichend ist, um sich mit der Hofstelle alleine eine wirtschaftliche Lebensgrundlage zu schaffen, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls dürfte die Bedeutung der aus diesem kleinteiligen landwirtschaftlichen Betrieb generierten Einkünfte zwischenzeitlich in nicht unerheblichen Maße hinter denjenigen zurückstehen, die der Antragsteller aus den Nutzungsüberlassungsverträgen mit der Beigeladenen generiert (vgl. § 3 b) der Nutzungsüberlassungsverträge vom 13. Dezember 2018, 12. Juni 2019 und 26. März 2020). Soweit der Antragsteller geltend macht, er benötige die Hofstelle auch für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung "gegebenfalls anderer Flächen" ist nicht ersichtlich, um welche es sich hierbei handeln soll. Dass der Kläger diese Hofstelle in Zukunft zum Aufbau einer neuen landwirtschaftlichen Existenz unter Nutzung anderweitiger Flächen nutzen möchte, fällt jedenfalls nicht mit derselben Schwere ins Gewicht wie der Entzug einer intakten (land-)wirtschaftlichen Existenzgrundlage.

In der nachvollziehenden Abwägung der gegenläufigen Interessen wiegt vor diesem Hintergrund der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens Garzweiler II leistet, im Ergebnis schwerer als der konkrete Eigentumsentzug für den Antragsteller. Jedenfalls für eine planmäßige Betriebsführung erweist sich die Grundabtretung als zwingend notwendig (vgl. hierzu bereits oben). Der Antragsgegner und die Beigeladene haben darüber hinaus fachlich substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass ohne die Grundabtretung nicht nur der planmäßige Abbau der unmittelbar unter den Grundstücken gelegenen Braunkohle unmöglich würde. Vielmehr wäre eine Umfahrung der mitten im Abbaukorridor gelegenen Grundstücke für die Beigeladene zumindest mit großen bergbautechnischen Problemen, wirtschaftlichen Verlusten und Versorgungsengpässen bei den Kraftwerken in Niederaußem und Neurath verbunden (s. hierzu unten).

Der Tagebau Garzweiler II erweist sich ebenfalls als angemessen.

Das konkrete Vorhaben, für das enteignet wird, erweist sich nur dann als angemessen, wenn dessen Bedeutung in einem angemessenen Verhältnis zu den hierdurch beeinträchtigten Belangen steht. Ob dies der Fall ist, muss anhand einer nachvollziehenden Gesamtabwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Allgemeinwohlbelangen einerseits und den durch seine Verwirklichung beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belangen andererseits entschieden werden. In dieser Gesamtabwägung ist auf der einen Seite zu werten und zu würdigen, ob und inwieweit das jeweilige Vorhaben das Gemeinwohlziel zu fördern in der Lage ist, wobei die grundsätzliche "Enteignungswürdigkeit" des verfolgten gemeinen Wohls bereits durch den Gesetzgeber vorgegeben wird. Dem sind auf der anderen Seite nicht nur die durch das Vorhaben nachteilig betroffenen privaten Rechtspositionen in ihrer Gesamtheit, sondern auch die ihm entgegenstehenden öffentlichen Belange gegenüberzustellen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 188.

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht auch die gefestigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Hiernach ist eine Enteignung zur Gewinnung eines Bodenschatzes ebenfalls nur aufgrund einer Gesamtabwägung zulässig. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung ist nicht nur zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der Gewinnung gerade des bestimmten Bodenschatzes zur Versorgung des Marktes mit Rohstoffen und damit im Ergebnis gleichlaufend das durch eine Bergbauberechtigung gesicherte Interesse des Bergbautreibenden an dessen Gewinnung und Verwertung so gewichtig sind, dass es den Zugriff auf privates Eigentum erfordert. Zu prüfen ist auch, ob andere, gewichtigere Allgemeinwohlinteressen, beispielsweise solche des Landschaftsschutzes, des Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft, der Raumordnung oder des Städtebaus der Gewinnung des Bodenschatzes an dieser Stelle entgegenstehen. Hierzu zählt bei Vorhaben, die in größerem Ausmaß Umsiedlungen erfordern, insbesondere auch eine nähere Würdigung des Ausmaßes solcher Umsiedlungen insgesamt, ihrer konkreten Bedeutung für die Gesamtheit der Betroffenen sowie der insoweit getroffenen Ausgleichsmaßnahmen. Eine diese öffentlichen Belange einbeziehende Entscheidung können auch Private verlangen, deren Eigentum für das Vorhaben in Anspruch genommen werden soll; denn ein Vorhaben, das zwar dem gesetzlich bestimmten Enteignungszweck dient, dem aber überwiegende öffentliche Interessen anderer Art entgegenstehen, dient nicht dem Allgemeinwohl. Dafür ist eine Enteignung nicht zulässig.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 216 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 5/90 -, juris sowie BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 7 C 16/09 -, juris.

Dabei ist zu beachten, dass eine entsprechende Gesamtabwägung gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG,

vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2006 - 7 C 11/05 -, juris, Rn. 16 ff., ausführlich zuletzt auch VG Freiburg, Urteil vom 5. November 2020 - 10 K 2788/19 -, juris, Rn. 34 ff. m.w.N.,

sowie von Verfassungs wegen,

vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 318 ff.,

zwar bereits bei der Genehmigung einer Rahmenbetriebsplanung vorzunehmen ist. Diese Abwägungsentscheidung unterscheidet sich in der Sache nicht von derjenigen, die im Rahmen einer konkreten Grundabtretungsentscheidung zu treffen ist. Es ist jeweils dieselbe Gesamtabwägung zu dem Vorhaben, die beim Angriff gegen die Zulassung des Betriebsplans unmittelbar und bei der Anfechtung der Grundabtretung inzident Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens ist. Unterschiede ergeben sich insoweit allenfalls im Hinblick auf den geringeren Konkretisierungsgrad der Rahmenbetriebsplanung gegenüber einem den Abbau gestattenden Hauptbetriebsplan, in dessen Vollzug die Grundabtretungen erfolgen. Dementsprechend unterscheidet sich die gerichtliche Prüfungstiefe auch nicht gegenüber beiden Formen der Gesamtabwägung.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 318; in der Sache wohl auch BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 7 C 16/09 -, juris, Rn. 23: "Beide Voraussetzungen sind nicht identisch, können sich aber überschneiden".

Bestandskräftige Rahmenbetriebspläne entfalten in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung jedoch keine enteignungsrechtliche Vorwirkung dergestalt, dass hiermit die Zulässigkeit einer Enteignung der durch die zugelassene Planung betroffenen Grundstücke abschließend festgestellt wäre und das "Ob" der Enteignung in der Folge nicht mehr in Frage gestellt werden könnte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 7 C 16/09 -, juris, Rn. 24; Beschluss vom 29. September 2008 - 7 B 20/08 -, juris, Rn. 14 ff.; Beschluss vom 20. Oktober 2008 - 7 B 21/08 -, juris, Rn. 12.

Ob ihnen insgesamt oder in Entscheidungsteilen im hiesigen Kontext eine anderweitige - über § 77 Abs. 2 BBergG hinausgehende - Bindungswirkung für nachgelagerte Grundabtretungsverfahren zukommt, wurde vom Bundesverwaltungsgericht demgegenüber zunächst ausdrücklich offen gelassen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 7 C 16/09 -, juris, Rn. 24; Beschluss vom 29. September 2008 - 7 B 20/08 -, juris, Rn. 18; Beschluss vom 20. Oktober 2008 - 7 B 21/08 -, juris, Rn. 15 ff.; anders wohl noch Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 5/90 -, juris, Rn. 40 f.

Das Bundesverfassungsgericht hat unter anderem im Nachgang zu dieser Judikatur jedoch klargestellt, dass von Verfassungs wegen in jedem Grundabtretungsverfahren regelmäßig (erneut) eine umfassende Abwägungsentscheidung aller privater und öffentlicher Belange zu treffen und ggf. gerichtlich zu überprüfen ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 233 ff. und 272.

Dem hat sich die neuere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - in der Sache angeschlossen.

Vgl. VG Cottbus, Urteil vom 11. März 2021 - 3 K 1022/12 -, juris, Rn. 55 ff.; VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 73 ff.; VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 4496/18 -, juris, Rn. 117 ff.

Die gerichtliche Überprüfung dieser nachvollziehenden Gesamtabwägung ist allerdings nach allgemeinen Grundsätzen insoweit beschränkt, als die Entscheidung darüber, ob eine Maßnahme mehr schadet als nützt oder das Vorhaben in geeigneter Weise auch anders verwirklicht werden könnte, wertende Einschätzungen, Prognosen und Abwägungen voraussetzt, die vom Gericht nicht durch eigene zu ersetzen, sondern als rechtmäßig hinzunehmen sind, soweit sie fachlich und methodisch einwandfrei zustande gekommen und in der Sache vernünftig sind, d.h. die einzustellenden Belange nachvollziehbar untereinander und gegeneinander abgewogen wurden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1986 - 4 C 6/84 -, juris, Rn. 21; unter Bezugnahme auf diese Entscheidung auch VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 4496/18 -, juris, Rn. 120 f.; in der Sache zudem VG Aachen, Urteil vom 3. November 2016 - 6 K 369/15 -, juris, Rn. 144 (Rahmenbetriebsplan Hambach).

Nach diesen Maßstäben erweist sich der Tagebau Garzweiler II als angemessen.

Die für das seit Jahrzehnten betriebene Großvorhaben Tagebau Garzweiler I/II vorzunehmende Gesamtabwägung war in der Vergangenheit bereits Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen; im Ergebnis wurde hierbei nach den vorstehenden Maßstäben kein Überwiegen entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange festgestellt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 1194/02 -, juris, Rn. 54 ff.; bestätigt durch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 322 ff.

An dieser Einschätzung ist auch zum heutigen Zeitpunkt sowie mit Blick auf den konkret (inzident) streitgegenständlichen Grundabtretungsbeschluss im Ergebnis festzuhalten.

Der Grundabtretungsbeschluss widmet der Gesamtabwägung aller öffentlichen und privaten Interessen insgesamt 58 Seiten (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 24 ff.). Insofern ist zunächst nicht ersichtlich, dass nach obigen Maßstäben einzustellende Belange keinen Eingang in diese Gesamtabwägung gefunden hätten oder falsch gewichtet worden wären. Dies gilt insbesondere für die vom Antragsteller geltend gemachten Belange des Klimaschutzes (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 31-37), des Gesundheits- und Immissionsschutzes (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 68-69), des Natur-, Landschafts- und Artenschutzes (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 38-65), des Denkmalschutzes (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 73), sowie der sozialen Belange der Umsiedler (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 27-30). Im Einzelnen ist hierzu Folgendes anzumerken:

Mit Blick auf die Belange des Klimaschutzes (vgl. auch § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG) ist die grundsätzliche "Enteignungswürdigkeit" und Erforderlichkeit des Braunkohleabbaus im Tagebau Garzweiler II im vorgezeichneten Umfang bis mindestens 2035 trotz der unbestreitbaren Klimaschädlichkeit der Braunkohleverstromung nach obigen Ausführungen bereits vorgegeben. Diese energiepolitische Grundentscheidung ist - auch mit Blick auf aktuelle klimapolitische Entwicklungen sowie den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 - gerichtlich nicht zu beanstanden und daher im hiesigen Kontext nicht erneut in Frage zu stellen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 188.

Mit seinem Vortrag, dass der (Braun-)kohleausstieg nach Maßgabe des KVBG nicht mehr den verschärften Emissionsmengenregelungen des KSG für den Energiesektor bis 2030 in seiner aktuellen Fassung vom 18. August 2021 entspräche (vgl. Anlage 2 zum KSG), vermag der Antragsteller - unabhängig davon, dass es sich jeweils um Bundesgesetze handelt - auch an dieser Stelle nicht durchzudringen. Denn als Rahmengesetz mit bloßen Zielvorgaben gibt das KSG gerade nicht selbst vor, auf welchem Wege diese Emissionsmengen einzuhalten sind. Insofern kommt es nicht entscheidend darauf an, bis wann welche (Braun-)kohlekraftwerke theoretisch noch in Volllast betrieben werden dürfen und welchen CO²-Ausstoß dies rechnerisch zur Folge hätte, sondern wieviel CO² im Energiesektor bis 2030 bzw. mit Blick auf die (teils noch festzulegenden) Zwischenschritte tatsächlich noch ausgestoßen wird. Dies hängt neben der Frage, bis wann und in welchem Umfang eine Kohleverstromung noch zulässig ist, einerseits von einer Vielzahl weiterer politisch steuerbarer Faktoren wie bspw. der Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Beschleunigung entsprechender Genehmigungsverfahren bzw. entsprechenden Ausbaupflichten, sowie andererseits von externen Faktoren wie der Stromnachfrage im In- und Ausland, der CO²-Bepreisung im System des Europäischen Emissionshandels und den Preisen für den Import anderer fossiler Energieträger ab. Welche Ausgestaltung das Klimaschutzinstrumentarium im Energiesektor in Zukunft erfahren wird, erscheint vor diesem Hintergrund angesichts des fortbestehenden politischen Beurteilungs- und Einschätzungsspielraums noch völlig offen. Eine Pflicht zur Anpassung des Ausstiegspfads des KVBG dürfte in der Folge - unabhängig davon, dass eine solche Anpassung sich auf die bereits 2022 anstehende bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke des Antragstellers ohnehin nur im Falle eines unmittelbaren Kohleausstiegs auswirken dürfte - aus den verschärften Emissionsmengenregelungen des KSG zurzeit noch nicht abzuleiten sein.

Im Übrigen bleibt festzustellen, dass der Antragsgegner den Klimaschutz ausdrücklich als abwägungsrelevanten Belang anerkannt und die klimaschädlichen Auswirkungen des Vorhabens entsprechend in seine Abwägung eingestellt hat.

Mit Blick auf den Gesundheits- und Immissionsschutz werden vom Antragsteller demgegenüber insbesondere Feinstaubemissionen angeführt. Dabei wird die - durch die Beigeladene im Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21 weiter substantiierte - Feststellung des Grundabtretungsbeschlusses, dass die Feinstaubimmissionen im Umfeld des Tagebaus Garzweiler II die maßgeblichen Grenzwerte seit dem Jahr 2008 sicher einhielten (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 69 sowie ergänzend die Ausführungen der Beigeladenen in ihrer Klageerwiderung vom 28. Juli 2021, S. 36 ff.), allerdings überhaupt nicht in Frage gestellt. Vielmehr argumentiert der Antragsteller, dass diese Grenzwerte bezüglich der Partikelgröße PM10 und PM2,5 veraltet seien; es existiere keine untere Schwellenkonzentration ohne gesundheitsschädliche Effekte. Für die Partikelgröße PM0,1 (sog. Ultrafeinstaub) gäbe es noch keine Grenzwerte, obgleich hinreichende Gründe für die Annahme einer gesundheitsschädigenden Wirkung bestünden.

Hierbei bleibt bereits unklar, inwiefern der Antragsteller die behaupteten Feinstaubemissionen überhaupt dem Braunkohletagebau zuschreibt; denn teilweise wird - auch durch die zitierten Veröffentlichungen - insofern auf die Emissionen aus Braunkohlekraftwerken Bezug genommen. Hierbei handelt es sich indes um andere, ihrerseits genehmigungspflichtige Vorhaben; eine Gesamtbetrachtung als "Braunkohlekomplex" verbietet sich dementsprechend. Darüber hinaus ist die Bezugnahme auf einzelne wissenschaftliche Publikationen von vornherein nicht geeignet, die unionsrechtlich determinierten Grenz- und Zielwerte für Feinstaubimmissionen (PM10 und PM2,5) nach der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) (vgl. §§ 4 und 5 der 39. BImSchV) rechtlich durchgreifend in Frage zu stellen. Für die vom Antragsteller geltend gemachten Ultrafeinstaubemissionen (PM0,1) existieren infolge des nach Auffassung des Verordnungsgebers weiterhin bestehenden Forschungsbedarfs zuletzt keine verbindlichen oder in sonstiger Weise berücksichtigungsfähigen Grenz- oder Zielwerte in der 39. BImSchV. Einzelne vom Antragsteller zitierte wissenschaftliche Veröffentlichungen vermögen an diesem Befund nichts zu ändern. Dementsprechend waren etwaige - vom Antragsteller im Übrigen ohnehin primär der Braunkohleverbrennung zugeordnete - Ultrafeinstaubmissionen im hiesigen Rahmen auch nicht zu ermitteln bzw. prognostizieren und in die Abwägung einzustellen.

Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Oktober 2019 - 11 K 8330/15 -, juris, Rn. 175 ff.

Ähnliches gilt im Ergebnis mit Blick auf die vom Antragsteller angeführten Quecksilberemissionen. Die Antragsgegnerin hat insofern im Besitzeinweisungsbeschluss ergänzend festgestellt, dass die in Staubniederschlagsproben gemessenen Quecksilbermengen bei nur 10 % der Grenzwerte liegen (Besitzeinweisungsbeschluss, S. 33; vgl. ergänzend auch die Ausführungen der Beigeladenen in ihrer Klageerwiderung vom 28. Juli 2021, S. 42 f.), weswegen dieser Belang ebenfalls nicht in die vorstehende Abwägung einzustellen war. Das wird vom Antragsteller in der Sache nicht in Frage gestellt. Vielmehr bezieht dieser sich - im hiesigen Rahmen unbeachtlich - erneut primär auf (zusätzliche) Quecksilberemissionen, die nicht beim Braunkohleabbau, sondern bei der Braunkohleverbrennung anfallen.

Pauschal behauptete Uranfreisetzungen aus dem Tagebau Garzweiler II mussten zuletzt ebenfalls nicht in die Abwägung eingestellt werden, weil ausweislich der von der Beigeladenen im Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21 eingebrachten Unterlagen (vgl. LANUV, Radioaktivität aus den Tagebauen in NRW, Bericht vom 4. November 2013 und Öko-Institut e.V., Kurzstellungnahme zum Bericht "Radioaktivität aus den Tagebauen in NRW" des LANUV vom 23. Oktober 2013) insgesamt keine unnatürlich erhöhte Alpha-Strahlung bzw. keine relevante radiologische Belastung durch Feinstaubemissionen aus den Tagebauen im Rheinischen Revier festzustellen ist. Ein anderweitiger wissenschaftlicher Kenntnisstand wird weder vom Antragsteller vorgetragen, noch ist ein solcher ansonsten ersichtlich.

Dem Aspekt des Denkmalschutzes der Hofstelle des Antragstellers trägt der Grundabtretungsbeschluss ebenfalls Rechnung (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 73). Das dort geschilderte Vorgehen dürfte sich im Übrigen mit den gesetzlichen Anforderungen aus § 19 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Land Nordrhein-Westfalen (DSchG) decken, welcher eine Sonderregelung für den Denkmalschutz bei Maßnahmen zur Gewinnung von Bodenschätzen enthält (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 33).

Sofern der Antragsteller weiterhin pauschal und ohne Nachweis das Vorliegen geschützter Biotope und das Vorkommen geschützter Tierarten behauptet, vermag dies die ausführlichen Erwägungen des Antragsgegners zum Natur-, Landschafts- und Artenschutz (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 38-65) nicht durchgreifend in Frage zu stellen.

Vgl. zu diesem Abwägungsaspekt mit Blick auf den Tagebau Garzweiler bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 3051/06 -, juris, Rn. 121 ff.; Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 1194/03 -, juris, Rn. 162 ff.

Bezüglich der naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (§ 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)) ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Grundabtretungsbeschluss insofern auf naturschutzrechtliche Ausnahmen (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) verweist (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 42). Ob diese Ausnahmegenehmigungen die vom Kläger angeführten Arten umfassend abdecken, kann angesichts der nicht weiter substantiierten Behauptung solcher Vorkommen dahinstehen.

Die Ausführungen des Antragsstellers zu den Belangen der Umsiedler erschöpfen sich schließlich in allgemeinen Feststellungen zu den mit einer Umsiedlung oftmals einhergehenden emotionalen, psychischen und sozialen Belastungen. Auch der Antragsgegner erkennt indes ausdrücklich an, dass weder das Ausmaß der für den Tagebau Garzweiler II erforderlichen Umsiedlungen, noch deren Bedeutung für die Betroffenen gering geschätzt werden kann und stellt diese Erkenntnis entsprechend in seine Abwägungsentscheidung ein (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 28). Die in der Folge getroffene und umfänglich begründete Einschätzung, dass diese Umsiedlungen - hier konkret durch den Umsiedlungsplan Immerath-Pesch-Lützerath - soweit möglich sozialverträglich gestaltet wurden (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 27-30; ergänzend Besitzeinweisungsbeschluss, S. 34 f.), ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

Vgl. hierzu bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 3051/06 -, juris, Rn. 116; Urteil vom 21. Dezember 2007 - 11 A 1194/03 -, juris, Rn. 156; im Ergebnis (noch) bestätigt durch BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris, Rn. 330.

Sie wird durch die allgemein gehaltenen Ausführungen des Antragstellers auch nicht nachhaltig in Frage gestellt.

Letztendlich ist vor diesem Hintergrund auch das Ergebnis der umfassenden Gesamtabwägung des Antragsgegners (vgl. Grundabtretungsbeschluss, S. 79 ff.) gerichtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat die in diese Abwägung einzustellenden Belange nach Auffassung des Gerichts vollständig und mit zutreffender Gewichtung berücksichtigt und im Ergebnis jedenfalls nachvollziehbar und plausibel untereinander und gegeneinander abgewogen. Insbesondere hat er in diesem Kontext - entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben - abermals das besondere Gewicht des Eigentumsentzugs an bewohnten Immobilien sowie der Umsiedlungen anerkannt und entsprechend in seine Abwägung eingestellt. Das im Ergebnis dennoch ein Überwiegen des Gemeinwohlziels einer Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle aus dem Tagebau Garzweiler II zur Sicherung der Energieversorgung festgestellt wird, ist vor dem Hintergrund der - hier nicht erneut in Frage zu stellenden - energiepolitischen Grundentscheidungen zum maßgeblichen Energiemix sowie zum Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung nach den §§ 40 ff. KVBG mit einer frühzeitigen Beendigung der Tagebaue Inden und Hambach gerichtlich nicht zu beanstanden.

Die sofortige Ausführung des Vorhabens ist auch dringend geboten im Sinne des § 97 Satz 1 BBergG. Dabei kann dahinstehen, ob diese Voraussetzung im Sinne eines "gesteigerten öffentlichen Interesses" erst dann gegeben ist, wenn die Maßnahme nach Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Grundstücksinhabers unvermeidlich erscheint, um wesentliche Nachteile für die Gesamtheit oder zumindest eine Vielzahl von Bürgern zu vermeiden, die bei einer verzögerten Durchführung des Vorhabens eintreten würden,

vgl. VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 108; VG Halle (Saale), Beschluss vom 19. April 2010 - 3 B 39/10 -, juris, Rn. 51 f., unter Verweis auf Rehs, in: Frenz, § 97, Rn. 3 sowie Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 97 Rn. 7; weniger weitreichend wohl OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2008 - 20 B 1769/07 -, juris, Rn. 21 ff. (zu § 37 Abs. 1 Satz 1 EEG NRW): "wesentliche Nachteile",

oder ob es unter maßgeblicher Bezugnahme auf die Genehmigungslage ausreicht, dass ansonsten der planmäßige Zeitplan des Tagebaubetriebs nicht eingehalten werden kann.

Vgl. in diesem Sinne wohl VG Cottbus, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 3 L 255/17 -, juris, Rn. 58 ff. sowie Beschluss vom 27. Februar 2013 - 3 L 20/13 -, juris, Rn. 70 sowie OVG BB, Beschluss vom 28. September 2000 - 4 B 130/00 -, juris, Rn. 68; unklar VG Köln, Urteil vom 12. März 2019 - 14 K 6238/18 -, juris, Rn. 26 f.

Dass der Zeitplan des Tagebaus Garzweiler II ohne die vorläufige Besitzeinweisung zum 1. November 2021 nicht mehr eingehalten werden kann, liegt auf der Hand. Denn eine gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren 6 K 115/21 gegen den Grundabtretungsbeschluss wäre frühestens im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten, wobei die aufschiebende Wirkung dieser Klage - selbst wenn keine Rechtsmittel eingelegt würden - gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO im Falle der Klageabweisung erst drei Monate nach Ende der Begründungsfrist für einen Berufungs- bzw. Berufungszulassungsantrag enden würde. Mit jeglichen vorbereitenden Arbeiten für die endgültige bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke des Antragstellers könnte erst im Anschluss daran und damit aller Wahrscheinlichkeit nach frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2022 begonnen werden. Bei planmäßiger Betriebsführung ist zwar eine Abbaggerung der Grundstücke des Klägers erst bis Ende 2022 vorgesehen. Bereits zuvor sind diese jedoch für die Inanspruchnahme vorzubereiten, d.h. Grünstrukturen sind zu beseitigen, Häuser abzureißen und ggf. zuvor archäologisch zu erfassen sowie eine Kampfmittelsuche und ggf. -beseitigung durchzuführen. Aufgrund der heranrückenden Tagebaukante ist zudem bereits weit vor Beginn der Abbaggerung auf den Grundstücken des Antragstellers ein Sicherheitsstreifen anzulegen und entsprechend abzusichern. Diese vorbereitenden Arbeiten sind bereits Teil des Gewinnungsbetriebs, vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 BBergG. Für die Beseitigung der Grünstrukturen ist zusätzlich zu beachten, dass die naturschutzrechtliche Rodungsperiode (1. Oktober bis 28. Februar) einzuhalten ist, mit dem Ergebnis dass nach den vorstehenden Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung der Klage 6 K 115/21 und der mindestens zu erwartenden Verfahrenslaufzeit (alleine in der 1. Instanz) Rodungen voraussichtlich frühestens ab dem 1. Oktober 2022 möglich wären. Die Ausführungen der Beigeladenen sowie des Antragsgegners, dass diese vorbereitenden Arbeiten 6-12 Monate in Anspruch nehmen und daher am 1. November 2021 beginnen müssen, um eine Verzögerung des planmäßigen Tagebaubetriebs auszuschließen, sind vor diesem Hintergrund ohne weiteres nachvollziehbar (vgl. hierzu Besitzeinweisungsbeschluss, S. 39-43).

Ergänzend hat die Beigeladene im zugehörigen Hauptsacheverfahren 6 K 1323/21 (vgl. die Stellungnahme vom 11. August 2021) jedoch auch fachlich substantiiert und aus Sicht des Gerichts plausibel ausgeführt, dass bei einer Verzögerung des Tagebaubetriebs im Bereich Lützerath nicht nur mittel- und langfristige, sondern auch kurzfristige Versorgungsengpässe bei der justintime-Versorgung der Kraftwerke in Niederaußem und Neurath zu erwarten wären. Diese resultierten vereinfacht daher, dass der Tagebau dann - entgegen der Alternativplanung des Büros B. (vgl. dazu bereits oben) - zunächst nur im Bereich südlich von Lützerath forciert werden könnte. Dies wiederum hätte eine (weitere) Verkürzung der Gewinnungsseite von 5 km auf nur noch etwa 3,8 km zur Folge. Auf einer derart verkürzten Gewinnungsseite müsste der Abbau erheblich beschleunigt werden, um ausreichende Kohlemengen für die vorgenannten Kraftwerke zu fördern. Dies sei angesichts des hiermit verbundenen organisatorischen Aufwands, insbesondere beim Erwerb der dann weitaus früher in Anspruch zu nehmenden privaten Flächen, zeitlich nicht zu leisten. Hinzu trete, dass der oberste Braunkohleflöz "Garzweiler" im Bereich südlich von Lützerath einen geringeren Heizwert aufweise und zur Verstromung mit qualitativ hochwertiger Kohle gemischt werden müsse. Hierfür sei die Kohle aus dem Bereich nördlich von Lützerath unabdingbar. Aufgrund des unterschiedlichen Kohle-Abraum-Verhältnisses im Bereich nördlich und südlich von Lützerath könnte dieser Mangel an qualitativ hochwertiger Kohle auch nach einer "Freigabe" von Lützerath nicht ohne weiteres durch eine verstärkte Forcierung des Tagesbaus nördlich von Lützerath wieder behoben werden.

Diese drohenden betrieblichen Probleme, wirtschaftlichen Verluste und Versorgungsengpässe zumindest bei zwei Kraftwerken sieht das Gericht als ausreichend an, um auch bei Einforderung eines gesteigerten öffentlichen Interesses die dringende Gebotenheit der sofortigen Ausführung des Vorhabens im Sinne des § 97 Satz 1 BBergG zu bejahen. Der hiergegen gerichtete Einwand des Antragstellers, es sei nicht dargelegt, dass bei entsprechenden Verzögerungen im Betriebsablauf des Tagebaus Garzweiler II die Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen oder gar bundesweit gefährdet wäre (vgl. auch die Stellungnahme Prof. C., S. 2 f.), geht in der Folge ins Leere. Derart gravierende Auswirkungen sind im Rahmen des § 97 Satz 1 BBergG jedenfalls nicht zu fordern.

Dahinstehen kann darüber hinaus, ob das vollständige Fehlen einer separaten Entschädigungsentscheidung für die vorzeitige Besitzeinweisung gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 BBergG geeignet ist, auf die Rechtmäßigkeit der Besitzeinweisung insgesamt auszustrahlen.

Vgl. Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 98, Rn. 2.

Denn eine solche Entscheidung wurde seitens des Antragsgegners ausdrücklich getroffen (vgl. Besitzeinweisungsbeschluss, S. 48). Mit seiner Rüge, dass zu Unrecht keine separate Entschädigung festgesetzt worden sei - die getroffene Entschädigungsentscheidung mithin rechtswidrig sei -, ist der Antragsteller demgegenüber gemäß § 144 Abs. 1 BBergG an die ordentlichen Gerichte zu verweisen.

Vgl. VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 107 m.w.N.

Die Besitzeinweisung erweist sich auch als ermessensfehlerfrei, § 114 Satz 1 VwGO. Ob bei Erfüllung der umfänglichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass einer vorzeitigen Besitzeinweisung nach § 97 Satz 1 BBergG überhaupt noch Fälle denkbar sind, in denen eine anderweitige Behördenentscheidung ermessensfehlerfrei wäre und somit regelmäßig eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt,

vgl. in diesem Sinne Greinacher, in: Boldt/Weller, BBergG, 2. Auflage 2016, § 98, Rn. 8,

kann dabei dahinstehen. Denn jedenfalls sind durchgreifende Ermessensfehler weder vorgetragen, noch ansonsten ersichtlich. Insbesondere wurde mittels Verkehrswertgutachten eine Zustandsfeststellung im Sinne des § 99 BBergG vorgenommen.

Vgl. hierzu VG Aachen, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 1 L 468/12 -, juris, Rn. 8 f.

Sonstige Gründe, die es rechtfertigen würden, die aufschiebende Wirkung der Hauptsacheklage 6 K 1323/21 nach § 80a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO gerichtlich wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.

Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung des Gerichts ist maßgeblich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache auszurichten. Dies gilt erst recht, wenn diese Erfolgsaussichten - wie im vorliegenden Fall - auch nach Maßgabe einer inhaltlich vertieften Prüfung aller Voraussicht nach zu verneinen sind. Ein weitergehendes öffentliches Vollzugsinteresse dahingehend, dass die aufschiebende Wirkung gerichtlich dennoch wiederherzustellen wäre, wenn und soweit nicht die Energieversorgung des Landes Nordrhein-Westfalens bzw. gar der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar gefährdet ist, ist demgegenüber weder generell noch im hiesigen Einzelfall einzufordern. Auf die diesbezüglich zuletzt eingeführten Ausführungen von Frau Prof. Dr. C. (vgl. Stellungnahme C., S. 2 f.) kommt es in der Folge nicht an.

Bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, bedarf es in den Fällen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO zwar grundsätzlich der zusätzlichen Feststellung des Dringlichkeitsinteresses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts begründet für sich allein regelmäßig noch nicht das besondere Dringlichkeitsinteresse, das den sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts rechtfertigt.

Vgl. Schoch, in: Schneider/Schoch, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 80 Rn. 387; Puttler, in: Sodann/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, Rn. 161; aus der Rechtsprechung nur OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 11 B 1129/18 -, juris, Rn. 11 f., jeweils m.w.N.

Insofern ist jedoch abermals in Rechnung zu stellen, dass bereits die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 97 Satz 1 BBergG nur dann zulässig ist, wenn die sofortige Ausführung des die Grundabtretung erfordernden Vorhabens dringend geboten ist. Aus den Gründen, welche den Erlass einer vorzeitigen Besitzeinweisung rechtfertigen, ergibt sich mithin regelmäßig auch, dass ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung vorliegt (s. hierzu bereits oben m.w.N.). Dies gilt erst Recht, wenn schon im Rahmen des § 97 Satz 1 BBergG das Vorliegen eines "gesteigerten öffentlichen Interesses" im Sinne drohender wesentlicher Nachteile für die Gesamtheit oder zumindest eine Vielzahl von Bürgern eingefordert wird. Würde man für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein über diese hohen tatbestandlichen Dringlichkeitsanforderungen noch hinausgehendes Dringlichkeitsinteresse für notwendig erachten, würde dies das Instrument der bergrechtlichen vorzeitigen Besitzeinweisung weitgehend aushöhlen und entwerten. Denn eine solche Besitzeinweisung vermag ihre Funktion als Instrument zur beschleunigten Verwirklichung des Grundabtretungszwecks regelmäßig nur im Falle einer - dann kaum mehr möglichen - sofortigen Vollziehungsanordnung zu entfalten.

Aus dem vom Antragsteller zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich insofern nichts anderes. Vielmehr wird dort mit Blick auf den - im Übrigen auch zu Gunsten der Beigeladenen greifenden - Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aufgrund der drohenden Schaffung vollendeter Tatsachen lediglich ein gerichtlicher Rückzug auf eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Vollzugsfolgenabwägung versperrt und eine erhöhte Prüfungsintensität eingefordert.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, Rn. 20 ff.

Dasselbe gilt für den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zum Hauptbetriebsplan für den Tagebau Hambach ("Hambacher Forst"). Zwar hat das Oberverwaltungsgericht dort in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen festgestellt, dass angesichts drohender vollendeter Tatsachen - zusätzlich zu mit hoher Wahrscheinlichkeit fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache - eine schwerwiegende konkrete Gefahr oder überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen müssen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückstellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des Allgemeinwohls einzuleiten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 11 B 1129/18 -, juris, Rn. 17 ff. m.w.N.,

Wie bereits ausgeführt decken sich diese Anforderungen an das Dringlichkeitsinteresse in der Sache jedoch mit dem - vom Gericht bereits bejahten - dringenden Erfordernis einer sofortigen Ausführung im Sinne des § 97 Satz 1 BBergG.

Soweit das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung demgegenüber im Weiteren u.a. damit begründet hat, dass die Beigeladene nicht substantiiert dargelegt habe, dass ohne die sofortige Rodung des Hambacher Forstes die Energieversorgung bundes- oder landesweit nicht mehr gewährleistet wäre,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 11 B 1129/18 -, juris, Rn. 38 f.,

geschah dies im Rahmen einer von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelösten Vollzugsfolgenabwägung. Denn abweichend von der vorstehenden Maßstabsbildung stufte das Oberverwaltungsgericht die Erfolgsaussichten in der Hauptsache angesichts komplexer Sach- und Rechtsfragen im konkreten Fall gerade als offen und nicht als voraussichtlich negativ ein. Desweiteren trat hinzu, dass im dortigen Verfahren Sach- und Rechtsfragen im Zentrum standen, deren Beantwortung im Hauptsacheverfahren im Falle einer bergbaulichen Inanspruchnahme des Hambacher Forstes nicht mehr möglich gewesen wäre.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 11 B 1129/18 -, juris, Rn. 22 ff. sowie 36.

In einer solchen Sonderkonstellation fordert Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aufgrund des drohenden Eintritts vollendeter Tatsachen offenkundig ein öffentliches und privates Dinglichkeitsinteresse von besonders herausragendem Gewicht ein, dass die vorstehenden, allgemein einzufordernden und mit § 97 Satz 1 BBergG deckungsgleichen Anforderungen noch einmal übersteigt. Wurde dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz - wie im vorliegenden Fall - indes bereits durch eine intensivierte Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Rechnung getragen und beinhaltete diese Prüfung aufgrund der besonderen Tatbestandsstruktur der Ermächtigungsgrundlage zudem bereits die Bejahung einer besonderen Dringlichkeit des Vollzugs, ist dem Aspekt drohender vollendeter Tatsachen im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO zu Gunsten des Antragstellers nicht mehr dasselbe überragende Gewicht zuzuschreiben.

Zuletzt vermag auch der vom Antragsteller bemühte Gedanke einer Veränderungssperre bzw. des unionsrechtlichen Frustrationsverbots an dieser Stelle kein abweichendes Abwägungsergebnis zu rechtfertigen. Zwar ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass bisher schon mit Blick auf die zeitliche Nähe der Gesetzesänderung keine umfassende Anpassung der Klimaschutzinstrumente und Handlungskonzepte in den einzelnen Sektoren an die neuen kurz- und mittelfristigen Zielvorgaben des KSG in der Fassung vom 18. August 2021 erfolgen konnte. Es liegt insofern auf der Hand, dass auch im Energiesektor eine Nachjustierung erforderlich sein dürfte, um die bis 2030 noch einmal um ca. 38 % reduzierte zulässige Emissionsmenge einzuhalten. Hierzu könnte theoretisch - unbeschadet etwaiger rechtlicher Probleme - auch ein über eine Änderung des Ausstiegspfads des KVBG oder über andere energiepolitische Steuerungsinstrumente mittelbar ins Werk gesetzter, früherer Kohleausstieg gehören; zwingend dürfte dies indes nicht sein (vgl. hierzu bereits oben). Hieraus folgt jedoch nicht, dass bislang genehmigte und betriebene Braunkohletagebaue zur Wahrung politischer Gestaltungsspielräume bis dahin gerichtlich zu stoppen wären. Entgegen dem Grundgedanken einer Veränderungssperre bzw. des unionsrechtlichen Frustrationsverbots würde hiermit nämlich nicht ein status quo übergangweise konserviert, sondern in einen bestehenden Genehmigungstatbestand aktiv eingegriffen. Hinzu tritt erneut, dass es letztlich dem Zufall überlassen bleibt, welches bislang zulässige CO²-intensive Vorhaben wann und in welchem Umfang einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt wird. Es erschließt sich jedoch nicht, warum gerade der Tagebau Garzweiler II aufgrund des zufällig nun zur Entscheidung anstehenden Eilverfahrens zur Wahrung politischer Gestaltungsräume vorläufig zumindest teilweise gestoppt werden sollte.

Der in der Folge zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag des Antragstellers,

die sofortige Vollziehung aufzuheben,

ist unabhängig von der Statthaftigkeit eines solchen Antrags,

vgl. hierzu nur Schoch, in: Schneider/Schoch, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 80, Rn. 442 f.; Puttler, in: Sodann/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, Rn. 154, jeweils m.w.N.,

jedenfalls unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung sich als formell rechtmäßig erweist (s. hierzu bereits oben).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese sich durch Antragstellung und umfänglichen Vortrag dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach ist der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht insofern als Orientierungspunkt für bergrechtliche Klagen eines drittbetroffenen Privaten bei sonstigen Beeinträchtigungen nach Nr. 11.2 in Verbindung mit Nr. 2.2.2 einen Streitwert von 15.000 Euro vor. Eine Orientierung am - hier wesentlich höher anzusetzenden - Streitwert nach Nr. 2.2.1 des Streitwertkatalogs oder am vollen Grundstückswert erachtet das Gericht demgegenüber mit Blick auf die Bedeutung der Sache nicht als angemessen, weil mit der vorzeitigen Besitzeinweisung - anders als bei der korrespondierenden Grundabtretung - gerade keine Eigentumsbeeinträchtigung im engeren Sinne im Raum steht. Auch eine regelmäßig vorzunehmende Halbierung dieses Werts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Nr. 1.5) erachtet das Gericht als nicht sachgerecht, weil die Entscheidung angesichts des bis zur Hauptsacheentscheidung zu erwartenden Vollzugs in der Sache vorweggenommen wird.

Vgl. ebenso im Ergebnis VG Gera, Beschluss vom 18. Dezember 2020 - 5 E 1228/20 Ge -, juris, Rn. 115; a.A. beispielsweise VG Halle (Saale), Beschluss vom 19. April 2010 - 3 B 39/10 -, juris, Rn. 56 (Auffangstreitwert); VG Halle (Saale), Beschluss vom 27. Februar 2009 - 3 B 303/08 -, juris, Rn. 101 (Grundstückswert); VG Cottbus, Beschluss vom 27. Februar 2013 - 3 L 20/13 -, juris, Rn. 73 (hälftiger Grundstückswert); VG Cottbus, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 3 L 255/17 -, juris, Rn. 63 (Pachtwert).