OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.09.2021 - 15 B 1529/21
Fundstelle
openJur 2021, 31829
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 8. September 2021 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird insgesamt abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung "zu verpflichten, dem Antragsteller jederzeit freien Zugang zu allen Rats- und Ausschusssitzungen zu gewähren und ihn an der Teilnahme nicht zu hindern",

teilweise stattgegeben. Es hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, dem Antragsteller die Teilnahme an Rats- und Ausschusssitzungen ohne Nachweis einer Immunisierung bzw. Testung i. S. d. § 2 Abs. 8 Satz 1 bzw. Satz 2 CoronaSchVO unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO zu versagen. Dabei hat es dem Antragsgegner aber nachgelassen, unter rechtmäßiger Ausübung seines Ordnungsrechts gemäß § 51 GO NRW vom Antragsteller den Nachweis einer Immunisierung oder einer für den Antragsteller kostenlosen Testung zu verlangen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen zur Änderung der angefochtenen Entscheidung und zur vollständigen Ablehnung des Eilantrags.

Die begehrte einstweilige Anordnung würde - zumindest bis zu einem rechtskräftigen Urteil oder bis zu einer vorherigen Änderung der Bestimmungen - das Ergebnis in der Hauptsache unumkehrbar vorwegnehmen. Dies steht einer stattgebenden Eilentscheidung zwar nicht generell entgegen, jedoch ist für eine die Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Anordnung zu fordern, dass ein Erfolg in der Hauptsache in hohem Maße wahrscheinlich und ein weiteres Abwarten für den Antragsteller mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist. Der Antragsteller kann demnach im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die erstrebte Teilnahme an den Rats- und Ausschusssitzungen ohne Nachweis einer Immunisierung oder Testung nur erreichen, wenn ganz überwiegende Gründe für das Bestehen eines diesbezüglichen Rechts sprechen und ihm dessen Vorenthaltung nicht länger zuzumuten ist.

Vgl. zur Vorwegnahme der Hauptsache in Bezug auf Beschränkungen des Zugangs zu Rats- und Ausschusssitzungen etwa Bay. VGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2021 - 4 CE 21.1599 -, juris Rn. 9, und vom 7. April 2021 - 4 CE 21.601 -, juris Rn. 19, jeweils m. w. N.

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht gegeben. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht gemäß § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung ist nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller ohne Nachweis einer Immunisierung bzw. Testung an Ratssitzungen (dazu I.) und Ausschusssitzungen (dazu II.) teilnehmen darf.

I. Der Antragsteller muss, wenn er bei Ratssitzungen eine Immunisierung oder Testung nicht vorweisen kann, zwar damit rechnen, vom Antragsgegner auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 5 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaSchVO von der jeweiligen Sitzung ausgeschlossen zu werden (dazu 1.). Soweit die maßgeblichen Regelungen einen solchen Ausschluss eines Ratsmitglieds von einer Ratssitzung ermöglichen, sind sie aber voraussichtlich rechtmäßig (dazu 2.), womit ein Unterlassungsanspruch des Antragstellers ausscheidet.

1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO sind Personen von der Nutzung oder Ausübung der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Angebote, Einrichtungen, Veranstaltungen und Tätigkeiten auszuschließen, wenn sie den für eine Inanspruchnahme, einen Besuch oder eine Ausübung erforderlichen Nachweis einer Immunisierung oder Testung und bei stichprobenhaften Überprüfungen den Identitätsnachweis nicht vorzeigen. In § 4 Abs. 2 Satz 1 CoronaSchVO sind (abschließend) diejenigen Einrichtungen, Angebote und Tätigkeiten angeführt, die aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse über die in § 1 Absatz 3 genannten Faktoren nur noch von immunisierten oder getesteten Personen in Anspruch genommen, besucht oder ausgeübt werden dürfen. Hierzu zählen nach Nr. 1: "Veranstaltungen einschließlich Versammlungen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes im öffentlichen Raum, insbesondere in Bildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, unter Nutzung von Innenräumen, Messen und Kongresse in Innenräumen sowie alle Sport- und Wellnessangebote sowie vergleichbare Angebote in Innenräumen." Veranstaltung in diesem Sinne ist gemäß § 2 Abs. 9 CoronaSchVO ein zeitlich und örtlich begrenztes und geplantes Ereignis mit einer definierten Zielsetzung oder Absicht in der Verantwortung einer Veranstalterin oder eines Veranstalters, an dem eine Gruppe von Menschen gezielt, gegebenenfalls auch aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Veranlassung, als Mitwirkende oder Besuchende teilnimmt (Satz 1). Die bloße gleichzeitige Inanspruchnahme von dauerhaften Einrichtungen (Besuch von Museen, Bibliotheken, Zoologischen Gärten und so weiter) durch mehrere Personen ist keine Veranstaltung in diesem Sinne; dasselbe gilt für öffentliche Wahlen und Aufstellungsversammlungen hierzu, Gerichtsverhandlungen sowie Angebote der medizinischen Versorgung wie Impfangebote, Blutspendetermine und ähnliches (Satz 2).

Auf dieser Grundlage muss der Antragsgegner Personen, die - sei es als Mitglied, sei es als Zuhörer - an einer Ratssitzung der Stadt Salzkotten teilnehmen, von der Sitzung ausschließen, wenn diese weder eine Immunisierung noch eine Testung im Sinne von § 2 Abs. 8 Satz 1 und 2 CoronaSchVO nachweisen und sich dabei nicht auf eine Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 CoronaSchVO berufen können.

Ratssitzungen sind Veranstaltungen i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 9 CoronaSchVO. Es handelt sich um zeitlich und örtlich begrenzte Ereignisse im öffentlichen Raum. Ihre Zielsetzung ergibt sich aus ihrer kommunalverfassungsrechtlichen Funktion und insbesondere aus der jeweils festgesetzten Tagesordnung (§ 48 Abs. 1 GO NRW). An ihnen nehmen Ratsmitglieder und der Bürgermeister (Mitglieder kraft Gesetzes i. S. v. § 40 Abs. 2 Satz 2 GO NRW) als Mitwirkende teil. Daneben kommt auch eine Teilnahme durch Zuhörer in Betracht, weil Ratssitzungen gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW grundsätzlich öffentlich sind. Bei nichtöffentlichen Sitzungen ist zudem eine Teilnahme von Mitgliedern der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse als Zuhörer möglich. Ratssitzungen liegen in der Verantwortung eines Veranstalters; der Bürgermeister führt den Vorsitz im Rat, beruft ihn ein, setzt die Tagesordnung fest, leitet die Verhandlungen, eröffnet und schließt die Sitzungen, handhabt die Ordnung und übt das Hausrecht aus (vgl. §§ 40 Abs. 2 Satz 4, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1 GO NRW). Dass Ratssitzungen dem Veranstaltungsbegriff des § 2 Abs. 9 Satz 1 CoronaSchVO unterfallen, entspricht auch dem eindeutig zum Ausdruck gebrachten Willen des Verordnungsgebers, der für eine diesbezügliche Klarstellung mit Änderungsverordnung vom 27. August 2021 (GV. NRW. S. 1040) den Einschub "gegebenenfalls auch aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Veranlassung" eingefügt hat.

Vgl. die auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales veröffentlichte (konsolidierte) Begründung zur Coronaschutzverordnung vom 17. August 2021, zuletzt aktualisiert anlässlich der Zweiten Verordnung zur Änderung der Coronaschutzverordnung vom 14. September 2021 (im Folgenden kurz: konsolidierte Begründung), veröffentlicht unter https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/210921_konsolidierte_begruendung_coronaschvo.pdf, S. 12: "Dies gilt beispielsweise für Sitzungen kommunaler Gremien."

Demnach kann die Teilnahme an Sitzungen kommunaler Organe entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht als gleichzeitige Inanspruchnahme einer dauerhaften Einrichtung angesehen werden, die nach § 2 Abs. 9 Satz 2 Halbsatz 1 CoronaSchVO keine Veranstaltung darstellt. Abgesehen vom klaren Regelungswillen des Verordnungsgebers ließe es sich nicht mit dem Wortlaut der Norm vereinbaren, eine temporäre Sitzung als dauerhafte Einrichtung anzusehen, wie auch ein Blick auf die vom Verordnungsgeber ausdrücklich angeführten Beispiele für dauerhafte Einrichtungen ("Museen, Bibliotheken, Zoologischen Gärten und so weiter") ergibt. Die Ausnahmevorschrift für Gerichtsverhandlungen in § 2 Abs. 9 Satz 2 Halbsatz 2 CoronaSchVO kann nicht auf Rats- oder Ausschusssitzungen übertragen werden. Ein solches Normverständnis wäre vom Wortlaut nicht ansatzweise gedeckt und widerspräche der klar in der Verordnungsbegründung formulierten Vorstellung des Verordnungsgebers, der die ausdrücklichen Ausnahmen als abschließend versteht.

Vgl. konsolidierte Begründung, S. 11 f.

Für die Herleitung weiterer Ausnahmetatbestände - etwa im Wege teleologischer Reduktion - besteht demnach kein Raum. Soweit der Antragsteller die in § 2 Abs. 9 CoronaSchVO vorgesehene Differenzierung zwischen Veranstaltungen und dauerhaften Einrichtungen bzw. Wahlen und Gerichtsverhandlungen hinterfragt bzw. für willkürlich hält, betrifft dies die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der hier maßgeblichen Vorschriften (dazu sogleich unter I. 2. c) cc)).

Als Veranstalter i. S. v. § 2 Abs. 9 Satz 1 CoronaSchVO ist der Bürgermeister und damit hier der Antragsgegner auch die i. S. v. § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO verantwortliche Person, die nach dieser Vorschrift den Ausschluss wegen fehlenden Immunisierungs- oder Testungsnachweises vorzunehmen hat. Der Antragsteller wäre nach derzeitigem Stand von Ratssitzungen auszuschließen, weil er nach eigenen Angaben nicht immunisiert i. S. v. § 2 Abs. 8 Satz 1 CoronaSchVO ist und sich auch weder einer Immunisierung noch einer Testung - sei es eine Testung i. S. v. § 2 Abs. 8 Satz 2, sei es eine Beschäftigtentestung nach § 4 der Corona-Testund-Quarantäneverordnung (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 CoronaSchVO) - unterziehen will. Dass er gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 CoronaSchVO von der Zugangsbeschränkung nach Satz 1 befreit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Gegen die Rechtmäßigkeit von § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und daran anknüpfend § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO bestehen keine durchgreifenden Bedenken, auch soweit auf Grundlage dieser Regelungen ein Ratsmitglied ohne den Nachweis einer Immunisierung oder Testung von der Ratssitzung ausgeschlossen werden kann.

a) Die maßgeblichen Regelungen der Coronaschutzverordnung finden voraussichtlich in § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 28a Abs. 1 Nr. 2a und 10, Abs. 3 IfSG eine hinreichende, dem Parlamentsvorbehalt genügende Ermächtigungsgrundlage. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben (sog. Wesentlichkeitsdoktrin). Inwieweit es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands ab.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 67 f., und Beschluss vom 27. November 1990 - 1 BvR 402/87 -, juris Rn. 39, jeweils m. w. N.

Auch Gesetze, die zu Rechtsverordnungen und Satzungen ermächtigen, können den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssen aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage bei Delegation einer Entscheidung auf den Verordnungsgeber aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen, stellt insoweit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG führt als eine Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts den staatlichen Eingriff durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurück. Eine Ermächtigung darf daher nicht so unbestimmt sein, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 - 2 BvF 1/15 u. a. -, juris Rn. 198 ff., und Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u. a. -, juris Rn. 54 f.

Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich daher nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. Je schwerwiegender die grundrechtsrelevanten Auswirkungen für die von einer Rechtsverordnung potentiell Betroffenen sind, desto strengere Anforderungen gelten für das Maß der Bestimmtheit sowie für Inhalt und Zweck der erteilten Ermächtigung.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. September 2016- 2 BvL 1/15 -, juris Rn. 55 f., und vom 18. Juli 2005- 2 BvF 2/01 -, juris, Rn. 276, jeweils m. w. N.

Zum anderen hängen die Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Determinierung von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Ist dies nicht der Fall, so kann es geboten sein, die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber. Bei vielgestaltigen, komplexen Lebenssachverhalten oder absehbaren Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse sind etwa geringere Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einfach gelagerten und klar vorhersehbaren Lebenssachverhalten. Dies ermöglicht sachgerechte, situationsbezogene Lösungen bei der Abgrenzung von Befugnissen des Gesetzgebers und der Exekutive.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 - 2 BvF 1/15 -, juris Rn. 204, m. w. N.

Hiervon ausgehend hat der 13. Senat des beschließenden Gerichts in seiner Rechtsprechungspraxis für eine Vielzahl von Maßnahmen in § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 28a Abs. 1 und Abs. 3 IfSG i. V. m. § 13 IfSBG-NRW eine Ermächtigungsgrundlage gesehen, die dem Vorbehalt des Gesetzes genügt.

Vgl. eingehend zur Rechtslage seit Einfügung des § 28a IfSG durch Art. 1 Nr. 17 des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397): OVG NRW, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 13 B 1731/20.NE -, juris, Rn. 41 ff., sowie - hieran anknüpfend - etwa Beschlüsse vom 24. September 2021 - 13 B 1534/21.NE -, juris Rn. 13, vom 16. September 2021 - 13 B 1489/21.NE -, juris Rn. 8, vom 10. September 2021 - 13 B 1421/21.NE -, juris Rn. 4 ff., vom 13. August 2021 - 13 B 1332/21.NE -, juris Rn. 10, vom 26. Juli 2021 - 13 B 1185/21.NE -, n. v., S. 5 f. des Beschlussabdrucks, und vom 23. Juni 2021 - 13 B 1055/21.NE -, n. v., S. 5 des Beschlussabdrucks; zur PCR-Testpflicht gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 CoronaSchVO vgl. ferner Beschluss vom 10. September 2021 - 13 B 1412/21.NE -, juris Rn. 37.

Zur Begründung, die sich der beschließende Senat zu Eigen macht, hat der 13. Senat in seinem vorstehend zitierten Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 13 B 1731/20.NE -, juris Rn. 41 ff., ausgeführt:

"Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass die Rolle des Gesetzgebers durch Einfügen des § 28a IfSG im Vergleich zur alten Rechtslage in signifikantem Umfang gestärkt worden ist.

[...]

So setzen sämtliche in § 28a IfSG genannte Maßnahmen voraus, dass der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 feststellt, deren Voraussetzungen in § 5 Abs. 1 Satz 4 normiert sind. Mit der Feststellung einer solchen Lage gehen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 IfSG Berichtspflichten der Bundesregierung an den Bundestag einher. Ferner ist der Auflistung möglicher Schutzmaßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG zu entnehmen, dass der Bundestag diese jedenfalls im Grundsatz als zulässige Maßnahmen billigt. Damit ist die potentielle inhaltliche Reichweite der zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Instrumente durch den Gesetzgeber selbst abgesteckt und mit unmittelbarer demokratischer Legitimation durch das Parlament versehen. Auch hat der Gesetzgeber in § 28a Abs. 2 IfSG deutlich gemacht, welche Maßnahmen er als besonders eingriffsintensiv erachtet und deswegen an die strengere Voraussetzung knüpft, dass ohne diese Maßnahmen auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet würde. Ferner ordnet er in § 28a Abs. 6 IfSG an, welche Belange bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen Berücksichtigung finden müssen, und räumt dem Verordnungsgeber die Möglichkeit ein, dass einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden können, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist.

Zwar verbleibt dem Verordnungsgeber bei der Entscheidung über den Erlass von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auch weiterhin ein weiter Gestaltungsspielraum. Insbesondere sind die möglichen Maßnahmen - mit Ausnahme der in § 28a Abs. 2 IfSG genannten - außer an die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht an weitere besondere oder nach ihrer Eingriffsintensität differenzierende Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft. Die Auflistung in § 28a Abs. 1 IfSG lässt keine Bewertung oder ein Stufenverhältnis der möglichen Maßnahmen zueinander erkennen. Auch das Stufenmodell aus § 28a Abs. 3 IfSG gibt dem Verordnungsgeber keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen. Denn die in § 28a Abs. 1 IfSG gelisteten Maßnahmen lassen sich der nur abstrakt beschriebenen, vom Verordnungsgeber auszuwählenden Breite und Intensität der Maßnahmen (umfassende Schutzmaßnahmen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen, breit angelegte Schutzmaßnahmen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen, oder Schutzmaßnahmen, die eine Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen) nicht klar zuordnen. Es ist aber auch in Rechnung zu stellen, dass es dem Bundesgesetzgeber angesichts der Dynamik des Infektionsgeschehens, das sich zudem je nach Örtlichkeit wesentlich unterscheiden kann, kaum möglich sein wird, mit einer abstraktgenerellen und auf Dauer angelegten Regelung vorausschauend alle Konstellationen und Entwicklungen zu regeln.

Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2020 - 13 B 695/20.NE -, juris, Rn. 46.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der dem Verordnungsgeber verbleibende Gestaltungsspielraum schnellere exekutive Reaktionsmöglichkeiten auf aktuelle Entwicklungen erlaubt, als dies in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren aufgrund der dort gebotenen Einhaltung nötiger Verfahrensschritte möglich wäre. Eine abschließende Klärung der sich hieraus ergebenden Fragestellungen ist im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund der bestehenden Eilbedürftigkeit nicht möglich und muss einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Entsprechendes gilt, soweit im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 durch die dort angehörten Sachverständigen teils weitere Einwände gegen die Neuregelung geltend gemacht worden sind."

Diese Überlegungen rechtfertigen auch die Annahme, dass § 28a IfSG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für verordnungsrechtliche Bestimmungen enthält, die den Zugang zu Sitzungen kommunaler Gremien regeln und die Ausübung des freien Mandats eines Ratsmitglieds berühren können.

Solche Sitzungen - wie hier etwa Sitzungen des Rats einer Gemeinde - lassen sich dem Begriff der Veranstaltungen in § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG zuordnen. Dieser ist allgemein gefasst, womit bereits der Wortlaut dafür spricht, dass der Gesetzgeber über die bereits in anderen normierten Regelbeispielen des § 28a Abs. 1 IfSG genannten Veranstaltungsarten hinaus Untersagungen und Auflagen für jegliche Form von Veranstaltungen ermöglichen wollte. Dies deckt sich auch mit der Gesetzesbegründung, in der allgemein die Beschränkung von Personenansammlungen im Hinblick auf das Ziel der Kontaktreduzierung für zwingend erforderlich gehalten wird (BT-Drs. 19/23944, S. 33). Da das Erfordernis der Reduzierung infektionsträchtiger Kontakte unabhängig von der Art der Ansammlung ist, hat der Gesetzgeber erkennbar jegliche Form geplanter und in der Verantwortung ausrichtender Personen in einem bestimmten Zeitraum und an einem bestimmten Ort mit einem bestimmten Ziel stattfindende Zusammenkünfte im Blick gehabt. Überdies hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich durch die Einfügung von § 28a Abs. 1 Nr. 2a IfSG unterstrichen, dass zu den möglichen Maßnahmen auch das Aufstellen von Zugangsvoraussetzungen in Gestalt der Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises gehört.

Vgl. Art. 12 Nr. 0 Buchst. a) des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 - AufbhG 2021) vom 10. September 2021 (BGBl. I. S. 4147); zur Begründung dieser auf Empfehlung des Haushaltsausschusses eingeführten Regelung vgl. BT-Drs. 19/32275, S. 28.

Auch mit Blick auf die - verfassungsrechtlich abgesicherte - Gewährleistung des freien Mandats von Mitgliedern kommunaler Organe (vgl. für Ratsmitglieder etwa § 43 Abs. 1 GO NRW) bedarf es für die hier in Rede stehenden Bestimmungen der Coronaschutzverordnung keiner konkreten, auf die Teilnahme an Sitzungen kommunaler Gremien bezogenen Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz. Die Auferlegung einer Testpflicht für nicht immunisierte Mandatsträger greift - wie noch weiter ausgeführt wird - nur geringfügig in die Mandatsausübung ein. Warum insoweit im Hinblick auf die wesentlichen, vom Gesetzgeber selbst zu regelnden Entscheidungen strengere Maßstäbe gelten sollten als für etwa für Grundrechtseingriffe, die ebenfalls nicht in jeglicher Ausgestaltung in § 28a IfSG angeführt sind, ist nicht erkennbar.

b) Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung nach § 28a Abs. 5 IfSG sind eingehalten. Die nach § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG erlassene Rechtsverordnung ist gemäß § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG mit einer allgemeinen Begründung versehen,

vgl. die auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales veröffentlichte (konsolidierte) Begründung zur Coronaschutzverordnung vom 17. August 2021, zuletzt aktualisiert anlässlich der Zweiten Verordnung zur Änderung der Coronaschutzverordnung vom 14. September 2021, veröffentlicht unter https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/210921_konsolidierte_begruendung_coronaschvo.pdf,

und gemäß § 24 Abs. 1 CoronaSchVO zeitlich befristet.

Soweit der Antragsteller im Rahmen der Beschwerdeerwiderung anmerkt, dass nach § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG zwar die dort benannten Grundrechte durch Schutzmaßnahmen eingeschränkt werden können, dass aber ein Hinweis auf die Einschränkung von Rechten von Ratsmitgliedern fehle, verkennt er, dass die namentliche Nennung betroffener Grundrechte in Umsetzung des Zitiergebots aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG erfolgt. Hingegen stellen die Rechte von Ratsmitgliedern nach §§ 43 f. GO NRW keine Grundrechte dar, hinsichtlich derer das Zitiergebot zu beachten ist.

c) Die angegriffenen Regelungen erweisen sich bei summarischer Prüfung derzeit auch in materieller Hinsicht als voraussichtlich rechtmäßig.

aa) § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaSchVO ist - soweit hier von Interesse - hinreichend bestimmt, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter I. 1. zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Teilnahme an Ratssitzungen ergibt.

bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 28a Abs. 1 IfSG liegen voraussichtlich vor.

Insbesondere hat der Deutsche Bundestag am 25. August 2021 das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, die er am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland festgestellt und deren Fortbestehen er am 18. November 2020, am 4. März 2021 sowie am 11. Juni 2021 bestätigt hat,

vgl. Plenarprotokoll 19/154, S. 19169C, Plenarprotokoll 19/191, S. 24109C, und Plenarprotokoll 19/215, S. 27052C, Plenarprotokoll 19/234, S. 30328C,

erneut für weitere drei Monate (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 IfSG) festgestellt.

Vgl. Plenarprotokoll 19/238, S. 31076C, abrufbar unter https://dserver.bundestag.de/btp/19/19238.pdf#P.31076, bekanntgemacht am 3. September 2021 (BGBl. I. S. 4072).

cc) Auf Rechtsfolgenseite dürften die maßgeblichen Regelungen der Coronaschutzverordnung ebenfalls nicht zu beanstanden sein. Sie greifen derzeit voraussichtlich nicht unverhältnismäßig in die Rechte von Ratsmitgliedern ein.

Soweit mit § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 5 CoronaSchVO der Zugang zu den genannten Veranstaltungen bzw. Angeboten von einer Immunisierung oder Testung abhängig gemacht wird, dient dies einem legitimen Zweck. Der Verordnungsgeber hatte ausweislich seiner Begründung der Coronaschutzverordnung mit den Regelungen in § 4 CoronaSchVO insbesondere den Gesundheitsschutz der anderen Nutzer bzw. Besucher der betreffenden Einrichtungen oder Veranstaltungen im Blick. Er stellt aber auch auf die durch die Anwesenheit von mehreren Personen oder enge Kontakte begründeten Infektionsrisiken - insbesondere in Innenräumen - ab.

Vgl. konsolidierte Begründung S. 15 f.

Daraus ergibt sich, dass die Maßnahmen zugleich zu einer Reduzierung des allgemeinen Infektionsgeschehens und somit zum Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung beitragen sollen (vgl. auch § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG). Hierfür trifft den Staat gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG eine umfassende Schutzpflicht.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1977 - 1 BvQ 5/77 -, juris Rn. 13 f.; vgl. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 24. September 2021 - 13 B 1534/21.NE -, juris Rn. 47, und vom 10. September 2021 - 13 B 1335/21.NE -, juris Rn. 22.

Zur Erreichung dieser Zielsetzung dürften die hier streitgegenständlichen Vorgaben gegenwärtig auch in Bezug auf eine Beschränkung des Zugangs zu Ratssitzungen voraussichtlich geeignet, erforderlich und angemessen sein. Hinsichtlich der Eignung einer Maßnahme und ihrer Erforderlichkeit kommt dem Gesetz- bzw. im Rahmen der Ermächtigung dem Verordnungsgeber ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Ihm obliegt es, unter Beachtung der jeweiligen Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Der Einschätzungs- und Prognosespielraum ist regelmäßig erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2021 - 13 B 1534/21.NE -, juris Rn. 49 f., m. w. N.

Dieser Einschätzungs- und Prognosespielraum dürfte in Bezug auf die aktuelle Sach- und Rechtslage voraussichtlich nicht überschritten sein. Um das Infektionsgeschehen - nicht zuletzt auch mit Blick auf eine Ausbreitung der Virusvariante Delta (B.1.617.2) - weiterhin zu kontrollieren, darf der Verordnungsgeber voraussichtlich nach wie vor Schutzmaßnahmen ergreifen, die darauf abzielen, das Infektionsrisiko bei potentiell infektionsbegünstigenden Zusammenkünften in geschlossenen Räumen, an denen eine Vielzahl von Personen teilnimmt, zu senken.

Vgl. in Bezug auf Beschränkungen der Teilnehmerzahl: OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2021 - 13 B 1055/21.NE -, n. v., S. 13 des Beschlussabdrucks.

Hierzu dürften die hier maßgeblichen Regelungen förderlich sein, was genügt, um ihre Eignung zu bejahen.

Die Pflicht zum Nachweis einer Immunisierung oder (negativen) Testung ist zur Erreichung dieses Ziels voraussichtlich auch erforderlich. Der Antragsteller zeigt keine milderen, gleich geeigneten Mittel auf. Die von ihm angeführten Regelungen zur - jedenfalls abseits fester Sitz- oder Stehplätze (§ 3 Abs. 2 Nr. 7 CoronaSchVO) bestehenden - Maskenpflicht in Innenräumen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 CoronaSchVO dürften für sich genommen nicht gleichermaßen zur Minimierung des Infektionsrisikos geeignet sein wie dies bei Hinzutreten der für Veranstaltungen (zusätzlich) vorgesehenen Verpflichtung nicht immunisierter Personen zur Vorlage eines negativen Tests der Fall ist. Auch sonst sind mildere, gleich geeignete Mittel nicht ersichtlich, zumal es ernst zu nehmende Hinweise darauf gibt, dass die Inzidenz Nicht-Geimpfter um ein Vielfaches höher ausfällt als bei Geimpften, wobei fast alle Infektionen auf die besonders ansteckende Delta-Variante zurückgehen.

Vgl. konsolidierte Begründung zur Coronaschutzverordnung, S. 19 (Ergänzung der Ausführungen zur Änderung von § 4 CoronaSchVO in der Begründung zur Achtunddreißigsten Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 10. September 2021).

Die mit den streitgegenständlichen Regelungen verbundene Beschränkung des Zugangs kommunaler Mandatsträger zu Rats- oder Ausschusssitzungen auf Personen, die geimpft, genesen oder (negativ) getestet sind, dürfte derzeit auch noch angemessen sein.

Die Obliegenheit eines Ratsmitglieds, für die Teilnahme an einer Ratssitzung im Falle einer fehlenden Immunisierung ein aktuelles negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 vorzuweisen, beinhaltet zwar eine gewisse Beeinträchtigung der organschaftlichen Stellung des Ratsmitglieds. Um eine Verweigerung des Zutritts zu den Sitzungen und den darin liegenden Eingriff in ihr Recht auf Mitwirkung am parlamentarischen Prozess im Plenum zu vermeiden, können die Betroffenen sich aber freiwillig einer Testung unterziehen. Sie haben die Ausübung ihres Mandats demnach selbst in der Hand. Die Beeinträchtigungen durch eine solche Testung, die mit einem nur im vorderen Nasenabstrich durchführbaren Schnelltest durchgeführt werden kann, sind regelmäßig nur von kurzer Dauer und greifen nur geringfügig in die körperliche Unversehrtheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, sodass voraussichtlich nicht von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden kann.

Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidungen vom 6. Mai 2021- Vf. 37-IVa-21 - juris Rn. 45, und vom 21. April 2021 - Vf. 26-VII-21 -, juris Rn. 27 ff.

Zudem stehen jedenfalls bis einschließlich 10. Oktober 2021 allgemein kostenlose Bürgertestungen zur Verfügung. Im Hinblick auf den anschließend vorgesehenen Wegfall der allgemeinen Kostenfreiheit dieser Testungen merkt der Senat jedoch an, dass für kommunale Mandatsträger wohl Vorkehrungen zu treffen sein werden, die sicherstellen, dass ihnen durch für die Mandatsausübung erforderliche Tests im Ergebnis keine Kosten entstehen. Im Hinblick auf die Bedeutung des freien Mandats und des kommunalen Ehrenamtes dürfte sich die mit den Tests verbundene Kostenlast für den Mandatsträger als unzumutbar erweisen. Auch auf die Möglichkeit einer Immunisierung durch eine kostenlose Impfung muss sich ein Ratsmitglied insoweit nicht verweisen lassen.

Soweit der Antragsteller die in § 2 Abs. 9 CoronaSchVO vorgesehene Differenzierung zwischen Veranstaltungen und einer bloßen gleichzeitigen Inanspruchnahme von dauerhaften Einrichtungen durch mehrere Personen bzw. Gerichtsverhandlungen und Wahlen für willkürlich hält und auf die ansonsten in Innenräumen lediglich noch vorgesehene Maskenpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 CoronaSchVO verweist, dringt er nicht durch. Die Differenzierung erweist sich nicht als willkürlich. Bei vielen Infektionsschutzmaßnahmen - auch bei der hier streitgegenständlichen - liegt zwar eine Betroffenheit grundrechtlich geschützter Freiheiten oder sonstiger gewichtiger Rechtspositionen vor. Dennoch sprechen die besonderen Umstände bei der Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie dafür, den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers nicht zu sehr zu begrenzen. Der Verordnungsgeber befindet sich in einer komplexen Entscheidungssituation, in der eine Vielzahl von Belangen infektionsschutzrechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art zu berücksichtigen und abzuwägen ist und in der er zwangsläufig nur mit Prognosen dazu arbeiten kann, welchen Einfluss Infektionsschutzmaßnahmen oder die Lockerung solcher Maßnahmen auf die genannten Bereiche haben werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2021 - 13 B 1412/21.NE -, juris Rn. 101 f., unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 -, juris, Rn. 389, wonach in komplexen Entscheidungssituationen ein weiter Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers anzunehmen ist.

Gemessen an diesen Maßstäben dürfte der Verordnungsgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten haben, indem er für den Besuch von Veranstaltungen weitestgehend die Vorlage eines Immunisierungsnachweises oder eines negativen Tests verlangt, nicht aber für die Inanspruchnahme dauerhafter Einrichtungen oder für die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen oder Wahlen. In Bezug auf Veranstaltungen in Innenräumen i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaSchVO durfte er insbesondere wohl zu Recht davon ausgehen, dass der Besuch etwa von Einrichtungen wie Museen oder Bibliotheken, bei dem enge Kontakte mit anderen Besuchern in der Regel bloß zufällig und nur für kurze Zeit zu erwarten sind, ein geringeres Infektionsrisiko birgt als die Teilnahme an Veranstaltungen. Hinsichtlich der Ausnahme von Gerichtsverhandlungen kann ein sachlicher Differenzierungsgrund darin gesehen werden, dass bei diesen - typisierend - regelmäßig nur wenige Personen anwesend sind.

II. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich auch in Bezug auf Ausschusssitzungen, dass der Antragsteller selbst dann gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Unterlassung eines Sitzungsausschlusses nach § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO hat, wenn der Antragsgegner die für solche Veranstaltungen verantwortliche Person im Sinne der Vorschrift ist. Dies ist in Bezug auf den Hauptausschuss, dem der Antragsteller angehört und zu dessen Sitzung ihm am 26. August 2021 der Zutritt verwehrt worden ist, der Fall, da der Antragsgegner auch Vorsitzender dieses Ausschuss ist. Soweit sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Sitzungen anderer Ausschüsse bezieht, deren Vorsitzender nicht der Antragsgegner ist, kann dahinstehen, ob der Antragsgegner als Bürgermeister gleichwohl i. S. v. § 4 Abs. 5 Satz 5 CoronaSchVO verantwortliche Person für die Veranstaltung ist oder ob dies entsprechend den kommunalrechtlichen Regelungen (§ 58 Abs. 2 i. V. m. § 51 Abs. 1 GO NRW) der bzw. die Ausschussvorsitzende ist. Im erstgenannten Fall gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Im zweitgenannten Fall richtet sich der Antrag des Antragstellers gegen den falschen Antragsgegner.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 sowie 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).