OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.10.2007 - 12 U 208/05
Fundstelle
openJur 2021, 31068
  • Rkr:

§ 92 S. 1 InsO ist keine haftungs- und anspruchsbegründende Norm. Vielmehr setzt die Regelung in § 92 InsO voraus, dass die Insolvenzgläubiger aus anderen Rechtsgründen Schadensersatzansprüche haben, die mindestens auch zu einer Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens geführt haben und insoweit gemeinschaftlich erlittene Schäden erfassen. Ob solche Schadensersatzansprüche gegeben sind, ist mithin eine Vorfrage zu § 92 S. 1 InsO

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26.07.2005 - 2 O 60/03 - wird zurückgewiesen.

II. Soweit nicht bereits durch Zwischenurteil vom 11.01.2007 (Zeuge Bu), Zwischenurteil vom 06.02.2007 (Zeuge Ku) und Beschluss vom 11.01.2007 (Zeuge Kleiser) über die Kosten entschieden wurde, tragen von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kos-ten des beklagten Landes und des Streithelfers Dr. Kurt Ro im Berufungsverfahren

der Kläger zu 1 1,7 %der Kläger zu 2 1,5 %der Kläger zu 3 1,2 % unddie Klägerin zu 4 95,6 %

Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger jeweils selbst.

Der Streithelfer Do trägt seine außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren selbst und die Kosten des Zwischenstreits über seinen Beitritt als Nebenintervenient.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Inhaltsangabe

Gründe I.

Unstreitiger Sachverhalt

Das Handeln der Finanzbehörden

Vorgeschichte:

- Der angebliche Raubüberfall

- Frühere Scheingeschäfte

- Die "Sß-Gelder

- Betriebsprüfung 1990/1991 bis 1993

- Selbstanzeige vom 05.02.1996

- Anonyme Anzeige vom 25.04.1996

- Anonyme Anzeige vom 04.05.1996

- Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe

- Die Systemüberprüfung

- "Ks- Vermerke"

- Der "Gewinnmarge- Vermerk"

- Der "Kegel-Vermerk"

- Das WP- Testatverfahren

- Die IZA- Auskunft

- Der "Gewinnverprobungs- Vermerk"

- Gang des Steuerstrafverfahrens

- Betriebsprüfungsbericht KSK vom 10.07.1997

- Betriebsprüfungsbericht FTI vom 29.12.1997

- Betriebsprüfungsbericht F. AG

- Betriebsprüfung bei PowerDrill und Steuerstrafverfahren gegen Matthias Schmider

- Grafik "System 245"

- Folge-Betriebsprüfung ab 1999 und Ermittlungsverfahren

Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts

Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren

Anträge der Kläger im Berufungsverfahren

Antrag des beklagten Landes im Berufungsverfahren

Anträge der Streithelfer

Gründe II.

A. Die Berufung der Klägerin zu 4

I. Zulässigkeit des Klagebegehrens

II. Begründetheit:

1. Amtspflicht, unerlaubte Handlungen zu unterlassen

a. Beihilfe zum Betrug mit nicht existierenden Horizontalbohrsystemen:

aa. Haupttaten

bb. Subjektive Seite der Beihilfe

cc. Vorsatz des Betriebsprüfers S

dd. Insbesondere Kenntnis von den Haupttaten

(1) Aussagen der Haupttäter, sonstiger Zeugen, Vernehmungspersonen und Zeu-gen vom Hörensagen

(1.1) Aussage Dr. Kleiser

(1.2) Aussage Schmider

(1.3) Aussage Dr. Ho

(1.4) Aussage Ne

(1.5) Aussage Bu

(1.6) Aussage Kk

(2) Die sonstigen Indizien als Nachweis für die Kenntnis Ss vom Betrugssystem, insbesondere die Aktenvermerke, die WP- Testate und IZA- Auskunft

(2.1) Da- Liste - Materialverprobung

(2.2) Zu den weitern Feststellungen des Landgerichts - Vermerk vom 13.05.1996

(2.3) Besprechung vom 20. Mai 1996 - OFD Karlsruhe - Aktenvermerke Me und Gl

(2.4) Heimliche Auslandsfertigung

(2.5) Vermerke vom 03.06.1996, 21.07.1996, 22.08.1996 sowie vom 02.09.1996 - Do-kumentation des Schneeballsystems im Sinne der Klägerin

(2.5.1) "Halde" - Vermerk vom 03.06.1996

(2.5.2) "Gewinnmarge" - Vermerk vom 21.07.1996

(2.5.3) Vermerk vom 22.08.1996

(2.5.4) "Kegel" - Vermerk vom 02.09.1996

(2.5.5) Zur Funktion der Vermerke

(2.6) Asset - Aufbau

(2.7) Konstruktives Theaterspiel

(2.8) Aktenvermerke im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung bei Powerdrill

(2.9) WP- Testatverfahren - IZA- Auskunft vom 08.10.1996

(2.10) Kein Hinweis auf Widersprüche zwischen den Angaben zu den Auslandsstandor-ten der HBS und den Standortangaben des Anschlussprüfers Dr. Ro

(3) Sonstige von der Klägerin herangezogene Urkunden, Beweismittel und Indi-zien, insbesondere unvollständige Unterrichtung der Steuerfahndung und Staats-anwaltschaft durch den Betriebsprüfer S über das Betrugssystem "FlowTex":

(3.1) Fehlender Hinweis auf nicht eingesetzte Systeme - fehlende Information zu "An-laufschwierigkeiten beim Marktaufbau" und HBS "auf Halde"

(3.2) "Wirtschaftliche Nichtexistenz" der HBS

(3.3) Kein Hinweis auf den "Vorverkauf" von HBS

(4) Lückenhafte Betriebsprüfungsberichte:

(4.1) Betriebsprüfungsbericht KSK

(4.2) Betriebsprüfungsbericht der FTI

(4.3) Prüfungsbericht FTS und F.

(4.4) Betriebsprüfungsbericht PowerDrill

(5) Motiv des Betriebsprüfers S

ee. Kenntnis der Steuerfahndungsbeamten Sch, Si und Gl von - Beihilfe zum Be-trug mit nicht existenten HBS:

(1) Mitteilung der Steuerfahndung Karlsruhe - Durlach vom 09.06.1997 - Sachgebietslei-ter Sch - an die Staatsanwaltschaft Mannheim

(2) Mitteilung der Steuerfahndung Karlsruhe - Durlach vom 14.04.1997 - Sachgebietslei-ter Sch - an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe

(3) Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ohne Hinweis auf die "Ks - Vermer-ke", fehlender Abgleich der WP Testate und der IZA - Auskunft

(4) Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ohne Hinweis auf nicht eingesetzte Bohrsysteme

ff. Unterstützungswille

b. Beihilfe zum Betrug mit "vorfinanzierten" Bohrsystemen:

aa. Haupttaten

bb. Subjektive Seite

c. Beihilfe zum Betrug mit nicht wirtschaftlich eingesetzten Bohrsystemen:

aa. Haupttaten

bb. Subjektive Seite

d. Beihilfe zur Konkursverschleppung bzw. Beilhilfe zum Bankrott

e. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

2. Amtsmissbrauch

3. Keine Haftung für sonstige Amtspflichten wegen fehlender Drittbezogenheit

B. Berufung der Kläger zu 1 - 3:

I. Zulässigkeit der Klage:

1. Klagebefugnis des Insolvenzverwalters der FTT

2. Klagebefugnis der Insolvenzverwalter von Manfred Schmider und Dr. Klaus Kleiser

II. Gesamtschaden gem. § 92 InsO

III. Haftungsbegründende Handlungen der Betriebsprüfer:

1. Beihilfe zur Konkursverschleppung:

a. Amtspflichtverletzung bei einer Konkursverschleppung/Drittgerichtetheit einer solchen

b. Konkursverschleppung durch die Geschäftsführer der FTT (Haupttat)

c. Beihilfe zur Konkursverschleppung/objektiver Tatbestand

d. Subjektive Tatseite

e. Verminderung der Insolvenzmasse von Schmider und Kleiser

2. Beihilfe zum Betrug

3. Beihilfe zum Bankrott

4. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

5. Bestechlichkeit

6. Amtsmissbrauch

7. Haftung für sonstige Amtspflichtsverletzungen:

a. Amtspflichtverletzungen vom Beamten der Staatsanwaltschaft

b. Amtspflichtverletzungen der Steuerfahndung (§ 161 StPO)

c. Amtspflichtverletzung hinsichtlich der Durchführung der Betriebsprüfung

d. Amtspflicht zur Anzeige von Straftaten

C. Aussetzung des Rechtsstreits

D. Entscheidung über die Kosten, die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Nichtzulassung der Revision

Gründe

I.

Die Kläger zu 1 - 3 - drei Insolvenzverwalter (der FlowTex Technologie GmbH & Co. KG, Ettlingen und der Herren Manfred Schmider und Dr. Ing. Klaus Kleiser) sowie eine aus 116 Gläubigern - darunter ebenfalls die genannten Insolvenzverwalter - bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts - machen Amtshaftungsansprüche von insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro geltend.

Die Insolvenzverwalter (Kläger zu 1 - 3) beanspruchen den so genannten Gesamtschaden gem. § 92 InsO, der den Gläubigern (Altgläubiger) entstanden ist, die zum Zeitpunkt der Schadensersatz begründenden Handlungen bereits in Rechtsbeziehungen zu den Insolvenzschuldnern standen. Die zeitlich nach den den vermeintlichen Schadensersatz begründenden Handlungen entstandenen Schäden (so genannte Individualschäden) wurden von den Gläubigern in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Kläger zu 4 (Neugläubiger), eingebracht.

Die von Schmider und Kleiser kontrollierte Gesellschaft FlowTex Technologie GmbH & Co. KG, Ettlingen (Im Folglenden FTI, teilweise auch als FTT bezeichnet) war im so genannten grabenlosen Leitungsbau tätig. Die zunächst von der US - Firma FlowMole lizenzierte und von Kleiser für deutsche Böden weiterentwickelte Horizontalbohrtechnik erlaubt es, unterirdisch Kabel- und Versorgungsleitungen zu verlegen, ohne die Oberfläche aufzureißen. Die Horizontalbohrsysteme (Im Folgenden HBS) bestanden anfangs aus einem Lkw mit fest installierter Versorgungseinheit und einem Anhänger zum Transport des Bohrgerätes (so genannte Lkw - Systeme). Später entwickelte Kleiser die so genannten "Shelter Systeme", bei denen keine speziellen Lkw und Anhänger mehr erforderlich waren, sondern die Geräte sich in einem Container (Shelter) befanden.

Die HBS wurden über die Gesellschaft KSK guided microtunneling technologies Spezialtiefbaugeräte GmbH & Co. KG (Im Folgenden KSK) besorgt, wobei die KSK die HBS nicht selbst herstellte, sondern bei in- und ausländischen Produzenten bezog. Die HBS wurden von der KSK an Leasinggesellschaften für einen Stückpreis von 1,1 Mio. DM bis 1,6 Mio. DM verkauft, wobei tatsächlich weniger als 10 % der verkauften HBS existierten. Bei Überprüfung durch Leasinggesellschaften wurden "Vorführmaschinen" mit jeweils neuen Produktionsnummern versehen und Einsatzbestätigungen und Standortlisten gefälscht.

Die Leasinggesellschaften verleasten ihrerseits die HBS an die FTI. Die FTI wiederum setzte die HBS nicht selbst ein, sondern vermietete sie an so genannte Servicegesellschaften (Im Folgenden FTS) . Diese Gesellschaften wurden ebenfalls von Schmider und Kleiser beherrscht.

Da die Einnahmen aus der Vermietung der wenigen vorhandenen HBS zur Deckung der laufenden monatlichen Leasingraten nicht ausreichten, mussten die aus dem Verkauf der HBS erlösten Beträge von KSK an FTI weitergeleitet werden. Dies geschah unter den Titeln "Ersatz für Leasingaufwand, Umsatzprovision und Ersatzteilprovision". Da die Beträge nur eine gewisse Zeit zur Deckung der laufenden Leasingraten ausreichten, musste die KSK weitere nicht existierende HBS verkaufen, um der FTI die zur Aufrechterhaltung des betrügerischen Finanzierungssystems notwendigen Mittel zur Bedienung der Leasingverträge zur Verfügung stellen zu können.

Die KSK finanzierte dabei nicht nur die FTI, sondern auch die TexColor, die von Schmider - ohne Wissen von Kleiser - dazu benutzt wurde, seinen Lebensunterhalt durch Privatentnahmen zu finanzieren. Außerdem finanzierte die KSK die Gesellschaft Power Drill, die unter dem Titel "Erschließung Subvention" Geld bekam.

Die Beherrschung aller Gesellschaften- FTI, KSK, Servicegesellschaften - wurde durch Schmider und Kleiser verschleiert, um unter Hinweis auf die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit dieser Unternehmen die Forderungen der Kredit gewährenden Banken und Leasinggesellschaften nach Vorlage der Bilanzen der KSK und der Servicegesellschaften abzuwehren. Bei der KSK wurde deshalb Angelika Ne als Gesellschafterin vorgeschoben, während für die Servicegesellschaften die Lichtensteiner Firma F. AG als Muttergesellschaft eingerichtet wurde. Tatsächlich standen Schmider und Kleiser sowohl hinter der KSK als auch hinter den Servicegesellschaften.

Aufgrund des Betrugssystems flossen der Schmider/Kleiser Gruppe von Leasinggesellschaften im Zeitraum zwischen 1991 und 1999 ca. 4,7 Milliarden DM zu. An Leasingraten wurden über die Jahre hinweg zur Aufrechterhaltung des betrügerischen Finanzierungssystems ca. 2,9 Milliarden DM gezahlt.

Am 04. Februar 2000 wurden die Haupttäter Schmider und Kleiser verhaftet worden. Mit Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.12.2001 (Urteil Landgericht Mannheim vom 18.12.2001, Anl. K 5) sind Schmider und Dr. Kleiser wegen Betrugs und bandenmäßigem Betrugs zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Nach den oben beschriebenen Schemen wurden auch bei der von Matthias Schmider, dem Bruder von Manfred Schmider, beherrschten PowerDrill GmbH & Co. KG Leasingverträge über nicht vorhandene HBS, wenn auch in geringerem Umfang, abgeschlossen. Wegen dieser Betrugstaten sowie wegen Beihilfe zum FlowTex Betrug hat das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 12. März 2002 (Urteil Landgericht Mannheim vom 12.03.2002, Anl. K 6) Matthias Schmider zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Ebenso sind Angelika Ne und Karl Schz wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug und Betrugs verurteilt worden (Urteil Landgericht Mannheim vom 18.12.2001, Anl. K 5) .

Das Landgericht ist von folgenden weiteren Feststellungen ausgegangen:

"Das Handeln der Finanzbehörden

Vorgeschichte:

- Der angebliche Raubüberfall

Im Jahre 1986 wurde auf Manfred Schmider ein Raubüberfall verübt, in dessen Folge an die Familie Schmider Versicherungsleistungen in Höhe von 3 Mio. DM gezahlt wurden.

Am 16. August 1995 gestand ein als Täter des Raubüberfalls beschuldigter Privatdetektiv, dass es sich bei dem Raubüberfall auf Manfred Schmider um ein mit diesem abgestimmtes Vorgehen zum Versicherungsbetrug gehandelt habe. Dies führte sodann zu einem Ermittlungsverfahren gegen Manfred Schmider, über das auch in der Presse berichtet wurde, und zu Wohnungsdurchsuchungen. Das Verfahren wurde im Mai 1996 eingestellt.

- Frühere Scheingeschäfte

Im Dezember 1991 bis Januar 1993fandbei der Unternehmensgruppe der Brüder Manfred und Matthias Schmider eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1990 statt. Diese deckte Scheingeschäfte mit einem Volumen von 163 Mio. DM (netto) auf. Manfred und Matthias Schmider teilten zusätzlich Scheingeschäfte in Höhe von weiteren 84 Mio. DM mit, die außerhalb des damaligen Prüfungszeitraums lagen. Die Scheingeschäfte hatten angabegemäß zum Ziel, insbesondere die Bonität gegenüber den Kreditinstituten zu erhöhen. Über den genauen Umfang der Scheinrechnungen (sog. "Sachverhalt Fibertex") wurde das Betriebsprüfungsreferat der Oberfinanzdirektionen Karlsruhe im Juli 1992 informiert. Im Zeitraum vom 14. September bis 03. November 1993 wurden gegen Matthias Schmider und Manfred Schmider auf Grund dieses Sachverhalts Strafverfahren wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung eingeleitet. Die Verfahren wurden später durch die Staatsanwaltschaft Baden-Baden gegen Zahlung von Geldbußen in Höhe von 85.000 DM (Matthias Schmider) und 60.000 DM (Manfred Schmider) eingestellt.

Die Feststellungen der Betriebsprüfung zur Verwendung von Scheinrechnungen wurden im Betriebsprüfungsbericht der KSK vom 05.05.1993 dargestellt, der auch bei der Betriebsprüfung der KSK und der FTI durch den Betriebsprüfer AR S vorlag.

- Die "Sß-Gelder"

Am 13. Oktober 1994 erstattete die Sparkasse Pforzheim eine Verdachtsanzeige gem. § 11 Geldwäschegesetz gegen Rechtsanwalt Sß, den "Syndikus" der FlowTex-Firmengruppe. Diese Anzeige gelangte am 17. Oktober 1994 an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe – Zweigstelle Pforzheim. Mit Verfügung vom 08. Juni 1995 wurde die gemeinsame Finanzermittlungsgruppe (GFG) Polizei-Zoll mit den weiteren Ermittlungen beauftragt. Im Zeitraum 27.07. bis 06.09.1995 unterrichtete die GFG die Steuerfahndung beim Finanzamt Karlsruhe-Durlach und übergab Unterlagen über die Geldtransfers des Rechtsanwalts Sß. Dieser hatte hohe Mio.-DM-Beträge von der KSK überwiesen bekommen, von seinem Anderkonto abgehoben und anschließend regelmäßig das FTI-Firmengelände aufgesucht. Eine Auskunft über den wirtschaftlich Berechtigten der Gelder hatte er am 06. Oktober 1994 verweigert.

Das Ermittlungsverfahren wurde am 23. Mai 1996 mangels Tatverdachts eingestellt, die Akte jedoch der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Karlsruhe-Durlach zur Kenntnisnahme und Auswertung übersandt.

Betriebsprüfung 1990/1991 bis 1993

In der Zeit vom 27. September 1995 bis 29. Dezember 1997 wurde eine Betriebsprüfung bei den Gesellschaften und Personen der Schmider/Kleiser Gruppe durchgeführt. Sie begann mit der Prüfung der FTI und der FTS Ettlingen am 27. September 1995 und endete mit der Erstellung des Betriebsprüfungsberichts der FTI vom 29. Dezember 1997.

Die Prüfung der KSK begann am 22. April 1996 und wurde mit Prüfungsbericht vom 10. Juli 1997 abgeschlossen.

Die Prüfungen der PowerDrill-Gesellschaften begannen am 23. September 1996 und wurden mit Prüfungsbericht vom 23.10.1997 abgeschlossen.

Betriebsprüfungszeiträume waren für FTI und KSK sowie bezüglich der natürlichen Personen Manfred Schmider, Dr. Kleiser, Angelika Ne die Veranlagungszeiträume 1990/91 bis 1993. Der Prüfungszeitraum für PowerDrill und Matthias Schmider erstreckte sich bis 1994.

Alle genannten Gesellschaften wurden u.a. durch den Betriebsprüfer Amtsrat (im Folgenden: AR) Manfred S geprüft, der seit 15. Januar 1996 an den Betriebsprüfungen teilnahm. Ferner war Regierungsrat (im Folgenden: RR) Ga als Prüfer beteiligt. Die Matthias-Schmider-Gesellschaften und Matthias Schmider selbst wurden von dem Betriebsprüfer Steueramtmann (im Folgenden: StAM) Hh beim Finanzamt Rastatt geprüft.

In demselben Zeitraum waren auch die Finanzämter Düsseldorf-Nord, Finsterwalde, Hamburg, Ingolstadt und Saarbrücken mit Betriebsprüfungen bei FlowTex- Servicegesellschaften befasst.

- Selbstanzeige vom 05.02.1996

Am 05. Februar 1996 erstatteten Angelika Ne, Manfred Schmider, Dr. Kleiser und Rechtsanwalt Sß Selbstanzeige (Selbstanzeige vom 05.02.1996 Anl. K 7/88) bei dem Finanzamt Weimar und bezichtigten sich der Steuerhinterziehung. Dies geschah im Hinblick auf die angekündigte Betriebsprüfung bei der KSK und die im Zuge der Ermittlungen gegen Rechtsanwalt Sß bekannt gewordenen "Sß-Gelder".

Angelika Ne gab an, 86 Mio. DM aus der KSK herausgezogen und auf ein Konto von Rechtsanwalt Sß in Pforzheim transferiert zu haben. Rechtsanwalt Sß habe dann die Gelder abgehoben und ihr wieder bar ausgehändigt. Angelika Ne gab in der Selbstanzeige weiter an, die Anteile der KSK treuhänderisch für Manfred Schmider und Dr. Kleiser zu halten, "wie dies im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1988 bis 1990 festgestellt worden ist" .

Die Selbstanzeige wurde am 08. Februar 1996 telefonisch vom Finanzamt Erfurt der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts Karlsruhe-Stadt mitgeteilt. An demselben Tag übergab Rechtsanwalt Ku, einer der Berater von Manfred Schmider, die Selbstanzeige schriftlich der Betriebsprüfungsstelle. Zu einer Besprechung am 08.02.1996 im Finanzamt Karlsruhe-Stadt hielt AR S fest (Aktenvermerk AR S vom 09.02.1996 Anl. B 22) :

" ..., es wäre aus "Schmiergeldzahlungen" bei der KSK in Höhe von ca. 40 Mio. DM bei einer Umbuchung ...Vorsteuer (14 %/15 %) herausgerechnet worden. Rechnungen für die Schmiergelder mit USt-Ausweis liegen nicht vor, sodass die Vorsteuer tatsächlich zu Unrecht abgesetzt wurde...

Insgesamt handelt es sich um Schmiergelder in der Größenordnung von 60 bis 80 Mio. DM. Die Schmiergelder wurden durch RA Sß, Pfh., in bar über sein Konto abgehoben. Wer die Schmiergelder erhielt, konnte Ku nur mit dem Hinweis auf Aktivitäten der Firma TexColor im Osten (Litauen, Tschechien, Russland) erklären...

Die Selbstanzeige wurde auch i.N. und Auftrag von M.Schmider und Dr. Kleiser erstattet, da über die Treuhandvereinbarung nicht Frau Ne, sondern die Herren Schmider und Dr. Kleiser tatsächlich Gesellschafter der KSK seien - das Treuhandverhältnis ist immer noch unklar - daher die Vorsichtsmaßnahme "

Manfred Schmider stellte in der Folgezeit seine Gesellschafterstellung bei der KSK in Frage. Am 12. Februar 1996 hielt AR S in einem Aktenvermerk (Aktenvermerk AR S vom 12.02.1996 Anl. K 103) über ein Gespräch mit Manfred Schmider Folgendes fest:

" ...M.S. verneinte das Bestehen eines Treuhandvertrages... M.S. möchte jedoch in keinem Fall mit der Hinterziehung und einer möglichen Eröffnung eines Strafverfahrens etwas zu tun haben. Verweis derzeitige staatsanwaltschaftliche Ermittlungen Beteiligung Baden-Airport..."

Aussagekräftige Unterlagen zur Verwendung der Gelder wurden trotz mehrfachen Aufforderungen der Betriebsprüfer nicht vorgelegt (Aktenvermerke AR S vom 24.04.1996 Anl. B 111, vom 06.05.1996 Anl. B 112, vom 03.06.1996 Anl. B 37 und vom 10.07.1996 Anl. B 113) .

Am 25.04.1996 wurde in einer Besprechung beim Finanzamt Erfurt im Beisein der dortigen Steuerfahnder und des Leiters der Straf- und Bußgeldsachenstelle Erfurt Dr. Sph beschlossen, die Betriebsprüfer sollten die Prüfung weiter durchführen und versuchen, das angeblich bestehende Treuhandverhältnis aufzuklären.

Die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft Mühlhausen an sich gezogen, im Mai 1996 wurde das Verfahren jedoch an die Staatsanwaltschaft Mannheim abgegeben.

Auf Drängen der Betriebsprüfer nach einer klaren Erklärung gaben Schmider, Dr. Kleiser und Angelika Ne am 05.06.1996 eine schriftliche Erklärung ab, wonach Angelika Ne die Anteile an der KSK im eigenen Namen und für eigene Rechnung halte und danach nicht Treuhänderin sei (Erklärung vom 05.06.1996 Anl. K 7/114) .

- Anonyme Anzeige vom 25. 04.1996

Am 25. April 1996 ging beim Finanzamt Weimar telefonisch eine anonyme Anzeige ein, wonach die KSK 1.000 HBS verleast hatte, obwohl nur 129 tatsächlich hergestellt seien (StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 As. 1775 = Anl. K 7/63 = Anl. K 7/134) . Die Anzeige wurde bei den Besprechungen vom 10.05.1996 in Erfurt und am 20.05.1996 bei der OFD Karlsruhe erörtert.

- Anonyme Anzeige vom 04.05.1996

Am 04.05.1996 ging bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine anonyme Anzeige (Anonyme Anzeige vom 04.05.1996 Anl. K 7/83 = Anl. K 78) wegen "Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung, Investitionsbetrug" ein. In dieser Anzeige wurde behauptet, die Firma FlowTex habe von der KSK weit über 700 HBS geleast, die Systeme seien jedoch nie produziert worden.

Bei einer Besprechung am 10.05.1996 beim Finanzamt Erfurt zwischen der Steuerfahndung Erfurt, der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach und der Betriebsprüfung Karlsruhe kamen sowohl der Raubüberfall aus dem Jahre 1986 als auch die beim Finanzamt Weimar eingegangene telefonische anonyme Anzeige zur Sprache.

AR S teilte bei einer Besprechung am 13.05.1996 (Aktenvermerk Steuerfahnder Oberamtsrat (OAR) Sb vom 13.05.1996 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 1387 = Anl. K 7/138 = = Anl. K 80 = Anl. B 47) auf die Frage der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach nach steuerlichen und sonstigen Vorteilen des in der telefonischen Anzeige behaupteten Sachverhalts mit, es handle sich dabei

" um eine reine Finanzierungsmethode..., die auf einen Betrug gegenüber den Banken hinauslaufe".

Er wurde gebeten,

" eine Stückzahlrechnung über die hergestellten und verleasten Systeme zu fertigen und zu untersuchen, welche steuerlichen oder sonstigen Vorteile sich bei der angezeigten Methode ergeben."

- Vorermittlungverfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, Staatsanwalt Z, leitete ein Verfahren zur Prüfung eines Anfangsverdachts gegen Manfred Schmider und Dr. Kleiser ein und übermittelte den Vorgang der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach. Die Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach wurde um Mitteilung gebeten, ob

" dort Erkenntnisse im Hinblick auf die in der anonymen Strafanzeige genannten Steuerdelikte etc. vorhanden"

seien (Verfügung Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.05.1996 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 492 = Anl. K 7/84 = Anl. K 7/139 = Anl. K 79) .

- Die Systemüberprüfung

Den Betriebsprüfern wurde in einer Besprechung vom 20.05.1996 bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe der Auftrag erteilt, die Betriebsprüfung fortzuführen, von den Beteiligten bis 30.06.1996 eine " eindeutige und klare Darstellung der Gesellschaftsverhältnisse " anzufordern und das Vorhandensein der HBS mit den Mitteln und Möglichkeiten der Betriebsprüfung im Prüfungszeitraum 1991 bis 1993 zu überprüfen. In einem Aktenvermerk (Aktenvermerk Me vom 20.05.1996 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 1935 = Anl. K 7/133 = Anl. K 74 = Anl. B 35) über diese Besprechung wurde Folgendes festgehalten:

" Verkauf der Geräte-Einheiten an Leasinggesellschaften

Anmietung der Geräte-Einheiten durch verbundene Unternehmen

" Verteilung des Rohgewinns" an die verbundenen Unternehmen

progressive Zunahme der Leasingverträge"

Der Betriebsprüfer AR S notierte sich zu dieser Besprechung (Vermerk AR S vom 21.05.1996 Anl. K 7/132 = Anl. B 36) :

" - Problem Systeme > Betrugsverdacht lt. anonymer Anzeige bei StA

- Problem nicht rechtzeitiges Einschalten der StA bzw. Steufa > Durchsuchung wenn Betrugsverdacht sich ergibt

- Beachtung bei Bp (Bp = Betriebsprüfung) : wenn Verdacht auf Betrug hinsichtlich der Anzahl der Systeme, dann ggf. Strafverfahren, sonst Verwertungsverbot.

... Jedoch Einlassung von Frau Ne u. M. Schmider, dass an KSK vorbei durch FTI Systeme fremd gefertigt wurden, welche dann KSK für 0 DM überlassen wurden. Die Gelder der SA sind hierzu teilweise verwendet worden. "

Der Steuerfahnder Oberamtsrat (im Folgenden: OAR) Gl hielt in einem Aktenvermerk zu dieser Besprechung (Aktenvermerk Gl vom 20. 05.1996 = Anl. K 7/93 = Anl. K 7/140 = Anlage K 81 = Anl. B 34) fest:

"Dabei ist als Ergebnis festgestellt worden,...

... dass die Stückzahlen der durch die KSK erstellten an die FlowTex u.a. verkauften und teilweise über fremde Leasinggesellschaften verleasten Systeme (Bohrvorrichtungen mit oder ohne LKW) bisher nicht eindeutig geklärt sind. Nach der telefonischen anonymen Anzeige gegenüber dem FA Weimar werden angeblich 1.000 Maschinen verleast obwohl nur 129 Stck. hergestellt worden seien. Durch die Bp wird angenommen, dass die Zahl 1.000 den aktuellen Stand betrifft und von ihr nicht nachvollzogen werden kann, da der PZ (PZ = Prüfungszeitraum) bis einschließlich 1993 umfasst. Nach den bisherigen Feststellungen der Bp sollen 369 Systeme bis zum 31.12.93 buchhalterisch vorhanden gewesen sein. Anhaltspunkte, dass diese körperlich nicht vorhanden sein könnten, hat die Bp allerdings bisher nicht. Die Überprüfung hierzu läuft schon einige Zeit. Die Bp hat u. a. Nachweise über die Herstellung der Systeme (beispielsweise über Daimler-Benz) gefordert...

Gleichzeitig sollen die Stückzahlen bzw. ihr körperliches Vorhandensein der buchmäßig erfassten Systeme nachvollzogen und festgestellt werden. Die Gefahr der Strafvereitelung durch Handlungen der BP (die ein Verwertungsverbot auslösen) ist durch Herrn Sch angesprochen worden. Die Glaubwürdigkeit der beim FA Weimar eingegangenen Anzeige kann aber sicher besser beurteilt werden, wenn sich für den PZ bis 31.12.93 Diskrepanzen bestätigen oder auflösen... "

Nach einem Aktenvermerk der Staatsanwaltschaft Mannheim (Aktenvermerk Staatsanwaltschaft Mannheim - Oberstaatsanwalt Ao vom 21.05.1996 Anl. K 12) wurde bei einem Telefongespräch am 21.05.1996 besprochen, dass die Betriebsprüfung die Lieferfirmen ... um Auskunft über die Zahl der tatsächlich gelieferten Bohreinheiten ersuche. Dies erfolgte jedoch nicht.

Die Betriebsprüfer hatten bereits festgestellt, dass der Materialeinsatz bei KSK in einem Missverhältnis zur Zahl der verkauften Systeme stand (vgl. hierzu Tabelle vom 07.05.1996 Anl. B 109) .

Auf Anforderung der Betriebsprüfer hatte ihnen der Geschäftsleiter und technische Leiter der KSK Da am 30.04.1996 Listen (Anl. K 7/129, K 7/130 = K 56) (die so genannten "Da-Listen") mit drei Ordnern (Bestellungen FTI - KSK, Auftragsbestätigungen, Bestellungen KSK - Unterlieferanten, Abnahmeprotokolle) über gekaufte HBS und Hersteller übergeben. Die Zahlen von 91 gekauften Bohrgeräten und 94 gekauften Sheltern (bis 31.12.1993) bzw. von 181 und 175 (im Frühjahr 1996) Systemen wichen stark von den in der Buchhaltung der KSK geführten 372 (Ende 1993) bzw. ca. 1.000 verkauften Systemen (Frühjahr 1996) ab; Da erklärte, es könne nicht stimmen, dass 300 Geräte vorhanden sein müssten (Vernehmungsprotokoll Da vom 10.12.2001 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 834 = Anl. K 7/127 = K 57) .

Die Prüfer ließen sich von der Geschäftsführung der FTI und Angelika Ne erläutern, Da habe keinen vollständigen Überblick und wisse nichts von den zur "Einsparung" von Lizenzgebühren im Ausland produzierten Geräten, dass nämlich wegen Lizenzstreitigkeiten mit der amerikanischen Firma FlowMole von 1988 bis Anfang 1994 unter höchster Geheimhaltung mit der eigenen Produktion begonnen worden sei und Unterlagen, die auf die unerlaubte Herstellung von Geräten hindeuteten, aus den Unterlagen entfernt worden seien (Aktenvermerk AR S vom 03.06.1996, StA Mannheim 401 Js 1009/01 AS. 2611 = Anl. K 7/101 = Anl. B 37) .

Tatsächlich war der Prozess mit FlowMole schon beendet (nach klägerischer Darstellung im Januar 1992, nach beklagtischer im September 1993), was aus den Wirtschaftsprüferberichten zur Bilanz 1993 hervorging (Bericht zum Jahresabschluss 1993 der FTI Anl. K 7/35) .

Der Betriebsprüfer AR S hielt zu der Besprechung u.a. fest (Aktenvermerk AR S vom 03.06.1996, StA Mannheim 401 Js 1009/01 AS. 2611 = Anl. K 7/101 = Anl. B 37) :

"Es wurde dargestellt, dass durch die Bp es nicht nachvollziehbar sei, dass im Pz ca. 370 Systeme durch KSK zu 98 % an FTI bzw. Leasingfirmen - Leasingnehmer FTI - veräußert wurden, der Materialeinsatz bei KSK aber nur für ca. 77 Systeme bis Abnahmedatum 31.12.1993 nach den Aufzeichnungen der KSK-Technik Einkäufe vorhanden seien. Nach Angaben von Frau Ne wurde von dieser erklärt, dass sie die Systeme von FTI für 0 DM übernommen hätte, was auch in der Inventur 31.12.1991 u. 1992 dokumentiert sei. Die HK (HK = Herstellungskosten) dieser Systeme seien von FTI getragen, der entstandene Gewinn würde durch Mietrückberechnung, Royalties (gemeint: royalties (engl.) = Lizenzgebühren) , fiktive Ersatzteillieferungen durch FTI wieder abgesaugt....

Bp

Es wurde dargelegt, dass der Nachweis der über KSK veräußerten Systeme tatsächlich durch FTI hergestellt wurde erbracht werden müsse. Bloße Erklärungen reichen nicht aus, da auch die Rechnungsstellung so wenig Aussage enthält, die Systeme fast ausschließlich an FTI oder die FlowTex Service Ges. veräußert wurden, also keine Fremdverkäufe vorlägen. Auch die geänderte Bauweise vom LKW-System zum Sheltersystem mache die Nachprüfung ohne geeignete Unterlagen oder Bezugs Nachweise unmöglich.

Es wurde auch darauf verwiesen wo der Markt für so viel Systeme in der BRD sei?"

Schmider erklärte dem Betriebsprüfer AR S, ein großer Teil der Systeme sei produziert, jedoch " auf Halde " gestanden und zahlreiche stünden immer noch herum (Aktenvermerk AR S vom 03.06.1996, StA Mannheim 401 Js 1009/01 AS. 2611 = Anl. K 7/101 = Anl. B 37) .

Ein Abgleich der Da-Liste mit den Verkaufsunterlagen, wie er bei den Lkw-Systemen anhand der Fahrgestellnummern vorgenommen werden konnte, war bei den Shelter-Systemen wegen unterschiedlicher Bezeichnungen in Herstellungs- und Verkaufsunterlagen zunächst nicht möglich. In den KSK-Rechnungen wurde eine von FTI vorgegebene interne Ident-Nummer verwendet, während im Fertigungsbereich der KSK die Sheltersysteme mit FPU-Nummer und Motor-Nummer des Herstellers KHD bezeichnet waren.

Die Betriebsprüfer erhielten zunächst von Angelika Ne am 03.06.1996 eine Liste der von der KSK in den Jahren 1991 bis 1993 verkauften HBS ("Ne-Liste", Anl. K 58) . Danach waren 1991 30 Lkw-Systeme und 44 Shelter-Systeme, 1992 120 Shelter-Systeme, 1993 178 Shelter-Systeme, insgesamt also 372 HBS verkauft worden.

Am 03.07.1996 erhielt der Betriebsprüfer AR S von Schmider und Dr. Kleiser Standortbescheinigungen zehn ausländischer Gesellschaften über 284 Bohrsysteme, die angeblich 1991 bis 1993 nicht nur verkauft, sondern auch eingekauft worden seien. Beigefügt waren auch Mietverträge, wonach diese HBS beginnend 1994 - bis einschließlich 1996 unentgeltlich - an die Gesellschaften vermietet sein sollten.

Der Betriebsprüfer AR S stellte in Auswertung der Unterlagen die Abnahmedaten der Lkw-Systeme durch KSK den Rechnungsdaten gegenüber (Anfrage Nr. 4 vom 09.05.1996 Anl. K 60 (tatsächlich wohl vom 09.07.1996)) ; hierbei ergab sich bei 12 Lkw-Systemen, die von Januar bis April 1991 verkauft wurden, dass diese erst Monate und Jahre nach dem Verkauf durch den Unterlieferanten an die KSK ausgeliefert wurden. Da teilte auf Anfrage Ss mit (Schreiben Da vom 10.07.1996 Anl. K 61) :

"Die LKW´s, welche der Fa. KSK zum Weiterverbau übergeben wurden, hatten keinen Aufbau.

Nach dem Verbau wurden die Anlagen durch den Unterlieferanten mit dem Aufbau, vor der Auslieferung an die Fa. KSK, zugelassen."

Ob eine von AR S formulierte Aufforderung (Anfrage Nr. 5 AR S vom 19.07.1996 Anl. K 63) zur Stellungnahme gegenüber Schmider und Dr. Kleiser diesen vorgelegt wurde, ist unklar; sie blieb jedenfalls auch nach Erinnerung (durch die Anfrage Nr. 6 vom 05.09.1996 Anl. B 139) ohne Antwort.

Die Betriebsprüfer forderten für 45 von AR S willkürlich ausgewählte Systeme die Vorlage von Ausfuhrzollbelegen, Übergabeprotokollen, Mietverträgen, Nachweisen der Mietzahlungseingänge etc. an (Aktenvermerk RR Ga vom 11.07.1996 Anl. K 89) . Vorgelegt wurden daraufhin lediglich Mietverträge, sodass Zweifel der Betriebsprüfer verblieben. Der Betriebsprüfer AR S berichtete der Steuerfahndung am 17.07.1996 (Aktenvermerk Steuerfahndung vom 17.07.1996, Anlage B 54) über die Ergebnisse der Anfragen und erstattete über die bisherigen Prüfungsmaßnahmen am 21.07.1996 einen Zwischenbericht (Aktenvermerk AR S vom 21.07.1996, StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 1942 = Anl. K 7/161 = Anl. K 59) .

Nachdem der Betriebsprüfer AR S telefonisch vom Abschlussprüfer der FTI Dr. Ro Einsatzlisten der Systeme anforderte, erfuhr er, der Abschlussprüfer habe solche Listen erst ab 31.12.1994 (Aktenvermerk AR S vom 12.08.1996 Anl. K 65) .

- "Ks-Vermerke"

Am 02. und 03. Juli 1996 wandte sich ein Beamter des Finanzamts Karlsruhe-Durlach, Herbert Richard Ks, an die Steuerfahndung des Finanzamts und teilte mit, ein Bekannter, der kürzlich bei FlowTex ausgeschieden sei, sich jedoch nicht gegenüber der Steuerfahndung äußern wolle, habe interessante Anmerkungen gemacht; diese beschrieben im Wesentlichen das in der anonymen Anzeige beschriebene Modell.

Die Angaben wurden in zwei Aktenvermerken festgehalten (Aktenvermerke vom 02.07. und 03.07.1996 StA Mannheim 401 Js 22627/01 As. 3 , 5 = Anl. K 7/58 = K 87, K 7/59 = K 88) , in denen es u. a. heißt:

"Steuerliche Hintergründe konnten dabei allerdings nicht geschildert werden. Hauptgrund sei wohl mehr die Finanzierung über eine Art "Schneeballsystem".

Als besonders beachtenswert erscheinen folgende Angaben des Bekannten von Herrn Ks:

1. Einer der Betriebsprüfer sei sechs Wochen in der Karibik gewesen.

2. Vor ca. vier bis fünf Monaten sei eine Durchsuchungsaktion bei der Fa gewesen.

3. Herr Schmider wisse von der anonymen Anzeige. Schmider gehe aber davon aus, dass deshalb auch durch die Bp nichts herauskomme, denn: ´Er habe die Leute gekauft´ - ´Er habe die Herren in der Tasche´. Zusammenhang mit 1.?

4. Mindestens für 200 Einheiten seien Luftgeschäfte durchgeführt worden. Den Bp gegenüber seien diese als Auslandsgeschäfte deklariert worden. Auf dem Papier seien die Geschäfte korrekt dargestellt. Man müsse sie mit den vorhandenen Einheiten im Einzelnen abgleichen.

5. Auch einer der Bankdirektoren bei der BfG oder BW-Bank sei geschmiert...der Bekannte habe keine eindeutigen Beweise, keine schriftlichen Unterlagen, er habe aber verschiedene FOTOS von Fahrzeugen - ohne Aufbauten u.ä.

...

der Bekannte hat ergänzend geäußert, dass

- insgesamt nur 186 Anlagen insgesamt produziert worden seien,

- davon 86 bei Doll und 100 bei Eletari in Italien,

- der Frau Ne, bei der KSK sei (Gesellschafterin?) gehöre die Eletari,

- es müsse wohl teilweise auch Kfz oder mindestens entsprechende Papiere geben, für die Aufbauten gar nicht produziert worden seien,

- die Wechselaufbauten seien reine Luftgeschäfte, damit vermeide man die Nachweisprobleme von Fahrzeugen mittels Kfz-Briefen,

...

- er gehe davon aus, dass Schmider mindestens einen Betriebsprüfer in der Hand habe..."

- Der "Gewinnmarge-Vermerk"

Am 21.07.1996 hielt der Betriebsprüfer AR S in einem Aktenvermerk (Aktenvermerk AR S vom 21. 07.1996, Anlage K 7/160 = Anl. K 59 = Anl. B 55) ("Gewinnmarge-Vermerk") fest, er habe fünf Lkw-Systeme selbst überprüft:

"dabei konnte ich feststellen, dass diese LKW-Systeme mit LKW-Kauf 1990/91 heute erst zwischen 500 und 3.500 km gefahren wurden. Dies würde wieder dem entsprechen, was durch die Geschäftsführer von FTI vorgebracht wird, es wurde auf Halde produziert, die fälligen Leasingraten wurden über KSK-Gewinnmarge refinanziert..., "

Auf geäußerte Zweifel, ob die Mieter überhaupt so viele Systeme bräuchten, habe Manfred Schmider erläutert, man wolle beim Marktaufbau

"klotzen, nicht kleckern".

AR S erstellte in einem Schriftstück vom 22.08.1996 (Aktenvermerk (Schaubild) AR S vom 22.08.1996 StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 AS. 165)[alte Heftung] in der Anl. zum Aktenvermerk vom 22.08.1996 = Anl. K 7/102 = Anl. B 66) mit der Überschrift "Betrachtung bei KSK 1991 bis 1993" folgende Tabelle:

" Geld aus VK

./. Mietraten

./. Royalties (royalties (engl.): Lizenzgebühren, Tantiemen)

./. Fiktive Schul., Ersatzteile

verbleibendes Geld"

- Der "Kegel-Vermerk"

In einem Aktenvermerk vom 02.09.1996 (Aktenvermerk AR S vom 02.09.1996 StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 = Anl. K 7/103 = Anl. B 67) (sog. "Kegel-Vermerk") hielt AR S über ein Gespräch mit Angelika Ne fest:

" Ich machte nochmals anhand des Kegels deutlich, dass m.E. eine Abkehr von der begonnenen Finanzierungsform schwer möglich ist, da derzeit monatl. Leasingraten von ca. 21 Mio. DM über die KSK aufgebracht werden müssen, dies damit FTI seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann."

Mit Schreiben vom 16.09.1996 (Schreiben vom 16.09.1996 401 Js 22627/01 AS. 496 = Anl. K 7/86 = Anl. B 63 = Anl. K 92) teilte die Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach der Staatsanwaltschaft Karlsruhe unter Rückgabe der übersandten Akte mit, nach dem Ergebnis der bisherigen Vorermittlungen schieden steuerstrafrechtliche Aspekte bei der Beurteilung der Anzeige aus; auf Grund der Selbstanzeigen seien jedoch gegen die Verantwortlichen der KSK Steuerstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Mannheim anhängig.

- Das WP-Testatverfahren

Schließlich wurden Testate von Wirtschaftsprüfern über die Existenz von 45 willkürlich aufgelisteten Bohrsystemen mit Standorten in Spanien, Italien, Griechenland, Irland und Holland verlangt (Aktenvermerk AR S vom 04.09.1996, StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 = Anl. K 7/167) . Mit der Durchführung wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, die ausländischen Wirtschaftsprüfer wurden allerdings von Dr. Kleiser ausgesucht. Um die Testate zu erhalten, verbrachten Schmider und Dr. Kleiser "Vorführmaschinen" in verschiedene europäische Länder.

Für 43 Systeme wurden im Dezember 1996 Testate vorgelegt (Anl. B 60) , ein Gerät in Rom wurde nicht bestätigt; allerdings wurden teilweise andere als die angeblichen Standorte bestätigt, teils wurden nicht die vorgegebenen Bestätigungsformulare benutzt, großenteils fehlten Angaben zum Lkw-Kennzeichen; zwei Prüfer mit insgesamt 8 Bestätigungen waren keine Wirtschaftsprüfer.

Auf wiederholte Aufforderungen, die externen Nummern der Shelter-Systeme den internen Ident-Nummern zuzuordnen, hatte Manfred Schmider am 11.10.1996 eine entsprechende Aufstellung (Liste vom 11.10. 1996 Anl. K 64) übergeben.

Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Freiburg-Land hielt später (Vermerk Steuerfahndung Finanzamt Freiburg-Land vom 28. Oktober 2002 Anl. K 62, S. 27) zu der Liste fest:

"Die Auflistung enthält einerseits Motornummern, die auch in der Da-Liste und entsprechenden Abnahmeprotokollen aufgeführt und damit belegbar sind. Die weiteren, nicht aus Herstellungsunterlagen belegbaren Motornummern ergeben sich in strenger auf- oder absteigender Zahlenfolge zu den belegbaren. Aufsteigenden Systemnummern, von der KSK chronologisch in aufsteigenden Erfolge vergeben, sind Motornummern in ebenso streng aufsteigender numerischer Folge zugewiesen. Diese Darstellungen indizieren nicht nachvollziehbare aufeinander abgestimmte Abläufe in verschiedenen Unternehmen:

- die bekannten Unterlieferanten der KSK (Firma Doll und Hydraulik Schwerin) und nicht benannte (angebliche) Herstellerfirmen im Ausland müssten von der Deutz AG mit Motoren desselben Produktionslaufs beliefert worden sein.

- die Produktion von Shelter-Versorgungseinheiten (Verbau der Motoren) folgte bei der Firma Doll bzw. Hydraulik Schwerin und den unbekannten ausländischen Herstellern nach aufsteigender Motornummer in zeitlich aufeinander abgestimmter Folge...

Von 98 hergestellten Einheiten der Datenliste können nach der Identifikationsliste 85 Ausgangsrechnungen der KSK zugeordnet und datenmäßig verglichen werden. Der Datenvergleich zeigt, dass sämtliche nach dem 31. Dezember 1993 hergestellten Einheiten Ausgangsrechnungen der Jahre 1991, 1992 und 1993 zugeordnet sind. Auch bei Einheiten, die bis 31. Dezember 1993 hergestellt waren, datiert die Ausgangsrechnung der KSK üblicherweise vor dem Herstellungsdatum. Insgesamt liegen in 83 von 85 Fällen die Rechnungsdaten vor den Herstellungsdaten, zeitliche Abweichung 191 bis 1001 Tage."

- Die IZA-Auskunft

Auf eine Anfrage der Steuerfahndung des Finanzamts Karlsruhe nach den angegebenen ausländischen Mietfirmen der HBS teilte das Bundesamt für Finanzen (IZA) am 08.10.1996 (Schreiben IZA vom 08.10.1996 Anl. K 67) unter anderem mit,

- zu I, Spanien (1 HBS):

"existente Gesellschaft auf dem Gebiet der Verlegung von Gasleitungen tätigt"

- zu F, Italien (39 HBS):

" existente Gesellschaft, Baufirma"

- zu A, Griechenland (46 HBS):

"existente Gesellschaft, auf dem Gebiet des Imports und des Großhandels medizinischer Geräte tätig"

- zu I, Tschechien (3 HBS):

"existente Gesellschaft, Bauunternehmen"

- zu M, Italien (3 HBS):

"existente Gesellschaft, auf dem Gebiet des Verlegen von Rohren tätig"

- zu M, Spanien (59 HBS):

"Dem Vernehmen nach beabsichtigt er die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen in Kürze einzustellen";

- zu C, Niederlande (34 HBS):

"nur geringfügig aktiv, Räumlichkeiten gemietet... außer der Geschäftsleitung kein Personal... besitzt keinen eigenen Telefonanschluss..."

- zu P, Spanien (41 HBS):

"Tätigkeit Ende 1993 eingestellt und Antrag auf den gesetzlichen Zustand der Zahlungseinstellung bei Gericht eingereicht";

- zu D, UK (46 HBS):

"gem. letztveröffentlichter Bilanz 31.12.1992 war die Firma inaktiv, gemäß den Jahresmeldungen für 1993 und 1994 soll man jedoch Glas- und Konservierungsarbeiten durchgeführt haben... nach mehrfachen Mahnungen und Androhungen der Streichung aus dem Handelsregister erfolgte dies am 30.5.1995, Auflösung am 6.6.1995 in London Gazette publiziert..."

Die Betriebsprüfer erhielten diese Auskunft am 15.11.1996.

In einem Arbeitspapier vom 04.02.1997 (Arbeitsunterlage Betriebsprüfer RR Ga, AR S vom 04.02.1997 Anl. K 7/71 = B 43) zur Vorbereitung einer Besprechung zwischen der OFD Karlsruhe und den Betriebsprüfern am 05. Februar 1997 (hierzu vgl. Aktenvermerk Steuerfahnder OAR Sb vom 05.02.1997 Anl. K 7/61 = B 44) wurde ausgeführt, der geforderte Nachweis von 45 Systemen sei durch Wirtschaftsprüfertestate erbracht worden. Ferner:

" 9. Grundsatzdiskussion über Leasing/Mietübernahme durch KSK, wenn Systeme nicht im Einsatz sind"

und:

" Geldüberstellung KSK > TexColor 19.608.303

Die Geldverwendung erfolgte i.H.v. ca. 9 Mio. als PE Manfred Schmider- jedoch lt. Bp Zurechnung als vGA bei A. Ne, da privates Darlehen unterstellt wird. Restbetrag von ca. 10 Mio., Verwendungsnachweise nicht erbracht, daher als vGA bei A. Ne zugerechnet

Möglichkeit, dass die Gelder für den Aufbau der Texcolorfirmen im westlichen Ausland - Tschechei, Litauen, Polen - verwendet wurden ist gegeben, jedoch Nachweis nicht erbracht. Sollte Nachweis erbracht werden, dann erneute Zurechnungsprüfung u. Behandlung.."

Das Ergebnis der Systemüberprüfung wurde über die Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach der Staatsanwaltschaft Karlsruhe mitgeteilt. Telefonisch wurde mit Staatsanwalt Z besprochen, unter bestimmten Umständen liege Kreditbetrug vor (Aktenvermerk Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach vom 10.04.1997 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 94 = Anl. B 65) . In einer schriftlichen Mitteilung der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach an die Staatsanwaltschaft vom 14.04.1997 (Anl. K 13) wurde jedoch lediglich mitgeteilt, eine nach dem Zufallsprinzip erfolgte Überprüfung von 43 HBS im Ausland habe keine Beanstandungen ergeben. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe stellte daraufhin das Verfahren ein (Verfügung vom 24.04.1997 K 14) .

- Der "Gewinnverprobungs-Vermerk"

In einer Aufstellung vom 16. April 1997 (Gewinnverprobung 1991 bis 1993 bei KSK GmbH vom 16.04.1997 Anl. K 7/51 = Anl. K 17) ("Gewinnverprobung") hielt der Betriebsprüfer AR S Folgendes fest:

- Gang des Steuerstrafverfahrens

Das auf die Selbstanzeige eingeleitete Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Mühlhausen an die Staatsanwaltschaft Mannheim abgegeben.

Der Sachgebietsleiter der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach Sch hielt in einem Aktenvermerk vom 29.04.1997 (Aktenvermerk ORR Sch vom 29.04.1997 Anl. K 7/116 = Anl. B 45) fest:

" Die unterschiedliche Darstellung der Rechtspositionen der Herren Schmider und Kleiser sowie Frau Ne im Jahre 1993 (vgl. Schriftsatz vom 04.02.1993) und im Jahre 1996 (vgl. Schriftsatz vom 05.06.1996) wurde geprüft.

Die wirtschaftliche Machtstellung der Herren Schmider und Kleiser dürfte nach wie vor feststehen.

Die dargestellte Rechtsposition im Jahre 1996 kann im Moment nicht weiter von Fahndungsseite aufgeklärt werden. Strafprozessuale Maßnahmen zur Erhellung der Sach- und Rechtslage erscheinen nicht erfolgversprechend."

Bei einer Besprechung der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach (Sch, Gl, Si) bei der Staatsanwaltschaft Mannheim (Staatsanwältin K) wurde besprochen, inwieweit den Beschuldigten Schmider und Kleiser eine Verstrickung in Steuerhinterziehungen der Angelika Ne im Zusammenhang mit der KSK nachgewiesen werden kann (Vernehmungsprotokoll Kr vom 31.08.2001, StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 1098 = K 7/121) .

Mit Schreiben vom 09.06.1997 an die Staatsanwaltschaft Mannheim (Schreiben Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach vom 09.06.1997 Anl. K 31) führte die Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach, Sachgebietsleiter Sch, unter Beifügung der Erklärung Ne/Schmider/Dr. Kleiser vom 05.06 1996 aus:

" Eine Beteiligung der Herren Schmider und Dr. Kleiser an der KSK kann für den Prüfungszeitraum von hier aus nicht nachgewiesen werden. Damit liegt die Verantwortung für die bei der KSK und deren Gesellschafterin eingetretenen Steuerverkürzungen allein bei Angelika Ne. Bei den übrigen genannten Personen ist ein steuerunehrliches Verhalten daraus nicht nachzuweisen."

Die Staatsanwaltschaft Mannheim stellte daraufhin am 24.06.1997 das Steuerstrafverfahren gegen Manfred Schmider und Dr. Kleiser nach § 170 Abs. 2 StPO ein (Einstellungsverfügung Staatsanwaltschaft Mannheim vom 24.06.1997 Anl. K 32) , da der Verdacht, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen zu Gunsten von Schmider und Dr. Kleiser erfolgt seien, nicht aufrecht zu erhalten sei, nachdem ein Treuhandverhältnis bezüglich der Gesellschaftsanteile der KSK nicht nachzuweisen sei; ebenso wenig ließen sich Beihilfehandlungen Schmiders und Dr. Kleisers zu Steuerstraftaten nachweisen. Die Ermittlungsverfahren gegen Angelika Ne und Rechtsanwalt Sß wurden abgetrennt und an die Staatsanwaltschaft Mühlhausen abgegeben. Im Nachgang übersandte die Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach an die Staatsanwaltschaft Mannheim ein Schreiben von Rechtsanwalt Sß vom 14.07.1996 (Schreiben Rechtsanwalt Sß vom 14.07.1996 Anl. K 27) , wonach er

"die Zahlungen an NorInvest/FL auf Wunsch der KSK ... vorgenommen",

im Übrigen

"die Gelder nach Abhebung in bar an Frau Angelika Ne übergeben habe",

und eine Bestätigung von Angelika Ne vom 16.07.1996 (Bestätigung Ne vom 16.07.1996 Anl. K 28) , Rechtsanwalt Sß habe die

"von uns zur Verfügung gestellten Gelder gemäß unseren Weisungen an die zuständigen Empfänger weitergeleitet".

Im März 1999 kam es zu einem Telefongespräch zwischen Staatsanwalt Dk, Staatsanwaltschaft Mühlhausen, und AR Manfred S wegen dieses Ermittlungsverfahrens, über dessen Inhalt AR S notierte (Handschriftlicher Aktenvermerk AR S vom 30.03.1999 StA Mannheim 401 Js 22627/01 AS. 1723 = Anl. K 7/121) :

" 1. Dk will Sache vom Tisch haben und Einstellung nach 153a mit Auflage hinwirken

2. Stellungnahme soll Gesamtkompromiss kurz umreißen...

3. Dk möchte keine neuen Tatsachen erhalten, die ihm § 153a verwehren.

Mit Schreiben vom 25.11.1999 an die Staatsanwaltschaft Mühlhausen, Staatsanwalt Dk, führte AR S die Steuerrückstände für den Prüfungszeitraum 1990 bis 1993 (Zinsen und Säumniszuschläge) auf und führte aus (Schreiben AR S vom 25.11.1999 Anl. K 7/200 = Anl. K 33) :

" Wie schon mündlich ausgeführt wäre die Betriebsprüfung daran interessiert das Verfahren im Einvernehmen mit dem FA Erfurt einem Ende zuzuführen. Ich kann hiermit in Abstimmung mit dem Hauptsachgebietsleiter Betriebsprüfung Herr Re.dir. Rolf Bl unsere Bereitschaft erklären, bei Bedarf die Sachlage aus der Bp 1990 -1993 Vorort im gemeinsamen Gespräch mit dem FA Erfurt zu erläutern. Vielleicht würde sich hieraus die Möglichkeit einer gemeinsam tragfähigen Entscheidung herbeiführen lassen..."

- Betriebsprüfungsbericht KSK vom 10.07.1997 (Betriebsprüfungsbericht vom 10.07.1997 Anl. K 7/4)

In dem Betriebsprüfungsbericht für die KSK sind an folgenden Stellen Geldtransfers von KSK an FTI erwähnt:

Kapitel 1.10.1 Rückübertragung Alleinvertriebsrechte 10.07.1991 von FTI GmbH mit einem Betrag von DM 4,3 Mio. in 1991

Kapitel 1.13.1 Leasing/Mieteübernahme nicht genutzter, jedoch von FTI GmbH oder Leasingfirmen verkaufter Systeme mit insgesamt 103 DM Mio. (1991 DM 13,8 Mio., 1992 DM 31,6 Mio., 1993 DM 57,2 Mio.)

Kapitel 1.13.2 Übernahme der Mietkosten von Systemen, welche durch die PowerDrill-Gruppe Rastatt geleast wurden mit DM 1,9 Mio. in 1992 und DM 7,5 Mio. in 1993

Auf S. 19 am Ende : " Für die Zukunft sind jedoch klare vertragliche Vereinbarungen für eine Anerkennung von wirtschaftlich begründeten Mietkosten notwendig."

- Betriebsprüfungsbericht FTI vom 29.12.1997 (Betriebsprüfungsbericht vom 29.12.1997 Anl. K 7/3, Seite 4)

Im Bericht über die Außenprüfung bei FTI wird ein Patentverletzungsverfahren mit der Fa. FlowMole in den USA als Grund für "Zahlungsmodalitäten mit Pauschalbeträgen" und eine dadurch geminderte Transparenz der Buchhaltung und des Belegwesens auf Grund von Verschleierungen im Bereich der Lieferantenrechnungen angeführt.

Zu der Überprüfung der HBS ist ausgeführt (Betriebsprüfungsbericht vom 29.12.1997 Anl. K 7/3, Seite 5) :

" Die Überprüfung der Bohrsysteme gestaltete sich sehr schwierig. Ein Großteil der Bohrsysteme ist im Pz (gemeint: Prüfungszeitraum) von Leasingfirmen geleast. Die Verwendung - Weitervermietung der Bohrsysteme konnte für den Pz nicht vollständig nachvollzogen werden. Von der Bp wurde versucht, die Überprüfung der Vollständigkeit der Systeme für den Pz vorzunehmen. Hierbei konnte die Bp auf Prüfungskenntnisse bei der Lieferfirma KSK ... zurückgreifen. Es wurde eine Standortübersicht für alle Rohrsysteme des Pz zum Zeitpunkt " Juli 1996 " angefordert. Die Standorte bzw. Vermietungen mussten ferner durch Mietverträge belegt werden.

Aus der Standortübersicht und den vorgelegten Mietverträgen ergab sich, dass ca. 300 Systeme an Firmen mit Sitz im europäischen Ausland ab 1994 vermietet waren. Die Auslandsvermietungen erfolgte erst nach dem Pz, zuvor standen die Bohrsysteme als " Poolsysteme" den Franchisepartner zur Verfügung. Für die Stillstandszeit übernahm die Herstellerfirma KSK GmbH den Mietausfall.

Für die Auslandsvermietungen wurde ein weiterer Nachweis von 15% = 45 Rohrsysteme per Zufallsauswahl gefordert.

Die Bohrsysteme waren körperlich aufzunehmen und durch einen WP vor Ort zu testieren. Dies erfolgte über die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft... München. Das von der Bp vorgegebene Anforderungsprofil wurde eingehalten, die Systemspezifika wurden ermittelt und durch die beauftragten Personen testiert.

Die so geforderten 45 Nachweise wurden letztlich am 21.01.1997 erbracht. Weitere 10 Systeme wurden am Standort Rheinhafen - K.straße durch die Betriebsprüfer selbst überprüft.

Die Bp kann davon ausgehen, dass die per Zufallsauswahl überprüften Bohrsysteme als Spiegelbild des gesamten Leasingbohrsysteme und der bilanzierten Bohrsysteme für das Vorhandensein herangezogen werden können. "

- Betriebsprüfungsbericht F. AG

Zu Beginn der Tätigkeit der FTI war diese selbst an den FlowTex-Servicegesellschaften beteiligt. Zum Jahreswechsel 1990/1991 wurden die Anteile an die Gesellschaft F. AG, Vaduz/Liechtenstein verkauft. Der Aufforderung der Finanzverwaltung, die die F. AG als Briefkastengesellschaft ansah, deren Gesellschafter offen zu legen, kam die FTI zunächst nicht nach. Im Rahmen der Betriebsprüfung sollte die steuerliche Behandlung der F. AG überprüft werden. Im November 1995 erklärte Mohammed Yassin Do, Gesellschafter der F. AG zu sein (Erklärung Do vom 15.11.1995 Anl. B 9) .

Nachdem die Finanzverwaltung daraufhin die Offenlegung der Gesellschafter seit Gründung der F. AG verlangte, wurden von Do Unterlagen beigebracht, wonach er als Treuhänder für seine Schwägerin Rafah A. seit Gründung der F. AG Gesellschafter sei.

Diese Unterlagen, die im Juli 1996 der Betriebsprüfung vorgelegt wurden, waren gefälscht.

Im Betriebsprüfungsbericht der F. AG (Betriebsprüfungsbericht Finakant AG vom 19.12.1997 Anl. K 7/5, S. 4.) heißt es:

" Die Bp hat hinsichtlich der Firma F. AG umfangreiche Ermittlungen vorgenommen, welche letztlich ergaben, dass hinter der Firma F. AG die saudische Staatsbürgerin Rafah A. vertreten durch den Bevollmächtigten Mohammed Yussin Do, steht. Es werden der Bp die Gründungsunterlagen sowie die Geschäftsberichte der F. AG vorgelegt."

Außerhalb der Finanzverwaltung wurden die Erkenntnisse der Betriebsprüfung nicht mitgeteilt.

Betriebsprüfung bei PowerDrill und Steuerstrafverfahren gegen Matthias Schmider

PowerDrill/Matthias Schmider betrieb ein ähnliches Schneeballsystem wie FTI, versteuerte jedoch im Unterschied zu FTI den größten Teil der von KSK erhaltenen Zahlungen nicht. Dies wurde von der Betriebsprüfung entdeckt und gegen Matthias Schmider ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, das von der Staatsanwaltschaft Baden-Baden und dem Amtsgericht Baden-Baden am 31.03.1997 mit einem Strafbefehl über eine Geldstrafe von 2,448 Mio. DM abgeschlossen wurde.

Im Verlauf der Betriebsprüfung bei PowerDrill wurde festgestellt, dass zwei Bohrsysteme mit den Endnummern 98 und 99 bilanziert waren. Diese Systeme existierten nicht. Dr. Kleiser bestätigte auf Nachfrage, dass es nach der eigenen Nummern-Systematik keine Systeme mit Endnummern unter 100 gebe.

Der Betriebsprüfer Manfred Hh hielt in einem Aktenvermerk über die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens am 28.10.1996 an Verdachtsgründen fest (Aktenvermerk StAM Hh vom 28.10.1996 Anl. K 7/186) :

" ... 1. Subventionszahlungen im Wert von rund 40 Mio. für Shelter-Bohr-Systeme, die in Deutschland eingesetzt werden gewinnmindernd nach Frankreich gegeben wurden..

2. Die Existenz von zwei bilanzierten Bohrsystemen (AK netto 2.676.000 DM) bislang weder von Matthias Schmider noch vom Hersteller nachgewiesen wurde.

3. Von PowerDrill KG erfolgten Geld-Abflüsse am 02.05.93 (200.000 DM) und am 27.05.1993 (5.500.000 DM). Die Beträge wurden als Stammkapitalerhöhung der Tochterfirma PowerDrill France S.a.r.l. deklariert.

Es liegt eine Rechnung der E (Liechtenstein) vom 01.06.93 vor, mit welcher der Verkauf von vier Shelter-Systemen in Höhe von 5,7 Mio. DM an PowerDrill France berechnet wird. Die Rechnung beinhaltet den Zufluss obiger Zahlungen.."

- Grafik "System 245"

AR S erstellte für eine Besprechung mit der Steuerfahndung Karlsruhe-Durlach am 15.11.1996 (Gesprächsnotiz vom 15.11.1996 Anl. B 70) am 14.11.1996 eine grafische Übersicht (Anl. B 71, identisch (außer Datum vom 11.04.1997) mit Anl. K 35) über Zahlungsflüsse zwischen PowerDrill, FTI, KSK und Leasingfirmen am "Beispiel System 245":

In einem weiteren Schaubild Ss vom 28.02.1997 (Aktenvermerk(Schaubild) AR S vom 28.02.1997 Anl. B 117) wird zu den Subventionen vermerkt:

"1. Wertschöpfung bei KSK Verkauf 1,31 Mio. DM Herstellung ca. 400 TDM Rohergebnis 910 TDM

2. Abgabe von 880 TDM, Liquidität bei PDKG u. IF über den Zeitraum des Leasingvertrages

- Arbeiten die Systeme, dann zusätzlicher Gewinn

- Arbeiten die Systeme nicht, Deckung der Leasingraten über die Subvention."

Über die Gewinnverwendung ist in einem weiteren Schaubild Ss (Schaubild vom 17.04.1997 K 16) vermerkt:

"Baubereich Matth. Schmider"

und:

"Liechtenstein ? Mio."

In einem Aktenvermerk (Aktenvermerk Betriebsprüfer StAM Hh vom 04.03.1997 Anl. B 72) zu einer Besprechung mit französischen Finanzbeamten am 29.02.1997 wird erläutert:

"Von KSK wird pro System eine Subvention in Höhe von DM 880,000,00 an Firmen von MS bezahlt. Über die Subventionszahlungen wird wirtschaftlich der beim Verkauf an die Leasingfirmen gezahlte (oder finanzierte) Überpreis an MS zurückgegeben. Die Subventionen verschaffen MS erhebliche Liquidität. Arbeitet ein System nicht, wird die Subvention zur Deckung der Leasingraten eingesetzt."

Im Prüfungsbericht für PowerDrill GmbH & Co KG (Betriebsprüfungsbericht PowerDrill Anl. K 7/2, S. 5) heißt es:

" Subventionen/"Markterschließungskosten" KSK GmbH

Von KSK GmbH wird pro System eine Subvention/Provision in Höhe von 880.000 DM an die Gruppe Matthias Schmider bezahlt. Die Subventionszahlungen werden in den vertraglichen Vereinbarungen mit KSK GmbH auch als Markterschließungskosten bezeichnet. Die Subventionen/Provisionen verschaffen der Gruppe Schmider erhebliche Liquidität, sodass für vorrätige Systeme diese Mittel zur Deckung von Leasing- und Bankverpflichtungen eingesetzt werden können."

Da PowerDrill Subventionen für HBS erhielt, die nach Frankreich vermietet worden waren, für die sie also im Saldo die Leasingraten nicht selbst aufbringen musste, rechnete die Betriebsprüfung ca. 52 Mio. DM Subventionen der PowerDrill und Industriefinanz Matthias Schmider zu, die in Deutschland nur zum geringen Teil versteuert worden waren, sodass sich der Gewinn um 38 Mio. DM bei der PowerDrill insgesamt für die Jahre 1991 bis 1994 erhöhte,

Folge-Betriebsprüfung ab 1999 und Ermittlungsverfahren

Für die anschließenden Veranlagungszeiträume 1994 bis 1997 begannen ab 1999 bei den FlowTex-Unternehmen die nächsten Betriebsprüfungen ("Folge-Betriebsprüfung").

Im Juli 1999 und am 28.09.1999 kam es hierbei zu Besprechungen der Betriebsprüfer beim BKA in Wiesbaden. Bei der zweiten Besprechung wurden von den Betriebsprüfern die Erkenntnisse über die Finanzierungsform (Vernehmungsprotokoll KHK Kk vom 07.03.2002, K 7/197) sowie über Lieferwege und Lieferkreise (Aktenvermerk StAM Hh vom 29.09.1999 StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 AS. 1498 = Anl. K 7/198) des FlowTex-Konzerns dargelegt.

In einem Aktenvermerk vom 03. Februar 2000 (Aktenvermerk vom 03.02.2000 "Verdacht auf Betrug" Anl. K 7/119) ist festgehalten:

" Zur Finanzierung des KSK-Verkaufsgeschäfts wird, initiiert durch die FlowTex, eine Leasinggesellschaft zwischengeschaltet. Mit dieser Leasinggesellschaft schließt die KSK GmbH einen Kaufvertrag über die Lieferung des Systems ab. Daraufhin wird der KSK der vereinbarte Kaufpreis ausgezahlt. Die Leasinggesellschaft finanziert ihren Kaufpreis über eine Bank (Direktfinanzierung oder Factoring). Die FlowTex GmbH/KG least von der Leasinggesellschaft das System. Die vereinbarten Leasingraten werden in der Folge durch die FlowTex GmbH/KG aufgebracht. Wirtschaftlich trägt allerdings die KSK diese Aufwendungen, da sie planmäßig Provisionen an die FlowTex abzuführen hat."

" Die FlowTex erhält von der KSK Provisionen u. dgl., die sie in die Lage versetzt, die Leasingraten zu bedienen. Gleichzeitig wird dadurch bei FlowTex ein erheblicher Gewinn ausgewiesen. Im Pz 1994-1997 kann in geringem Umfang von tatsächlichen Einnahmen aus Systemvermietung als auch durch Leistungen ausgegangen werden. Der weitaus größere Bereich der Einnahmen entsteht durch Neuverkäufe von Systemen und der damit einhergehenden Generierung von Gewinnen. Dies ist das typische Merkmal eines sog. " Schneeballsystems".

" Die Täuschung der Leasinggesellschaften und Refi-Banken konnte nur durch das Zusammenwirken von KSK GmbH und FlowTex GmbH/KG stattfinden. Eine der wesentlichen Voraussetzungen war, dass KSK GmbH und FlowTex GmbH/ KG nach außen wie Fremde auftraten. Durch die Verschleierung der tatsächlichen Gesellschaftsverhältnisse konnte ein Außenstehender ... das Zusammenwirken nicht erkennen."

" Manfred Schmider ist kaufmännischer GF der Flowtex GmbH/KG und muss als der Kopf und Finanzier der Gruppe bezeichnet werden. Ohne seine Zustimmung sind finanzielle Transaktionen in der Flowtex GmbH/KG und der KSK GmbH nicht möglich. Hier kann von der Bp die Aussage getroffen werden, dass Anweisungen gegenüber der KSK GmbH und deren GF Frau Angelika Ne egal ob Gesellschafterstellung oder nicht, befolgt werden."

" Rund 25 Mio. Zahlungen in 1994 und 1995 über den Rechtsanwalt Sß als " private Vorgänge" zu werten sind (vgl. Selbstanzeige für die Jahre 1991 bis 1995)"

"D ie PowerDrill - Matthias Schmider betreibt das gleiche Geschäftsfeld wie die Flowtex GmbH/KG auch er kaufte und leaste von Leasingfirmen Bohrsysteme an, wie dies auch bei Flowtex GmbH/KG der Fall war - gleiches Schema wie KSK GmbH."

Über den Steuerberater Josef Ww:

" Er hatte spätestens seit der Selbstanzeige im Januar 1996 Kenntnis von den Vorgängen der erheblichen Geldschöpfung bei den Systemverkäufen und den Geldtransfers zwischen KSK GmbH und Flowtex GmbH/KG. Die Geldtransfers, welche wesentlich das Erlösbild der Flowtex GmbH/KG prägten, dienten letztlich dazu, durch außerordentlich gute Bilanzergebnisse die Leasinggesellschaften zur Akzeptanz der Leasinggeschäfte zu veranlassen."

Der Betriebsprüfer Hh hielt in einem Vermerk (Aktenvermerk StAM Hh vom 29-09.1999 Anl. K 7/198) über die Besprechung fest:

"Sachvortrag Finanzamt Karlsruhe

Den Beteiligten wurden die verschiedenen Lieferwege und Lieferkreise im FlowTex-Konzern für die Jahre bis einschließlich 93/94 dargestellt. Aus den bisherigen Kenntnissen der Bp ist der Lieferkreis über Spanien, Gibraltar und Portugal dadurch zu erklären, dass im Konzern versucht wird, Nachweise (Transportpapiere) für die Existenz von nicht existierenden Systemen zu beschaffen. Die Systeme werden im Konzern über Leasingfirmen verkauft und verschaffen der FlowTex-Gruppe erhebliche Liquidität. Im letzten Prüfungsturnus wurde die Existenz von Systemen bezweifelt. Letztendlich konnte nur im Bereich PowerDrill 6 Systeme nachgewiesen werden, die nicht existierten."

Die Folge-Betriebsprüfung führte am 31.01.2000 zur Information des Finanzministeriums sowie der Staatsanwaltschaft Mannheim über die gewonnenen Erkenntnisse, worauf es am 04.02.2000 zur Verhaftung von Schmider und Dr. Kleiser und einer Durchsuchungsaktion kam. Die Betriebsprüfer AR S, StAM Hh und Mlk waren auf Grund ihrer Sachkenntnis Mitglieder der Sonderkommission FlowTex und nahmen in dieser Eigenschaft an den Vernehmungen der Beschuldigten Schmider und Dr. Kleiser teil, bis erstmals am 31.03.2000 die Beschuldigten AR S beschuldigten, er habe von den Betrügereien gewusst.

Im Ermittlungsverfahren machte der Zeuge Wolfgang Bu folgende Angaben (Vernehmungsprotokoll Bu vom 17.10.2000 Anl. K 7/181) :

" Um nunmehr auf das Gespräch mit Herrn Manfred S zu kommen, bis zu diesem Tag hatte ich keinerlei Informationen, dass bei der FlowTex-Gruppe irgendetwas nicht stimmen könnte. Ich vermutete, dass dieses Gespräch mit Herrn Manfred S im Juni oder Juli 1997 war... Herr Manfred S hat dann später im Verlauf dieses Gespräches zum Ausdruck gebracht, dass einige Maschinen einfach nicht darstellbar seien. Mit darstellbar meine ich, dass Herr Manfred S gesagt habe, einige Maschinen seien nicht da. Das Gespräch dauerte zwei bis drei Stunden. Herr Manfred S hat mir auch angedeutet, dass es große Probleme gäbe, bei PowerDrill in Rastatt, wo er noch nicht wisse zu welchen Konsequenzen dies führe... Manfred S hat mir bezüglich der fehlenden Maschine schon den Eindruck vermittelt, dass es ein größeres Loch ist, dass es also nicht nur etwa um drei Maschinen geht, sondern um eine beachtliche Größenordnung, sonst hätte es ihn nicht so beunruhigt. Herr Manfred S teilte mir dann auch mit, was mit " Loch" gemeint sei, nämlich, dass es zwar Leasingverträge mit entsprechenden Finanzierungen geben würde, aber keine Maschinen dagegen stehen wür den...".

Dr. Kleiser erklärte in einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 27.06.2000 (Vernehmungsprotokoll Dr. Kleiser vom 27.06.2000 Anl. K 7/46 = Anlage K 34) :

"...der Herr S hatte sicherlich größenordnungsmäßig das Problem erkannt, ob er es bis auf die Maschine erkannt hat, das muss nicht unbedingt sein...

Es war sicherlich so, dass Herr S anhand der Prüfungszahlen der FlowTex Servicegesellschaften selbst festgestellt hat, dass Systeme fehlen müssen einerseits und dass eine Heilung nur über den operativen Einsatz von FlowTex-Maschinen kurz und mittelfristig nicht möglich war. Wir zeigten dann Herrn S Heilungsmöglichkeiten über Firmen auf. Sowohl von Herrn Schmider als auch von mir wurde Herrn S bestätigt, dass Maschinen fehlen...

... da fanden z.B. Gespräche statt, in dem mich der Herr S fragte, wie können Sie mit diesem Druck leben, ich - S - kann seit Tagen und Wochen nicht mehr schlafen...

... es war ein konstruktives Theaterspiel. Konstruktiv insoweit, dass wir versuchten, eine Lösung für dieses Problem zu finden"

"...nachdem es für die Finanzbehörde hochwahrscheinlich war -Prüfung Servicegesellschaften, Prüfung Leasingverträge - dass Maschinen fehlten... (Vernehmungsprotokoll Dr. Kleiser vom 27.06.2000 Anl. K 7/46 = Anl. K 34, S. 18) .

In der Hauptverhandlung am 01.10.2001 sagte Dr. Kleiser aus (StA Mannheim 401 Js 1009/01, 401 Js 3479/01 AS. 949 = Anl. K 7/48 = K 7/182) :

"Nachdem die Betriebsprüfung vorbei und unser Scheinfinanzierungssystem nicht aufgefallen war, weil man es uns letztlich nicht beweisen konnte, fassten wir den Plan, Assets zu machen, um sie verkaufen zu können. Während der Betriebsprüfung bei den offenen Gesprächen zwischen uns hat Herr S so gesprochen, dass ich das Gefühl hatte, dass er sehr nahe an der Wahrheit dran war, es aber letztlich nicht beweisen konnte und ich tat alles, um das aufrecht zu erhalten."

Als Zeuge bekundete er am 29.05.2002 (Vernehmungsprotokoll Dr. Kleiser vom 29.05.2002 Anl. B 128, S. 9) :

"Soweit ich noch weiß, wurde ich auch auf die Anzahl der Maschinen von Herrn S angesprochen. Ich kann mich jedoch an keine konkrete Zahl mehr erinnern. Ich hatte auch nicht den Eindruck, wenn ich danach gefragt werde, dass Herr S gewusst haben musste, dass es nicht existente Maschinen gab. Ich bleibe hierbei, auch wenn mir vorgehalten wird, dass nach Angaben der hierzu vernommenen Angelika Ne Herr S dieser gegenüber geäußert hat, von fehlenden Maschinen zu wissen."

und am 03.06.2003 (Vernehmungsprotokoll Dr. Kleiser vom 03.06.2003, Staatsanwaltschaft Mannheim 401 Js 15037/03, S. 11 Anl. B 132) :

"Die Behauptungen von Herrn Manfred Schmider, die OFD sowie alle anderen seien eingeweiht worden, teile ich nicht."

und auf die Frage, ob er immer noch behaupten würde, zumindest S habe über fehlende Systeme Bescheid gewusst:

"Nein. Ich war damals in einer Gedankenwelt, als ich das sagte, die mich subjektiv glauben ließ, dass das so gewesen ist. In den Jahren meiner Haft habe ich mich damit intensiv auseinander gesetzt und kann [mich] heute objektiv an kein Gespräch erinnern, in dem explizit darüber gesprochen worden sei, dass Herr S wusste, dass Maschinen fehlen und dergleichen."

In der Vernehmung vom 13.05.2004 (Vernehmungsprotokoll Dr. Kleiser vom 13.05.2004, LG Mannheim 22 KLs 401 Js 1009/01 Anl. K 166, B 134) erklärte Dr. Kleiser als Zeuge:

"Ich wollte mir einreden, dass S uns in unserer Situation Verständnis entgegenbringt... Wenn Herr S freundlich gegrüßt hat, so kann dies schlicht der Anstand gewesen sein. Ich aber deutete es so, dass er das, was wir machen, letztlich billigt. ...Tatsächlich weiß ich keine konkreten Anhaltspunkte zu nennen, warum Herr S den Fehlbestand ´erkannt´ haben soll...Ich stelle noch einmal klar, dass die Belastung des Herrn S durch mich objektiv unrichtig ist und war."

Angelika Ne sagte am 28.01.2002 als Zeugin aus (Vernehmungsprotokoll Angelika Ne vom 28.01.2002 Anl. K 7/111) :

" Ich hatte später noch ein weiteres Gespräch mit Herrn S in Ettlingen. Es ging um die "heimlich gebauten" Geräte. Herr S hatte damals schon sämtliche Unterlagen wonach der Bau mit dem Verkauf der Maschinen nunmehr zahlenmäßig übereinstimmte... Er sagte zu mir damals, er habe nun die besagten Unterlagen, er wisse aber ganz genau, dass diese Maschinen nicht gebaut seien bzw. fehlen würden. Wörtlich sagte er noch zu mir: "Er sei ja nicht auf der Brotsuppe daher geschwommen."

und im Strafverfahren gegen M.Y.Do vor dem Landgericht Mannheim am 14. bzw. 17.02.2005 auf Frage nach der Reaktion der Betriebsprüfung auf die Behauptung der heimlichen Auslandsfertigung:

"Herrn S war das egal. Er wusste ja Bescheid...

Wenn ich hätte wissen wollen, wie viele Bohrsysteme exakt fehlen, dann hätte ich Herrn S gefragt. Herr S wusste genauer als Herr Schmider, wie viele Systeme vorhanden sind und wie viele fehlen .."

Das Landgericht hat mit Urteil vom 26.07.2005 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, ein Amtshaftungsanspruch in Form der Verletzung einer Amtspflicht durch unerlaubte Handlung wäre nur dann begründet, wenn der Betriebsprüfer S oder andere Finanzbeamte bei Durchführung der Betriebsprüfung Beihilfe zum Betrug geleistet hätten. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Fehlens eines Drittschutzes schieden schlichte Amtspflichtverletzungen als Anknüpfungspunkte für einen Amtshaftungsanspruch aus.

Eine Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen sei nicht gegeben. Finanzbeamte hätten grundsätzlich nicht dafür einzustehen, dass von ihnen überprüfte Steuerpflichtige ihre Geschäftspartner nicht betrügen. Die Annahme einer Beihilfe durch Unterlassen scheitere damit schon am Fehlen der erforderlichen Garantenstellung. Es bestehe auch keine allgemeine Pflicht zur Anzeige von Straftaten für Beamte. § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO könne insbesondere nicht entnommen werden, dass der Schutz Dritter vor besonders hohem Schaden bezweckt sei.

Ebenso fehle es am Nachweis einer Beihilfe durch Handeln. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung 1996/1997 sei das schneeballartige, betrügerische Finanzierungssystem schon so weit fortgeschritten gewesen, dass eine Abkehr von diesem System ohne Aufdeckung der bereits begangenen Betrugstaten nicht mehr möglich gewesen sei. Die Haupttäter hätten zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung 1996/1997 gar keine andere Wahl mehr gehabt, als das Betrugssystem fortzuführen. Schon aus diesem Grund hätten die Finanzbeamten die Haupttäter nicht bei der Fortführung des Systems bestärken können. Es fehle auch an den Voraussetzungen einer Hilfeleistung in Form des Abbruchs eines rettenden Kausalverlaufes, also eines Beitrags zur Verhinderung des Einschreitens der Strafverfolgungsbehörden. Hiergegen spreche schon der intensive schriftliche Informationsaustausch der Finanzbeamten mit der Steuerfahndung. Es könne auch nicht von einer unrichtigen Unterrichtung der Steuerfahndung über die WP- Testatverfahren ausgegangen werden. Auch fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Betriebsprüfungsberichte lückenhaft und unklar gehalten worden seien. In den Betriebsprüfungsberichten von KSK, FTI, FTS, F. und PowerDrill seien die maßgeblichen Ergebnisse der Prüfung festgehalten worden. Es sei auch zweifelhaft, dass es bei einem Hinweis auf die von den Klägern aufgezeigten Ungereimtheiten zu einem anderen Verfahrensverlauf gekommen wäre. Ebenso sei zweifelhaft, dass ein umfassender Hinweis auf die "Ks -Vermerke" tatsächlich dazu geführt hätte, dass die Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom Vorermittlungsverfahren in ein Ermittlungsverfahren übergegangen und es in der Folge zur Aufdeckung des Betrugssystems gekommen wäre. Nichts anderes ergäbe sich daraus, dass die Staatsanwaltschaft Karlsruhe nicht darüber unterrichtet worden sei, dass die existierenden und verkauften Maschinen nicht eingesetzt werden könnten. Es sei nicht ersichtlich, dass ein entsprechender Hinweis objektiv oder nach Vorstellung der Steuerfahnder geeignet gewesen wäre, die Aufdeckung des Betrugssystems mit nicht existierenden Systemen zu bewirken.

Jedenfalls scheitere die Annahme einer Beihilfe zum Betrug am Fehlen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass die Beamten der Betriebsprüfung oder der Steuerfahndung, insbesondere der von Klägerseite belastete Zeuge S, von den betrügerischen Geschäften mit nicht existenten HBS Kenntnis gehabt hätten. Nach den Unterlagen und Aussagen der Zeugen seien die Betriebsprüfer und Steuerfahnder dem durch die anonymen Anzeigen aufgeworfenen Verdacht, es seien Luftgeschäfte mit nicht existenten HBS durchgeführt worden, nachgegangen, hätten aber hierfür keine greifbaren Anhaltspunkte finden können.

Es könne schon nicht festgestellt werden, dass die Betriebsprüfer die Geldflüsse zwischen KSK und FTT als Ausdruck eines betrügerischen Systems begriffen hätten, das die Haupttäter dazu gezwungen habe, weiterhin Betrugstaten in wachsendem Umfang zu begehen. Eine Kenntnis der Betriebsprüfer lasse sich insbesondere auch nicht den von diesen gefertigten Aktenvermerken entnehmen. Es sei offenbar von den Betriebsprüfern nicht erkannt worden, dass die Systeme gar nicht arbeiten konnten, weil sie zum größten Teil nicht existierten. Letztlich habe auch das durchgeführte WP- Testatverfahren dazu geführt, dass die Betriebsprüfer davon ausgegangen seien, der durch die anonymen Anzeigen aufgeworfene Verdacht, es seien Luftgeschäfte mit nicht existierenden HBS durchgeführt worden, sei unzutreffend.

Die Kenntnis des Betriebsprüfers S ergebe sich auch nicht auf Grund der Erörterungen beim Bundeskriminalamt im Jahr 1999 und der Vorgänge bei der dritten Betriebsprüfung. Ebenso ergebe sich kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Finanzbeamten nach den Aussagen der Haupttäter und des Zeugen Bu Kenntnis vom Betrugssystem gehabt hätten. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Betriebsprüfer S in dem Bewusstsein gehandelt habe, durch sein Verhalten die Begehung weiterer Betrugstaten zu fördern. Einem Unterstützungswillen Ss stünde insbesondere dessen aktenkundiges Verhalten entgegen. Der Inhalt der schriftlichen Unterlagen belege vielmehr ein e...haftes Bemühen des Betriebsprüfers S um Aufklärung der Angelegenheit.

Darüber hinaus fehle auch der Nachweis einer Beihilfe zum Betrug mit vorfinanzierten Bohrsystemen, ebenso einer Beihilfe zum Betrug mit nicht wirtschaftlich eingesetzten Bohrsystemen. Eine Beihilfe zur Konkursverschleppung oder zum Bankrott scheitere jedenfalls daran, dass der subjektive Tatbestand nicht habe festgestellt werden können.

Auch seien die Voraussetzungen für einen Amtsmissbrauch nicht gegeben. Die hierfür erforderliche besondere Verwerflichkeit, die darin gesehen werden könnte, dass Finanzbeamten des beklagten Landes vorgeworfen werden könne, sie hätten das Betrugssystem sehenden Auges weiterlaufen lassen oder Prüfungsfeststellungen wider besseres Wissen getroffen, sei ebenfalls nicht bewiesen. Es fehle der Nachweis dafür, dass die Betriebsprüfer erkannt hätten, dass immer neue, nicht existente Bohrsysteme verkauft werden mussten, um die Gelder für die Zahlung der Leasingraten für die bereits verkauften, nicht existierenden und daher keine Erlöse erwirtschafteten Geräte zu beschaffen.

Es liege auch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Das Handeln der Finanzbeamten lasse sich schon nicht als unmittelbarer Eingriff in die Gewerbebetriebe der verschiedenen Geschäftspartner der FlowTex- Firmengruppe, insbesondere der Leasingfirmen verstehen.

Im Übrigen scheitere eine Haftung für sonstige Amtspflichtverletzungen an der fehlenden Drittbezogenheit der Amtspflicht. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Beamten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungsverfahren pflichtgemäß und entsprechend dem Legalitätsprinzip geführt hätten. Denn insoweit begangene, schlichte Amtspflichtverletzungen schieden als Anknüpfungspunkt für Amtshaftungsansprüche schon deshalb aus, weil der Staatsanwaltschaft als Organ der Strafrechtspflege die Amtspflicht, wegen verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, nur gegenüber der Allgemeinheit, nicht jedoch gegenüber dem einzelnen, durch eine Straftat verletzten Bürger obliege. Dies gelte auch für Amtspflichtverletzungen der Steuerfahndung. Der Schutz von Personen, die künftig durch die Geschäftstätigkeit der geprüften Unternehmen Schaden erleiden können, werde hierdurch nicht bezweckt. Eine allgemeine Pflicht zur Anzeige von Straftaten bestehe ebenso wenig für Beamte wie für nicht beamtete Personen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren uneingeschränkt weiterverfolgen

Die Kläger halten die Feststellungen des Landgerichts teils für unzutreffend, teils für unvollständig. Sie sind der Auffassung, dass S und die Steuerfahnder Sch, Gl und Si Beihilfe zum Betrug geleistet hätten und auch die Voraussetzungen eines Amtsmissbrauchs erfüllt seien.

Die Kläger führen aus, dass die FTT von Schmider und Kleiser nach außen hin als ein erfolgreiches, stark expandierendes High- Tech Unternehmen präsentiert worden sei, das mit der KSK über langfristige Exklusivverträge verfüge, während im Gegenzug FTT am Umsatz der KSK mit Ersatzteilen, Reparatur- und Wartungsarbeiten beteiligt sei. Die Betriebsprüfer hätten hingegen festgestellt, dass der bei der FTT anfallende Leasingaufwand für die Horizontalbohrsysteme nicht durch die Mieterlöse, welche die FTT von den Servicegesellschaften für weitervermietete Bohrsysteme erhalten habe, hätte gedeckt werden können. Auf entsprechende Nachfrage sei den Betriebsprüfern erklärt worden, die KSK habe sich aufgrund vertraglicher Vereinbarung gegenüber der FTT verpflichtet, die Leasingraten für nicht eingesetzte, auf Halde stehenden Bohrsystemen zu tragen. Der FTT sei es nicht gelungen - anders als nach außen dargestellt -, aus den Erlösen des operativen Einsatzes der HBS, die eingegangenen Leasingverpflichtungen zu bezahlen und Gewinne zu erzielen. Ohne die von den Betriebsprüfern unstreitig erkannten Geldtransfers der KSK zu FTT hätte die FTT die laufenden Leasingraten nicht bedienen können.

Die Betriebsprüfer hätten weiter erkannt, dass ca. 90 % des Leasingaufwands der FTT durch die KSK getragen werde. Gleichwohl seien die Mieterlöse in den Jahresabschlüssen der FTT als Umsätze mit den Servicegesellschaften ausgewiesen worden. Den Betriebsprüfern sei damit bekannt gewesen, was Banken und Leasinggesellschaften unbedingt verheimlicht werden musste, dass mit den verkauften Bohrsystemen keine Mieterlöse generiert werden konnten, sondern der Leasingaufwand allein aus den Kauferlösen der HBS finanziert wurde (Schriftsatz Kläger vom 22.12.2005, II 99) . Keine Leasinggesellschaft oder Bank hätte bei Kenntnis einer Auslastungsquote von ca. 10 % ein neues Gerät finanziert. Zum Zeitpunkt des Eingangs der anonymen Anzeigen vom 04. Mai 1996 bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und beim Finanzamt Weimar am 25.04.1996 hätten den Betriebsprüfern bereits Hinweise auf ein Betrugssystem bei der FlowTex- Gruppe vorgelegen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Aktenvermerk Si vom 13.05.1996 (Anlage K 80 (II 101)) .

Die Betriebsprüfer hätten - wie unstreitig - aufgedeckt, dass von den per 31. Dezember 1993 von der KSK angeblich veräußerten ca. 370 HBS nach Hochrechnung des dokumentierten Wareneinsatzes lediglich 77 Systeme tatsächlich hätten geliefert werden können. Dieses Ergebnis sei von der Steuerfahndung im Aktenvermerk vom 10.04.1997 (Anlage K 95 (II 103)) vermerkt worden. Außerdem hätten den Betriebsprüfern - wie unstreitig - durch den Zeugen Da, einen Mitarbeiter der KSK, Listen über die von der KSK im Auftrag der FTT angefertigten Bohrgeräte und Versorgungseinheiten (so genannte Da- Listen) (Anlage K 56 (II 103)) vorgelegen. Danach seien - wie ebenfalls unstreitig - bis März 1996 181 HBS und bis Ende Februar 1996 175 Versorgungseinheiten durch KSK eingekauft worden. Andererseits hätten für die Jahre 1991 bis 1993 Ausgangsrechnungen für ca. 370 verkaufte HBS vorgelegen. Den verkauften Geräten hätten nach der Da- Liste mit Einkaufsrechnungen belegte Weiterverkäufe bis Frühjahr 1996 von 91 HBS gegenüber gestanden, für den Zeitraum 1991 bis 1993 nur 83 HBS. Danach habe eine Lücke von nahezu 300 HBS zwischen Ausgangs- und Eingangsrechnungen bestanden. Aus den IZA- Auskünften vom 21.08.1996 und 08.10.1996 habe sich zudem ergeben, dass das von den Betriebsprüfern eingeleitete WP- Testatverfahren zu Fälschungen der Standortbescheinigungen durch Schmider geführt habe. Nach der IZA- Auskunft seien vier ausländische Betriebe, bei denen 167 HBS platziert sein sollten, als Standort disqualifiziert gewesen.

Die Finanzbeamten, insbesondere S hätten ihr Wissen über das betrügerische Finanzierungssystem auch schriftlich in mehreren Vermerken niedergelegt. Insbesondere im so genannten Kegelvermerk vom 02.09.1996 habe S die aktuelle Situation des Jahres 1996 und nicht die des Prüfungszeitraums bis 1993 festgehalten. Es sei von ihm erkannt worden, dass das betrügerische Schneeballsystem mittlerweile so stark angewachsen sei, dass Leasingraten von DM 240 Mio. aufs Jahr gesehen aufgebracht werden mussten. Die monatlichen Belastungen von ca. 21 Mio. DM hätten jedoch nicht aus dem Einsatz der Horizontalbohrsysteme bestritten werden können, sondern hätten von der KSK über die "Gewinnmarge" refinanziert werden müssen. S habe den entsprechenden Geldfluss sodann auch im Schaubild vom 17.04.1997 (Anlage K 16 (II 131)) dargestellt. Aus der Vernehmung Schmiders vom 13.07.2000 gehe zudem hervor, dass Schmider und Kleiser von den Betriebsprüfern eine "zweite Chance" eingeräumt worden sei.

Das Landgericht habe nach alledem eine Beilhilfe zum Betrug mit nicht existenten HBS zu Unrecht verneint. Es habe insbesondere nicht hinreichend berücksichtigt, dass nur eine lückenhafte Informationsweitergabe im Verhältnis Steuerfahndung zur Betriebsprüfung erfolgt sei. Die so genannte Ro- Liste habe sich mit der von Schmider übergebenen Standortbescheinigung vom 03.06.1996 nicht in Einklang bringen lassen. Aus der Ro- Liste ginge hervor, dass in den Jahren 1994 und 1995 angeblich ins europäische Ausland verschickte Bohrsysteme einen Standort in Deutschland gehabt hätten. Die ausländischen Servicegesellschaften seien danach als Standorte für HBS unbekannt gewesen.

Noch bevor die WP- Testate vorgelegen hätten, habe sich der Verdacht durch die IZA- Auskunft vom August 1996, wonach die angeblich ausländischen Servicegesellschaften wirtschaftlich inaktiv seien und deshalb als Standort von HBS nicht in Betracht kämen, bestätigt. Aus dem Schreiben der IZA vom 08.10.1996 (Anlage K 67 (II 169)) sei für Steuerfahnder und Betriebsprüfer darüber hinaus klar gewesen, dass zwei Gesellschaften als Standorte für HBS nicht in Betracht kommen könnten. Hiervon seien allein 87 HBS betroffen gewesen. Wenn Steuerfahndung und Betriebsprüfung heute vorgäben, dies damals nicht erkannt zu haben, so sei dies bei den erdrückenden - eingeräumten oder bewiesenen - Indizien völlig unglaubwürdig.

Eine Würdigung der Beweise - wie vom Landgericht vorgenommen - sei deshalb unvertretbar. Es sei für die Betriebsprüfer offenkundig gewesen, dass die HBS auch 1996 nicht vorhanden gewesen seien, zumal es - wie unstreitig - keine Mieteinnahmen für die HBS gegeben habe, insbesondere auch keine Ersatzteilanforderungen, keine Speditionsrechnungen, keine Unterlagen über die Verbindungen ins Ausland, keine Zustimmung der Leasinggesellschaften zur Verbringung ins Ausland und vor allem keine Einkaufsrechnungen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn Steuerfahnder und Betriebsprüfer Glauben machen wollten, sie hätten der IZA- Auskunft vom 08.10.1996 keinerlei Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Die IZA- Anfrage vom 08.10.1996 sei von den involvierten Finanzbeamten schlicht totgeschwiegen bzw. übergangen worden, weil jede Beschäftigung damit das Ende des FlowTex- System bedeutet hätte.

Die Kläger hätten bereits in erster Instanz (Schriftsatz vom 31.03.2005, S. 18 - 20 = II 173) unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Zeuge Bu und S sich nicht über einige wenige, bestenfalls 6 fehlende HBS bei PowerDrill, sondern über Hunderte von fehlenden Systemen bei der FTT unterhalten hätten (Protokoll der Zeugenvernehmung Bu vom 17. 10.2002, Anlage K 7/181(II 175)) . Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass S sein manifestiertes Wissen innerhalb der Finanzverwaltung, insbesondere der Steuerfahndung mitgeteilt habe.

Die Nichtexistenz der HBS habe sich für die Betriebsprüfer auch aus der Buchhaltung von FTT und FTS ersehen lassen, weil dort nur für 24 (November 1992) bzw. 30 HBS den Servicegesellschaften (FTS) Leasingraten berechnet worden seien. Umgekehrt hätten die Betriebsprüfer feststellen können, dass in erster Linie der KSK die Leasingraten weiterberechnet worden seien. Den Betriebsprüfern habe sich deshalb aus der ihnen bekannten Buchhaltung erschlossen, dass 87 - 94 % der gesamten Leasingaufwendungen der FTT durch die KSK getragen würden. Damit habe auch offen zu Tage gelegen, dass 87 - 94 % aller an Leasinggesellschaften veräußerten Maschinen nicht hätten eingesetzt werden können und damit den das scheinbar prosperierende Unternehmen immer weiter finanzierenden Leasinggesellschaften "Normalität", d. h. Verwendung am Markt, vorgetäuscht worden sei (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 56 = II 177) .

Im Übrigen führen die Kläger aus:

Vorfinanzierung:

Nach der so genannten Da- Liste seien bei der KSK im Zeitraum 1990 bis 1993 77 Versorgungseinheiten im Lkw- Festverbau gefertigt worden. Bei der Betriebsprüfung hätten für 74 dieser 77 Lkw- Systeme die Herstellungs- und Rechnungsunterlagen vorgelegen. Ein Abgleich der Da- Liste mit den Rechnungsunterlagen habe ergeben, dass 70 dieser 74 Lkw - Systeme bereits vor erfolgter Fertigstellung überwiegend an Leasinggesellschaften veräußert worden seien. Allein an Hand der von Herrn Da übergebenen Unterlagen sei für die Betriebsprüfung damit ersichtlich gewesen, dass nahezu sämtliche Lkw- Systeme an Leasinggesellschaften noch vor Fertigstellung verkauft und an FTI verleast worden seien. Bei den Shelter- Systemen seien 83 von 85 vor der Herstellung verkauft worden (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 59ff = II 183ff) . Damit seien - für die Betriebsprüfer erkennbar - in 97,64 % aller Fälle die HBS vor ihrer Herstellung bereits an Leasinggesellschaften verkauft und von diesen an FTI verleast worden. Soweit das Landgericht ausführe, aus der Vorveräußerung könne nicht auf die Kenntnis der Nichtexistenz geschlossen werden, stelle dies einen Verstoß gegen die Dk...gesetze dar. Das Landgericht verkenne hierbei insbesondere, dass die von den Betriebsprüfern erkannte Vorfinanzierung den in der anonymen Anzeige geäußerten Verdacht der Nichtexistenz von Bohrsystemen verstärkt habe. Die Kenntnis von den Vorfinanzierungen beinhalte gerade die Kenntnis von Täuschungshandlungen gegenüber den Leasinggesellschaften.

Lückenhafte Betriebsprüfungsberichte (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 65ff = II 195ff) :

Fehlerhaft sei auch die Feststellung des Landgerichts, wonach den Klägern nicht darin gefolgt werden könne, die Betriebsprüfungsberichte seien lückenhaft und unklar gehalten und hätten so die Aufdeckung des Betrugssystems verhindert. In den Betriebsprüfungen der einzelnen Gesellschaften seien die von den Prüfern gewonnenen Erkenntnisse nicht offen gelegt worden, insbesondere dass die vorgebliche revolutionäre Technik des grabenlosen Leitungsbaues für den wirtschaftlichen Erfolg der Gruppe nicht verantwortlich sein könnte, vielmehr die Geldschöpfung ausschließlich auf dem Verkauf von immer mehr - nicht existenten - Horizontalbohrsystemen beruhte, die FloxTex- Gruppe von Schmider beherrscht und das generierte Geld innerhalb der Gruppe von ihm verteilt würde, um die monatlichen Leasingaufwendungen sowie sonstigen Betriebskosten abdecken zu können. Es ginge nicht darum, dass Betriebsprüfungsberichte zu kurz gefasst worden seien, sondern darum, dass Feststellungen nicht, unvollständig oder so abgefasst worden seien, dass sie Außenstehende nicht verstehen konnten bzw. missverstehen mussten.

Verhalten der Steuerfahnder (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 79ff = II 223ff) :

Mit Schreiben vom 09.06.1997, mit dem die Steuerfahndung mitgeteilt habe, dass eine Beteiligung Schmiders und Kleisers an der KSK nicht nachgewiesen werden könne, obwohl die Beherrschung der KSK durch Schmider den Finanzbeamten bekannt gewesen sei, sei der Eindruck erweckt worden, Ne sei die ausschließlich verantwortlich Handelnde. Die Feststellung im Schreiben vom 09.06.1996 stelle eine reine Farce dar. Wäre diese auch strafrechtlich relevante Verantwortung von der Steuerfahndung gegenüber der Staatsanwaltschaft Mannheim aufgedeckt worden, so wäre eine wesentliche Säule des FlowTex- Betruges zusammengebrochen. Auch die Mitteilung darüber, die Überprüfung von 43 HBS im Ausland habe zu keinen Beanstandungen geführt, hätte bei richtiger Darstellung zu einem anderen Verfahrensverlauf geführt. Das Landgericht verstoße auch gegen elementare Grundsätze der Beweiswürdigung, wenn es davon ausgeht, dass die Ks- Vermerke das Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe tatsächlich nicht beeinflusst hätten. Die Auffassung des Landgerichts, dass die Weiterleitung der Ks- Vermerke ebenfalls zu keiner anderen Würdigung geführt hätte, sei in Anbetracht der Aussagen des Zeugen Oberstaatsanwalt Z nicht haltbar.

Zur subjektiven Seite der Beihilfe (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 86ff = II 237ff) :

Dem Landgericht könne nicht darin gefolgt werden, dass die Finanzbeamten, insbesondere AR S die betrügerischen Geschäfte mit tatsächlich nicht existenten Bohrsystemen nicht erkannt hätten. Es sei schon logisch falsch, zwischen nicht existenten und nach gefertigten Systemen für die Frage der Erkennbarkeit des betrügerischen Systems zu unterscheiden. Die Anzahl der tatsächlich existierenden Bohrsysteme sei den Betriebsprüfern aus der Da- Liste und den Äußerungen des Zeugen Da ihnen gegenüber bekannt gewesen. Die Diskrepanz zwischen den nach der Da- Liste existenten Bohrsysteme und den tatsächlichen Verkäufen der KSK habe auch nicht mit der Erklärung einer angeblich heimlichen Auslandsproduktion entkräftet werden können. Der von S gefertigte Kegel- Vermerk habe das System dokumentiert, wonach nur Neuverkäufe in immer größer werdendem Umfang ausreichend Geld zur Deckung von Altverbindlichkeiten generieren konnten.

Das Landgericht habe zudem die Beweiskraft der von den Klägern vorgelegten Urkunden verkannt. Die Kläger hätten den vollen Beweis aller vorgetragenen Tatsachen durch Vorlage öffentlicher Urkunden erbracht und belegt. Das beklagte Land hätte deshalb gem. § 415 Abs. 2 ZPO die Unrichtigkeit der Beurkundungen oder die inhaltliche Unrichtigkeit der Urkundeninhalte - wie nicht - beweisen müssen.

Das Landgericht habe auch nicht gewürdigt, dass Schmider und Kleiser in Gesprächsrunden mit S über Lösungsmöglichkeiten gesprochen hätten, um von der Leasingfinanzierung, dem Einwerben neuer Geldmittel durch den Verkauf von immer mehr Bohrsystemen, wegzukommen. Das Landgericht habe auch die Aussage des Zeugen Kk (Anlage K 7/197; Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 100ff = II 265/267) nicht beachtet, wonach S ihm gegenüber erklärt habe, dass immer weitere Systeme nachgebaut werden müssten, weil ansonsten das System zusammenbräche. Auch aus dem erzielbaren Erlös der HBS, dem Rohüberschuss und den tatsächlich zu tragenden Leasingraten von alleine ca. 21 DM monatlich sei ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass die Rechnungen der KSK keinen wirtschaftlichen Sinn ergäben. Es hätte sich deshalb nur um ein Betrugssystem gehandelt haben können.

Aussagen der Haupttäter:

Es sei zwar richtig, dass die belastenden Aussagen der Zeugen Schmider und Kleiser in erster Linie im Wege des Urkundenbeweises in das Verfahren erster Instanz eingeführt worden seien. Das Landgericht habe aber nicht darauf hingewiesen, dass sich aus den vorgelegten Urkunden für seine Überzeugung eine Kenntnis der Betriebsprüfer nicht ergäbe. Auf solche Bedenken hätte das Gericht gem. §§ 139, 279 Abs. 3 ZPO hinweisen müssen, ansonsten dürfe nicht von der Beweisfälligkeit einer Partei ausgegangen werden. Das Landgericht habe zudem den Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin Ne übergangen. Gleiches gelte für den von den Klägern benannten Zeugen Bu.

Der Betriebsprüfer S hätte nach alledem auch vorsätzlich gehandelt. Der Gehilfe müsse Vorsatz in Bezug auf zukünftige Straftaten haben sowie dahingehend, dass er durch seinen Beitrag die Begehung der zukünftigen Haupttat erleichtere oder den Haupttäter in seinem Beschluss bestärke. Hiervon sei auszugehen. Dieser Vorwurf sei in gleicher Weise auch den Steuerfahndern Sch, Si und Gl zu machen.

Das Landgericht habe auch zu Unrecht einen Amtsmissbrauch verneint. Es liege sowohl ein eigennütziges wie auch amtspflichtwidriges Handeln im Zusammenhang mit den Betriebsprüfungen - wie ausgeführt - vor. Zumindest S habe nämlich erkannt, dass ein Betrug vorliege und den Leasinggesellschaften und Gläubigerbanken durch das immer stärker anwachsende Schneeballsystem ein ganz immenser Schaden entstehe.

Es liege auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Das Landgericht habe verkannt, dass die falschen Mitteilungen an die Staatsanwaltschaft dazu geführt hätten, dass bereits aufgenommene Vorermittlungen eingestellt bzw. durch einen Anfangsverdacht begründete notwendige Ermittlungen erst gar nicht begonnen worden seien. Durch die Fortführung des Systems sei der Schaden vergrößert worden. Hierdurch sei auch ein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb gegeben.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26.07.2005 abzuändern und

1) Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 1 EUR 2.366.031,15 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

Hilfsweise : Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 1 EUR 19.816.946,71 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

2) Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 2 EUR 7.356.287,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

Hilfsweise: Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 2 EUR 16.504.751,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

3) Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 3 EUR 28.671,42 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

Hilfsweise: Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger zu 3 EUR 13.753.041,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen.

4) Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin zu 4 EUR 1.116.265.337,76 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 1.045.893.672,33 seit Klagzustellung sowie 4 % Zinsen aus EUR 611.039.376,42 seit dem 1. Juli 1996 bis zur Klagzustellung zu bezahlen Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruches auf Verteilungserlöse, die den Gesellschaftern der Klägerin zu 4 aus den Insolvenzverfahren über die Vermögen des/der

- Manfred Schmider

- Dr. Klaus Kleiser

- Angelika Ne

- Matthias Schmider

- MC

- FlowTex Technologie GmbH & Co. KG

- KSK guided microtunneling technologies Spezialtiefbaugeräte GmbH & Co. KG

- PowerDrill GmbH & Co. Horizontalbohrsysteme Vertrieb und Verarbeitung

- GEG Grundstückserwerbsgesellschaft mbH

- RPP Entsorgungstechnologie Vertrieb System Altvater & Co. KG

- FlowWaste GmbH

aus Rechten, für deren Verlust sie Schadensersatz geltend machen, zustehen.

Mit Zwischenurteil des Senats vom 18.12.2007 ist der Beitritt des Streithelfers Do auf Seiten der Klägerin - dort der Gesellschafterin Nr. 44 (Kläger Schriftsatz vom 16.08.2005, S. 3 = II 5) (Dresdner Bank) - für zulässig erklärt.

Der Streithelfer Do schließt sich den Anträgen der unterstützenden Partei an.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Streithelfer Dr. Ro beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das landgerichtliche Urteil. Auch im Berufungsverfahren sei den Klägern nicht der Beweis der Kenntnis des Betriebsprüfers S oder der Steuerfahnder Sch, Gl und Si vom Verkauf nicht existenter HBS gelungen. Eine solche lasse sich weder aus den Urkunden noch aus den Bekundungen der Haupttäter und der sonstigen hierzu vernommenen Zeugen herleiten. Zu dem Vorbringen des beklagten Landes im Einzelnen wird auf II. der Urteilsgründe Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung folgender Zeugen:

Holger Kk

Protokoll vom 17.11.2006

II 2097 - 2111

Werner Zr

Protokoll vom 17.11.2006

II 2111 - 2117

Dr. Kurt Ro

Protokoll vom 24.11.2006

II 2171 - 2177

Angelika Ne

Protokoll vom 24.11.2006

II 2177 - 2195

Protokoll vom 08.12.2006

II 2485 - 2489

Joseph Ga

Protokoll vom 27.11.2006

II 2203 - 2217

Rolf Bl

Protokoll vom 27.11.2006

II 2217 - 2227

Peter Z

Protokoll vom 08.12.2006

II 2479 - 2483

Bettina K

Protokoll vom 08.12.2006

II 2491 - 2497

Volker Gl

Protokoll vom 01.12.2006

II 2499 - 2505

Hartmut Si

Protokoll vom 01.12.2006

II 2507 - 2515

Manfred S

Protokoll vom 11.12.2006

II 2639 - 2701

Protokoll vom 22.12.2006

II 2883 - 2895

Konrad Vr

Protokoll vom 01.12.2006

II 2767 - 2769

Markus Sch

Protokoll vom 04.12.2006

II 2771 - 2781

Dr. Rd Ho

Protokoll vom 22.01.2007

II 3017 - 3031

Katja Th

Protokoll vom 26.01.2007

II 3051 - 3057

Carmen Ts

Protokoll vom 26.01.2007

II 3047 - 3051

Wolfgang Bu

Protokoll vom 26.02.2007

II 3161 - 3165

Claus an der Hn

Protokoll vom 26.02.2007

II 3165 - 3173

Jörg Dn

Protokoll vom 23.04.2007

II 3235 – 3245

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dies ist für die Klägerin zu 4 und die Kläger zu 1 - 3 jeweils gesondert abzuhandeln.

A.

Die Berufung der Klägerin zu 4 (im Folgenden Klägerin) hat keinen Erfolg.

I. Zulässigkeit des Klagebegehrens

Die Klage ist zulässig. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 11.12.2004 (Gesellschaftsvertrag vom 11.12.2004, Anlage K 4) ist wirksam und verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG.

Die Einziehung abgetretener Forderungen stellt nach Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar, wenn der Inhaber der Forderung diese von einem Dritten gegen ein Erfolgshonorar einziehen lässt und sie ihm hierzu nur formal überträgt. Ob dies hier anders zu beurteilen ist, weil die Klägerin Inhaberin der an sie abgetretenen Schadensersatzforderungen geworden ist und die Geltendmachung der Ansprüche ihrer Gesellschafter daher die Wahrnehmung eigener Interessen und nicht die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten darstellt (BGH NJW-RR 1986, 1360) , bedarf keiner abschließenden Beurteilung. Denn im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an der Geschäftsmäßigkeit der Rechtsbesorgung.

Mit dem Begriff der Geschäftsmäßigkeit soll nicht allgemein ein irgendwie geartetes Handeln im geschäftlichen Verkehr erfasst werden, sondern die erlaubnisfreie Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in vereinzelten Sonderfällen abgrenzt werden von einer darauf gerichteten Geschäftstätigkeit. Geschäftsmäßig handelt deshalb nur, wer beabsichtigt, die Tätigkeit - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Das Gesetz will damit zum Schutz der Rechtssuchenden und im Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege der Gefahr vorbeugen, dass die geschäftsmäßige, insbesondere im Rahmen der Ausübung eines Berufs erfolgende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an ungeeignete oder unzuverlässige Personen gerät (BVerfG NJW 2002, 1190; BGH NJW - RR 2005, 286) .

Die Klägerin hat als Gesellschaft bürgerlichen Rechts indessen nur den Zweck, zahlreiche aus einem abgeschlossenen Lebenssachverhalt entstandene Ansprüche beizutreiben. Die Absicht, darüber hinaus auch zukünftig weitere Forderungen für Dritte einzuziehen, besteht nicht. Dies wird insbesondere durch § 2 in Abschnitt A des Gesellschaftsvertrags unterlegt, wonach die Gesellschaft mit Abschluss der Geltendmachung der Ansprüche gegen das beklagte Land und Auskehrung des Gesellschaftsvermögens endet. Für die Annahme der Geschäftsmäßigkeit des Handelns bei einer Interessengemeinschaft, die wie hier ausschließlich zum Zwecke der Rechtsverfolgung hinsichtlich eines konkreten, abgeschlossenen Sachverhalts mit einer überschaubaren Anzahl von Gläubigern gegründet worden ist, fehlt es somit an der erforderlichen Wiederholungsabsicht. Der vom beklagten Land angeführten, nur ganz vereinzelt vertretenen Auffassung, wonach die Wiederholungsabsicht keine Rolle spielt, wenn eine zum Zwecke der Rechtsverfolgung gegründete Interessengemeinschaft einen Anspruch verfolgt, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die h. M. in der Rechtsprechung hält am Merkmal der Wiederholungsabsicht, so auch für den Fall von Sammelklagen durch Verbraucherzentralen, fest (BGH WM 2007, 67) . Die klagende Gesellschaft unterscheidet sich wesentlich etwa von einer Verbraucherschutzorganisation, die nach ihrer Ausgestaltung und ihrem Zweck darauf angelegt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen. Die vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte Begründung des Gesetzgebers zur Einführung des Kapitalanleger - Musterverfahrens (BT-Drs. 15/15091, S. 14) ist ebenfalls nicht weiterführend, weil diese die Geschäftsmäßigkeit des Handelns bei einer Interessengemeinschaften von Kapitalanlegern, die eine ganz andere Zielrichtung als die vorliegende Rechtsgemeinschaft verfolgt, schon darin begründet sieht, dass es sich bei solchen Verfahren nach Art und Umfang nicht um Gelegenheitsgeschäfte handeln dürfte.

Auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 05.11.2004 (BVerfG NJW 2004, 2662) ist die generalklauselartige Umschreibung der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wie auch der geschäftsmäßigen Rechtsberatung gem. Art. 1 § 1 RBerG im Einzelfall abzuklären und bei der Normauslegung anhand der konkreten Umstände festzustellen, ob die Schutzzwecke des RBerG durch die rechtsbesorgende Tätigkeit jeweils berührt werden. Dabei sind einerseits die durch das Gesetz geschützten Belange, andererseits die Freiheitsrechte des Einzelnen zu berücksichtigen und ist auch den Veränderungen der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen.

Nach diesen Grundsätzen ist eine einschränkende Auslegung (teleologische Reduktion) des Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG geboten, die im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Sachverhalts dazu führt, dass das RBerG nicht zur Anwendung kommt.

Die Klägerin hat von vorne herein nur das Ziel gehabt, die Beitreibung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche durch zugelassene Rechtsanwälte durchführen zu lassen. Dabei dient die gewählte Konstruktion des Zusammenschlusses zu einer GbR unter Abtretung der Individualansprüche in besonderer Weise den Interessen der Gesellschafter der GbR. Denn sie ermöglicht in Anbetracht der Komplexität und des Umfangs des Falles eine weit effektivere und rationalere Besorgung und Durchführung der Rechtsangelegenheit. Hierdurch wird die Qualität der Rechtsbesorgung gerade nicht beeinträchtigt, sondern gesteigert, eine zweckmäßige Rechtsverfolgung jedenfalls erleichtert. Außerdem fallen aufgrund des Zusammenschlusses die Kosten deutlich geringer als bei einer individuellen Verfolgung der Ansprüche aus, was bei der außergewöhnlichen Höhe des Streitwerts nicht außer Acht bleiben kann. Jedenfalls erfordern es im vorliegenden Falle weder der Schutz der Rechtssuchenden noch das Interesse einer geordneten Rechtspflege das Tätigwerden der Klägerin unter einen Erlaubnisvorbehalt zu stellen. Ein Verstoß gegen das RBerG liegt somit nicht vor.

II. Begründetheit

Die Klage ist unbegründet.

Eine Haftung des beklagten Landes für die Individualschäden der Gesellschafter der Klägerin, die als Neugläubiger nach der - aus ihrer Sicht - möglichen, aber unterbliebenen Aufdeckung des Betrugssystems durch den Betriebsprüfer S noch (neue) Geschäfte mit der Schmider/Kleiser- bzw. FlowTex-Gruppe getätigt haben, mit diesen Verträge eingegangen und jetzt auf Grund der eingetretenen Insolvenzen mit ihren Forderungen ausgefallen sind, käme nur insoweit in Betracht, als Beamte des Landes für diese Schäden mitverantwortlich wären. Insoweit verbleibt jedem Gläubiger die individuelle Möglichkeit der Verfolgung seines Anspruchs. Denn solche nach den von der Klägerin angenommenen Stichtagen erstmals begründeten Schadensersatzansprüche (so genannte Neuschäden) sind nicht von der gesetzlichen Einziehungsermächtigung des § 92 InsO erfasst. Für die Verurteilung des beklagten Landes fehlt es jedoch am Nachweis der Verletzung einer Amtspflicht, die diese Gläubiger schützt.

Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Betriebsprüfer S - wie diesem als maßgeblichem Betriebsprüfer angelastet wird - bei der Betriebsprüfung der FTI und der anderen Gesellschaften der FlowTex-Gruppe in der Zeit von Januar 1996 bis Dezember 1997 eine schuldhafte Amtspflichtverletzung gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin begangen hat. Insbesondere fehlt es am Nachweis einer Beihilfe zum Betrug, einer Beihilfe zur Konkursverschleppung, einer Beihilfe zum Bankrott oder der tatsächlichen Voraussetzungen eines Amtsmissbrauchs. Auch ein Eingriff in eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe ist hinsichtlich des Betriebsprüfers S nicht belegt. Nichts anderes gilt für die Steuerfahnder Sch, Si und Gl.

1.Amtspflicht, unerlaubte Handlungen zu unterlassen:

Ein solcher Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i. V . m. Art. 34 GG wäre gegeben, wenn der Betriebsprüfer S und/oder die Beamten der Steuerfahndung Sch, Si und Gl - wie die Klägerin nunmehr im Berufungsverfahren konkretisierend vorgetragen hat (Klägerin Schriftsatz vom 05.09.2006, S. 18 und S. 169 = II 1087 und II 1385) - bei Durchführung der Betriebsprüfung oder des Steuerstrafverfahrens und damit in Ausübung eines öffentlichen Amtes Beihilfe zum Betrug begangen hätten. Beamten obliegt nämlich die Verpflichtung gegenüber jedem unbeteiligten Dritten, bei der Amtsausübung in keiner Weise unzulässig dessen absolute Rechte oder Vermögensinteressen zu verletzen. § 839 Abs. 1 BGB umschließt damit alle unerlaubten Handlungen im Sinne von § 823 Absatz 1 und 2 BGB mit der Folge, dass ein Beamter, der in Ausübung öffentlicher Gewalt bei Vornahme eines Amtsgeschäftes eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 BGB gegenüber einem Dritten begeht, damit gleichzeitig eine ihm diesem Dritten gegenüber obliegende Pflicht verletzt (BGHZ 16, 111; BGHZ 69, 128; RGZ 154, 117; 158, 83) .

a.Beihilfe zum Betrug mit nicht existierenden Horizontalbohrsystemen (im Folgenden: HBS):

aa.Haupttaten:

(1)Als vorsätzlich und rechtswidrig begangene Haupttaten, die die Beihilfe gemäß § 27 StGB voraussetzt und die der Betriebsprüfer S sowie die Steuerfahnder Sch, Si und Gl unterstützt haben sollen, kommen hier die mit Urteil des Landgerichtes Mannheim vom 18.12.2001 (Urteil LG Mannheim vom 18.12.2001, Anlage K 5) abgeurteilten Betrugstaten von Schmider und Kleiser in Betracht. Hierbei handelt es sich um die im Strafurteil als Tatkomplex A. bezeichneten Straftaten mit "virtuellen Bohrmaschinen". In Betracht kommen insoweit alle diejenigen Taten, die zum Zeitpunkt der anzunehmenden Beihilfehandlungen nicht beendet waren, in denen also der Geldeingang nach der angenommenen Hilfeleistung erfolgt ist. Denn eine Beihilfe ist bis zur materiellen Beendigung (BGH MDR 1967, 726; a. A. LK-Roxin, StGB, § 27 Rn. 32) der Tat, nicht nur bis zur vollständigen Vollendung der Tatbestandserfüllung möglich. Es genügt deshalb, wenn jemand bei einem Betrug erst nach Abschluss der Täuschung hinzutritt und z. B. den erschwindelten Vermögenswert entgegennimmt (LK - Roxin, StGB, § 27 Rn. 35, 36) . Ausgehend hiervon kommen damit alle Haupttaten in Betracht, die nach dem angeblich für die Entdeckung durch den Betriebsprüfer maßgeblichen Zeitpunkt und damit nach dem 30.06.1996 liegen. Hierbei handelt es sich um 170 Betrugsstraftaten zum Nachteil der Leasinggesellschaften (Strafurteil Anlage K 5 Anhang H Nr. 52 - 221) und 20 Taten zum Nachteil der refinanzierenden Banken (Im Strafurteil Anlage K 5: S. 36 in Tabelle 7 Nr. 1- 15, S. 37 in Tabelle 8: 2 - 4, S. 38 in Abschnitt 4.1 Nr. 3 und S. 39 in Abschnitt 4.2 aufgeführt) .

(2)Die Klägerin sieht eine Beihilfe zu den oben angeführten Haupttaten und damit zum Betrug zum einen darin, dass dem Betriebsprüfer S der Vorwurf zu machen sei, das von ihm erkannte FlowTex- Betrugssystem, d. h. den Verkauf und das Rückleasen von nicht existierenden HBS zur weiteren Geldschöpfung und Aufrechterhaltung der Liquidität der Gesellschaften der FlowTex- Gruppe nicht bereits zum 30.06.1996, spätestens aber zum 31.03.1997 aufgedeckt zu haben. Danach wird dem Betriebsprüfer des beklagten Landes der Vorwurf gemacht, durch sein Unterlassen - hier die Nichtaufdeckung der Betrugstaten in 1996/1997 - sei es zu weiteren Betrugstaten durch Schmider und Kleiser und damit zu einer Vermögensschädigung der Neugläubiger gekommen. Bei pflichtgemäßem Handeln des Betriebsprüfers S wäre das FlowTex- Betrugssystem im Sommer 1996 aufgedeckt worden und wären die damit einhergehenden Insolvenzen im Sommer 1996 (30.06.1996) eingetreten mit der Folge, dass es nach diesem Termin zu keinen neuen Geschäftsabschlüssen mehr gekommen wäre. Die mit den nach dem 30.06.1996 eingegangenen Geschäften verbundenen Belastungen und Aufwendungen wären nicht angefallen.

Zum anderen geht die Klägerin von einer Beihilfe durch Handeln aus, die erfordert, dass der Beitrag des Gehilfen die Haupttat fördert, d. h. sie ermöglicht, erleichtert oder verstärkt (BGHSt 42, 135-139; LK - Roxin, a. a. O., § 27 Rn. 1) . Eine Beihilfe in Form der psychischen Beihilfe sieht die Klägerin darin, dass S die Haupttäter in ihrem schon gefassten Tatentschluss bestärkt und ihnen ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt habe. Ein Fall der Beihilfe durch Handeln läge auch dann vor, wenn der Gehilfe eine so genannte "rettende Kausalkette" (Fall der normalen Kausalität durch Handeln) abbricht (Samson, Gutachten vom 20.11.2002, Anl. K 40 S. 45 ff.) . Beim Abbruch rettender Kausalverläufe genügt es, wenn die abgebrochene Kausalkette nur nach einem ex - ante - Urteil rettend war, also nach dem Urteil eines durchschnittlichen Beobachters wahrscheinlich den Erfolg der Haupttat verhindert hätte (RGSt 71, 178; BGH wistra 2000, 340; Samson, Gutachten vom 20.11.2002, a. a. O., S. 22, 26, 29, 45) . Eine Beihilfe in der genannten Form wäre im vorliegenden Falle dann anzunehmen, wenn der Betriebsprüfer durch einen geeigneten Beitrag verhindert hätte, dass die Strafverfolgungsbehörden eingreifen und das betrügerische Schneeballsystem aufdecken. Welche Form der Beihilfe - durch Handeln oder durch Unterlassen - vorliegend anzunehmen wäre, kann offen bleiben. Die Klägerin hat nämlich den Nachweis nicht geführt, dass S oder die Steuerfahnder Sch, Gl und Si das System "FlowTex", d.h. den Milliardenbetrug mit nicht existenten HBS, spätestens 1997 erkannt haben. Ohne diese Kenntnis aber ist ein haftungsbegründendes Verhalten der Beamten nicht bewiesen, sei es unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe, des Amtsmissbrauchs oder aus sonstigen Rechtsgründen.

bb.Subjektive Seite der Beihilfe:

Der subjektive Tatbestand der Beihilfe setzt den so genannten doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Der Gehilfe muss danach die wesentlichen Merkmale der Haupttat kennen und ferner das Bewusstsein haben, durch sein Handeln die Begehung dieser Tat zu fördern. Der Gehilfenvorsatz setzt danach voraus, dass der Gehilfe weiß, dass der Haupttäter eine Tat plant und dass er diese ausführen und vollenden will. Danach ist erforderlich, dass S die fehlende Existenz der HBS wenigstens konkret für möglich hielt. Außerdem ist erforderlich, dass S den weiteren Verkauf tatsächlich nicht existierender HBS durch die Haupttäter zumindest für möglich hielt (Samson, Gutachten vom 20.11.2002, a. a. O., S. 34ff, S. 50ff) und in dem Bewusstsein handelte, durch sein Verhalten die Begehung von solchen weiteren Betrugstaten zu fördern.

cc.Vorsatz des Betriebsprüfers S:

Die Klägerin meint, S habe das "FlowTex- Betrugssystem", d. h. das groß angelegte sale and lease back nicht existenter HBS, das von der Klägerin auch als "betrügerisches Schneeballsystem" oder auch als "Pyramidensystem" bezeichnet wird, erkannt. Die Beihilfe Ss liege damit in dem wissentlichen Dulden eines groß angelegten Handelns mit nicht existenten HBS. Als geschulter Konzernprüfer habe ihm der Blick auf alle Gesellschaften der "Wertschöpfungskette" des Systems FlowTex auch die wirtschaftliche Dimension des Betrugssystems aufgezeigt. Damit sei ihm auch innerhalb weniger Monate klar gewesen, dass im "regulären Geschäft" eine Heilung nicht möglich sei, auch nicht über die Produktion von - damit in Zukunft existenten - Systemen und sei es auch in einer kostengünstigeren Light-Version. Heilung habe aus seiner Sicht nur der kompensierende, erfolgreiche Asset- Aufbau versprechen können. Nur letzteres habe aus seiner Sicht den Erhalt der Arbeitsplätze, den Fortbestand des in der Region bedeutsamen Unternehmens und der Steuerzahlungen sichern können. Damit wäre auch seine Sonderstellung, die aus einem "kleinen" Betriebsprüfer die graue Eminenz des FlowTex- Konzerns machte, gewahrt worden. Damit dieser Weg - gemeint Heilung des betrügerisch erkannten Systems - gangbar werde, hätten Informationen durch S selektiert werden müssen. S als so genannter Wissenskollege des betrügerischen Systems habe deshalb zur Erreichung des spätestens bis zur nächsten Betriebsprüfung (1999) als Heilung angestrebten Ziels die Fortführung des Systems geduldet, gefördert und damit seine Haftung als Gehilfe begründet. Erst als Jahre später (1999) klar geworden sei, dass sein Lösungsweg bzw. Lösungsansatz von den Haupttätern in geeigneter Weise nicht umgesetzt worden sei, habe S seine Begleitung der Haupttäter als beendet angesehen und begonnen, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten (Klägerin Schriftsatz vom 07.05.2007, S. 2 - 3 = II 3605, 3607) .

Zwar habe es - so weiter die Annahme der Klägerin - eine explizite, verbalisierte, bekennende Offenbarung der Haupttäter gegenüber S nicht gegeben. Indessen sei eine Haftung auch auf andere Weise möglich und zu begründen. Es habe zwischen Schmider, Kleiser und S eine "nonverbal - explizite" Kommunikation gegeben. Eine auf diese Weise begründete Haftung als Gehilfe ergebe sich aus der Analyse der Zeugenaussagen, verschiedener Urkunden und sonstiger Indizien.

Die Beweisaufnahme hat einen tragfähigen Nachweis der Behauptung, der Betriebsprüfer S habe im Juni 1996 bzw. spätestens im März 1997 das "FlowTex- Betrugssystem", d. h. den Verkauf von 1000 nicht existenten HBS sowie die Mechanismen, mit denen der groß angelegte Betrug kaschiert und das System am Leben gehalten wurde, erkannt, nicht erbracht. Soweit der Begriff des "Schneeballsystems" in Vermerken und Aussagen der Betriebsprüfer und weiterer Zeugen - etwa des BKA- Beamten Kk (Vernehmung Zeuge Kk vom 07.03.2002, Anlage K 7/197, S. 7,8) - erscheint, ist nichts weiter bewiesen, als dass die Finanzbeamten mit diesem Begriff das Finanzierungssystem der FlowTex-Gruppe, d. h. die Zahlungsflüsse von KSK zu FTI gemeint und als solches auch erfasst haben. So hat der Zeuge Gl vor dem Senat (Protokoll Senat vom 08.12.2006, S. 14,15 = II 2503, 2505) das Finanzierungssystem wie folgt beschrieben:

"Für uns war das von uns ermittelte System durchaus ein Schneeballsystem und zwar so, dass die KSK billig produziert und einkaufte und teuer verkaufte und mit der Gewinnspanne die Leasingunternehmen, die eigentlich Leasingraten zahlen sollten, unterstützte. Wir sind damals davon ausgegangen, dass das System gefährlich werden würde, wenn die Geräte nicht irgendwann produktiv und gewinnbringend eingesetzt werden könnten. Wir sind damals davon ausgegangen, dass die Situation bis 1993 möglicherweise sich dadurch erklären könnte, dass man im Stadium der Markteinführung war. Dies war meiner Erinnerung nach auch die Darstellung, die seitens FlowTex gegenüber den Betriebsprüfern gebracht wurde. Die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts wollten wir, wie sich aus dem Vermerk vom April 1997 B 65 ergibt, der Staatsanwaltschaft überlassen."

Über das so von den Prüfern erfasste System dürfte S auch erkannt haben, dass die HBS im Prüfungszeitraum nicht rentierlich arbeiteten und ein wirklich rentierliches Arbeiten sich auch zum Prüfungszeitpunkt noch nicht eingestellt hatte. Eine Kenntnis von dem Betrugssystem ist damit aber nicht verbunden. Sie folgt insbesondere nicht aus der konkret verwandten Begrifflichkeit.

"Schneeballsystem" (Schneeballsystem: Definition und Sprachgebrauch aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie) bezeichnet nach allgemeinen Sprachgebrauch ein von vornherein auf die Schädigung Dritter angelegtes System. Gemeint ist ein System, in dem bisher Unbeteiligte von Werbenden dazu aufgefordert werden, selber zu Werbenden zu werden. Es wird erwartet, dass jeder Werbende mehrere bisher Unbeteiligte wirbt. Dadurch steigt die Zahl der Werbenden schnell an. Im Regelfall sind für den Beitritt zu einem Schneeballsystem Beitrittsgebühren fällig, für die keine Produkte oder Dienstleistungen geboten werden, und die einzig und allein dazu dienen, dem Werber einen Teilbetrag auszuzahlen. Danach war der "FlowTex- Betrug", d.h. das groß angelegte sale und lease back nicht existenter Bohrmaschinen, jedenfalls kein Schneeballsystem im eigentlichen Wortsinn. Auch der von den Klägern synonym verwandte Begriff "Pyramidensystem" ist eigentlich unzutreffend. In einem solchen System werden Produkte von oben nach unten weiter gereicht, wobei es zu einer Preissteigerung kommt. A wirbt B, B muss bei A ein Produkt kaufen (dieses kostet B z. B. 50 Cent mehr als A), B kann dieses Produkt nun weiter verkaufen, oder wirbt C, der das Produkt ab sofort von B bezieht (50 Cent teurer) usw. Dies funktioniert nur bis zu einem bestimmten Preis, danach bricht das System für die untersten zusammen. Um die Verwendung von "Schneeballsystem" oder "Pyramidensystem" im eigentlichen Wortsinn ging es im Zusammenhang mit dem "FlowTex- Betrugssystem" also nicht.

Die Zeugenaussagen und die Analyse der vorgelegten Urkunden haben aber auch ergeben, dass weder S noch die Beamten der Finanzverwaltung den Begriff in dem von den Klägern behaupteten spezifischen, vom allgemeinen Sprachgebrauch verschiedenen Sinn verstanden und verwandt haben, also für ein groß angelegtes Betrugssystem mittels sale und lease back nicht existenter HBS. Vielmehr bezeichnet der Begriff, wo er auftaucht, durchweg ein "Finanzierungsmodell", d.h. ein Modell zur Finanzierung und Markteinführung einer neuen Technik (Vermerk Sb vom 13.05.1996, Anlage K 80; Vermerk S vom 21.07.1996 (Gewinnmarge-Vermerk), Anlage B 55; Vermerk S vom 02.09.1996 (Kegelvermerk), Anlage K 75 = B 67; Vernehmung Zeuge Kk vom 07.03.2002, Anlage K 7/197, S. 7,8) , bei dem der Hersteller (KSK) die Leasingraten seiner Abnehmerin (FTI) zum größten Teil aus der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den Herstellungskosten finanziert. Aus der beträchtlichen Differenz (HK ca. 100.000.- DM, VK ca. 1 Mio. DM) sollten – und konnten an sich über eine auch längere Einführungsphase hinweg – die Leasingraten bedient werden. Dabei sollten ab einem gewissen Punkt die Erlöse aus dem Verkauf weiterer HBS für die Finanzierung zuvor verkaufter Maschinen herangezogen werden, falls der dort erzielte Erlös aufgebraucht war, ohne dass die HBS (bereits) rentierlich arbeiteten. So verstanden illustrieren "Schneeball", "Tannenbaum" oder "Pyramide" – eine Maschine wird durch zwei finanziert – lediglich eine für die beteiligten Banken und Leasingunternehmen möglicherweise riskante Investitionsentscheidung. Riskant deshalb, weil das System nur dann rentierlich wird, wenn die Maschinen irgendwann einmal operativ eingesetzt werden können und Gewinn erwirtschaften. Diese Konstellation aber ist bei der Markteinführung einer neuen Technik nichts ungewöhnliches, sondern verkörpert das typische Risiko eines Investors, der groß angelegt in eine neue Technik investiert. Ein Betrug läge unter diesen Umständen – die Existenz der HBS unterstellt – nur dann vor, wenn die Investoren über das mit ihrem Engagement verbundene Risiko getäuscht worden wären, was aber nicht auszumachen ist. Anhaltspunkte dafür, dass Banken und Leasingfirmen die zu ihrem Kerngeschäft gehörende Risikoanalyse bei Investitionen dieser Größenordnung nicht getätigt hätten, hatten die Betriebsprüfer, unter ihnen S, nicht. Jedenfalls sind solche Anhaltspunkte nicht vorgetragen und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Dass dahin gehende Erwägungen von den Betriebsprüfern auch nicht angestellt, jedenfalls aber nicht weiter verfolgt wurden, erscheint dabei nicht unplausibel, weil die Bewertung von Investitionsentscheidungen professioneller Marktakteure, worauf das beklagte Land zu Recht hinweist, nicht zu deren Aufgaben zählt.

Nach dem konkreten Sprachgebrauch des Betriebsprüfers und Zeugen heißt Kenntnis des "Schneeballsystems" damit nichts anderes als Kenntnis von einem Finanzierungssystem, das nur aufgeht, wenn die Maschinen irgendwann einmal gewinnbringend arbeiten. Dass der Begriff als Chiffre für die Kenntnis des FlowTex- Betrugssystem, wie es die Klägerin versteht, durch S oder die anderen Betriebsprüfer verwandt worden wäre, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen.

Das für die Überzeugungsbildung des Senats erforderliche Beweismaß verlangt dabei zwar keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Für den Nachweis der Beihilfe zum Betrug und hier insbesondere der Kenntnis des Betriebsprüfers vom Betrug durch Schmider und Kleiser mit nicht existenten HBS genügt bereits ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 1993, 935; NJW 1994, 801; NJW 1998, 2969; NJW 2000, 953 Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 286 ZPO, Rn. 19) . Der Senat vermochte sich unter Berücksichtigung dieser für das Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO maßgeblichen Anforderungen von der subjektiven Seite einer Beihilfe zum FlowTex- Betrugssystem durch S nicht mit der dafür erforderlichen Gewissheit zu überzeugen. Es ist - wie auszuführen sein wird - unter Ausschöpfung des gesamten Prozessstoffes, bei dem neben den sonstigen Ergebnissen der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen und Auswertung der zahlreichen Urkunden und Indizien auch die Motivlage des angeblichen Gehilfen zu berücksichtigen und zu bewerten ist, eher unwahrscheinlich, dass S 1996/Anfang 1997 den großangelegten und fortdauernden Betrug durch Verkauf von nicht existenten HBS erkannt und auf die von der Klägerin im Einzelnen geschilderte Weise das System FlowTex bewusst kaschiert und damit am Leben gehalten hat.

dd.Insbesondere Kenntnis von den Haupttaten:

Nach der vom Landgericht und Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht nur fest, dass S und auch die weiteren Betriebsprüfer Ga und Bl Kenntnis hatten vom Fehlen einiger HBS bei PowerDrill, von der Diskrepanz zwischen dem ausgewiesenen Materialeinsatz und dem für die Produktion der tatsächlich verkauften HBS nötigen Material bei KSK - in 1993: 300 HBS - sowie von den Geldflüssen der KSK an FTT, was sich aufschlussreich zum Teil schon aus den einzelnen Betriebsprüfungsberichten sowohl der KSK als auch der FTT und auch den zahlreich von S gefertigten Aktenvermerken ergibt. Das Finanzierungssystem der FlowTex- Gruppe und damit die Zahlungsflüsse der KSK an FTT ist den Betriebsprüfern nicht verborgen geblieben.

Die Kenntnis von den Geldflüssen vermag jedoch noch keinen Gehilfenvorsatz zu begründen. Denn eine solche setzt voraus, dass S wusste, dass HBS tatsächlich fehlten, also so genannte Luftgeschäfte zum Nachteil der Banken und Leasinggesellschaften erfolgten, mithin das FlowTex- Finanzierungssystem gerade den Verkauf weiterer, nicht existenter HBS zur Geldschöpfung erforderte und damit zwangsläufig zu einem entsprechenden Schaden bei den Banken und Leasinggesellschaften führte. Die bloße Erkenntnis der Betriebsprüfer, dass die Finanzierung der Leasingraten im Prüfungszeitraum nicht durch den operativen Einsatz der HBS bei den Servicegesellschaften, sondern zum größten Teil aus der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den Herstellungskosten der HBS und damit durch eine Gewinnabschöpfung bei der KSK vorgenommen wurde, die den Verkauf weiterer HBS bedingte, belegt nur, dass S zwar erkannt haben dürfte, dass Investitionen in HBS getätigt wurden, deren rentierliches Arbeiten noch nicht gesichert war. Diese Erkenntnis ergab sich für die Betriebsprüfer schon daraus, dass nach den für plausibel erachteten Bekundungen der Haupttäter große Teile der HBS im Prüfungszeitraum auf Halde gestanden haben sollen und damit das operative Geschäft nicht in einer wirtschaftlich sinnvollen Wiese zu laufen begonnen hatte. S und die anderen Betriebsprüfer hatten damit auch erkannt, dass die Finanzierung der Leasingraten mit Hilfe des Verkaufserlöses der KSK auf Dauer kaum ein einträgliches Wirtschaften ermöglichen konnte. Denn ausweislich der Anklage der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen S vom 05.04.2003 (Anklage S vom 05.04.2003, Anlage K 130, S. 13) betrugen die Leasingraten 22% bis 28% des Kaufpreises p. a. je nach Dauer des Leasingvertrages zwischen 72 und 60 Monaten. Dann aber überstieg allein der Leasingaufwand pro Gerät den Verkaufspreis der Geräte um 32% bis 40% (6 Jahre a 22% = 132%; 5 Jahre a 28% = 140%), was über den Verkauf weiterer - aus der Sicht der Prüfer existenter - HBS finanziert werden musste, solange das Geschäft bei den Servicegesellschaften nicht in vollem Umfang lief. Das Erkennen des Finanzierungssystems als eines "Schneeballsystems", bei dem der Hersteller die Leasingraten seiner Abnehmerin im Rahmen der Markteinführung mitfinanziert und damit Anlaufverluste durch Vergrößerung des Geschäftsvolumens gedeckt werden (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 98 = II 261) , ohne Kenntnis von der Nichtexistenz der verkauften HBS beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig auch die Kenntnis des in Wirklichkeit von den Haupttätern praktizierten Betrugssystems.

Ebenso genügt nicht die Feststellung der Betriebsprüfer, dass HBS zu einem erheblichen Teil auf Halde standen und es sich damit auch aus diesem Grund bislang nur um ein unwirtschaftliches System handeln konnte. Die Kenntnis eines Systems, in dem existente, aber gegenwärtig noch nicht rentierliche HBS verkauft werden, ist nicht gleichbedeutend mit der Kenntnis eines Betrugssystems. Anders stellt sich der Fall nur dann dar, wenn S darüber hinaus auch erkannt und gewusst hätte, dass es sich um Geschäfte handelte, bei denen die Käufer bewusst über die Rentierlichkeit der HBS getäuscht wurden. Dass dies der Fall gewesen wäre und S dies erkannt, zumindest aber billigend in Kauf genommen hätte, ist nach Lage der Dinge auch nicht auszumachen. Zumal es auch nicht zum Aufgabenbereich der Betriebsprüfer gehört, die Finanzierungsform des zu prüfenden Unternehmens, hier ein System, bei dem eine Maschine den Verkauf von zwei Maschinen und so weiter erforderte, auf seine Wirtschaftlichkeit und Zukunftschancen zu überprüfen und damit die Gläubiger von KSK und FTT vor einem nicht rentierlichen oder wirtschaftlich risikobehafteten Geschäft zu schützen oder abzuhalten.

Der Senat konnte sich in Übereinstimmung mit dem Landgericht nicht davon überzeugen, dass S bei den Ermittlungen 1996/1997 die Geldflüsse zwischen KSK und FTT als Ausdruck eines betrügerischen Systems begriffen hat, das die Haupttäter dazu zwang, auch zukünftig Betrugstaten in Form von Luftgeschäften mit HBS zu begehen. Zentrale Voraussetzung für die Annahme der subjektiven Seite einer Beihilfe zum Betrug ist, dass S 1996/97 auf Grund der objektiven Gegebenheiten Kenntnis von dem von den Haupttätern tatsächlich praktizierten Betrugsystem erlangt und das Bewusstsein hatte, durch sein Verhalten das möglicherweise künftige betrügerische Verhalten der Haupttäter zu fördern (OLG Karlsruhe 3 Ws 165/04, Beschluss vom 21.07.2005, S. 14 - 16) .

Die Klägerin meint, dass die subjektive Tatseite mit hinreichender Klarheit schon durch die Bekundungen der Zeugen Schmider, Kleiser, Ne, Bu, und Kk und der Zeugen vom Hörensagen (zu 1.1 - 1.6) nachgewiesen sei. Ebenso ergebe sich auf Grund einer Vielzahl von Indizien (2.1 - 2.10) unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen, der unvollständigen Weitergabe von Unterlagen an die Ermittlungsbehörden (3) und der einzelnen Betriebsprüfungsberichte (4) die Kenntnis des Betriebsprüfers und seine Unterstützung des betrügerischen Systems. Hiervon kann nach der Beweisaufnahme im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht ausgegangen werden.

(1)Aussagen der Haupttäter, sonstiger Zeugen, Vernehmungspersonen und Zeugen vom Hörensagen:

Die Kenntnis des Betriebsprüfers S von der Nichtexistenz der HBS kann nicht auf Grund der Aussagen der Haupttäter Schmider, Kleiser, Ne und des Zeugen Bu sowie des Zeugen Kk festgestellt werden. Auch die Bekundungen der Vernehmpersonen Oberstaatsanwalt Dr. Ho und der Richterinnen Th - F und Th vermögen die Version der Klägerin von der Kenntnis Ss nicht zu untermauern.

Das Landgericht hat ausgeführt, dass die S belastenden Aussagen der Haupttäter, die diese insbesondere im Laufe des Ermittlungsverfahrens anlässlich ihrer staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen gemacht haben, nicht glaubhaft seien. Das Landgericht hat sich hierbei nicht nur mit dem Erklärungsinhalt der Aussagen in früheren Vernehmungsprotokollen auseinandergesetzt, sondern auch Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Zeugen Schmider, Kleiser und Ne gemacht, ohne diese selbst vernommen zu haben. Die Glaubwürdigkeitsbeurteilung eines Zeugen setzt jedoch nach den Grundsätzen der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme voraus, dass sie auf der Wahrnehmung der an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder die für die Würdigung maßgeblichen Umstände in den Akten festgehalten worden sind und die Parteien Gelegenheit hatten, sich dazu zu erklären (BGH NJW 1995, 2856; BGH IV ZR 122/00; BGH IV ZR 146/05) . Dies beanstandet die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 119 = II 303) rügt weiter, dass seitens des Landgerichts auch kein Hinweis dahin erfolgt sei, dass Bedenken gegen den Inhalt oder die Überzeugungskraft der urkundlich eingeführten Beweisergebnisse aus anderen Verfahren bestünden.

Eine Vernehmung der Zeugen Schmider und Kleiser ist auch im Berufungsverfahren nicht möglich gewesen. Beiden Zeugen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht zu (§ 384 ZPO). Eine Aussetzung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss der das Zeugnisverweigerungsrecht heute noch begründenden Strafverfahren kommt nicht in Betracht. Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats unten zur Frage einer Aussetzung des hiesigen Verfahrens verwiesen. Danach kann die Glaubwürdigkeit der Haupttäter als solches nicht beurteilt werden.

Die Klägerin hat - wie bezüglich der einzelnen Aussagen der Haupttäter auszuführen sein wird - mit Hilfe der früheren Bekundungen der Haupttäter in den verschiedenen Vernehmungsprotokollen nicht den Beweis führen können, dass S Kenntnis vom FlowTex- Betrugssystem in den Jahren 1996/1997 hatte. Auch nach Würdigung der den Prüfer S betreffenden, früheren Aussagen der Zeugen Schmider und Kleiser sowie Ne kann nur davon ausgegangen werden, dass die Finanzbeamten und so auch S mit dem Begriff des Finanzierungssystems die Zahlungsflüsse KSK zu FTI gemeint und auch erfasst haben. Auch dürfte erkannt worden sein, dass ein rentierliches Wirtschaften mit den HBS erst möglich würde, wenn das operative Geschäft bei den Servicegesellschaften zum Laufen käme. Zwar haben die Zeugen Schmider und Kleiser sowie Ne bei unterschiedlichen Gelegenheiten bekundet, der Prüfer S habe ihr betrügerisches Spiel durchschaut. Sie bekunden dabei innere Tatsachen, von denen sie lediglich über Indizien (z.B. mündliche, mimische oder schriftliche Äußerungen Ss, eigene "geständige" Äußerungen gegenüber S) Kenntnis hätten erlangen können. Gerade aber an der Bekundung solcher Indiztatsachen fehlt es in den entsprechenden Aussagen dieser Zeugen. Es spricht daher einiges dafür, dass die Zeugen ihre Bekundungen zur Kenntnis Ss auf das unbestimmte Gefühl gründen, dem Prüfer könne ihr dreistes Treiben nicht verborgen geblieben sein und er habe auch ihre Versuche, aufgedeckte Ungereimtheiten in den Zahlen und Büchern zu erklären oder zu verdecken, durchschaut.

Dass zudem die Haupttäter, denen die Tatsache der anonymen Anzeige ihres Betrugssystems zu Ohren gekommen ist, wegen des Ausbleibens nachhaltiger Ermittlungsmaßnahmen den - später auch geschilderten - Eindruck gewonnen haben, eine schützende Hand werde über sie gehalten, ist nicht unwahrscheinlich, weil auch ein Laie mit derart täppischen Ermittlungen - wie sie vorliegend offensichtlich erfolgt sind - nicht rechnen würde.

(1.1)Aussage Dr. Kleiser:

In seiner Vernehmung durch Staatsanwalt Dr. Ho - gemeinsam mit Schmider - vom 31.03.2000 (Vernehmungsprotokoll vom 31.03.2000: Zeugen Schmider-Kleiser, Anlage K 7/ 206, S. 28 - 30) hat der Zeuge Kleiser zunächst umfangreiche Angaben zu anderen Geschäftszweigen der FlowTex- Gruppe sowie den Geschäftsverbindungen zur Firma M. in Spanien und zu dem Streithelfer Do gemacht. Auf die Frage, warum es nicht zur Produktion der so genannten Light-Version durch die Firma M. gekommen sei, hat der Zeuge Kleiser, nachdem nach einer anschließenden Erklärung des Rechtsanwalts Dr. W. die bei der Vernehmung anwesenden Betriebsprüfer S und Hh den Raum verlassen hatten, sich wörtlich wie folgt erklärt:

"Im Rahmen der ersten Betriebsprüfung 1996/1997 wurde mir und sicherlich auch Manfred Schmider durch die Äußerung von Herrn S klar, dass die Finanzprüfung und sicherlich auch die hinter den Finanzprüfern stehenden Vorgesetzten Kenntnis davon haben, dass zumindest ein Teil der Leasingverträge fingiert ist. Damit meine ich, dass bekannt war, dass Leasingverträge nicht durch wirkliche Maschinen unterlegt sind. Um die Fragestellung der 1.200 Maschinen aufzunehmen, kann ich mich an ein Gespräch im Zr von Manfred Schmider erinnern, an dem Herr S, Herr Schmider und ich teilnahmen, in dem ich sagte, dass wir beabsichtigen, 1.200 Maschinen der "Ligth-Version" herzustellen und Herr S empfahl uns nachhaltig, dies nicht zu tun, und eher uns darauf zu konzentrieren, Assets aufzubauen, um damit entsprechende Finanzlöcher stopfen zu können. (...) Ich sitze in der Zelle und überlege mir, dass ich hier sitze bei Vernehmungen, ich von Herrn S Dinge gefragt werde, von denen ich ausgehe, dass er sie sowieso weiß und ich guten Glaubens entlang der gemeinsam entwickelten Vorgehensweise vorgegangen bin und jetzt aber der Einzige bin bzw. Manfred Schmider und ich die Einzigen sind, die in diesem Fall Fehler begangen haben sollen.

Der Beschuldigte Manfred Schmider erklärt:

Das was Herr Kleiser sagt, entspricht der Wahrheit.

Der Beschuldigte Dr. Kleiser erklärt:

Da wurde über Luftmaschinen gesprochen, natürlich, und wie wir das wieder in Ordnung bringen.

Auf Frage von Herrn KOK E:

Hat Herr S nachgefragt, ob es Luftmaschinen gibt und war dies offensichtlich?

Antwort:

Der Beschuldigte Dr. Kleiser erklärt:

Herr E, Sie müssen sich das - wie soll ich das sagen - so vorstellen, dass diese Betriebsprüfung 1996/1997 sich nicht nur darauf beschränkte, Finanzunterlagen zu prüfen, sondern insbesondere durch Herrn S auch sehr viele Gespräche mit den Mitarbeitern geführt worden sind. Nachdem er auch die FlowTex-Servicegesellschaften geprüft hat und soweit auch mit den dort operierenden Leuten gesprochen hat, muss ihm klar gewesen sein, vor dem Hintergrund, dass er ja der Einzige war, der die Zusatzinformationen aus unserer Leasingdatenbank hatte, dass es eine Diskrepanz gibt. Wenn die Anzahl der operativen Maschinen bei den Servicegesellschaften nicht mit der Leasingbank übereinstimmte, dann hätte es nur die Möglichkeit gegeben, dass entweder wir diese Maschinen irgendwo gebunkert hätten oder dass sie nicht existent sind. Dass die Maschinen nicht gebunkert waren, konnte er schon daran erkennen, das war auch ein Diskussionsprozess, das war nicht nur ein Gespräch, dass wir 1.200 Maschinen bei M. produzieren wollten und dann sagte ich ihm, Herr S, wir sind dann imstande, ihnen die Maschinen auf dem Standstreifen der Autobahn von Ettlingen bis Basel aufzustellen und sie können jede Nummer kontrollieren. Ich war sicher, dass wir das Plazet hatten, so vorzugehen, wie wir vorgegangen sind. Wissen Sie, das war nicht ein Gespräch. Wenn Sie sich zurückerinnern an die ersten Vernehmungen Anfang Februar, wo wir gesprochen haben, in welcher Akribie Herr S dieser Prüfung nachging, kann auch ersehen werden, dass vielfach stundenlange Gespräche zwischen Herrn S und mir noch deutlich mehr vom Gesprächsumfang zwischen Herrn Schmider und mir, Gespräche mit Herrn S stattgefunden haben, in dem letztlich immer mehr der tatsächliche Sachverhalt durch die Gespräche offen lag. Ich wiederhole mich, wir haben geschwätzt und geschwätzt und geschwätzt und haben gemeinsam versucht - und darum tue ich mich auch sehr schwer - dies hier zu sagen, um eine konstruktive Lösung für dieses Problem zu finden. Es war wirklich - und dieses tiefe Empfinden habe ich auch heute noch - der Wille von Herrn S zusammen mit uns, den Sachverhalt wieder in die richtigen Bahnen zu bringen. So fand z. B. auch ein Gespräch während der Prüfung Ende 1999/Anfang 2000 statt, wo mich Herr S ansprach, ob wir nicht kurzfristig anstelle des Bonds unsere Assets nicht jetzt schon verkaufen sollten, um Leasingverträge, die nicht durch wirkliche Maschinen hinterlegt sind, abzulösen. Ich erläuterte Herrn S, dass dies aus Kostengründen sehr schwierig sei, weil wir einzelne Maschinen in der Vergangenheit schon abgelöst hatten und im Zuge dieser Ablösung Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von ca. DM 200.000, 00 pro Maschine zahlen mussten. Wenn wir das für alle fingierten Systeme hätten tun müssen, so wäre das ein Betrag gewesen, den wir nicht hätten zusätzlich aufbringen können. So jetzt ist es draußen."

Auch in der späteren Vernehmung des Zeugen Kleiser vom 27.06.2000 (Vernehmung Kleiser vom 27.06.2000, Anlage K 7/46, S. 13, 14) findet sich folgende, von der Klägerin für die Kenntnis Ss vom Betrugssystem angeführte Passage:

"Herr S kam und wir hatten eine Hn...angst vor diesem Mann. Ganz einfach deshalb, weil er ein extrem systematisch und analytisch arbeitender Mensch war. So stellt er über alle möglichen Zusammenhänge Diagramme her auf seinem Rechner, die er über sein Excel-Programm generierte und machte somit Plausibilitätsbetrachtungen. Bei diesen Plausibilitätsbetrachtungen ergaben sich Diskrepanzen, z. B. bezüglich der Anzahl von geleasten Systemen einerseits und der für den operativen Betrieb der Anzahl dieser Systeme erforderliche Ersatzteilbedarf. Darüber hinaus wurden ja parallel zu der Prüfung von FlowTex-Import auch die FlowTex Servicegesellschaften geprüft. Dort wurde u. a. die gesamten dort operativ tätigen Maschinenanzahl und die dafür wirklich aufgebrachten Personal- und Sachkosten ermittelt. Aus einer recht oberflächlichen Zusammenstellung der FlowTex Servicedaten und der Gegenüberstellung dieser Daten der FlowTex Technologie Importgesellschaft war eine Diskrepanz offensichtlich. Herr S hat diese Diskrepanz angesprochen, er hat mir Papiere gezeigt mit Diagrammen, diese Papiere habe ich in der Hand gehabt. Es war dort sicherlich auf der Kippe, es fanden diverse Gespräche bei der OFD statt, bei der Herr S ca. zwei Mal die Woche vorsprechen musste und es gab dann eine abgestimmt Strategie, wie der Sachverhalt zu heilen sei."

Der Zeuge Kleiser hat in beiden Vernehmungen vor allem Angaben zu der Diskrepanz der verleasten Systeme zu der Anzahl der Ersatzteilanforderungen bei den Servicegesellschaften gemacht. Diese Diskrepanz war von S und Ga unstreitig erkannt und von S in verschiedenen Schaubildern und zahlreichen Vermerken dokumentiert worden. Die von den Haupttätern gegenüber den Betriebsprüfern für die festgestellte Diskrepanz abgegebene Erklärung der heimlichen Auslandsproduktion findet sich hier noch nicht.

Die Angaben des Zeugen beinhalten zur Frage der Kenntnis des Prüfers vom Fehlen der HBS nur Vorstellungen und Vermutungen. Soweit der Zeuge bezüglich der Diskrepanz zwischen Materialeinsatz und Anzahl der verkauften Maschinen und der Kenntnis Ss hiervon in der Vernehmung vom 31.03.2000 auf die Leasingdatenbank verweist, ist unstreitig, dass es eine solche damals noch nicht gab. Im Übrigen finden sich nur Formulierungen wie "muss ihm klar gewesen" oder "ich war sicher..". Hierbei handelt es sich um bloße Schlussfolgerungen aus so subjektiv empfundenen Wahrnehmungen und Vermutungen des Zeugen ohne Angabe von überprüfbaren Fakten und ohne konkrete Anknüpfungstatsachen. Außerdem kann an dieser Stelle nicht außer Betracht bleiben, dass der Zeuge Kleiser seiner späteren Einlassung zufolge durch die Befragung Ss bei der Vernehmung vom 31.03.2000 über diesem vermeintlich bekannte Umstände und Fakten in höchstem Maße verärgert war und er sich kurz nach seiner Verhaftung und den anschließenden Vernehmungen in einer psychisch sehr angespannten Situation befunden hat, wie der Zeuge später selbst eingestanden hat und was sich auch aus der im Vernehmungsprotokoll vom 31.03.2000 auf S. 21 festgehaltenen Reaktion des Zeugen ergibt, wonach dieser in Tränen ausgebrochen ist, als er durch Schmider von einer Überweisung von DM 21,8 Mio. an dessen Stiftung erfahren hatte.

Der Zeuge Kleiser hat zudem seine früheren, den Zeugen S belastenden Angaben und Vorwürfe bereits in der Hauptverhandlung am 01.10.2001 (Staatsanwaltschaft Mannheim 01.10.2001, Anlage K 7/48) relativiert und dort ausgesagt, bei der Betriebsprüfung sei

"unser Scheinfinanzierungssystem nicht aufgefallen..., weil man es uns letztlich nicht beweisen konnte."

In den weiteren Vernehmungen vom 29.05.2002 (Vernehmung Kleiser vom 29.05.2002, Anlage B 128, S. 9) , vom 03.06.2003 (Vernehmung Kleiser vom 03.06.2003, Anlage B 123, S. 9) und zuletzt am 13.05.2004 (Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166 = B 134) hat der Zeuge Kleiser eindeutig und klar seine früheren, den Zeugen S belastenden Aussagen als objektiv unrichtig bezeichnet und dies auch im Einzelnen nachvollziehbar erläutert.

Am 29.05.2002 hat sich Kleiser vor Staatsanwalt Sr wie folgt eingelassen:

"Soweit ich noch weiß, wurde ich auch auf die Anzahl der Maschinen von Herrn S angesprochen. Ich kann mich jedoch an keine konkrete Zahl mehr erinnern. Ich hatte auch nicht den Eindruck, wenn ich danach gefragt werde, dass Herr S gewusst haben musste, dass es nicht existente Maschinen gab. Ich bleibe hierbei, auch wenn mir vorgehalten wird, dass nach Angaben der hierzu vernommenen Angelika Ne Herr S dieser gegenüber geäußert hat, von fehlenden Maschinen zu wissen. Ich muss dazu sagen, ich habe mit Frau Ne auch nicht ein solches Verhältnis, dass ich hiervon wissen könnte."

Der Zeuge Kleiser gab im Rahmen des gegen den Zeugen Vr geführten Ermittlungsverfahrens am 03.06.2003 weiter auf Frage an:

"Die Behauptungen von Herrn Manfred Schmider, die OFD sowie alle anderen seien eingeweiht worden, teile ich nicht. Ich Dke, diese Aussage ist aufgrund seiner persönlichen Vorstellungen im Rahmen der langen Haftzeit entstanden. Dies habe ich bereits oben schon mal gesagt.

[...]

Auf Frage:

Sie haben doch in früheren Vernehmungen gesagt, S habe zumindest Bescheid gewusst, was gelaufen ist. Kann man das so stehen lassen?

Antwort:

Ja, das kann man so stehen lassen, dass ich das gesagt habe.

Frage:

Würden Sie das heute noch mal wiederholen?

Nein. Das war damals in einer Gedankenwelt, als ich das sagte, die mich subjektiv glauben ließ, dass das so gewesen ist. In den Jahren meiner Haft, habe ich mich damit intensiv auseinandergesetzt und kann mich heute objektiv an kein Gespräch erinnern, in dem explizit darüber gesprochen worden sei, dass Herr S wusste, dass Maschinen fehlen und dergleichen..."

Am 13.05.2004 (Vernehmungsprotokoll vom 13.05.2004, Anlage K 166, S. 195, 196 = Anlage B 134, S. 2, 3) gab der Zeuge Kleiser vor dem Landgericht unter anderem an:

"Die Lücke zwischen den vorhandenen Produktionsrechnungen und den Leasingverträgen wurde uns von S, der die Diskrepanz festgestellt hatte, vorgehalten. Damit der wahre Sachverhalt nicht ans Licht kommt, erzählten wir ihm, dass wir vor dem Hintergrund des Prozesses mit der Firma FlowMole heimlich Maschinen hergestellt hätten."

[...]

S wusste davon, dass wir die Maschinen präparierten, nichts. Wenn mir vorgehalten wird, dass ich in der Vernehmung vom 04.07.2000 (S. 12) von einem konstruktiven Theaterspiel gesprochen habe, dann muss ich das jetzt näher erklären. Ich hatte das Gefühl, dass S etwas wissen könnte. Es wurde nie explizit von ihm ausgesprochen. Ich sagte zwar einmal in einer Vernehmung, dass wir darüber gesprochen hätten. Das war aber nicht richtig."

Der Zeuge Kleiser hat danach in mehreren Vernehmungen, zuletzt anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht am 13.05.2004 seine früheren Aussagen widerrufen und ist hierbei geblieben, obwohl ihm von Staatsanwalt Sr zum Schluss seiner Vernehmung die Möglichkeit einer Bestrafung nach § 164 StGB vor Augen gehalten wurde. Der Zeuge hat hierzu wörtlich erklärt:

"Ich stelle noch einmal klar, dass die Belastung des Herrn S durch mich objektiv unrichtig ist und war. Für mich ist diese ganze Situation höchst problematisch. Ich hätte lieber gesehen, wenn mich mein Anwalt begleitet hätte.

Auf Vorhalt, dass möglicherweise eine Bestrafung nach § 164 StGB in Betracht käme, erkläre ich, dass das, was ich heute gesagt habe, richtig ist.

Ich möchte jedoch nochmals darauf hinweisen, dass ich damals subjektiv der Auffassung war, S hätte uns durchschaut gehabt."

Der Zeuge hat als maßgeblichen Grund für seine frühere Belastung von S den psychischen Druck, dem er bei der Betriebsprüfung ausgesetzt war, und die damit einhergehende subjektive Vorstellung, S wisse Bescheid und lasse sie gewähren, genannt, wodurch er sich selbst wiederum eine gewisse Beruhigung verschafft und eingeredet habe. Der Zeuge erklärte hierzu am 13.05.2004:

"Es wäre zu einfach, anzunehmen, ich hätte S aus Rache belastet. Es war so, dass ich bei meiner Vernehmung ziemlich erregt war. Es wurden vor dieser Aussage in den Vernehmungen seitens des Herrn S krumme Fragen gestellt, danach habe ich so reagiert. Nachdem ich wieder in meine Zelle gebracht worden war, überlegte ich mir, ob es wirklich so war. Oder ob ich es mir "zusammengestrickt" habe, sozusagen aus Selbstschutz. Ich tat mich dann persönlich sehr sehr schwer, versuchte, mich an Gespräche zu erinnern. Die Frage der Verteidigungsstrategie spielte bei alledem nur eine untergeordnete Rolle..."

Die Kenntnis Ss vom Betrugssystem der FlowTex- Gruppe ist danach auf Grund der Bekundungen des Zeugen Kleiser nicht bewiesen, im Gegenteil spricht einiges dafür, dass die später vor dem Landgericht Mannheim am 13.05.2004 gemachten Aussagen der Wahrheit entsprechen. Der Zeuge Kleiser war zum Zeitpunkt seiner Vernehmung durch das Landgericht schon rechtskräftig verurteilt und blieb trotz Hinweises des Staatsanwalts auf ein neues Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung, das im Anschluss an seine Vernehmung auch eingeleitet worden ist, bei seiner den Betriebsprüfer S in Bezug auf dessen Kenntnis vom Verkauf nicht existierender HBS entlastenden Aussage. Außerdem ist kein Motiv erkennbar, warum der Zeuge Kl. S. hätte entlasten sollen. Der Zeuge konnte wegen des neu eingeleiteten Strafverfahrens wegen falscher Verdächtigung weder mit Hafterleichterungen noch sonstigen Vergünstigungen im Vollzug rechnen, sondern musste im Gegenteil eher um seine vorzeitige Haftentlassung nach 2/3 Verbüßung seiner Strafe fürchten.

Hinzu kommt weiter, dass die Zeuginnen Ts und Th, die am 13.05.2004 an der Vernehmung des Zeugen Kleiser teilgenommen haben, anlässlich ihrer Vernehmungen durch den Senat (Protokoll Senat vom 26.01.2007: Zeugin Ts, S. 1ff = II 3049; Protokoll Senat vom 26.01.2007: Zeugin Th, S. 3ff = II 3051ff) angaben, Kleiser sei trotz des Hinweises auf ein neues Ermittlungsverfahren und der Angst, seine Vollzugslockerungen zu verlieren, dabei geblieben, dass seine früheren Aussagen objektiv falsch gewesen seien. Die Zeugin Ts bekundete, auf den Vorhalt einer strafrechtlichen Verfolgung wegen falscher Anschuldigung sei eine sehr emotionale Reaktion von Kleiser erfolgt. Der Zeuge sei in Tränen ausgebrochen und habe erklärt, er wolle hier doch nur die Wahrheit sagen und erwarte bzw. habe bereits Vollzugslockerungen, die er deshalb gefährdet sehe. Der Zeuge Kleiser habe dann nochmals betont, dass seine früheren Aussagen objektiv falsch gewesen wären.

Die Zeugin Th konnte auf Grund ihrer Aufzeichnungen über die Vernehmung am 13.05.2004 auch berichten, das Ganze wäre aus der Sicht des Zeugen ein "konstruktives Theaterspiel" gewesen. Kleiser habe als Motiv für seine früheren, anderslautenden Bekundungen angegeben, er selbst habe damals (gemeint frühere Vernehmungen) sich die Sache irgendwie gut geredet mit der bei ihm damals jedenfalls verfestigten Auffassung, S wisse schon etwas. Das habe ihm - Kleiser - eine gewisse Beruhigung verschafft. Tatsächlich habe es nach den Bekundungen des Zeugen Kleiser jedoch keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Kenntnis von S gegeben. Auf Vorhalt seiner früheren Angaben habe der Zeuge angeben, er habe damals keine Zeit zum Nachdenken gehabt. Er habe in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass er bei den ersten Vernehmungen sich gewundert habe, dass S so "krumme" Fragen stelle, wo man davon ausgegangen sei, dass er diese Dinge wisse. Er, der Zeuge, habe damals noch in dieser Welt gelebt, wo er sich zum Selbstschutz diese Vorstellungen gemacht habe.

Der Zeuge Kleiser hat nach den Angaben der Zeugin Th damit nicht nur eine plausible, sondern auch verständlich begründete Erklärung dafür abgeben, warum er S zunächst belastet hat. Der Zeuge Kleiser ging nach seiner Einlassung vor dem Landgericht und den hiermit übereinstimmenden Angaben der Zeugin Th nur in seiner Vorstellung quasi als Selbstschutz davon aus, S wisse auf Grund seines Verstandes und seines analytischen Denkens, was laufe, ließe sie (FlowTex- Gruppe) aber weiter machen, was ihm ein Gefühl der Sicherheit vermittelt habe. Als Erklärung für sein früheres Verhalten hat der Zeuge Kleiser am 13.05.2004 (Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166, S. 197) wörtlich angeben:

"Wenn ich gefragt werde, ob meine Aussage vom 27.06.2000 richtig ist, S habe sicherlich größenordnungsmäßig "erkannt", ob er das bis auf die letzte Maschine erkannt habe, müsse nicht unbedingt sein, so sind wir wieder am gleichen Punkt gelandet. Ich hatte das Gefühl, vielleicht weiß er was. Die internationale Prüfung funktionierte ja recht gut. Tatsächlich weiß ich keine konkreten Anknüpfungspunkte zu benennen, weshalb Herr S den Fehlbestand "erkannt" haben soll. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich während der Betriebsprüfung hochgradig sensibilisiert war. Wenn Herr S freundlich gegrüßt hat, so kann dies sicherlich Anstand gewesen sein. Ich deutete es so, dass er das, was wir machen, letztlich billigt."

Auf Vorhalt:

Es wäre zu einfach, anzunehmen, ich hätte Herrn S aus Rache belastet. Es war so, dass ich bei meiner Vernehmung ziemlich erregt war. Es wurden vor dieser Aussage in den Vernehmungen seitens des Herrn S krumme Fragen gestellt, danach habe ich so reagiert. Nachdem ich wieder in meine Zelle gebracht worden war, überlegte ich mir, ob es wirklich auch so war. Oder ob ich es mir "zusammengestrickt" habe, sozusagen aus Selbstschutz..."

Danach hat der Zeuge Kleiser damals, insbesondere bei der Vernehmung durch den Zeugen Dr. Ho noch "in dieser Welt gelebt", in der er sich zum Selbstschutz vorgestellt hat, S wisse etwas von den Luftgeschäften. Erst später hat der Zeuge festgestellt, dass es für seine subjektive Annahme von der Kenntnis des Prüfers vom Betrugssystem keine Belege, Äußerungen oder sonst überprüfbaren Anhaltspunkte gab. Diese Erklärung des Zeugen passt zu seinen früheren Angaben, die zu der Frage der Kenntnis Ss vom Betrugssystem auf bloßen Annahmen, Vermutungen und - wie oben bereits ausgeführt - reinen Schlussfolgerungen des Zeugen beruhten.

Die Klägerin führt weiter aus, das Landgericht habe bei seiner Analyse, wonach Kleiser seine früheren belastenden Aussagen eindeutig widerrufen und als objektiv unrichtig bezeichnet habe, übersehen, dass Kleiser die späteren Aussage, insbesondere die vom 13.05.2004 nicht vorbehaltlos gemacht habe. Dieser habe nämlich anlässlich seiner Vernehmung vom 13.05.2004 (Vernehmung Landgericht Mannheim vom 13.05.2004, Anlage K 166) angegeben:

"Ich kann nach 7, 8, 9 Jahren nicht mehr alles genau zeitlich einordnen. Ich befinde mich nunmehr mehr als 4 Jahre in Haft und habe in der zurückliegenden Zeit versucht, Abstand zu gewinnen. Nach der zeitlichen Einordnung fällt mir sicher auch die faktische Zuordnung schwer".

Mit dieser Passage beginnt die Vernehmung des Zeugen Kleiser. Sie enthält nur eine zeitliche Einordnung und Orientierung durch den Zeugen, gibt aber nichts dafür her, dass der Zeuge seine dann folgenden, S entlastenden Angaben, er stelle noch einmal klar, dass die Belastung des Herrn S durch ihn objektiv unrichtig sei und wäre, unter Vorbehalt gestellt hätte.

Soweit sich die Klägerin auf die Angaben des Zeugen Dr. Ho anlässlich seiner Vernehmungen durch den Senat (Protokoll Senat vom 22.01.2007 und 26.01.2007: Zeuge Dr. Ho, II 3017 - 3029 und II 3057 - 3059) beruft, lässt sich auch hieraus nicht die Überzeugung gewinnen, dass nur die früheren, den Prüfer teils durchaus belastenden Angaben des Zeugen Kleiser zutreffen. Der Zeuge Dr. Ho vermochte nur wiederzugeben, was ihm von Kleiser bei seinen von ihm geführten Vernehmungen geschildert worden ist. Der Zeuge Ho gab an, dass die Bekundungen des Zeugen Kleiser für ihn nachvollziehbar und auch glaubhaft erschienen, und hat zur Untermauerung seiner Einschätzung und Bewertung der Zeugenaussagen Kleiser auf seine Kenntnisse der Aussagepsychologie hingewiesen. Auch hier kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die früheren Angaben des Zeugen Kleiser - wie oben ausgeführt - im Wesentlichen nur seine subjektiven Eindrücke und Vorstellungen ohne greifbare Anhaltspunkte zur Kenntnis Ss enthalten. Bei den Vernehmungen, in denen Kleiser seine früheren Aussagen widerrufen hat, ist Oberstaatsanwalt Ho nicht anwesend gewesen. Er konnte deshalb hierzu, insbesondere zum Inhalt und den einzelnen Umständen der Vernehmungen sowie zu dem persönlichen Eindruck, den der Zeuge Kleiser hierbei hinterlassen hat, keine Angaben machen.

In seiner Vernehmung vor dem Senat am 22.01.2007 (Protokoll Senat vom 22.01.2007: Zeuge Ho, S. 7 = II 3029) gab der Zeuge Dr. Ho weiter auch an, er habe Kleiser nach einer Vernehmung als Zeuge in einem anderen Ermittlungsverfahren auf dessen Aussage vor dem Landgericht vom 13.05.2004 angesprochen und gefragt, warum er im Zwischenverfahren diese von seinen früheren Angaben abweichende Darstellung zur Kenntnis des Betriebsprüfers S gegeben habe. Die hierauf vom Zeugen Kleiser als Grund für sein wechselndes Aussageverhalten gegebene Erklärung, er habe um seine 2/3 Entlassung aus der Strafhaft gefürchtet, führt zu keiner anderen Beurteilung der Angaben des Zeugen Kleiser. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Senats zur Bewertung der Aussagen des Zeugen Dr. Ho verwiesen (unten zu (1.3)).

Für die Behauptung der Klägerin von der Kenntnis des Prüfers vom Betrugssystem ergibt sich auch nichts anderes aus der in diesem Zusammenhang von der Klägerin zitierten Bekundung des Zeugen Rechtsanwalt Rainer Ku anlässlich seiner Vernehmung vom 13.02.2001 (Anlage B 126 S. 23 und 24; Kläger Schriftsatz vom 22.12.2006 S. 118 = II 301; Beklagtes Land Schriftsatz vom 28.04.2006 S. 137 = II 751) , wonach Rechtsanwalt Ku von den Vorwürfen gegenüber S, dass dieser bereits durch die Betriebsprüfung 1996 von Luftgeschäften gewusst habe, erstmals in dem Telefongespräch am Dienstag, 01. Februar 2000 erfahren habe. Wörtlich gab der Zeuge Ku, der sich im Berufungsverfahren zu Recht auf sein Zeugnisverweigerungsrechtgemäß § 383 Nr. 6 ZPO berufen hat, bei seiner früheren Vernehmung vom 13.02.2001 (Vernehmung Zeuge K vom 13.02.2001, Anlage B 126, S. 24) an:

"Von den Vorwürfen gegenüber Herrn S, dieser habe bereits durch die Betriebsprüfung 1996 von Luftgeschäften gewusst, habe ich erstmals in dem Telefongespräch am Dienstag, den 01. Februar 2000 erfahren, und zwar von Herrn Kleiser..."

Dieser Aussageteil aus der Vernehmung des Zeugen ist allerdings - worauf das beklagte Land zutreffend hinweist - verkürzt dargestellt und schon aus diesem Grund kein ausreichender Beleg für die Kenntnis Ss und damit ebenfalls nicht weiterführend. Denn der Zeuge Ku hat bei der gleichen Vernehmung vom 13.02.2001 (Vernehmung Zeuge K vom 13.02.2001, Anlage B 126, S. 23) auch angegeben:

"Ich habe nach dem Verlauf der Betriebsprüfung keinerlei Anhaltspunkte, dass Herr S oder auch die Herren Bl und Ga oder auch andere Finanzbeamte zu irgendeinem Zeitpunkt über Luftgeschäfte und deren Vertuschung mit Herrn Schmider und Herrn Kleiser gesprochen haben. Ich kenne die Aussagen der Herren Schmider und Dr. Kleiser in ihren staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen und kann diese aus eigener Kenntnis des Sachverhalts in keiner Weise bestätigen. Ich kann mir offen gestanden auch überhaupt nicht vorstellen, dass solche Vorwürfe gegen Herrn S berechtigt sein könnten."

Die Gesamtschau der Aussagen des Zeugen Kleiser in den verschiedenen Vernehmungen ergibt, dass diese sich zu einem großen Teil mit den Abläufen der Betriebsprüfung befassen und die Aussageteile, die S belasten, nur subjektive Annahmen und Schlussfolgerungen beinhalten. Konkrete Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Prüfers vermochte der Zeuge Kleiser hingegen nicht zu nennen. Insbesondere kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zeuge Kleiser - worauf das beklagte Land zutreffend hinweist - zwar in seinen ersten Aussagen die von S festgestellte belegmäßige Diskrepanz von HBS erwähnt hat, ohne aber auf die den Betriebsprüfern hierfür gegebene Erklärung der geheimen Auslandsproduktion und den FlowMole- Prozess einzugehen. Diese Vorgänge und Erklärungen gegenüber den Prüfern für das "Belegloch" hat der Zeuge Kleiser erst bei seiner Vernehmung vom 13.05.2004 (Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166, S. 195) genannt. Auch aus diesem Grund vermögen die Aussagen des Zeugen Kleiser den Vorwurf der Klägerin gegenüber dem Betriebsprüfer S nicht zu stützen. Es spricht vielmehr - wie ausgeführt - vieles dafür, dass die S entlastenden Angaben durchaus der Wahrheit entsprechen, wonach sich die Kenntnis Ss vom Betrugssystem nur in der Vorstellungswelt des Zeugen Kleiser abgezeichnet hat.

(1.2)Aussage Manfred Schmider:

Dass S darüber hinaus auch Kenntnis davon hatte, dass das FlowTex- Finanzierungssystem im Wesentlichen auf dem Verkauf nicht existenter Maschinen beruhte, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, jedenfalls nicht mit der für eine Überzeugungsbildung des Senats erforderlichen Sicherheit aus den früheren Bekundungen des Zeugen Schmider anlässlich seiner verschiedenen staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen, ebenso nicht aus den Äußerungen gegenüber seinen Zelleninsassen, den Zeugen Jörg Dn und Claus an der Hn.

Aussage am 31.03.2000 (Vernehmung vom 31.03.200 Anlage K 7/206, S. 28 -31) :

Die Klägerin vertritt auch im Berufungsverfahren weiterhin die Auffassung, dass Schmider und Kleiser in ihrer Vernehmung vom 31.03.2000 den Basissachverhalt zu der Kenntnis und Einflussnahme von S eingeräumt und glaubhaft geschildert hätten. Es handelt sich hierbei um die Passage auf Seite 28 - 30 der Vernehmung, in der Schmider und Kleiser S und die Finanzverwaltung der Mitwisserschaft bezichtigt haben.

Ausweislich der Vernehmung vom 31.03.2000 hat sich Schmider mit den Worten, "Das, was der Herr Kleiser sagt, entspricht der Wahrheit", den Ausführungen von Kleiser angeschlossen und darüber hinaus die Aussagen von Kleiser mit Angaben zu einem S übergegebenen Strategiepapier ergänzt und einzelne, mit S unmittelbar vor der Aufdeckung des Betrugssystems in der Zeit ab 30.01.2000 bis 03.02.2000 geführte Telefongespräche geschildert.

Den Bekundungen des Zeugen Kleiser in der Vernehmung vom 31.03.2000, die von Schmider geteilt wurden, lässt sich für eine Kenntnis Ss von der Nichtexistenz der HBS nichts an überprüfbaren Fakten und konkreten Anhaltspunkten entnehmen. Kleiser begründet seine in der Vernehmung vom 31.03.2000 erstmals angesprochene Mitwisserschaft Ss vom Betrugssystem im Wesentlichen nur mit subjektiven Einschätzungen und Schlussfolgerungen. Der Zeuge Kleiser behauptet in seiner Aussage an keiner Stelle, dass S von Schmider oder ihm auf das Fehlen der HBS hingewiesen worden wäre, sondern stellt mit den Worten u. a. "Im Rahmen der ersten Betriebsprüfung wurde mir und sicherlich auch Manfred Schmider durch die Äußerungen von Herrn S klar, dass die Finanzprüfung und sicherlich auch die hinter den Finanzprüfern stehenden Vorgesetzten Kenntnis davon haben, dass zumindest ein Teil der Leasingverträge fingiert ist."... sowie "muss ihm (gemeint S) klar gewesen sein.." lediglich seine Sicht und subjektive Beurteilung der Dinge dar. Im übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Senats zu der Aussage Kleiser verwiesen.

Auch die Äußerungen Schmiders (Vernehmung Schmider - Kleiser vom 31.03.2000, Anlage K 7 /206, S. 31ff) in der Vernehmung vom 31.03.2000, der die Angaben des Zeugen Kleiser in der weiteren Folge der gemeinsamen Vernehmung noch ergänzt hat, stützen die Behauptung der Klägerin zur Kenntnis des Prüfers vom Betrugssystem nicht. Die Aussagen des Zeugen Schmider stellen zunächst auf ein Konzept ab, das S zur Überprüfung überlassen worden war und bei dem es sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des beklagten Landes um ein Papier zur mittelfristigen Finanzplanung des Unternehmens gehandelt hat, das S nach dem weiteren Vorbringen des beklagten Landes geradezu aufgedrängt worden sein soll.

Aussage am 21.06.2000 (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 21.06.2000, Anlage K 167 = B 124, S. 2) :

Die von Dr. Ho geleitete Vernehmung beginnt mit folgender Passage:

"Sie wissen sicherlich aus Ihren Gesprächen mit Ihren Verteidigern, dass es für die Strafzumessung von Bedeutung ist, wenn Sie Geständnisse ablegen zu Themenbereichen aber auch zu Personen, die bisher seitens der Ermittler noch nicht als Täter und Beschuldigte erkannt bzw. eingetragen worden sind. Wir sind derzeit noch nicht in der Lage, bezüglich weiterer Mittäter komplette Sachbeweise zu führen. Insofern steht Ihnen der Weg, durch freimütige Geständnisse zu erreichen, dass zu Gunsten der Strafzumessung ein rechtzeitiges Geständnis in die Waagschale geworfen werden kann, noch offen. Dies schicke ich zum Verlauf der Vernehmung des heutigen Tages allgemein voraus."

Der Zeuge Schmider äußerte sich sodann zunächst zu der Frage der Vorfinanzierung von HBS und der Kenntnis Ss hiervon und geht anschließend auf die Frage des Nachweises der Maschinen ein sowie seinen von sich aus unterbreiteten Vorschlag, ein internationales Wirtschaftsunternehmen zu beauftragen, die Maschinen im Ausland zu testieren.

Dass die Problematik der Vorfinanzierung von HBS vom Prüfer S tatsächlich erkannt worden war, ist bestritten und von S anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 22.12.2006, S. 2 = II 2885) ausdrücklich in Abrede gestellt worden. Den Angaben Schmiders zu Grund, Einleitung und Durchführung des WP- Testatverfahrens mit Hilfe des Mitarbeiters Thomas Rd lässt sich nichts im Hinblick auf eine Kenntnis Ss von hiermit einhergehenden Manipulationen - Verschieben der HBS in die einzelnen Länder, Austausch der Typenschilder - entnehmen. Im Gegenteil spricht die weitere Bekundung des Zeugen Schmider dafür, dass die Bemühungen um die Testate im Ausland gerade auch das Ziel hatten, die Betriebsprüfer über das Fehlen der HBS zu täuschen:

"Ohne Herrn Rd wäre also das Ganze gar nicht gegangen, ohne ihn und diese Verschleierung wären wir mit FlowTex bereits 1996 an die Wand gefahren." (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 21.06.2000, a. a. O., S. 3)

Auf S. 8 der Vernehmung vom 21.06.2000 kommt Schmider von sich aus nochmals auf den Nachweis der Systeme zurück und gibt hierzu an:

"Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die Systeme, die 1996 gegenüber den Betriebsprüfern nachgewiesen worden sind. Ich bin also auf Herrn Rd zugekommen und habe ihm gesagt, Du, wir haben da ein großes Problem. Wir müssen in verschiedenen Ländern Maschinen nachweisen, die dort körperlich vorhanden sein müssen, dazu brauchen wir ein Treuhandbüro, das dies in den einzelnen Ländern durchführen lässt und koordiniert und die gesamte Prüfung, meine ich , koordiniert. [...] Es war so, dass der Aufbau der ausländischen Firmen allein von Herrn Rd bewerkstelligt wurde, aber die Organisation, dort Maschinen hinzuschaffen und zu plakatieren bzw. mit Typen schildern zu versehen, wurde von Herrn Dr. Kleiser ausgeführt. [...] Ich weiß nicht, ob sie sich das vorstellen können, ich war nach der Prüfung 1996 fertig, ich wollte nicht mehr, ich wollte nur noch raus aus diesem Schlamassel."

Dieser Teil der Aussage von Schmider belegt anschaulich, dass große Anstrengungen unternommen wurden, um den von den Betriebsprüfern geforderten Systemnachweis zu erbringen. Außerdem zielten die Anstrengungen insbesondere auch darauf ab, die Betriebsprüfer über das Vorhandensein der HBS zu täuschen. An keiner Stelle der Bekundungen des Zeugen Schmider klingt eine Mitwisserschaft des Prüfers S an. Im Gegenteil geht aus dem letzten Teil der angeführten Aussage vielmehr mit Klarheit hervor, dass Schmider bis zum Ende der Betriebsprüfung 1996 große Angst vor einer Entdeckung der Betrugstaten hatte.

Auf die Person des Betriebsprüfers S kommt Schmider in der Vernehmung vom 21.06.2000 noch einmal im Zusammenhang mit der so genannten "Asset- Strategie", im Hinblick auf das mit dem Zeugen Bu geführte Gespräch und zur Frage des Nachweises der Maschinen für die in 1999 anstehende Betriebsprüfung zu sprechen. Die Bekundungen zu der Heilungsstrategie (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 21.06.2000, a. a. O., S.9) und dem Gespräch mit Bu ergeben keinen Hinweis auf eine Kenntnis Ss vom Betrugssystem, sondern bestätigen nur die Weitergabe des "Sanierungsplans" an S. Außerdem spricht Schmider nur von Vermutungen Ss in Bezug auf das Gespräch mit Bu, um an anderer Stelle seiner Vernehmung zu bestätigen, dass er den Inhalt des Gesprächs zwischen S und Bu nicht gekannt habe. Außerdem stellt Schmider klar (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 21.06.2000, a. a. O., S. 17) , er habe Bu im Anschluss an das Gespräch mit S gesagt, dass Maschinen finanziert worden seien, die es nicht gebe. Eines solchen Hinweises hätte es in dieser Eindeutigkeit nicht bedurft, wenn Bu aus dem Gespräch mit S über das Fehlen von Maschinen bereits informiert gewesen wäre.

Die Klägerin kann auch nichts aus folgender Passage der Vernehmung vom 21.06.2000 für die behauptete Kenntnis vom Betrugssystem herleiten:

"In 1993 und 1994 hat man Maschinen finanziert, die es damals nicht gab. Nach 1996 waren sie dann da, damit der Herr S, wenn er vielleicht 1999 wiederkommen würde, zumindest für die Jahre 1994 bis 1996 die entsprechende Anzahl und Maschinen auch vorfinden würde. Es war damals ja eigentlich klar, dass wir bei einer etwaigen 99iger Betriebsprüfung immer noch fehlende Maschinen hatten, das wusste sowohl der Herr S als auch ich, aber von hinten her - zeitlich betrachtet - musste die Wunde geschlossen werden." (Vernehmungsprotokoll vom 21.06.2000, a. a. O., S. 29.)

Der Zeuge Schmider spricht hier zwar die Kenntnis Ss vom Fehlen der HBS an. Fakten oder sonstige Anhaltspunkte wie überprüfbare Belege und Unterlagen weiß der Zeuge aber auch an dieser Stelle seiner Bekundungen nicht anzugeben. Die Aussage ist zudem widersprüchlich, worauf das beklagte Land zutreffend hinweist. Im ersten Teil der Aussage wird darauf abgestellt, dass die fehlenden Maschinen dann nach 1996 für das Jahr 1999 da waren. Im zweiten Teil der Aussage wird dies wieder angezweifelt, wenn dort als klar hingestellt wird, dass bei einer etwaigen Prüfung in 1999 es immer noch fehlende Maschinen gab und S dies gewusst haben soll.

Aussage am 13.07.2000 (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 13.07.2000, Anlage K 21 = BB 23) :

Die Klägerin führt als weitere Stütze für ihre Behauptung der Kenntnis des Prüfers S vom Fehlen der HBS in 1996 und der Unterstützung des Systems für die Begehung zukünftiger Betrugstaten folgende Passage aus der Vernehmung Schmiders an:

[...]

Auf Frage von Herrn KOK E:

In den Jahren 1994 und 1995 sind Barabhebungen von DM 3,4 Mio. feststellbar.

Antwort:

Ich kann nicht mehr sagen, was mit diesem Bargeld geschehen ist, fragen Sie den Herrn S, mit dem habe ich das alles erörtert. Damit Sie das verstehen: S war 1996 da und hat geprüft bis einschließlich dem Jahr 1993. Nachdem der Herr S uns im Prinzip erklärt hat, was wir gemacht haben, Herr S hat das ja komplett aufgerollt, hat er uns beim Schluss der Prüfung gesagt, es würde ja keinen Sinn machen, uns jetzt lupfen zu lassen - das sind seine Worte - um uns bei der nächsten Prüfung dann zu exekutieren. Auch dies ist die Wortwahl von Herrn S. Er sagte mir, wenn er wieder kommt zur nächsten Prüfung für die Jahre 1994 bis 1996, er natürlich weiß, dass Dinge, die bereits vergangen sind, nicht mehr repariert werden können, er die Prüfung insofern noch einmal in der gleichen Art abnehmen könne, aber wir ihm versprechen mussten, dass wir für die Zukunft alles daran setzen, um aus den Leasingfinanzierungen herauszukommen. Damit erklärt sich eigentlich, wir haben teilweise in 1996 Dinge besprochen die in 1994 bis 1996 bei FlowTex gelaufen sind, obwohl sich der Prüfungszeitraum darauf nicht erstreckte. Und da kommen wir jetzt wiederum zu Ihren angefragten Zahlungen, die Zahlungen waren ja zu diesem Zeitpunkt 1996 schon gelaufen und da haben wir uns generell darauf geeinigt, wenn wiederum Barzahlungen zu verbuchen sind, dass wir die generell als Privatentnahmen buchen, auch die entsprechende Steuer bezahlen, um jeglicher Diskrepanz bei der nächsten Prüfung aus dem Wege zu gehen." (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 13.07.2000, Anlage K 21, S. 15 = BB 23, S. 10)

Die Aussage des Zeugen Schmider lässt verschiedene Deutungen zu und ist kein Beweis für eine Kenntnis Ss vom Betrugssystem. Zudem wird mit der Äußerung zum Ausdruck gebracht, dass S davon ausgeht, dass eine in der Vergangenheit gepflogene schlechte Übung zukünftig nicht fortgesetzt wird. Mit der Kenntnis oder dem billigenden Inkaufnehmen einer fortdauernden Betrügerei lässt sich dies kaum vereinbaren. Der Zeuge spricht nicht ausdrücklich vom Fehlen von Maschinen, sondern schildert das, was S ihnen damals sozusagen als Ergebnis der Betriebsprüfung erklärt haben soll. Auch der angebliche Hinweis des Prüfers darauf, dass ein "Lupfen" jetzt keinen Sinn mache, kann eine Andeutung für eine Kenntnis vom Fehlen von Maschinen gewesen sein, er kann aber auch nur Ausdruck dafür gewesen sein, dass der Betriebsprüfer sich mit diesen Worten nur auf die schon mehrfach gerügte mangelhafte Buchhaltung bezog. Auch die Passage, wonach S gesagt haben soll, er nehme die Prüfung noch einmal in der gleichen Weise ab, ist kein klarer und eindeutiger Beleg für die Kenntnis vom Betrugssystem. Auch dieser Aussageteil kann möglicherweise nur bedeuten, dass die für die Jahre 1993 erst im Jahre 1996 und 1997 aufgedeckten Mängel der Buchführung nur für die Zukunft einer Änderung zugeführt werden konnten.

Die Aussage des Zeugen Schmider belegt somit schon aus sich heraus die Kenntnis des Prüfers vom Betrugssystem nicht. Selbst für bedingten Vorsatz gibt sie nichts her. Der Zeuge S hat zudem vor dem Senat nur bestätigt, dass Gespräche über Fragen der Buchführung, nicht aber über fehlende HBS den Hintergrund für die Aussage des Zeugen Schmider gebildet haben könnten. Der Zeuge S hat anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat vom 11.12.2006 (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. 12 = II 2659) auf ausdrücklichen Vorhalt des oben wiedergegebenen Teils der Vernehmung Schmiders eine solche Aussage mit den Worten, er habe so etwas zu Herrn Schmider nicht gesagt und auch nicht angedeutet, in Abrede gestellt. Seines Erachtens sei beim Zeugen Schmider im Hinterkopf gewesen, dass sie (gemeint die Betriebsprüfer) natürlich im Jahr 1999 und 2000 Ermittlungen (nach der Existenz der Systeme) angestellt hätten. Ferner dürfte bei Herrn Schmider noch im Hinterkopf gewesen sein, dass sich für die Prüfer herausgestellt hätte und zwar im Jahr 1996, dass bis dahin die Finanzbuchhaltung ungenügend gewesen wäre. Es könne durchaus sein, dass er Herrn Schmider damals bedeutet habe, dass bei gleicher Unordnung, die sie dann bei der Betriebsprüfung vorfinden würden, sich dieselben Probleme wieder stellen könnten. Der Zeuge S gab weiter an, es könne auch sein, dass er wegen der schon abgelaufenen Zeit des nächsten Prüfungszeitraums, nämlich den Jahren 1994 und 1995, erklärt habe, hier könne sicherlich nichts mehr geändert werden. Es könne auch sein, dass er damals Schmider auch bedeutet habe, dass ab 1996 Ordnung in diese Unterlagen gebracht werden müsse. Es könne weiter auch sein, dass in diesem Zusammenhang von Schmider der Einwand gekommen sei, er könne doch jetzt für die Vergangenheit nichts mehr reparieren. Diese Wertung erscheint dem Senat nicht unplausibel.

Soweit S dem Zeugen Schmider das Versprechen abgenommen haben soll, "aus den Leasingfinanzierungen herauszukommen", ist die Aufforderung des Prüfers bestritten und von ihm bei seiner Vernehmung durch den Senat - wie oben bereits festgehalten - ein solcher Rat verneint worden. Anderseits ist auch dieser Aussageteil kein Beleg für eine Kenntnis vom Verkauf nicht existenter HBS, sondern kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die Prüfer den Zahlungsfluss und die Finanzierung der Leasingraten über den Verkaufserlös - wie ausgeführt - erkannt und für ein dauerhaftes, insbesondere wirtschaftliches Arbeiten nicht für sinnvoll erachtet hatten und alleine deshalb auf eine Beendigung dieser Art der Finanzierung zu sprechen gekommen waren. Eine klare und eindeutige Interpretation im Sinne der Klägerin erlaubt all das jedenfalls nicht.

Aussage am 19.09.2000 (Vernehmungsprotokoll Schmider vom 19.09.2000, Anlage K 128, S. 5) :

In der Vernehmung vom 19.09.2000 geht Schmider nochmals auf die Zahlungsvorgänge ein und stellt darauf ab, dass S - wie schon in der Vernehmung vom 13.07.2000 anklingt - den Aufbau von Strukturen gefordert habe:

"Der Herr S hat uns am Ende der Prüfung 1996 ans Herz gelegt, Strukturen aufzubauen für die nächste Prüfung, bei denen wirkliche Zahlungsvorgänge in Deutschland ablaufen und gebucht werden, d. h. dass nicht mehr nur Zahlungen von KSK an FlowTex gebucht werden, sondern dass von Servicestationen echte Eingänge da sind. Mit ans Herz gelegt meine ich, Herr S hat von uns erwartet, er hat uns aufgefordert bis zu seiner wiederkehrenden Prüfung die Strukturen zu schaffen. In 1996 war es ja so, dass keine Gelder geflossen sind, wenn man von KSK absieht. Wir hatten uns ja damals gegenüber Herrn S eingelassen, die Zahlungen würden erst 1998 beginnen. Als die 45 Maschinen überprüft worden sind, haben wir ja gesagt, die Umsätze waren alles Auslandsumsätze, Inlandsumsätze beginnen erst ab 1998. Jetzt mussten wir diese Strukturen, die wir mit Herrn S abgesprochen hatte, irgendwann aufbauen."

Schmider spricht hier wieder die Zahlungsflüsse zwischen KSK und FTI an, die von den Betriebsprüfern beanstandet und auch im Prüfungsbericht der FTI vom 29.12.1997 (Prüfungsbericht FTI, Anlage K 7/3, S.4) unter zu 1.1 festgehalten worden waren. Auch diese Aussage Schmiders belegt nicht die Kenntnis Ss vom Betrugssystem, sondern gibt nur wieder, dass Schmider für die in 1999 anstehende Prüfung bewusst war, dass für die gegenüber den Prüfern erst in 1998 avisierten Inlandsumsätze entsprechende Vorkehrungen getroffen werden mussten. Dass Schmider hier von "Strukturen, die wir mit Herrn S abgesprochen hatten", spricht, die aufgebaut werden mussten, kommt somit nicht zwingend die Bedeutung der Kenntnis vom Fehlen der HBS zu.

Nach Auffassung des Senats sind die Angaben des Zeugen Schmider schon für sich genommen nicht geeignet, den Nachweis der klägerischen Behauptung zu erbringen, S habe bereits in 1996, spätestens im März 1997 das Betrugssystem erkannt. Der Nachweis ist der Klägerin auch nicht unter Berücksichtigung der übrigen Beweismittel, wie etwa der Angaben der Zeugen Kleiser, Dn und an der Hn gelungen.

Der Zeuge Kleiser hat die Aussagen des Zeugen Schmider zu einer Kenntnis der Prüfer vom Betrugssystem bei seiner Vernehmung vom 03.06.2003 (Vernehmungsprotokoll Kleiser vom 03.06.2003, Anlage B 132, S.9, 10) im Ermittlungsverfahren gegen den Betriebsprüfer Vr vielmehr wie folgt bewertet:

"Die Behauptungen von Herrn Manfred Schmider, die OFD sowie alle anderen seien eingeweiht worden, teile ich nicht. Ich denke, diese Aussage ist aufgrund seiner persönlichen Vorstellungen im Rahmen der langen Haftzeit entstanden. Dies habe ich bereits oben schon mal gesagt."

Nach der Meinung des Zeugen Kleiser existierte die Mitwisserschaft der Betriebsprüfer somit nur in der Vorstellungswelt des Mittäters Schmiders.

Dafür, dass es für die Mitwisserschaft des Prüfers keine Belege oder sonstigen greifbaren Anhaltspunkte gab, spricht auch die Aussage des Verteidigers Schmiders, des Zeugen Dr. Sc, vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages am 12.11.2003 (Vernehmungsprotokoll Dr. Sc vom 12.11.2003, Anlage B 133, S. 51, 54) . Der Zeuge Dr. Sc, der wegen seines Zeugnisverweigerungsrechts vom Senat nicht erneut vernommen werden konnte, gab dort an, er habe seinerseits mit Schmider sehr intensiv die Frage diskutiert, ob die Betriebsprüfer Bescheid gewusst hätten, aber keine belastbaren Informationen erhalten. Der Zeuge Dr. Sc hat vor dem Untersuchungsausschuss u. a. wörtlich angegeben:

"...Ich habe gefragt: Wann, wo und mit wem sind solche Gespräche geführt worden? Und ich habe keine belastenden Informationen bekommen. Mir hat Schmider nie sagen können: "Mit Herrn S hab ich das und das an dem und dem Tag besprochen." Auch meine intensiven Fragen: "Haben Sie Herrn S in diesem Zusammenhang geschmiert?" sind immer eindeutig mit "Nein" beantwortet worden.."

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Aussagen des Zeugen Dr. Ho vor dem Senat berufen. Denn die Kenntnis des Betriebsprüfers S kann - wie unten unter zu (1.3) ausgeführt wird - auch nicht mit Hilfe der Bekundungen der Vernehmperson Dr. Ho auf Grund seines Eindrucks und seiner Einschätzung der Aussagen der Haupttäter festgestellt werden.

Ebenso rechtfertigen die Bekundungen der beiden Mithäftlinge von Schmider, der Zeugen C. der Hn und Jörg Dn, keine andere Bewertung der von Schmider gemachten Aussagen. Die Klägerin vertritt hingegen die Auffassung, dass die Bekundungen Schmiders gegenüber seinen Mithäftlingen zur Kenntnis Ss vom betrügerischen System und seiner Hilfestellung den Kern der klägerischen Behauptungen und auch die Glaubhaftigkeit der Aussagen Schmiders zu Beginn des gegen S geführten Ermittlungsverfahrens als im Kern richtig stützen.

Zwar gab der Zeugen an der Hn bei seiner Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 26.02.2007: Zeuge an der Hn, S. 3ff = II 3165ff) an, Schmider habe ihm erklärt, er habe bei seinem Tun eine so niedrige Hemmschwelle gehabt, weil er überzeugt gewesen wäre, dass ihm nichts passieren könne. Er, der Zeuge, habe auf Nachfrage mitbekommen, dass dieses Gefühl der Sicherheit bei Schmider dadurch hervorgerufen worden sei, dass jemand bei der OFD gewesen wäre, der die Bücher geprüft habe und der Einblick gehabt haben müsse und der gleichwohl nichts gegen Schmider unternommen habe. S habe die Sache letztlich nur platzen lassen, weil der anstehende Börsengang eine Nummer zu groß gewesen sei, sodass er Schmider angezeigt habe, was er noch am selben Abend bereut habe.

Der Zeuge an der Hn ist nur ein Zeuge vom Hörensagen und kann nur das wiedergegeben, was ihm von Schmider erzählt worden ist. Der Zeuge an der Hn betonte in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass er für den "Wahrheitsgehalt" der Angaben von Schmider nicht "garantieren" könne. Auch habe er eigene Schlüsse gezogen. Auffällig ist weiter, dass nach den Bekundungen des Zeugen an der Hn Schmider den Namen S erst erwähnte, als aus der Presse bekannt wurde, dass gegen S ein Verfahren wegen Bestechlichkeit eingeleitet worden war. Nach den Angaben des Zeugen an der Hn sprach Schmider bei seinen Beschuldigungen allgemein auch von der OFD. Insbesondere wurde von Schmider auch der Betriebsprüfer Vr namentlich genannt, mit dem die anfallenden Probleme abgeklärt und besprochen worden seien. Ein ganz erheblicher Teil der Angaben Schmiders gegenüber seinem Mithäftling befassen sich mit dessen Bekanntschaft und Umgang mit bekannten Politikern aus der Region, wie von dem Zeugen in seinem Aufschrieb (Aufschrieb Zeuge an der Hn, Anlage BK 5) festgehalten worden ist. Dieser Teil der Aufzeichnungen ist von angeblichen Geldgaben Schmiders an bekannte Politiker geprägt, die im Millionenbereich gelegen haben sollen.

Objektiv überprüfbare Belege oder sonstige objektive Anhalte für Letzteres sowie für die S belastenden Angaben wurden dem Zeugen an der Hn von Schmider nicht an die Hand gegeben. Rückschlüsse für die inhaltliche Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen Schmider gegenüber seinem Mithäftling an der Hn lassen sich auch nicht daraus ziehen, dass Schmider S schon früher, nämlich bei seinen staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen in ähnlicher Weise belastet hat.

Nichts anderes folgt aus den Angaben (Protokoll Senat vom 23.04.2007: Zeuge Dn, S. 1 ff = II 3235ff) des Mithäftling Jörg Dn. Bei den Angaben des Zeugen Dn handelt es sich ebenfalls nur um solche vom Hörensagen. Es dürfte im Großen und Ganzen zutreffen, dass Schmider sich in der von dem Zeugen geschilderten Art und Weise ihm gegenüber geäußert hat, wie dies der Zeuge Dn auch in seinen Handnotizen, die er seinen Angaben zufolge meistens sogleich im Anschluss an die Gespräche fertigte, festgehalten hat. Zwar war der Zeuge Dn davon überzeugt, dass Schmider ihm wahrheitsgemäß berichtete, was der Zeuge damit begründete, dass Schmider die Einzelheiten im Kopf gehabt, ihm genaue Summen genannt habe und auf Grund seiner Hinweise an die Staatsanwaltschaft aus den Berichten Schmiders ihm gegenüber sowohl ein Gemälde (Chagall) als auch ein Fahrzeug (Range Rover) aufgefunden werden konnten. Dennoch vermochte der Zeuge Dnn für die Kenntnis des Prüfers S keine entsprechenden Fakten oder objektiven Anhaltspunkte zu nennen. Insoweit konnte der Zeuge Dn wie der Zeuge an der Hn nur auf die Angaben Schmiders verweisen, die ihrerseits keine Tatsachen für eine Kenntnis des Prüfers von dem Betrugssystem enthalten, sondern sich in vagen Annahmen oder bloßen Drohungen ergehen, nämlich dass Schmider erklärt habe, wenn das mit den Haftbedingungen nicht besser werde, packe er demnächst einmal aus. So enthält auch die von der Klägerin als Indiz für die Kenntnis Ss vom Betrugssystem angeführte Gesprächsnotiz des Zeugen Dn vom 21.07.2005 (Auszug) (Gesprächsnotiz Zeuge Dn vom 21.07.2005, Anlage zum Protokoll Senat vom 23.04.2007, II 3259, 3261) keine konkreten Anhaltspunkte hierfür:

"....Manfred wurde kreidebleich als er die SWR-Nachrichten hörte!

Manfred erzählte mir daraufhin wieder einmal, wie S ihn damals telefonisch vor der bevorstehenden Verhaftung gewarnt habe, und das er Hr. S sehr viel zu verdanken habe in der Vergangenheit.

"Jetzt tue ihm S nur noch leid, aber er könne keine Falschaussage zugunsten von S machen, um ihn zu retten.

Das wäre nur vorher im Rahmen eines "Deals" (u.a. sofortige Lockerungen) möglich gewesen und das Land würde die Staatshaftungsklage nicht verlieren. Wenn er (Manfred) im S-Verfahren aussagen muss - wovon er nicht ausgeht da er sich selbst belasten müsse - dann verliert das Land die Staatshaftungsklage und einige Politiker bekommen nach noch große Schwierigkeiten."

- alles Manfred wörtlich -...."

Soweit der Zeuge Dn in der Gesprächsnotiz vom 21.07.2005 die Warnung durch S über die bevorstehende Verhaftung als Aussage Schmiders erwähnt, stimmt diese Passage nicht mit der früheren Einlassung Schmiders vor der Staatsanwaltschaft am 31.03.2000 (Vernehmung Schmider - Kleiser vom 31.03.2000, Anlage K 7/206, S. 32) überein. Dort berichtete Schmider über fünf Telefongespräche mit S, wobei in allen Fällen Schmider S angerufen haben will. Schmider leitete in seiner Aussage sodann unmittelbar zu dem ersten Telefonat mit S am 30.01.2000 über, bei dem es um den Erhalt und eine mögliche Erläuterung eines von Kleiser übergebenen Konzepts gegangen sein soll. Bei den anschließenden drei Telefonaten, die Schmider bis 01.02.2000 mit S geführt hat, soll S den Zeugen Schmider in verklausulierter Sprache von der bevorstehenden Aufdeckung des Betrugssystems in Kenntnis gesetzt haben.

Das beklagte Land bestreitet den Inhalt der von Schmider geschilderten Telefongespräche und führt aus, dass die Telefonate teilweise im Beisein der Kollegen während einer Besprechung bei der Steuerfahndung geführt worden seien, wobei S vor der Schwierigkeit gestanden habe, den Stand der Ermittlungen nicht zu verraten, andererseits aber Schmider nicht einfach zurückzuweisen, da ein solches Verhalten weitere Aufschlüsse ermöglicht hätte.

Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es allerdings insoweit nicht. Selbst wenn es Gespräche des behaupteten Inhalts zwischen S und Schmider gegeben haben sollte, würde dies nichts zum Beweis der Behauptung der Klägerin beitragen, S habe das Betrugssystem schon 1996 erkannt. Der Inhalt der Telefongespräche - so wie sie der Zeuge Schmider wiedergegeben hat - mag auf eine gewisse Nähe und auch Distanzlosigkeit des Prüfers zu dem Haupttäter hindeuten. Die Telefonate könnten auch getragen sein von der Befürchtung, mit dem eigenen Verdacht doch falsch zu liegen und damit großen Schaden anzurichten. Jedenfalls gibt dieses Verhalten keinen Aufschluss darüber, dass S das Betrugssystem schon 1996/1997 durchschaut hatte und aus diesem Grund im Jahr 2000 die Täter gewarnt haben könnte.

Dass der Zeuge Dn von Schmider über den tatsächlich erfolgten Kauf eines VW-Golfs und eines Laptops unterrichtet worden ist und hierbei auch das Auffinden einer quittierten Rechnung bei S Erwähnung gefunden hat, zeigt und belegt nur, dass sich zwischen Prüfer und Hauptverantwortlichen für das geprüfte Unternehmen ein über das Übliche hinausgehendes Näheverhältnis entwickelte hatte. Dennoch beweist auch dieser Umstand nicht die Kenntnis des Prüfers vom Betrugssystem. Denn das persönliche Verhältnis Schmiders zu dem Prüfer S kann auch nur Ausdruck dafür gewesen sein, dass Schmider im Laufe der Betriebsprüfung versucht hat, den Prüfer, von dem er glaubte, dieser könnte mehr wissen als er wirklich offenbarte, zufrieden zu stellen oder auf diese Weise ein angenehmeres Prüfungsklima zu schaffen.

Ausführungen zur Persönlichkeitsstruktur von Manfred Schmider unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Sch. in dessen Gutachten vom 25.06.2001 (Gutachten Prof. Dr. Dr. Sch., Anlage BB 21) erübrigen sich, weil auch die Bekundungen Schmiders gegenüber seinen Mithäftlingen für die klägerische Behauptung nicht weiterführend sind.

(1.3)Aussage Dr. Ho:

Weitere Indiztatsachen, die auf eine Mitwisserschaft des Betriebsprüfers S hindeuten, ergeben sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen Dr. Ho. Dr. Ho hatte als Staatsanwalt wiederholt gemeinsam mit den zuständigen Kriminalbeamten und weiteren Vertretern der Staatsanwaltschaft die Haupttäter Schmider und Kleiser im Jahr 2000 vernommen. An den ersten Vernehmungen hatten bis Ende März auf Seiten der Ermittler auch der Zeuge S und ein weiterer Beamter der Finanzverwaltung teilgenommen. Der Zeuge referierte den Gang der Vernehmungen und deren wesentlichen Inhalt, soweit Schmider und Kleiser auf den Zeugen S Bezug nahmen und über dessen angebliche Kenntnis des Betrugssystems sowie seine angebliche Bereitschaft berichteten, um einer Heilung des Systems willen, die Machenschaften der FlowTex- Verantwortlichen zu decken. Der Zeuge referierte auszugweise unter anderem die Vernehmungen vom 10.2.2000, 16.2. 2000, und 20.3.2000. Ausführlich berichtete er von der Vernehmung am 31.3.2000, bei der Schmider und Kleiser, nachdem S auf Bitten der Beschuldigten den Raum verlassen hatte, erstmals Angaben über die angebliche Verstrickung Ss und weiterer Beamter der Finanzverwaltung machten. Wiederum auszugsweise wurden die Vernehmungen der Haupttäter vom 21.6.200, 27.6.2000, 4.7.2000, 13.7.2000, 19.9.2000, 23.10.2000. 3.11.20000 und 24.1.2000 referiert. Der Zeuge konnte jedoch keine über den Inhalt der Protokolle hinausgehenden Tatsachenschilderungen der Haupttäter Schmider und Kleiser bekunden.

Allerdings konnte er die Vernehmungssituation plastisch schildern und - aus seiner Sicht wissenschaftlich, aus Sicht des Senats jedenfalls nachvollziehbar und plausibel - darlegen, weshalb er davon ausging, dass die beiden Haupttäter ihn nicht anlogen, also ihre wahre Überzeugung zum Ausdruck brachten. Einen Beleg dafür, dass deren Überzeugung aufgrund hinreichender Kenntnisse objektiver Umstände gewonnen worden war, vermochte auch der Zeuge Dr. Ho nicht zu benennen. Insbesondere stellte er klar, dass die Haupttäter auch ihm gegenüber nicht von einem "Einweihungsgespräch" berichteten und lediglich erklärten, die Kenntnis Ss habe sich sukzessive herausgebildet. Der Zeuge berichtete von Wendungen in der Darstellung der Zeugen wie "muss ihm klar gewesen sein", "tiefes Empfinden" und "bin sicher, dass wir das Plazet (von S) hatten". Nicht recht nachvollziehbar ist gerade in Bezug auf die letztgenannte Bemerkung die Aussage des Haupttäters Schmider, "sein Bruder habe eine höllische Angst vor S gehabt".

Dr. Ho bekundete ferner Zweifel an der Richtigkeit des Widerrufs der belastenden Angaben durch Kleiser. Er habe diesen auf seinen Sinneswandel angesprochen. Dies sei nach einer Vernehmung Kleisers in einem gegen weitere Beschuldigte des FlowTex- Komplexes geführten Ermittlungsverfahren gewesen. Der Zeuge berichtete hierzu (Protokoll Senat vom 22.01.2007: Zeuge Ho, S. 7 = II 3029) :

"Anlässlich einer solchen Vernehmung im Rahmen der Verabschiedung von Herrn Kleiser habe ich ihn darauf angesprochen, warum er im Zwischenverfahren diese gegenüber seinen früheren Aussagen abweidende Darstellung gegeben habe. Ich weiß nicht mehr genau, was er dann geantwortet hat. Ich weiß nur, dass er sich vor das Fenster gestellt hat und sinngemäß erklärte, er wisse nicht mehr, was er sagen soll. Er habe die Befürchtung gehabt, nicht nach 2/3 der Strafzeit entlassen zu werden, wenn er seine Belastung von Herrn S aufrecht erhalten werde."

Diese Bekundung steht nicht in jedem Falle in Widerspruch zu den Eindrücken, welche die Zeuginnen Ts und Th, die als Richterinnen Kleiser im Zwischenverfahren gegen den Angeschuldigten S vernommen haben, bekundet haben. Beide Zeuginnen schilderten die Vernehmungssituation am 13.5.2004 übereinstimmend als hoch emotional und für den Zeugen belastend. Kleiser sei zeitweise in Tränen ausgebrochen. Der anwesende Staatsanwalt habe ihm vorgehalten, dass seine jetzige Darstellung von früheren Angaben abweiche; ausdrücklich habe er darauf hingewiesen, dass er bei einer solchen Aussage verpflichtet sei, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, weil der Verdacht bestehe, dass Kleiser entweder S zu Unrecht beschuldigt habe oder aber bei der heutigen Vernehmung falsch aussage. Trotz des unmissverständlichen Vorhalts und obwohl Kleiser wegen des drohenden Ermittlungsverfahrens etwaige Vollzugslockerung gefährdet sah, blieb der Zeuge bei seiner Aussage, dass seine ursprünglichen Angaben objektiv falsch gewesen seien. Die Zeugin Ts konnte berichten, dass Kleiser durchaus einen Zusammenhang zwischen dem drohenden Ermittlungsverfahren und den von ihm befürchteten Nachteilen im Strafvollzug hergestellt habe. In diesem Kontext habe sie auch den emotionalen Ausbruch des Zeugen gesehen. Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass Kleiser durch eine in der Sache falsche Entlastung Ss Vollzugslockerungen erstrebt haben sollte, wenn er selbst noch während seiner Vernehmung am 13.05.2004 davon ausgehen musste, sich einem Ermittlungsverfahren auszusetzen und gerade dadurch - wie beim Hinzukommen weiterer Ermittlungsverfahren während der Haftzeit nicht unüblich - etwaige Vollzugslockerungen zu gefährden.

Vor diesem Hintergrund ist nicht ausgeschlossen, dass der Zeuge Dr. Ho entweder Kleiser missverstanden hat oder dass letzterer sich gegenüber dem erstaunten und offenbar auch enttäuschten Staatsanwalt, der bei seinen Ermittlungen auf dessen frühere Angaben gebaut hatte, für sein geändertes Aussageverhalten gleichsam rechtfertigen bzw., insoweit seine Ruhe haben wollte.

Letztlich ist diese Frage nicht zu klären und bedarf auch keiner Klärung, weil die widerrufenen ersten Angaben von Kleiser nicht geeignet sind, den Klagvortrag hinreichend zu belegen.

(1.4)Aussage Ne:

Das Landgericht (LGU 155 - 157) hielt die früheren Bekundungen der Zeugin Ne bei der Staatsanwaltschaft Mannheim, vor dem Amtsgericht Schwäbisch Gmünd und vor der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Freiburg aus den von ihm für die Haupttäter Schmider und Kleiser genannten Gründen nicht für glaubhaft, obwohl das Landgericht die Zeugin selbst nicht vernommen hat. Es ist den Aussagen der Zeugin auch deshalb nicht gefolgt, weil die Zeugin widersprechende Angaben gemacht habe. Einerseits habe sie angegeben, die Prüfer hätten Bescheid gewusst, anderseits habe sie davon berichtet, man habe damals die Betriebsprüfer "absichtlich getäuscht" (Vernehmung Ne vom 13.04.2000, Anlage B 144, S. 15) . Der Klägerin ist darin Recht zu geben, dass die Ausführungen des Landgerichts (LGU 155 und 156) zu der Glaubwürdigkeit der Zeugin Ne und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben auf reinen Vermutungen und Schlussfolgerungen beruhen, die ohne Vernehmung der Zeugin so nicht hätten getroffen werden dürfen.

Die früheren Bekundungen der Zeugin Ne sowie ihre Angaben anlässlich der Vernehmung durch den Senat vermögen allerdings ebenfalls nicht als Beleg für die Behauptung dienen, S habe das betrügerische System der FlowTex- Gruppe und dessen zukünftige weitere Übung erkannt.

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 07.05.2007, S. 12 - 16 = II 3625 - 3633) hält auch im Berufungsverfahren daran fest, dass die Bekundungen der Zeugin Ne insbesondere anlässlich ihrer Vernehmungen durch den Senat am 24.11.2006 und am 08.12.2006 die Kenntnis Ss vom Betrugssystem ab Juni 1996 bewiesen. Die Klägerin beruft sich unter anderem auf folgende Passage der Vernehmung der Zeugin Ne vom 24.11.2006 (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 9 = II 2187) :

"Ich selbst habe keine Kontenblätter eingesehen, aus denen sich bei einem Abgleich der Fehlbestand an Systemen ergab. Ich habe meine Kenntnis von Herrn S, der mich darauf hingewiesen hat. Wann dieser Hinweis war, insbesondere ob dieser Hinweis vor der Selbstanzeige oder danach war, weiß ich heute nicht mehr. Auf seiner Liste habe ich das allerdings schon gesehen.

Herr S sagte mir, es fehlen Bohrsysteme, diese seien nicht vorhanden.

Es ist richtig, dass ich Herrn S in diesem Zusammenhang an Herrn Manfred Schmider verwiesen habe. Dieser sollte ihm erklären, wo sich die Bohrsysteme befinden."

Damit ist jedoch nicht mehr bewiesen, als dass die Zeugin von den Betriebsprüfern auf das von ihnen festgestellte "Belegloch", die Diskrepanz zwischen Materialeinsatz bzw. Herstellungskosten und den Verkaufszahlen bei KSK, angesprochen und in diesem Zusammenhang auf das Fehlen von HBS hingewiesen worden ist. Dieses Belegloch ist dann mit großem Aufwand seitens der Haupttäter über das Märchen der notwendigerweise geheimen Auslandsproduktion "gestopft" worden. Anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren Bekundungen der Zeugin, soweit sie (Indiz-) Tatsachen und nicht bloße Einschätzungen zum Gegenstand haben.

Die Aussagen der Zeugin Ne vor dem Senat befassen sich in weiten Teilen mit Schilderungen über Anlass und Ablauf der Betriebsprüfung und sind insbesondere von dem Bestreben der Zeugin gekennzeichnet, auf ihre fehlende Kompetenz zu Fragen der Betriebsprüfung und die mangelnde Präsenz am Prüfungsort in Ettlingen wegen der damaligen Verlagerung der KSK nach Weimar hinzuweisen. Sie sind zudem deutlich von der Tendenz geprägt, die Betriebsprüfer zu belasten und hierfür aus der Sicht der Zeugin eine nachvollziehbare Erklärung anzuführen.

So gab die Zeugin ungefragt an, dass ihr die Vernehmung durch Staatsanwalt Sr (Vernehmung Zeugin Ne vom 28.01.2002, Anlage K 7/111) , die Anfang 2002 stattgefunden habe, wichtig gewesen sei. Auf Frage des Senats, warum diese Vernehmung wichtig gewesen sei, bekundete die Zeugin, weil in diesem Zusammenhang erstmals die Betriebsprüfung Gegenstand der Nachforschungen gewesen sei. Im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung konkretisierte die Zeugin auf weitere Nachfrage ihre Angaben, warum ihr das Einbringen des Verhaltens der Betriebsprüfung im Strafverfahren wichtig erschien, dahin, wäre die Betriebsprüfung im Jahre 1995/1996 korrekt abgelaufen, wäre sie gar nicht vor Gericht gekommen. Dass diese Angabe nicht zutreffend sein kann, hat die Zeugin Ne im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung alsbald erkannt und sich weiter dahin eingelassen, dass der Schaden nicht so groß gewesen wäre und sie keine so hohen Haftstrafen bekommen hätte, wenn die Betriebsprüfung korrekt abgelaufen wäre. Die Zeugin konnte sodann keine überzeugende Erklärung dafür geben, warum die Betriebsprüfung ihrer Meinung nach nicht korrekt durchgeführt worden sei. Die von der Zeugin für ihre Auffassung genannten Gründe - fehlende Abgleichung der Buchhaltungsunterlagen sowie das Abgleichen der Konten, fehlende Thematisierung der wahren Verhältnisse KSK zu FTT - treffen zum einen schon nicht zu. Thema der Betriebsprüfung der KSK war insbesondere die Frage nach der eigentlichen Stellung der Gesellschafterin Ne sowie der Herren Schmider und Kleiser zur KSK. Die Prüfer haben darüber hinaus gerade auf Grund der Abgleichung der Buchungsunterlagen die Diskrepanz zwischen Wareneinsatz und tatsächlich ausgewiesenen Verkäufen bei der KSK festgestellt und hierfür eine Erklärung gefordert. Zum anderen vermögen die Angaben der Zeugin nicht zu erklären, weshalb eine Abgleichung der Buchungsunterlagen dem Betriebsprüfer S außer der schon erwähnten Diskrepanz zwischen Materialeinsatz zu den Verkaufszahlen darüber hinaus Kenntnis davon verschafft haben sollte, dass die HBS tatsächlich gar nicht hergestellt und damit nicht existente HBS verkauft worden waren. Hinzu kommt, dass die Zeugin in diesem Zusammenhang auch angab, dass bei der Frage nach dem Fehlen der HBS S an Schmider verwiesen worden sei, der dem Prüfer erklären sollte, wo sich die Bohrsysteme befänden. Eines solchen Verweises durch die Zeugin hätte es nicht bedurft, wenn S das betrügerische System erkannt hätte. Die Zeugin vermochte im Übrigen auch nicht exakt zu erklären, weshalb es zu der Erklärung der heimlichen Auslandsproduktion an FlowMole vorbei und der Einholung von WP- Testaten für den Nachweis der Existenz der HBS im Ausland gekommen ist.

Die Zeugin konnte auch nicht nachvollziehbar den Widerspruch ihrer Angaben vom 13.04.2000, wonach man seinerzeit die Betriebsprüfer "absichtlich getäuscht" habe, zu den ab ihrer Vernehmung vom 28.01.2002 anderslautenden, die Prüfer belastenden Angaben plausibel erklären. Ihren Sinneswandel hat die Zeugin vor dem Senat am 24.11.2006 (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 12 = II 2193) so erklärt:

"Auf die Frage, ob die Betriebsprüfer damals getäuscht wurden, sage ich nein.

Auf Vorhalt von meinen Angaben Seite 15 der Vernehmung vom 13.04.2000 muss ich sagen, damals habe ich noch nicht gewusst, dass die Betriebsprüfer einen Laptop bekommen haben und ein Auto."

Die Begründung überzeugt nicht, zumal sie nicht in Einklang damit zu bringen ist, dass die Haupttäter damals darauf bedacht waren, eine für die Betriebsprüfer einleuchtende Erklärung dafür zu finden, dass HBS in den Büchern der KSK zu einem großen Teil nicht darstellbar waren und deshalb die Version der heimlichen Auslandsproduktion ins Spiel kam.

Nach Auffassung des Senats sind die Angaben der Zeugin Ne anlässlich ihrer Vernehmungen vom 24.11.2006 und 08.12. 2006 auch aus einem weiteren Grund als Nachweis für die klägerische Behauptung nicht verlässlich. Die Zeugin vermochte nämlich nicht plausibel zu erläutern, was Grund und Anlass der Selbstanzeige vom 05.02.1996 war, obwohl deswegen gegen sie ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden war. Die Zeugin hat angeführt, es sei bereits vor Beginn der Betriebsprüfung in Weimar "voll einsichtig" gewesen, "dass Gelder fehlten und dass die Bohrsysteme nicht vorhanden waren" (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 8 = II 2185) . Aus diesem Grund sei die Selbstanzeige gemacht worden.Diese Angaben stimmen in wesentlichen Teilen schon nicht mit der in der schriftlichen Anzeige von der Zeugin selbst abgegebenen Begründung überein. Im Übrigen behauptet nicht einmal die Klägerin, dass die Selbstanzeige mit der Betriebsprüfung abgesprochen gewesen sei, wie die Zeugin an anderer Stelle ihrer Vernehmung vom 24.11.2006 (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 9 = II 2187) angegeben hat:

"Aus dem Umstand, dass die Betriebsprüfer erkannt haben, dass Bohrsysteme verschwunden waren und nicht vorhanden waren und Gelder verschwunden waren, resultiert die Selbstanzeige."

Auch die früheren Bekundungen der Zeugin Ne anlässlich ihrer Vernehmungen vom 13.04.2000, 28.01.2002, 18.03.2002 und 27.03.2002, die ihr bei ihrer Vernehmung durch den Senat in Teilausschnitten vorgehalten wurden, beweisen die klägerische Behauptung nicht.

Am 28.01.2002 (Vernehmung Zeugin Ne vom 28.01.2002, Anlage K 7/111, S.8,9) hat die Zeugin Ne erstmals nicht in eigener Sache, sondern in dem gegen S geführten Ermittlungsverfahren Angaben gemacht und auf die Frage nach fehlenden Maschinen und der Kenntnis der Prüfer hiervon wie folgt geantwortet:

"Ja, ich wurde einmal bei einer Besprechung zwischen den Herren Schmider, Kleiser und S rausgeschickt. Bei dieser Besprechung ging es um die fehlenden Maschinen. Ich war damals heilfroh, dass ich "raus" konnte und ging in Zukunft zumindest Herrn S aus dem Weg. Ich hatte später noch ein weiteres Gespräch mit Herrn S in Ettlingen. Es ging um die "heimlich gebauten" Geräte. Herr S hatte damals schon sämtliche Unterlagen, wonach der Bau mit dem Verkauf der Maschinen nunmehr zahlenmäßig übereinstimmte. Er hatte diesbezüglich eine Liste in seiner eigenen EDV auf seinem Computer bzw. Laptop erstellt. Er sagte zu mir damals, er habe nunmehr die besagten Unterlagen, er wisse aber ganz genau, dass diese Maschinen nicht gebaut seien bzw. fehlen würden. Wörtlich sagte er zu mir: "Er sei ja nicht auf der Brotsuppe daher geschwommen." Ich muss erwähnen, dies ist mir noch bekannt, da diese Formulierung nur im badischen Raum, sprich Karlsruher Raum, verwandt wird. Ich bin damals nicht darauf eingegangen, ich habe ihn lediglich angeschaut und ihm gesagt, das müsse er mit Herrn Schmider besprechen."

Diese Passage könnte tatsächlich ein Indiz dafür sein, dass der Betriebsprüfer S erkannt hatte, dass im Prüfungszeitraum bis 1993 HBS als vorhanden behandelt wurden, obwohl sie gar nicht gebaut worden waren. Es könnte, was allerdings der Zeuge S bei seiner Vernehmung nicht vorgebracht hat, ein Versuch gewesen sein, mit einer provokanten Bemerkung bei einem schwachen Glied des Unternehmens den Wahrheitsgehalt der anonymen Anzeigen zu testen. Die Zeugin hat auf Vorhalt anlässlich der Vernehmung vom 24.11.2006 ihre frühere Angabe bestätigt, meinte aber, dass die Unterredung mit S schon vor der Selbstanzeige vom 05.02.1996 stattgefunden haben müsste.

Der Zeuge S hat vor dem Landgericht (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S, S. 8, Rn.31) zwar eingeräumt, sich gegenüber der Zeugin Ne dahin geäußert zu haben, er sei "nicht auf der Brotsuppe daher geschwommen". Der Zeuge S hat seine Bemerkung jedoch in einen völligen anderen Zusammenhang anlässlich eines Gesprächs mit der Zeugin Ne gestellt, das nach seinen Bekundungen am 29.04.1996 in Ettlingen geführt wurde und bei dem es um die in der EDV festgehaltene Buchhaltung der KSK ging. Der Zeuge S hat sich wörtlich wie folgt eingelassen:

" Auf Frage von Rechtsanwalt Dr. Bn:

Es trifft zu, dass die nun erstmals von Frau Ne geäußerte Behauptung der Verwendung der Gelder für eine heimliche Fertigung im Widerspruch zu den vorherigen Angaben von Schmiergeldzahlungen stand. Ich muss dazu aber sagen, dass die Darstellungen von Frau Ne ständig gewechselt haben und ihre Aussagen uns deshalb in keiner Weise verlässlich erschienen. Beispielhaft möchte ich erwähnen, dass wir ihr damals an jenem Wochenende in Weimar Vorhaltungen gemacht haben wegen der unvollständigen Finanzbuchhaltung und sie daraufhin erklärte, die Buchhaltung sei noch in Ettlingen, man könne vielleicht in Ettlingen mehr finden. Daraufhin haben wir uns am 29.04. mit ihr in Ettlingen getroffen, wobei sie in Begleitung eines für die EDV zuständigen Herrn war. Als wir nach der in der EDV festgehaltenen Buchhaltung gefragt haben, stellte sich heraus, dass es insoweit überhaupt nichts gab. Frau Ne erklärte uns, sie habe gedacht, wir wollten den PC sehen, auf dem ursprünglich diese Buchhaltung erstellt worden sei. Daraufhin habe ich, weil ich mir für dumm verkauft vorkam, das Zitat geäußert, das Frau Ne dann später in einen ganz anderen Zusammenhang gebracht hat, nämlich ich sei "nicht auf der Brotsuppe dahergeschwommen"...

Danach fiel die "Brotsuppen"- Bemerkung des Zeugen S nicht im Zusammenhang mit der angeblichen Äußerung, "er (S) habe nunmehr die besagten Unterlagen (bei denen Herstellung und Verkauf sich deckten), er wisse aber ganz genau, dass diese Maschinen nicht gebaut seien bzw. fehlen würden", sondern im Zusammenhang mit einem Hinweis des Prüfers zu der Unvollständigkeit der Buchhaltung bei KSK. Die Erläuterung des Zitats durch den Zeugen S ist schon vor dem Hintergrund plausibel, dass die Buchhaltung der KSK in der Tat völlig unvollständig und unübersichtlich war und hier unstreitig ein entsprechender Handlungsbedarf der Verantwortlichen gegeben war.

So erklärt sich auch die Anfrage Ss vom 10.07.1996 (Aktenvermerk S vom 10.07.1996, Anlage K 7/158 = B 113) über eine Besprechung mit der Zeugin Ne:

" 5 Systemnummern

Die Aufklärung über die Zuordnung der Systemnummer KSK-Technik zu den Ausgangsrechnungen wurde seit April 1996 als vordringlich gegenüber Frau Ne erklärt. Fast jede Woche wurde Frau Ne auf diesen Punkt angesprochen, lediglich Ausflüchte wie, dies müsse durch FTI erledigt werden, die Ausgangssystemnummern seien von FTI vergeben, sie könne keine Zuordnung vornehmen, dies müsse Dr. Kleiser tun usw. wurden von ihr vorgebracht.

Gleiches auch heute, sie sei der Meinung gewesen, Dr. Kleiser -FTI - hätte dies erledigt. Sie selbst oder innerhalb der KSK könne niemand eine Zuordnung vornehmen.

[...]

7 Einnahmenverwendung übernommene Systeme

Durch die von FTI übernommenen Systeme muss bei KSK im Pz 1991 - 1993 ein Gewinn von ca. 170 - 200 Mio. entstanden sein. Wie erfolgte die Sicherstellung der Gelder durch FTI.

Es wurde keine Vereinbarung getroffen, Ausnahme, Royalties, Übernahme FTI - Leasingverpflichtung, fiktive Ersatzteilvergütung, Rest sei durch Fr. Ne frei verfügbar.

In diesem Zusammenhang räumte Fr. Ne erstmals ein, dass auch die Zahlungen an TexColor in diesen Bereich der Gewinnabschöpfung fallen TZ 1 . Daher ist auf die Aufklärung der Tz1 größter Handlungsbedarf gegeben!

[...]"

Der Zeuge S mahnt hier u. a. noch immer die Erklärung der Zuordnung von Systemnummer an. Unter Tz. 1 des Vermerks wird der listenmäßige Nachweis der Zahlungsabgänge an TexColor angefordert. Außerdem ist als Erklärung der Zeugin Ne festgehalten, dass eine solche Auflistung bei KSK noch nicht gemacht sei.

Soweit die Klägerin die Anfrage vom 10.07.1996 in Zusammenhang mit der Äußerung der Zeugin Ne zum "Brotsuppen-Zitat" bringt, geschieht dies ohne nachvollziehbare Begründung. Ein sachlicher Zusammenhang lässt sich schon nicht aus dem Inhalt der Anfrage herleiten. Im Übrigen kann die Aussage der Zeugin Ne vom 28.01.2002 zum "Brotsuppen-Zitat" inhaltlich nicht auf ein bestimmtes Datum festgelegt und damit mangels sonstiger Anhaltspunkte auch nicht dem Vermerk vom 10.07.1996 zugeordnet werden. Die Zeugin Ne vermochte das Gespräch mit S auch anlässlich ihrer Vernehmung vom 24.11.2006 - wie oben bereits festgehalten - zeitlich nicht präzise einzuordnen. Hingegen gibt es einen Vermerk des Zeugen S vom 29.04.1996 (Vermerk S vom 29.04.1996, Anlage BB 7) , der sich mit der Frage der elektronischen Finanzbuchhaltung der KSK und den fehlenden "Fibu-Daten" sowie einem Gespräch mit Ne am 29.04.1996 hierüber in Ettlingen und der Aufforderung an Ne befasst, eine solche für die Jahre 1991 - 1993 bereitzustellen.

Die Äußerung des Prüfers S, "er sei ja nicht auf der Brotsuppe daher geschwommen", ist nach alledem für den Beweis der Kenntnis des Prüfers S vom Fehlen der HBS nicht weiterführend. Denn die Äußerung des Prüfers lässt sich ohne weiteres dahin erklären, dass sich S an der Nase herum geführt fühlte und allein deshalb diesen Ausspruch getan hat. Dass dem Zitat die von der Klägerin beigemessene Bedeutung zukommt, ist damit nicht bewiesen.

Die weiter von der Zeugin Ne bekundete Äußerung, "er (S) habe nunmehr die besagten Unterlagen (bei denen Herstellung und Verkauf sich deckten), er wisse aber ganz genau, dass diese Maschinen nicht gebaut seien bzw. fehlen würden", kann nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden. Glaubwürdiger als der Zeuge S erscheint die Zeugin Ne dem Senat nicht. Denn nicht zu übersehen ist, dass sich die Zeugin nicht nur als Täterin, sondern auch als Opfer der Vorgänge und missbrauchtes Instrument der Haupttäter fühlt und mit ihrem Schicksal hadert, weil sie glaubt, dass sie bei einer früheren Aufdeckung des Betrugs weniger hart bestraft und ihr vieles erspart worden wäre. Ihr Unmut richtet sich aus diesen Gründen auch gegen S, dem - so ihre subjektive Einschätzung - eine frühere Aufdeckung durchaus möglich gewesen wäre. Dass es sich dabei aber um eine retrospektiv unter dem Eindruck der schmerzlich empfundenen Haft zurecht gelegte Deutung der Zeugin handelt, scheint dem Senat auch nach dem persönlichen Eindruck von Angelika Ne durchaus möglich. Ihr Selbstwertgefühl hat ersichtlich gelitten. Ihre Angaben insgesamt stellen sich durchaus als eine Vermischung von Tatsachenbehauptungen und Einschätzungen dar, so dass nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Aussage zu den Äußerungen Ss auf einem zutreffenden Tatsachenkern beruht.

Soweit die Klägerin meint, der Kegel- Vermerk vom 02.09.1996 (Vermerk S vom 02.09.1996, Anlage K 75 = B 67) unterstütze im Zusammenhang mit den Angaben der Zeugin Ne vom 24.11.2006 und ihren früheren Bekundungen zu Inhalt und Sinn des Vermerks die Behauptung der Kenntnis vom betrügerischen Schneeballsystem, ist auch dieser Vermerk kein schlagendes Beweismittel. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Senats unten (Ziffer 2.5.4) verwiesen.

(1.5)Aussage Bu:

Das Landgericht (LGU 157) ist davon ausgegangen, dass sich eine Kenntnis der Betriebsprüfer vom Betrug auch nicht aus den Bekundungen des Zeugen Bu ergebe. Ausweislich seiner Vernehmung am 17.10.2000 (Vernehmung Bu vom 17.10.2000, Anlage K 7/181, S. 10) im Ermittlungsverfahren gegen Schmider u. a. (628 Js 3693/00) habe der Zeuge lediglich aus der Bekundung Ss,

"dass einige Maschinen einfach nicht darstellbar seien. Mit darstellbar meine ich, dass Herr Manfred S gesagt habe, einige Maschinen seien nicht da."

auf dessen Kenntnis geschlossen. Die Schlussfolgerungen des Zeugen seien für die Beweisführung unergiebig. Im Übrigen sei unklar, ob es sich bei den angeblich nicht darstellbaren Maschinen nicht um den Fehlbestand der Firma PowerDrill gehandelt habe, der der Betriebsprüfung aufgefallen sei und zu einem Strafverfahren gegen Matthias Schmider geführt habe. Eine Vernehmung des Zeugen Bu durch das Landgericht ist nicht erfolgt, weshalb die Klägerin insoweit eine unzulässige Beweisantizipation rügt.

In seiner Vernehmung am 17.10.2000 hatte der Zeuge gegenüber der Staatsanwaltschaft Mannheim zunächst umfangreiche Angaben über seine beruflichen und persönlichen Beziehungen zu Schmider, seinen Wechsel von der Baden-Württembergischen Bank zu Flowtex sowie den ihm von Schmider übertragenen Aufgaben gemacht. Dieser habe ihm erklärt, dass Organisation und Strukturen der FlowTex- Gruppe mit dem rasanten Wachstum des Unternehmens nicht Schritt gehalten hätten. Es herrsche - Zitat Schmider – Wildwest. Vieles entspreche nicht den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs; es müsse "Ordnung in die Firma gebracht werden". Daher seien dem Zeugen nach seinem Wechsel zu FlowTex im April 1997 die Bereiche Personal, EDV, Organisation und Controlling übertragen worden. Der Zeuge schilderte die desolaten Strukturen, die er bei FlowTex vorgefunden habe, sowie sein meist vergebliches Bemühen um Abhilfe. Schließlich kam er auf ein Treffen mit S im Sommer 1997 zu sprechen. Die Initiative hierzu sei von dem Betriebsprüfer ausgegangen, der ihn im Auftrag der Steuerfahndung angesprochen habe. Dort habe man die Steuerakte Bu aus Anlass seines Wechsels zu FlowTex gesichtet und sei auf eine Beteiligung an der FlowTex- Servicegesellschaft Hessen gestoßen, die ein Dritter treuhänderisch gehalten habe. Aus Sicht der Steuerfahndung habe insoweit Klärungsbedarf bestanden. Der Zeuge Bu habe S Anlass und Umstände des Erwerbs und der Veräußerung der Beteiligung betreffend erläutert; die Ergebnisse seien in einem gemeinsamen Protokoll festgehalten worden. Ausdrücklich habe der Zeuge gegenüber S sein Unverständnis darüber geäußert, dass sein Wechsel zu Flowtex die Steuerfahndung zum Tätigwerden animiere; seinen Unwillen hierüber habe er deutlich artikuliert. S habe zunächst zurückhaltend reagiert und sich in Andeutungen ergangen, warum dies so wäre. Den weiteren Verlauf des Gesprächs schilderte der Zeuge wie folgt:

" . . . Herr S hat dann später im Verlauf dieses Gesprächs zum Ausdruck gebracht, dass einige Maschinen einfach nicht darstellbar seien. Mit darstellbar meine ich, dass Herr S gesagt habe, einige Maschinen seien nicht da. Das Gespräch dauerte zwei bis drei Stunden. Herr S hat mir gegenüber auch angedeutet, dass es große Probleme gäbe bei PowerDrill in Rastatt, wo er noch nicht wisse, zu welchen Konsequenzen das führe. Herr S hat mitgeteilt, dass die Entscheidung, ob es zu einem Strafverfahren komme, in Durlach liege, ich meine, dass Herr S von der Steuerstrafstelle sprach. Ich hatte den Eindruck, dass dieses spezielle Problem mit Matthias Schmider ihm große Sorgen machte. Herr S hat mir bezüglich der fehlenden Maschinen schon den Eindruck vermittelt, dass es ein größeres Loch ist, dass es also nicht nur etwa um drei Maschinen geht, sondern um eine beachtliche Größenordnung, sonst hätte ihn das nicht so beunruhigt. Herr S teilte mir auch mit, dass es zwar Leasingverträge gebe, aber keine Maschinen dagegen stehen würden. Ich habe jeweils nachgefragt, die Antworten von Herrn S und dessen Erläuterungen kamen immer nach längerem Zögern. Dieses Zögern habe ich so verstanden, dass er wohl nicht mit mir hätte reden dürfen. Herr S erklärte mir das so, dass er an das Steuergeheimnis gebunden sei. Herr S hat weiter im Gespräch angedeutet, dass größere Steuerforderungen aus der derzeitigen Prüfung sich gegen Flowtex ergeben würden.

Im Weiteren enthält das Vernehmungsprotokoll vom 17.10.2000 u. a. folgende Passagen:

Frage KHK E:

Die Formulierung, Herr S habe sich verklausuliert ausgedrückt, kann man so verstehen, das Herr S sich nicht sicher war, ob es da ein Loch gab, oder dass er Sie, Herr Bu, schonen wollte?

Antwort:

Ich hatte den Eindruck, dass mich Herr S schonen wollte, er hat wohl gemerkt, dass ich total erschrocken war . . .

[...]

Frage KHK E

Hatten Sie den Eindruck, dass Herr S definitiv wusste, dass bei Flowtex eine große Anzahl von Maschinen fehlte.

Antwort:

Ich denke schon, ich weiß nicht, ob er die genaue Größe des Loches gekannt hat, ich meine aber schon, dass er definitiv wusste, dass Maschinen fehlen. Ich möchte das festmachen an dieser Sorge, die Herr S zum Ausdruck gebracht hat, die war halt schon deutlich.

In seiner Vernehmung vor dem Senat am 26.02.2007 (Protokoll Senat vom 26.07.2007: Zeuge Bu, S. 2 = II 3163) hat der Zeuge Bu bestätigt, dass es ihm darum gegangen sei, zu erfahren, warum sich die Steuerfahndung für ihn interessiere. Nach einigem Hin und Her, bei dem Herr S immer wieder das Steuergeheimnis bemüht habe, sei von ihm zu erfahren gewesen, dass er wegen einer Steuerschuld bei PowerDrill beunruhigt sei und von hohen Nachforderungen ausgehe, die auf das Unternehmen zukämen. Im Einzelnen gab der Zeuge an:

". . . Ferner hat er mir erklärt, dass einige Maschinen nicht darstellbar seien. Wenn ich gefragt werde, ob sich dies auf PowerDrill beziehe, so weiß ich das nach 10 Jahren nicht mehr. Wenn ich gefragt werde, ob mir S mitgeteilt hat, um wie viele Maschinen oder um welche Größenordnung es sich gehandelt habe, so möchte ich darauf verweisen, dass ich in meiner ersten Vernehmung gesagt habe, dass es aus meiner Sicht mehrere oder eine Vielzahl von Maschinen war, von denen Herr S gesprochen hat. Ich möchte hierzu erläutern, dass damals alle Fakten auf dem Tisch lagen und ich deshalb die Dimension wohl so verstanden habe. Eine genaue Zahl bzw. Größenordnung hat Herr S mir gegenüber nicht angegeben.

[...] Wenn ich gefragt werde, worüber sich Herr S Sorgen machte, so kann ich heute nicht mehr sagen, ob er sich Sorgen machte, was er mit mir besprechen konnte oder was er an Sachverhalten zwischenzeitlich im Flowtex-Konzern zur Kenntnis genommen hatte.

Auf Frage von Rechtsanwalt Dr. Bn: Was ich am 17.10.2000 bei meiner Vernehmung angegeben hatte, entsprach meinem damaligen persönlichen Eindruck. Ich habe damals aus meiner Sicht die Wahrheit gesagt. Etwas anderes ist die Frage, welche Fakten Herr S mir mitgeteilt hat.

[...]

Auf Frage von Rechtsanwalt Dr. Sch: Die von mir geschilderten Erläuterungen von Herrn S erfolgten im Nachgang darauf, dass ich mich verwundert zeigte, dass die Steuerfahndung sich mit mir beschäftigte. Es kann durchaus sein, dass die nachfolgenden zögerlichen Erklärungen von Herrn S mir erläutern sollten, warum sich die Steuerfahndung überhaupt mit dem Gesamtkomplex Flowtex beschäftige. . . "

Der Zeuge S hat in seiner Vernehmung vor dem Senat am 11.12.2006 (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. 9 = II 2653.) die Angaben des Zeugen Bu zu Zeitpunkt und Anlass des Gesprächs bestätigt. Die Fragen der Steuerfahndung seien besprochen, ein Aktenvermerk (Vermerk S vom 17.07.1993, Anlage B 143 - unterzeichnet vom Zeugen Bu) gefertigt und von beiden unterzeichnet worden. Aus Anlass des Gesprächs habe er den Zeugen auch auf das von der Betriebsprüfung vorgefundene Wirrwarr im Finanzwesen der FlowTex- Gruppe angesprochen, was ihm mit dem rasanten Unternehmenswachstum erklärt worden sei. Er habe den Wechsel des Zeugen Bu zu FlowTex in diesem Zusammenhang gesehen und ihn deshalb möglicherweise auf diesen Sachverhalt angesprochen. Über ein Loch, nicht darstellbare HBS oder die Sorgen der Betriebsprüfung bezüglich PowerDrill sei nicht gesprochen worden. Die anderslautenden Angaben des Zeugen Bu seien unzutreffend.

Die Angaben des Zeugen Bu über das Vieraugengespräch im Sommer 1997 sind weder für sich genommen noch in der Zusammenschau mit den Aussagen des Zeugen S und den übrigen Beweismitteln geeignet, den Nachweis für die klägerische Behauptung zu erbringen, S habe von der Nichtexistenz der HBS und dem Milliardenbetrug bei FlowTex gewusst und insbesondere billigend in Kauf genommen, dass auch zukünftig nicht existente HBS an getäuschte Käufer veräußert würden. Die Einvernahme des Zeugen hat den Eindruck des Vernehmungsprotokolls vom 17.10.2000 bestätigt, dass es sich bei den von der Klägerin angeführten, S angeblich belastenden Umständen im Wesentlichen um eigene Schlussfolgerungen des Zeugen in einer für ihn selbst belastenden Situation, nicht aber um die Wiedergabe tatsächlicher Feststellungen des Betriebsprüfers gehandelt hat.

Die Angaben in der Vernehmung vom 17.10.2000 bleiben, soweit sie ein Loch bzw. nicht darstellbare HBS betreffen, auch nach den ergänzenden Erläuterungen vor dem Senat mehrdeutig und ungewiss. Eine eindeutige Bezugnahme auf die Verhältnisse bei FlowTex ist nicht auszumachen. Weder am 17.10.2000 noch in der Vernehmung vor dem Senat war, soweit es die referierten Angaben des Betriebsprüfers S betrifft, ausdrücklich von einem Loch bei FlowTex die Rede. Auch konkludent lässt sich ein solcher Zusammenhang nicht ohne weiteres herstellen. Denn nach den Vorhaltungen des Zeugen Bu wegen der ihn betreffenden Aktivitäten der Steuerfahndung soll S sich zunächst in Andeutungen über den Grund hierfür ergangen haben. Erst später im Verlauf eines zwei- bis dreistündigen Gesprächs habe er dann erklärt, dass einige Maschinen "einfach nicht darstellbar" bzw. "nicht da seien". Unmittelbar darauf folgt eine längere Passage, die aber ausschließlich die Firma PowerDrill und den dort verantwortlichen Matthias Schmider betrifft. Bei dieser Firma gebe es große Probleme und sei unklar ob es zu einem Strafverfahren komme. Auch hatte der Zeuge den Eindruck, dass speziell Probleme mit "Powerdrill und Matthias Schmider" Herrn S große Sorgen bereiteten. Wortlaut und Gedankenführung der Passage lassen einen Bezug zu Powerdrill durchaus möglich erscheinen, zumal die ausführliche Beschäftigung mit PowerDrill keinen rechten Sinn macht, wenn der Zeuge S, wie die Klägerin behauptet, den Auftrag der Steuerfahndung in Sachen Bu zum Anlass für ein Gespräch über groß angelegte Betrügereien durch FlowTex genommen hätte. In seiner Vernehmung vor dem Senat war dem Zeugen eine eindeutige Zuordnung der Passage über die nicht darstellbaren Maschinen nicht mehr möglich, er erinnerte aber auch 10 Jahre nach dem Gespräch, dass Anlass für die Ausführungen Ss im Wesentlichen Sorgen im Zusammenhang mit Powerdrill und der Person Matthias Schmider gewesen seien, was eher dagegen spricht, die Bekundungen auf FlowTex, nicht aber auf Powerdrill zu beziehen. Zu sehen ist auch, dass die Betriebsprüfer bei Powerdrill im Spätjahr 1996 festgestellt hatten, dass zwei bilanzierte HBS nicht existierten, insoweit also ein Loch tatsächlich vorhanden war. Dass der Zeuge Bu die Passage im Sommer 1997 aus seiner Sicht auf FlowTex bezogen und Manfred Schmider später deswegen Vorhaltungen gemacht hat (Seite 12ff der Vernehmung vom 17.10.2000), ändert nichts daran, dass es sich dabei um seine Interpretation der referierten Bekundungen Ss handelte, die die wenigen, von ihm vermittelten Anknüpfungstatsachen nicht unbedingt nahelegten und sich wohl eher aus seiner unmittelbaren beruflichen und persönlichen Bindung an Schmider und FlowTex erklären.

Ausdrücklich um eine Schlussfolgerung des Zeugen, nicht um eine explizite oder konkludente Bekundung Ss handelt es sich, soweit es die Größe des behaupteten Lochs angeht. S habe dem Zeugen Bu den "Eindruck vermittelt", dass es um ein größeres Loch, also nicht etwa nur drei Maschinen gehe; andernfalls, so der Zeuge, wäre S "nicht so aufgeregt" gewesen. Auf die Frage, ob S definitiv gewusst habe, dass bei Flowtex eine größere Zahl von Maschinen fehle, gab der Zeuge an, "er denke schon", "wisse aber nicht", ob er die genaue Größe des Lochs gekannt habe. Auf Nachfrage konnte der Zeuge seine Folgerungen wiederum nur allgemein an der Sorge festmachen, die S ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht habe. Konkrete Angaben oder sonstige Anknüpfungstatsachen wusste er nicht zu nennen. Übrig bleibt damit allein die von ihm berichtete Bekundung, dass "einige Maschinen nicht darstellbar bzw. da seien", was sicher nicht gleichbedeutend mit der von der Klägerin behaupteten und angeblich dem Zeugen offenbarten Kenntnis eines Milliardenbetruges ist. Zudem hat der Zeuge bei der Vernehmung durch den Senat seine Angaben rückschauend relativiert. Er hat wiederholt, dass er von der von ihm wahrgenommenen Sorge Ss abgesehen, keine Anknüpfungstatsachen nennen könne und hat ergänzend angegeben, dass im Zeitpunkt seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung am 17.10.2000 alle Fakten (gemeint ist das gesamte Flowtex- Betrugssystem) auf dem Tisch gelegen hätten und er deshalb die Dimension wohl so verstanden habe. Seinen heutigen Kenntnistand hat der Zeuge so zusammengefasst, dass seine Aussage am 17.10.2000 seinem damaligen persönlichen Eindruck entsprochen und er aus seiner Sicht wahr ausgesagt habe. Etwas anderes sei aber die Frage, welche Fakten Herr S ihm zuvor tatsächlich mitgeteilt habe. Diese Einschränkung der ohnehin nur auf Schlussfolgerungen beruhenden Aussagen vom 17.10.2000 scheint nachvollziehbar, wobei sich der Zeuge erkennbar um eine differenzierte und sorgfältige Wiedergabe seiner Erinnerung bemühte. Der Senat glaubt dem Zeugen auch, dass er insoweit bei seiner Vernehmung am 17 10.2000 subjektiv die Wahrheit gesagt hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin belegen die Aussagen des Zeugen Bu aber insgesamt nicht, dass S ihm über in der Vergangenheit getätigte, aber auch zukünftig mit getäuschten Geschäftspartnern zu erwartende Luftgeschäfte berichtet hat. Hinzu kommt, dass sich der Zeuge selbst bei dem Gespräch im Sommer 1997 in einer Ausnahmesituation befand, nachdem er zunächst mit Ermittlungen der Steuerfahndung konfrontiert worden und nach eigenem Bekunden sehr erregt war.

Nicht eindeutig ist außerdem, was S mit "Loch" bzw. dem Umstand, dass "einige Maschinen nicht darstellbar, d.h. nicht da gewesen seien" tatsächlich gemeint haben soll. Der Zeuge S räumt ein, dass er den Zeugen Bu auf den desolaten Zustand des Finanzwesens bei Flowtex angesprochen haben könnte, weil er dessen Wechsel zu Flowtex in diesem Kontext gesehen habe. Tatsächlich hatte die Betriebsprüfung bei Flowtex schon von einem sehr frühen Zeitpunkt an beanstandet, dass Belege für die Herstellungskosten verleaster Maschinen fehlten und diese in den Büchern vielfach nicht nachvollziehbar seien. Die fehlenden Belege und die Beibringung der aus Sicht der Betriebsprüfer nötigen Unterlagen war immer wieder Thema zwischen den Betriebsprüfern und Flowtex, wobei Schmider stereotyp die angebliche durch den FlowMole- Prozess erzwungene Auslandsproduktion an den Büchern vorbei als Grund anführte. Bei den insgesamt vagen und wenig scharfen Bekundungen Ss, wie sie der Zeuge Bu berichtet, ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass – falls überhaupt von Flowtex und nicht von Powerdrill die Rede war – der Zustand der Unterlagen im Rahmen der defizitären Organisation und Strukturen gemeint war, der nicht nur Schmider (Wildwest) Kopfzerbrechen bereitete, sondern - wie sich bei der angeblichen Auslandsproduktion gezeigt hatte - auch der Betriebsprüfung.

Zu den Vorstellungen Ss zum gegenwärtigen und zukünftigen Geschäftsgebaren lässt sich der Aussage des Zeugen Bu nichts zugunsten der Klägerin entnehmen. Vielmehr deutet die Schilderung des Zeugen eher darauf hin, dass S nicht mit der Schaffung weiterer bedenklicher Sachverhalte - was immer er darunter verstanden haben mag - rechnete. Selbst in der der Klägerin günstigsten Sicht kann der Darstellung des Zeugen Bu nicht mehr entnommen werden, als dass sich S wegen des Fehlens "einiger" HBS um den gesamten Unternehmensverbund Sorgen machte. Ein Hinweis darauf, dass S damit den Kern der anonymen Anzeige als richtig erkannt und auch mit der Fortsetzung des Betrugssystems gerechnet hätte, würde sich hieraus nicht ergeben. Vielmehr wären dann deutlichere Worte bzw. völliges Stillschweigen zu erwarten gewesen. Die für den Zeugen Bu zu Tage getretene Beunruhigung Ss lässt sich auch damit erklären, dass allein die Nichtexistenz weniger Maschinen - selbst bei PowerDrill - strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen könnte. Wie brisant derartige Umstände für den Bestand des Unternehmens von den Haupttätern Schmider und Kleiser eingeschätzt worden waren, hatte S im Hinblick auf die Ermittlungen wegen des angeblichen Raubüberfalls und der Sß...gelder mitbekommen. Schon eine weitere "Leiche im Keller" hätte für das erkennbar noch nicht stabile Unternehmensgefüge das Ende bedeuten können.

(1.6)Aussage Kk ( LGU 152, 153 (1.8.) ) :

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 108ff = II 281ff) beruft sich zum Beweis der Kenntnis Ss vom FlowTex- Betrugssystem im Berufungsverfahren erneut auf die Bekundungen des Zeugen Kk anlässlich seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 07. März 2002 (Vernehmung Kk vom 07.03.2002, Anlage K 7/195) und hat auch dessen nochmalige Vernehmung beantragt. Am 07.03.2002 hat der Zeuge Kk zu der Besprechung in den Räumen des BKA in Wiesbaden am 28.09.1999 angegeben:

"Ansonsten kann ich nur noch angeben, dass anläßlich der Besprechung in den Räumen des BKA im September 1999 Herr S das gesamte FlowTex - System als "Schneeballsystem" dargestellt hat. Er hatte eine Folie, worin er ähnlich einem Tannenbaum verschiedenen Maschinen an der Spitze - eine, darunter zwei usw. - darstellte und erklärte, zur Finanzierung von einer Maschine benötige es zwei. Um das ganze System letztlich zu finanzieren, müssten immer weitere Systeme nachgebaut werden, ansonsten würde das System zusammenbrechen. Ich weiß noch, dass auf den Einwand eines Kollegen aus Spanien, dies sei wohl Betrug und es könne nicht sein, dass dies in Deutschland nur durch die Steuer bearbeitet werde, Herr S sagte: "Das ist halt so." Meinem Eindruck nach hatte Herr S sehr wohl das System und den Betrug durchschaut. Er zeigte ja noch mal seine anhand der Betriebsprüfung 1990 bis 1993 gewonnenen Erkenntnisse für das Gebiet Deutschland/Frankreich auf. Diese System werde derzeit auch so weiter betrieben, er gab dies als gefestigte Erkenntnisse aus nicht als Vermutungen."

Die Klägerin führt hierzu aus, nach den Angaben des Zeugen Kk habe S das gesamte FlowTex- System als betrügerisches Schneeballsystem dargestellt. Die Klägerin meint weiter, dass aus dem zeitlichen Ablauf zu schließen sei, dass S Kenntnisse aus der dritten Betriebsprüfung (Beginn /Eröffnungsgespräch am 26.10.1999) bei den Gesprächen in Wiesbaden im September 1999 nicht habe einfließen lassen können, weil seit dem Abschluss der zweiten Betriebsprüfung in 1997 keine weiteren Prüfungshandlungen in der Zwischenzeit bei der FlowTex- Gruppe stattgefunden hätten. S müsse deshalb seine Erkenntnisse aus der Betriebsprüfung 1990 bis 1993 wiedergegeben haben.

Der Senat hat den Zeugen Kk vernommen. In seiner Vernehmung vor dem Senat am 17.11.2006 hat er zunächst Ausgangspunkt, Anlass und Ergebnis der zwei Besprechungen beim BKA geschildert (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 1 und 2 = II 2097, 2099) und zu der ersten in Karlsruhe abgehaltenen Besprechung u. a. wie folgt ausgesagt:

"Wir vom Bundeskriminalamt haben in der ersten Jahreshälfte 1999 Erkenntnisse aus Portugal und Spanien bekommen, dass der Verdacht auf Geldwäsche entstanden sei und zwar in Bezug auf ein Ettlinger Unternehmen, nämlich eine Fa. FlowTex."

[...]

In diesem Gespräch ging es zuerst darum, Informationen, die bei uns in Wiesbaden angefallen waren, nach Karlsruhe weiterzugeben. Schriftliche Informationen hatte ich vorher den Karlsruher Behörden nicht erteilt, mit Ausnahme der Anfrage nach bestimmten Firmen und Personen. Im Anschluss stellte das Finanzamt Karlsruhe das Unternehmen FlowTex vor und wies uns auch auf dessen regionale Bedeutung hin.

[...]

Das Fazit der ersten Besprechung in Karlsruhe war eigentlich, dass die GFG Karlsruhe und die Finanzbehörden interessiert waren, weitere Informationen aus Spanien und Portugal zu erhalten."

Im September 1999 kam es in Wiesbaden zu einer zweiten Besprechung. An dieser Besprechung nahmen auch Beamte aus Spanien und Portugal teil. Der Zeuge Kk schilderte anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat den Verlauf der Besprechung wie folgt (Protokoll Senat vom 17.11.2006, S. 3 = II 2101) :

"Bei der zweiten Unterredung ging es vorab auch darum, ob die Bestimmungen der Abgabenordnung der Offenbarung gewisser Tatbestände aus den vorangegangenen Betriebsprüfungen entgegenstünde. Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass es jetzt erst einmal nicht um gerichtsverwertbare Informationen ging, sondern darum, den Kenntnisstand aller Beteiligten gleichzuziehen. Herr S hat dann seinen Wissensstand zu FlowTex dargelegt und zwar nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung 1996/1997.

Herr S hat dann von Vorgängen bei FlowTex Frankreich, die in den Prüfungszeitraum fielen, gesprochen."

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung präzisierte der Zeuge Kk die Reihenfolge des Gesprächs im September 1999 wie folgt:

"Zuerst schilderten die ausländischen Kollegen ihre Erkenntnisse. Als nächstes hat Herr S dann seine Erkenntnisse aus der Betriebsprüfung 1996 dargestellt." (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S 5 = II 2105)

Nach der weiteren Behauptung der Klägerin soll S sodann bei seinen Ausführungen am "Flip- Chart" auch das "FlowTex- Betrugssystem" erläutert haben. Dies hat die Beweisaufnahme indessen nicht ergeben. Der Zeuge Kk hat die Behauptung der Klägerin so nicht bestätigt, sondern ausgeführt, dass S seinen Wissensstand zu FlowTex dargelegt habe und zwar nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung 1996/1997 und auch erklärt habe, welches Finanzierungssystem er im Rahmen seiner Betriebsprüfung ausgemacht habe.

Der Zeuge Kk erläuterte hierbei zunächst den Inhalt der zweiten Besprechung (Protokoll Senat vom 17.11.200: Zeuge Kk, S. 3 = II 2101) :

"In der weiteren Besprechung sind uns dann Parallelen zu den jetzigen Vorgängen aufgefallen. Die Parallelität ergab sich aus dem Problem hinsichtlich des Einsatzes und der Verwendung der Maschinen. Die Ähnlichkeit bezog sich nicht auf die Frage des Austauschs der Plaketten. Letzteres wurde im Laufe der Unterredung im September 1999 von Seiten der spanischen Kollegen eingeführt."

Dass Maschinen von Ettlingen zur M. gefahren wurden, dort zwei oder drei Tage verblieben und dann auf denselben Lastwagen wieder nach Ettlingen verbracht wurden, war bereits aus dem Vermerk des BKA vom 13.07.1999 bekannt gewesen (Vermerk des BKA vom 13.07.1999, Ziff. 6 a.E., BB 28) .

Der Zeuge Kk schilderte sodann, auf welche Weise S das Finanzierungssystem dargestellt hat. S habe am Flip- Chart seine Kenntnisse aus der zweiten Betriebsprüfung, und die Finanzierung bei FlowTex im Prüfungszeitraum erläutert.

Der Zeuge gab hierzu wörtlich an (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 3, 4 = II 2101, 2103) :

"Herr S hat bei seiner Darstellung dann auch erklärt, welches Finanzierungssystem er im Rahmen seiner Betriebsprüfung ausgemacht hat. [...]

In diesem Zusammenhang hat Herr S am Flip-Chart dargestellt, wie die Finanzierung abläuft und dabei graphisch dargestellt, dass die Finanzierung einer Maschine durch den Verkauf, die Verwertung und die Rücknahme und die Reparaturen und Wartungsaufwendungen zweier weiterer getragen würde."

Auf Frage des Klägervertreters gab der Zeuge weiter an (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 5 = II 2105) :

[...]

"Das System, das ich da beschrieben habe, würde ich nach meinem Sprachgebrauch durchaus als Schneeballsystem bezeichnen. Ich möchte erläutern, dass ich unter Schneeballsystem auch verstehe, wenn ein Gut durch mehrere, weitere finanziert wird".

Der Zeuge Kk hat damit das von S geschilderte Finanzierungssystem zwar als Schneeballsystem qualifiziert, aber gleichzeitig erläutert, dass die Teilnehmer der Gesprächsrunde ein solches System nicht als Betrugssystem angesehen hätten, solange ein Gut durch weitere Güter - gemeint Maschinen - finanziert wurde. Der Zeuge gab hierzu an (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 7 = II 2109) :

"Nach der mir bekannten Einschätzung aller an der Unterredung im September 1999 Beteiligten hat das dargestellte Finanzierungssystem bei niemand den Verdacht eines Betrugssystems begründet. Dies bezieht sich auf den Sachvortrag des Herrn S mit Unterstützung der Graphik, die ich schon geschildert habe. Bei der Beratung des weiteren Vorgehens war es so, selbst wenn man davon ausgeht, dass das Finanzierungssystem bis zum Jahr 1999 fortgeführt würde dieses System sich als tragfähig erwiesen hatte."

Die Betrugsüberlegungen bezogen sich den weiteren Angaben des Zeugen Kk zufolge nur auf die hypothetische Überlegung, was wäre, wenn in dem System ein "Loch" dergestalt wäre, dass Maschinen fehlten. Hierzu die Bekundungen des Zeugen Kk (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 5 = II 2105) :

"Die Reihenfolge des Gesprächs im September 1999 war wie folgt: Zuerst schilderten die ausländischen Kollegen ihre Erkenntnisse. Als nächstes hat Herr S dann seine Erkenntnisse aus der Betriebsprüfung 1996 dargestellt.

Danach erfolgte eine gemeinsame Bewertung, hier wurde auch besprochen, was sich ergeben könnte, wenn sich in diesem System ein Loch auftun würde und wie dies in Verbindung zu bringen sei mit dem Mehr an Plaketten gegenüber den Maschinen, das in Spanien festgestellt wurde."

Als problematisch wurde also nicht das von S dargestellte Finanzierungssystem mit dem Verkauf von immer mehr Maschinen angesehen, sondern ausschließlich ein eventuelles Loch im Sinne fehlender Maschinen. Nur dann hätte nach Einschätzung aller Besprechungsteilnehmer ein Betrug vorgelegen. Dazu gab der Zeuge Kk an (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 7 = II 2109) :

"Problematisch wäre dieses System aus Sicht unserer Erkenntnisse bei der Besprechung nur dann, wenn sich ein Loch auftun würde. Dass ein solches Loch möglicherweise vorhanden war, konnte im Zusammenhang mit dem Plakettentausch zumindest nicht ausgeschlossen werden. Uns ging es daher in einem Zwischenschritt festzustellen, ob ein Loch vorhanden war. Hierfür bot sich nach unserer Einschätzung die Betriebsprüfung als bestes Mittel an."

Und auf Vorhalt seiner Aussage bei der Staatsanwaltschaft Mannheim gab der Zeuge klarstellend weiter an (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S 7 = II 2109) :

"Wenn ich dort gesagt haben soll, Herr S habe den Betrug durchschaut, so kann ich aus meiner heutigen Sicht nur angeben, dass meinem Eindruck nach, Herr S ebenso wie ich auch und die anderen Beteiligten dieses Gesprächs erkannt haben, dass wenn in diesem Fall ein Loch vorhanden ist hier ein Betrug vorliegen würde."

Bei der Besprechung in den Räumen des BKA lagen somit nach den Angaben des Zeugen Kk noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, ob es ein solches "Loch" tatsächlich gab. Der Zeuge sagte nämlich ausdrücklich auch (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 4 = II 2103) :

"Ich möchte jedoch anfügen, dass uns zum damaligen Zeitpunkt nicht als gesicherte Erkenntnis vor Augen stand, dass tatsächlich Maschinen fehlten."

Diese Erklärung des Zeugen fügt sich nahtlos dahin ein, dass die deutschen Polizeibehörden nach der Besprechung im Herbst 1999 keine Betrugsermittlungen einleiteten, sondern zunächst weitere Erkenntnisse aus der Betriebsprüfung abgewartet werden sollten. Denn der Zeuge Kk bekundete weiter (Protokoll vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 5 unten und S. 6 oben = II 2107, 2109) :

"In diesem Zusammenhang hat man sich auf deutscher Seite dahingehend verständigt, dass im Rahmen der anstehenden Betriebsprüfung entsprechende Untersuchungen vorgenommen werden sollten.

In der Stufe der Besprechung, wo wir das weitere Vorgehen berieten, war unser Ausgangspunkt, dass wir auf Deutschland bezogen keinen Verdacht einer Straftat herleiten konnten."

Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Kk liefert die Besprechung im September 1999 somit keine Anhaltspunkte dafür, dass S von einem ihm aus der vorausgegangenen Betriebsprüfung bekannten Betrugssystem berichtete. Der geschulte und in der Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten erfahrene Kriminalbeamte Kk hat das von S dargestellte Finanzierungssystem nicht als Betrugssystem begriffen oder einen Ansatz für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, auch nicht unter Berücksichtigung der von den spanischen Kollegen vorgebrachten Ergebnisse gesehen. Der Zeuge Kk hat anschaulich und nachvollziehbar auch erklärt, wie seine damals vor der Staatsanwaltschaft erfolgten Angaben zu verstehen seien, nämlich dass S ebenso wie er und die anderen Beteiligten des Gespräches erkannt hätten, dass, wenn in diesem Fall - gemeint der Finanzierung einer Maschine durch zwei und so weiter - ein "Loch" vorhanden sei, hier ein Betrug vorliegen würde. Hinreichende Verdachtsmomente für ein solches Loch hätte es damals aber nicht gegeben. Danach hat auch der Zeuge Kk das Finanzierungssystem, wie es in der Besprechung von S erläutert worden war, nicht als Betrugssystem, sondern als Modell zur Finanzierung der HBS, bei dem eine Maschine durch zwei finanziert wird, verstanden und ein solches System nur dann als kriminell eingestuft, wenn tatsächlich Maschinen nicht vorhanden sein sollten.

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 111ff = II 287ff) beruft sich in diesem Zusammenhang darüber hinaus auf den Aktenvermerk des Zeugen Si vom 13.05.1996 (Vermerk Sb vom 13.05.1996, Anlage K 80) und den Aktenvermerk des Zeugen S vom 02.09.1996 (Vermerk S vom 02.09.1996, Anlage K 75 = B 67) (Kegel- Vermerk) und führt aus, aus den Bekundungen des Zeugen Kk und den beiden Vermerke ergebe sich eindeutig die Kenntnis Ss vom betrügerischen "Schneeballsystem". Nehme man alles - Vermerk vom 02.09.1996, die Zeichnung eines Kegels auf dem Aktenvermerk vom 20.05.1996 (Vermerk Me vom 20.05.1996, Anlage K 7/133 = B 35) und die Zeichnung eines Tannenbaums beim BKA - zusammen, könne E...lich niemand behaupten, S hätte das System nicht erkannt. Wer den von der Klägerin angeführten, am Rand des Vermerks vom 13.05.1996 angebrachten Kegel gezeichnet hat, steht indessen nicht fest, sodass dieser Zeichnung schon von daher kein weiterführender Beweiswert in Bezug auf die Kenntnis Ss zukommt. Zwar ist in dem Vermerk vom 13.05.1996 des Zeugen Si von einer "reinen Finanzierungsmethode", die auf einen Betrug gegenüber den Banken hinauslaufe, die Rede und wird im Vermerk vom 02.09.1996 die Finanzierungsform von S anhand eines Kegels verdeutlicht. Dennoch beweisen die Vermerke in der Gesamtschau unter Berücksichtigung der Bekundungen des Zeugen Kk nicht die Kenntnis Ss vom Fehlen der HBS und damit die Kenntnis vom FlowTex- Betrugssystem. Denn in den Vermerken wird wiederum nur die Finanzierungsmethode - nämlich eine Maschine wird durch zwei weitere unter Ausnutzung der Differenz zwischen Herstellungskosten und Verkaufspreis finanziert - angesprochen sowie der Umstand, dass dies - abstrakt gedacht - auf einen Betrug hinauslaufen könnte, nämlich dann, wenn beispielweise Maschinen fehlen würden.

Dass das Landgericht (LGU 147) der Einlassung des Zeugen S zu Sinn und Zweck des Kegel- Vermerks nicht gefolgt ist, rechtfertigt im Ergebnis keine andere Bewertung. Auch der Senat geht davon aus, dass S mit seinem Hinweis auf einen Kegel und den im Vermerk festgehaltenen weiteren Erwägungen nicht nur auf die Problematik der Finanzierung über Leasing hinweisen wollte, sondern durchaus das "FlowTex- Finanzierungsmodell" erkannt hatte, bei dem der Hersteller die Leasingraten seiner Abnehmerin zum größten Teil aus der Differenz zwischen Verkaufserlös und den Herstellungskosten finanziert. Die Kenntnis von dem tatsächlich geübten Betrug, dem Verkauf nicht existenter HBS, ergibt sich hieraus - wie ausgeführt - indes nicht. Dass S den Darlegungen im Kegel- Vermerk heute eine etwas andere, abgeschwächtere Deutung beimisst, könnte allein auf das zum Zeitpunkt seiner Vernehmung laufende Strafverfahren wegen Beihilfe zum FlowTex- Betrug zurückzuführen sein.

Nichts anderes ergibt sich aus den Bekundungen der anderen Teilnehmer der Besprechung vom 28.09.1999, den Zeugen Zr, Bl, Gl und S. Der Zeuge Zr, der an der Besprechung als Vertreter der gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe (GFG) für das Zollkriminalamt teilnahm, konnte sich nur noch daran erinnern, dass der Verdacht einer Geldwäsche im Raum stand und der Zeuge S über seine Erkenntnisse aus der früheren Betriebsprüfung berichtet habe, bei der es auch um die Frage der Existenz von Maschinen bei der Firma FlowTex gegangen sei (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Zr, S. 9 = II 2113) . S habe seiner Erinnerung nach auch erklärt, dass er jetzt wieder prüfen müsse, wo Maschinen konkret stünden und wie sich das nachweisen lasse. An die Erörterung eines "Kügelchensystems" oder den Begriff "Schneeballsystem" konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern (Protokoll Senat vom 17.11.2006, S. 11 = II 2117) .

Der Zeuge Bl gab an (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Bl, S. 10 = II 2221) :

"Es ist richtig, dass in Wiesbaden auch Herr S Ausführungen machte. Es war so, dass wir ähnlich saßen wie heute hier. Hinter mir befand sich ein Flip-Chart und Herr S hat anhand dieses Flip-Charts oder Tafel Ausführungen gemacht. An deren genauen Inhalt erinnere ich mich heute nicht mehr. Ich weiß nur, dass es ziemlich durcheinander ging, weil manche Punkte kontrovers diskutiert wurden."

Der Zeuge Bl gab vor dem Senat weiter an (Protokoll Senat vom 27.11.2006, S. 11 = II 2223) :

"Ich stimme der Beurteilung zu, dass dann, wenn man wirklich einem Verdacht auf nicht existierende Systeme nachgehen wollte, bei der zweiten Besprechung in Wiesbaden der Falsche beauftragt worden ist mit den Untersuchungen.

Wir haben uns allerdings nicht durchweg als die falsche Stelle für die Ermittlungen angesehen. Denn soweit Zahlungsströme und Geldwäsche betroffen waren, hätten wir durchweg einige Erkenntnisse gewinnen können. (...) Ansonsten ist allerdings nicht thematisiert worden, dass wir für die Nachforschungen nach einem Betrug mit nicht vorhandenen Systemen nicht die Richtigen waren. Ich muss allerdings sagen, dass ich ab 1999 noch geprägt war von den Ergebnissen der Betriebsprüfungen 1996, in der sich nach meinem damaligen Eindruck, der auch fort dauerte bis 1999, das Ergebnis einstellte, dass die angeblich fehlenden Systeme vorhanden waren."

Auch nach den Bekundungen des Zeugen Bl ergab sich bei der Besprechung im September 1999 noch kein konkreter Verdacht für ein Betrugssystem, d. h. den Verkauf von nicht existenten HBS. Der Eindruck des Zeugen Bl von der Besprechung im September 1999 und seine persönliche Erinnerung daran decken sich im Großen und Ganzen mit der des Zeugen Kk, wonach S nur seine Erkenntnisse zum FlowTex- Finanzierungssystem wiedergegeben hat.

Der Zeuge Gl hat nur Angaben zu der Besprechung im Sommer 1999 in Karlsruhe gemacht und betont (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Gl, S. 12 = II 2499) :

"Nach meinem Eindruck waren die Informationen des Bundeskriminalamts, wie sie uns im Juli 1999 mitgeteilt wurden, nicht ausreichend, um irgendetwas zu unternehmen.Bei der Besprechung habe ich durchaus daran gedacht, dass wir früher, nämlich 1996/1997 Ermittlungen vorgenommen hatten. Ich möchte allerdings sagen, dass wir 1996/1997 zu dem Ergebnis gelangt waren, dass die Bohrsysteme auch tatsächlich vorhanden waren.

Auch danach sah keiner der an der Besprechung vom 28.09.1999 Beteiligten - weder die Steuerfahndung noch die Beamten des BKA - einen Handlungsbedarf, obwohl in Spanien und Portugal schon Ermittlungen gegen die Firma M. wegen des Verdachts der Geldwäsche und eines Warenkreislaufes von FlowTex- Lieferungen nach Spanien und Portugal liefen, wobei an den Maschinen auch Typenschilder ausgetauscht würden (Bericht des Untersuchungsausschusses des Landtages von Baden Württemberg: Drucksache 13/1450: S. 406, 408, 411; Beklagtes Land Schriftsatz vom 30.07.2003, S. 204 = I 2387; Schriftsatz vom 08.11.2006, S. 2 = II 2025) .

Der Zeuge S gab vor dem Senat zu Anlass und Inhalt der Besprechung beim BKA im September 1999 an (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. 6 = II 2647; Protokoll vom 11.12.2006 in der durch den Zeugen korrigierten Form: S. 6 = II 2841) :

"Wenn mir die Aussage des Zeugen Kk vor dem Senat vorgehalten wird, worin von einem Loch in den entsprechenden Ermittlungen, die anzustellen seien, die Rede ist, so kann ich sagen, von einem Loch kann sehr wohl die Rede gewesen sein. Ich bringe dies zuerst in Verbindung mit einem Belegloch, das wir bei der Prüfung bis 1993 vorfanden. Es kann durchaus sein, dass wir auch von einem tatsächlichen Loch gesprochen haben. Wenn allerdings der Zeuge Kk zu dem Ergebnis kommt, die Besprechung in Wiesbaden habe damit geendet, dass man die Betriebsprüfer in der anstehenden Betriebsprüfung beauftragt hätte, nach der Existenz von Maschinen zu fahnden, so ist das nicht richtig. Hierzu wären wir gar nicht berufen gewesen. Die Betriebsprüfer sind für die Aufdeckung eines Betruges gänzlich ungeeignet, weil wir hier durch Steuergeheimnis und sonstige Sachen beschränkt sind. Wir sind im Rahmen unserer Tätigkeit nach der Abgabenordnung mit außersteuerlichen Dingen nicht befasst.

Ich wäre falsch verstanden worden, wenn ich eben von einem tatsächlichen Loch, das mir 1999 bekannt war, gesprochen hätte. Mit Loch habe ich gewertet, den Sachverhalt, wie er sich aus der anonymen Anzeige ergeben hat.

Mir schien es aufgrund der Erkenntnis aus Spanien und Portugal gerade unwahrscheinlich, dass ein tatsächliches Loch, also ein Fehlbestand an Bohrsystemen vorhanden war, weil nämlich mitgeteilt wurde, dass dort unten Bohrsysteme festgestellt worden waren.

Es ist so, dass wir bei diesen Besprechungen konfrontiert waren mit Informationen des Bundeskriminalamtes bzw. dann mit den Beamten aus Spanien und Portugal, welche Geldwäsche betrafen. Meine Aufgabe war es, unsere Erkenntnisse wiederzugeben, wie wir sie gewonnen hatten bei der Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1993 im Jahr 1996 bzw. 1997. Das habe ich getan.

Wie ich bereits vorhin erwähnt habe, war tatsächlich bei der Firma PowerDrill ein Fehlbestand von zwei Systemen festgestellt worden, was auch zu einem Strafverfahren geführt hatte, das mit einem Strafbefehl für Herrn Matthias Schmider geendet hatte...."

Die Angaben des Zeugen S decken sich in ihrem wesentlichen Kern mit den Bekundungen der anderen Beteiligten der Besprechung beim BKA im September 1999. Bei dieser Besprechung hat S seine Erkenntnisse aus den vorausgegangenen Betriebsprüfungen dargelegt, wobei der Zeuge von der Kenntnis eines so genannten Beleglochs ausging, was die Prüfer - wie unstreitig - schon im Rahmen der bei KSK vorgenommenen Materialverprobung zu Beginn der Betriebsprüfung in 1996 festgestellt hatten.

In diesem Zusammenhang kann auch - worauf das Landgericht (LGU 163 zum Fehlen eines Unterstützungswillen bei S) bereits zutreffend hingewiesen hat - der Vermerk Ss vom 26.09.1999 (Vermerk vom 26.09.1999, Anlage B 69) nicht außer Betracht bleiben, der von S in Vorbereitung der zweiten Besprechung mit dem BKA am 28.09.1996 gefertigt worden ist. Darin werden die Erkenntnisse aus der zweiten Betriebsprüfung dargelegt und für die dritte Betriebsprüfung eine erneute Systemüberprüfung sowie eine Überprüfung anhand der Höhe der Mieteinnahmen angekündigt, Maßnahmen, die keinen Sinn ergeben, wenn S das Betrugssystem und seine Kenntnis hiervon hätte verbergen wollen.

(2)Die sonstigen Indizien als Nachweis für die Kenntnis Ss vom Betrugssystem, insbesondere die Aktenvermerke, die WP- Testate und IZA- Auskunft:

Die Klägerin führt für den Nachweis der Kenntnis des Prüfers Ss vom FlowTex- Betrugssystem neben den Aussagen der Haupttäter und sonstigen Zeugen die zahlreichen Aktenvermerke Ss und anderer Betriebsprüfer sowie eine Reihe weiterer Indizien wie Listen des Zeugen Da, das so genannte WP- Testatverfahren und die erwiesenermaßen unterbliebene Auswertung der IZA- Auskunft an. Auch unter Berücksichtigung dieser Fakten ist die subjektiven Seite der Beihilfe nicht bewiesen. Der Inhalt der verschiedenen Vermerke des Betriebsprüfers S sind für sich betrachtet und im Rahmen einer Gesamtwürdigung lediglich Beleg dafür, dass dieser das Finanzierungssystem, die Zahlungsflüsse KSK/FTI erkannt hat. Auch dürfte er erkannt haben, dass eine nicht geringe Anzahl HBS bislang nicht rentierlich arbeiteten. Mit dieser Alternative - Kenntnis der problematischen Rentierlichkeit - lassen sich die Vermerke und Aussagen der Zeugen ohne weiteres in Einklang bringen. Dass S darüber hinaus 1996 auch Kenntnis von der Nichtexistenz von 1000 HBS hatte und den Handel mit nicht existenten HBS wissentlich geduldet hat, ist durch die Vermerke und sonstigen, von der Klägerin angeführten Unterlagen und Indizien hingegen nicht hinreichend belegt.

(2.1)Da- Liste ( Da- Liste Anlage K 56 = Anl. K 7/129, K 7/130 ) - Materialverprobung ( Tabelle vom 07.05.1996 Anlage B 109; Vermerk vom 03.06.1996 Anlage B 37: "Systemabgleich"; Vermerk vom 21.07.1996 Anlage B 35: "Gewinnmarge- Vermerk" ) :

Die Klägerin macht geltend, dass S aus der Da- Liste und den Äußerungen des Zeugen Da (Schreiben Da vom 10.07.1996 Anlage K 61) die Anzahl der tatsächlich existierenden Bohrsysteme - bis zum 31.03.1996 durch KSK eingekauft: 181 Bohrgeräte und 175 Versorgungseinheiten (davon 77 LKW- Systeme und 98 Shelter - Systeme) und 1990 - 1993: 91 Bohrgräte und 94 Shelter - bekannt gewesen sei. Tatsächlich seien aber - wie unstreitig - in den Unterlagen der KSK Ausgangsrechnungen für die Jahre 1991 bis 1993 von ca. 370 HBS vorhanden gewesen. Alleine aus dieser dem Betriebsprüfer S bekannten Diskrepanz zwischen den nach der Da- Liste existierenden Bohrsystem und den tatsächlichen Verkäufen der KSK ergebe sich, dass der Großteil der Systeme auf der Basis eines Betrugssystems finanziert worden sei.

Es trifft zwar zu, dass S und auch die anderen Betriebsprüfer allein schon durch die von ihnen selbst vorgenommene Materialverprobung (Vermerk S vom 07.05.1996 Anlage B 119) erkannt hatten, dass ausweislich der Unterlagen der KSK ein zu geringer Materialeinsatz verglichen mit den tatsächlich ausgewiesenen Verkäufen vorlag. Im Aktenvermerk vom 03.06.1996 (Anlage B 37 = Anlage K 68) hat S hierzu unter Tz. 3 "Systemabgleich betreffend FTI GmbH" ausdrücklich festgehalten:

"Es wurde festgestellt, dass durch die Bp. es nicht nachvollziehbar sei, dass im Pz. ca. 370 Systeme durch KSK zu 98 % an FTI bzw. Leasingfirmen - Leasingnehmer FTI - veräußert wurden, der Materialeinsatz bei KSK aber nur für ca. 77 Systeme bis Abnahmedatum 31.12.1993 nach den Aufzeichnungen der KSK - Technik Einkäufe vorhanden seien".

Nach den Angaben des Zeugen Ga (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, S. 7, Rn. 25) wurde den Betriebsprüfern als Erklärung für diese Diskrepanz mitgeteilt, es sei wegen des mit FlowMole in den USA geführten Prozesses eine heimliche Auslandsfertigung erfolgt. Die Diskrepanz zur Da- Liste wurde den Betriebsprüfern also mit der an KSK vorbei vorgenommenen, geheimen Auslandsproduktion und den im Ausland befindlichen HBS erklärt. Dies wurde so auch von S in seinem Vermerk über die Besprechung vom 03.06.1996 unter Tz. 3.2 und 3.3 als Erklärungen von Schmider und Kleiser festgehalten.

Der Zeuge S hat die heimliche Auslandproduktion als Erklärung Schmiders und Kleisers für die Diskrepanz zwischen Materialeinsatz und tatsächlich verkauften HBS auch bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bestätigt und angegeben, dass den Betriebsprüfern die umfangreichen Erläuterungen damals durchaus verständlich erschienen. Der Zeuge Ga gab erläuternd hierzu weiter an, dass sie sich trotz Kenntnis der anonymen Anzeige damals nicht hätten vorstellen können, wie der Verkauf von nicht existierenden HBS bei so vielen beteiligten Unternehmen hätte vonstatten gehen können. Zudem hätten sie für die später geänderte Erklärung, die Sß...gelder seien für die Systemfertigung im Ausland verwendet worden, Nachweise verlangt, worauf sie Mietscheine und Versicherungspolicen erhalten hätten.

Außerdem wurde den Betriebsprüfern von Schmider und Kleiser als Nachweis für die Existenz der HBS die Vorlage von Wirtschaftsprüfertestaten auf deren Kosten angeboten. Diesen Vorschlag haben die Betriebsprüfer den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Ga zufolge als einen geeigneten Nachweis für das Vorhandensein der HBS akzeptiert, was einleuchtend und auch nachvollziehbar ist angesichts der eingeschränkten bzw. fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten der deutschen Betriebsprüfung im Ausland. Soweit den Betriebsprüfern der Nachweis der ausländischen Produzenten von Schmider verweigert wurde, gab S hierzu an, dass Schmider im Zusammenhang mit der heimlichen Auslandsproduktion angegeben habe, dass er die ausländischen Produzenten nicht mitteilen werde, "und wenn man ihn tot schlage" (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S, S. 13, Rn. 56) . Diese Erklärung Schmiders konnte den Betriebsprüfern zum damaligen Zeitpunkt schon deshalb plausibel erscheinen, weil mit dem Konstrukt der "heimlichen Auslandsproduktion" seitens Schmiders der Anschein hergestellt worden war, dass die Produktion und damit auch die Hersteller der HBS im Ausland wegen des Prozesses in den USA auf keinen Fall bekannt gegeben werden durften. Hierein fügt sich auch die im Vermerk vom 03.06.1996 unter Tz. 3.3 von S festgehaltene Erklärung von Kleiser, "Daher würden auch keine Rechnungen über Systeme bzw. deren Komponenten mehr existieren, man habe diese alle zuvor vernichtet" (Vermerk vom 03.06.1996, Anlage B 37) .

Nach den Angaben des Zeugen Ga wurde den Betriebsprüfern und damit auch S von Schmider und Kleiser eine plausible Erklärung für die von den Betriebsprüfern festgestellte Diskrepanz zwischen den tatsächlich in der Da- Liste aufgeführten HBS und den von KSK verkauften HBS gegeben. Die beim Wareneinsatz festgestellten Diskrepanzen waren danach durch die Erklärung der Haupttäter über die heimliche Auslandsproduktion, insbesondere die Gefahr ganz erheblicher Schadensersatzforderungen von FlowMole, durchaus plausibel und nachvollziehbar erklärt worden. Dass bei einem Neueinstieg in den Markt Produktionen auf Halde vorgenommen werden, und der Hersteller - hier die KSK - seinem "Abnehmer" bei der Anschaffung Hilfe leistet, erscheint durchaus im Rahmen nachvollziehbaren unternehmerischen Wirtschaftens und musste für sich genommen keinen Verdacht begründen.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass S dennoch erkannt hätte und damit wusste, dass die Erklärungen der Haupttäter zu der Auslandsproduktion falsch waren, fehlen. Zwar gab der Zeuge Ga bei seiner Vernehmung durch das Landgericht (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, S. 12, Rn. 48) an:

"Wenn ich gefragt werde, ob ich nicht aus den dargestellten Zahlungsflüssen den Schluss gezogen habe, dass es sich um ein fatales System handeln könnte, so würde ich dazu sagen: Wenn das System nicht unterbrochen wird, dann ja."

Der Zeuge gab aber in diesem Zusammenhang weiter auch an, dass den Betriebsprüfern glaubhaft dargestellt worden sei, dass sich die Firmengruppe in der Übergangsphase befinde und im Ausland verstärkte Aktivitäten entfalten werde, sodass sie nicht davon ausgegangen seien, dass das System nicht unterbrochen werden könne. Dass es sich um ein betrügerisches System handeln könnte, hätten sie nicht gesehen, sondern den Begriff System auf die allein erkannte Finanzierungsform und den ihr immanenten Zwang bezogen, dass die Maschinen irgendwann rentierlich arbeiten mussten. Die Klägerin kann sich somit nicht mit Erfolg auf die von ihr angeführten, oben im Einzelnen wiedergegebenen Aussagen des Zeugen Ga zur Kenntnis Ss vom Betrugssystem berufen. Denn der Zeuge Ga hat in der weiteren Folge seiner Äußerungen vom 15.06.2005 die Kenntnis der Betriebsprüfer von einem betrügerischen System ausdrücklich in Abrede gestellt und seine Aussage zur Unterbrechung des Systems nachvollziehbar erläutert.

In diesem Zusammenhang kann auch die Aussage und Bewertung des Zeugen Gl anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat vom 08.12.2006 (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Gl, S. 14, 15 = II 2503, 2505) nicht unberücksichtigt bleiben, die mit der des Zeugen Ga im Wesentlichen übereinstimmt. Der in Steuerfragen und Steuerstrafsachen erfahrene Finanzbeamte hat das ihm aus den Unterlagen der Betriebsprüfung und den Besprechungen mit den Betriebsprüfern bekannte Finanzierungssystem wie folgt beschrieben und eingeschätzt:

"Für uns war das von uns ermittelte System durchaus ein Schneeballsystem und zwar so, dass die KSK billig produziert und einkaufte und teuer verkaufte und mit der Gewinnspanne die Leasingunternehmen, die eigentlich Leasingraten zahlen sollten, unterstützte. Wir sind damals davon ausgegangen, dass das System gefährlich werden würde, wenn die Geräte nicht irgendwann produktiv und gewinnbringend eingesetzt werden könnten. Wir sind damals davon ausgegangen, dass die Situation bis 1993 möglicherweise sich dadurch erklären könnte, dass man im Stadium der Markteinführung war. Dies war meiner Erinnerung nach auch die Darstellung, die seitens FlowTex gegenüber den Betriebsprüfern gebracht wurde. Die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts wollten wir, wie sich aus dem Vermerk vom April 1997 B 65 ergibt, der Staatsanwaltschaft überlassen."

Die Einschätzung und Beurteilung des Finanzierungssystems der FlowTex- Gruppe durch den Zeugen Gl steht damit in Einklang mit den Angaben des Zeugen Ga. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsprüfer S über weitergehende Erkenntnisse als die der Zeugen Ga und Gl verfügte, sind auch in Bezug auf die Diskrepanz zwischen den angeblich verkauften HBS und den nach der Da - Liste tatsächlich existierenden Bohrsystemen nicht auszumachen.

(2.2)Zu den weiteren Feststellungen des Landgerichts ( LGU 143 - 166 ) - Vermerk vom 13.05.1996:

Die Klägerin meint vorab (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 88ff = II 241ff; Schriftsatz vom 07.05.2007, S. 9ff = II 3619ff) , dass die vorgelegten Urkunden insbesondere in Form von Aktenvermerken der Betriebsprüfer und Steuerfahnder sowie in Form von Vernehmungsprotokollen der Staatsanwaltschaft prozessual nicht uneingeschränkt der freien Beweiswürdigung unterlägen, weil solche Urkunden grundsätzlich bis zum Beweis des Gegenteils (§§ 415 Abs. 2, 418 Abs. 2 ZPO) den vollen Beweis der darin beurkundeten Tatsachen erbrächten. Der Gegenbeweis sei erst geführt, wenn die Möglichkeit der Richtigkeit ausgeschlossen werde (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 418 Rn.12) .

Es trifft durchaus zu, dass ein und dieselbe Urkunde teils unter die Bestimmung des § 415 ZPO, teils unter diejenige des § 418 ZPO fallen kann und sich hieraus insbesondere für die formelle Beweiskraft der Urkunde bestimmte gesetzliche Beweisregeln ergeben. Nach § 415 ZPO erbringt die öffentliche Urkunde den vollen Beweis dafür, dass die beurkundete Erklärung abgegeben worden ist. Nicht dagegen ist der Beweis für die inhaltliche Richtigkeit hierdurch bewirkt (BGH JZ 1987, 522; NJW 1980, 1000; NJW 1995, 2856; NJW 2002, 3164; Zöller, a.a.O., § 415 Rn. 2 und 5) . Die erhöhte Beweiskraft solcher Urkunden - wie hier u. a. die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle und die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen S - erstreckt sich nur auf die Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht auf deren inhaltliche Richtigkeit. Bewiesen wird damit nur, dass zu der in der Urkunde angegebenen Zeit, am bezeichneten Ort, vor der genannten Urkundsperson Erklärungen des niedergelegten Inhalts abgegeben worden sind (BGH JZ 1987, 522) . § 418 Abs. 1 ZPO regelt die Beweiskraft sogenannter Zeugnisurkunden und bezieht sich nur auf eigene Wahrnehmungen der öffentlichen Behörde oder Urkundsperson. Bezogen auf die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle beweist die Urkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO allein die in der Urkunde bezeugten Tatsachen, soweit diese auf eigenen Handlungen oder eigenen Wahrnehmungen der Behörde oder der Urkundsperson beruhen (Zöller, a. a. O. ,§ 418 Rn. 3) . Bedeutung und Aussagekraft der in der Urkunde darüber hinaus festgehaltenen Erklärungen sind von der formellen Beweiskraft der Urkunde nicht erfasst, sondern der freien Beweiswürdigung zugänglich. Lediglich zu innerdienstlichen Zwecken angefertigte Urkunden wie hier die Aktenvermerke der Betriebsprüfer/Steuerfahnder oder Berichte an vorgesetzte Stellen fallen nicht in den Kreis der öffentlichen Urkunden. Die Beweiskraft privater Urkunden, zu denen alle Dokumente zählen, die nicht zu den öffentlichen Urkunden gehören, erstreckt sich nicht auf den Inhalt der Erklärung. Formell voll bewiesen ist nur die Abgabe der in der Urkunde enthaltenen Erklärung (§ 416 ZPO). Im Übrigen gilt auch hier der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Münchner-Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 416 Rn. 8 und 9) .

Zum Vermerk vom 13.05.1996 des Steuerfahnders Si (Vermerk Sb vom 13.05.1996, Anlage K 80 = B 47) :

In dem Vermerk vom 13.05.1996 über ein Telefonat des Zeugen Si mit S ist zwar im letzten Satz festgehalten:

"Er (S) teilt mit, dass es sich dabei s. E. um eine reine Finanzierungsmethode handele, die auf einen Betrug gegenüber den Banken hinauslaufe."

Hierauf kann eine Kenntnis des Betrugssystems jedoch nicht gestützt werden, weil - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - es sich hierbei um eine Äußerung Ss zu der rechtlichen Bewertung eines in der anonymen Anzeige behaupteten Sachverhalts handelt. Dies wurde so auch vom Zeugen Si anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb, S. 16ff = II 2507ff) bestätigt. S habe ihm - so weiter der Zeuge Si - bei dem Telefonat nicht von einem praktizierten Betrug berichtet, sondern eine Bewertung des Sachverhalts auf einer abstrakten Ebene vorgenommen. Hiergegen erinnert die Klägerin auch weiter nichts.

(2.3)Besprechung vom 20. Mai 1996 - OFD Karlsruhe - Aktenvermerke Me ( Vermerk vom 20.05.1996, Anlage K 74 (Me) ) und Gl ( Vermerk vom 20.05.1996, Anlage B 34 (Gl) ) :

In dem Aktenvermerk vom 20.05.1996 über die Besprechung bei der OFD Karlsruhe am 20.05.1996 ist vom Besprechungsteilnehmer Me unter Tz. 1.1.5. Leasingverträge festgehalten:

"Verkauf der Geräte - Einheiten an Leasinggesellschaften

Anmietung der Geräte - Einheiten durch verbundene Unternehmen

"Verteilung des Rohgewinns" an die verbundenen Unternehmen

progressive Zunahme der Leasingverträge...".

Dieser Teil des Aktenvermerks des Betriebsprüfers Me beschreibt in der Tat das damals schon aktuelle Geschäftsmodell innerhalb der FlowTex- Gruppe. Hierfür sprechen auch die Bekundungen des Zeugen S, der vor dem Landgericht (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S Rn. 47) angab, dass am 20.05.1996 über Zahlungen der KSK an FTT und den jährlichen Zuwachs der Leasingverträge von den Betriebsprüfern berichtet worden sei. Der Zeuge S hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass die vom Betriebsprüfer Me verwendeten Begriffe "Rohgewinn" und "progressive Zunahme der Leasingverträge" sich auf die Bekanntgabe der vertraglichen Vereinbarungen über Zahlungen der KSK an FTT (Übernahme der Leasingaufwendungen in den Stillstandszeiten der HBS) und des jährlichen Zuwachses der Leasingverträge bezogen.

Soweit die Klägerin allerdings darüber hinaus meint, dass durch den oben wiedergegebenen Teil des Aktenvermerks (Tz 1.1.5.) auch belegt sei, dass Betriebsprüfer S damals schon das System "FlowTex" als Betrugssystem erkannt habe, kann der Klägerin hierin nicht gefolgt werden. Dem Vermerk ist - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - mehr als eine Notiz über die Darstellung der Geschäftsaktivitäten der FlowTex- Gruppe ohne Bezug zu einem Betrugsverdacht nicht zu entnehmen.

Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Ga anlässlich der Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Ga, S. 4 = II 2209) haben die Betriebsprüfer von einer anonymen Anzeige und dem darin behaupteten Betrugssystem erstmals am 10.05.1996 in Erfurt erfahren. Vorher (Aktenvermerk S vom 07.05.1996, Anlage B 119) hatten die Betriebsprüfer S und Ga zwar bereits eine Materialverprobung bei FTT in die Wege geleitet und auch schon ein Missverhältnis zwischen dem Materialeinsatz und den Erlösen bei KSK - wie aus der von S hierzu erstellten Tabelle ersichtlich (Siehe hierzu Tabelle vom 07.05.1996, Anlage B 109;) - festgestellt, aber - so weiter der Zeuge Ga - keinen Hinweis darauf gehabt, dass tatsächlich Systeme fehlen könnten. Auch der Zeuge S (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S, S. 7: Rn. 27, 28) gab in Übereinstimmung hierzu an, dass die Gegenüberstellung mittels einer Tabelle nicht im Hinblick auf einen Verdacht auf fehlende HBS erfolgt sei. Ihnen sei zu diesem Zeitpunkt weder die telefonische Anzeige noch die schriftliche anonyme Anzeige bekannt gewesen. Die Betriebsprüfer haben erst kurz vor der Besprechung vom 20.05.1996 von einem möglichen Betrug mit nicht existenten HBS erfahren. Den Angaben des Zeugen Vr (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 30.06.2005: Zeuge Vr, S. 2: Rn. 4) zufolge wurden die zuständigen Betriebsprüfer erst während der Besprechung vom 20.05.1996 durch den Zeugen Sch als dem damals zuständigen Sachgebietsleiter der Steuerfahndung unter Hinweis auf Vermeidung möglicher Verwertungsverbote mit der Aufgabe betraut, im Rahmen der bereits laufenden Betriebsprüfungen der FlowTex- Firmengruppe der Frage nachzugehen, ob verkaufte Geräte teilweise nicht existierten. Hieraus ergibt sich, dass die Betriebsprüfer S und Ga als maßgeblich mit der Außenprüfung der KSK und FTT befasste Prüfer bis dahin, also bis zur Fertigung der Tabelle vom 07.05.1996 und der erst in der Besprechung vom 20.05.1996 durch die Steuerfahndung erfolgten Beauftragung mit der Systemüberprüfung ihr Augenmerk noch nicht auf die Frage gerichtet hatten, ob von einem betrügerischen Finanzierungssystem - Verkauf von nicht existenten HBS - auszugehen war. Jedenfalls ist hierfür nichts Stichhaltiges auszumachen.

Die nochmalige Vernehmung der Zeugen Ga, Bl, Vr, S und Sch durch den Senat hat zu keiner anderen Bewertung des Inhalts und der Bedeutung des Vermerks vom 20.05.1996 geführt. Nach den Angaben der Zeugen in beiden Instanzen hatten diese damals keine Kenntnis von einem (immer größer werdenden) Fehlbestand angeblich existenter HBS, somit von dem hinter Flowtex stehenden betrügerischen System.

Hierfür ergibt sich ergibt sich auch nichts aus Tz. 1.1.4 des Vermerks, in dem nur von einer "Vermutung bezüglich Scheinumsätzen und versuchtem Kreditbetrug" die Rede. Schon die Abfassung des Vermerks zeigt, dass seitens der Betriebsprüfer und Steuerfahnder im Hinblick auf die bei dem Treffen am 20.05.1996 erörterte anonyme Anzeige bloße Überlegungen dazu angestellt wurden, welche strafrechtliche Bedeutung der Anzeige als solches beigemessen werden könnte.

Zudem kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass der Vermerk des Zeugen Gl über die Besprechung vom 20.05.1996 sich im Wesentlichen mit der Systemprüfung und der anonymen Anzeige, nicht aber mit der Frage der Finanzierung der FlowTex- Gruppe befasst. Der Vermerk des Zeugen S vom 21.05.1996 (Vermerk S vom 21.05.1996, Anlage B 36) über die Besprechung vom 20.05.1996 befasst sich ebenfalls mit dem Inhalt der anonymen Anzeige und der Frage, dass und wie der Nachweis für die Systeme erbracht werden könnte. Beide Vermerke geben somit nur den wesentlichen Kern der Besprechung vom 20.05.1996, nämlich die Auseinandersetzung mit der anonymen Anzeige wieder, sind aber kein Beleg für eine Kenntnis Ss vom FlowTex- Betrugssystem.

Auch die Zeichnung eines auf der Spitze stehenden Kegels auf einem Exemplar des Besprechungsvermerks (Anlage K /133 = B 35) des Betriebsprüfers Me ist nicht weiterführend. Es konnte weder in erster noch in zweiter Instanz geklärt werden, von wem die am Rand angebrachte Zeichnung eines Kegels überhaupt stammt. Ob hierdurch graphisch ein "Schneeballsystem" dargestellt oder das Verhältnis von Herstellungskosten zum Verkaufserlös erfasst werden sollte, ist nicht geklärt. Zudem ist die Abbildung eines Systems, bei dem eine Maschine den Verkauf von zwei weiteren Maschinen bedingen soll, als solches nicht gleichbedeutend mit dem von der FlowTex- Gruppe praktizierten betrügerischen System im Sinne der Klägerin, nämlich dem Verkauf nicht existenter HBS.

Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Vermerk des Zeugen S vom 02.09.1996 (Anlage K 75 = B 67) , in dem der Begriff "Kegel" auftaucht, sowie die Angaben des Zeugen Kk (Klägerin Schriftsatz 22.12.2005 S. 92/93 = II 249/251 und II 285; Vernehmung Kk vom 07.03.2002, Anl. K 7/197, S. 7) zu einer Besprechung beim BKA in Wiesbaden im September 1999, bei der S das System "FlowTex" mit einem Tannenbaum verglichen und erläutert habe, dass das System nur dadurch zu finanzieren sei, dass weitere Systeme nachgebaut würden, ansonsten das System zusammenbräche, beruft, liegen diese Vorgänge zeitlich wesentlich später und lassen mangels sonstiger Anhaltspunkte auch nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss zu, dass S im Rahmen der Betriebsprüfung 1996/97 über weitere als in dem Vermerk Me festgehaltene Kenntnisse verfügte. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die nachfolgenden Ausführungen zu dem sogenannten Kegel- Vermerk (Ziffer 2.5.4) und den Angaben des Zeugen Kk (Ziffer 1.6) verwiesen.

(2.4)Heimliche Auslandsfertigung:

Die Klägerin vertritt im Berufungsrechtszug (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S.93ff = II 251ff) weiterhin die Auffassung, die Diskrepanz zwischen dem Materialeinsatz und den durch KSK an Leasinggesellschaften verkauften HBS hätte nicht plausibel mit dem Hinweis auf eine angeblich geheime Auslandsfertigung erklärt werden können. Die heimliche Auslandsproduktion sei durch nichts zu belegen gewesen. Weder hätten den Betriebsprüfern Einkaufsrechnungen vorgelegt werden können noch sei die Existenz der HBS durch entsprechende Mieterlöse oder Ersatzteilanforderungen belegbar gewesen. Auch sei zum Zeitpunkt der Betriebsprüfungen in 1996 der Prozess mit den US- Lizenzgebern (FlowMole- Verfahren) beendet gewesen. Im Streit habe nur noch der Schiedsspruch und dessen Vollstreckbarkeit gestanden. Darüber hinaus habe die Selbstanzeige vom 05.02.1996 den Sachverhalt aufgegriffen, dass KSK Zahlungen mit Vorsteuer (was Inlandslieferung bedeutete, Ausland ohne MWSt) geleistet habe. Die Betriebsprüfer hätten auch nicht die steuerlichen Konsequenzen aus der ihnen plausibel erscheinenden Erklärung gezogen. Die angeblich für die heimliche Auslandsfertigung verwendeten Sß...gelder seien gerade nicht als - gegebenenfalls nicht abzugsfähige - Betriebsausgaben anerkannt, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung bei Ne in Ansatz gebracht worden. Hieraus sei deutlich hervorgegangen, dass keine Auslandsfertigung angenommen worden wäre.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es keine Einkaufsrechnungen für die angeblich im Ausland gefertigten HBS gab und die Mieterlöse aus dem Ausland nach den Erklärungen von Schmider und Kleiser erst 1997 fließen sollten. Weiter steht fest, dass Ne für die Verwendung der Sß...gelder zunächst eine völlig andere Erklärung als später die Haupttäter abgegeben hatte, mithin ein unverkennbarer Wechsel in der Darstellung der Verwendung der Sß...gelder stattgefunden hatte. Dennoch konnten und durften die Finanzbeamten und insbesondere auch der Betriebsprüfer S damals die heimliche Auslandsfertigung als plausible Erklärung für die Verwendung der Sß...gelder ansehen und mussten entgegen der Auffassung der Klägerin nicht Verdacht schöpfen, dass die HBS nicht existierten und deshalb der von Kleiser angegebene Verwendungszweck nicht der Wahrheit entsprach. Denn die für den Verwendungszweck "Auslandsproduktion" im Juni 1996 von den Haupttätern im Einzelnen angeführten Erklärungen ergaben eine durchaus schlüssige und nachvollziehbare Beurteilungsgrundlage für die Annahme der Richtigkeit der Darstellung.

Die Haupttäter haben als Grund für die heimliche Auslandsproduktion, die Herstellung von HBS durch FTI im Ausland durch ausländische Produktionsfirmen, die Lizenzstreitigkeit mit FlowMole in den USA angeführt. Dass zu dem Zeitpunkt im Juni 1996 der Rechtstreit mit dem US- Lizenzgeber bereits beendet war und nur noch die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs im Streit stand, hat sich den Betriebsprüfern schon mangels hinreichender Detailkenntnisse über den Verfahrensstand des im Ausland tatsächlich geführten Rechtsstreits nicht erschließen können. Die Betriebsprüfer waren auch nicht gehalten, sich insoweit weitere Kenntnisse zu verschaffen, nachdem ihnen nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen S anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S, S.11 Rn. 67) von der Steuerfahndung, die wiederum mit Staatsanwalt Z in Kontakt gestanden habe, nur aufgetragen worden wäre, neben der Ergründung der ausländischen Standorte Mietverträge und Versicherungsbestätigungen hierfür anzufordern, die - wie unstreitig - auch vorgelegt worden sind. Darüber hinaus wurden in der weiteren Folge der Systemüberprüfung von Schmider und Kleiser die WP- Testate als Standortbestätigungen beigebracht, die die von den Haupttätern vorgetäuschte Version der sogenannten Auslandsproduktion ebenfalls untermauerten.

Die Angaben in der Selbstanzeige vom 05.02.1996 (Anzeige vom 05.02.1996, Anlage K 7/88) standen mit der angeblichen Auslandsproduktion von HBS ebenfalls in keinem unlösbaren Widerspruch. Die Zeugin Ne war sich nach ihrer mit Hilfe des Steuerberaters Ww abgefassten Selbstanzeige selbst nicht im Klaren darüber, zumindest hat sie dies so in der Anzeige vom 05.02.1996 vorgegeben, ob von KSK tatsächlich bei allen drei Zahlungen an Sß Umsatzsteuer zu Unrecht geltend gemacht worden war. In der Selbstanzeige ist die Zeugin Ne deshalb vorsorglich davon ausgegangen, dass bei der KSK die Sß überlassenen Geldbeträge von insgesamt 61,5 Mio DM - ausgezahlt in drei Teilbeträgen 2.287.660,00 DM (1991), 26.304.990,00 DM (1992) und 32.910.900,00 DM (1993) - hinsichtlich des Nettobetrages als Aufwand gebucht worden sind und aus dem jeweiligen Bruttobetrag die Vorsteuer geltend gemacht worden ist. Die Vorsteuer wäre im Hinblick auf die zuletzt behauptete Verwendung der Sß...gelder für die angebliche Auslandsproduktion damit in der Tat zu Unrecht geltend gemacht worden.

Mit der Version der sogenannten Auslandsproduktion mit Hilfe der Sß...gelder wurde letztlich auch die Besteuerungsfrage der Sß...gelder einer Lösung zugeführt, indem diese Gelder nur zu einem geringen Teil, nämlich nur im Falle der NorInvest als nicht abzugsfähiger Aufwand (Betriebsprüfungsbericht KSK vom 10.07.1997, Anlage K 7/4, S. 12) (DM 11.449.016,00) und im Übrigen als verdeckte Gewinnausschüttung an Ne anerkannt wurden. Letzteres beruht - wie ausgeführt - darauf, dass weder Ne noch Schmider und Kleiser für eine Anerkennung als Betriebsausgaben im Ganzen die hierfür nach §§ 4, 6 UStG notwendigen Unterlagen vorlegen konnten, aus denen die Empfänger der Gelder (Produzenten im Ausland) hervorgingen. Hierzu gaben die Haupttäter wiederum als nachvollziehbare und aus damaliger Sicht auch durchaus plausible und für die Version stimmige Erklärung an, dass sie wegen des FlowMole- Prozesses die ausländischen Produzenten nicht angeben könnten und deshalb auch alle prüfbaren Unterlagen wie Rechnungen über Systeme bzw. deren Komponenten vernichtet worden seien (Vermerk S vom 03.06.1996, Anlage B 37: dort Tz. 3.3 Dr. Kleiser) . Nach alledem stand die steuerliche Behandlung der Sß...gelder in keinem Widerspruch zur angeblichen Auslandsproduktion der HBS.

Die Version der Auslandsproduktion stellte auch im Übrigen eine plausible Erklärung für den Verbleib der Sß...gelder dar. Den Betriebsprüfern war durch Schmider und Ne - wie im Vermerk Ss vom 21.05.1996 (Vermerk S vom 21.05.1996, Anlage B 36) festgehalten - auch erklärt worden, dass die an KSK vorbei durch FTT gefertigten Systeme KSK für 0 DM überlassen worden seien, worauf sich S seinen Angaben zufolge (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005, S. 7: Rn. 28; Beklagtes Land Schriftsatz vom 25.10.2006, S. 8, 9 = II 1849, 1851) die Inventurlisten vorlegen ließ. In der Inventur der KSK für 1991 und 1992 (Inventurlisten der KSK zum 31.12.1991 und 31.12.1992, Anlage BB 6) waren unstreitig ca. 280 HBS mit null bewertet worden, sodass auch insoweit Übereinstimmung mit den Angaben von Schmider, Kleiser und auch Ne zum Verbleib der Gelder - Verwendung durch die heimliche Produktion durch FTI - bestand. Außerdem erklärten Schmider und Kleiser zu der "Da- Liste" und den Angaben des Zeugen Da gegenüber den Betriebsprüfern, es könne nicht stimmen, dass es 300 Geräte gebe, Da habe als technischer Leiter keinen vollständigen Überblick gehabt. Auch diese Erklärung musste den Betriebsprüfer nicht unglaubwürdig erscheinen, weil Da in der Tat nur mit der technischen und nicht auch der kaufmännischen Seite bei KSK befasst war und dieser Erklärungsteil damit wiederum einen Bezug zur Realität aufwies.

Der Zeuge Ga gab auch in zweiter Instanz (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Ga, S. 4 = II 2209) an, dass die Betriebsprüfer damals zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Angaben zu einer heimlichen Auslandsproduktion plausibel erschienen. Grund hierfür war unter anderem auch, dass sich die Betriebsprüfer - wie insbesondere der Zeuge Si (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb, S. 18 = II 2511) anschaulich schilderte - damals nicht vorstellen konnten, dass der in der anonymen Anzeige vom 04.05.1996 (Anonyme Anzeige vom 04.05.1996, Anlage K 7/83) geschilderte Sachverhalt zutreffen könnte, insbesondere deshalb, weil nach den weiteren Bekundungen des Zeugen Si an den Geschäften der FlowTex- Gruppe sehr viele Gesellschaften und Firmen beteiligt gewesen wären, von denen man angenommen hätte, dass diese sicherlich selbst Überprüfungen vorgenommen hätten, wie beispielweise die Leasinggesellschaften und auch Banken.

Die Bekundungen der Zeugen Ga und Si sind schlüssig und nachvollziehbar und stehen auch nicht in Widerspruch zu den Angaben der Zeugin Ne bei ihrer Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 10, 11 = II 2189, 2191) , die ebenfalls bestätigt hat, dass für die nach der Selbstanzeige bei KSK festgestellte Lücke - Differenz zwischen den hergestellten und den bei FTT tatsächlich verbuchten HBS - von Kleiser die Erklärung der heimlichen Auslandsproduktion abgegeben worden sei.

Die Überlegungen der Betriebsprüfer zur Plausibilität der Finanzierung der angeblichen Auslandsproduktion mit Hilfe der Sß...gelder war auch mit den von S und Ga festgestellten Geldflüssen von KSK an FTI in Einklang zu bringen, zumal den Betriebsprüfern S und Ga die zunächst angegebene Version über Schmiergeldzahlungen als Verwendungszweck schon wegen der Höhe der Geldbeträge nicht glaubhaft erschien. S und Ga haben die Feststellungen zum Geldfluss zwischen KSK und FTI mit den Überlegungen der Betriebsprüfer hierzu in verschiedenen Vermerken ausdrücklich dokumentiert. Insbesondere aus dem Aktenvermerk vom 22.08.1996 (Aktenvermerk Ga - S vom 22.08.1996, Anlage K 7/102 = B 66) der beiden Prüfer ist unter "Beurteilung lt. Bp" festgehalten:

"Ca. 249 Systeme wurden 1991 - 1993 ohne Berechnung von FTI an KSK geliefert, AK/HK jedoch von FTI getragen...

....

Wenn die ges. Gewinnmarge von über 100% auf den EK bei KSK anfällt, für die überlassenen Systeme der ges. Kaufpreis an KSK geht, so muss FTI versuchen, die ihr tatsächlich zustehenden Gelder wieder zu bekommen."

Entsprechend ist auch das als Anlage gefertigte Schaubild vom 22.08.1996 (Schaubild S als Anlage zum Vermerk vom 22.08.1996 = Anlage B 66) gehalten:

Danach passte die Erklärung mit der heimlichen Auslandsproduktion zu den festgestellten Geldflüssen von KSK an FTI, wonach KSK die von FTI hergestellten Systeme für 0 DM übernommen hätte. Die von FTI getragenen Herstellungskosten hätten nach den Angaben Nes (Siehe hierzu Vermerk vom 03.06.1996, Anlage B 37: dort Tz. 3 Systemabgleich betr. FTI GmbH) nicht offen zurückfließen können, sondern der entstandene Gewinn wäre von FTI durch Mietrückberechnung, Royalties und fiktive Ersatzteillieferungen wieder abgesaugt worden. Die Betriebsprüfer konnten sich nach alledem auch aus diesem Grund mit der Erklärung der Auslandsproduktion für eine Verwendung der Sß...gelder zufrieden geben, zumal in der Folge hiervon insbesondere auch die steuerliche Erfassung der Sß...gelder und damit die eigentliche Aufgabe der Außenprüfung, nämlich die Verwendung und Besteuerung der Sß...gelder, einer vertretbaren, auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Lösung zu geführt werden konnte. Ob der Wechsel der Erklärung zum Verwendungszweck der Sß...gelder - erst Schmiergelder, dann Auslandsproduktion - eine Straffreiheit gem. §§ 370, 371 AO zu rechtfertigen vermochte, war für die Betriebsprüfer nicht von Interesse, sondern war zunächst von der Staatsanwaltschaft bzw. dem zuständigen Strafgericht zu beurteilen.

(2.5)Vermerke vom 03.06.1996 ( Anlage K 68 = B 37: "Halde"- Vermerk ) , 21.07.1996 ( Anlage B 55: "Gewinnmarge"- Vermerk ) , 22.08.1996 ( Anlage K 7/102 = B 66 mit Schaubild als Anlage ) sowie vom 02.09.1996 ( Anlage K 75 = B 67: "Kegel"- Vermerk ) - Dokumentation des Schneeballsystems im Sinne der Klägerin:

(2.5.1)"Halde"- Vermerk vom 03.06.1996:

Die Klägerin führt an, dass S in diesem Vermerk die fehlende Marktgängigkeit der HBS festgehalten habe. Dies trifft nach dem Wortlaut des Vermerks für einen "Großteil der Systeme" zu. Unter Tz. 3.5 "M. Schmider" ist als Angabe von Schmider nämlich angeführt:

"Ein Großteil der Systeme - Shelter und Bohrgeräte - sei produziert, (heute HK von ca. 100 TDM) doch auf Halte gestanden, wie auch heute noch zahlreiche Systeme herumstehen."

Die Klägerin meint weiter, dass es sich hierbei um 80 % aller bis einschließlich 1993 verkauften Systeme gehandelt habe, und sieht hierin einen klaren Anhaltspunkt dafür, dass S gewusst habe, dass die HBS in Wahrheit nicht existierten. Dieser Schlussfolgerung vermag der Senat nicht zu folgen. Denn es lässt sich aus dem Vermerk - worauf das beklagte Land zu Recht hinweist (Beklagtes Land Schriftsatz vom 28.04.2006, S. 50 = II 577) - schon nicht entnehmen, von welcher Größenordnung der auf Halde stehenden HBS Schmider, dessen Angabe unter Tz. 3.5 wiedergegeben wird, damals gesprochen hat.

Der Zeuge S (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S, S. 14: Rn. 64) gab an, der Gedanke, dass die Leasinggesellschaften oder finanzierenden Banken auch dadurch betrogen werden, dass sie Geräte kauften bzw. finanzierten, die auf Halde stehen, sei ihm damals nicht gekommen. Es sei ihnen auch nicht abwegig erschienen, dass eine derartige Firma einen Gerätepool vorhalte, beispielsweise für eventuelle Ausfälle bei der geschilderten Reparaturanfälligkeit. Der Zeuge Ga (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, S. 7: Rn. 27) gab zudem an, Schmider habe erklärt, um ins Geschäft zu kommen, müsse man protzen, etwas vorzeigen. Die erkannten Geldflüsse - gemeint zwischen KSK und FTI - hätten sie nicht als Kreislauf erkannt. Die Zahlungen seien auf Grund von Verträgen erfolgt. Der Zeuge Bl (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Bl, S. 15, 16: Rn. 15) gab an, dass es ihm plausibel erschienen sei, dass Systeme zeitweise nicht im Einsatz seien, er habe das im Bereich des unternehmerischen Risikos gesehen. Was die Leasinggesellschaften anbelange, so sei er überzeugt gewesen, dass diese eine Kreditprüfung durchgeführt und sich von der Kreditwürdigkeit überzeugt hätten.

Die Angaben der Zeugen sind schlüssig und widerspruchsfrei. Für die Bekundungen der Zeugen spricht darüber hinaus, dass im Vermerk vom 03.06.1996 unter T.z. 3.4 Bp. ausdrücklich festgehalten ist:

"Es wurde dargelegt, dass der Nachweis der über KSK veräußerten Systeme tatsächlich durch FTI hergestellt wurde erbracht werden müsse. Bloße Erklärungen reichen nicht aus, da auch die Rechnungstellung so wenig Aussage enthält, die Systeme fast ausschließlich an FTI oder die FlowTex Service Ges. veräußert wurden, also keine Fremdverkäufe vorlägen...".

Hieraus ergibt sich, dass die Betriebsprüfer sich mit den bloßen Erläuterungen der Haupttäter gerade nicht zufrieden gegeben haben und für die tatsächliche Existenz der HBS prüfbare Unterlagen forderten. Hinzu kommt, dass die Betriebsprüfer die Steuerfahnder Gl, Si und Sch über die Ergebnisse der Besprechung vom 03.06.1996 anlässlich einer Besprechung vom 05.06.1996 informiert haben, wie sich aus dem Aktenvermerk des Zeugen Si vom 05.06.1996 (Aktenvermerk vom 05.06.1996, Anlage B 50) ergibt. Die Prüfer haben somit ihre Feststellungen und ihren Erkenntnisstand zu - angeblich - auf Halde stehenden HBS nicht zurückgehalten, sondern an die Steufa weitergegeben, nachdem ihnen von dort die Aufgabe zugeteilt worden war, nach der Existenz der HBS zu forschen.

Der Vermerk vom 03.06.1996 ist sonach nur Beleg dafür, dass S und Ga sowie Bl Kenntnis von den Zahlungsflüssen KSK/FTI und den angeblich auf Halde stehenden HBS und damit einer sich hieraus ergebenden bislang problematischen Rentierlichkeit der Maschinen hatten, nicht aber dafür, dass sie von deren Nichtexistenz wussten.

(2.5.2)"Gewinnmarge"- Vermerk vom 21.07.1996 ( Aktenvermerk vom 21.07.1996: "Gewinnmarge"- Vermerk, Anlage K 59 = B 55 ) :

Die Klägerin führt diesen Vermerk als weiteres Indiz für die Kenntnis Ss von dem Betrugssystem an. Darin hielt S unter Tz. 3 "Vorläufige Beurteilung der Bp" fest, wie die "herumstehenden Systeme" finanziert wurden:

"...Tatsache ist jedoch, dass 5 LKW-Systeme des FTI-Pools im Standort Köllestr./Rheinhafen von mir überprüft wurden, dabei konnte ich feststellen, dass diese LKW-Systeme mit LKW-Kauf 1990/91 heute erst zwischen 500 und 3.500 km gefahren wurden. Dies würde wieder dem entsprechen, was durch die Geschäftsführer von FTI vorgebracht wird, es wurde auf Halde produziert, die fälligen Leasingraten wurden über KSK-Gewinnmarge refinanziert..."

Der Zeuge S stellt hier zunächst das den Betriebsprüfern so erklärte und von ihnen erkannte Finanzierungsmodell der FlowTex- Firmengruppe dar, führt aber unter Tz. 3 des Vermerks vom 21.07.1996 auch an, dass die Zweifel über den Systemnachweis der HBS nicht ausgeräumt seien, da die vorgelegten Unterlagen keinerlei Fremdnachweise beinhalteten. S erläutert seine Zweifel damit, dass die Bescheinigungen der Mieter über das Vorhandensein der Systeme eine Gefälligkeit darstellen könnten. Auch sei es eigenartig, dass die Mietverträge erst nach 1994 bis in die jüngste Gegenwart datiert seien, die Systeme jedoch im Zeitraum 1991 -1993 gefertigt worden seien.

Diese Ausführungen sprechen dagegen, dass S bei Erstellung des Vermerks wusste, dass die HBS in Wirklichkeit nicht existierten. Ein zu diesem Zeitpunkt in das Tatgeschehen eingeweihter Gehilfe hätte aller Voraussicht nach solche Überlegungen, die nicht nur den Nachweis für die Systeme anzweifeln, sondern auch eine ausführliche Begründung für die Zweifel geben, nicht dokumentiert, weil hierdurch die Durchführung von weiteren Betrugstaten eher gefährdet als gefördert worden wäre, und der Betriebsprüfer - als eingeweihter Gehilfe gedacht - auch davon ausgehen musste, dass im Rahmen der Vorermittlungen zu der anonymen Anzeige vom 04.05.1996 ein solcher Vermerk - wie bereits andere zahlreiche Vermerke - über die Steufa der Staatsanwaltschaft zwecks weiterer Aufklärungsmaßnahmen nach der Existenz der HBS zugeleitet werden würde.

Darüber hinaus hat der Zeuge S (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 09.06.2005: Zeuge S S. 17: Rn. 75) seinen Vermerk plausibel dahin erläutert, dass neben den dort dokumentierten Zweifeln an den bis dahin erbrachten Systemnachweisen für ihn die bei der Überprüfung von 5 LKW festgestellte geringe Laufleistung in Übereinstimmung mit der Aussage gestanden habe, es sei auf Halde produziert worden, und ebenso mit der Feststellung, dass für die nicht im Einsatz befindlichen Systeme die Leasingraten über die KSK- Verkaufserlöse finanziert worden seien. Er habe - so weiter der Zeuge - nicht den Schluss auf ein Schneeballsystem - gemeint betrügerisches im Sinne der Klägerin - daraus gezogen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bekundungen des Zeugen S zu seinem Vermerk vom 21.07.1996 nicht der Wahrheit entsprechen, sind nicht auszumachen. Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 31 = II 127; Schriftsatz vom 05.09.2006, S. 60 = II 1171) vertritt die Auffassung, aus dem Vermerk ginge mit Deutlichkeit hervor, dass S erkannt habe, dass die vorgelegten Mietverträge für den Systemnachweis keine wesentliche Aussagekraft besaßen, was zutreffend ist und so vom Zeugen auch festgehalten worden ist. Der Vermerk beinhaltet damit bloße Plausibilitätserwägungen, die der Betriebsprüfer zu der geringen Laufzeit der HBS und der Produktion auf Halde angestellt hat, und ist kein aussagekräftiger Beleg für seine Kenntnis vom Betrugssystem, d. h. einem System, das jetzt und künftig darauf beruht, dass nicht existente HBS verkauft und auf diese Weise Geld für die Firmengruppe geschöpft wird.

Soweit die Klägerin den zeitlich früheren Vermerk des Zeugen S vom 10.07.1996 (Aktenvermerk vom 10.07.1996 S, Anlage K 7/158 = B 113) über eine Besprechung mit der Zeugin Ne als Beleg dafür anführt, dass S schon vor dem 21.07.1996, nämlich bereits am 10.07.1996, Kenntnis vom Fehlen der Systeme gehabt habe, weil er dies bei der Besprechung am 10.07.199 gegenüber der Zeugin Ne mit den Worten "Er sei nicht auf der Brotsuppe daher geschwommen..." selbst eingestanden habe, wird auf die Ausführungen oben bei der Aussage Ne (Ziffer 1.4) verwiesen.

(2.5.3)Vermerk vom 22.08.1996 ( Aktenvermerk vom 22.08.1996, Anlage B 66 ) :

In diesem Vermerk sind von S Besprechungspunkte für die am 26.08.1996 vorgesehene Besprechung festgehalten worden, die sich mit der Frage der Verwendung der Sß...gelder befassen und wiederum nur das von S erkannte Finanzierungsmodell - nämlich Verwendung des Verkauferlöses bei KSK zur Tilgung von Leasingraten - umschreiben. In der Anlage hierzu wird sodann der Geldfluss KSK/FTI unter Bezugnahme auf eine von M. Schmider überlassene Liste vom 05.06.1996, in der 249 HBS als "Lieferung aus Sperrlager" angeben werden, in einem Schaubild (oben bereits unter 2.4 abgebildet) dargestellt.

Die von der Klägerin für eine Kenntnis Ss vom Betrugssystem als maßgeblich angesehene Passage unter Tz. 1.3.4. "Beurteilung der Bp" lautet:

..."Es stellt sich weiter die Frage, wie wurden die hinterzogenen Gelder tatsächlich verwendet, insbesondere, wenn u.a. noch folgende Punkte berücksichtigt werden:

ca. 249 Systeme wurden 1991 - 1993 ohne Berechnung von FTI an KSK geliefert, AK/HK jedoch von FTI getragen ...

.....

Wenn die ges. Gewinnmarge von über 100 % auf den EK bei KSK anfällt, für die überlassenen Systeme der ges. Kaufpreis an KSK geht, so muss FTI versuchen, die ihr tatsächlich zustehenden Gelder wieder zu bekommen..."

Der Vermerk enthält insbesondere eine für einen Außenprüfer logisch erscheinende Erklärung dazu, dass und warum bei einer geheimen Fertigung von HBS im Ausland und einer Überlassung von 0 DM an die KSK FTI zusehen musste, dass der ihr aus dem Verkauf der HBS zustehende Teil der Erlöse von der KSK auch an sie zurückgeleitet würde. Hintergrund der Überlegung war somit wiederum die Frage der Verwendung der Selbstanzeigegelder, wie sich schon aus der unter Tz. 1.3.4 des Vermerks aufgeworfenen Fragestellung ergibt. Es erschien den Betriebsprüfern logisch und nachvollziehbar, dass die Sß...gelder zur Auslandsproduktion und nicht - wie zunächst behauptet - als Schmiergelder (von nach ihrem Marktverständnis völlig übersetzter Höhe) verwendet worden waren. Hierzu passte auch der von den Betriebsprüfern aufgezeigte Geldfluss.

(2.5.4)"Kegel"- Vermerk vom 02.09.1996 ( Aktenvermerk vom 02.09.1996: "Kegel"- Vermerk, Anlage K 75 = B 67 ) :

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 96ff = II 257ff) sieht in dem Vermerk vom 02.09.1996 einen eindeutigen Beleg für den Nachweis der Kenntnis Ss von den wesentlichen Merkmalen der Haupttat. Die Feststellungen des Landgerichts, dass aus dem Vermerk nicht auf eine Kenntnis des Zeugen S geschlossen werden könne, stünden im klaren Widerspruch zum Inhalt des von S am 02.09.1996 gefertigten Aktenvermerks. S sei bekannt gewesen, dass FTI den monatlichen Zahlungsverpflichtungen (Leasingraten von ca. 21 Mio. DM) gegenüber den Leasinggesellschaften nur hätte nachkommen können, weil KSK entsprechende Beträge zur Verfügung gestellt hätte. Erträge von Servicegesellschaften aus dem operativen Geschäft hätte es für FTI letztlich nicht gegeben. Die Annahme des Landgerichts, dass die Prüfer nach den für glaubhaft erachteten Bekundungen des Zeugen Ga an eine Unterbrechung der Finanzierungsmethode geglaubt und aus diesem Grund das Betrugssystem nicht durchschaut hätten, sei in mehrfacher Hinsicht ein Fehlschluss.

Dass der Betriebsprüfer Kenntnis davon hatte, dass die HBS im Prüfungszeitraum (hier Fehlbestand: Buchhaltung KSK 372 HBS zu tatsächlich gekauften 91 Bohrgeräten und 94 Sheltern) und auch 1996 (1.000 verkaufte Systeme zu tatsächlich gekauften 181 Bohrgeräten und 175 Sheltern) größten Teils tatsächlich nicht existierten, erschließt sich entgegen der Auffassung der Klägerin aus dem Vermerk nicht. Thema des Vermerks ist wiederum die Verwendung der Selbstanzeigegelder. Tz. 1.2 - "Nachweis der Geldverwendung" - lautet:

"... Ich machte deutlich, dass die inhaltliche Zuordnung der 8- Seiten Schmiergelder von mir nicht anerkannt wird, da keine eindeutigen Hinweise mit konkreten Geschäften gegeben sind. Schon der Umfang von ca. 80 Mio bei bekannter Schmiergeldgröße von 10 - 15% müsste einen Umsatz von 566 Mio in diesen Ländern zur Folge haben. Dass dies nicht so ist, zeigt die Entwicklung heute!

Vielmehr erscheint die Rückgabe der Systemeinkaufskosten in den FTI-Bereich zutreffender..."

Unter dem zweiten Absatz von Tz. 1.2 erscheint die von S entschieden formulierte Hypothese, nämlich die Rückführung der Systemeinkaufskosten in den FTI- Bereich. Der so nach den Angaben der Haupttäter und den bis dahin aus den Unterlagen - soweit solche vorhanden waren - richtig beschriebene Zahlungsfluss kann unter Berücksichtigung der nachfolgenden Erwägungen eher nur die Bedeutung beigemessen werden, dass S Kenntnis von den Zahlungsflüssen und der bislang problematischen Rentierlichkeit der Maschinen hatte, nicht aber zugleich auch Kenntnis von deren Nichtexistenz. Denn es wurde von den Betriebsprüfern ausweislich des Vermerks erkannt, dass die Leasingraten aus der Differenz zwischen Verkaufserlös und Herstellungskosten finanziert wurden, wenn HBS auf Halde standen. Damit wurde auch (nur) gesehen, dass Investitionen in existente HBS getätigt wurden, die sich - wie auch das Geschäft bei den Servicegesellschaften zeigte - möglicherweise nicht rechneten und bei denen ein rentierliches Arbeiten auf absehbare Zeit nur möglich sein konnte, wenn auch das operative Geschäft mit den HBS in die Gänge kommen würde, d. h. HBS bei den Servicegesellschaften zum Einsatz kamen.

Gleiches gilt für die von der Klägerin in erster Linie angeführten Passagen des Vermerks:

1.2 Nachweis der Geldverwendung

[...] Auch unter dem Gesichtspunkt wie KSK im Innenverhältnis zu FTI geführt wurde zeigt, dass die Geldverwendung über die FTI gesteuert wurde, da diese über die Leasingfirmen die überhöhten Systempreise akzeptierte. Das Ganze betrifft den Bereich der Finanzierung.

1.5 Situation

Frau N hat meine Argumente nicht als unmöglich oder unlogisch zurückgewiesen. Sie räumte vielmehr ein, dass doch zwischenzeitlich allen Beteiligten – Schmider und Kleiser – die Situation klar sein müsste und endlich wieder Ruhe in das Tagesgeschäft einkehren müsste. Ich machte nochmals anhand des Kegels deutlich, dass eine Abkehr von der begonnenen Finanzierungsform schwerlich möglich ist, da derzeit monatl. Leasingraten von ca. 21 Mio. DM über die KSK aufgebracht werden müssen, dies, damit FTI seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.

Frau N meinte hierzu, dass man schon in der Lage wäre, die Spirale nicht unendlich weiterzudrehen, sondern die Möglichkeit der geringen SystemEK über die Lieferanten bei gleichen VK zu nutzen und eine höhere Tilgung/Ablösung der Leasingverträge anzustreben. Dies sei vor allem auf Seiten von FTI zu bewerkstelligen.

Thema des Vermerks ist auch an dieser Stelle wieder der Verbleib der Selbstanzeigegelder. Die beiden Passagen lassen sich zwanglos dahin lesen, dass S anlässlich seiner Ermittlungen zur Verwendung der Gelder das System – von der Existenz der Bohrsysteme ausgehend – erfasst und die Zahlungsflüsse gesehen hat. Die Passage Tz. 1.5 besagt nämlich nichts weiter, als dass die hohe monatliche Belastung, der Umstand, dass Leasingraten aus der Differenz zwischen Herstellungs- und Verkaufskosten bestritten werden aus der Sicht Ss Anlass boten, die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des Systems kritisch zu kommentieren. Frau Ne hat - wie im letzten Absatz des Vermerks als Äußerungen der Zeugin festgehalten - die Zahlungsflüsse KSK / FTI eingeräumt und geantwortet, dass die von S erkannten Risiken für die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Systems auch ihr und den Herren Schmider und Dr. Kleiser bekannt seien; die Verantwortlichen würden an einer Lösung arbeiten.

Diese Deutung liegt deutlich näher als die der Klägerin, die hierin den Nachweis sieht, dass S von der Nichtexistenz der HBS Kenntnis hatte.

Das Landgericht ist den Angaben Ss anlässlich seiner Vernehmung (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 10.06.2005: Zeuge S, S. 4, 5: Rn. 94 - 98) , wonach die Darstellung im Kegelvermerk und die dort unter Tz. 1.5 erwähnte Finanzierungsform lediglich die Finanzierung über Leasing gemeint habe und er mit seiner Angabe zu den monatlich zu erbringenden Zahlungen lediglich Äußerungen von Ne wiedergegeben habe, in diesem Punkt nicht gefolgt, hielt jedoch die Angaben des Zeugen Ga für zutreffend, wonach die Betriebsprüfer davon ausgegangen seien, dass sich die Firmengruppe in einer Übergangsphase befunden und im Ausland verstärkt Aktivitäten entfaltet habe, und deshalb meinten, der Einsatz der auf Halde befindlichen Systeme werde zunehmend die Erlössituation der FTI bzw. der FTS verbessern und damit die Inanspruchnahme der Erlöse der KSK entbehrlich machen. Die Beweiswürdigung durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat seine Auffassung nachvollziehbar begründet und ebenso überzeugend dargelegt, warum der "Kegel"- Vermerk keinen Anhaltspunkt für eine Kenntnis Ss vom Fehlen der HBS bietet. Die im Berufungsrechtszug erneut durchgeführte Beweisaufnahme sowie die Vernehmung der Zeugin Ne hat zu keinen anderen Erkenntnissen geführt.

Der Zeuge S ist anlässlich seiner Vernehmung vom 11.12.2006 (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. 10, 11 = II 2655ff) im Wesentlichen bei seinen Bekundungen wie in erster Instanz geblieben. Er hat allerdings nunmehr auch angegeben, es sei erkannt worden, dass die Finanzierungsform über Leasing ungünstig und aus einer solchen nur schlecht herauszukommen gewesen sei. Er habe aber keine Rückschlüsse auf den Gang des Unternehmens seit 1993 gezogen. Hinsichtlich der im Vermerk festgehaltenen Bemerkung der Zeugin Ne über die von KSK getragenen Leasingraten seien ihm Verträge hierzu bekannt gewesen, wonach KSK die Leasingraten vergüten müsse, solange die Maschinen nicht weitervermietet seien. Damit hat der Zeuge S zwar nicht ausdrücklich eingeräumt, die Gefahren der Finanzierungsform erkannt zu haben. Dies ist jedoch in Anbetracht des gegen den Zeugen geführten Strafverfahrens verständlich und deshalb kein Argument gegen die auch vom Landgericht vorgenommene Deutung, dass der Kegel- Vermerk die Kenntnis des Prüfers S von der Nichtexistenz der HBS nicht zu begründen vermag.

Für die fehlende Kenntnis von der Nichtexistenz der Systeme spricht insbesondere die Bekundung des Zeugen Ga (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, S. 12: Rn. 48) , der auch auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck machte, dass die über Leasing gewählte Finanzierungsform, bei der die Leasingverpflichtungen aus den Erlösen gedeckt werden, auf ein fatales System hinauslaufe, wenn es nicht unterbrochen werde. Der Zeuge gab weiter an, ihnen sei glaubhaft dargestellt worden, dass sich die Firmengruppe in einer Übergangsphase befinde und im Ausland verstärkt Aktivitäten entfalten werde, weshalb man davon ausgegangen sei, dass das System unterbrochen werden könne. Die Erklärung des Zeugen Ga ist durchaus einleuchtend und auch überzeugend. Danach erscheint es naheliegend und möglich, dass die Betriebsprüfer die ausbleibenden Erlöse mit den Schwierigkeiten beim Markteintritt und nicht mit der fehlenden Existenz der HBS in Verbindung brachten und deshalb davon ausgingen, die Erlössituation der FTI und der Servicegesellschaften werde sich mit dem Einsatz der HBS verbessern.

Die Bekundungen der Zeugin Ne anlässlich ihrer Vernehmung durch den Senat (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 11 = II 2191) zu Inhalt und Bedeutung des Vermerks vom 02.09.1996 vermögen die Annahme der Klägerin, der Vermerk sei ein eindeutiger Beleg für die Kenntnis des Prüfers vom Fehlen der HBS, ebenfalls nicht zu stützen. Die Zeugin hat bestätigt, dass das Gespräch mit S wirklich stattgefunden hat. S habe ihr erläutert, dass die Leasingraten zu hoch seien im Vergleich zu dem, was sie - gemeint KSK und FTI - abbezahlen könnten. Zu den von ihr im Vermerk festgehaltenen Äußerungen könne sie nur sagen, sie drücke sich so nicht aus. Ihrer Erinnerung nach habe sie überhaupt keine Äußerungen in diese Richtung gemacht, sondern Herrn S sogleich an Herrn Schmider verwiesen. Hieraus lässt sich für eine Kenntnis Ss von einem Betrugssystem aber nichts herleiten.

Auf Vorhalt ihrer früheren Angaben bei der Vernehmung vom 27.03.2002 (Vernehmung Ne vom 27.03.2002: Finanzamt Freiburg - Steufa -: Anlage K 7/ 104, S. 6) durch das Finanzamt Freiburg, bei der die Zeugin angeben hat, sie wisse nicht, was S mit "Kegel" und "Abkehr von der begonnenen Finanzierungsform" gemeint haben könne und dass die Formulierung im 2. Passus von ihr stammen könne, gab die Zeugin nunmehr an, sie habe sich mit S nicht über die Leasingverpflichtungen der FTI unterhalten, er habe sie ihr nur genannt.

Auf weiteren Vorhalt ihrer Angaben vor dem Amtsgericht Schwäbisch Gmünd vom 18.03.2002 (Vernehmung Ne vom 18.03.2002: Amtsgericht Schwäbisch Gmünd: Anlage BB 18, S. 5) zum Aktenvermerk vom 02.09.1996 unter Tz. 1.5: " Mir ist ein Gespräch mit Herrn S, wo wir über Leasingbeträge oder ähnliche Dinge so ins Details gegangen wären, nicht bekannt", gab die Zeugin vor dem Senat an (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeugin Ne, S. 11, 12 = II 2191, 2193) : "Ich kann mich nicht erinnern, was ich damals auf Vorhalt des Aktenvermerks von Herrn S vom 02.09.1996 gesagt habe. Meine Aussage im ersten Absatz kann ich bestätigen. ...Meine Aussage zum zweiten Vorhalt werde ich wohl so getan haben. Ich war ja vor Gericht."

Die Zeugin hat danach bei den verschiedenen Vernehmungen teils unterschiedliche Angaben zu Anlass und Inhalt des im Vermerk vom 02.09.1996 von S festgehaltenen Gespräch gemacht, teils konnte sich die Zeugin an Einzelheiten des Gesprächs nicht mehr erinnern. Die anlässlich der verschiedenen Vernehmungen im Detail variierenden Angaben vermochte die Zeugin anlässlich ihrer Vernehmung durch den Senat nicht plausibel zu erklären, sondern hat die Unterschiede in ihren Angaben im Wesentlichen darauf zurückgeführt, dass sie sich bei den Vernehmungen während ihrer Inhaftierung in einer besonderen Situation befunden habe, die sie sehr belastet habe, und sie sich an den Inhalt der Vernehmung durch das Finanzamt eigentlich gar nicht mehr erinnern könne.

Die Angaben der Zeugin zum Kegel- Vermerk bilden schon von daher keine verlässliche Grundlage für die Annahme, S habe bei dem Gespräch mit der Zeugin am 02.09.1996 Kenntnis vom Fehlen der HBS gehabt. Die bloß subjektive Vorstellung und Einschätzung der Zeugin Ne besagt für sich zudem nicht, dass S tatsächlich Kenntnis vom Betrugssystem und damit vom Fehlen der HBS hatte. Hierfür bedarf es tragfähiger Indiztatsachen, die die Annahme der Zeugin untermauern und darauf schließen lassen, dass S das System erkannt hat. Der Kegel- Vermerk belegt auch unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugin Ne danach die Kenntnis Ss vom Betrugssystem nicht.

(2.5.5)Zur Funktion der Vermerke:

Bei der Gesamtschau der von der Klägerin für die Dokumentation des (betrügerischen) Systems "FlowTex" und für die Kenntnis des Betriebsprüfers hiervon relevant erachteten Vermerke kann ein weiterer maßgeblicher Aspekt nicht außer Betracht bleiben. Es fehlt an einer plausiblen Erklärung dafür, warum S mit Hilfe seiner eigenen Vermerke, die er insbesondere wegen des für die Steuerfahndung anzustellenden Systemnachweises erstellt hat, die Kenntnis des (betrügerischen) Systems dokumentiert und damit auf diese Weise ein beredtes Zeugnis gegen sich selbst geschaffen haben sollte. Ausweislich des Aktenvermerks der Steuerfahnder Gl und Si vom 11.09.1996 (Anlage B 61) hat S anlässlich einer Vorsprache bei der Steuerfahndung auch den Vermerk vom 02.09.1996 übergeben und somit seine Aufzeichnungen aus der Unterredung mit Ne nicht verborgen gehalten, sondern umgehend an die für die Ermittlungen im Zusammenhang mit der anonymen Anzeige eingeschaltete Steuerfahndung weitergereicht. Dass und warum S dies, die Lesart der Klägerin unterstellt, getan haben sollte, vermag die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht darzutun.

(2.6)Asset- Aufbau:

Mit dem so genannten Asset- Aufbau ist nach dem Vortrag der Klägerin unter Hinweis auf die Anklage der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen S vom 11.04.2003 (Anklage gegen S vom 11.04.2003, S.43, 44, Anlage K 130) folgendes gemeint:

Durch das Betrugssystem erlangte finanzielle Mittel sollten - nach der Vorstellung der Haupttäter - in den Aufbau von Gesellschaftsbeteiligungen - z. Bsp. Romonta und RPP - investiert und diese später mit Gewinn veräußert werden. Mit dem Veräußerungserlös sollten die eingegangenen Leasingverbindlichkeiten abgelöst und so das System langfristig "geheilt" werden.

Die Klägerin meint (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 98ff = II 261ff) , daraus, dass S als Lösungsansatz für eine Heilung des Leasingfinanzierungssystems zum Asset- Aufbau statt zum Bau von 1.200 HBS in "Light-Version" geraten habe, erschließe sich ohne weiteres, dass er das betrügerische System erkannt habe. Die Klägerin beruft sich hierzu auf die im Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft in der Anklage gegen S teils wörtlich festgehaltenen Angaben der Zeugen Schmider und Kleiser, dass in langen Gesprächsrunden mit S nach einer Lösungsmöglichkeit (Heilungsstrategie) gesucht worden sei, um von der Leasingfinanzierung wegzukommen. Die Auffassung des Landgerichts (LGU 149) , dass ein etwaiger Ratschlag Ss zum Asset- Aufbau nicht besage, dass ihm auch klar gewesen wäre, dass ohne eine solche - von außerhalb des Geschäfts mit HBS kommende - Heilungsstrategie das Finanzierungssystem nur durch den fortgesetzten Verkauf gar nicht existierender Systeme aufrecht erhalten werden konnte, stünde in Widerspruch zu den Bekundungen der Zeugen Schmider und Kleiser.

Die Zeugen Schmider und Kleiser konnten nicht erneut vernommen werden, weil ihnen Zeugnisverweigerungsrechte gemäß § 384 ZPO zustehen, sie sich hierauf berufen haben und insoweit eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens aus prozessrechtlichen Erwägungen - wie unten auszuführen sein wird - nicht in Betracht kommt. Die von der Klägerin zum Asset- Aufbau für maßgeblich erachteten früheren Bekundungen der beiden Zeugen lauten wie folgt:

Aus der Vernehmung Kleiser/Schmider vom 31.03.2000 (Vernehmung Kleiser/Schmider vom 31.03.2000, S. 28 (Aussage Kleiser), Anlage K 7/206) - Aussage Kleiser:

"...Um die Fragestellung der 1.200 Maschinen aufzunehmen kann ich mich an ein Gespräch im Zr von Manfred Schmider erinnern, an dem Herr S, Herr Schmider und ich teilnahmen, in dem ich sagte, dass wir beabsichtigten 1200 Maschinen der "Light-Version" herzustellen und Herr S empfahl uns nachhaltig, dies nicht zu tun und eher uns darauf zu konzentrieren, Assets aufzubauen, um damit entsprechende Finanzlöcher stopfen zu können..."

Aus der Vernehmung Kleiser vom 04.07.2000 (Vernehmung Kleiser vom 04.07. 2000, Anlage K7/156, S. 11) :

"Normalerweise führte ich ca. ein bis zwei Gespräche mit Herrn S pro Woche. Die Gespräche mit mir hatten im Wesentlichen drei unterschiedliche Inhalte.

1. Unterlagen, die er brachte.

2. Wie ich persönlich die Situation psychisch ertragen könne und

3. welche weiteren Assets aufgebaut werden könnten.

Denn zu dem Zeitpunkt hatte Herr S bereits einen tiefen Einblick auch in Romonta, sah mit welchen vergleichbar geringen finanziellen Mitteln wir die Romonta erstanden hatten und was wir letztlich dafür erhalten haben, was uns ja alle inkl. Herrn S auch auf diese Asset-Philosophie gebracht hat, nachdem sowohl wir als auch natürlich Herr S realisieren mussten, dass die schon damals "finanzierte" Anzahl von Systemen kurz- oder mittelfristig nicht in operatives Geschäft gebracht werden konnte."

Aus der Vernehmung Schmider vom 21.06.2000 (Vernehmung Schmider vom 21.06.2000, S. 29, Anlage K 167) :

"...In 1993 und 1994 hat man Maschinen finanziert, die es damals nicht gab. Nach 1996 waren sie dann da, damit S, wenn er vielleicht 1999 wieder kommen würde, zumindest für die Jahre 1994 bis 1996 die entsprechende Anzahl und Maschinen auch vorfinden würde. Es war damals eigentlich klar, dass wir bei einer etwaigen 99iger Betriebsprüfung immer noch fehlende Maschinen hatten, das wusste sowohl Herr S als auch ich, aber von hinten her - zeitlich betrachtet - musste die Wunde geschlossen werden..."

Aus der Vernehmung Schmider vom 13.07.2000 (Vernehmung Schmider vom 13.07.2000, S. 15 - Anlage K 21) :

..."Er sagte mir, wenn er wieder kommt zur nächsten Prüfung für die Jahre 1994 bis 1996, er natürlich weiß, dass Dinge, die bereits vergangen sind, nicht mehr repariert werden können, er die nächste Prüfung insofern noch einmal in der gleichen Art abnehmen könne, aber wir ihm versprechen mussten, dass wir für die Zukunft alles daran setzen, um aus der Leasingfinanzierung herauszukommen....."

Aus dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft (Anklage S vom 11.04.2003, S. 43ff, Anlage K 130) :

"Eben dieser Asset - Aufbau sei im Verlauf der Betriebsprüfung 1996 wöchentlich in langen Gesprächen zwischen S von ca. 3 - 4 Stunden mit Manfred Schmider und ca. 3 - 5 Stunden mit Dr. Kleiser als Lösung gefunden worden, um damit entsprechende Finanzlöcher stopfen zu können. S habe nämlich realisiert, dass die "finanzierte" Anzahl von Systemen niemals ins operative Geschäft gebracht werden könnten und der Bau von "Light-Versionen" mindestens weitere ca. 70 Mio. verschlingen würde".

Nach den Aussagen der Zeugen Schmider und Kleiser hat es in 1996 Gespräche mit S darüber gegeben, dass durch einen Ausbau anderer Vermögenswerte der FlowTex- Gruppe - gemeint Romonta, RPP - versucht werden sollte, aus dem Finanzierungssystem - Leasingfinanzierung mit Hilfe der Erlöse der KSK - herauszukommen. Soweit der Zeuge S anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat solche Gespräche überhaupt in Abrede gestellt und angegeben hat, er habe erstmals im November 1999 das Wort "Asset" gehört, allerdings aus dem Mund von Dr. Kleiser (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Vernehmung S, S. 10 = II 2655ff) , dürfte das Aussageverhalten des Zeugen auch hier auf das gegen ihn geführte Strafverfahren zurückzuführen sein. Die Betriebsprüfer hatten das Finanzierungssystem mit seinen Zahlungsflüssen erkannt und es - wie der Zeuge Ga glaubhaft bekundete - für gefährlich gehalten, falls es nicht unterbrochen werde.

Dem Senat erscheint es - wie bereits das Landgericht ausgeführt und für nachvollziehbar erachtet hat - trotz der gegenteiligen Bekundung des Zeugen S durchaus möglich und auch naheliegend, dass S mit den Haupttätern Erörterungen darüber angestellt hat, wie das Unternehmen die Finanzierung der Leasinggeschäfte ohne die Erlöse der KSK in Zukunft bewerkstelligen könnte. Ein Grund für solche Gespräche könnte gewesen sein, dass etliche bereits finanzierte und nach der plausibel erscheinenden Erläuterung der Haupttäter auf Halde stehende Systeme nur schwer oder gar nicht ins operative Geschäft gebracht werden konnten. Dass somit der Bau von weiteren Systemen - wenn auch in einer kostengünstigeren "Light-Version" - von S als erfahrenem Betriebsprüfer bei der geschilderten Ausgangssituation nicht als betriebswirtschaftlich sinnvoll angesehen werden konnte, dürfte auf der Hand gelegen haben. Selbst ein wirtschaftlicher Laie hätte von dem Vorhaben abgeraten, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass zahlreiche schon produzierte Geräte noch auf ihren Einsatz warteten. Anders hätte der Rat ausgesehen, wenn das Ziel, das Fehlen bereits verkaufter Maschinen mit dem Ersatz von Light- Maschinen zu vertuschen und die Sache so zu "heilen", bekannt gewesen und geteilt worden wäre.

Dass S bei den Gesprächen über eine mögliche Beendigung des Finanzierungssystems darüber hinaus auch bekannt war, dass es sich hierbei um ein Betrugssystem mit nicht existenten HBS handelte, lässt sich den Bekundungen von Schmider und Kleiser in den für maßgeblich gehaltenen Vernehmungen hingegen nicht entnehmen. Der Zeuge Kleiser hat bei seiner Vernehmung vom 31.03.2000 nur Angaben zu der so genannten "Light-Version" von 1.200 Systemen gemacht. Diese Bekundungen des Zeugen Kleiser fügen sich ohne weiteres dahin ein, dass Gespräche über eine so genannte "Heilungsstrategie" mit S statt gefunden haben, besagen aber nichts darüber, dass S auch Kenntnis vom Fehlen der 1000 HBS in 1996 hatte. Hinzu kommt, dass Kleiser seine Aussage anlässlich seiner Vernehmung im Zwischenverfahren über die Eröffnung der Hauptverhandlung durch das Landgericht Mannheim vom 13.05.2004 (Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166, AS. 198) dahin klar gestellt, dass nicht die Rede davon war, dass 1.200 Maschinen fehlten. Der Zeuge Kleiser gab am 13.05.2004 u. a. wörtlich an:

"Es ist richtig, dass ich zu Herrn S sagte, wir beabsichtigen, 1200 Maschinen in Light-Version herzustellen. S riet davon ab, er regte an, die Assets stattdessen aufzubauen. Es war keineswegs so, dass die Rede davon war, dass 1200 Maschinen fehlen würden. Ich hatte dies im Hinterkopf, aber S wusste davon nichts. Im "Hinterstübchen" war bei mir freilich auch die zusätzliche Motivation vorhanden, mit Hilfe der Light-Version normale Maschinen darzustellen. Wir wollten aber auch eine preiswerte Version anbieten können, um unseren Markt auszuweiten..."

Danach wurde mit S über den Bau der Light-Version von HBS gesprochen, aber gerade nicht in einem Zusammenhang mit dem Fehlen von HBS, sondern im Zusammenhang mit einem stattdessen möglichen Aufbau der Assets.

Auch die Angaben Schmiders anlässlich seiner Vernehmungen vom 21.06.2000 und vom 13.07.2000 zielen im Wesentlichen darauf ab, dass S dazu geraten habe, für die Zukunft der Unternehmensführung aus der Leasingfinanzierung herauszukommen. Dass S Kenntnis davon gehabt haben soll, dass Maschinen fehlten und solche auch noch bei der nächsten Prüfung (in 1999) fehlen würden, wird von Schmider nicht weiter anhand überprüfbarer Fakten oder Indizien erläutert, sondern als eigene Einschätzung ohne greifbare Anhaltspunkte mit den Worten " Es war damals eigentlich klar, dass wir bei einer etwaigen 99iger Betriebsprüfung immer noch fehlende Maschinen hatten, das wusste sowohl Herr S als auch ich,..." in den Raum gestellt. Bei der Äußerung handelt es sich um eine rein subjektive Beurteilung von inneren Tatsachen durch Schmider, die in der Vorstellung des Zeugen durchaus zutreffen können, aber nicht geeignet sind, die Kenntnis Ss vom Fehlen der Systeme mit hinreichender Gewissheit zu belegen. Schon gar nichts geben diese Äußerungen dafür her, dass S es für möglich hielt, dass auch zukünftig noch nicht existierende HBS betrügerisch zum Verkauf gelangen sollten.

Nichts anderes lässt sich der von der Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Beweisergebnis (Klägerin Schriftsatz vom 07.05.2007, S.76, 77 = II 3753, 3755) angeführten Aussage Schmiders vor dem Gutachter Prof. Dr. Dr. Sch. (Gutachten Prof. Dr. Dr. Sch. vom 25.06.2001, Anlage BB 21, S. 45) entnehmen:

"1996 hatten wir das Finanzamt im Haus. Es war eine Betriebsprüfung. Die Finanzbeamten sind dahinter gekommen, dass wir bis dahin ca. 300 Maschinen den Leasing - Gesellschaften verkauft hatten, die es nicht gab. Die Beamten haben uns geraten - speziell einer -, dass wir die Firmen aufbauen sollen (sogenannte ASSETS), um Geld zu generieren. Wir wollten zu diesem Zeitpunkt die nicht vorhandenen Maschinen nachbauen. Es wurde uns allerdings geraten, dies nicht zu tun, sondern mit Hilfe der ASSETS, d. h. Firmen, Geld zu beschaffen, um das fehlende Kapital zu ersetzen. Dies war an sich ein nachvollziehbarer Vorschlag insofern, als wir, wenn wir Maschinen produziert hätten, sie nicht in dieser Größenordnung hätten einsetzen können."

Die Aussage Schmiders verhält sich zu dem Aufbau von Assets anstelle einer Produktion weiterer HBS. Soweit Schmider davon spricht, speziell ein Prüfer - gemeint S - habe Kenntnis vom Fehlen von ca. 300 HBS zum damaligen Zeitpunkt in 1996 gehabt, gibt er wiederum ohne tragende Indizien seine eigene Vorstellung wieder. Hierzu hat der Senat bereits Stellung genommen.

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 101 = II 267) beruft sich weiter zum Beweis dafür, dass der Rat zum Asset- Aufbau die Kenntnis Ss vom Betrugssystem belege, auf die Aussage des Zeugen Holger Kk vom 07.03.2002 (Vernehmung Kk durch die Staatsanwaltschaft Mannheim vom 07.03.2002, Anlage K 7/197, S. 7) , wonach S bei der Besprechung mit dem BKA im September 1999 erklärt habe:

.."Um das ganze System letztlich zu finanzieren, mussten immer weitere Systeme nachgebaut werden, ansonsten würde das System zusammenbrechen"....

Kern der Aussage des Zeugen Kk ist , dass S bei der Besprechung das Finanzierungssystem als solches erklärt habe, wonach die Finanzierung über Leasing mit Hilfe der KSK - Erlöse den andauernden Verkauf weiterer Systeme erforderte. Dass S auch erkannt hätte, dass das von ihm anhand eines Tannenbaums dargestellte System auf dem Verkauf von nicht existenten HBS beruhte, lässt sich dem Wortlaut der von der Klägerin oben angeführten Aussage des Zeugen Kk nicht entnehmen. Die Aussage des Zeugen Kk vor dem Senat (Protokoll Senat vom 17.11.2006: Zeuge Kk, S. 2ff = II 2097ff) ist ebenfalls nicht weiterführend gewesen, wie oben (1.6 Aussage Kk) bereits im Einzelnen ausgeführt worden ist.

(2.7)Konstruktives Theaterspiel ( Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 124 = II 313 ) :

Die Klägerin führt auch im Berufungsverfahren aus, dass mit den Haupttätern eine bestimmte Strategie - auch als "konstruktives Theaterspiel" bezeichnet - , wie der Sachverhalt zu heilen sei, abgesprochen worden sei, und führt den Inhalt solcher Gespräche als Indiz für die Kenntnis Ss vom FlowTex- Betrugssystem an. Sie beruft sich hierzu insbesondere auf folgende Teile der Vernehmung Kleisers vom 27.06.2000 (Vernehmung Kleiser vom 27.06.2000, Anlage K 7/46, S. 14 und S. 18) :

"Herr S hat diese Diskrepanz angesprochen, er hat mir Papiere gezeigt mit Diagrammen, diese Papiere habe ich in der Hand gehabt. Es war dort sicherlich auf der Kippe, es fanden Gespräche bei der OFD statt, bei der Herr S ca. zwei Mal die Woche vorsprechen musste und es gab dann eine abgestimmte Strategie, wie der Sachverhalt zu heilen sei.

[...]

Ich mag hier auch im Sinne von Herrn S ganz bewusst etwas sagen. Es war keinesfalls so, dass diese "Einigung" das Ergebnis von lediglich ein oder zwei Gesprächen war. Vielmehr verbrachte Manfred Schmider teilweise drei bis vier Stunden mit Herrn S, ich wöchentlich auch sicherlich drei bis fünf Stunden und hier entwickelte sich dann diese Lösungsmöglichkeit. Für uns als Signal natürlich war es, nachdem es für die Finanzbehörde höchst wahrscheinlich war - Prüfung Servicegesellschaften, Prüfung Leasingverträge-, dass Maschinen fehlen und nicht sofort ein Verfahren welcher Art auch immer gegen uns eingeleitet wurde, dies für uns also auch ein Signal war, ab 1996 gerechnet wir Zeit hatten, dass es für uns Möglichkeiten gab bzw. gibt den Sachverhalt im Einvernehmen mit der Finanzbehörde zu lösen, vorausgesetzt, dass niemand wirtschaftlich negativ beeinflusst wird."

Das Landgericht (LGU 157) hat hierzu ausgeführt, dass sich die durch die Behauptungen Schmiders, Nes und die zu Beginn gemachten Angaben Kleisers insinuierte Version, man habe trotz Kenntnis vom Betrugssystem die Betriebsprüfung augenzwinkernd als "konstruktives Theaterspiel" fortgeführt, nicht mit den übrigen Aussagen derselben Personen vertrage, wonach man 1997 befürchtet habe, aufgrund der Prüfung Ss "aufzufliegen" (Vernehmung Schmider vom 23.10.-2000, Anlage B 125, S. 25) ; S habe trotzdem "sehr hart geprüft" (Vernehmung Ne vom 28.01.2002, Anlage K 7/111, S. 10) ; man habe "eine Hn...angst vor diesem Mann" gehabt, "weil er ein extrem systematisch und analytisch arbeitender Mensch" gewesen sei (Vernehmung Dr. Kleiser vom 27.06.2000, Anlage K 7/46 = K 34, S.13) .

Der Senat teilt die Auffassung des Landgericht, dass die im Zusammenhang mit einer "Heilungsstrategie" erwähnten Ausschnitte aus den Aussagen der Haupttäter, insbesondere des Zeugen Kleiser nicht beweisen, dass S in das Betrugssystem der FlowTex- Gruppe eingeweiht gewesen ist. Die von der Klägerin hierzu zitierten Aussagenteile aus den Angaben des Zeugen Dr. Kleiser vom 27.06.2000 ergeben schon für sich betrachtet nicht das Bild eines "konstruktiven Theaterspiels" und damit einer Absprache zwischen Haupttätern und dem Betriebsprüfer S für eine Beendigung des Betrugssystems. Die Bekundungen des Zeugen Kleiser sind insoweit vage und auch mehrdeutig. Sie lassen zum einen erkennen, dass es eine Einigung mit den Finanzbehörden gegeben haben soll, also nicht etwa nur eine solche mit dem Betriebsprüfer S. Unstreitig hat es aber keine abgestimmten Absprachen in Form einer sogenannten Heilungsstrategie mit der OFD gegeben. Es ist allenfalls zu Besprechungen mit den Betriebsprüfern S, Ga und Bl darüber gekommen, wie die Sß...gelder zu versteuern sind sowie darüber, ob die Finanzierung über Leasing auf Dauer wirtschaftlich sinnvoll sein kann bzw. ist. Auch spricht Kleiser in seiner Vernehmung wiederum nur von einer Wahrscheinlichkeit, nicht von einer positiven Kenntnis der Finanzbehörden vom Fehlen der Maschinen.

Soweit sich in den Bekundungen der Haupttäter Angaben zu einer abgestimmten Strategie finden, wird eine solche nur angedeutet. Auch sind die in diesem Zusammenhang von der Klägerin für maßgeblich erachteten Aussagenteile der Haupttäter nicht in Einklang damit zu bringen, dass diese vor den Prüfern und hier insbesondere vor dem Prüfer S eine Hn...angst gehabt haben sollen. Auch ist nicht erklärlich, weshalb es zur Durchführung des sehr aufwendigen WP- Testatverfahrens (siehe hierzu unten 2.9) gekommen ist. Ein solches wäre - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat (LGU 158) - entbehrlich gewesen, wenn es - wie Kleiser auch angeben hat - eine abgestimmte Strategie mit den "Finanzbehörden" geben haben soll. Gab es eine solche, hätte es keiner Anstrengungen seitens Ss mehr bedurft, um seine Vorgesetzten zu täuschen.

Wie es zu dem Eindruck der Haupttäter gekommen sein kann, ist bereits ausgeführt worden.

(2.8)Aktenvermerke im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung PowerDrill:

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 07.05.2007, S. 65, 67 = II 3733, 3735) führt den Vermerk vom 16.04.1997 (Aktenvermerk (Schaubild) vom 16.04.1997, Anlage K 17) dazu an, dass S die "Finanzierungsform" zahlenmäßig wie folgt dargestellt hat:

und meint, dass sich auch hieraus die völlige Unwirtschaftlichkeit der Geschäfte ergebe. Die vom Landgericht vorgenommene Auswertung dieser Aufstellung (Gewinnverprobung von 1991 bis 1993), des Schaubilds vom 17.04.1994 (Schaubild vom 17.04.1997, Anlage K 16) sowie des Systems 245 (System 245: Schaubild vom 11.04.1997, Anlage K 35) , wonach sich hieraus keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Kenntnis Ss vom Betrugssystem ergeben würden, sondern es sich offensichtlich um Grafiken und Tabellen handele, die nur die mittlerweile durch die Betriebsprüfung bei PowerDrill erworbenen Kenntnisse darstellten, sei fehlerhaft und unzutreffend. Denn die weiteren Erkenntnisse hätten ergeben, dass die bei KSK aus dem Verkauf der Systeme an Leasinggesellschaften erzielten Erlöse nicht nur an FTT, sondern als Subventionen auch an PowerDrill weitergegeben worden seien. Außerdem habe festgestanden, dass von 110 im Prüfungszeitraum durch PowerDrill geleasten Systemen tatsächlich nur 5 bis 7 Systeme zwischen 1992 und 1994 auf dem französischen Markt hätten platziert werden können. Allein eine Gegenüberstellung des Erlöses von DM 1,3 Mio. pro System nach Abzug des Materialaufwandes und der Kosten für den Lkw sowie nach Abzug der Subvention von 880.000 DM an PowerDrill über den Zeitraum des Leasingvertrages ergebe einen Rohüberschuss für KSK von lediglich DM 115.000. Hieraus hätten nicht einmal die laufenden Kosten bei KSK gespeist werden können, geschweige denn hätten die Erlöse dazu ausgereicht, bei 5 jähriger Laufzeit auch die anfallenden Zins- und Tilgungsleistungen für die Leasingverträge zu bedienen.

Das beklagte Land (Beklagtes Land Schriftsatz vom 28.04.2006, S. 119, 120 = II 715, 717) führt aus, es sei nicht nur ein Roherlös von DM 115.000, sondern ein Überschuss von 420.000 erwirtschaftet worden. Hinzukomme, dass selbst Banken und Leasinggeschäften über die Existenz der Systeme getäuscht worden seien, was ebenfalls Anhalt dafür sei, dass die Täuschung in gleichermaßen erfolgreicher Weise auch gegenüber den Betriebsprüfern erfolgt sei.

Die von den Kläger angeführten Berechnungen (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 102, 103 = II 269, 271) - insbesondere unter Berücksichtigung der Zins- und Tilgungsleistungen für die Leasingverträge auf 5 Jahre - zeigen mit aller Deutlichkeit auf, dass die Betriebsprüfer nicht nur erkannt hatten, dass aus den Erlösen der KSK die Leasingraten bei FTT und auch Subventionszahlungen an PowerDrill erbracht werden mussten, sondern auch erkannt haben mussten, dass es sich hierbei um Investitionen handelte, die sich jedenfalls nicht rechneten, solange es nicht zu einer effektiven Ausweitung des operativen Geschäfts bei den Servicegesellschaften kommen würde. Dass der von S in den Grafiken dargestellte Geldfluss als Ausdruck eines betrügerischen Systems verstanden wurde, bei dem nicht existente Systeme verkauft wurden, erschließt sich hieraus jedoch nicht. Vielmehr kann in Übereinstimmung mit dem Landgericht nur davon ausgegangen werden, dass die wirtschaftliche Situation von den Prüfern - wie in der Aufstellung vom 28.02.1997 (Vermerk S vom 28.02.1997, Anlage B 117) ("Wirtschaftlicher Gehalt der Systemvermietung") beschrieben - verstanden wurde:

" . .arbeiten die Systeme, dann zusätzlicher Gewinn

arbeiten die Systeme nicht, Deckung der Leasingraten über die Subvention"

Dass die Systeme nicht arbeiten konnten, weil sie bis auf wenige Systeme gar nicht existierten, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin aus den Aktenvermerken Ss in Bezug auf die Betriebsprüfung bei PowerDrill damit gerade nicht. Die Vermerke sind auch wiederum nur Beleg dafür, dass S das "FlowTex- Finanzierungssystem" mit seinen Zahlungsflüssen auch in Bezug auf PowerDrill erkannt hatte. Der Zeuge S hat anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 10.06.2005: Zeuge S: Rn. 114, 115 und 130) nachvollziehbar erläutert, welche Bedeutung den Schaubilder vom 16.04. und 17.04.1997 zukam, nämlich dass die Schaubilder die Erkenntnisse der Betriebsprüfer über die Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit PowerDrill veranschaulichen sollten und darüber hinaus auch Grundlage für die steuerliche Behandlung der Subvention von DM 880.000,00 im Inland gewesen seien. Denn die Subventionszahlung sei im Inland der Steuerpflicht unterworfen worden, wenn auch die Weitervermietung im Inland erfolgt sei, obwohl PowerDrill "das ja ins Ausland ziehen" wollte (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 10.06.2005: Zeuge S: Rn. 114) .

Die Subventionszahlungen an PowerDrill waren - wie vom Zeugen S zuvor angegeben - Gegenstand des Betriebsprüfungsberichts über die Außenprüfung bei der Firma PowerDrill vom 23.10.1997 (Betriebsprüfungsbericht PowerDrill vom 23.10.1997, Anlage K 7/2, S. 5, 11ff) . Die Frage ihrer Besteuerung wird im Betriebsprüfungsbericht PowerDrill unter Tz. 1.08 sowie in der Anlage 8 ausführlich behandelt. Unter Tz. 2.2 ist festgehalten:

"...Von KSK - GmbH wird pro System eine Subvention/Provision in Höhe von netto 880.000 DM an die Gruppe Matthias Schmider bezahlt...

Die Subventionen/Provisionen verschaffen der Gruppe Schmider erhebliche Liquidität, so dass für vorrätige Systeme diese Mittel zur Deckung von Leasing -und Bankverpflichtungen eingesetzt werden können."

Erkannt worden war von den Betriebsprüfern damit aber auch, dass das operative Geschäft bei den Servicegesellschaften in Gang kommen musste. Dass den Banken und Leasinggesellschaften insoweit falsche Tatsachen vorgetäuscht worden wären, musste sich ihnen nicht aufdrängen. Zudem war es insbesondere auch nicht die Aufgabe der Betriebsprüfung, das Finanzierungssystem auf seine Wirtschaftlichkeit und Rentabilität mit Blick auf die Investoren und deren Geldgeber zu überprüfen. Aufgabe der Betriebsprüfung war es, die Grundlagen für eine sachgerechte Besteuerung in Bezug auf die so genannten Subventionszahlungen an PowerDrill mit anschließender Vermietung der HBS im Inland zu ermitteln.

Soweit das Landgericht in den Urteilsgründen (LGU 150 - 152 (1.7.)) den Begriff von Subventionsmaßnahmen unter "verbundenen Unternehmen" benutzt hat, ist ohne weiteres aus der Begründung hierzu ersichtlich, dass dieser Begriff untechnisch im Sinne einer engen Beziehung zwischen KSK, FTT und den Servicegesellschaften Verwendung gefunden hat. Das beklagte Land geht wie die Klägerin zutreffend davon aus, dass die Unternehmen der FlowTex- Gruppe nicht verbundene Unternehmen im Sinne von §§ 15ff AktG waren.

(2.9)WP- Testatverfahren - IZA- Auskunft vom 08.10.1996:

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 105ff = II 275) hält die Feststellung des Landgerichts, das WP- Testverfahren habe die anonyme Anzeige und den hierdurch aufgeworfenen Verdacht der Luftgeschäfte mit nicht existierenden HBS ausgeräumt, aus mehreren Gesichtspunkten für fehlerhaft. Die Klägerin ist der Meinung, das Landgericht habe zu dieser Feststellung nur kommen können, weil es die Kenntnis von S komplett ausgeblendet habe, die mit einer solchen Annahme nicht vereinbar gewesen sei. S habe nämlich gewusst, dass Einkaufsrechnungen für angeblich im Ausland gefertigte HBS nicht vorgelegt und mit diesen HBS bis einschließlich 1996 keine Mieteinnahmen erzielt werden konnten, der Zeuge Da, der mit der Verwaltung der HBS in Verbindung gestanden habe, nichts von den im Ausland produzierten HBS gewusst habe, es Produktionsunterlagen über die HBS (Abnahmeprotokolle der Unterlieferanten/Ersatzteilanforderungen der Mieter) nicht gegeben habe, HBS, selbst wenn diese existierten, keine Servicegesellschaften benötigten und Servicegesellschaften präsentiert worden seien, die es zuvor nicht gegeben habe. Völlig entwertet worden seien die WP- Testverfahren allerdings dadurch, dass die angeblich ausländischen Servicegesellschaften aufgrund der Auskunft der IZA vom 08.10.1996 (Anlage K 67) als Standorte für HBS gar nicht in Betracht kommen konnten. Dies sei vom Betriebsprüfer S erkannt, aber der zuständigen Steuerfahndung nicht mitgeteilt worden.

Die von der Klägerin aus den vorgebrachten Fakten und Indizien gezogenen Schlussfolgerungen vermögen gleichwohl die Kenntnis Ss vom Betrugssystem nicht zu begründen. Der Senat teilt nach Überprüfung die Ausführungen des Landgerichts (LGU 130 - 131) , dass die von der Klägerin im Einzelnen aufgezeigten Mängel und Unvollständigkeiten der WP- Testate keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Betriebsprüfer S mit der bloßen Weitergabe der WP- Testate und mit seiner Darstellung in der Arbeitsunterlage der Betriebsprüfer Ga und S vom 04.02.1997 (Arbeitsunterlage Betriebsprüfer S/Ga vom 04.02.1997, Anlage K 7/71 = B 43) für die Besprechung bei der Oberfinanzdirektion am 05.02.1997, wonach "alle geforderten Nachweise letztlich am 21.01.1997 erbracht" worden seien, das Fehlen der HBS im Ausland verbergen wollte. Hierin kann auch kein geeigneter Beitrag zur Verhinderung der Aufdeckung des Betrugssystems gesehen werden.

Zwar wurden von 45 geforderten Systemnachweisen nicht 44, sondern nur 43 WP- Testate vorgelegt. Bezüglich eines Systems wurde jedoch die Erklärung abgegeben, dass dieses an die Firma E. abgegeben worden sei. Damit wurde ein nachvollziehbarer Grund genannt, warum eines der 45 Systeme nicht testiert werden konnte. Außerdem ist diese Unrichtigkeit offensichtlich erkannt worden und damit nicht verborgen geblieben, weil im Schreiben der Steuerfahndung an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 14.04.1997 (Anlage K 13) die Anzahl der tatsächlich vorliegenden Testate zutreffend mit 43 angegeben ist.Es steht nach der IZA- Auskunft vom 08.10.1996 zwar weiter fest, dass zwei Gesellschaften (Pavimentos de Murcia und Derbyshire) wirtschaftlich gar nicht aktiv waren und hiervon alleine 87 HBS betroffen waren. Zwei weitere Gesellschaften waren nicht auf dem Gebiet der Horizontalbohrung tätig; bei der Firma M handelte es sich um ein Bauunternehmen. Der Senat teilt dennoch die Auffassung des Landgerichts, dass die unterbliebene Überprüfung der WP- Testate und der IZA- Auskunft nicht den Schluss zulässt, dass S Kenntnis vom Fehlen der HBS hatte und seine Kenntnis von der Nichtexistenz der HBS bewusst unterdrücken wollte. Es kann in diesem Zusammenhang nämlich nicht außer Betracht bleiben, dass für die Betriebsprüfung keine Möglichkeit bestand, selbst im Ausland zu ermitteln, sodass den mit der Systemprüfung beauftragten Betriebsprüfern der Vorschlag von Schmider und Kleiser entgegen kam und wohl auch allein praktikabel erschien, durch unabhängige Wirtschaftsprüfer die Standorte der HBS im Ausland testieren zu lassen.

Die von der Klägerin im Ergebnis zutreffend angeführten Unstimmigkeiten der WP- Testate selbst (Siehe hierzu die Auflistung auf LGU 152: Prüfung im Vereinigten Königreich bereits nach einem Tag erledigt; fehlende Maschinenlaufzeiten außer in Italien; Standort nicht bei E; Bestätigungen aus Tschechien zweifach mit teils unterschiedlichem Inhalt ohne Standardformulare; in Spanien nur das Kfz - Kennzeichen von einem LKW-System genannt wurde; Klägerin Schriftsatz vom 05.09.2006, S. 88 = II 1225) und die sich aus der IZA- Auskunft vom 08.10.1996 ergebenden, teils untauglichen Standorte hätten nach Auffassung des Senats hingereicht, den Vorwurf der anonymen Anzeige jedenfalls für die Vergangenheit zu erhärten. Dazu hätte es des schlichten Abgleichs der Unterlagen bedurft. Die Mittel zum Erkennen des angezeigten Betrugssystems waren in den Akten vorhanden. Allerdings ist nicht nachgewiesen, dass ein solcher Abgleich im Rahmen der Betriebsprüfung 1996/1997 bzw. der damaligen strafrechtlichen Ermittlungen erfolgte.

Das beklagte Land führt als Grund für das Verhalten der Finanzbeamten unwiderlegt an, dass sich schon nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme keiner der beteiligten Finanzbeamten für die Auswertung der IZA- Auskunft vom 08.10.1996, die zudem unstreitig bei der Steuerfahndung eingegangen war, für zuständig hielt. Der Umstand, dass aus der IZA- Auskunft vom 08.10.1996 (IZA vom 08.10.1996, Anlage K 67) hervorgeht, dass für zwei Gesellschaften - Pavimentos de Murcia und Derbyshire - feststand, dass diese keine Standorte für HBS sein konnten, belegt damit entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass Betriebsprüfer S die IZA- Anfrage totgeschwiegen hätte. Die Arbeitsunterlage der beiden Betriebsprüfer Ga und S vom 04.02.1997 (Anlage K 7/71 = B 43) , in der unter dem Stichwort Systemnachweis festgehalten ist, dass alle geforderten Nachweise für die HBS (15% = 45 Systeme) am 21.01.1997 erbracht worden sind, wäre nur dann ein Indiz dafür, dass der Betriebsprüfer S unvollständig über die Existenz der HBS im Ausland berichtet hätte, wenn die WP- Testate von ihm mit der IZA-Auskunft abgeglichen worden wären, was die hierzu auch im Berufungsverfahren erfolgten Aussagen des Zeugen S und der Betriebsprüfer Ga und Bl nicht bestätigen.

Die Betriebsprüfer S (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 10.06.2005: Zeuge S, Rn. 101, 112, 124;) , Ga (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, Rn. 36) und Bl (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Bl, Rn. 16) gaben in erster Instanz übereinstimmend an, die WP- Testate nicht auf die IZA- Auskunft hin ausgewertet, sondern beides den Steuerfahndern überlassen zu haben. Der Zeuge S gab anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat am 11.12.2006 (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. 6 = II 2647) darüber hinaus an, seiner Erinnerung nach habe er die IZA- Auskunft gar nicht gesehen. Der Zeuge meinte, diese erstmals bei der Besprechung beim BKA 1999 zu Gesicht bekommen zu haben. Auch der Zeuge Ga gab in erster wie in zweiter Instanz (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Ga, S. 6 = II 2213) an, er könne sich nicht erinnern die Liste, die von der Steuerfahndung angefordert worden sei, gesehen zu haben. Die Steuerfahnder Gl (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 28.06.2005: Zeuge Gl, Rn. 14, 15; Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Gl, S. 14 = II 2503) , Si (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb, S. 20 = II 2515) und Sch (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 16.06.2005: Zeuge Sch, Rn. 25, 26) gaben an, die Unterlagen nicht zur Kenntnis genommen und ausgewertet, sondern an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet zu haben. Der Zeuge Si konnte weiter nur angeben, dass die IZA- Auskunft von der Steuerfahndung veranlasst worden sei und der Vermerk "Kopie an BP" auf der IZA- Auskunft von ihm stamme. Ein Abgleich der Auskunft mit den Testaten sei durch die Steuerfahndung nicht vorgenommen worden. Für Oberstaatsanwalt Z war seinen glaubhaften Angaben zufolge wiederum das Schreiben der Steuerfahndung - Schreiben des Zeugen Sch vom 14.04.1997 (Vermerk Sch vom 14.04.1997, Anlage K 13) maßgeblich. Auch der Zeuge Z hat die WP- Testate somit nicht selbst überprüft, sondern auf die im Schreiben der Steuerfahndung vom 14.04.1997 (Schreiben vom 14.04.1997 Anlage K 13) festgehaltene Bewertung durch den Zeugen Sch vertraut, wonach "eine nach dem Zufallsprinzip erfolgte Überprüfung von 43 Horizontalbohrsystemen im Ausland keine Beanstandungen ergeben" hat.

Danach ist für keine der mit den WP- Testaten und der IZA- Auskunft befasste Personen der Betriebsprüfung, Steuerfahndung und auch nicht Oberstaatsanwalt Z belegt, dass eine Auswertung und ein Abgleich beider Dokumente vorgenommen wurde. Die fehlende Überprüfung der WP- Testate sowie die unterbliebene Auswertung der IZA- Auskunft kann nach den in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Bekundungen aller Zeugen auf die Unklarheit über die Zuständigkeit der verschiedenen Behörden oder - wie das Landgericht als weitere Möglichkeit angeführt hat - schlicht auf bloße Nachlässigkeit zurückzuführen sein, was im Nachhinein mit Unzuständigkeit zu begründen versucht wurde.

Das Verhalten der Betriebsprüfer und Steuerfahnder erscheint im Hinblick darauf, dass sich bereits im August 1996 auf Grund einer nur oberflächlich durchgeführten Überprüfung der IZA Zweifel an einigen der benannten ausländischen Servicegesellschaften ergeben hatten, auf den ersten Blick nicht recht nachvollziehbar und verständlich, erklärt sich aber damit, dass die Betriebsprüfer durch die Vorlage der WP- Testate als solches den Vorwurf in der anonymen Anzeige als entkräftet ansahen. Denn die Betriebsprüfer gingen davon aus, dass im Rahmen des WP- Testatverfahrens "die Systeme körperlich aufzunehmen" sind und "durch einen Wirtschaftsprüfer (WP) vor Ort testiert werden" (Arbeitsunterlage Ga/S vom 04.02.1997, Anlage B 43) und sahen diesen Nachweis durch Vorlage der WP- Testate demnach als geführt an. Dass S und die anderen Betriebsprüfer ohne eigene Überprüfung der WP- Testate davon ausgingen, dass es mit den Testaten seine Richtigkeit habe und damit auch am Vorhandensein der HBS - jedenfalls zum Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsprüfung - keine Zweifel bestanden, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Testateinholung durch eine - nach außen jedenfalls unabhängig erscheinende - Wirtschaftsprüfungsgesellschaft koordiniert und die bereitwillige Einholung der WP- Testate auf Vorschlag der Haupttäter als Hinweis auf deren reines Gewissen und damit auf die Existenz der Systeme gewertet wurde, zumal für die Betriebsprüfer keine Möglichkeit bestand, die Existenz der HBS im Ausland eigenhändig oder mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln sonst wie effektiv zu überprüfen. Der Zeuge Ga gab hierzu in erster Instanz (Protokoll Landgericht Karlsruhe vom 15.06.2005: Zeuge Ga, S. 10, Rn. 37, 38) an, er habe erwartet, dass die Systeme da seien. Wenn jemand nichts zu verbergen habe, erkläre er sich erfahrungsgemäß gerne bereit, Nachweise zu verschaffen, und so habe sich Herr Dr. Kleiser verhalten. Er habe ihnen zunächst erklärt, er lasse die Systeme der Autobahn entlang auffahren, aber sie (gemeint die Betriebsprüfung) müssten die Kosten tragen. Er habe sich dann bereit erklärt, die Wirtschaftsprüfertestate vorzulegen. Der Zeuge Gl (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Gl, S. 14 = II2503) gab vor dem Senat an, dass Staatsanwalt Z als Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt worden sei, dass die Existenz der Bohrsysteme durch die Testate nachgewiesen sei. Nach den glaubhaften Bekundungen beider Zeugen war somit durch die Vorlage der Testate der Nachweis für die Existenz der HBS geführt. Aus dem Telefonvermerk des Zeugen Vr vom 06.09.1996 (Telefonnotiz Zeuge Vr vom 06.09.1996, Anlage K 7/69) ist zu entnehmen: "Nach derzeitigem Sachstand sind zumindest jetzt die Systeme vorhanden". Dass die Beamten damit bewusst die Unwahrheit gesagt hätten, ist nicht auszumachen.

Die zuständige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft .... teilte zudem unter Vorlage der Standortbescheinigungen mit Schreiben vom 02.12.1996 (Schreiben vom 02.12.1996, Anlage B 60) an Kleiser mit, ..."Als Zwischenergebnis können wir Ihnen mitteilen, dass mit Ausnahme von Italien und Tschechien sämtliche Anfragen ohne Beanstandungen bestätigt worden sind." Ausweislich des handschriftlichen Vermerks auf dem Schreiben vom 02.12.1996 wurde dieses mit den anliegenden Testaten an die Betriebsprüfer weitergegeben. Der Zeuge Bl (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Bl, S. 11 = II 2223) gab zu der Frage der Systemüberprüfung anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat an:

"Ich muss allerdings sagen, dass ich ab 1999 noch geprägt war von den Ergebnissen der Betriebsprüfung in 1996, in der sich nach meinem damaligen Eindruck, der auch fortdauerte bis 1999, das Ergebnis einstellte, dass die angeblich fehlenden Systeme vorhanden waren."

Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge insoweit unwahre Angaben gemacht haben könnte, sind nicht ersichtlich und ergeben sich insbesondere auch nicht aus den Unstimmigkeiten der WP - Testate als solchen, die nur bei subtiler Prüfung und teils auch nur bei entsprechenden Sprachkenntnissen aufzufallen vermochten, wie vom Landgericht (LGU 152) im Einzelnen abgehandelt worden ist und wogegen die Klägerin mit ihrer Berufung nichts Neues vorgebracht hat.

Der fehlende Abgleich der Testate mit der IZA- Auskunft mag als solches amtspflichtwidrig gewesen sein, vermag aber keinen Gehilfenvorsatz zu begründen, auch nicht unter Berücksichtigung der weiter von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Aussage des Zeugen Kleiser in seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft vom 04.07. 2000, wonach die Betriebsprüfer die Fälschung der Mietverträge mit den ausländischen Mietern erkannt hätten (Vernehmung Kleiser vom 04.07.2000, Anlage K 7/156, S. 8) :

"Wir haben ja irgendwann realisiert, dass die Einführung der Horizontalbohrmaschinen gar nicht so schnell ging, als wir uns das zunächst vorgestellt hatten. Insofern war jetzt zum Beispiel die Einführung von 10 - 15 Geräten in irgend einem nationalen Markt ein großer Aufwand, der mehrere Jahre Aufbauarbeit erforderte. Das war nicht nur mir bewusst, sondern aufgrund der Prüfungen der FlowTex Servicegesellschaften war dies ebenfalls der Betriebsprüfung durchaus bewusst. Dass nun aus dem Nichts ein Lizenznehmer erscheint, der vorher nie in Erscheinung getreten ist und nahezu plötzlich mit ca. 10 oder noch mehr Systemen am Markt operierte, war gänzlich unrealistisch und hätte auch so erkannt werden können oder wurde erkannt. Der Herr S wusste sehr gläsern, wie die FlowTex-Struktur in Deutschland aussieht. Entsprechende Aufbauphasen waren zum Beispiel dem Herrn S durchaus bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die jeweiligen Aufbauphasen in den internationalen Märkten gravierend kürzer gewesen wären, ist nahezu gegen Null gehend. Alle in der Finanzbehörde haben letztlich gewusst, wie zäh sich das ganze letztlich entwickelt hat."

Aus der Aussage des Zeugen Kleiser lässt sich entgegen der Meinung der Klägerin nichts dafür entnehmen, dass den Betriebsprüfern bewusst war, dass die vorgelegten Mietverträge mit den ausländischen Mietern gefälscht sein mussten. Die Aussage des Zeugen Kleiser gibt nur seine eigene Einschätzung über die Schwierigkeiten bei der Markteinführung der HBS im nationalen und internationalen Markt wieder. Fakten, aus denen S erkannt haben soll, dass die Mietverträge Fälschungen waren, nennt der Zeuge Kleiser nicht, sondern stellt Überlegungen dahin an, dass aus den Schwierigkeiten beim Marktaufbau es gänzlich unrealistisch gewesen sei, dass ein Lizenznehmer aus dem Nichts erscheine und mit nahezu 10 oder mehr Systemen am Markt operiere und dies auch so hätte erkannt werden können oder wurde. In der weiteren Folge umschreibt der Zeuge seine Einschätzung des Kenntnisstandes Ss mit den vagen Worten, S habe das System "sehr gläsern" erkannt. Die Aussage Kleisers belegt somit die Behauptung der Klägerin nicht.

Der Senat vermochte sich auch nicht auf Grund der weiteren Bekundungen des Zeugen Kleiser anlässlich seiner Vernehmung vom 04.07.2000, die sich mit der Existenz der ausländischen Firmen befassen und die die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 133 = II 331) als Argument dafür anführt, dass die IZA- Auskunft von S bewusst nicht beachtet worden sei und gerade in der Nichtbeachtung der Auskunft eine Förderung der Haupttat durch S zu sehen sei, davon überzeugen, dass S die Testate und die IZA- Auskunft bewusst nicht ausgewertet habe. Der Zeuge Kleiser gab zu der Anfang Juli an S überlassenen Standortliste (Standort- Liste ohne Datum (wohl von Manfred Schmider am 03.07.1996 übergeben), Anlage B 57) an:

"Frage:

Was wurde bezüglich dieser Liste (Anlage 1) jetzt etwa mit Herrn S besprochen?

Antwort:

Herr S sagte, dass er eine entsprechende internationale Überprüfung brauche, aus der Shelter-Identitätsnummer sowie dazugehöriger Motorennummer hervorginge. Natürlich wusste der Herr S Bescheid, natürlich stinkt dieses Papier (Anlage 1) zum Himmel, denn es gab bei uns noch nie eine Firma Anoropon (5. Spalte, zweite Zeile) oder Derbyshire Conservatories (8. Zeile) oder Miquel Morito Constructiones, Malaga (10. Zeile). Auch die Firma Pavimur Murcia gab es nicht. Auch die Firma Carel Musters/Holland gab es nicht."

Kleiser gibt in der Aussage seine Kenntnis zu der fehlenden Existenz der ausländischen Firmen wieder. Soweit die Aussage auf die Kenntnis Ss abhebt, beinhaltet sie eine Schlussfolgerung ohne die Angabe überprüfbarer Fakten. Sie enthält insbesondere keine Erklärung dafür, warum S auf Grund der Nennung bestimmter ausländischer Firmen wissen sollte, dass es diese nicht gab. Warum die Betrachtung Kleisers, wonach es die Firma "bei uns noch nie gegeben hat", eine entsprechende Kenntnis Ss belegen sollte, ist nicht ersichtlich. S hat im Vermerk vom 21.07.1996 (Vermerk S vom 21.07.1996, Anlage B 55) zu der Listung vom 03.07.1996 unter Tz. 3 ausgeführt:

"Die Zweifel sind nicht ausgeräumt, da die vorgelegten Unterlagen keinerlei Fremdnachweise beinhalten. Die Bescheinigung der Mieter über das Vorhandensein der Systeme könnte eine Gefälligkeit darstellen. Es ist eigenartig, dass die Mietverträge erst nach 1994 bis in die jüngste Gegenwart datiert sind, die Systeme jedoch im Zeitraum 1991 - 1993 gefertigt wurden..."

Tz. 4:

"Die Mietfirmen sind über die IZA zu überprüfen.

Die bisherigen Nachweise der 45 Systeme ist m.E. durch weitere Nachweise zu untermauern..."

Der Vorschlag einer weiteren Überprüfung der Systeme durch Einholung einer IZA- Anfrage wäre unverständlich, wenn S tatsächlich gewusst hätte, dass die ausländischen Firmen in Wahrheit teils gar nicht existierten, zumal der Vorschlag - eine Gehilfenschaft Ss unterstellt - von vorneherein die Gefahr in sich barg, dass Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die ausländischen Firmen zu Tage gefördert würden und damit der angeblich vom Prüfer gedeckte Milliardenbetrug ein frühzeitiges Ende finden würde. Der Zeuge Kleiser hat zudem in seiner Vernehmung vom 13.05.2004 (Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, S. 7, Anlage B 134) zur Kenntnis Ss seine früheren Bekundungen widerrufen und angegeben:

"Tatsächlich weiß ich keine konkreten Anknüpfungspunkte zu nennen, weshalb S den Fehlbestand "erkannt" haben soll (...). Ich stelle noch einmal klar, dass die Belastung des Herrn S durch mich objektiv unrichtig ist und war."

Die Erwägungen der Klägerin zur unterbliebenen Auswertung der IZA- Auskunft nach Vorlage der WP- Testate unter Bezugnahme auf frühere Angaben des Haupttäters Kleiser sind für den Nachweis der Kenntnis von der Nichtexistenz der HBS somit ebenfalls nicht weiterführend.

Auch die weiteren Gesichtspunkte beweisen die Annahme der Klägerin nicht, dass das WP- Testatverfahren als Nachweis für das Vorhandensein der HBS entwertet gewesen sei. Dass Einkaufsrechnungen für die angeblich im Ausland gefertigten HBS fehlten, war den Prüfern bekannt. Dies war ein maßgeblicher Grund dafür, das WP- Testatverfahren überhaupt durchzuführen. Ebenso gilt dies für die fehlenden Abnahmeprotokolle gegenüber den Unterlieferanten. Den Betriebsprüfern war hierzu von Schmider und Kleiser erklärt worden, dass sämtliche Unterlagen, die auf die geheime Auslandsfertigung hätten hinweisen können, vernichtet worden seien. Dass Ersatzteilanforderungen für die HBS fehlten, wird vom beklagten Land bestritten, ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht weiterführend, weil die HBS im Prüfungszeitraum nach den Bekundungen der Haupttäter überwiegend noch gar nicht ins Ausland verbracht waren. Ausweislich des Vermerks vom 03.06.1996 hatte RA Ku deshalb vorgeschlagen, "ausgehend vom heutigen Stand... das Vorhandensein der HBS nachzuweisen. Man müsse dann nur zurückrechnen, so ließe sich der Nachweis erbringen (Vermerk vom 03.06.1996, Anlage B 37, S. 7, Tz. 3.6: RA K) ." Dass der Zeuge Da von der Auslandsproduktion nichts wusste und von einer wesentlich geringeren Anzahl produzierter HBS ausging, wurde den Betriebsprüfern plausibel damit erklärt, dass Da nur für den "offiziell" produzierten Teil der HBS zuständig gewesen sei. Dass dem Abschlussprüfer (Dr. Ro) 1996 ausländische Servicegesellschaften unbekannt waren, wird vom beklagten Land bestritten. Aus der Nichtkenntnis des Abschlussprüfers lässt sich nichts dafür herleiten, dass S von der "Entwertung" der WP- Testate Kenntnis gehabt und/oder falsch über das Ergebnis der Testate berichtet haben soll.

Soweit sich die Klägerin - wie schon in erster Instanz (Klägerin Schriftsatz 31.03.2005 S. 18 = I 6491; Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 54 = II 175) - zur Frage der Überprüfung der WP- Testate auf die Angaben des Zeugen Bu (Klägerin Schriftsatz 22.12.2005 S. 55 = II 175, S. 113 = II 291 und II 311; Vernehmung Zeuge Bu vom 17.10.2000, Anlage K 7/181, S. 10 u. 12) beruft, dass S gewusst habe, dass die Maschinen in einer größeren Anzahl nicht darstellbar seien und insoweit ein "Loch" bestünde und S dies bei einem Gespräch mit Zeugen Bu am 17.07.1997 eingeräumt habe, wird zur Vermeidung auf die obigen Ausführungen des Senats zur Bewertung der Aussage des Zeugen Bu verwiesen (oben Ziffer 1.5).

Die mangelnde Auswertung der IZA- Auskunft mag sich auch aus dieser selbst erklären. Diese beginnt nämlich wie folgt:

"Die von mir eingeholten Wirtschaftsauskünfte (alle Stand: September 1996) liegen nunmehr vor. Bei den folgenden Firmen gehe ich aufgrund der Auskünfte davon aus, dass es sich um wirtschaftlich aktive Unternehmen handelt .

Auszüge aus den Auskünften: "

Auch Mitglieder des Senats haben bei Durchforstung der Akten nach dem enthüllenden Dokument diese Anlage wegen des in die Irre führenden Eingangstextes überblättert. Erst auf Seite 8 des Auskunft werden bei ab Seite 7 genannten Unternehmen Zweifel aufgeführt bzw. die wirtschaftliche Inaktivität festgestellt.

(2.10)Kein Hinweis auf Widersprüche zwischen den Angaben zu den Auslandsstandorten der HBS und den Standortangaben des Abschlussprüfers Dr. Ro ( Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 46 = II 157 ff. ) :

Die Klägerin führt insoweit aus, die Steuerfahndung sei von dem Betriebsprüfer S nicht auf die festgestellten Widersprüche zwischen den Standortbescheinigungen vom 03.07.1996 (Liste ohne Datum, wohl vom 03.07.1996, Anlage B 57) und den Standortangaben des Abschlussprüfer Dr. Ro hingewiesen worden. Die Standortbescheinigungen von Schmider hätten 300 HBS im Ausland ausgewiesen, während aus der "Ro- Liste" hervor gegangen sei, dass in den Jahren 1994/1995 die angeblich ins europäische Ausland "vermieteten" HBS einen Standort in Deutschland gehabt hätten. Das beklagte Land bestreitet schon, dass dem Betriebsprüfer S durch Schmider am 03.09.1996 überhaupt eine solche Standortliste des Abschlussprüfers übergeben worden ist.

Die Klägerin hat nicht beweisen können, dass dem Betriebsprüfer S oder einem anderen Finanzbeamten der Betriebsprüfung vom Abschlussprüfer Dr. Ro am 03.09.1996 eine Liste über Standorte der HBS übergeben wurde. Der Zeuge Dr. Ro (Protokoll Senat vom 24.11.2006: Zeuge Dr. Ro, S. 1ff = 2171ff) gab in sich schlüssig und widerspruchsfrei an, bei ihm sei am 12.08.1996 eine Anfrage zu dem erstmals per 31.12.1994 praktizierten Standortbescheinigungsverfahren eingegangen. Er könne allerdings nicht mehr sagen, ob die Anfrage von S oder Schmider gekommen sei. Das Verfahren zu den Standorten habe - wie unstreitig - auch nicht den Prüfungszeitraum der zweiten Betriebsprüfung betroffen. Er habe am 12.08.1996 Schmider Unterlagen aus dem Standortbescheinigungsverfahren zugeleitet, wobei es sich um das Anschreiben an die einzelnen Unternehmen und die Formulare, die diese auszufüllen gehabt hätten, gehandelt habe. S habe direkt von ihm nichts bekommen, und zwar weder am 12.08.1996 noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Vernehmung des Zeugen Dr. Ro hat die Behauptung der Klägerin, dass Standortlisten den Zeitraum 1994/1995 betreffend direkt an S übergeben worden seien, nicht bestätigt. Der Zeuge konnte eindeutig und zweifelsfrei nur angeben, dass die Unterlagen, die ab 1994 jeweils den Firmen zur Fertigung der Standortbescheinigungen (10 Blatt nebst einem Musterblatt) überlassen worden sind, ausweislich seines Vermerks direkt an Schmider gefaxt worden seien. Bei dem Standortbescheinigungsverfahren handelt es sich darüber hinaus um ein Verfahren, das erst per 31.12.1994 von der Firma FlowTex eingeführt worden ist und mithin nicht den Prüfungszeitraum 1990 bis 1993 betraf.

Das "Standortbescheinigungsverfahren" beinhaltete - wie vom Zeugen Dr. Ro im Einzelnen geschildert - nur Formulare, die den Servicegesellschaften von FlowTex zur Erfassung der HBS- Standorte überlassen worden waren. Nur wegen des aus bloßen Formularen und deren Versendung bestehenden Verfahrens ist von einem Bestehen der so genannte "Ro- Liste" nicht auszugehen, sodass auch kein Abgleich der von Schmider am 03.07.1996 übergebenen Liste mit dem seit 1994 praktizierten Standortbescheinigungsverfahren von der Betriebsprüfung vorgenommen und etwaige Widersprüche festgestellt werden mussten.

(3)Sonstige von der Klägerin herangezogene Urkunden, Beweismittel und Indizien, insbesondere unvollständige Unterrichtung der Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft durch den Betriebsprüfer S über das Betrugssystem "FlowTex":

Die Klägerin führt als weitere Indizien, dass S die Aufrechterhaltung des Betrugsystems subjektiv wie objektiv im Sinne einer geeigneten Beihilfe mitgetragen habe, die unvollständige Weiterleitung von Vermerken und die hierdurch bewirkte mangelhafte Unterrichtung der Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft (3.1 - 3.4) an. Die Klägerin führt hierzu aus, der Tatbestand der Beihilfe sei nämlich auch dann als gegeben anzusehen, wenn der Betriebsprüfer S die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden mittels Vermerken so gestaltet hätte, dass HBS in genügender Zahl vorhanden gewesen seien, obwohl dies weder für den zu überprüfenden Veranlagungszeitraum 1990/1991 - 1993 noch für den Zeitraum der Durchführung der Betriebsprüfung in 1996 der Fall war. Denn eine solche, den tatsächlichen Gegebenheiten - wie unstreitig - gerade nicht entsprechende Feststellung hätte es den Haupttäter ermöglicht, auch in Zukunft weitere Betrugstaten ungestört zu begehen. Ein solcher Tatbeitrag wäre geeignet gewesen, das Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden zu verhindern und auf diese Weise die Fortführung des Betrugssystems zu ermöglichen.

(3.1)Fehlender Hinweis auf nicht eingesetzte Systeme - fehlende Information zu "Anlaufschwierigkeiten beim Marktaufbau" und HBS "auf Halde" ( Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 45 = II 155 ) :

Die Klägerin beruft in diesem Zusammenhang insbesondere auf die nicht feststellbare und damit offensichtlich unterbliebene Weitergabe des Vermerks vom 03.06.1996 (Anlage K 68 = B 37: Haldevermerk) , in dem die Angaben von Schmider zu "auf Halde" stehenden Geräten festgehalten sind. Daraus, dass der Aktenvermerk vom 03.06.1996 (Anlage K 68 = B 37) nicht an die Steuerfahndung weitergeleitet worden zu sein scheint, ergibt sich jedoch nicht, dass S hierdurch die Haupttäter objektiv wie subjektiv unterstützt hat. Denn unstreitig wurde der spätere Vermerk vom 21.07.1996 (Anlage K 59 = B 56: "Gewinnmarge"- Vermerk vom 21.07.1996) an die Steuerfahndung weitergegeben, wie sich auch aus dem Vermerk der Steuerfahnder Si und Gl vom 25.07.1996 ergibt. In dem Aktenvermerk vom 21.07.1996 wird zunächst die Problemstellung - Diskrepanz zwischen der Lieferung von HBS in einer Größenordnung von 370 und dem von den Betriebsprüfern festgestellten viel geringeren Materialeinkauf bei KSK - beschrieben und auch darauf eingegangen, dass KSK die Mieten/Leasingraten zahlte, wenn Bohrsysteme nicht eingesetzt werden konnten. Der Aktenvermerk vom 21.07.1996 befasst sich weiter eingehend mit der Frage des Systemnachweises, der Standorte der HBS im Ausland, der Erklärung Schmiders zum Marktaufbau mit der Bemerkung, es müsse geklotzt und nicht gekleckert werden, sowie der geringen Laufleistung der Systeme. Zu letzterem findet sich in dem Aktenvermerk vom 21. Juli 1996 - "Gewinnmarge"- Vermerk - folgende Passage:

"... dabei konnte ich feststellen, dass die Lkw - Systeme mit Lkw - Kauf 1990 - und 1991 heute erst zwischen 500 und 3500 km gefahren wurden. Dies würde wieder dem entsprechen, was durch die Geschäftsführer von FTI vorgebracht wird, es wurde auf Halde produziert, die fälligen Leasingraten wurden über die KSK - Gewinnmarge refinanziert ..."

Danach lässt sich aus der fehlenden Weiterleitung des Vermerks vom 03.06.1996 nichts für die von der Klägerin behauptete Kenntnis des Betriebsprüfers von einem betrügerischen System herleiten.

(3.2)"Wirtschaftliche Nichtexistenz" der HBS ( Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 55 ff. = II 175 ff. ) :

Die Klägerin macht insoweit geltend, dass den Betriebsprüfern aus den ihnen vorliegenden Buchhaltungen bekannt gewesen sei, dass 87 - 94 % der gesamten Leasingaufwendungen der FTT (bzw. FTI) durch die KSK getragen worden seien. Damit habe offen zu Tage gelegen, dass 87 - 94 % aller Maschinen, die an Leasinggesellschaften veräußert worden waren, nicht eingesetzt werden konnten und damit offenbar mit dem realen Bohrgeschäft auch nicht annähernd genug Geld verdient werden konnte, um die gesamtem Leasingraten bezahlen zu können. Ein Hinweis der Betriebsprüfer dazu, dass maximal 30 HBS im Prüfungszeitraum tatsächlich eingesetzt waren, finde sich nicht. Die Klägerin behauptet damit, auch in diesem Punkt sei keine ausreichende und für die Sachverhaltsbeurteilung erforderliche Unterrichtung der Staatsanwaltschaft/Steuerfahndung durch S erfolgt.

Die Klägerin stützt sich für ihre Behauptung auf die von den Wirtschaftsprüfern nach der Aufdeckung des Betrugs Anfang 2000 ermittelten Zahlen und deren Auswertungen, die ergeben haben, dass nur 30 HBS im Einsatz waren, während KSK monatliche Leasingraten für 306 HBS berechnet wurden. Auch dieser Einwand ist nicht weiterführend. Denn eine solche Auswertung - wie sie nunmehr im Rahmen der Ermittlungen nach Aufdeckung des Betrugssystems durchgeführt wurde - wurde und musste von dem Betriebsprüfer S und den anderen Finanzbeamten im Rahmen der Betriebsprüfung 1996 nicht vorgenommen werden. Das beklagte Land weist deshalb in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg der HBS nicht das Thema der steuerlichen Betriebsprüfung war.

Dass nicht alle HBS im Prüfungszeitraum eingesetzt werden konnten, war den Betriebsprüfern bekannt. Den Betriebsprüfern ist dieser Umstand von Schmider und Kleiser mit Anlaufschwierigkeiten beim Marktaufbau erklärt worden. Die Kenntnis der Betriebsprüfung von auf Halde stehenden HBS wurde auch nicht gegenüber der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft unterdrückt. Die so genannten Mietübernahmekosten - Leasingraten der FTI für nicht genutzte, jedoch an FTI oder Leasingfirmen verkaufte Systeme - wurden nämlich in Ziffer 1.13 des Betriebsprüfungsberichts der KSK vom 10.07.1997 (Anlage K 7/4) dokumentiert. Dort wird auch ausdrücklich auf die Vertragsergänzung zwischen FTI und der Bfa (KSK) vom 01.09.1989 hingewiesen, wonach KSK verpflichtet ist, an FTI die Leasingaufwendungen zu bezahlen, soweit FTI die Gerätschaften nicht an Dritte vermietet. Dieser Bericht wurde über die Steuerfahndung Erfurt (Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 28.01.1999, Anlage K 7/76) an die Staatsanwaltschaft Mühlhausen weitergeleitet.

Hinzukommt, dass im Aktenvermerk der Steuerfahnder Gl und Si vom 10.04.1997 für die Besprechung bei Staatsanwalt Z (Anlage B 65) unter dem Punkt "Ermittlungen wegen anonymer Anzeige vom Mai 1996 an die StA KA" u. a. festgehalten ist:

"Systemabgleich erbrachte zunächst z. B., dass per 31.12.1993 von KSK an FTI angeblich 370 veräußerten Systeme nach Hochrechnung des Wareneinsatzes aber nur 77 Systeme tatsächlich geliefert worden sein konnten."

"Hinweise Schmider, Dr. Kleiser insbesondere auf Lizenzprozesse in den USA und Frankfurt in 1991/1993 - Schadensersatzprozess in 100 Mio. DM Höhe stand aus, deshalb entsprechende Bereinigung des Buchhaltungs- und Rechnungswesen".

Ausgehend hiervon kann insoweit schon nicht von einem Unterdrücken von Erkenntnissen des Betriebsprüfers S gegenüber der Steuerfahndung ausgegangen werden. Der Inhalt des Vermerks zeigt, dass die Steuerfahnder auch über die Diskrepanzen, die bei der Überprüfung des Wareneinsatzes bei der KSK festgestellt worden sind, informiert wurden.

Aus den von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Aussagen von Kleiser in der Hauptverhandlung vom 01.10.2001 (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 57 = II 179; Vernehmung Kleiser vom 01.10.2001, Anlage K 7/48) und bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 27.06.2000 (Vernehmung Kleiser vom 27.06.2000, Anlage K 34) , wonach u . a. bei FTS Ettlingen Systeme nur "fiktiv" platziert gewesen wären, lässt sich ebenfalls nicht folgern, dass für den Betriebsprüfer S deshalb eindeutig zu erkennen war, dass mit dem realen Bohrgeschäft auch nicht annähernd genug Geld zu verdienen war, um die gesamten Leasingraten bezahlen zu können, und er auch aus diesem Grund Kenntnis von der Nichtexistenz der HBS hatte . Dass nicht alle Systeme wirtschaftlich eingesetzt werden konnten, war der Betriebsprüfung bekannt, wie Ziffer 1.13 des Betriebsprüfungsberichts der KSK durch die Ausführungen zur Mietkostenübernahme zu entnehmen ist. Für die Mietkostenübernahme durch KSK war der Betriebsprüfung von Schmider und Kleiser jedoch als plausible und auch wirtschaftlich durchaus nachvollziehbare Erklärung die Anlaufschwierigkeiten auf dem Markt angegeben worden.

(3.3)Kein Hinweis auf den "Vorverkauf" von HBS:

Die Klägerin führt aus, ein unvollständiger Informationsaustausch ergebe sich weiter daraus, dass die Steuerfahndung nicht darauf hingewiesen worden wäre, dass die an die Leasinggesellschaften verkauften Bohrsysteme teilweise zum Zeitpunkt ihres Verkaufs nur als Lkw ohne den noch nicht montierten Aufbau existiert hätten (so genannter Vorverkauf). Für den Betriebsprüfer S wäre ohne weiteres erkennbar gewesen, dass nahezu sämtliche Lkw- Systeme und zwar 70 von 74 Versorgungseinheiten noch vor ihrer Fertigstellung an Leasinggesellschaften verkauft und an die FTT verleast worden wären. Dies ergebe sich aus einem Abgleich der Da- Liste (Da- Liste mit Schreiben Da vom 30.04.1996, Anlage K 56) mit den Herstellungs- und Rechnungsunterlagen der KSK. Der Datenvergleich bei den so genannten Shelter - Systemen belege, dass die Ausgangsrechnungen der KSK üblicherweise vor dem Herstellungsdatum gelegen hätten, auch soweit Einheiten betroffen seien, die bis 31.12.1993 hergestellt waren. Dem Betriebsprüfer wäre deshalb bekannt gewesen, dass in nicht weniger als 94,67 % aller Fälle vor ihrer Herstellung die HBS bereits an Leasinggesellschaften verkauft und von diesen an FTT verleast worden wären (Klägerin Schriftsatz 22.12.2005, S. 60-61 = II 185/187) . Dem Betriebsprüfer S wäre somit auch bekannt gewesen, dass die Leasinggesellschaften durch falsche Abnahmebestätigungen der FTT, durch Versicherungsbestätigungen für Bohrsysteme, die es nicht gegeben habe, und durch manipulierte Abnahmen von Bohrsystemen, die es ebenfalls nicht geben habe, getäuscht worden seien. Hierbei handele es sich um Betrug, da die HBS verkauft und verleast worden wären, bevor sie fertig gestellt gewesen wären.

Dieser Vorwurf der Klägerin vermag aus mehreren Gesichtspunkten keine Beihilfe zum Betrug mit nicht existenten HBS zu begründen. Ein Vertrag über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen ist im BGB unter § 651 geregelt. Auf solche Geschäfte finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Strafrechtlich relevant ist bei einem solchen Geschäft per se nichts. Anders verhält es sich lediglich, wenn dem Erwerber vorgespiegelt wird, die Sache sei bereits hergestellt oder er über die Absicht, eine Herstellung auch zukünftig nicht vorzunehmen, getäuscht wird. Dass Beamten des beklagten Landes solche in der Vergangenheit begangene Täuschungshandlungen bekannt waren und sie darüber hinaus mit weiteren Irreführungen der Geschäftspartner in der Zukunft rechneten, ist durch nichts belegt.

Zwar ist nach den Festsstellungen des Landgerichts (LGU 132 - 134) davon auszugehen, dass der Vorverkauf in der dargestellten Form nicht an die Steuerfahndung berichtet worden ist, wobei das Landgericht von 12 - 16 derartigen Fällen ausgeht. Der Senat teilt nach Überprüfung die Ausführungen des Landgerichts, wonach der fehlende Hinweis auf den so genannten Vorverkauf schon kein Anlass dafür gewesen sei, einen Anfangsverdacht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu begründen. Die Annahme des Vorverkaufs unterschied sich grundlegend von den Vorwürfen in den beiden anonymen Anzeigen, die sich nur mit dem Verkauf nicht existierender HBS befassten. Hinzu kommt, dass bei der Frage der Einleitung oder Erweiterung eines Ermittlungsverfahrens im Einzelnen die vertraglichen Absprachen mit den Leasinggesellschaften hätten abgeklärt werden müssen und auch der Eintritt eines Schadens im Hinblick auf die Komplettierung der Systeme zu verneinen gewesen wäre, was die Einleitung eines Verfahrens ebenfalls als unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Die Kenntnis des Betriebsprüfers S - außer in 12 - 16 Fällen wie vom Landgericht festgestellt - wird vom beklagten Land bestritten. Die Klägerin bietet für die Auswertungen der prozentual für den Prüfungszeitraum vorgenommenen so genannten Vorverkäufe und die Kenntnis des Betriebsprüfer S hiervon nur die Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Freiburg vom 28.10.2002 an, die nach Bekanntwerden des Betrugsystems in die Wege geleitet wurden. Diese Erkenntnisse beweisen indessen nur, dass und in welchem Umfang in dem Zeitraum vom 1991 - 1993 und 1996/ 1997 tatsächlich Vorverkäufe statt gefunden haben, lassen aber keine Rückschlüsse auf die Kenntnis des Betriebsprüfers hiervon zu. Zudem ist es nicht Aufgabe der Außenprüfer gewesen, die Da- Liste mit den Ausgangsrechnungen der KSK auf die Frage einer etwaigen - von Schmider und Kleiser systematisch vorgenommenen - Vorfinanzierung hin abzugleichen. Hinzukommt, dass der Gegenstand der anonymen Anzeige vom Mai 1996 nichts mit der Frage der Vorveräußerung von HBS zu tun hatte, sodass auch von daher keinerlei Anlass für eine solche Abgleichung, wie sie von der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Freiburg nunmehr vorgenommen wurde, bestand.

Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Bekundungen von Schmider (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 62 = II 189: Vernehmung Schmider vom 21.06.2000, Anlage K 167) und Kleiser (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. S. 62 = II 189: Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166) belegen ebenfalls nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit, dass S Kenntnis von einem systematischen Vorverkauf bei Shelter- Systemen gehabt hat. Die Zeugen Schmider und Kleiser gaben sinngemäß an, dem Betriebsprüfer S hätten Unterlagen vorgelegen, aus denen ersichtlich gewesen sei, dass Maschinen vor Fertigstellung verkauft worden seien. Dass hieraus ohne weiteres ein besonders umfangreicher und systematischer Vorverkauf erkennbar gewesen wäre, ist den Bekundungen der Zeugen nicht zu entnehmen. Der Zeuge Schmider sprach nur von "Maschinen", der Zeuge Kleiser nur davon, dass "LKW - angetriebene Systeme teilweise noch im Bau waren bzw. deren Endabnahme noch nicht erfolgt war, sie aber schon finanziert waren...". Darüber hinaus hat der Zeuge S anlässlich seiner Vernehmung vom 22.12.2006 (Protokoll Senat vom 22.12.2006: Zeuge S, S. 2, 3 = II 2885, 2887) in Abrede gestellt, den systematischen Vorverkauf von Systemen erkannt zu haben oder hierüber von Schmider und Kleiser informiert worden zu sein. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dem Zeugen S insoweit keinen Glauben schenken zu können, liegen nicht vor. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betriebsprüfer alleine durch einen Abgleich der "Da- Liste" einen Vorverkauf in erheblichem Umfang festgestellt hat. Hiergegen spricht schon, dass die handschriftlichen Anmerkungen auf der "Da- Liste" (Anlage K 164) nur das Datum der Erstzulassung, nicht das des Verkaufs wiedergeben. Außerdem wurde die Anfrage Ss vom 09.05.1996 (Anfrage S vom 09.05.1996 Anlage K 60) nicht eindeutig und klar von Da in seinem Schreiben vom 10.07.1996 (Anlage K 61) beantwortet. Aus der von S zu seiner Anfrage vom 09.05.1996 gefertigten Anlage (Anlage zur Anfrage vom 09.05.1996 Anlage K 60) sind nur 12 - 16 Fälle festgehalten, in denen die Fertigstellung erst nach dem Verkauf erfolgt sein könnte. Die Tabelle "KSKSyst" (Anlage K 60) wurde nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts (LGU 133) später von S nicht ergänzt.

Die Angaben der Zeugen Schmider (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 62 = II 189: Vernehmung Schmider vom 21.06.2000, Anlage K 167) und Kleiser (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 62 = II 189: Vernehmung Kleiser vom 13.05.2004, Anlage K 166) , dass der von S erkannte Vorverkauf ein Grund für die Einholung der Testate gewesen sei, ist ebenfalls nicht weiterführend. Zum einen hat dies der Zeuge S anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat gerade nicht bestätigt. Zum anderen vermag der Umstand, dass Vorverkäufe stattgefunden haben und hierüber nicht umfänglich berichtet worden ist, keinen Gehilfenvorsatz gemäß § 27 StGB zu begründen.

Denn alleine daraus, dass S von einem Vorverkauf von HBS Kenntnis gehabt haben soll, ergibt sich nicht, dass dieser damit - wie die Klägerin meint - auch darüber informiert war, dass gegenüber den Leasinggesellschaften Abnahme- und Versicherungsbestätigungen manipuliert worden waren. Insoweit fehlt es an Ausführungen, dass und warum alleine auf Grund des Vorverkaufs von HBS auch sogleich eine Manipulation der genannten Bescheinigungen auf der Hand gelegen haben und für den Betriebsprüfer augenscheinlich gewesen sein soll.

Auch der Hinweis der Klägerin auf den Aktenvermerk vom 13.05.1996 (Aktenvermerk 13.05.1996, Anlage B 47) führt nicht weiter. Der Aktenvermerk vom 13.05.1996 bezieht sich auf die anonyme Anzeige vom Mai 1996, wonach angeblich 1000 nicht existierende Maschinen verleast worden seien sollen und die Äußerung Ss gegenüber dem Zeugen Si hierzu, das liefe auf einen Betrug gegenüber den Banken hinaus. Der Zeuge Si gab anlässlich seiner Vernehmung vom 08.12.2006 (Protokoll Senat vom 08.12.200: Zeuge Sb, S.17 = II 2509) hierzu glaubhaft an, dass es sich bei der von S damals angestellten Äußerung zu einem Betrugssystem um eine Wertung der Angaben in der anonymen Anzeige auf einer rein abstrakten Ebene gehandelt habe.

(4)Lückenhafte Betriebsprüfungsberichte:

Auch die von der Klägerin herangezogenen Betriebsprüfungsberichte bringen weder alleine noch in der Gesamtschau Beweis dafür, dass S Kenntnis von dem massenhaften sale und lease back nicht existenter HBS hatte.

Die Klägerin meint, die Betriebsprüfungsberichte seien lückenhaft und unklar abgefasst worden, um die Aufdeckung des Betrugssystems zu verhindern. S, dem die Nichtexistenz der HBS bekannt gewesen sei, hätte zur Vermeidung einer Strafverfolgung die Betriebsprüfungsberichte so schreiben müssen, dass er sich selbst nicht angreifbar machte, andererseits der Blick auf das Ganze getrübt würde. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang weiter geltend, dass dem Betriebsprüfer S von Schmider und Kleiser erfolgreich eingeredet worden sei, dass mit einer Strafverfolgung gegen sie beide alles verloren, aber nichts gewonnen wäre. Sie könnten das System nur heilen, wenn sie - ungestört - insbesondere an die Entwicklung und gewinnträchtige Veräußerung von Gesellschaftsbeteiligungen gehen könnten. Die Klägerin führt hierzu die Angaben Kleisers in der Hauptverhandlung vom 01.10.2001 (Vernehmung Kleiser vom 01.10.2001, Anlage K 7/48 (S. 7)) und die Bekundungen Schmiders anlässlich seiner Vernehmung vom 13.07.2000 an (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 65 und 66 = II 195,197) . Die Äußerungen von Schmider in seiner Vernehmung vom 13.07.2000 (Vernehmung Schmider vom 13.07.2000, Anlage K 21) lauten wie folgt:

"S war 1996 da und hat geprüft bis einschließlich dem Jahr 1993. Nachdem Herr S uns im Prinzip erklärt hat, was wir gemacht haben, Herr S hat das ja komplett aufgerollt, hat er uns beim Schluss der Prüfung gesagt, es würde ja keinen Sinn machen, uns jetzt lupfen zu lassen - das sind seine Worte -, um uns bei der nächsten Prüfung dann exekutieren. Auch das ist die Wortwohl von Herrn S. Er sagte mir, wenn er wieder kommt zur nächsten Prüfung für die Jahre 1994 bis 1996, er natürlich weiß, dass Dinge, die bereits vergangen sind, nicht mehr repariert werden können, er die Prüfung insofern noch einmal in der gleichen Art abnehmen könne, aber wir ihm versprechen mussten, dass wir für die Zukunft alles dran setzten, um aus der Leasingfinanzierung herauszukommen."

Der Zeuge S hat anlässlich seiner Vernehmung vom 11.12.2006 (Protokoll Senat vom 11.12.2006: Zeuge S, S. = II 2637 - 2701, korrigierte Fassung des Zeugen: II 2831 - 2855) in Abrede gestellt, die vom Zeugen Schmider wiedergegebenen Äußerungen gemacht zu haben. Der Zeuge S gab an, er könne sich nur vorstellen, dass Schmider und auch Kleiser im Hinterkopf gehabt hätten, dass von den Betriebsprüfern die ungenügende Finanzbuchhaltung gerügt worden sei und er in diesem Zusammenhang erklärt habe, dass dies in Anbetracht der schon abgelaufenen Zeit auch nicht mehr für die Jahre 1994 und 1995 geändert werden könnte, die Unterlagen aber ab 1996 in Ordnung gebracht werden müssten. Die Bekundung des Zeugen S ist plausibel und schlüssig. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Äußerungen Ss gegenüber Schmider, wie sie der Zeuge Schmider wiedergegeben hat, in Kenntnis des Betrugssystems so erfolgten, fehlen. Insbesondere kann aus der Aussage des Zeugen Schmider vom 13.07.2000 damit nicht der Schluss gezogen werden, dass die Betriebsprüfungsberichte unklar und unvollständig abgefasst worden seien, um auch auf diese Weise eine Strafverfolgung bzw. Aufdeckung des Betrugssystems zu verhindern.

Eine unvollständige oder unklare Fassung der Berichte mit der Tendenz, ein als Betrug erkanntes System zu verschleiern, kann auch im Übrigen - wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - nicht festgestellt werden:

(4.1)Betriebsprüfungsbericht KSK ( Betriebsprüfungsbericht KSK vom 10.07.1997, Anlage K 7/4 ) :

Im Betriebsprüfungsbericht sind gemäß § 202 AO die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie die Änderungen der Besteuerungsgrundlage darzustellen. Der Prüfungsbericht hat nur die steuerrelevanten Feststellungen zu enthalten. Darzustellen sind die tatsächlichen Feststellungen. Für sie trägt der Prüfer die Verantwortung. Der Prüfer hat die Amtspflicht, keine erkennbar falschen Feststellungen zu treffen und im Übrigen die Sachverhalte sorgfältig und in rechtlich vertretbarer Weise zu würdigen (Koch/Scholtz, Kom. zur AO, 4. Aufl., § 202 Rn. 2 u. 3) . Diesen Anforderungen genügt der Bericht vom 10.07.1997.

Im Einzelnen:

Gesellschafterstellung von Angelika Ne:

Der Senat folgt auch in diesem Punkt den Ausführungen des Landgerichts. Im Betriebsprüfungsbericht der KSK ist für den Zeitraum 1991 bis 1993 die Gesellschafterstellung von Angelika Ne in Übereinstimmung mit der schriftlichen Erklärung vom 05.06.1996, wie sie den Betriebsprüfer vorgelegt worden ist, dargestellt, wonach Ne im Prüfungszeitraum alleinige Gesellschafterin der KSK ohne treuhänderische Bindung gewesen ist. Unter Tz. 1.1 wird die gesamte Entwicklung der Gesellschaftsverhältnisse der KSK behandelt und zu Beginn auch das Schreiben von Steuerberater Ww vom 04.02.1993 (Schreiben Ww vom 04.02.1993, Anlage K 96) zu den Beteiligungsverhältnissen an der KSK angeführt, wonach zwar für die Vor-Betriebsprüfung Ne Gesellschafterin gewesen sei, jedoch wirtschaftliches Eigentum durch Schmider und Kleiser vorgelegen habe. In diesem Zusammenhang kann weiter nicht außer Betracht bleiben, dass die Betriebsprüfer unter Tz 1.1 ausdrücklich auch auf den notariell beurkundeten Kaufvertrag und die notariell beurkundete Treuhandvereinbarung vom 12.05.1997 hingewiesen haben, wonach für die Folgeprüfung die Gesellschafterin Angelika Ne ihre Gesellschaftsanteile an Schmider und Kleiser veräußert hatte. Dort ist weiter vermerkt, dass jetzt - gemeint in 1997 - der rechtliche Stand vollzogen ist, welcher der früher - gemeint von Steuerberater Ww für die Vor-Betriebsprüfung - angenommenen wirtschaftlichen Beherrschung entsprach. Die Betriebsprüfer haben damit nicht nur eine Darstellung der Gesellschafterstellung für den Prüfungszeitraum gegeben, sondern auf die Stellung Nes in der Vergangenheit und auch in der Zukunft hingewiesen.

Im Bericht wird auch ausgeführt, warum die Betriebsprüfer dennoch für den Zeitraum 1991 - 1993 von Ne als alleiniger Gesellschafterin und einer fehlenden wirtschaftlichen Eigentümerstellung von Schmider und Kleiser in diesem Zeitraum ausgingen, eben weil Schmider und Kleiser erklärt hätten, dass sie erst durch die Selbstanzeige von den Geldabflüssen bei der KSK Kenntnis erhalten hätten. Weiter heißt es im Bericht vom 10.07.1997 unter Tz. 1.1 hierzu: "Daher mussten sie erkennen, dass die geglaubte "Position" der wirtschaftlichen Beherrschung tatsächlich nicht vorhanden war" (Betriebsprüfungsbericht KSK vom 10.07.1997, Anlage K 7/4 (S. 5)) . Ausgehend von diesem Ergebnis sind deshalb im Rahmen der Steuererhebung - bis auf die als Betriebsausgaben an NorInvest anerkannten 11.449.016,00 DM für Systemeinkäufe - die so genannten Sß...gelder als verdeckte Gewinnausschüttungen an Ne festgesetzt worden. Die Verwendung der Sß...gelder für die von Schmider und Kleiser angeführte heimliche Auslandsproduktion wurde damit von den Betriebsprüfern nicht anerkannt, ebenso nicht die Angaben Nes zur Verwendung der Gelder als notwendige Betriebsausgaben der KSK.

Der Zeuge Ga hat als weiterer Betriebsprüfer der KSK und Mitverantwortlicher für den Betriebsprüfungsbericht vom 10.07.1997 anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat vom 27.11.2006 (Protokoll Senat vom 27.11.2006: Zeuge Ga, S. 2, II 2203ff) in sich stimmig erläutert, wie es zu den Feststellungen bezüglich der Gesellschafterstellung von Ne gekommen ist. Es hätte insbesondere für eine Treuhandstellung Nes kein Vertrag vorgelegt werden können. Ebenso hätte es an einer vertraglichen Grundlage für die Annahme einer wirtschaftlichen Eigentümerstellung von Schmider und Kleiser gefehlt. Die Stellung Nes sei bei dem Treffen am 03.06.1996 ein Hauptpunkt gewesen, der geklärt werden sollte und zu dem im Bericht festgehaltenen Ergebnis geführt habe. Damals hätten sie keine andere Möglichkeit gehabt, als die Zeugin Ne als tatsächliche Eigentümerin der GmbH - Anteile anzusehen. Auch der Zeuge Da habe auf ausdrückliche Nachfrage erklärt, Ne sei seine Chefin. Unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Ga wurde im Prüfungsbericht, der die steuerrechtliche Grundlage für die Besteuerung der Sß...gelder bildete, damit nachvollziehbar von der Steuerpflicht der Gesellschafterin Ne ausgegangen.

Besprechung vom 03.06.1996 (Vermerk vom 03.06.1996, Anlage B 37) :

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 27 = II 119) führt in diesem Zusammenhang weiter aus, dass Ne bei Besprechungen über Angelegenheiten der KSK aus dem Zr gebeten worden sei. So habe Ne die Besprechung vom 03.06.1996 - wie dort ausdrücklich vermerkt - verlassen, bevor alle die KSK betreffenden Punkte abgehandelt gewesen seien. Dieser Einwand der Klägerin könnte dafür sprechen, dass die Betriebsprüfer zur steuerlichen Veranlagung der so genannten Sß...gelder zwar von Ne als verantwortlicher Gesellschafterin auf Grund der schriftlichen Erklärung vom 05.06.1996 ausgegangen sind, in Wahrheit aber nicht nur eine wirtschaftliche Beherrschung der FTI über KSK - wie im Bericht festgehalten - bestanden hat, sondern darüber hinaus von ihnen und damit auch S erkannt worden war, dass in jeder Hinsicht bei KSK damals Schmider das Sagen und auch die Verantwortung hatte. Der Versuch des beklagten Landes, die Verhaltensweise von Ne bei der Besprechung vom 03.06.1996 damit zu klären, dass Punkt 3 der Besprechungsliste - Systemabgleich - nicht mehr die KSK betroffen habe, weil es sich hierbei um die Frage der geheimen Auslandsfertigung und damit um eine Angelegenheit der FTI gehandelt habe, überzeugt schon deshalb nicht, weil es ausweislich des Vermerks vom 03.06.1996 im Kern um die Verwendung der Sß...gelder ging, die nach der Darstellung von Schmider für die geheime, an KSK vorbei erfolgte Auslandsfertigung von HBS benutzt worden seien, während Ne in der Selbstanzeige angegeben hatte, es handele sich um Geld, das für den Geschäftsaufbau der KSK ohne Belege verwandt worden sei.

Auch dieser Umstand vermag indessen nicht die begründete Annahme zu rechtfertigen, dass der Betriebsprüfungsbericht der KSK bewusst unklar und lückenhaft gefertigt worden ist. Dass Schmider damals die KSK lenkte und wirtschaftlich mit beherrschte und dies S nicht verborgen geblieben ist, ist im Prüfungsbericht angesprochen. Unter Tz 1.13.4 des Prüfungsberichtes ist ausdrücklich vermerkt, dass die wirtschaftliche Dominanz von der Firma FTI GmbH unverkennbar sei. Damit wurden die Beobachtungen der Betriebsprüfer über die starke Stellung Schmiders im Bericht der KSK festgehalten und decken sich mit den Bekundungen der Zeugin Ne, dass sie aus Erklärungsnöten und Vereinfachungsgründen Schmider darauf angesprochen habe, ob er aufgrund seiner Kenntnisse über die Verhältnisse der KSK die Besprechungen mit den Betriebsprüfern führen könnte.

Der von der Klägerin angeführte Vermerk vom 15.04.1996 (Anlage K 83) des Betriebsprüfers S ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht weiterführend. Dort ist nur festgehalten, wie die aus den Sß...geldern festgesetzte Steuer zu bezahlen sei und auch erwähnt, dass vorgesehen gewesen sei, dass FTI die Zahlungen für KSK übernehme.

Transferzahlungen der KSK an FTI:

Die Transferleistungen der KSK an die FTT sind im Bericht aufgeführt und mit vertraglichen Vereinbarungen über die Mietkostenübernahme begründet. Soweit die Klägerin anführt, dass die im Prüfungsbericht vermerkten Transferzahlungen der KSK an die FTI wirtschaftlich keinen Sinn machten und nicht erwähnt sei, dass die KSK die HBS zum rund 2 - 3 fachen des Einkaufspreises an Leasinggesellschaften verkaufte, vermag auch dieser Einwand keine Unvollständigkeit oder Unklarheit im Betriebsprüfungsbericht der KSK durch S zu begründen. Denn es ist - worauf das beklagte Land zutreffend hinweist - nicht Aufgabe der Außenprüfung gewesen, Ausführungen zur Gewinnmarge und zu dem wirtschaftlichen Sinn von Zahlungen und Transferleistungen zu machen. Die Außenprüfung hat lediglich die steuerliche Behandlung von Zahlungseingängen und -ausgängen zu bewerten. Der Prüfungsbericht bildet dabei die Grundlage der Besteuerung für das Veranlagungsfinanzamt. Der Prüfungsbericht dient auch nicht dazu, potentielle Gläubiger des Unternehmens vor riskanten oder gegebenenfalls nicht rentierlichen Geschäften zu warnen oder die Gläubiger über die Geschäftspolitik und -praktiken des zu prüfenden Unternehmens zu unterrichten.

Die Ausführungen der Klägerin dazu, welchen Kenntnisstand Rechtsanwalt Ku über die tatsächliche wirtschaftliche Beherrschung der KSK durch Schmider und Kleiser zum Prüfungszeitraum hatte, sind gleichfalls nicht weiter führend. Hieraus ergibt sich kein nachvollziehbarer Grund dafür, dass auch S über einen entsprechenden Kenntnisstand verfügte.

Es kann nach alledem entgegen der Auffassung der Klägerin aus der Abfassung des Betriebsprüfungsberichtes bezüglich der KSK nicht geschlossen werden, dass dieser nach Inhalt und Form bewusst unklar gehalten wurde, um das vom Betriebsprüfer S erkannte Betrugssystem zu verdunkeln oder zu vernebeln. Ein Indiz für die angebliche Kenntnis Ss von dem Betrugssystem liefert er nicht.

(4.2)Betriebsprüfungsbericht der FTI ( Betriebsprüfungsbericht FTI (bzw. FTT) vom 29.12.1997, Anlage K 7/3 ) :

Der Bericht erwähnt - wie das Landgericht zutreffend festgehalten hat - die Transferzahlungen der KSK auf Seite 5 mit dem Inhalt: "Für die Stillstandszeit übernahm die Herstellerfirma KSK GmbH den Mietausfall". Der Bericht ist auch im Übrigen nicht unklar oder unvollständig abgefasst.

Die Klägerin führt aus, die Feststellungen zu den Transferzahlungen seien unvollständig abgefasst. S habe gewusst, dass die HBS, die im Prüfungszeitraum verkauft worden seien, größten Teils im Prüfungszeitraum nicht vorhanden gewesen seien, und dies nicht im Bericht festgehalten. Ebenso gehe aus dem Bericht nicht hervor, dass 90 % der Leasingaufwendungen durch KSK getragen worden seien. Soweit sich die Klägerin für ihre Behauptung zur Kenntnis Ss von der wahren Sachlage und damit eine unrichtige bzw. unvollständige Abfassung des Berichts auf die Aussage von Schmider anlässlich seiner Vernehmung vom 21.06.2002 (Vernehmung Schmider 21.06, 2002, Anlage K 167) beruft, gibt dieser Teil der Aussage nur her, dass für S aufgrund der Unterlagen und der Liste von Da ersichtlich war, dass die Maschinen bereits vor Fertigstellung verkauft wurden. Weiter führt Schmider in diesem Zusammenhang aus, dass man sich für den körperlichen Nachweis der Maschinen daraufhin geeinigt habe, internationale Wirtschaftsprüfungsbüros zu beauftragen, die testieren sollten, dass die im Ausland befindlichen Maschinen körperlich dort auch vorhanden seien. Diese Einigung der Betriebsprüfung mit den Verantwortlichen der FTI ist so auch unter Tz 1.2 Systemnachweis im Prüfungsbericht der FTI (S. 5) festgehalten. Gerade diese mit Schmider vereinbarte Vorgehensweise sollte dem Nachweis der HBS dienen, so dass sich hieraus nichts für eine Unvollständigkeit des Berichts herleiten lässt.

Auch hier ist anzumerken, dass im Rahmen der Außenprüfung eines Unternehmens und der hierzu abzufassenden Prüfungsberichte Klarheit darüber gewonnen werden musste, ob und wie die Mietaufwendungen bei KSK steuerlich als Betriebsausgaben anerkannt werden konnten. Bei FTI waren die Zahlungen der KSK auf jeden Fall zu versteuern. Das Augenmerk der Betriebsprüfer war darauf gerichtet, dass die Prüfungsberichte eine richtige und geeignete Grundlage der Besteuerung für das Veranlagungsfinanzamt bildeten. Der Bericht enthält im Hinblick darauf keine Unvollständigkeiten. Das Vorhandensein der HBS im Ausland wurde mit dem unter Tz. 1.2 "Systemnachweis" angeführten WP- Testatverfahren erklärt, auch wurde festgehalten, dass die Auslandsvermietung erst nach dem Prüfungszeitraum erfolgte und für die vorausgegangenen Stillstandszeiten die Herstellerfirma KSK den Mietausfall übernommen hatte.

Dass S von dem Fehlen der HBS im Prüfungszeitraum Kenntnis hatte und der Bericht unter diesem Gesichtspunkt nicht nur unvollständig, sondern auch unrichtig abgefasst worden wäre, hat die Klägerin damit nicht nachzuweisen vermocht.

(4.3)Prüfungsbericht FTS und F. ( Prüfungsbericht FTS vom 19.12.1997 Anlage K 7/6 und Finakant vom 19.12.1997, Anlage K 7/5 ) :

Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, dass sich den Betriebsprüfern hätte aufdrängen müssen, dass es sich bei den von Do vorgelegten Unterlagen über den Erwerb der Beteiligungen an den FTS durch die in Lichtenstein ansässige Firma F. um Fälschungen gehandelt habe.

Die Klägerin hat auch im Berufungsverfahren nicht weiter dargelegt und insbesondere nicht unter Beweis gestellt, aufgrund welcher Tatsachen und Umstände die von Do vorgelegten Unterlagen als Fälschungen erkennbar gewesen sein sollten.

(4.4)Betriebsprüfungsbericht PowerDrill ( Prüfungsbericht PowerDrill vom 23.20.1997, Anlage K 7/2 ) :

Bezüglich des Betriebsprüfungsberichts der PowerDrill ist zunächst anzumerken, dass dieser nicht von S, sondern dem Betriebsprüfer Hh verfasst wurde, gegen den kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist und gegen den sich der Vorwurf der Beihilfe zum Betrug nach Klarstellung durch die Klägerin im Berufungsverfahren (in Schriftsatz vom 05.09.2006, S. 14 und 15 = II 1079, 1081) auch nicht richtet. Ebenso ist nicht ersichtlich, weshalb und inwieweit S mit dem Bericht bei PowerDrill befasst gewesen sein soll.

Aus dem Betriebsprüfungsbericht PowerDrill lässt sich zudem nicht entnehmen, dass die Betriebsprüfer - gemeint S - wussten, dass die dort gekennzeichneten Subventionszahlungen durch KSK nicht als normale wirtschaftliche Betätigung zu verstehen waren, sondern sich als Betrugssystem darstellten. Der Senat folgt den Ausführungen des Landgerichts, dass der Bericht die für die Betriebsprüfung relevanten Umstände darstellt und aus sich heraus nichts dafür hergibt, dass dadurch die tatsächliche Erkenntnislage der Betriebsprüfer verschleiert oder unzutreffend dargestellt werden sollte. Im Bericht ist festgehalten, dass Systeme auch auf Vorrat geleast worden sind. Eine Bewertung dieser Feststellung war nicht Aufgabe einer Außenprüfung, sodass sich auch unter diesem Gesichtspunkt nichts für eine verfälschte Darstellung der Besteuerungsgrundlagen im Prüfungszeitraum ergibt.

Zusammenfassend ist festzuhalten:

Die Betriebsprüfungsberichte haben gem. § 202 Abs. 1 S. 2 AO nur steuerlich relevante Feststellungen zu treffen und dienen nicht dazu, Abschlussprüfern oder Geschäftspartnern des Steuerschuldners einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der geprüften Gesellschaft zu geben. Die Ausführungen der Klägerin stellen letztendlich bloße Schlussfolgerungen dar, die diese im Wesentlichen mit ihren nachträglich gewonnen Erkenntnissen nach Aufdeckung des FlowTex- Betrugssystems - Verkauf von nicht existenten HBS - zu begründen versucht. Greifbare Anhaltspunkte für offenbare Unvollständigkeiten bzw. zielgerichtete Unrichtigkeiten bei der Abfassung der Prüfungsberichte liegen - wie ausgeführt - aber nicht vor.

Das Landgericht hat weiter in diesem Zusammenhang richtig angemerkt, dass die Betriebsprüfungsberichte zwischen dem 10.07.1997 und 29.12.1997 nicht Grundlage eines Schadens für die angenommenen Stichtage 30.06.1996 und 31.03.1997, sondern allenfalls für den Zeitpunkt danach relevant sein könnten.

(5.)Motiv des Betriebsprüfers S:

Gegen die Behauptung der Klägerin, S habe 1996 das System Flowtex erkannt (den Verkauf von 1000 nicht existenten Bohrmaschinen; die Mechanismen, mit denen der groß angelegte Betrug kaschiert und das System am Leben gehalten wurde), spricht in der Gesamtschau auch, dass bei den handgreiflichen Risiken, die ein solches Verhalten für den Beamten mit sich gebracht hätte, ein Motiv nicht auszumachen wäre. Die Duldung des erkannten Systems und das kollusive Zusammenwirken mit den Haupttätern hätten für S die unkalkulierbare und unbeherrschbare Gefahr des "zivilrechtlichen Todes" bedeutet. Nach Lage der Dinge hätte alles dafür gesprochen, dass das kriminelle System unheilbar war, es sicher, zumindest aber mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern musste. Der letztlich eingetretene Schaden, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift gegen S für die Zeit von Februar 1995 bis Februar 2000 auf 2,8 Mrd. DM veranschlagt, ist ein beredtes Zeugnis für die geringen Chancen von Heilungsversuchen gleich welcher Art. Bei einem Scheitern des Systems hätte aber nichts dafür gesprochen, dass Ss Kollusion in einem Strafverfahren gegen die Haupttäter unerkannt geblieben wäre. S hätte dann seine berufliche und wirtschaftliche Existenz verloren; eine langjährige Haftstrafe wäre die Folge gewesen. Diese Risiken hätten bei objektiver Betrachtung außer Verhältnis zu den vermeintlichen ideellen Vorteilen - die Wertschätzung der Haupttäter - gestanden, die die Klägerin als wesentliches Motiv für ein solches Handeln ausmachen will. Das Handeln Ss wäre unter diesen Bedingungen vernünftigerweise nicht nachvollziehbar. Es wäre insbesondere auch nicht nachvollziehbar, warum S bei der naheliegenden und auch erkennbaren Gefahr eines Scheiterns jeder Heilung, den Betrug auf das bloße Versprechen hin gedeckt hätte, die Haupttäter würden sich um eine Heilung bemühen. Mittel, sie dazu zu zwingen, hätte er, einmal zu ihrem Komplizen gemacht, jedenfalls kaum gehabt.

Die angebliche Äußerung Ss (Vernehmung Schmider vom 13.07.2000, Anlage K 21)

"Es würde ja keinen Sinn machen, uns jetzt lupfen zu lassen - das sind seine Worte -, um uns bei der nächsten Prüfung dann exekutieren. Auch das ist die Wortwohl von Herrn S. Er sagte mir, wenn er wieder kommt zur nächsten Prüfung für die Jahre 1994 bis 1996, er natürlich weiß, dass Dinge, die bereits vergangen sind, nicht mehr repariert werden können, er die Prüfung insofern noch einmal in der gleichen Art abnehmen könne, aber wir ihm versprechen mussten, dass wir für die Zukunft alles dran setzten, um aus der Leasingfinanzierung herauszukommen."

kann, sollte sie zumindest sinngemäß gefallen sein, nicht - einen halbwegs klaren Verstand des Äußernden unterstellt - auf die Kenntnis des Betrugssystems und dessen zukünftiger Fortsetzung bezogen sein. S hätte, da keinerlei Anzeichen ersichtlich sind, dass er sich des Ausgangs der strafrechtlichen Ermittlungen sicher sein konnte, damit rechnen müssen, dass in Verfolgung der anonymen Anzeigen die Wahrheit ohnehin alsbald zu Tage treten wird. Darüber hinaus hätte er damit rechnen müssen, dass die Angelegenheit bei fortgesetzten Betrügereien mit nicht existenten HBS aus dem Ruder laufen wird. Letztlich ist es daher unwahrscheinlich, dass er sich - wie die Klägerin meint - in voller Erkenntnis des verbrecherischen Systems als "Herr des Verfahrens" aufgespielt hat.

Insgesamt bleibt die Klägerin eine überzeugende Erklärung schuldig, warum der auch nach ihrem Vortrag erfahrene, analytische denkende und hoch intelligente Beamte so hätte handeln sollen. Hierfür spricht auch nicht, dass sich S wegen Vorteilsannahme strafrechtlich verantworten muss. Die im Strafverfahren zum Vorwurf gemachte Annahme von Vorteilen steht schon zeitlich nicht im direkten Zusammenhang mit der Betriebsprüfung. Außerdem handelt es sich um solche Vorteile, die außer jedem Verhältnis zu den Risiken standen, die mit einer weiteren Verheimlichung eines Milliardenbetrugs einhergingen. Zudem wäre von einem eingeweihten Betriebsprüfer entweder mehr Vorsicht oder der Wunsch nach größerer Teilhabe an der Beute zu erwarten gewesen.

ee.Kenntnis der Steuerfahndungsbeamten Sch, Si und Gl von den Haupttaten:

Eine vorsätzliche Beihilfe zum Betrug ist auch bezüglich der genannten Steuerfahnder nicht bewiesen.

Die Klägerin vertritt im Berufungsverfahren weiterhin die Auffassung, dass neben S auch die Steuerfahnder Sch, Si und Gl (Klägerin Schriftsatz vom 05.09.2006, S. 15 = II 1081) trotz Erkennens der wahren Sachlage, insbesondere der Beherrschung der KSK durch Schmider, die Strafverfolgungsbehörden unvollständig, teils sogar unrichtig unterrichtet hätten. Dies ergebe sich aus verschiedenen Mitteilungen an die Staatsanwaltschaft (1 - 2) sowie der unterbliebenen Weiterleitung der Ks- Vermerke (3) und dem fehlenden Hinweis auf nicht eingesetzte System (4). Die Klägerin sieht hierin geeignete Indiztatsachen, die den begründeten Schluss zuließen, dass die Steuerfahnder das Betrugssystem "FlowTex" erkannt und in der Folge gedeckt hätten.

(1)Mitteilung der Steuerfahndung Karlsruhe - Durlach vom 09.06.1997 - Sachgebietsleiter Sch ( Schreiben des Sachgebietsleiters Sch bei der Steuerfahndung Karlsruhe - Durlach vom 09.06.1997, Anlage K 31 ) - an die Staatsanwaltschaft Mannheim:

Die Klägerin macht geltend, die Beherrschung der KSK durch Schmider sei den Finanzbeamten nicht erst nach der Aufdeckung des Betrugs bekannt gewesen, sondern habe sich ihnen daraus erschlossen, dass Ne als Auskunftsperson innerhalb der KSK ungeeignet gewesen sei. Mit dem Schreiben vom 09.06.1997 habe die Steuerfahndung den Eindruck erweckt, dass Ne die Verantwortliche sei, obwohl die Steuerung der Geschäfte und Mittelverwendung der eingehenden Gelder ausschließlich bei Schmider gelegen habe. Durch das Schreiben vom 09.06.1997 sei damit ein völlig falscher Eindruck vermittelt worden, der zur Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen Schmider und Kleiser geführt habe. Wäre hingegen die steuerstrafrechtlich relevante Verantwortung gegenüber der Staatsanwaltschaft Mannheim aufgedeckt worden, wäre eine wesentliche Säule des Betrugssystems, nämlich dass es sich bei der KSK um einen "fremden Dritten" handelt, in sich zusammengebrochen. Dieser Auffassung vermag der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu folgen.

Das Schreiben vom 09.06.1996 gibt lediglich das mit Staatsanwältin K gewonnene Besprechungsergebnis wieder. Es wurde nämlich erst nach einer Besprechung mit der für das Steuerstrafverfahren zuständigen Staatsanwältin auf deren Veranlassung hin gefertigt, nachdem den früheren (Vernehmung Kr vom 31.08.2001, Anlage K 7/121, S. 3) sowie den weiteren Angaben der Zeugin K vom 08.12.2006 (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeugin Kr, S. 8ff = II 2491ff) zufolge die am 04.06.1997 mit den Steuerfahndern Sch, Gl und Si geführte Besprechung der Angelegenheit ergeben hatte, dass eine steuerrechtliche Verantwortlichkeit von Schmider und Kleiser nicht auszumachen gewesen sei. Die Zeugin K gab weiter an, sie habe eine schriftliche Unterlage über das Ermittlungsergebnis der Steuerfahndung benötigt, um das Verfahren einstellen zu können.

Der Zeuge Si gab an, bei der Besprechung vom 04.06.1997 sei der Zeugin K der Sachverhalt unterbreitet und mit ihr das weitere Vorgehen besprochen worden. Nach den weiteren nachvollziehbaren Bekundungen des Zeugen Si anlässlich seiner Vernehmung vom 08.12.2006 (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb: S.16ff.= II 2507ff) war maßgeblich, dass man jemanden gehabt habe, der eine Selbstanzeige gemacht und sich verantwortliche zeigt habe, und dass darüber hinaus auch ein tauglicher und zahlungsbereiter Steuerschuldner vorhanden gewesen sei. Außerdem hätte- so der Zeuge Si weiter - bei der damaligen Sachlage der Nachweis für eine steuerstrafrechtliche Beteiligung von Schmider und Kleiser nicht geführt werden können. Ausschlagend für die Bewertung der steuerstrafrechtlichen Seite sei insbesondere die schriftliche Erklärung vom 05.06.1996 gewesen, in der Ne, Schmider und Kleiser übereinstimmend eine treugeberische Stellung von Schmider und Kleiser in Bezug auf die KSK in Abrede gestellt hätten.

Die Mitteilung vom 09.06.1997 gibt somit die damalige Einschätzung der Steuerfahnder unter Berücksichtigung der Beweislage zutreffend wieder, die auch von der Zeugin K als zuständiger Staatsanwältin geteilt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass sich den Steuerfahndern ein nachweislich anderes Bild für die Beurteilung der steuerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit bot, als sie im Schreiben des Zeugen Sch vom 09.06.1997 festgehalten wurde, fehlen. Die von der Klägerin angeführten Bekundungen des Zeugen Ku führen ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

Nach den Angaben des Zeugen Ku anlässlich seiner Vernehmung vom 13. 02.2001 (Vernehmung K vom 13.02.200, Anlage B 126) war den Betriebsprüfern die enge Verbindung und die wirtschaftliche Beherrschung der KSK durch Schmider und Kleiser bekannt. Der Zeuge Ku belegt seine Aussage mit den von den Betriebsprüfern unter Tz 1.1 im Betriebsprüfungsbericht der KSK vom 10.07.1997 getroffenen Feststellungen. Im Bericht der KSK ist - wie oben bereits im Rahmen der Beurteilung der Betriebsprüfungsberichte im Einzelnen ausgeführt - die wirtschaftliche Dominanz der FTT ausdrücklich angesprochen und damit nicht verheimlicht worden. Der Zeuge Ku hat weiter angegeben, dass es bei der Besprechung vom 03.06.1996 ganz maßgeblich auch um die Frage gegangen sei, ob tatsächlich ein Treuhandverhältnis, wie es in der Selbstanzeige hieß, bestehe und ein schriftlicher Treuhandvertrag vorliege. Auch bei der Erörterung der Frage des "wirtschaftlichen Eigentums" im Sinne von § 39 AO sei von dem Betriebsprüfer Bl nach Verträgen gefragt worden, die eine Weisungsbefugnis Nes hätten begründen können. Solche habe es - wie unstreitig - ebenfalls nicht gegeben. Einvernehmliches Ergebnis der Besprechung vom 03.06.1996 sei deshalb gewesen, dass Schmider, Kleiser und Ne eine schriftliche Erklärung hierzu abgeben sollten. Die Erklärung vom 05.06.1996 habe die Prüfungsfeststellungen der Betriebsprüfer und auch ihre rechtliche Bewertung wieder gegeben.

Nach den Bekundungen des Zeugen Ku beruhen die Feststellungen der Betriebsprüfer sowohl zur Frage der Gesellschafterstellung von Ne als auch zur Frage der Verantwortlichkeit für die angezeigte Steuerstraftat auf der mit den Rechtsanwälten Ku und Ww am 03.06.1996 geführten Erörterung und Auswertung der präsentierten Fakten. Danach ließ sich eine wirtschaftliche Beherrschung der KSK durch Schmider und Kleiser im Sinne von § 39 AO nicht beweisen. Andererseits musste der steuerrechtlich Verantwortliche für den der Selbstanzeige zugrunde liegenden Sachverhalt für die Erhebung der Steuern festgestellt werden.

Die Steuerfahndung hat somit das ihr von den Betriebsprüfern mitgeteilte Ergebnis nicht unvollständig oder unrichtig weiter gegeben. Auch hätte der bloße Hinweis auf eine wirtschaftliche Beherrschung der KSK durch Schmider kaum etwas an der Bewertung der Beweislage geändert, nachdem den Betriebsprüfern die schriftliche Erklärung vom 05.06.1996 vorgelegt worden war. Der Senat teilt damit weiter auch die Auffassung des Landgerichts, dass in Anbetracht der damaligen Beweislage auch eine Mitteilung über die wirtschaftliche Beherrschung der KSK durch Schmider aller Wahrscheinlichkeit nach zu keinem anderen Verfahrensverlauf bei der Staatsanwaltschaft geführt hätte.

(2)Mitteilung der Steuerfahndung Karlsruhe - Durlach vom 14.04.1997 ( Anlage K 13 ) - Sachgebietsleiter Sch - an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe:

Die Klägerin führt hierzu aus, dass die vorgelegten 43 Bescheinigungen über die angebliche Existenz von vorneherein aus den bereits oben bezüglich des Betriebsprüfers S angeführten Gründen entwertet gewesen seien, weil schon bei oberflächlicher Überprüfung der IZA- Auskunft ein tatsächlicher Geschäftsbetrieb von einigen der ausländischen Servicegesellschaften in Frage gestanden habe.

Die WP- Testate weisen die von der Klägerin aufgezeigten und vom Landgericht (LGU 139) im Einzelnen abgehandelten Ungenauigkeiten und Mängel auf. Auch geht aus der IZA- Auskunft vom 08.10.1996 - wie oben bereits ausgeführt - hervor, dass zwei Gesellschaften wegen Betriebsaufgabe als Standort für HBS ungeeignet waren, wovon alleine 87 HBS betroffen waren. Nach Auskunft der IZA entsprachen die WP- Testate damit für zwei Gesellschaften nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die Mitteilung vom 14.04.1997 enthält dennoch als Ergebnis des WP- Testatverfahrens die Feststellung, dass eine nach dem Zufallsprinzip erfolgte Überprüfung von 43 HBS im Ausland keine Beanstandungen ergeben habe. Weiter steht nach der Beweisaufnahme auch fest, dass die Zeugen Si, Gl und Sch die WP- Testate nicht mit der von der Steuerfahndung veranlassten IZA- Auskunft abgeglichen haben. Ein Hinweis durch den Zeugen Sch darauf, dass kein Abgleich der WP- Testate mit der IZA- Auskunft vorgenommen wurde, fehlt in dem Schreiben vom 14.04.1997 ebenfalls. Die Mitteilung vom 14.04.1997 ist damit inhaltlich nicht nur unvollständig, sondern teils auch unrichtig abgefasst worden.

Die Mitteilung vom 14.04.1997 hat darüber hinaus zur Einstellung des Verfahrens (Verfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 24.04.1997, Anlage K 14) gemäß § 170 Abs. 2 StPO geführt, weil den Angaben des Zeugen Z zufolge der Anfangsverdacht eines Betrugs mit nicht existenten HBS nicht bestätigt worden ist. Der Zeuge Oberstaatsanwalt Z (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Z, S. 2ff = II 2479ff) gab an, dass es bei der anonymen Anzeige im Wesentlichen um die Frage der Existenz der HBS gegangen sei und er das Ergebnis des WP- Testatverfahrens deshalb als entscheidend angesehen habe. Ausweislich des Schreibens vom 14.04.1997 hätten die Stichproben aber ergeben, dass eine Grundlage für die Richtigkeit der Anschuldigungen in der anonymen Anzeige nicht hätte festgestellt werden können.

Danach liegt zwar objektiv eine unvollständige sowie unrichtige Mitteilung vor, die kausal dafür gewesen ist, dass keine weiteren Ermittlungen in Bezug auf die Existenz der HBS und die anonyme Anzeige mehr vorgenommen wurden und in der Folge hiervon das Verfahren eingestellt wurde. Für die Annahme einer Beihilfe zum Betrug oder eines Amtsmissbrauchs durch die Steuerfahnder Sch, Gl und Si fehlt es jedoch an der subjektiven Seite. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Senats zur Auswertung des WP- Testatverfahrens und der IZA- Auskunft oben bezüglich des Betriebsprüfers S verwiesen. Dass die Steuerfahnder über weitere Erkenntnisse als S verfügten ist nicht ersichtlich und auch nicht dargetan.

(3)Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ohne Hinweis auf die "Ks- Vermerke" ( Anlage K 7/58 und 7/59 = Anlage K 87 und 88 ) ; fehlender Abgleich der WP- Testate und der IZA- Auskunft:

Mit den so genannten Ks- Vermerken vom 02. Juli und 03. Juli 1996 wandte sich Herr Richard Ks, ein Beamter des Finanzamtes Karlsruhe - Durlach, an die Steuerfahndung des selben Finanzamtes und machte Mitteilung, ein Bekannter, der sich gegenüber der Steuerfahndung nicht äußern wolle und vor ca. 8 - 10 Wochen bei FlowTex ausgeschieden sei, habe ihm gegenüber Angaben über Luftgeschäfte und den betrügerischen Verkauf von nicht existenten HBS in wesentlichen Zügen gemacht.

Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe mit seiner Erwägung, es sei zweifelhaft, ob die tatsächliche Information der Staatsanwaltschaft Karlsruhe über die Ks- Vermerke das Vorermittlungsverfahren überhaupt beeinflusst hätte, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Überlegungen von Oberstaatsanwalt Z zum weiteren Verfahrensfortgang auf einer ex-post Betrachtung beruhten, gegen elementare Grundsätze der Beweiswürdigung verstoßen. Denn der Zeuge Oberstaatsanwalt Z habe anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht erklärt, dass er mit Bestimmtheit angeben könne, er hätte eine Aussage des Zeugen Ks über dessen Informanten erzwungen und wäre hierzu ggf. ins Ermittlungsverfahren übergegangen.

Nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Si und Gl (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb, S. 16ff = II 2507ff; Protokoll Senat vom 08.12.200: Zeuge Gl, S. 12ff = II 2499ff) steht fest, dass die so genannten Ks- Vermerke von den Steuerfahndern Si, Gl und Sch nicht an Oberstaatsanwalt Z weitergereicht worden sind, sondern sich nur in der Akte der Steuerfahnder befanden, die diese zu der Besprechung mit Oberstaatsanwalt Z am 10.04.1997 (Aktenvermerk Sb und Gl vom 10.04.1997, Anlage B 65) mitgebracht hatten. Den Bekundungen der Zeugen Si und Gl zufolge wollte Oberstaatsanwalt Z die Akte allerdings nicht entgegennehmen. Der Zeuge Z gab anlässlich seiner Vernehmung vom 08.12.2006 (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Z, S.3 = II 2479ff) an, dass seine Angaben zu den Ks- Vermerken in erster Instanz nicht auf einer ex-post Betrachtung, sondern seiner Erinnerung beruhten. Er habe die Ks- Vermerke damals nicht gesehen und er hätte - wie in erster Instanz von ihm bereits angegeben - bei Kenntnis eines neuen Zeugen für die vormals schon in der anonymen Anzeige in gleicher Weise erfolgten Vorwürfe auf jeden Fall versucht, diesen gegebenenfalls mit entsprechenden Zwangsmaßnahmen zu vernehmen, um weitere Erkenntnisse zu erlangen.

Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Z hätte ein entsprechender Hinweis der Steuerfahnder oder die bloße Weitergabe der Ks- Vermerke an die Staatsanwaltschaft dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom Vorermittlungsverfahren in ein Ermittlungsverfahren übergegangen wäre. Aller Voraussicht nach hätte ein solches Vorgehen zu weiteren Erkenntnissen für die Annahme eines Anfangsverdachts - im vorliegenden Fall Betrug mit nicht existenten HBS - und in der Folge hiervon auch zur Aufdeckung des Betrugssystems geführt.

Danach liegt zwar objektiv eine unvollständige sowie in Teilen unrichtige Mitteilung seitens der Steuerfahnder vor, die auf Grund ihrer Unvollständigkeit in Bezug auf die damals bekannten Fakten durchaus geeignet erscheinen mag, die Fortführung des Betrugssystems zu ermöglichen (objektive Hilfeleistung durch Handeln). Für die Annahme einer Beihilfe zum Betrug oder eines Amtsmissbrauchs durch die Steuerfahnder Sch, Si und Gl fehlt es jedoch an der subjektiven Seite einer Beihilfe zum Betrug, die Kenntnis vom Fehlen der HBS bzw. bedingten Vorsatz diesbezüglich voraussetzt, die bei den Steuerfahndern ebenfalls nicht nachgewiesen ist. Die Zeugen Sch, Gl und Si haben jeweils plausibel erklärt, warum es nicht zur Einsicht in die Ks- Vermerke durch Oberstaatsanwalt Z gekommen ist. Die Ks- Vermerke beinhalten im Wesentlichen Verdächtigungen, die die Angaben in den vorausgegangenen anonymen Anzeigen zwar unterstrichen, aber noch keinen Beweis für die darin enthaltenen anonymen Behauptungen enthalten. Den Steuerfahndern erschienen den glaubhaften Angaben des Zeugen Si (Protokoll Senat vom 08.12.2006: Zeuge Sb, S. 17 = II 2509) zufolge die in der Anzeige enthaltenen Beschuldigungen der Betriebsprüfer haltlos. Die Betriebsprüfer erschienen - so der Zeuge Si weiter - überaus korrekt und engagiert. Der in den Ks- Vermerk ausgesprochene Verdacht einer bezahlten Karibikreise sei überprüft und hierbei festgestellt worden, dass keiner der Betriebsprüfer sechs Wochen nicht im Dienst gewesen sei.

Soweit die Steuerfahnder von sich aus keinen Abgleich der WP- Testate mit der IZA- Auskunft vorgenommen haben, vermag auch dieser Umstand - wie oben im Einzelnen ausgeführt - nur ein fahrlässiges Unterlassen einer an sich gebotenen Überprüfung der Testate auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu begründen.

(4)Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ohne Hinweis auf nicht eingesetzte Bohrsysteme ( LGU 140 - 141 ) :

Bei der Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe erfolgte, wie unstreitig feststeht, kein Hinweis darauf, dass die - unterstellt existierenden - verkauften HBS zu einem großen Teil nicht eingesetzt werden konnten, sondern nach Angaben von Schmider "auf Halde" standen. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang weiter darauf hin, dass die Betriebsprüfer - wie unstreitig - in 1993 festgestellt hätten, dass KSK der FTT 57,179 Mio. DM an Leasingraten bezahlt habe. In dem fehlenden Hinweis sieht die Klägerin ein bewusstes Unterdrücken von Tatsachen, die bei rechtzeitiger Weitergabe an die Staatsanwaltschaft zur Aufdeckung des "FlowTex- Betrugssystem" geführt hätten.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass eine Unterrichtung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe darüber, dass die - unterstellt existierenden - verkauften Maschinen zum größten Teil nicht eingesetzt worden konnten, sondern nach Angabe Schmiders auf Halde standen, nicht zur Aufdeckung des Betrugssystems geführt hätte. Insoweit stellt die unterbliebene Unterrichtung der Staatsanwaltschaft damit schon keine objektiv geeignete Hilfeleistung gemäß § 27 StGB dar.

Die Subventionsleistungen in Form der Leasingraten in Höhe von 57,179 Mio. DM sind im KSK - Prüfungsbericht festgehalten worden. Außerdem wurde dieser Bericht an die Staatsanwaltschaft Mühlhausen weitergeleitet, die mit dem gegen die Zeugin Ne geführten Steuerstrafverfahren befasst war. Insoweit wurden maßgebliche Informationen über die Geldflüsse zwischen KSK und FTT an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergereicht.

Des Weiteren ist von Bedeutung, dass es bei dem bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe anhängigen Vorermittlungsverfahren um die Frage ging, ob nicht vorhandene Systeme verkauft wurden, nicht aber um die Frage, ob existierende HBS auf Halde standen. Sämtliche anonymen Anzeigen befassten sich nicht mit der Frage nicht eingesetzter Bohrsysteme, sondern mit dem Verdacht eines Verkaufs nicht existierender HBS.

Auch die durchaus richtige Feststellung der Klägerin, dass eine Analyse der in den Berichten der Wirtschaftsprüfer über die Prüfung einzelner Jahresabschlüsse ausgewiesenen Leasingraten ergeben hätte, dass nur 10 % der Maschinen im Einsatz waren und 90 % an Leasingaufwendungen damit von KSK getragen werden mussten, ist nicht weiterführend. Denn es kann in diesem Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben, dass die FlowTex- Gruppe zum damaligen Zeitpunkt als konkurrenzlos galt und die Wachstumschancen zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung in 1996/1997 als ausgezeichnet beurteilt wurden. Dem Betriebsprüfer S und den anderen mit der Sache befassten Betriebsprüfern ist für den fehlenden Einsatz der HBS von Schmider und Kleiser die plausible Erklärung gegeben worden, dass es mit der damals neuen Technik der Horizontalbohrsysteme Anlaufschwierigkeiten gegeben habe, insbesondere wegen des in den USA geführten FlowMole Prozesses. Außerdem habe man bei dem Markteinstieg mit den HBS "nicht kleckern, sondern klotzen" wollen.

Nichts anderes folgt aus den Prüfberichten für die Jahresabschlüsse. Unstreitig ist das Volumen der sich aus den Leasingverträgen ergebenden Leasingraten in den jeweiligen Prüfberichten der Jahresabschlüsse zum 31.12.1991 (Bericht über die Prüfung zum 31.12.1991 der FTI, Anlage K 7/33, Anhang S. 51) und 31.12.1992 (Bericht über die Prüfung zum 31.12.1992 der FTI, Anlage K 7/34, Anlage 4 S. 6) der FTI festgehalten. Der Umfang der sich daraus ergebenden Leasingaufwendungen von DM 98.198.000,00 (1991) und DM 140 Mio. (1992) ist damit auch den Banken und Leasinggesellschaften bekannt gewesen, denen die Prüfberichte vorlagen und die daran keinen Anstoß genommen haben. Dass die Steuerfahnder - anders als die Banken und Leasinggesellschaften - schon damals hätten erkennen können und auch erkannt hätten, dass es sich hierbei nur um ein betrügerisches Schneeballsystem im Sinne der Klägerin handeln konnte, bei dem mit einer Schadenshöhe im 2- bis 3stelligen Milliardenbereich zu rechnen war, hat die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die Prüfberichte nicht plausibel dargelegt. Die Klägerin meint, dies hätte sich den Steuerfahndern alleine schon aus der Höhe der in den Prüfberichten festgehaltenen Leasingverpflichtungen und der im Vergleich hierzu geringen Anzahl der eingesetzten HBS erschlossen. Diese Schlussfolgerung vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil im Prüfungszeitraum die Leasingraten beglichen wurden und unstreitig auch HBS im Einsatz waren. Die Annahme der Klägerin setzt voraus, dass den Steuerfahndern - wie nicht - bekannt gewesen wäre, dass nicht existente HBS verkauft worden waren. Am Nachweis der Kenntnis hiervon fehlt es, wie den Ausführungen oben zur subjektiven Seite in Bezug auf den Betriebsprüfer S zu entnehmen ist. Nichts anderes gilt für die Steuerfahnder Sch, Si und Gl.

In der Gesamtschau ist der Klägerin damit auch bezüglich der Steuerfahnder Sch, Gl und Si nicht der Nachweis einer Kenntnis vom Fehlen der HBS in 1996/ 1997 und damit einer Kenntnis vom FlowTex- Betrugssystem gelungen.

ff.Unterstützungswille:

Der doppelte Gehilfenvorsatz erfordert, dass neben der Kenntnis der wesentlichen Merkmale der Haupttat der Gehilfe auch in dem Bewusstsein gehandelt hat, durch sein Verhalten die Begehung der Haupttat zu fördern (Unterstützungswille) (BGH NStZ 85, 318) .

Das Landgericht ist selbst bei - unterstellter - Kenntnis vom betrügerischen System davon ausgegangen, dass vorliegend nicht zwingend auf einen Unterstützungswillen des Betriebsprüfers S geschlossen werden könne. Mangels Nachweis einer Kenntnis des Prüfers S und der Steuerfahnder vom FlowTex- Betrugssystem erübrigen sich Ausführungen zu einem etwaigen Unterstützungswillen.

b.Beihilfe zum Betrug mit "vorfinanzierten" Bohrsystemen:

aa.Haupttaten

Die Klägerin (Klägerin Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 139ff = II 343ff) ist auch im Berufungsverfahren weiter der Auffassung, dass als Variante der von den Haupttätern der FlowTex- Gruppe begangenen Betrugstaten die im Strafurteil des Landgerichts Mannheim nicht erfassten "vorfinanzierten Bohrmaschinen" in Betracht kommen, bei denen zum Zeitpunkt des Verkaufs lediglich die Lkw- Einheiten tatsächlich existierten, die noch nicht aufmontierten Bohrsysteme zwar gegenüber den Leasinggesellschaften bzw. finanzierenden Banken als tatsächlich vorhanden dargestellt wurden, in Wirklichkeit aber erst später montiert wurden.

Für eine Beihilfe fehlt es allerdings auch an hinreichenden Ausführungen dazu, dass S die Vorfinanzierung nicht nur erkannt, sondern diese auch als eine weitere Säule des FlowTex- Betrugssystems und damit der Geldschöpfung begriffen hatte. Auf einen Hinweis des Senats hat die Klägerin noch ergänzend, aber nicht weiterführend in der Sache vorgetragen (Klägerin Schriftsatz vom 05.09.2006, II 1057ff) .

Seitens der Klägerin fehlt es schon an der Darlegung konkreter Haupttaten in Form des Betruges durch den Verkauf von "vorfinanzierten" HBS. Dass S - wie das Landgericht festgestellt hat - mindestens in 12 oder 16 Fällen eine zeitliche Differenz zwischen Abnahme und Rechnungsdatum festgestellt hat, begründet für sich weder einen Betrug noch eine Beihilfe hierzu. Insbesondere ist eine Vorfinanzierung im Leasinggeschäft nichts ungewöhnliches, sodass es Ausführungen der Klägerin dazu bedurft hätte, wie die Verträge mit den Leasinggesellschaften und Banken ausgestaltet gewesen sind und worin im Einzelnen der Vermögensnachteil der Leasinggesellschaften und Banken bei der Vorfinanzierung zu sehen ist. Hinzukommt, dass die so genannte Vorfinanzierungsthematik auch nicht Gegenstand des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren und der anonymen Anzeigen war. Danach scheidet mangels substantiierten Vortrags zur Haupttat eine Beilhilfe zum Betrug mit vorfinanzierten HBS schon aus Rechtsgründen aus.

Schließlich hat das beklagte Land auch zu Recht geltend gemacht (Beklagtes Land II 689) , dass der Sachverhalt der so genannten "Vorfinanzierungsproblematik" als Tatvorwurf für eine Beihilfe ausscheide, weil diese Sachverhalte zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung in 1996 längst beendet waren. In der Folgezeit fanden nach dem Vortrag des Landes nur noch Betrügereien mit nicht existenten HBS statt. Hiergegen erinnert die Klägerin weiter nichts.

bb. Subjektive Seite:

Es fehlt auch an der Darlegung zur subjektiven Seite einer Beihilfe zum Betrug mit vorfinanzierten HBS.

c.Beihilfe zum Betrug mit nicht wirtschaftlich eingesetzten Bohrsystemen:

aa. Haupttaten:

Als weitere Haupttaten stellt die Klägerin auf den Verkauf von (unterstellt) existierenden HBS ab, die nicht eingesetzt werden konnten, sondern "auf Halde" standen.

Das Landgericht ist zu der Auffassung gelangt, dass es überhaupt keinen Betrug mit nicht wirtschaftlich eingesetzten Bohrsystemen gegeben hat, weil es sich bei der entsprechenden Behauptung Manfred Schmiders "zur Halde" nur um eine Verschleierung der Nichtexistenz der Bohrsysteme gehalten haben dürfte. Die Klägerin führt aus, es mache keinen Unterschied, ob die Systeme vorhanden gewesen wären oder nicht, weil es nur um die "Geldproduktion" gegangen sei.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass allein die Kenntnis des Betriebsprüfers S davon, dass Bohrsysteme - wie von Schmider und Kleiser geschildert - aufgrund von Anlaufschwierigkeiten und Produktion im Ausland "auf Halde" produziert und die Leasingraten jedenfalls zeitweise aus der Gewinnmarge der KSK beim Verkauf gedeckt wurden, nicht die Kenntnis von den wesentlichen Merkmalen einer Haupttat im Sinne eines Betrugs zu begründen vermag. Die Ausführungen der Klägerin (Klägerin Schriftsatz 22.12.2005, S. 143/145 = II 351/353) hierzu im Berufungsverfahren enthalten nichts Neues. Eine Beihilfe zum Betrug insoweit ist zu verneinen, wie oben bereits zur Frage des rentierlichen Arbeitens der HBS im Einzelnen ausgeführt worden ist.

bb.Subjektive Seite:

Auch hierfür liegen die Voraussetzungen - wie oben im Einzelnen ausgeführt - nicht vor.

d.Beihilfe zur Konkursverschleppung bzw. Beihilfe zum Bankrott:

Insoweit handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem beklagten Land betreffend die Kläger zu 1- 3 und damit den so genannten Quotenschaden. Insoweit wird auf dortigen Ausführungen verwiesen.

e.Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb:

Der Senat folgt nach Überprüfung den Ausführungen des Landgerichts, dass es im vorliegenden Falle an einem betriebsbezogenen Eingriff fehlt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen (LGU 181 - 183) .

2.Amtsmissbrauch:

Ein Anspruch der Klägerin besteht auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht. Es fehlt - wie auszuführen sein wird - insbesondere auch hier am Nachweis, dass S oder die Steuerfahnder das Betrugssystem "FlowTex" und insbesondere dessen Fortsetzung in der Zukunft erkannt oder billigend in Kauf genommen haben.

a.Nicht jede schuldhaft unrichtige Amtsausführung stellt einen Amtsmissbrauch dar. Vielmehr muss es sich um eine mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte in Widerspruch stehende Amtsausübung handeln, wie sie immer, aber nicht nur bei der Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB zu bejahen ist (BGHZ 21, 343; VersR 1985, 336) . Die Haftung wegen Amtsmissbrauchs setzt nicht das Wissen voraus, wer im Einzelnen der Geschädigte sein werde. Es genügt, dass wenigstens die Richtung, in der sich die amtsmissbräuchliche Handlung zum Nachteil anderer auswirken kann, und die Art des möglichen Schadens in den Willen aufgenommen und gebilligt wird (BGH VersR 1979, 1053; Vers. 1986, 1100) . Lediglich eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwa mögliche Schädigung reicht nicht aus (BGH MDR 1957, 29; MDR 1980, 126) . Die Verpflichtung des Beamten, sich jedes Amtsmissbrauches zu enthalten, besteht gegenüber jedem Bürger, der durch das amtsmissbräuchliche Verhalten geschädigt werden könnte; dieser ist insoweit stets Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 BGB (BGHZ 91, 243; VersR. 1985, 281 und 1100) . Zu unterscheiden ist zwischen dem Schutzzweck des Amtsgeschäfts und dem Schutzzweck des Verbots des Amtsmissbrauchs. Auch wenn ein Amtsgeschäft seiner Natur nach nur dem Allgemeininteresse oder dem Interesse einer bestimmten Einzelperson zu dienen bestimmt ist, muss der Beamte bei seiner Tätigkeit sein Amt sachlich und in Einklang mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte führen. Verstößt er hiergegen, so missbraucht er sein Amt. Die Pflicht, sich jeden solchen Missbrauchs zu enthalten, liegt ihm gegenüber jedem Dritten ob, der durch den Missbrauch geschädigt werden könnte.

b.Die Klägerin vertritt im zweiten Rechtszug weiterhin die Auffassung, dass S erkannt habe, dass Schmider und Kleiser eine Liquiditätsschöpfung betrieben, die zu einer Schädigung der Leasinggesellschaften und Finanzierungsbanken in Millionenhöhe geführt habe und noch führen würde. S habe diese Folgen in Kauf genommen. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs setze nicht strafbares Verhalten voraus, sondern es reiche aus, dass der Amtsverwalter etwa aus Anerkennungs- und sozialem Geltungsdrang heraus sich einbinden lässt in ein persönliches Beziehungsgeflecht und Näheverhältnis zu jemandem, den er nach objektiven Maßstäben zu kontrollieren hatte, und in Folge dessen unter Missachtung der Anforderung von Treu und Glauben die Schädigung Dritter gleichsam in Kauf nimmt.

c.Ein Amtsmissbrauch hätte hier vorausgesetzt, dass S erkannt hätte, dass es sich bei dem Geldflusssystem um eine reine Finanzierungsmethode gehandelt hat und mit sogenannten Luftgeschäften Betrugstaten zum Nachteil der Leasinggesellschaften und finanzierenden Banken in Millionenhöhe in der Vergangenheit begangen wurden und dieses System mit neuen Geschädigten oder weiteren Schädigungen Dritter fortgesetzt werden würde. Es hätte dann unabhängig von § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO - vordergründig nach Wortlaut nur Schutz des öffentlichen Interesses und der Wirtschaft - die Pflicht Ss bestanden, dieses fortdauernde Betrugssystem aufzudecken. Denn allein schon die Unterlassung einer solchen Mitteilung wäre wegen der Schwere und Folgenwirkungen des Betrugssystems - wenn das System vom Betriebsprüfer S erkannt worden sein sollten - als Amtsmissbrauch zu werten. Hiervon wäre unabhängig von der Frage auszugehen, ob § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO eine Ermessensvorschrift und nicht nur ein Rechtfertigungsgrund (Steuergeheimnis) ist und bei einer Ermessensreduzierung auf Null den Finanzbeamten damit die Pflicht auferlegt, der Staatsanwaltschaft Mitteilungen über schwerwiegende Straftaten zu machen, damit diese einschreiten kann, um Weiterungen des Betrugssystems zu verhindern.

Bei Erkennen des Betrugssystems "FlowTex" in Form von Luftgeschäften mit HBS wäre auch die weitere Voraussetzung gegeben, dass S wenigstens die Richtung, in der sich die amtsmissbräuchliche Handlung zum Nachteil anderer auswirken könnte, und die Art des möglichen Schadens erkannt und in seinen Willen aufgenommen hätte. Eine solche billigende Einstellung des Betriebsprüfers begründet bei Erkennen des betrügerischen Systems die Voraussetzungen eines Amtsmissbrauchs, für den das beklagte Land gemäß § 839 Abs. 1 BGB zu haften hätte.

Damit ist aber auch für die Annahme eines Amtsmissbrauchs entscheidend, dass S das Betrugssystem und damit den Betrug mit nicht existenten HBS gegenüber Leasinggesellschaften und finanzierenden Banken im Wesentlichen erkannt hat und von dessen Weiterführung ausging bzw. diese Möglichkeit billigend in Kauf nahm. Diesen Sachverhalt hat die Klägerin nicht nachzuweisen vermocht, wie oben zur subjektiven Seite einer Beihilfe zum Betrug im Einzelnen ausgeführt worden ist. Die Voraussetzungen einer Haftung des beklagten Landes wegen eines Amtsmissbrauchs des Betriebsprüfers und der Steuerfahnder sind damit ebenfalls nicht gegeben. Allein die Tatsache, dass S und die anderen Finanzbeamten keinen Abgleich der WP- Testate mit der IZA- Auskunft vorgenommen haben, ist zwar möglicherweise amtspflichtwidrig gewesen, begründet aber ebenfalls keine Haftung des beklagten Landes wegen Amtsmissbrauchs. Denn es fehlt am Nachweis dafür, dass die Finanzbeamten das FlowTex- Betrugssystem "sehenden Auges" haben weiterlaufen lassen. Das Unterlassen einer an sich gebotenen Überprüfung der WP- Testate auf ihre Aussagekraft und inhaltliche Richtigkeit stellt lediglich die Verletzung einer behördeninternen Pflicht dar, der kein drittschützender Charakter zukommt.

3.Keine Haftung für sonstige Amtspflichten wegen fehlender Drittbezogenheit:

Das Landgericht (LGU 184 - 188) hat eine Haftung des beklagten Landes gemäß § 839 Abs. 1 BGB für seine Betriebsprüfer und Steuerfahnder für sonstige Amtspflichtverletzungen, die nicht als Beihilfe zum Betrug gewertet werden können und nur so genannte schlichte Amtspflichten betreffen, mit der Begründung abgelehnt, dass es an der erforderlichen Drittbezogenheit fehlt. Auch insoweit sind die Ausführungen des Landgerichts nicht zu beanstanden. Zur Vermeindung von Wiederholungen wird im Übrigen auch auf die Ausführungen des Senats zum Quotenschaden verwiesen. Ergänzend ist noch anzufügen:

a.Finanzbeamte haben grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass von ihnen überprüfte Steuerpflichtige ihre Geschäftspartner nicht betrügen. Der Schutz Dritter vor Straftaten trifft nicht die Strafverfolgungsbehörden, erst recht nicht die Finanzbehörden (Schönke-Schröder, StGB, 27. Aufl., § 13 Rn. 31; Schneider, wistra 2004, 1 ff) .

Ebenso wenig besteht für Beamte wie für nicht beamtete Personen eine allgemeine Pflicht zur Anzeige von Straftaten. Ausnahmen ergeben sich nur aus § 138 StGB, die vorliegend aber nicht gegeben sind. Auch soweit Beamte das Legalitätsprinzip zu beachten haben, schützt diese Pflicht wiederum Dritte nicht.

Im vorliegendem Falle geht es unstreitig auch nicht um die Anzeige von Steuerstraftaten, sondern um allgemeine Straftaten (Betrug), sodass auch § 386 Abs. 1 AO nicht eingereift. Nichts anderes ergibt sich aus den Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Betriebsprüfung (BpO, im fraglichen Zeitraum in der Fassung vom 17.12.1987) . Hiergegen erinnert die Klägerin mit ihrer Berufung auch weiter nichts.

b.Die Klägerin meint im Berufungsverfahren - wie schon in erster Instanz -, dass sich im vorliegenden Falle die Offenbarungspflicht der Betriebsprüfer im Sinne einer Garantenpflicht und damit einer Amtspflicht mit drittschützendem Charakter aus § 30 Abs. 4 AO und hier speziell aus § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO herleite, weil in Anbetracht der Schwere und des Umfangs der Haupttaten das Ermessen des Betriebsprüfers S auf null reduziert gewesen sei, und der zuständige Betriebsprüfer die von einem gravierenden Schaden bedrohten, zukünftigen Geschäftspartner von FlowTex nicht ohne Warnung in ihr Unglück habe laufen lassen dürfen. Denn nur durch eine entsprechende Mitteilung des Betriebsprüfers S hätte der fortgesetzte Betrug beendet und die Begehung weiterer Betrugstaten für die Zukunft vermeiden werden können. In Anbetracht einer solchen besonders schwerwiegenden Gefahrensituation sei deshalb eine Garantenpflicht des Betriebsprüfers S anzunehmen.

In Anbetracht des Milliardenbetrugs waren aus heutiger Sicht zwar die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO erfüllt. Bei den Betrugstaten der FlowTex- Gruppe handelte es sich nämlich um besonders schwerwiegende Wirtschaftstraftaten, die geeignet waren, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören und auch das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs erheblich zu erschüttern. § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO normiert einen Ausnahmetatbestand, der in ganz besonderen Fällen das Steuergeheimnis und damit das insoweit bestehende Offenbarungsverbot der Finanzbeamten durchbricht. Die Vorschrift begründet bei Vorliegen der Voraussetzungen jedenfalls einen Rechtfertigungsgrund im Hinblick auf § 355 StGB. Ob darüber hinaus der Auffassung der Klägerin (Prof. Ossenbühl, Gutachten vom 18.11.2002, S. 54ff.) zu folgen ist, es sei auch eine Offenbarungspflicht gemäß § 13 StGB anzunehmen, oder ob von der gegenteiligen Meinung auszugehen ist, § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO eröffne nach seinem Wortlaut lediglich eine Offenbarungsbefugnis und keine Offenbarungspflicht, bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Auch insoweit fehlt es am notwendigen Nachweis der subjektiven Voraussetzungen.

Auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführte Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Beschluss vom 21. Juli 2005 (OLG Karlsruhe - 3 Ws 165/04 - Beschluss vom 21.07.2005 S. 24) , dass die Finanzbeamten ihre Kenntnis über das Betrugssystem gerade im Hinblick auf § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO nicht hätten zurückhalten dürfen, setzt voraus, dass der Betriebsprüfer das Betrugssystem in seinen Grundzügen erkannt hat.

B.

Die Berufung der Kläger zu 1 - 3 hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Kläger zu 1 - 3 machen den so genannten Gesamtschaden gem. § 92 InsO geltend. Die Klagen der Kläger zu 1- 3 als Prozessstandschafter sind zulässig, in der Sache haben sie keinen Erfolg. Ein Anspruch der Kläger 2 und 3 ist schon deshalb nicht gegeben, weil es sowohl an der Darlegung von Altverbindlichkeiten gegenüber Schmider und Kleiser fehlt als auch an der Darlegung eines Verhaltens, das eine Haftung für eine Verminderung der Insolvenzquote (vor dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01.01.1999: Konkursquote) in den Privatkonkursen von Schmider und Kleiser zu begründen vermag. Jedenfalls scheitern Gesamtschadensansprüche der Klägers zu 1 - 3 daran, dass es an einer den Beamten des beklagten Landes gemäß § 839 BGB zurechenbaren, anspruchsbegründenden Handlung fehlt, die den Quotenschaden gem. § 92 InsO mitverursacht hat.

I. Zulässigkeit der Klagen:

Die Kläger 1 - 3 beanspruchen vom beklagten Land gem. § 839 BGB Ersatz des Gesamtschadens gem. § 92 InsO. Die Regelung des § 92 InsO gilt im vorliegenden Fall (Art 103 und 104 EGInsO). Der Insolvenzverwalter kann aufgrund der Ermächtigungswirkung des § 92 InsO allerdings nur den der Gemeinschaft der Insolvenzgläubiger zustehenden Anspruch auf Ersatz des Gesamtschadens geltend machen. Aus § 92 InsO folgt, dass die Gläubiger selbst für die Dauer des Insolvenzverfahrens ihren Schadensersatzanspruch nicht durchsetzen können (sog. Sperrwirkung) (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. § 92 Rn. 2; Münchner - Kommentar, InsO, § 92 Rn. 1 und 11) . Bei einem Gesamtschaden geht es um eine Verkürzung der Masse, die die Gesamtheit der Gläubiger trifft. In einem solchen Fall verlieren die Gläubiger nicht ihren Ersatzanspruch, sondern nur die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis (Münchner - Kommentar, a. a. O, § 92 Rn. 17 u. 15) .

1.Klagebefugnis des Insolvenzverwalters der FTT:

Gegen die Klagebefugnis des Klägers zu 1 bestehen keine rechtlichen Bedenken. Von § 92 InsO sind nur Ansprüche der so genannten Altgläubiger erfasst, d. h. solcher, die vor dem von den Klägern angegebenen Stichtag 30.06.1996/31.03.1997 (frühest mögliche bzw. spätest mögliche Aufdeckung der Betrugstaten durch die Betriebsprüfer) Verträge mit der FTT bereits geschlossen und Forderungen oder sonstige Ansprüche gegen die FTT hatten und bei rechtzeitiger Aufdeckung des Betrugssystems und damit rechtzeitiger Konkursantragsstellung durch die Geschäftsführer der FTT eine höhere Quote aus dem zum Stichtag eröffneten Insolvenzverfahren der FTT gehabt hätten (so genannter Quoten- bzw. Differenzschaden). Der Kläger zu 1 macht einen solchen Schaden geltend.

2.Klagebefugnis der Insolvenzverwalter von Manfred Schmider und Dr. Klaus Kleiser:

Auch die Kläger 2 und 3 sind zur Einziehung der mit den Klagen 2 und 3 geltend gemachten Forderungen befugt. Die Kläger 2 und 3 führen aus, da bezüglich der bei der FTT aufgelaufenen Altverbindlichkeiten auch Schmider und Kleiser deliktisch in Anspruch genommen würden, würden diese Verbindlichkeiten auch bei Schmider und Kleiser als Gesamtschadensforderung in Ansatz gebracht (Kläger Schriftsatz vom 04.02.2003 S. 230 = I 521) . Die Kläger zu 2 und 3 wollen damit den so genannten Gesamtschaden der Altgläubiger von Schmider und Kleiser persönlich geltend machen. Gegen die so begründete Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis der Insolvenzverwalter von Schmider und Kleiser wendet das beklagte Land auch weiter nichts ein.

§ 92 InsO gilt auch bezüglich Schmider und Kleiser. Zwar ist nach neuem Insolvenzrecht für Kleingewerbebetreibende und natürliche Personen das Regelinsolvenzverfahren nicht eröffnet, sondern haben Personen, die nur eine geringfügige selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, das Verfahren nach den §§ 304 ff. InsO einzuhalten. Der vorliegende Fall liegt anders. Schmider und Kleiser waren in ganz erheblichem Umfang in die Geschäfte der FlowTex- Gruppe eingebunden. Ihnen gegenüber bestehen nach der Forderungsaufstellung der Kläger 2 und 3 persönliche Forderungen in Höhe von 188.799.466,45 EUR (Schmider) bzw. von 143.533.793,29 EUR (Kleiser) (Schriftsatz Kläger vom 04.02.2003, I 533 und I 539) . Vor diesem Hintergrund findet § 92 InsO auch für die Insolvenzgläubiger von Schmider und Kleiser Anwendung, weil alleine schon ausgehend vom Umfang der Forderungen eine Situation gegeben ist, die mit der Insolvenz einer großen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist.

II. Gesamtschaden gem. § 92 InsO:

Von § 92 InsO werden nur die Ansprüche der im Zeitpunkt der Insolvenz vorhandenen Insolvenzgläubiger (so genannte Altgläubiger) erfasst. § 92 S. 1 InsO ist keine haftungs- und anspruchsbegründende Norm. Vielmehr setzt die Regelung in § 92 InsO voraus, dass die Insolvenzgläubiger aus anderen Rechtsgründen Schadensersatzansprüche haben, die mindestens auch zu einer Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens geführt haben und insoweit gemeinschaftlich erlittene Schäden erfassen. Ob solche Schadensersatzansprüche gegeben sind, ist mithin eine Vorfrage zu § 92 S. 1 InsO (Uhlenbruck, a.a.O. § 92 Rn. 4) . Typische Anspruchsgrundlagen, die derartige gemeinschaftliche Schäden der Insolvenzgläubiger erfassen, sind §§ 64 Abs. 1, 84 GmbHG (in der Fassung vor der Änderung der Konkursordnung bzw. vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01.01.1999) bzw. für die GmbH & Co. KG §§ 177 a, 130 a HGB. Andere Ansprüche sind aber durchaus denkbar. Haftungsrechtlich verantwortlich für den Quotenschaden der Gläubiger können sowohl die Gesellschaftsorgane als auch Dritte sein.

Die Klagen der Kläger 1 - 3 sind nur dann begründet, wenn und soweit die Altgläubiger deliktische Ansprüche gegen die Geschäftsführer der Gesellschaft (hier FTT) oder gegen Schmider und Kleiser persönlich haben, es zu einer Verminderung der jeweiligen Insolvenzmassen gekommen ist und das beklagte Land hierfür auf Grund einer haftungsbegründenden Handlung seiner Beamten gemäß § 839 Abs. 1 i. V. m. Art 34 GG einzustehen hat.

Altverbindlichkeiten gegen Schmider und Kleiser persönlich, also gegen die Haupttäter des Betrugssystems liegen für alle Straftaten vor den maßgeblichen Zeitpunkten auf der Hand. Ob und inwieweit hinsichtlich deren Vermögen allerdings ein Quotenschaden anzunehmen ist, kann letztlich offen bleiben.

III. Haftungsbegründende Handlungen der Betriebsprüfer:

Eine Haftung des beklagten Landes kommt nur in Betracht, wenn seine Beamten Amtspflichten verletzt haben, die (auch) den Schutz der Altgläubiger zum Ziel haben. In Betracht kommen dabei zum einen die Amtspflicht, bei der Ausübung des öffentlichen Amtes keine unerlaubte Handlung zu begehen, zum anderen die Amtspflicht, sich bei der Ausübung des öffentlichen Amtes jeglichen Amtsmissbrauches zu enthalten (6.). Unter solchen Umständen ist der Schutzbereich der verletzten Amtspflicht sehr weit zu ziehen. Ihr Schutzzweck erstreckt sich dann grundsätzlich auf alle Opfer der durch den Amtsmissbrauch oder die unerlaubte Handlung geförderten Straftaten und die dabei entstanden Vermögensschäden (BGH VersR 2003, 1306) . Als unerlaubte Handlungen kommen hier eine Beihilfe zur Konkursverschleppung (1.) sowie zum Betrug (2.) oder zum Bankrott (3.) in Betracht, ebenso ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb als gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht (4.). Der dem Betriebsprüfer S im Rahmen der Anklage der Staatsanwaltschaft weiter gemachte Vorwurf der Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB vermag hingegen keine Amtspflichtverletzung gegenüber Dritten zu begründen (5.). Auch die sonstigen, von den Klägern geltend gemachten Amtspflichtverletzungen vermögen keine Haftung des beklagten Landes gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG für den Quotenschaden zu begründen (7.).

1.Beihilfe zur Konkursverschleppung:

Als von den Betriebsprüfern des beklagten Landes unterstützte Haupttat für eine Verminderung der Konkursmasse kommt in erster Linie eine Konkursverschleppung in Betracht. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Unterlassungsdauerdelikt, zu dem bis zu seiner Beendigung (Stellung des Konkursantrages) und damit nicht nur bis zu seiner Vollendung Beihilfe geleistet werden kann (LK - Roxin, StGB, 11. Aufl., § 27 Rn.39) .

a.Amtspflichtverletzung bei einer Konkursverschleppung / Drittgerichtetheit einer solchen:

Als Konkursverschleppung stand nach § 84 GmbHG bzw. gem. §§ 177 a, 130 a HGB die Pflichtverletzung des Geschäftsführer einer überschuldeten GmbH bzw. GmbH & Co. KG unter Strafe, der es unterließ, bei einer Überschuldung der Gesellschaft die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen. Die Haftung des Geschäftsführers auf Ersatz des Quotenschadens ergibt sich somit aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 64 Abs. 1 GmbHG bzw. §§ 177 a, 130 a HGB, wenn er den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens verspätet gestellt hat. Soweit Gesellschafter und/oder Dritte - hier Beamten des beklagten Landes - Beihilfe zur verspäteten Antragsstellung geleistet haben, haften diese neben dem Geschäftsführer nach § 830 Abs. 2 BGB bzw. das beklagte Land gem. § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 263, 27 StGB.

Denn eine Beihilfe zur Konkursverschleppung wäre eine Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht und damit ein Anknüpfungspunkt für einen Amtshaftungsanspruch. Die Vorschriften der §§ 64 Abs. 1, 84 GmbHG bzw. §§ 177 a, 130 a HGB sollen nämlich die Gläubiger der überschuldeten Gesellschaft schützen. Dem Beamten obliegt nicht nur bei Anwendung der ihm anvertrauten Machtmittel die Amtspflicht, sachgerecht zu verfahren, sondern auch die Fürsorge jedem unbeteiligten Ditten gegenüber, bei der Amtsausübung - hier der Außenprüfung - in keiner Weise unzulässig in dessen Bereich einzugreifen. § 839 BGB umschließt danach auch alle unerlaubten Handlungen im Sinne von §§ 823 ff BGB mit der Folge, dass ein Beamter, der in Ausübung öffentlicher Gewalt bei Vornahme eines Amtsgeschäftes eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 BGB gegenüber einem Dritten begeht, damit gleichzeitig eine ihm diesem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt (BGHZ 16, 111; BGHZ 69, 128) . Die Teilnahme in Form der Beihilfe gem. § 27 StGB an einer Konkursverschleppung gem. §§ 64 Abs. 1, 84 GmbHG bzw. gem. §§ 177 a, 130 a HGB, die allerdings bei einem Unterlassungsdauerdelikt wie der Konkursverschleppung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Betracht kommt, würde mithin eine die Haftung des beklagten Landes begründende Amtspflichtverletzung darstellen. Die Altgläubiger wären auch als Dritte im Sinne von § 839 BGB anzusehen, weil die Konkursverschleppung den Zweck hat, gerade die Interessen der Altgläubiger an einer Verminderung der Vermögensmasse zu schützen.

b.Konkursverschleppung durch die Geschäftsführer der FTT (Haupttat):

Täter einer Konkursverschleppung kann nur sein, wer dem zum Handeln verpflichteten Personenkreis angehört, mithin hier die Geschäftsführer der FTT, wobei es sich um ein echtes Sonderdelikt handelt (BGH NStZ 2000, 34) . Ausführungen der Kläger dazu, dass die Kapitalgesellschaften der FlowTex Gruppe zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung 1996/ 1997 überschuldet waren, finden sich zwar nur zur Frage der Berechnung der Quotenverkürzung der Konkursmassen. Aus ihrem Vortrag (Siehe Schriftsatz Kläger vom 04.02.2003, S. 261 - 270 = AS. I 523 - 541;) lässt sich aber die Behauptung einer Überschuldung der FTT zum 30.06.1996/ 31.03.1997 ableiten, die dann anzunehmen ist, wenn das Vermögen der Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (Seit 01.01.1999 auch legal definiert in § 19 Abs. 2 InsO) . Hieraus folgt weiter auch, dass die Geschäftsführer der FTT, Schmider und Kleiser, zu den genannten Stichtagen am 30.06.1996/31.03.1997 Konkursantrag hätten stellten müssen, um eine Verminderung der Quote zu verhindern.

c.Beihilfe zur Konkursverschleppung / objektiver Tatbestand:

Eine Beihilfe zur Konkursverschleppung ist zwar bis zur tatsächlichen Beendigung und damit bis zur Konkursantragsstellung durch den hierzu Verpflichteten möglich. Davon, dass die Beamten des beklagten Landes - hier die Betriebsprüfer - zu der Konkursverschleppung der Haupttäter Schmider und Kleiser einen Beitrag im Sinne einer Gehilfenhandlung gem. § 27 StGB geleistet haben, kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden.

Eine Beihilfe durch Unterlassen würde schon an der notwendigen Garantenstellung der Betriebsprüfer scheitern, wie das Landgericht ausführlich und zutreffend ausgeführt hat (LGU 124 - 127) . Weiterer Ausführungen hierzu bedarf es an dieser Stelle nicht, weil es im vorliegenden Fall um die Begehungsteilnahme an einem Unterlassungsdelikt geht und eine Beihilfe nur in Form einer psychischen Unterstützung des Täters für möglich gehalten wird, etwa derart, dass jemand den Unterlassenden in seinem Entschluss zum Nichteingreifen bestärkt (BGHSt 14, 280; BGH NStZ 2000, 34; BayObLG NJW 1990, 1861; LK-Roxin, a.a.O., § 27 Rn. 53; Münchner-Kommentar, StGB (2003), § 13 Rn. 247; Rowedder / Sch-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. § 84 Rn. 61 und 64) . An den Voraussetzungen eines solchen Gehilfenbeitrags fehlt es im vorliegenden Fall.

Erschöpft sich nämlich das strafbare Verhalten des Haupttäters im Verstoß gegen eine Gebotsnorm, wie bei der unterlassenen Konkursanmeldung gem. § 84 GmbHG, so macht sich der Beihilfe nur schuldig, wer den Entschluss des zum Handeln Verpflichteten durch Rat oder Tat fördert oder festigt, also das Unterlassen des Haupttäters vorsätzlich unterstützt, nicht dagegen, wer in anderer Weise den von der Gebotsnorm erstrebten Erfolg - im Falle der §§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG die rechtzeitige Eröffnung des Konkursverfahrens - verhindern oder verzögern will. Der Betriebsprüfer S hätte somit den Entschluss der Haupttäter, der Geschäftsführer Schmider und Kleiser, die Konkursanmeldung zu unterlassen, durch Rat oder Tat fördern oder festigen müssen (BGHSt 14, 280; Rowedder/ Sch-Leithoff, Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 84 Rn. 64) . Das wäre etwa dann anzunehmen, wenn die Haupttäter bezüglich der Stellung eines Konkursantrags noch geschwankt hätten und darin, dies zu unterlassen, von den Betriebsprüfern des beklagten Landes durch Zureden bestärkt worden wären. Eine Beihilfe durch positives Tun zur Konkursverschleppung erfordert damit eine irgendwie geartete Unterstützung der Konkursverschleppung durch den Gehilfen, wobei eine psychische Beihilfe durch Bestärkung der Haupttäter ausreicht. Hierbei wird nicht verkannt, dass in Ausnahmefällen auch einem bereits zur Begehung seiner Tat entschlossenen Täter noch psychisch Beihilfe geleistet werden kann (BGH NJW 1951, 451; a. A. Schönke-Schröder, a.a.O., § 27 Rn. 12, der diese Meinung für zu weitgehend hält.) , wobei allerdings auch in einem solchen Fall eine objektive Förderung der Tatbegehung festgestellt werden muss. Denn die bloße einseitige Kenntnisnahme von der Tat eines anderen und gegebenenfalls deren Billigung ohne einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag reicht nicht aus, um die Annahme von Beihilfe zu begründen. In der Rechtsprechung des BGH ist zwar die rechtliche Möglichkeit, dass der Tatgehilfe die Tatbegehung durch bloßes "Dabeisein" im Sinne aktiven Tuns bewusst fördert und erleichtert, für den Fall bejaht worden, dass durch sein Zugegensein der Haupttäter in seinem schon gefassten Beschluss gestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt wird. Um der Gefahr zu begegnen, dass dabei der Bereich der Beihilfe durch so genanntes unechtes Unterlassen eines Garanten der Sache nach auf Fälle der bloßen Kenntnisnahme von der Tat und deren Billigung unter Umgehung der Anforderungen einer Garantenpflicht ausgedehnt wird, bedarf es jedoch bei solchen Fallgestaltungen sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass das bloße Dabeisein die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestalt gefördert oder erleichtert hat und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH NStZ 1993, 233 und 535; NSTZ 1996, 563; NStZ 2002, 139) .

Einen solchen, auch eine Beihilfe zur Konkursverschleppung begründenden Sachverhalt, der einen die Haupttat objektiv fördernden Beihilfebeitrag verlangt, legen die Kläger 1 - 3 ihrem Klagebegehren nicht zugrunde. Die Kläger behaupten in der Berufungsbegründung nur, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 127, 128) im vorliegenden Fall von einer Hilfeleistung der Betriebsprüfer in Form der psychischen Beihilfe durch Bestärken der Haupttäter auszugehen sei. Die Kläger begründen ihre Auffassung damit, dass der Betriebsprüfer S bereit gewesen wäre, das von ihm zu den Stichtagen erkannte Betrugsystem in der laufenden Betriebsprüfung und auch in den Folgebetriebsprüfungen zu decken. Hierdurch habe er die zukünftigen Haupttaten von Schmider und Kleiser in Form des Betrugs durch psychische Beihilfe gefördert, nämlich durch Stärkung des Tatentschlusses der Haupttäter bei der Fortführung des Betrugssystems, indem er den Haupttätern den auf diesen lastenden Druck, dass wegen der Aufdeckung des Betrugssystems FlowTex an die Wand gefahren werde, genommen habe (Kläger, Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 145 ff = II 355 ff und 361 - 369) .

Diese Ausführungen befassen sich nur mit der Frage einer psychischen Beihilfe zu den den Haupttätern nach den beiden Stichtagen gegenüber den Neugläubigern zur Last gelegten Betrugstaten, nicht jedoch einer psychischen Beihilfe zur Konkursverschleppung. Dass der Betriebsprüfer S die Haupttäter auch in dem Unterlassen der eigentlich gebotenen Konkursantragsstellung unterstützt haben soll, machen die Kläger 1 - 3 dagegen nicht geltend. Damit aber fehlt es schon an der substantiierten Darlegung eines objektiven Gehilfenbeitrags zu § 84 GmbHG durch die Beamten des beklagten Landes, hier insbesondere des Betriebsprüfers S. Denn die bloße Kenntnisnahme von einer Überschuldung der FlowTex-Gruppe und einem hiermit in Zusammenhang stehenden Unterbleiben einer gebotenen Konkursantragsstellung genügen für die Annahme einer psychischen Beihilfe durch Bestärken des bereits entschlossenen Haupttäters nicht. Eine solche Haltung des Betriebsprüfers, die sich in der Erfassung und Kenntnisnahme einer Konkursverschleppung erschöpft, vermag keine Beihilfe durch positives Tun in Form einer psychischen Beihilfe zu begründen. Auch insoweit ist ein die Tatbegehung - hier das Unterlassen - fördernder objektiver Beitrag des Gehilfen erforderlich, den die Kläger weder in erster Instanz noch im Berufungsrechtszug dargelegt haben.

Eine Hilfeleistung zur Konkursverschleppung im Sinne von § 27 StGB lässt sich auch nicht darauf stützen, dass es - wie die Kläger 1- 3 meinen - bei einer früheren Aufdeckung des Betrugsystems durch die Beamten des beklagten Landes zu keiner weiteren Verkürzung der Konkursquote gekommen wäre. Auf diese Weise lässt sich ein objektiver Beitrag zur Konkursverschleppung nicht darlegen.

Eine Hilfeleistung in Form des "Abbruchs eines rettenden Kausalverlaufs" (. Samson, Gutachten vom 20.11.2002, Anl. K 40, S. 22 und 45) , bei der es sich um eine Beihilfe durch aktives Tun handelt und von der das Landgericht als einzig mögliche Beteiligungsform beim Betrug ausgegangen ist, kommt bei einem Unterlassungsdelikt wie hier einer Konkursverschleppung als Gehilfenbeitrag schon tatbestandlich und damit aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Beim Abbruch rettender Kausalverläufe geht es nämlich darum, dass der Gehilfe mit seinem Tatbeitrag eine Aufdeckung einer in Gang gesetzten Straftat verhindern will, was aber gerade kein vorsätzliches Unterstützen des zum Handeln Verpflichteten wie im Falle einer Konkursverschleppung darstellt. Der Beihilfe bei einem echten Unterlassungsdelikt macht sich aber nur derjenige schuldig, der das Unterlassen des Haupttäters unterstützt und damit nicht derjenige, der in anderer Weise den Erfolg - im Falle des § 84 GmbHG die rechtzeitige Eröffnung des Konkursverfahrens - verhindern oder verzögern will, den die Gebotsnorm erreichen will (BGHSt 14, 280) .

Danach fehlt es an einer objektiven Unterstützungshandlung der Betriebsprüfer, die geeignet wäre, auch eine Beihilfe zur Konkursverschleppung zu begründen.

d.Subjektive Tatseite:

Das Landgericht hat zur subjektiven Tatseite ausgeführt, die Annahme einer Beihilfe zur Konkursverletzung scheitere jedenfalls daran, dass der subjektive Tatbestand einer solchen nicht festgestellt werden konnte. Dieser erfordere Kenntnis der Haupttat, die vom Gehilfen zumindest als möglich erkannt und in Kauf genommen worden sein müsste, sowie einen Unterstützungswillen. Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts kann den Betriebsprüfern nicht unterstellt werden, dass sie im Zeitpunkt der in 1996/1997 durchgeführten Betriebsprüfungen betreffend den Prüfungszeitraum 1991 - 1993 die Möglichkeit einer bereits vorliegenden Konkursreife als e...hafte Möglichkeit in Betracht zogen und in Kauf nahmen. Das Landgericht hat im Kegel- Vermerk vom 02.09.1996 (Aktenvermerk AR S vom 02.09.1996, Anl. B 67) nur einen denkbaren Ansatzpunkt für den subjektiven Tatbestand einer Beihilfe zur Konkursverschleppung gesehen, diesen jedoch für seine Überzeugungsbildung nicht für ausreichend erachtet.

Dass der Betriebsprüfer S mit der Kenntnis des im Kegel- Vermerk gekennzeichneten Finanzierungssystem auch Kenntnis von einer Überschuldung der FTT oder von Schmider und Kleiser persönlich zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten hatte, ist nicht belegt. Hinreichende Anhaltspunkte hierfür sind nicht auszumachen.

Die Kläger begründen den Tatbeitrag und die Kenntnis des Betriebsprüfers S damit, dass der Kegel- Vermerk vom 02.09.1996 sich auf das laufende Kalenderjahr 1996 bezogen habe und deutlich mache, dass FTT den Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Leasinggesellschaften nur habe nachkommen können, weil KSK entsprechende Beträge (DM 21 Mio. monatlich) zur Verfügung gestellt habe. Damit ist aber nicht widerlegt, dass die Betriebsprüfer, die die Jahre 1991 bis 1993 zu prüfen und zu beurteilen hatten, entsprechend den Bekundungen des Zeugen Ga davon ausgingen, dass das Finanzierungssystem in Zukunft unterbrochen werden könnte. Denn den Betriebsprüfern wurde den weiteren Bekundungen des Zeugen Ga zufolge die im Kegelvermerk festgehaltene Finanzierungsform als eine Subventionsmaßnahme zur Markteinführung dargestellt und erklärt, dass zur Markteinführung und zur Überwindung von Anlaufschwierigkeiten mit den Bohrsystemen "geklotzt" werden müsse. Für Einzelheiten hierfür wird auf die Ausführungen des Senats unter A. der Urteilsgründe verwiesen.

Dem Nachweis der subjektiven Seite einer Beihilfe zur Konkursverschleppung steht auch entgegen, dass Inhalt der Betriebsprüfung in 1996/1997, die sich nur mit den Jahren 1991 -1993 befasste, nicht die Frage der Überschuldung der FlowTex- Gruppe gewesen ist. Die Betriebsprüfung diente der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 AO). Aufgabe der Betriebsprüfer ist es danach gewesen, die richtige Ermittlung und Beurteilung von steuerlich bedeutsamen Sachverhalten vorzunehmen (§ 199 Abs. 1 AO; § 2 Abs. 3 BpO vom 17.12.1987). Darüber hinaus sollten die Betriebsprüfer die Steuerfahndung und die OFD Karlsruhe nur bei der Aufklärung der Frage unterstützen, ob Geschäfte mit nicht existierenden HBS durch Schmider und Kleiser getätigt werden, wobei sich die Aufgabe der Betriebsprüfer hierbei auf die Frage nach der Anzahl der bei KSK verbuchten Käufe und Verkäufe von HBS und damit auf die Frage der Existenz dieser Systeme konzentrierte. Die Frage der Überschuldung stellte sich den Betriebsprüfern im Rahmen ihrer Aufgaben bei der Außenprüfung somit von vorneherein nicht.

e.Verminderung der Insolvenzmasse von Schmider und Kleiser:

Soweit Schmider und Kleiser der Vorwurf gemacht wird, dass sie als Geschäftsführer nicht rechtzeitig Antrag auf Konkurseröffnung gestellt haben, betrifft dieser Sachverhalt den deliktischen Schadensersatzanspruch der Altgläubiger der FTT gem. § 823 Abs. 2 BGB, §§ 64 Abs. 1, 84 GmbHG bzw. §§ 177a, 130a HGB und damit den im Rahmen des Gesamtschadens der FTT vom Kläger zu 1 geltend gemachten, gemeinschaftlichen Anspruch der Altgläubiger, der diesen auf Grund einer von den Geschäftsführern infolge verspäteter Konkursantragsstellung zu verantwortenden Verkürzung der Vermögensmasse der FTT zusteht.

Ein Schadensersatzanspruch gegenüber Schmider und Kleiser persönlich wegen verspäteter Antragsstellung auf Eröffnung des persönlichen Konkurses scheitert daran, dass den persönlichen Schuldner keine solche Pflicht nach der zum damaligen Zeitpunkt noch geltenden Konkursordnung traf und eine Antragspflicht auch nicht nach der am 01.01.1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung besteht. Das Vorliegen eines Konkursgrundes löst für Privatpersonen und Gesellschaften des Handelsrechts mit natürlichen Personen als persönlich haftenden Gesellschaftern keine gesetzliche Konkursantragspflicht aus. Diesen Personen ist es überlassen, im Einzelfall zu entscheiden, ob und wann sie Antrag auf Eröffnung des Konkurs- bzw. des Insolvenzverfahrens stellen (Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 7 Rn. 2) . Eine Beihilfe zur Konkursverschleppung als Anspruchsgrundlage für einen Quotenschaden betreffend die Vermögensmassen der Zeugen Schmider und Kleiser kommt somit mangels strafbarer Haupttat nicht in Betracht.

Ein Anspruch auf Ersatz eines Quotenschadens könnte sich nur daraus ergeben, dass Schmider und Kleiser ihre persönlichen Altgläubiger in betrügerischer Weise von der Geltendmachung fälliger Forderungen, einer Antragsstellung zur Eröffnung des Konkurses zum damaligen Zeitpunkt (30.06.1996/31.03.1997) und/oder erfolgversprechenden Vollstreckungsmaßnahmen, die eine spätere Verminderung der Quote zur Folge gehabt hätten, durch Täuschung über ihre Solvenz abgehalten hätten. Soweit Altgläubiger eine persönliche Forderungen gegen Schmider und Kleiser haben, die auf einem Vertrag mit diesen oder auf einer Mithaftung beider für die Altverbindlichkeiten der FTT beruhen, können diese Altgläubiger Ersatz ihres Quotenschadens von Schmider und Kleiser persönlich somit nur beanspruchen, wenn Schmider und Kleiser aus anderen Gründen für eine Verkürzung der Insolvenzmasse auf Schadensersatz haften würden.

2.Beihilfe zum Betrug:

Die Kläger sehen eine Beihilfe zu einem einen Quotenschaden begründenden Betrug zum einen darin, dass die Betriebsprüfer des beklagten Landes das Betrugssystem, d. h. den Verkauf von nicht existierenden HBS zur weiteren Geldschöpfung und Aufrechterhaltung der Liquidität der Gesellschaften der FlowTex- Gruppe bereits zum 30.06.1996 bzw. spätestens zum 31.03.1997 erkannt und nicht aufgedeckt hätten. Hieraus ziehen die Kläger die Schlussfolgerung, dass eine Aufdeckung der Betrugstaten zu den angegebenen Stichtagen dazu geführt hätte, dass die so genannten Altgläubiger eine höhere Konkurs/Insolvenzquote in Bezug auf die Vermögensmassen der FTT und Schmider und Kleiser persönlich gehabt hätten. Danach wird den Betriebsprüfern des beklagten Landes der Vorwurf gemacht, durch eine Beihilfe zum Betrug durch Tun oder Unterlassen auch eine Verminderung der verschiedenen Konkursmassen herbeigeführt zu haben.

Die tatsächlichen Grundlagen dieses Vorwurfs haben die Kläger jedoch nicht zu beweisen vermocht.

Eine einen Quotenschaden begründende Betrugshandlung der Haupttäter könnte allenfalls darin liegen, dass die so genannten Altgläubiger der FTT oder solche von Schmider und Kleiser persönlich zum Stichtag 30.06.1996/31.03.1997 fällige Forderungen hatten und von Schmider und Kleiser von der Geltendmachung ihrer Forderungen durch Täuschungshandlungen im Bewusstsein einer bereits bestehenden Überschuldung der Gesellschaften bzw. der Privatpersonen Schmider und Kleiser abgehalten worden wären und die Haupttäter hierbei von den Betriebsprüfen des Landes unterstützt worden wären. Ein solches einen Quotenschaden der Altgläubiger begründendes Verhalten könnte weiter auch darin gesehen werden, dass die Geschäftsführer der FTT die Altgläubiger im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehungen nicht nur von der Geltendmachung fälliger Forderungen, sondern auch von möglichen Vollstreckungsmaßnahmen abgehalten hätten und durch ein solches Verhalten ihre Quote weiter verkürzt worden wäre und die Betriebsprüfer des beklagten Landes Beihilfe hierzu geleistet hätten.

Solche Betrugstaten der Haupttäter, die einen Schadensersatzanspruch der Altgläubiger gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V . m. § 263 StGB, § 826 BGB zu begründen vermögen, werden von den Klägern zu 1 - 3 jedoch nicht zur Grundlage ihres Klagebegehrens gemacht. Die Kläger tragen in diesem Zusammenhang nur vor, dass der Quotenschaden ohne weiteres zu bejahen sei für all diejenigen Gläubiger, die bereits Ansprüche in dem Moment hatten, in dem die Behörde erstmals zum Einschreiten verpflichtet gewesen wäre (so genannte Altgläubiger). Zwar trifft es zu, dass das Insolvenzverfahren in Folge einer Aufdeckung des Betrugssystems zu den genannten Stichtagen automatisch zu einer höheren Quote der Ansprüche der Insolvenzgläubiger geführt hätte. Eine zivilrechtliche Haftungsgrundlage für diesen Verkürzungsschaden ergibt sich für die Altgläubiger aber nicht bereits aus einer - im Übrigen nicht bewiesenen - Beihilfe zur Fortführung des betrügerischen Schneeballsystems. Ausführungen zu einer durch Betrug begründeten Verkürzung der Insolvenzmasse der FTT oder von Schmider und Kleiser unter strafrechtlich relevanter Mitwirkung der Betriebsprüfer fehlen.

3.Beihilfe zum Bankrott:

Als Bankrott steht nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB - wie schon nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. in der bis zum bis 31.12.1998 geltenden Fassung - das Beiseiteschaffen vom Vermögensbestandteilen nach Eintritt der Überschuldung unter Strafe. Ebenso macht sich strafbar, wer in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensbestand verringert (§ 283 Abs.1 Nr. 8 StGB alte wie neue Fassung). Täter kann jeder Schuldner sein, soweit sich aus einzelnen Tatbestandsvarianten (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB) nichts anderes ergibt. Damit werden auch Privatkonkurse erfasst, denn auch die zur Tatzeit geltende Konkursordnung sah keineswegs nur Kaufleute als potentielle Gemeinschuldner (BGH NJW 2001, 1874; LK - Tiedemann, StGB, Vorb. § 283 Rn. 11, 59) . Der Gesetzgeber hat nicht nur durch die Konkurs-/Insolvenzantragspflichten, sondern auch durch zahlreiche sonstige Vorschriften Vorsorge getroffen, dass die Gläubiger vor einer Beeinträchtigung ihrer Interessen an einer Befriedigung ihrer Ansprüche geschützt werden. Die Konkursstraftaten in §§ 283ff StGB schützen damit die Konkursmasse vor unwirtschaftlicher Verringerung, Verheimlichung und ungerechter Verteilung zum Nachteil der Gesamtgläubigerschaft (Tröndle, StGB, 48. Auflage, Rn. 3 vor § 283; Gottwald a. a. O., § 7 Rn. 14 ff.) .

Eine Beihilfe zum Bankrott wäre demnach eine Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht und damit ein geeigneter Anknüpfungspunkt für einen Amtshaftungsanspruch der Kläger nach § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, soweit hierdurch ein Gesamtschaden der Altgläubiger in Form der Verkürzung der Insolvenzmasse gegeben wäre.

Mit dem Landgericht kann weiter zwar davon ausgegangen werden, dass die Kapitalgesellschaften der FlowTex- Gruppe bereits zum Zeitpunkt der Betriebsprüfungen in den Jahren 1996 und 1997 überschuldet waren und dies auf Grund der Berechnungen zur Quotendifferenz auch für die Haupttäter Schmider und Kleiser gegolten haben dürfte. An der Darlegung der weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines Bankrotts als unterstützte Haupttat fehlt es hingegen.

Ein Bankrott gem. § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB käme im Hinblick auf die Altgläubiger der FTT nämlich nur in Betracht, wenn die pflichtwidrige Verfügung über der GmbH & Co. KG zustehende Vermögenswerte nicht ausschließlich eigennützig erfolgt wäre. Denn ein organschaftliches Handeln der Haupttäter Schmider und Kleiser für die GmbH bzw. GmbH & Co. KG nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann nur angenommen werden, wenn der Geschäftsführer zumindest auch für die Belange der GmbH tätig werden wollte und nicht nur eigennützige Vermögensinteressen verfolgt hätte (BGHSt 28, 371, 372.) . Ein Bankrott durch die Haupttäter als vertretungsberechtigte Organe der GmbH setzt damit voraus, dass diese Tathandlungen für die GmbH und (wenigstens auch) in deren Interessen vorgenommen hätten. Ausgehend von der im Rahmen von § 283 StGB gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise würde ein Handeln der Haupttäter ausschließlich im eigennützigen Interesse kein Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen der in Konkurs geratenen GmbH & Co. KG darstellen. Die Kläger behaupten, dass Schmider und Kleiser (wohl) ausschließlich eigennützig gehandelt haben.

Gleiches gilt auch für den Tatbestand der Nr. 8 des § 283 Abs. 1 StGB. Ein organschaftliches Handeln für die Gesellschaft kann auch insoweit nur angenommen werden, wenn der Geschäftsführer zumindest auch für die Belange der GmbH tätig werden wollte und nicht nur eigennützige Vermögensinteressen verfolgt hat (BGH NStz 2000, 206) . Hinzu kommt, dass eine Verringerung des Vermögensstandes im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB dann nicht angenommen werden kann, wenn durch einzelne Verfügungen andere Verbindlichkeiten der FTT zum Erlöschen gebracht oder wertmäßig gleiche Güter für das Firmenvermögen angeschafft wurden. Dies kann aber nur dann beurteilt werden, wenn die Verwendung der verfügten Gelder dargestellt wird (BGH NStZ 2000, 206) . Daran fehlt es hier ebenfalls. Die bloße Fortführung des Betrugssystems spricht zwar dafür, dass es hierdurch zu einer fortgesetzten Verringerung des Vermögensstandes gekommen ist. Dies hätte aber im Einzelnen für die begründete Annahme eines Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB dargelegt werden müssen, nachdem die Haupttäter Schmider und Kleiser im Strafverfahren nur wegen Betrugs, bandenmäßigen Betrugs und Kapitalanlagebetrugs verurteilt worden sind.

Die Kläger legen auch nicht näher dar, dass und welche konkreten Handlungen zu einer Verringerung des Vermögensstandes der Privatpersonen Schmider und Kleiser gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB geführt haben. Ob und in welchem Umfang eine Verringerung des Vermögensstandes zu den angenommenen Stichtagen vorgelegen hat, hätte der Darlegung der Verwendung der Gelder durch die Gemeinschuldner Schmider und Kleiser bedurft. Außerdem hätte es Ausführungen dazu bedurft, inwieweit durch konkrete Verfügungen von Konten der GmbH & Co. KG oder von Privatkonten jeweils eine Verheimlichung oder Verschleierung geschäftlicher Verhältnisse begründet sein soll. Nach alledem fehlt es auch insoweit an einer substantiierten Darlegung einer Haupttat im Sinne des Bankrottes.

Ausführungen der Kläger dazu, dass in objektiver Hinsicht von einem Gehilfenbeitrag der Beamten des beklagen Landes in Bezug auf einen Bankrott auszugehen ist, fehlen ebenfalls. Insoweit hätte es substantiierter Ausführungen dazu bedurft, dass und wie in der bloßen Ermöglichung der Fortsetzung des Betrugssystems auch ein objektiver Gehilfenbeitrag in Bezug auf ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen und/oder auf eine Verringerung der Vermögensmassen im Sinne einer psychischen Beihilfe zu sehen wäre. Denn in der bloßen Ermöglichung der Fortsetzung des Betrugssystems liegt nicht zwingend auch eine Unterstützung der Haupttat in Form eines Bankrotts. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen oben zum objektiven Tatbestand einer Beihilfe zur Konkursverschleppung und zum Betrug verwiesen.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass die Annahme einer Beihilfe zum Bankrott auch daran scheitert, dass jedenfalls der subjektive Tatbestand nicht festgestellt werden kann. Ein solcher erfordert Kenntnis der Haupttat, die vom Gehilfen zumindest als möglich erkannt und in Kauf genommen werden müsste, sowie einen entsprechenden Unterstützungswillen. Das Landgericht hat nicht feststellen können, dass die Überschuldung der geprüften Gesellschaften zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung durch die Betriebsprüfer als möglich erkannt wurde. Hiergegen haben die Kläger mit ihrer Berufung nichts weiter vorgebracht. Insoweit fehlt es seitens der Kläger auch an einer substantiierten Darlegung der subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe zum Bankrotts im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Ebenso findet sich nichts zu der subjektiven Seite einer Beihilfe in Bezug auf das Privatvermögen von Schmider und Kleiser.

4.Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb:

Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb ist als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt, sodass ein Eingriff in diesen durchaus einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 begründen könnte. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es im vorliegenden Falle jedoch an einem betriebsbezogenen Eingriff fehlt. Dies gilt insbesondere bezüglich des Quotenschadens der so genannten Altgläubiger. Das Handeln der Betriebsprüfer des beklagten Landes stellt keinen unmittelbaren Eingriff in die Gewerbebetriebe der verschiedenen Geschäftspartner der FlowTex- Firmengruppe dar. Betriebsbezogen im Sinne der Rechtsprechung war das Handeln der Finanzbeamten nur hinsichtlich der FlowTex- Unternehmen, nicht jedoch hinsichtlich der Leasinggesellschaften, kreditgebenden Banken und sonstigen Geschäftspartner der FlowTex- Gruppe.

Die Kläger machen im Berufungsverfahren insoweit nur geltend, dass der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darin zu sehen sei, dass falsche Mitteilungen an die Staatsanwaltschaft dazu geführt hätten, dass bereits aufgenommene Vorermittlungen eingestellt bzw. durch einen Anfangsverdacht begründete notwendige Ermittlungen erst gar nicht begonnen worden seien mit der Folge, dass das betrügerische System fortgeführt und der bereits entstandene Schaden vergrößert worden sei. Diese Vorgehensweise vermag indessen keinen unmittelbaren Eingriff gegenüber den zu den Stichtagen bereits geschädigten Gläubigern zu rechtfertigen. Darüber hinaus fehlen jegliche Nachweise für einen entsprechenden subjektiven Tatbestand.

5.Bestechlichkeit:

Der in der Anklage gegen S erhobene Vorwurf der Bestechlichkeit in zwei Fällen stellt keine unerlaubte Handlung mit drittschützenden Charakter dar. Eine S zur Last gelegte Bestechlichkeit könnte allenfalls als Indiz bei der Beurteilung der Frage relevant sein, ob dem Betriebsprüfer eine Beihilfe zum Betrug durch Fördern der Haupttaten zur Last zu legen ist.

6.Amtsmissbrauch:

Auch ein Amtsmissbrauch der Betriebsprüfer des beklagten Landes, der geeignet wäre, einen Schadensersatzanspruch gem. § 839 BGB i . V. m Art 34 GG für den so genannten Quotenschaden der Altgläubiger zu begründen, ist nicht belegt.

Der Beamte hat die Pflicht, sein Amt sachlich, unparteiisch und im Einklang mit Treu und Glauben auszuüben. Verstößt er gegen diese Forderungen, so kann darin ein so genannter Amtsmissbrauch liegen. Dies ist stets bei Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB der Fall. Ein solcher Amtsmissbrauch kann auch in den Bereichen, in denen an sich nur Amtspflichten gegenüber der Allgemeintheit zu erfüllen sind, Drittgerichtetheit erlangen. Denn die Pflicht, sich jeglichen Amtsmissbrauches zu enthalten, obliegt allen Beamten gegenüber jedem, der durch den Missbrauch geschädigt werden könnte (BGHZ 91, 243; BGH MDR 63, 287; BGH VersR. 2003, 1306; Staudinger a. a. O., § 839 Rn. 176) . Ein Amtsmissbrauch liegt aber nicht schon bei jeder schuldhaften, fehlerhaften Amtshandlung vor, wenn sie "wertneutral" d. h. noch nicht geeignet ist, in die Belange solcher Dritter einzugreifen, die nach der besonderen Natur dieses Amtsgeschäftes durch dieses berührt werden, sondern nur dann, wenn Umstände hinzutreten, durch die das Verhalten im Widerspruch mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte steht.

Bei dem Quotenschaden der Altgläubiger stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit ein solcher einer Haftungsbegrenzung im Rahmen einer wertenden Betrachtung bei besonderen Kausalverläufen unterliegt, wenn wie hier die Amtspflichtverletzung nicht unmittelbar den Schaden herbeigeführt hätte, sondern hierdurch nur die Vergrößerung eines Schadens verhindert worden wäre (a.) (Prof. Ossenbühl, Gutachten vom 18.11.2002, Anl. K 37, S. 99) . Weiter wird bei den für sich genommenen wertneutralen Verfehlungen im subjektiven Bereich verlangt, dass der Beamte als Folge des Amtsmissbrauchs die Möglichkeit der Schädigung eines Dritten erkannt hat oder hätte erkennen müssen, während im Allgemeinen die Vorhersehbarkeit eines Schadens nicht zu den haftungsbegründenden Umständen gehört (b.). Die Haftung wegen Amtsmissbrauches setzt damit nicht das Wissen voraus, wer im Einzelnen der Geschädigte sein werde. Es genügt, dass wenigstens eine Richtung, in der sich die amtsmissbräuchliche Handlung zum Nachteil anderer auswirken kann, und die Art des möglichen Schadens in den Willen aufgenommen und gebilligt wird. Eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwaige mögliche Schädigung reicht allerdings nicht aus (BGH MDR 80,126; Staudinger, a. a. O; § 839 Rn. 196) .

Die Kläger 1 - 3 beanspruchen den Quotenschaden zum 30.06.1996 bzw. 31.03.1997 als dem Zeitpunkt, zu dem den Betriebsprüfern die Aufdeckung des Betrugssystems aus ihrer Sicht möglich gewesen wäre, wodurch (auch) eine Verkürzung der Vermögensmassen der FTT und der Vermögensmassen Schmider und Kleiser vermieden worden wäre. Die Kläger sehen den Amtsmissbrauch insoweit in einem Unterlassen des Betriebsprüfers S, weil dieser das betrügerische System erkannt und dieses trotz Offenbarungspflicht gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO nicht gegenüber der Staatsanwaltschaft angezeigt habe; die Unterlassung der Mitteilung stelle sich wegen der Schwere und Folgewirkungen des Schneeballsystems im vorliegenden Fall als Amtsmissbrauch dar. Einen Amtsmissbrauch durch aktives Tun begründen die Kläger damit, dass die Finanzbeamten des beklagten Landes durch unzureichende Weitergabe von Erkenntnissen und Informationen an die Ermittlungsbehörden die Aufrechterhaltung des Systems unterstützt hätten (Kläger Schriftsatz vom 22.12.2005, S. 165, 168 = II 395, 399; siehe auch Gutachten Prof. Ossenbühl vom 18.11.2002, Anl. K 37, S. 43 - 45. S. 64, 72) . Darüber hinaus hätte der Betriebsprüfer S die Haupttäter dadurch in ihrem Entschluss zur Fortführung des betrügerischen Systems bestärkt, dass er seine Bereitschaft signalisiert habe, das System bis zur Folgeprüfung zu decken, und außerdem zu einem sog. "Asset- Aufbau" geraten habe. Hierdurch habe er den auf den Haupttätern lastenden Druck genommen und ihnen ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Den Klägern ist allerdings der Beweis - wie oben unter A. der Urteilsgründe im Einzelnen ausgeführt - dafür, dass S oder die Steuerfahnder Sch, Gl und Si Kenntnis vom Betrugssystem hatten oder dessen Betreiben bzw. Fortführung billigend in Kauf genommen hatten, nicht gelungen. Unabhängig davon könnten die Kläger den Quotenschaden auch aus den nachfolgenden Erwägungen nicht beanspruchen.

a.Eine Haftung für den Quotenschaden der Altgläubiger kommt unter diesem Gesichtspunkt schon deshalb nicht in Betracht, weil insoweit eine Haftungseingrenzung unter dem Gesichtspunkt der Nähebeziehung der Geschädigten zu der beanstandeten Amtspflicht vorzunehmen ist. Dem nur mittelbar Geschädigten, der mit dem unmittelbar Verletzten in irgendeiner Weise rechtlich verbunden ist und deshalb durch das Schadensereignis Nachteile erleidet, steht grundsätzlich kein eigener Schadensersatzanspruch zu; ihm erwächst nur ein nicht erstattungsfähiger "Reflexschaden". Diese Begrenzung des ersatzberechtigten Personenkreises auf die in ihrer eigenen Rechtsgütersphäre Beeinträchtigten bewahrt den Geschädigten vor einer uferlosen Ausdehnung von Ersatzansprüchen und schützt durch diese Risikobeschränkung seine allgemeine Handlungsfreiheit (OLG Stuttgart NJW 1984, 1904; RGRK, 12. Auflage, § 844 Rn. ; Münchner - Kommentar, 4. Aufl., § 328 Rn. 109) .

Die vertraglichen Beziehungen zwischen den Unternehmen der FlowTex- Gruppe und den Altgläubiger hatten schon vor der behaupteten Verletzung der Amtspflicht bestanden. Die zu den angenommenen Stichtagen bereits bestehenden Altverbindlichkeiten waren auf Grund der Überschuldung der Gesellschaften und der Privatpersonen Schmider und Kleiser schon weitgehend wertlos. Durch die behauptete Amtspflichtverletzung in Form eines Amtsmissbrauchs wäre damit nur der schon zuvor in Gang gesetzte Kausalverlauf nicht aufgehalten und wäre der bereits bei Eingehung der Verbindlichkeit bestehende Schaden deshalb nur im Hinblick auf die Konkursquote vergrößert worden.

Ersatz des Quotenschadens könnten die Altgläubiger ohne weiteres dann beanspruchen, wenn dieser durch eine unerlaubte Handlung oder einen Amtsmissbrauch des Betriebsprüfers selbst hervorgerufen oder mitverursacht worden wäre, weil der Staat hierfür immer einzustehen hätte und der Geschädigte dann nicht nur mittelbar, sondern etwa im Falle einer Beihilfe zur Konkursverschleppung, zum Bankrott oder einer Beihilfe zum Betrug unmittelbar Geschädigter eines solchen Tatbeitrages wäre. Der Schaden der Altgläubiger ist hier aber durch den zu den Stichtagen bereits verübten Eingehungsbetrug durch die Haupttäter im Wesentlichen angelegt und begründet worden. Der Quotenschaden der Altgläubiger ist Folge davon, dass die Geschäftsführer es unterlassen haben, rechtzeitig Antrag auf Konkurseröffnung zu stellen. Zu beiden unerlaubten Handlungen - Betrug zum Nachteil der Altgläubiger und Konkursverschleppung - fehlt es jedoch an einer objektiven Beihilfehandlung durch die Betriebsprüfer, wie oben im Einzelnen ausgeführt. Der Vermögensschaden der Altgläubiger wäre durch einen Amtsmissbrauch - wie er dem Betriebsprüfer durch die Kläger 1 - 3 anlastet wird - allenfalls im Sinne eines Reflexschadens vergrößert worden. Ein solcher ist von einem Schadensersatzanspruch wegen Amtsmissbrauchs hingegen nicht mehr erfasst, weil es sich hierbei nur um einen reinen Vermögensschaden handelt, der sich als Folge der Rechtsgutverletzung eines Dritten - hier der Geschäftsführer Schmider und Kleiser - darstellt. Ein bloßer "Reflexschaden" begründet bei wertender Betrachtung keinen Schadensersatzanspruch, weil ein Ersatz von Reflexschäden an der Haftungseinschränkung unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Unmittelbarkeit scheitert (BGHZ 105, 121 für Schäden eines Gesellschafters einer AG; OLG Nürnberg NSTZ-RR 2003, 62; OLG Stuttgart NJW 1984, 1904; Staudinger , a.a.O., § 839 Rn. 243) .

Nichts anderes ergibt sich aus der einschlägigen Kasuistik. Bei den den Entscheidungen des BGH zur Haftung der Anstellungskörperschaft wegen Amtsmissbrauchs zugrunde liegenden Sachverhalten bestand jeweils eine unmittelbare Beziehung des geschädigten Dritten zu der beanstandeten Handlung. In allen diesen Fällen (Entscheidungen des BGH: Fluglotsen - Fall: BGH Vers R 1979, 1053; AOK - Betriebsprüfung: BGH VersR 1985, 281; Eignungsprüfung durch Amtsarzt: BGH NJW 1994, 2415; Güterfernverkehrsgenehmigung: BGH VersR 2003, 1306) war jeweils eine unmittelbare Beziehung zwischen der Amtshandlung und dem Geschädigten gegeben.

Ein danach erforderliches Unmittelbarkeitsverhältnis zwischen der angeblichen missbräuchlichen Amtshandlung und den hierdurch Geschädigten besteht hingegen nicht bei den so genannten Altgläubigern, sondern könnte allenfalls gegenüber den Neugläubigern angenommen werden, wenn der Betriebsprüfer tatsächlich die Fortführung des Betrugssystems gefördert oder eine Aufdeckung verhindert haben sollte, weil erst hierdurch eine Schädigung der Neugläubiger erstmalig bewirkt und ermöglicht worden wäre und es ansonsten zu der von den Klägern geforderten Aufdeckung des Betrugssystem gekommen wäre. Demgegenüber handelt es sich bei den Altgläubigern um bereits durch das Betrugssystem unmittelbar Geschädigte, weil sie schon in betrügerischer Weise an die Schädiger gebunden waren und somit durch eine von den Betriebsprüfern des beklagten Landes gestützte Weiterführung des Systems nur einen sog. Reflexschaden erlitten haben.

Bei der wertenden Abgrenzung der einzelnen Risiko- und Verantwortungsbereiche ist weiter zu beachten, dass jeder Unternehmer im Wirtschaftsleben sich zunächst selbst vor betrügerischen Machenschaften durch andere Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr und Geschäftsleben schützen muss, so dass ausreichende und plausible Gründe dafür vorliegen müssen, um eine Mithaftung des Staats überhaupt begründen zu können Es bedarf deshalb keiner weiteren und besonderen Begründung, dass eine Haftung gem. § 839 BGB dann gegeben ist, wenn der Beamte sich einer unerlaubten Handlung im Amt schuldig gemacht hat (Prof. Ossenbühl, Gutachten vom 18.11.2002, Anl. K 37, S. 99) . Im Falle der Altgläubiger fehlt es am Nachweis einer dem Betriebsprüfer S anzulastenden unerlaubten Handlung. Der Schwerpunkt der Schadensentstehung liegt hier in dem zu den Stichtagen bereits vollendeten Betrug der Haupttäter gegenüber ihren Altgläubigern.

b.Ein Amtsmissbrauch im Sinne von § 839 BGB, der auch den Quotenschaden der Altgläubiger mit umfasst, erfordert darüber hinaus im subjektiven Bereich, dass die Betriebsprüfer zumindest die Möglichkeit des Eintritts eines solchen Schadens erkannt haben oder hätten erkennen können, als sie den Behauptungen der Kläger zufolge das Betrugssystem "sehenden Auges" weiterlaufen ließen. Eine lediglich allgemeine Vorstellung über eine etwaige mögliche Schädigung Dritter reicht für die Haftung wegen Amtsmissbrauchs nicht aus.

Danach fehlt es zumindest in subjektiver Hinsicht an der Voraussetzung, dass die Betriebsprüfer wenigstens die Richtung, in der sich die amtsmissbräuchliche Handlung zum Nachteil anderer - hier der Altgläubiger - auswirken konnte, und die Art des möglichen Schaden in ihren Willen aufnahmen und auch billigten. Eine solche billigende Einstellung kann den Betriebsprüfer nicht unterstellt werden und ergibt sich nicht einmal aus dem Vorbringen der Kläger.

Ein Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens wegen Amtsmissbrauchs scheidet somit aus, ohne dass in diesem Zusammenhang die auch hier festzustellende Beweisfälligkeit der Kläger bemüht werden muss.

7.Haftung für sonstige Amtspflichtverletzungen:

Das Landgericht (LGU 184 ff) ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Fehlens eines Drittschutzes mögliche Amtspflichtverletzungen, wenn sie nicht als Beihilfe zum Betrug oder Amtsmissbrauch gewertet werden können und damit nur (so genannte) schlichte (relative) Amtspflichtverletzungen darstellen, als Haftungsgrundlage für einen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 Abs. 1 BGB im vorliegenden Falle ausscheiden. Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht ist Tatbestandsvoraussetzung und erfordert, dass die verletzte Amtspflicht gerade gegenüber dem geschädigten Dritten bestehen muss (BGHZ 56, 40; 69, 128; 84; 292; 90, 310; Staudinger, a.a.O., § 839 Rn. 173 ff) . Danach kämen neben Amtsmissbrauch und einer Beihilfe zum Betrug im vorliegenden Fall nur speziell die Betriebsprüfer auf Grund der Abgabenordnung treffende Amtspflichten in Betracht, aber auch nur für den Fall, dass bei der konkreten Fallkonstellation den Betriebsprüfern die Pflicht oblag, ihnen bekannt gewordene Straftaten zu offenbaren, um auf diese Weise eine weitere Schädigung der betroffenen Leasingfirmen, Banken und sonstigen Anspruchsteller zu verhindern, wodurch auch eine weitere Verkürzung der Vermögensmassen der verschiedenen FlowTex- Gesellschaften und von Schmider und Kleiser persönlich verhindert worden wäre.

a.Amtspflichtverletzungen vom Beamten der Staatsanwaltschaft:

Verstöße gegen das so genannte Legalitätsprinzip im Rahmen des von den Staatsanwaltschaften Mannheim und Karlsruhe geführten Ermittlungsverfahren scHn als Grundlage für einen Amtshaftungsanspruch schon deshalb aus, weil der Staatsanwaltschaft als Organ der Rechtspflege die Amtspflicht, wegen verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, nur gegenüber der Allgemeinheit, jedoch nicht gegenüber dem Einzelnen durch eine Straftat Verletzten obliegt. Eine Unterlassung von Verfolgungsmaßnahmen verletzt damit in aller Regel nicht (BGH NJW 1996, 2373) eine Amtspflicht gegenüber dem durch die Straftat Geschädigten Dritten.

1000

b.Amtspflichten der Steuerfahndung:

1001

Nichts anderes gilt auch für Amtspflichtverletzungen der Steuerfahndung (§ 161 StPO). Die Aufgaben der Steuerfahndung im Rahmen des Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatten keinen anderen Zweck als diejenigen der Staatsanwaltschaft. Dies gilt auch für die Verfolgung von Steuerstraftaten.

1002

c.Amtspflichtverletzung hinsichtlich der Durchführung der Betriebsprüfung:

1003

Die Amtspflichten, die darauf abzielen, die für die Besteuerung der Firmen und Personen der FlowTex- Gruppe maßgeblichen Tatbestände richtig zu ermitteln und festzustellen, dienen dem öffentlichen Interesse an der Erhebung von Steuern und bezwecken eine richtige und gerechte Besteuerung der Staatsbürger. Der Schutz von Personen, die künftig durch Geschäftsbeziehungen mit den geprüften Unternehmen Schaden erleiden können, ist hiermit nicht bezweckt, worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat.

1004

d.Amtspflicht zur Anzeige von Straftaten:

1005

Auch insoweit ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine allgemeine Pflicht zur Anzeige von Straftaten für Beamten ebenso wenig wie für nicht beamtete Personen besteht (LGU 186, 188) . Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kläger bringen hiergegen mit ihrer Berufung auch weiter nichts vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts (LGU186ff) (Punkt 5 Amtspflicht zur Anzeige von Straftaten) Bezug genommen. Ausnahmen können sich für die Beamtem der Finanzverwaltung aus § 30 Abs. 4 und 5 AO ergeben.

1006

Eine Haftung des beklagten Landes gem. § 839 Abs. 1 BGB lässt sich auch nicht aus § 30 Abs. 1, 4 Nr. 4, 5 AO herleiten. Nach § 30 Abs. 1 AO ist grundsätzlich das Steuergeheimnis zu wahren. Aus § 30 Abs. 4 Nr. 4, 5 AO ergibt sich die Befugnis zur Anzeige von Kenntnissen für nicht steuerliche Straftaten an die Strafverfolgungsbehörden.

1007

Nach § 30 Abs. 4 Nr. 4a. AO dürfen den Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse mitgeteilt werden, die in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit nach Belehrung über die Öffnung eines solchen Verfahrens erlangt werden. Nach § 30 Abs. 4 Nr. 5a AO dürfen den Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse über Verbrechen mitgeteilt werden. Ein Verbrechen (Der bandenmäßige Betrug nach § 263 Abs. 5 StGB ist erst ab 01.01.1999 als Verbrechen ins StGB eingeführt worden.) wird den Haupttätern allerdings nicht zur Last gelegt. Nach § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO dürfen Erkenntnisse für Wirtschaftsstraftaten angezeigt werden, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfanges des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs erheblich zu erschüttern. Im Hinblick auf den Umfang des Schadens lagen zum damaligen Zeitpunkt solche Wirtschaftsstraftaten vor.

1008

Es besteht allerdings schon Streit darüber, ob nach dem Wortlaut der Vorschrift § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO nicht nur eine Offenbarungsbefugnis, sondern eine Offenbarungspflicht begründet. Zum Teil wird § 30 Abs. 4 AO seinem Charakter nach auch als bloßer Rechtfertigungsgrund im Hinblick auf § 355 StGB verstanden (Kohlmann, Steuerstrafrecht, 1999, § 386 AO Rn. 21.1 und 21.4; Ossenbühl, Gutachten vom 18.11.2002, S. 56 - 64) . Die Offenbarungspflicht wird damit begründet, dass auch die Strafsachenstellen dem gesetzlichen Verfolgungszwang (Legalitätsprinzip) unterliegen und hiervon auch die Finanzbehörde nicht entbunden sei, insbesondere ergebe sich auch keine Pflicht, den Verfolgungszwang insoweit auf Steuerstrafsachen zu beschränken. Hieraus folgt aber weiter, dass die Durchsetzung eines solchen staatlichen Strafanspruches dem Legalitätsprinzip dient, nicht aber dem Schutz Dritter vor der Begehung künftiger Straftaten. Hinzu kommt, dass § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO ausdrücklich seinem Wortlaut nach auf den Schutz der Wirtschaftsordnung und das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des Gesetzverkehrs abstellt, also auf solche Rechtsgüter, die im öffentlichen Interesse liegen. Es fehlt somit an einer spezifischen Drittbezogenheit etwaiger, verletzter Amtspflichten nach § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO.

1009

Auch hier scheitert die Berufung schon am fehlenden Nachweis des Vorwurfs.

C.

1010

Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 149 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die gegen Schmider und Kleiser noch anhängigen Strafverfahren sowie wegen des gegen den Zeugen S geführten Strafverfahrens kommt nicht in Betracht.

1011

1.Nach § 149 Abs. 1 ZPO kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen, wenn das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen auf die Entscheidung des Zivilprozesses von Einfluss ist. Hierdurch sollen die oft besseren Erkenntnismöglichkeiten des dem Untersuchungsgrundsatz folgenden Strafverfahrens dem Zivilprozess nutzbar gemacht und so einander widersprechende Entscheidungen vermieden werden. Hierbei darf allerdings nicht das berechtigte Interesse einer Partei an einer alsbaldigen Entscheidung über den von ihr erhobenen Anspruch außer Acht bleiben. Das Gericht hat deshalb in seiner Ermessensentscheidung das Gebot der Verfahrensbeschleunigung gegen die zu erwartenden Vorteile der Aussetzung abzuwägen. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung sind danach nicht erfüllt.

1012

2.Die Haupttäter Schmider und Kleiser haben ausführliche Angaben zur Sache gemacht. Der Senat hat diese Aussagen gewürdigt. Er ist dabei davon ausgegangen, dass die Angaben zutreffend den jeweiligen Stand der eigenen Einschätzung der Haupttäter wiedergegeben haben. Auf den persönlichen Eindruck, der lediglich zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit erforderlich wäre, kommt es daher nicht an. Dass die Haupttäter über ihre früheren Aussagen hinaus weitere Tatsachen bekunden könnten, ist weder dargetan noch wahrscheinlich. Der FlowTex- Betrug ist nach den Ermittlungen von Polizei, Finanzbehörden und Staatsanwaltschaft sowie der umfangreichen Hauptverhandlung gegen die Verurteilten Schmider und Kleiser strafrechtlich weitgehend aufgearbeitet. Weitere Ermittlungen oder gar Ermittlungsergebnisse zu dem wesentlichen Geschehen sind nicht zu erwarten, auch nicht im Hinblick auf das gegen den Zeugen S geführte Strafverfahren.

D.

1013

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO, bezüglich der Streithelfer aus § 101 Abs. 1 2. HS ZPO. Der Streithelfer Do hat auch etwaige im Rahmen des Zwischenstreits entstandene Kosten zu tragen, nachdem sein Beitritt nur bezüglich der Dresdner Bank erfolgreich gewesen ist (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO analog).

1014

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

1015

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.