AG Besigheim, Urteil vom 07.05.2003 - 2 F 1135/02
Fundstelle
openJur 2021, 30261
  • Rkr:
Tenor

1. Die am ... vor dem Standesamt M. geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

2. Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg werden durch Realteilung zugunsten der Antragsgegnerin bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg Renteanwartschaften von monatlich 98.77 Euro bezogen auf das Ehezeitende 31.10.2002 begründet.

3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Gegenstandswerte:Scheidung:5000 Euro Versorgungsausgleich:1185 Euro Wert der Vereinbarung zum Versorgungsausgleich:500 Euro.

Tatbestand

SCHEIDUNGSSACHE

Die Ehegatten haben hinsichtlich des Scheidungsausspruchs wirksam auf die Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen verzichtet, § 313 a ZPO.

Gründe

VERSORGUNGSAUSGLEICH

Nach § 1587 Abs. 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587 Abs. 2 BGB):

Die Ehezeit begann am 01. 04. 1991. Sie endete am 31. 10. 2002. In dieser Zeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:

A. Anwartschaften der Antragstellerin:

1. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung: 300.93 Euro.

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Anrechte auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (hier: bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg) sind bislang nicht unverfallbar geworden und deshalb derzeit nicht in den Wertausgleich einzubeziehen. Die wegen der Gegenverrechnung mit realteilungsfähigen Anrechten (siehe nachfolgende Ausführungen) grundsätzlich zu beachtende Quotierungsmethode (vgl. BGH, Beschluß vom 20. Oktober 1993 – XII ZB 109/91, abgedruckt in FamRZ 1994, 1990) kann deshalb erst in einem späteren, nach Maßgabe des § 10 a VAHRG durchzuführenden, Abänderungsverfahren angewandt werden.

B. Anwartschaften des Antragsgegners:

1. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung: 74.33 Euro.

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB.

2. Ferner hat der Antragsgegner in der Ehezeit Anrechte auf eine berufsständische Versorgung erworben, nämlich bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg. Die durch den Versorgungsträger mitgeteilte Monatsrente beläuft sich auf 424.13 Euro.

Die Parteien haben hierzu in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage formwirksam vereinbart, daß der Versorgungsausgleich auf Grundlage einer Bewertung dieser Anrechte als volldynamisch erfolgen solle. Die zugleich beantragte Genehmigung des Familiengerichts wird hiermit erteilt (§ 1587 o BGB). Denn die Vereinbarung der Parteien stellt sich als nicht unangemessen dar. Jene beruht auf dem Beschluß des Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. Januar 2001 – 12 UF 108/00 –, abgedruckt in FamRZ 2001, 999. Für die Jahre 1990 bis 1999 ist dort für die berufsständische Versorgung der Architektenkammer Baden-Württemberg ein linearer Erhöhungssatz von jährlich 2.23 v.H. zugrundegelegt, bei Erhöhungssätzen von jährlich 2.62 v.H. in der Beamtenversorgung und solchen von jährlich 2.33 v.H. in der gesetzlichen Rentenversicherung. In den nachfolgenden Zeiträumen haben sich die Erhöhungen in der Beamtenversorgung sowie gesetzlichen Rentenversicherung demgegenüber noch deutlich verringert (vgl. Gutdeutsch, Versorgungsausgleichstabelle zur Feststellung der Volldynamik von Versorgungen bis 2002, abgedruckt in FamRB 2003, 171 f.). Diese Differenz zwischen Erhöhungen von 2.33 v.H. und 2.23 v.H. rechtfertigt deshalb, im Vergleich mit Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung die Steigerung der bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg erworbenen Anrechte als nahezu gleich zu erachten (vgl. § 1587 a Abs. 1 und 3 BGB). Wie das Oberlandesgericht Hamburg in der vorerwähnten Entscheidung (OLG Hamburg, a.a.O.) in Abgrenzung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluß vom 4. Oktober 1990 – XII ZB 115/88, abgedruckt in FamRZ 1991, 310 ff.) weiter ausführt, führt die Gegenfinanzierung der Versorgung durch ein Deckungskapital (Anwartschaftsdeckungsverfahren) nicht zu einer abweichenden Betrachtungsweise, was sich zur Vermeidung von ungleichen und ungerechten Ergebnissen auch aus einem Vergleich mit anderen berufsständischen Versorgungen ergebe. In der Tat werden etwa die Anrechte aus Versorgungen des Versorgungswerks der Rechtsanwaltskammer Baden-Württemberg und diejenige des Baden-Württembergischen Versorgungswerks für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte ohne Berücksichtigung der zugrundeliegenden Finanzierung ohne weiteres als volldynamisch angesehen. Deshalb wäre grundsätzlich nicht verständlich, wenn für andere berufsständische Versorgungen andere Maßstäbe angelegt würden. Hiervon gehen auch die verfahrensbeteiligten Parteien aus. Ihre zum Versorgungsausgleich getroffene Vereinbarung war deshalb zu genehmigen. Werthöhere Anrechte als gesetzlich zulässig werden hierdurch, wegen der Bewertung der Anrechte auf eine berufsständische Versorgung als volldynamisch, nicht übertragen.

Eine Umrechnung der durch den Antragsgegner bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer erworbenen Anrechte ist nach alledem nicht erforderlich. Die dem Gericht mitgeteilten Anrechte betreffen den Ehezeitanteil der Versorgung. Der Versorgungsträger läßt eine Realteilung zu (§ 36 a der Satzung in der Fassung vom 1. Dezember 2002). Die Antragstellerin wird gemäß § 36 a Abs. 2 der Satzung nicht Teilnehmerin des Versorgungswerks. Ihr Status entspricht dort deshalb dem einer anwartschaftsberechtigten Nichtteilnehmerin. Die Realteilung ist ermöglicht, ohne eigene Mitgliedschaft in dem Versorgungswerk vorauszusetzen.

Es ergibt sich für den Wertausgleich folgende

Übersicht:

Versorgungsträger

Antragstellerin

Antragsgegner

gesetzliche Rentenversicherung

300.93

74.33

Versorgungswerk der Architektenkammer

0.00

424.13.

Gesamt:

300.93

498.46.

Nach § 1587a Abs. 1 BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig. Auszugleichen ist der hälftige Wertunterschied, und zwar in Höhe von (498.46 - 300.93 = 197.53 : 2 =) 98.77 Euro.

Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG erfolgt zum Ausgleich einer Rente von monatlich 98.77 Euro. In diesem Umfang sind zugunsten der Antragstellerin Rentenanwartschaften bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg durch Realteilung zu begründen.

Regelungen zum Sorgerecht sind nicht beantragt. Die Eltern üben die elterliche Sorge für die ... aus der Ehe hervorgegangenen Kinder weiterhin gemeinsam aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93a ZPO.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte