BPatG, Beschluss vom 16.06.2008 - 27 W (pat) 32/08
Fundstelle
openJur 2011, 105372
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Photon Labshat die Markenstelle mit Beschluss vom 12. Februar 2007 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Ausbildung; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsdienstleistungen sowie damit zusammenhängende Entwicklungsdienstleistungen; gewerbliche Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Konstruktionsplanung und Entwicklung von Softwarelösungenzurückgewiesen. Das ist damit begründet, alle diese Waren und Dienstleistungen hätten einen Bezug zu Laboratorien auf dem Gebiet der Photonen, so dass die angemeldete Marke nicht schutzfähig sei.

Die Markenstelle hat dazu aus dem Internet einen Nachweis für Photon Laboratories an den Universitäten Harvard, Innsbruck und Wien ermittelt sowie Berichte, dass der Quantenteleporteur Anton Zeilinger ein Photon von einer Ecke seines Labors in eine andere gebeamt habe und sich ein Sender (Alice) für Photonen in einem eigens dafür eingerichteten Labor auf einer Donauinsel befinde. Ferner hat die Markenstelle eine Liste der größten internationalen Labore für Teilchenphysik (Genf, Hamburg, Palo Alto, Chicago, Long Island etc.) im Internet recherchiert.

Die Anmelderin hat am 27. März 2007 gegen den ihr am 27. Februar zugestellten Beschluss vom 12. Februar Beschwerde eingelegt und dazu unter anderem vorgetragen, "Photon" sei kein verständlicher Begriff der deutschen Sprache, "lab" sei keine eindeutige Abkürzung für Laboratorium und die Kombination "Photon Labs" sei ungewöhnlich und jedenfalls damit unterscheidungskräftig. Sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuhebenund die Marke für alle Dienstleistungen einzutragen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die ausdrücklich noch strittigen Dienstleistungen ebenso das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, wie hinsichtlich der von der Markenstelle im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Waren, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeantrag wirklich die Waren ausnehmen wollte.

Dass die Anmelderin beantragt hat, den Beschluss aufzuheben, ist so auszulegen, dass dies insoweit erfolgen solle, als die Anmeldung darin (für Waren und Dienstleistungen) zurückgewiesen wurde.

2) Dem steht aber jedenfalls § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Diese Vorschrift verbietet es nämlich, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren bzw. Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. STRÖBELE, FS für Ullmann, S. 425, 428).

Die Feststellung einer lexikalischen oder sonstigen tatsächlichen beschreibenden Verwendung der beanspruchten Wortbildung hätte zwar indizielle Bedeutung, aber ein fehlender Nachweis schließt das Verständnis als beschreibende Angabe nicht aus (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1552 - marktfrisch).

Auch auf die Frage der Mehrdeutigkeit kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht an. Es genügt, wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass Zeichen zu einer Beschreibung "dienen können". Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bzw. Dienstleistungen bezeichnet.

Es kommt auch nicht darauf an, ob andere gleichwertige Angaben und Zeichen zur Verfügung stehen oder ob das angemeldete Zeichen die einzige Bezeichnung der fraglichen Merkmale ist (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - Postkantor). Es muss den Mitbewerbern die freie Wahl zwischen allen unmittelbar beschreibenden Angaben erhalten bleiben (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 412 - Biomild).

Ebenso kommt es bei diesem Eintragungsversagungsgrund nicht darauf an, ob der entsprechende Begriff allgemein verständlich ist und ob ihn eine große oder geringe Zahl von Unternehmen zur freien Verwendung benötigt (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, Rn. 77, 58, 102 - Postkantor). Jedenfalls für den Teil der angesprochenen Kreise, die sich mit Photonentechnik oder -forschung befassen, ist der Begriff "Photon Labs" verständlich und beschreibend.

"Photon" ist ein Begriff, der in die Deutsche Sprache eingegangen ist. Dies zeigt der Eintrag im Duden, wonach ein "Photon" als "Quant einer elektromagnetischen Strahlung, eines elektromagnetischen Feldes" definiert wird (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006). Jedenfalls für Fachkreise ist "Photon" in diesem Sinn beschreibend (EuGH MarkenR 2006, 157 Rn. 24 - Matratzen Concord; Ströbele, MarkenR 2006, 433, 435 IV, V).

"Labs" ist im Englischen wie im Deutschen die Kurzform für den Plural von "Labor" bzw. "Laboratorium" (siehe Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 4. Aufl., 1999, S. 206) und umgangssprachlicher Ausdruck für "laboratories" bzw. "Labore" (Pons Großwörterbuch für Experten und Universität, Englisch-Deutsch, 2001, S. 454; BPatG Beschlüsse vom 7. November 2005, Az: 30 W (pat) 63/04 - Skylab; vom 7. Oktober 1996, Az: 30 W (pat) 230/95 - lab mobil; HABM, Entscheidungen vom 24. Mai 2004, Az: R0171/03-1 - LabControl; vom 21. September 2007, Az: R0781/07-2 - Labstation; vom 17. Dezember 2002, Az: R075/01-2 - Plasmalab; vom 14. Juli 2006, Az: R0326/06-2 - vet med lab). Besondere Bekanntheit erfuhr "lab" in diesem Sinn durch die Weltraumstation mit Labor "Skylab".

Zwar weisen entsprechende Abkürzungsverzeichnisse für die Buchstabenfolge "Lab" neben der genannten auch andere Bedeutungen auf, wie z. B. labial, Labilität, Laboranforderungsbeleg, linksanteriorer Faszikelblock, Lastenausgleichsbank, Label (Duden; Spranger, Abkürzungen in der Medizin und ihren Randgebieten; Lexikon der Abkürzungen des Bertelsmann Lexikonverlags, vgl. auch BPatG Beschluss vom 6. November 2000, Az: 30 W (pat) 15/00 - Starlab). Diese Bedeutungen liegen jedoch im Zusammenhang mit "Photon" fern. Ein beschreibender Gehalt einer Marke kann auch nicht abstrakt ohne Bezug zu den beanspruchten Waren beurteilt werden (vgl. BGH BlPMZ 1995, 36, 37 li. Sp. - Value). Zusammen mit "Photon", dessen Sinngehalt nicht mehrdeutig ist, vermittelt "Labs" in Bezug zu den versagten Waren und Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Hinweis.

Kein Bestandteil verliert in der konkret gewählten Zusammenstellung seine dargelegte Bedeutung. Vielmehr beschreibt "Photon" in sprachüblicher Weise den Gegenstand, der im "Labor" untersucht wird.

"Lab" wird in Zusammensetzungen, wie "spacelab" für "Weltraumlaboratorium" und "research lab" für "Forschungslaboratorium" (vgl. LEO-Online Lexikon Englisch der TU München) zeigen, entsprechend verwendet. Die Reihung und Pluralform von "Photon Labs" entsprechen der englischen Grammatik (EuG GRUR Int. 2005, 842 - paperlab) wie auch der deutschen (vgl. Forschungslabor, Prüflabor u. v. m.).

Der Gesamtausdruck "Photon Labs" ergibt auch einen Sinn; die Markenstelle hat belegt, dass Photone Gegenstand wissenschaftlicher Versuche in Laboren sind bzw. aus Laboren gesendet werden. Dementsprechend lassen sich auf der ganzen Welt Photon Laboratories oder Labore für Teilchenphysik finden.

Eine beschreibende Bedeutung ist für alle versagten Waren und Dienstleistungen gegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eintragung eines Zeichens für den beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle darunter fallende Ware bzw. Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl. BGH WRP 2002, 91, 93 f - AC; zum Löschungsverfahren: BGH GRUR 1997, 634, 635 - Turbo II; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - Oekoland). Andernfalls wäre es möglich, ein Eintragungshindernis durch ein weit gefasstes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu umgehen.

Die angesprochenen Fachkreise werden in "Photon Labs" ausschließlich einen Hinweis darauf sehen, dass die Waren und Dienstleistungen von einem Photon Labor entwickelt und angeboten werden oder für ein solches bestimmt sind bzw. dieses als Gegenstand der Information haben.

Ausbildung kann in einem solchen Labor stattfinden oder zu einer Tätigkeit darin befähigen.

Lehr- und Unterrichtsmittel können diese Ausbildung unterstützen und/oder von einem solchen Labor entwickelt worden sein.

Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Druckereierzeugnisse sowie Fotografien und Software können (bezeichnungsfähige gedankliche) Inhalte, Daten und Programme enthalten, die von einem Photon Labor entwickelt oder erstellt werden oder für ein solches bestimmt sind. Bei Fotografien kommt hinzu, dass zum Nachweis von Photonenströmen Fotomultiplier, Fotoleiter und Fotodioden dienen, zur ortsauflösenden Detektion von Photonen Fotoplatten und Filme, zur Einzelphotonendetektion im optischen Bereich Fotomultiplier und Avalanche-Fotodioden (wikipedia), also ein Einsatz im Laborbereich von erheblich Bedeutung ist.

Die wissenschaftlichen und technologischen Dienstleistungen sowie Analyse-, Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen können sich in verschiedener Weise auf ein Photon Labor beziehen (vgl. BPatG, Beschluss vom 14. August 2004, Az: 25 W (pat) 56/02 - geo_lab), weil sie von einem solchen Labor erbracht werden oder dafür bestimmt sein können.

Die Dienstleistungen Konstruktionsplanung und Entwicklung von Softwarelösungen können ebenfalls von einem Photon Labor erbracht werden oder für ein solches bestimmt sein. Es kann z. B. (von einem Labor) eine Software entwickelt werden, die Forschungsvorhaben mit Photonen in einem Labor ermöglicht oder unterstützt. Auch die Konstruktion von zur Photon-Erzeugung geeigneten Laboratorien ist eine mit "Photon Labs" beschreibbare Dienstleistung.

3) Ob dem angemeldeten Zeichen insoweit auch die Unterscheidungskraft fehlt, lässt der Senat offen.

Dr. Albrecht Dr. van Raden Kruppa Me