LG Berlin, Beschluss vom 14.06.2021 - 64 S 230/20
Fundstelle
openJur 2021, 26764
  • Rkr:

Eine Mieterhöhungserklärung nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB muss jedenfalls dann nachvollziehbare Erläuterungen zu den gemäß § 559 Abs. 2 BGB abzusetzenden Beträgen enthalten, wenn der Vermieter in der Modernisierungsankündigung bei der Kalkulation der zu erwartenden Mieterhöhung Erhaltungsaufwände berücksichtigt und entsprechende Abzüge angekündigt hatte. Enthält das nachfolgende Mieterhöhungsschreiben dann keinerlei Ausführungen zu den nach § 559 Abs. 2 BGB auszugliedernden Kosten, fehlt es an einer hinreichenden Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhung, sodass die Mieterhöhungserklärung gemäß § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist (Fortführung LG Berlin, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 18 S 361/16, GE 2018, 585 f., Rn. 6 ff. und BGH,  Urteil vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13, GE 2015, 245 ff., Rn. 31; Abgrenzung BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2018 und vom 25. September - VIII ZR 121/17WuM 2018, 723 ff. und BGH, Urteil vom 17. Juni 2020 - VIII ZR 81/19, GE 2020, 1046 ff.)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Juli 2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick - 3 C 107/19 - wird zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil ist ab sofort ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf 1.378,16 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO gegeben sind, die zulässige Berufung insbesondere offensichtlich unbegründet ist.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 28. April 2021 Bezug genommen. Die Kammer hält an ihren dort nieder gelegten Erwägungen fest. Die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 17. Mai 2021 unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 2020 (vgl. BGH - VIII ZR 55/19 -, Urt. v. 20.05.2020, GE 2020, 921 ff., zitiert nach juris) und vom 17. Juni 2020 (vgl. BGH - VIII ZR 81/19 -, Urt. v. 17.06.2020, GE 2020, 1046 ff., zitiert nach juris) rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht. Die Kammer stellt noch einmal ausdrücklich klar, dass sie die Mieterhöhungserklärung nicht etwa deswegen als formell unwirksam beurteilt, weil die Beklagte es zu Unrecht unterlassen hätte, (fiktive) Instandsetzungsaufwände von den tatsächlich entstandenen Baukosten abzusetzen, sondern weil aus der Erklärung nicht hervorgeht, ob und in welcher Höhe eine solche Bereinigung der tatsächlich entstandenen Baukosten erfolgte oder unterblieb. Die Kammer hält die Ansicht der Beklagten weiterhin nicht für zutreffend, wonach der Bundesgerichtshof die formellen Anforderungen an Modernisierungsankündigungen und Mieterhöhungserklärungen stetig immer weiter absenke, sodass ein Vermieter entgegen den gesetzlichen Vorgaben in §§ 559b Abs. 1, 559 Abs. 2 BGB im Rahmen einer Mieterhöhungserklärung keinesfalls mehr Angaben über abzusetzende Kosten (fiktiver) Instandsetzungsmaßnahme machen und diese erläutern müsse, sondern seinen Obliegenheiten dadurch genügen könne, auf Rüge des Mieters in einem späteren Rechtsstreit Schätzungsgrundlagen für eine solche Abgrenzung mitzuteilen.

In der oben zuerst genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof daran festgehalten, dass die formellen Anforderungen an eine Modernisierungsankündigung nicht überhöht werden dürften und es ausreiche, wenn der Mieter in groben Zügen die Auswirkungen der Umsetzung der baulichen Maßnahmen auf den Mietgebrauch abschätzen sowie - gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - überschlägig beurteilen könne, ob die Maßnahmen voraussichtlich zu einer nachhaltigen Energieeinsparung führen werden. Einen Bezug zur Mieterhöhungserklärung hat der Bundesgerichtshof in Rn. 24 seiner Entscheidung nur insoweit hergestellt, als für die Darlegung des Modernisierungscharakters einer zum Anlass einer Mieterhöhung genommenen Baumaßnahme vergleichbare Maßstäbe gelten; er hat insoweit auf Rn. 18 der Entscheidung vom 12. Juni 2018 (vgl. BGH - VIII ZR 121/17 -, Beschl. v. 12.06.2018 u. v. 25.09.2018, WuM 2018, 723 ff., zitiert nach juris) verwiesen. In Ansehung der vorliegend zu klärenden Frage spricht diese Entscheidung - wie im Beschluss vom 28. April 2021 aufgezeigt - gerade nicht für den von der Beklagten für zutreffend gehaltenen Prüfungsmaßstab.

In der zweiten von der Beklagten zitierten Entscheidung vom 17. Juni 2020 hat der Bundesgerichtshof daran festgehalten, dass ein zu Unrecht unterbliebener Abzug von Instandhaltungskosten der formellen Wirksamkeit der Mieterhöhungserklärung nicht entgegen steht (vgl. BGH - VIII ZR 81/19 -, Urt. v. 17.06.2020, GE 2020, 1046 ff., Rn. 27, zitiert nach juris). Der Vermieter hatte allerdings - so wie im Fall VIII ZR 121/17 - offen gelegt, dass ein Abzug von Instandhaltungskosten unterblieben war, weil er alle Kosten, die durch die Baumaßnahmen entstanden waren, für umlagefähig hielt.

So liegt der Fall hier jedoch gerade nicht, denn die Vermieterin hatte mit der Modernisierungsankündigung vom ... November 2016 angekündigt, dass sie nach Abschluss der Baumaßnahmen die tatsächlich entstandenen Baukosten ermitteln und die umlagefähigen Modernisierungskosten berechnen werde; dazu werde sie die anteilig auf Instandsetzungsleistungen entfallenden Kosten ermitteln und absetzen. Nachdem diese nach Einschätzung der Vermieterin offenbar erforderliche Berechnung in der Mieterhöhungserklärung vom ... Dezember 2017 fehlt und gar nicht mehr erwähnt wird, war für die Klägerin gerade nicht erkennbar, ob und in welcher Höhe (fiktive) Instandsetzungsaufwände von den Gesamtkosten abgesetzt worden waren oder aus welchen Gründen dies unterblieben war. Sie musste entgegen dem Vorbringen im Schriftsatz vom 17. Mai 2021 insbesondere nicht davon ausgehen, die Vermieterin halte die gleichzeitig angekündigten und einheitlich durchgeführten "Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen" im Nachhinein für reine Modernisierungsmaßnahmen, sodass es eines Abzugs (fiktiver) Instandsetzungsaufwände von den entstandenen Gesamtkosten ihrer neuen Einschätzung nach doch nicht bedurft habe. Auch dass die (fiktiven) Erhaltungsmaßnahmen von den Modernisierungsmaßnahmen nach neuer Einschätzung des Vermieters offensichtlich und eindeutig abgrenzbar und deshalb separat abgerechnet worden seien, war jedenfalls im Hinblick auf fiktive Erhaltungsmaßnahmen auszuschließen und ist dem Mieterhöhungsschreiben auch nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen. Vielmehr bleibt es dabei, dass jegliche Erläuterung zu einem Abzug (fiktiver) Instandsetzungsaufwände fehlt, die unter den konkreten Umständen nach den Vorgaben der §§ 559b Abs. 1 Satz 2, 559 Abs. 2 BGB aber schon deswegen erforderlich gewesen wäre, weil sie ausdrücklich angekündigt worden war. Zumindest eine Erläuterung, welcher Anteil der durch die Überarbeitung der Fassade einschließlich der Reparatur der defekten Fugen zwischen den Fassadenplatten entstandenen Gesamtkosten als Modernisierungskosten angesetzt wird, wäre aber auch ohne vorangegangene Ankündigung erforderlich gewesen; denn es liegt auf der Hand, dass durch die im Zuge der Modernisierung erfolgte Fassadenerneuerung einschließlich der Sanierung und Verschließung der Dehn- und Setzfugen mit Dämmschaum eine nach dem Zeitablauf womöglich ohnehin notwendige Überarbeitung der Fassade einschließlich einer ohnehin erforderlichen Reparatur schadhafter Fugen entbehrlich wurde.

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 41 Abs. 5, 47 Abs. 1 GKG.

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