Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 23.06.2021 - 6 B 42/20
Fundstelle
openJur 2021, 26710
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

1. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, den Betrieb des HKW A-Stadt der Beigeladenen auf dem Grundstück XX, A-Stadt, übergangsweise zu untersagen, bis sichergestellt ist, dass von dem HKW A-Stadt keine gesundheits- und materialschädigenden Emissionen mehr ausgehen,

hilfsweise,

2. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, der Beigeladenen gegenüber in Bezug auf das HKW A-Stadt auf dem Grundstück XX, A-Stadt, eine für sofort vollziehbar zu erklärende nachträgliche Anordnung zu erlassen, die sicherstellt, dass von dem Kraftwerk keine gesundheits- und materialschädigenden Emissionen mehr ausgehen,

sowie außerdem

3. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, den Betrieb des HKW A-Stadt der Beigeladenen auf dem Grundstück XX, A-Stadt, übergangsweise zu untersagen, bis die von dem HKW der Beigeladenen ausgehenden Partikelemissionen wirksam gemindert sind

und

4. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, eine Überprüfung der Genehmigung für das HKW A-Stadt auf dem Grundstück XX, A-Stadt, nach § 52 Abs. 1 Satz 3 BImSchG durchzuführen und durch eine nachträgliche und für sofort vollziehbar zu erklärende Anordnung nach § 17 BImSchG die Beigeladene zu verpflichten, diese Anlage auf den neuesten Stand der Technik bringen zu lassen,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind ferner zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Das Rechtsschutzbegehren ist mit Haupt- und Hilfsanträgen unbegründet. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch auf die begehrte übergangsweise Untersagung des Kraftwerksbetriebs nach § 20 Abs. 1 BImSchG oder § 17 Abs. 1 BimSchG (Hauptanträge zu 1. und 3.) noch auf den Erlass von nachträglichen Anordnungen gemäß § 17 Abs. 1 BImSchG (Hilfsantrag zu 2. und Hauptantrag zu 4.) noch auf die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 52 BImSchG (Hauptantrag zu 4.) glaubhaft gemacht. Die Kammer hat in dem parallelen Hauptsacheverfahren mit dem Aktenzeichen 6 A 243/20, das dem vorliegenden Eilverfahren im Hinblick auf die streitgegenständlichen Anträge, den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten entspricht, folgendes ausgeführt:

"Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Der Hauptantrag zu 1. ist zulässig. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kläger ihre Klage innerhalb der Frist aus § 6 Satz 1 UmwRG nicht begründet haben. Anders als die Beigeladene meint, führt die Versäumung der Klagebegründungsfrist aus § 6 Satz 1 UmwRG nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Vielmehr hat das Gericht bei Versäumung der Begründungsfrist aus § 6 UmwRG in der Sache zu entscheiden, darf den präkludierten Vortrag dabei aber nicht beachten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. Mai 2018 - 12 ME 25/18 -, Rn. 27, juris; Bunge in: Bunge, Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Kommentar, 2. Aufl. 2019, § 6 UmwRG Klagebegründungsfrist, Rn. 33; Landmann/Rohmer UmweltR/Fellenberg/Schiller, 93. EL August 2020, UmwRG § 6 Rn. 74; Schoch/Schneider VwGO/Riese, 39. EL Juli 2020, VwGO § 82 Rn. 32).

Der Hauptantrag zu 1. ist aber unbegründet. Die angefochtene Ablehnung vom 22. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Untersagung des Kraftwerksbetriebs, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Anspruchsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten Untersagungsanspruch ist zunächst § 20 Abs. 1 Satz 2 BImSchG. Danach hat die zuständige Behörde den Betrieb ganz oder teilweise nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zu untersagen, wenn ein Verstoß gegen eine Auflage, eine vollziehbare nachträgliche Anordnung oder eine abschließend bestimmte Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Es fehlt bereits an einem Verstoß gegen eine Auflage, eine vollziehbare nachträgliche Anordnung oder eine abschließend bestimmte Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG.

In Betracht kommt insoweit allein ein Verstoß gegen die Minderungsanordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016. Ein Verstoß gegen die Ergänzungen aus der Anordnung aus den Widerspruchsbescheiden vom 27. Oktober 2017 scheidet hingegen von vorneherein aus, da die Widerspruchsbescheide nicht vollziehbar sind. Die Beigeladene hat hiergegen fristgerecht Klage erhoben. Der Beklagte hat auch nicht die sofortige Vollziehung der Widerspruchsbescheide gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet.

Allerdings liegt auch kein Verstoß gegen die Minderungsanordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 vor. Diese sah vor:

"Die von dem HKW ausgehenden Partikelemissionen sind bis zum 31.08.2017 wirksam zu mindern. Die Wirksamkeit der umgesetzten Minderungsmaßnahmen ist dem C nachzuweisen."

Eine Verpflichtung, die Häufigkeit der Partikelausstöße bzw. ihr durchschnittliches Ausmaß zu mindern, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr war die Beigeladene danach nur verpflichtet, die Partikelemissionen in der Weise zu mindern, dass die Partikel nicht mehr so an Oberflächen wie Autolack, Glasflächen, Holz- und/oder Kunststoffflächen anhaften, dass sie sich nur mit erheblichen bzw. professionellen Reinigungsaufwand entfernen lassen.

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts bestimmt sich nämlich nicht nur nach dem Wortlaut seines Tenorssondern ist nach §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146-155, Rn. 14).

Ausgehend von diesem Maßstab war sowohl für die Beigeladene als auch für die Kläger eindeutig erkennbar, dass die in Satz 1 des Tenors der Anordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 geforderte Minderung der Partikelemissionen in der Weise erfolgen sollte, dass die Partikel nicht mehr so an Oberflächen wie Autolack, Glasflächen, Holz- und/oder Kunststoffflächen anhaften, dass sie sich nur mit erheblichem bzw. professionellem Reinigungsaufwand entfernen lassen. Der Beklagte hat die Minderungspflicht im Bescheid vom 16. Dezember 2016 nämlich nicht mit dem Ausmaß oder der Häufigkeit der Partikelemissionen im Jahr 2016, sondern ausschließlich mit dem Anhaftverhalten der Partikel und dem Umstand begründet, dass sich die Partikel nur mithilfe von professionellen Reinigungsmaßnahmen entfernen ließen. Allein aus diesen Gründen hat der Beklagte die Partikelemissionen aus dem Jahr 2016 als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG angesehen und die Minderungsanordnung im Bescheid vom 16. Dezember 2016 erlassen. Folglich war die Beigeladene nach dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 auch nur in dieser Weise zur Minderung der Partikelemissionen verpflichtet.

Ein Verstoß gegen die so verstandene Minderungspflicht ist jedoch nicht erkennbar.

Dabei kann die Kammer offenlassen, ob und inwieweit das klägerische Vorbringen nach § 6 UmwRG präkludiert ist. Es überzeugt nämlich bereits in der Sache nicht.

Die Kläger haben zwar wiederholt vorgetragen, dass sich die Partikel weiterhin nicht durch übliche Reinigungsmaßnahmen bzw. nur unter Zuhilfenahme von professionellen Reinigungsmaßnahmen von Oberflächen, wie zum Beispiel Autolack und Glasdächern, entfernen ließen. Hierfür haben die Kläger aber keine greifbaren Belege vorgelegt. Aus der von den Klägern vorgelegten E-Mail Korrespondenz zwischen einer Anwohnerin und der Versicherung der Beigeladenen aus der Zeit zwischen dem 5. und 16. Januar 2018 geht lediglich hervor, dass die Beigeladene den Klägern angeboten hat, verschmutzte PKWs durch ein Unternehmen reinigen und polieren zu lassen. Ein Beleg dafür, dass sich die Partikel nur durch solche professionellen Reinigungsmaßnahmen entfernen lassen, findet sich darin nicht. Vergleichbares gilt auch für das Gutachten des Sachverständigen XX vom 2. März 2020. Daraus geht nicht hervor, dass die im Gutachten angesprochenen Verschmutzungen überhaupt durch Kraftwerkspartikel verursacht wurden. Darüber hinaus hat der Verfasser des Gutachtens auch nicht festgehalten, dass sich die Verschmutzungen nur mithilfe von professionellen Reinigungsmaßnahmen entfernen lassen. Im Gutachten heißt es zwar, dass "eine Reinigung durch einen Fachbetrieb sicher möglich" (Seite 2) sei. Dies kann aber nicht dahingehend verstanden werden, dass eine Entfernung ausschließlich durch einen Fachbetrieb denkbar sei. Der Sachverständige war nämlich allein damit beauftragt, abzuschätzen, welche Maßnahmen und Kosten erforderlich sind, wenn ein Fachbetrieb mit der Entfernung der Verschmutzungen beauftragt werden würde.

Die von den Klägern vorgelegte Stellungnahme des freien Sachverständigen für Korrosionsschutz von Metall-Bauteilen und Fassaden XX vom 23. Juni 2020 enthält ebenfalls keine Belege dafür, dass sich die Partikel nicht mit üblichen Reinigungsmitteln entfernen lassen. Dies wird in der Stellungnahme lediglich behauptet. Nähere Ausführungen hierzu enthält die Stellungnahme nicht. Darüber hinaus heißt es auf Seite 7 der Stellungnahme auch ausdrücklich, dass sich die Partikel ohne weiteres von Hand auf dem Autolack verschieben lassen. Dies steht im Widerspruch zur Behauptung, dass sich die Partikel nicht mit üblichen Reinigungsmitteln entfernen lassen.

Weiterhin geht auch aus den von den Klägern vorgelegten Meldungen über Partikelniederschläge im streitgegenständlichen Wohngebiet hervor, dass sich die Partikel durch normale Autowäschen entfernen lassen (u. a. Meldungen vom 25. März 2020 und 1. Februar 2019). Darüber hinaus wird in der Meldung vom 18. November 2018 um die Übersendung von Waschgutscheinen gebeten, um die Fahrzeuge zu reinigen. Dabei ist aus der Meldung auch ersichtlich, dass die Entfernung des Partikelmaterials von den Fahrzeugen mittels Autowäsche zuvor bereits mehrfach erfolgreich durchgeführt wurde.

Auch der Einwand, dass sich die blauen Flecken, die die Partikel verursachen würden, nur mittels Lackpolitur entfernen ließen, greift nicht durch. Eine Fleckentfernung mittels Lackpolitur ist keine professionelle Reinigungsmaßnahme. Lackpolitur ist vielmehr ein handelsübliches Reinigungs- und Pflegemittel für Autos, das an Tankstellen und im Einzelhandel bereits ab niedrigen Preisen erhältlich ist. Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass die blauen Flecken nicht gehäuft auftreten. Ausweislich der von den Klägern übermittelten Auflistung über bekannte Schadensmeldungen seit Juli 2017 sind die Flecken lediglich in 63 von 147 Fällen beobachtet worden.

Ungeachtet des Umstandes, dass damit bereits ausgehend vom Vortrag der Kläger kein Verstoß gegen die Minderungspflicht aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 ersichtlich ist, ist die Kammer aufgrund der Gutachten über das Haftverhalten und die Schadensverursachung von Partikelmaterial auf Oberflächen vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 auch davon überzeugt, dass die Beigeladene die Minderungsanordnung erfüllt hat. Ausweislich der Gutachten haben drei unabhängig voneinander durchgeführte Versuche in den Jahren 2017 und 2019, bei denen Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal des Kraftwerks auf verschiedene PKW-Karosserieteile, Glas und Terrassendielen aufgebracht wurde, übereinstimmend ergeben, dass sich die aufgebrachten Proben nach Ablauf einer Einwirkzeit von 5 bzw. 28 Tagen mit handelsüblichen Reinigungs- und Pflegemitteln rückstandsfrei entfernen ließen. Ausgehend davon hat die Kammer keine Zweifel, dass die Partikelemissionen aus dem Kraftwerk zum 31. August 2017 in der Weise gemindert wurden, dass die Partikel seitdem nicht mehr so an Oberflächen wie Autolack, Glasflächen, Holz- und/oder Kunststoffflächen anhaften, dass sie sich nur mit erheblichen bzw. professionellen Reinigungsaufwand entfernen lassen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei den Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 um Privatgutachten und mithin lediglich um qualifizierten Parteivortrag handelt. Die Gutachten halten einer kritischen Würdigung stand und sind damit geeignet, eine tragfähige Grundlage der richterlichen Überzeugung zu sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1997 - 5 B 156.96 -, Rn. 7, juris; BGH, Urteil vom 18. Februar 1987 - IVa ZR 196/85 -, Rn. 12, juris).

Es bestehen keine Zweifel, dass die Verfasser der Gutachten über ausreichend Sachkunde verfügen, um die vorgenommenen Versuche zutreffend durchzuführen und die Frage nach der Entfernbarkeit der Partikel mit handelsüblichen Reinigungs- und Pflegemitteln fachlich richtig zu beantworten. Der Verfasser des Gutachtens vom 24. Oktober 2017 ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden. Der Verfasser der Gutachten vom 6. November 2017 sowie 12. Dezember 2019 ist Ingenieur für Kraftwerks- und Reststoffanalytik. Die Gutachten selbst beschreiben die Vorgehensweise bei den durchgeführten Versuchen und deren Ergebnisse nachvollziehbar und verständlich. Die Quellen des verwendeten Probenmaterials, die getesteten Trägermaterialien, die verwendeten Voruntersuchungen sowie die verwendete Fachliteratur sind offengelegt. Alle Gutachten beinhalten zudem Lichtbilder, auf denen die konkreten Versuchsdurchführungen und Ergebnisse zu sehen sind. Offensichtliche Fehler oder Unstimmigkeiten in den Gutachten sind nicht ersichtlich.

Das Vorbringen der Kläger lässt auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Ergebnisse der Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 aufkommen.

Den Gutachten lässt sich zunächst nicht entgegenhalten, dass es sich dabei lediglich um Stichprobenuntersuchungen handele, die keine Rückschlüsse auf die Gesamtheit der Partikelniederschläge zulassen. Aus Sicht der Kammer bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass das Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal und dem streitgegenständlichen Wohngebiet im Hinblick auf seine morphologischen Eigenschaften sowie die darin enthaltenen Stoffkonzentrationen vergleichbar ist und sich diese Eigenschaften und Konzentrationen seit 2016 auch nicht signifikant verändert haben. Dies ist im humantoxikologischen Gutachten vom 12. Dezember 2019 unter Verweis auf die vorangegangenen Untersuchungen mittels Raster-Elektronenmikroskop und Massenspektrometer (ICP-Screening) aus den Jahren 2016, 2017 und 2019 ausführlich erläutert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Ausführungen unter Ziffer 3. bis 3.2. des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019. Die Kammer hat auch keine Bedenken an der Richtigkeit dieser privatgutachterlichen Einschätzung. Der Verfasser des Gutachtens ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Toxikologie. Daher bestehen keine Zweifel daran, dass er hinreichend sachkundig ist, neben der Frage nach der Gesundheitsgefährlichkeit des Partikelniederschlags auch die Frage nach der morphologischen und stoffbezogenen Vergleichbarkeit der Partikelproben aus dem Rauchgaskanal und dem Wohngebiet auf der Grundlage der vorangegangenen Untersuchungen mittels Raster-Elektronenmikroskop und Massenspektrometer (ICP-Screening) zutreffend zu beantworten. Im Übrigen ist das humantoxikologische Gutachten vom 12. Dezember 2019 auch nachvollziehbar und verständlich und weist keine augenscheinlichen Unrichtigkeiten oder Berechnungsfehler auf.

Schließlich ist auch zu beachten, dass die drei Gutachten über das Haftverhalten und die Schadensverursachung von Partikelmaterial auf Oberflächen zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangt sind, obwohl die im Rahmen der Gutachtenerstellung vorgenommenen Versuche mit zeitlichem Abstand zueinander und unter Verwendung von jeweils unterschiedlichem Partikelmaterial durchgeführt worden sind. Auch deshalb hat die Kammer keine Zweifel daran, dass die Gutachten hinreichend repräsentativ sind, um eine Aussage über die Gesamtheit der Partikelniederschläge zuzulassen.

Überdies sind auch keine methodischen Fehler in den Gutachten erkennbar. Alle drei Gutachten enthalten detaillierte Angaben darüber, wann, von wem und wo das im Rahmen der Versuche verwendete Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal des Kraftwerks entnommen wurde. Es bestehen auch keine Zweifel, dass das verwendete Partikelmaterial tatsächlich aus dem Rauchgaskanal des Kraftwerks stammt. Zwar sind die im Gutachten vom 24. Oktober 2017 verwendeten Proben (Proben WF17-00628 und -642) von der Beigeladenen und nicht vom Beklagten genommen worden. Die Untersuchungen mittels Raster-Elektronenmikroskopie vom 18. August 2017 und 5. September 2017 haben aber bestätigt, dass die Proben aus dem Kraftwerk stammen.

Auch der Einwand, dass die im streitgegenständlichen Wohngebiet niedergehenden Partikel deutlich feiner und daher aggressiver seien, als das im Rahmen der Gutachten getestete Partikelmaterial, überzeugt nicht. Ausweislich des Gutachtens vom 24. Oktober 2017 wurde dabei auch Partikelmaterial mit einer Körnung von 0,1 mm verwendet. Darüber hinaus geht aus den Gutachten vom 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 hervor, dass das Partikelmaterial vor der Durchführung der Versuche analysefein gemahlen wurde, um auf diese Weise die reaktiven Oberflächen des Materials zu vergrößern und somit die Reaktionsgeschwindigkeit und die Reaktionsintensität zu erhöhen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang weiterhin vorgetragen haben, dass das im streitgegenständlichen Wohngebiet niedergehende Partikelmaterial im Unterschied zu den im Rahmen der Gutachten verwendeten Partikelproben schneeweiß und nicht grau sei, hat der Beklagte unwidersprochen darauf hingewiesen, dass es sich bei dem weißen Partikelmaterial um Kalkhydrat aus dem Kraftwerk handelt, das der von den Klägern befürchteten Schädigungswirkung der Partikel aufgrund von deren niedrigem pH-Wert tendenziell entgegenwirke, da das Kalkhydrat basisch und nicht sauer sei.

Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die Nachweispflicht aus Satz 2 der Minderungsanordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 vor. Die Beigeladene hat die Nachweispflicht spätestens mit der Übersendung des Gutachtens über das Haftverhalten und die Schadensverursachung von Partikelmaterial auf Oberflächen vom 24. Oktober 2017 erfüllt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladene das Gutachten erst im November 2017 und mithin nach Ablauf der Frist aus Satz 1 der Minderungsanordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 an den Beklagten übersandt hat. Die Frist in der Anordnung bezog sich bereits nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf die wirksame Minderung selbst, nicht aber ihren Nachweis. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Anordnung. Die Nachweispflicht diente in diesem Zusammenhang erkennbar nur dem Zweck, die Erfüllung der Minderungspflicht im Nachhinein kontrollieren bzw. überprüfen zu können. Eine Auslegung der Nachweispflicht in der Weise, dass auch sie bis 31. August 2017 zu erfüllen war, würde schließlich auch zu dem sachwidrigen Ergebnis führen, dass die Beigeladene die Frist zur Minderung aus tatsächlichen Gründen nicht hätte ausschöpfen können. Die Erfüllung der Nachweispflicht hätte nämlich bereits für sich genommen stets einige Zeit in Anspruch genommen. Diese Zeit hätte die Beigeladene im Voraus kalkulieren müssen und die Minderung dementsprechend so rechtzeitig vorher vornehmen müssen, dass sie im Anschluss noch genug Zeit gehabt hätte, die Wirksamkeit der Minderungen prüfen und nachweisen zu können.

Ein Anspruch auf die begehrte Untersagung des Kraftwerksbetriebs besteht auch nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch diese Vorschrift setzt in tatbestandlicher Hinsicht voraus, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG nicht nachkommt. Wie bereits erläutert fehlt es daran hier. Es liegt kein Verstoß gegen die Minderungsanordnung aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2016 vor. Darüber hinaus sind auch keine Verstöße gegen eine Auflage oder Pflichten aus einer Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG ersichtlich.

Schließlich scheidet auch ein Untersagungsanspruch aus § 17 Abs. 1 BImSchG aus. Danach können zur Erfüllung der sich aus dem BImSchG und der auf Grund des BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Abs. 1 BImSchG angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Abs. 1 BImSchG angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

Zwar kann der Betreiber einer Anlage mit einer nachträglichen Anordnung nach dieser Vorschrift auch zu einem kurzfristigen Abschalten seiner Anlage oder eines Anlagenteils verpflichtet werden, wenn dies zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Pflichten dient (BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007 - 7 C 9.06 -, BVerwGE 128, 278-295, Rn. 30). Ein Anspruch auf den Erlass einer solchen vorübergehenden Abschaltungsanordnung scheidet hier aber aus. Zu beachten ist nämlich, dass ein klagender Nachbar nicht schon dann einen Rechtsanspruch auf ein ordnungsrechtliches Einschreiten nach § 17 BImSchG hat, wenn von einer BImSchG-Anlage objektiv immissionsrechtlich rechtswidrige Zustände ausgehen. Vielmehr kann eine immissionsrechtliche "Nachbarklage" nur dann Erfolg haben, wenn über eine objektive Rechtswidrigkeit des Unterlassens hinaus geschützte "Nachbarrechte" verletzt sind und sich der Nachbar auf die Verletzung dieser Rechte auch berufen kann. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn der Anlagenbetreiber gegen seine drittschützenden Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 3 Nr. 1 BImSchG verstößt (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Hansmann/Ohms, 93. EL August 2020, BImSchG § 17 Rn. 292ff.).

Daran fehlt es hier. Soweit die Kläger geltend machen, dass das Kraftwerk nicht dem Stand der Technik entspreche, berufen sie sich auf einen Gesichtspunkt, der dem Vorsorgegrundsatz aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugeordnet ist und keinen Drittschutz entfaltet (OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Oktober 2019 - 12 KS 127/17 -, Rn. 220, juris, m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329-340, Rn. 11 m.w.N.).

Im Übrigen kommt, da der Kraftwerksbetrieb vorliegend noch nicht eingestellt ist und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG weder ersichtlich noch gerügt sind, allein ein Verstoß gegen die Pflicht zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können.

Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch nicht ersichtlich.

Die Kammer ist zwar davon überzeugt, dass vom Kraftwerk in unregelmäßigen Abständen Partikel emittiert werden, die sodann im streitgegenständlichen Wohngebiet niedergehen. Die Partikelniederschläge stellen aber keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar.

Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen in diesem Sinne sind dabei gemäß § 3 Abs. 2 BImSchG auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

Gemessen daran handelt es sich bei den Partikelniederschlägen zwar um Immissionen, diese sind aber nicht geeignet, Gefahren in Form von Gesundheitsschäden (dazu 1.), Substanzschäden an Sachen (dazu 2.) oder diesen gleichzusetzenden Verunreinigungen (dazu 3.), erhebliche Belästigungen (dazu 4.) oder erhebliche Nachteile (dazu 5.) für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Eine Gefahr im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG liegt erst dann vor, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Immissionen Schäden an einem Rechtsgut verursachen. Daran fehlt es, wenn Immissionen bloß geeignet sind, einen Schaden an einem Rechtsgut herbeizuführen. Ebenso liegt noch keine Gefahr vor, wenn ungewiss ist, ob bestimmte Immissionen überhaupt geeignet sind, Schäden an Rechtsgütern zu verursachen (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 -, Rn. 15, juris). Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential reichen ebenfalls nicht aus, um den Gefahrenbegriff zu erfüllen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 24. März 2011 - 22 B 10.2316 -, Rn. 21, juris).

1. Zunächst besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Partikelniederschläge Gesundheitsschäden verursachen.

Auch insoweit kann die Kammer offenlassen, ob und inwieweit das klägerische Vorbringen zur Gesundheitsgefährlichkeit nach § 6 UmwRG präkludiert ist. Denn auch bei vollständiger Berücksichtigung des klägerischen Vortrags ist nicht erkennbar, dass die Partikelniederschläge geeignet sind, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Gesundheitsschäden herbeizuführen. Insoweit fehlt es bereits an einer hinreichend substantiierten Darlegung durch die Kläger. Ausgehend vom klägerischen Vortrag ist es bislang nämlich noch in keinem Fall zu einer tatsächlichen und konkreten Gesundheitsgefährdung durch den Partikelniederschlag gekommen. Vielmehr ist es so, dass die Kläger lediglich befürchten, dass es zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung durch die Partikel kommen könnte.

Auch der klägerische Vortrag, dass die Partikel bei Hautkontakt zu einem gefühlten "Brennen" und einer Rötung im Bereich der betroffenen Hautpartien geführt hätten, reicht nicht aus, um eine konkrete Gesundheitsgefahr annehmen zu können. Auch hierfür ist das Vorbringen der Kläger für sich genommen nicht hinreichend substantiiert. Die Kläger haben nicht näher vorgetragen, wann und wo sie diese Beobachtungen gemacht haben wollen. Darüber hinaus haben sie auch nicht vorgetragen, wie bzw. woran sie erkannt haben wollen, dass es sich bei den Partikeln, die sie berührt haben wollen, um Partikel aus dem Kraftwerk handelt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Substantiierungslast der Kläger in dieser Hinsicht nicht so weit gehen kann, dass ihnen abverlangt wird, nachzuweisen, dass es sich bei den von ihnen berührten Partikeln um Partikel aus dem Kraftwerk handelt. Ein solcher Nachweis wäre nämlich nur durch weitergehende Laboranalysen möglich. Eine hinreichende Substantiierung der Behauptung, dass die berührten Partikel aus dem Kraftwerk stammen, hätte aber zumindest plausible und nachvollziehbare Schilderungen dazu erfordert, wie bzw. aufgrund von welchen tatsächlichen Beobachtungen die Kläger zu der Auffassung gelangt sind, dass es sich bei den von ihnen berührten Partikeln um Partikel aus dem Kraftwerk handelt und diese Partikel das gefühlte Brennen auf der Haut ausgelöst haben. Daran fehlt es jedoch. Die Kläger haben entsprechendes weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen.

Aus den vorstehenden Gründen war auch der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, Beweis zu erheben über die Tatsache,

dass die Berührung von frischen, mit Regenwasser in Verbindung gebrachten Partikeln auf Autokarosserien mit dem Finger in der Vergangenheit mehrfach zu einem Brennen auf der Haut und damit einer unmittelbaren Reaktion auf der Haut geführt hat,

durch die Vernehmung der von den Klägern benannten Zeugen, abzulehnen. Ein Zeugenbeweisantrag setzt nach § 98 VwGO, § 373 ZPO nicht nur voraus, dass das Beweisthema benannt wird, sondern auch, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf das Beweisthema selbst gemacht haben soll (BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2001 - 1 B 131.00 -, Rn. 7, juris, m.w.N.). Daran fehlte es hier jedoch. In der Begründung ihres Beweisantrages haben die Kläger im Hinblick auf die Wahrnehmungen der angebotenen Zeugen lediglich ausgeführt, diese könnten "aus eigener Erfahrung berichten, dass frische, auf ihren PKWs vorgefundene Partikel auf der Haut, bzw. am Finger das Gefühl eines Brennens verursachen und zu einer sofortigen Reaktion mit der Haut führen." Wann, wo und in welchem Zusammenhang die angebotenen Zeugen diese Beobachtung gemacht haben wollen, haben die Kläger nicht angegeben. Ebenso haben sie nicht weiter ausgeführt, auf welche Weise die Zeugen zu der Überzeugung gelangt sind, dass das Brennen bzw. die Hautreaktion durch Partikel verursacht wurden und dass die fraglichen Partikel tatsächlich aus dem Kraftwerk stammen. Im Übrigen war der Beweisantrag auch als ungeeignet abzulehnen. Mit einer Zeugenvernehmung hätte sich nämlich die Tatsache, ob die von den Zeugen berührten Partikel tatsächlich aus dem Kraftwerk stammen, nicht weiter aufklären lassen. Dies wäre, wie bereits ausgeführt, nur mittels weitergehender Laboruntersuchungen möglich gewesen.

Weiterhin begründet auch das Vorbringen der Kläger, nach dem die Partikel Schwefelsäureaerosole enthielten und daher bei Befeuchtung Schwefelsäure freisetzen würden, die auf der Haut und Schleimhäuten stark reizend und ätzend wirke, keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gesundheitsschädlichkeit der Partikel. Auch insoweit fehlt es bereits an einem hinreichend substantiierten Vortrag der Kläger. Dies gilt insbesondere für die Behauptung, dass die Partikel bei Befeuchtung Schwefelsäure freisetzen würden. Hierbei stützen sich die Kläger auf keine fachlichen Untersuchungen oder Stellungnahmen. Vielmehr begründen sie ihr Vorbringen allein mit dem niedrigen pH-Wert der Partikel. Dies ist allerdings nicht überzeugend. Der Beklagte hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass sich der niedrige pH-Wert der Partikel auch ohne das Vorliegen von Schwefelsäure einstellen kann. Im Übrigen hat er auch substantiiert ausgeführt, dass Schwefelsäure zwar an der Bildung der Partikel beteiligt ist, die emittierten Partikel selbst jedoch keine Schwefelsäure enthalten und somit ausgeschlossen werden kann, dass sich Schwefelsäure bzw. eine Lösung/Eluat mit den Eigenschaften von Schwefelsäure bildet, wenn die Partikel mit Feuchtigkeit, wie z. B. feuchter Haut oder Augen, in Kontakt kommen. Die Herstellung von Schwefelsäure ist vielmehr ein verfahrenstechnisch sehr anspruchsvoller Prozess, der sehr hohe Temperaturen voraussetzt. Diesem nachvollziehbaren Vorbringen sind die Kläger nicht im Ansatz entgegengetreten.

Darüber hinaus begründet auch der weitere Vortrag der Kläger, dass die Partikel aus dem Kraftwerk nach der CLP-Verordnung als "schwer augenschädigend, Kategorie 1" bzw. als "ätzend für die Haut (hautätzend der Kategorie 1)" einzustufen seien, da sie Aluminiumsulfat enthielten und einen pH-Wert von unter 2 aufweisen würden, keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Partikelniederschläge Gesundheitsschäden verursachen. Die Kammer zweifelt dabei nicht daran, dass die Partikel aus dem Kraftwerk Aluminiumsulfat enthalten und im Durchschnitt einen pH-Wert von unter 2 aufweisen. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den von den Beteiligten vorgelegten Untersuchungen und ist zwischen ihnen im Übrigen auch unstreitig. Beides führt aber noch nicht dazu, dass von den Partikeln eine konkrete Gesundheitsgefahr ausgeht.

Der Verfasser des vom Beklagten vorgelegten humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019 geht darin, insbesondere unter Gliederungsziffer 3.4 und 7, ausführlich auf das klägerische Vorbringen zur Einstufung der Partikel nach der CLP-Verordnung und die Umstände ein, dass die Partikel Aluminiumsulfat enthalten und einen pH-Wert von unter 2 aufweisen. Dennoch verneint er eine reizende/korrosive Wirksamkeit der Partikel für die Haut oder die Augen. Hinsichtlich des in den Partikeln enthaltenen Aluminiumsulfats begründet er dies damit, dass pulverförmiges Aluminiumsulfat in den bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) hinterlegten Untersuchungen weder als haut- noch als augenschädigend eingestuft sei und dass das Aluminiumsulfat in den Partikeln auch nicht in Reinform vorliege, sondern "vergesellschaftet" mit vielen anderen Elementen und Stoffen.

Hinsichtlich des pH-Werts der Partikel räumt der Verfasser des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019 zwar ein, dass ein pH-Wert von unter 2 prima facie indikativ für irreversible Schäden von Haut, Augen und Schleimhäuten ist. Allerdings führt er sodann aus, dass es aus humantoxikologischer Sicht unzulässig ist, allein aus dem Umstand, dass ein Stoff einen pH-Wert von unter 2 hat, gleichsam "automatisch" auf eine damit einhergehende reizende/korrosive Wirksamkeit des Stoffes für die Haut bzw. die Augen zu schließen. Eine solche Schlussfolgerung lasse nämlich sowohl die denkbaren Szenarien, in denen Menschen dem Partikelmaterial ausgesetzt sein können, als auch die natürlichen Schutzmechanismen der Haut und Augen vollkommen außer Acht. Insoweit hat der Verfasser des humantoxikologischen Gutachtens in seiner ergänzenden Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020 auch noch einmal ergänzend ausgeführt, dass der Tränenfluss im Auge unmittelbar und schnell einsetze, nachdem ein Fremdkörper ins Auge gelangt sei. Hierdurch komme es unmittelbar zu einer Verdünnung durch Tränenflüssigkeit. Darüber hinaus dauere es auch ca. 1 Minute, bis ein Fremdkörper mit niedrigem pH-Wert seine saure Wirkung in feuchter Umgebung wie dem Auge entfalte. Diese Zeitspanne sei aber bei weitem ausreichend, um den Fremdkörper aus dem Auge zu entfernen. Insoweit sei auch unwahrscheinlich, dass ein Partikel unbemerkt länger im Auge verbleibe. Ähnlich wie Sandkörner seien die Partikel nämlich kantig und würden daher unvermeidlich mechanische Reize im Auge verursachen.

Den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Verfassers des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019, insbesondere zu den denkbaren Expositionsszenarien und Schutzmechanismen des menschlichen Körpers, sind die Kläger ihrerseits nicht weiter substantiiert entgegengetreten. Mithin reicht der Vortrag der Kläger zur Einstufung der Partikel nach der CLP-Verordnung bereits für sich genommen nicht aus, um annehmen zu können, dass die Partikelniederschläge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Gesundheitsschäden verursachen.

Darüber hinaus hat die Kammer, wie bereits ausgeführt, auch keine Bedenken an der Richtigkeit der fachlichen Einschätzungen des Verfassers des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019. Entsprechendes gilt auch für seine ergänzende Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020.

Anders als die Kläger vortragen ergibt sich auch aus dem Ergebnis des BCOP-Augentests keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Partikelniederschläge Gesundheitsschäden verursachen. Dies lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass der Test zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das getestete Partikelmaterial einen IVIS-Wert von 44,29 hat und sich die Auswirkungen von Substanzen mit einem IVIS-Wert von über 3, aber unter 55 mit dem BCOP-Augentest allein nicht beurteilen lassen.

Im humantoxikologischen Gutachten vom 12. Dezember 2019 ist zur Überzeugung der Kammer nämlich ausreichend erläutert, dass der ermittelte IVIS-Wert von 44,29 keineswegs bedeutet, dass das Partikelmaterial augenschädigend ist. Dies ist vielmehr nur bei Substanzen mit einem IVIS-Wert von über 55 der Fall. Richtigerweise bedeutet der IVIS-Wert von 44,29 lediglich, dass sich augenreizende Eigenschaften des Partikelmaterials mit dem BCOP-Augentest alleine nicht ausschließen lassen. Im vorliegenden Fall geht von den Partikeln aber dennoch kein stoffbedingtes Risiko für Augenschäden aus. Auch dies ist in dem humantoxikologischen Gutachten vom 12. Dezember 2019 und der ergänzenden Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020 zur Überzeugung der Kammer hinreichend ausgeführt. Zum einen handelt es sich bei dem BCOP-Augentest um ein statisches Testsystem, das natürliche Schutzmechanismen des Auges wie zusätzlichen Tränenfluss und Wimpernschlag unberücksichtigt lässt. Zum anderen wurde der Test im vorliegenden Fall so durchgeführt, dass eine extreme und nicht realistische Exposition, ein sog. worst-case-Szenario, simuliert wurde. Die getestete Hornhaut wurde nämlich für insgesamt 4 Stunden mit 500 mg Partikelmaterial vollständig bedeckt bzw. abgedeckt. Berücksichtigt man all dies, bedeutet der IVIS-Wert von 44,29 im vorliegenden Fall, dass sich zwar nicht vollkommen ausschließen lässt, dass von den Partikeln eine stofflich bedingte reizende Wirksamkeit auf die Augen bzw. Schleimhäute ausgeht. Diese stoffbedingte Reizwirkung wäre aber nicht von einer Reizwirkung zu unterscheiden, die ein Sandkorn aufgrund seiner körnigen/kantigen Struktur und der damit einhergehenden abrasiven Wirkung im Auge verursachen würde.

Auch die klägerischen Einwände gegen diese fachliche Bewertung des BCOP-Augentests durch den Verfasser des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019 lassen keine Zweifel an deren Richtigkeit aufkommen. Insoweit ist zunächst nicht ersichtlich, dass der BCOP-Augentest fachlich fehlerhaft durchgeführt wurde. Das klägerische Vorbringen, dass eine reale Betrachtung der Gefahren für schwere Augenschäden bei dem Test umgangen worden sei, da die Partikel abweichend von der einschlägigen Testrichtlinie trocken auf die Testhornhaut aufgebracht wurden, überzeugt nicht. Die Kläger begründen dies allein damit, dass sich das volle Schädigungspotenzial der Partikel erst entfalte, wenn sie mit Feuchtigkeit in Kontakt kämen. Dabei übersehen sie allerdings, dass dies beim Test gewährleistet war. Ausweislich der ergänzenden Stellungnahme des mit dem Test beauftragten Labors vom 7. Mai 2020 wurde die Prüfsubstanz zwar trocken auf die Testhornhaut aufgetragen, die Hornhaut selbst wurde während des gesamten Tests aber stets feucht gehalten. Darüber hinaus weist der Verfasser des humantoxikologischen Gutachtens in seiner ergänzenden Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020 auch darauf hin, dass die Versuchsdurchführung so gestaltet war, dass sich über die Versuchsdauer von 4 Stunden eine gesättigte Wasserdampfatmosphäre ausgebildet hat, die das Lösungsverhalten der Partikel noch einmal unterstützt hat. Dies haben die Kläger auch nicht bestritten. Anders als sie meinen, ist das Partikelmaterial daher während des Tests mit Feuchtigkeit in Kontakt gekommen, sodass davon auszugehen ist, dass das von den Klägern befürchtete Schädigungspotenzial realistisch getestet wurde.

Der Einwand, dass das im Rahmen des BCOP-Augentest verwendete Partikelmaterial keine belastbaren Aussagen über mögliche Augenschäden zulasse, da es einen pH-Wert von 2,3 gehabt habe, die Partikel ab 2019 aber deutlich niedrigere pH-Werte aufgewiesen hätten, lässt ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des Testergebnisses aufkommen. Die Kläger haben insoweit bereits nicht überzeugend dargelegt, dass die pH-Werte der Partikel ab 2019 deutlich abgesunken sind. Die Kläger verweisen hierfür ausschließlich auf die von ihnen durchgeführten pH-Wert-Messungen mittels Lackmus-Streifen. Hierzu wird im humantoxikologischen Gutachten vom 12. Dezember 2019 aber ausgeführt, dass die Ergebnisse der von den Klägern durchgeführten Messungen nicht verlässlich seien, da eine pH-Wert-Messung mittels Lackmus-Streifen allenfalls eine "grobe Abschätzung" der pH-Werte zulässt, keinesfalls aber eine verlässliche Messung. Darüber hinaus geht aus dem Gutachten auch hervor, dass im Jahr 2019 auch Partikel mit einem pH-Wert von 2,0 aufgefunden wurden. In dem Gutachten wird schließlich auch darauf hingewiesen, dass das Schädigungspotenzial eines Stoffs auf die Augen nicht allein von seinem pH-Wert, sondern wesentlich von seiner Konzentration und Einwirkdauer abhängt (sog. Habersche Regel). Zu diesem Gesichtspunkt hat der Verfasser des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019 in seiner ergänzenden Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020 schließlich überzeugend erklärt, dass die Schädigungspotenz eines Stoffes mit einem pH-Wert von 2,3 bei einer Einwirkzeit von 4 Stunden, wie sie hier im BCOP-Test vorgenommen wurde, auch ausreiche, um das Schädigungspotenzial von Stoffen mit deutlich niedrigeren pH-Werten zu überprüfen. All diesen Gesichtspunkten sind die Kläger nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Daher bestehen trotz des Umstands, dass das im Rahmen des BCOP-Augentests verwendete Partikelmaterial einen pH-Wert von 2,3 hatte, keine Zweifel an der Richtigkeit des Testergebnisses.

Ungeachtet des Umstandes, dass damit bereits ausgehend vom Vortrag der Kläger keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gesundheitsschädlichkeit der Partikel erkennbar ist, ist die Kammer aufgrund der humantoxikologischen Gutachten vom 5. August 2016, 1. März 2018 und 12. Dezember 2019 aber auch davon überzeugt, dass von den Partikelniederschlägen keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Alle drei Gutachten sind zu dem Ergebnis gelangt, dass von dem Partikelniederschlag aus dem Kraftwerk aus humantoxikologischer Sicht kein relevantes Risiko für adverse Effekte auf die menschliche Gesundheit ausgeht. Dies gilt dabei ausdrücklich auch für eine mögliche Exposition von Kindern.

Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass diese fachlichen Einschätzungen trotz ihrer Eigenschaft als Privatgutachten inhaltlich zutreffen. Für das Gutachten vom 12. Dezember 2019 sowie die hinreichende Sachkunde des Verfassers der Gutachten ergibt sich dies bereits aus den vorstehend genannten Gründen. Im Übrigen sind auch die Gutachten vom 5. September 2016 und 1. März 2018 nachvollziehbar und verständlich und weisen keine offensichtlichen Fehler oder Unrichtigkeiten auf.

Die Einwände, die die Kläger gegen die Gutachten vortragen, greifen nicht durch.

Soweit sich die Kläger zur Untermauerung ihrer Einwände auf die von Ihnen vorgelegten Stellungnahmen und Gutachten berufen, ist bereits zu beachten, dass es sich bei den Verfassern dieser Stellungnahmen und Gutachten nicht um öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Toxikologie handelt, sondern um einen Diplom-Chemiker, einen Diplom-Ingenieur für Technischen Umweltschutz mit dem Fachgebiet "Industrieemissionen und Beste verfügbare Techniken (BVT)" sowie um einen Elektromeister und Ausbilder für Verfahrensmechaniker-Beschichtungstechnik, der als freier Sachverständiger für Korrosionsschutz von Metall-Bauteilen und Fassaden tätig ist. Inwieweit diesen damit eine hinreichende Sachkunde zukommt, die humantoxikologischen Gutachten infrage zu stellen, ist nicht erkennbar.

Ungeachtet dessen überzeugen die Einwände der Kläger aber auch in der Sache nicht.

Dies gilt zunächst für das Vorbringen der Kläger, nach welchem das humantoxikologische Gutachten vom 12. Dezember 2019 nicht ausreiche, um eine Gesundheitsgefahr auszuschließen, da der Verfasser es darin lediglich als "nicht wahrscheinlich" angesehen habe, dass von den Partikeln eine akute Gesundheitsgefahr ausgehe. Die Kläger weisen in diesem Zusammenhang zwar zutreffend darauf hin, dass bei der Beurteilung der Frage, ob Immissionen geeignet sind, Gesundheitsgefahren und mithin schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG herbeizuführen, eine vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ausreicht (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 48). Anders als die Kläger meinen, besteht im vorliegenden Fall jedoch auch keine vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit, dass die Partikel Gesundheitsschäden verursachen könnten. Dies ergibt sich bereits aus dem Gutachten selbst. Darin heißt es nämlich nicht, dass Gesundheitsgefahren durch die Partikel als lediglich "nicht wahrscheinlich" angesehen werden. Richtigerweise lautet die von den Klägern angesprochene Passage in den Schlussfolgerungen des Gutachtens: "Eine derartige (adverse) Wirksamkeit muss demnach verneint werden; durch die vorgenommene Beweiskraftermittlung ist sie als nicht wahrscheinlich anzusehen." Bei vollständiger Lektüre des Gutachtens wird mithin deutlich, dass danach nahezu keine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass von den Partikeln relevante Gesundheitsgefahren ausgehen. Dies wird auch an anderer Stelle der Schlussfolgerungen im Gutachten deutlich. Dort heißt es nämlich ausdrücklich: "Ein relevantes Risiko für adverse Wirkungen auf die menschliche Gesundheit kann somit mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden." Letzteres hat der Verfasser der humantoxikologischen Gutachten auch noch einmal in seiner ergänzenden Kommentierung bzw. Bewertung vom 8. Mai 2020 bestätigt. Darin ist ausdrücklich festgehalten, dass der Ausdruck "nicht wahrscheinlich" im Sprachgebrauch von Toxikologen dahingehend zu verstehen ist, dass "mit Sicherheit [...] von keiner adversen Wirksamkeit unter Berücksichtigung relevanter Expositionsbedingungen auszugehen ist."

Anders als die Kläger meinen, sind die humantoxikologischen Gutachten auch nicht deshalb ungeeignet, da sie auf Schadstoffuntersuchungen beruhen, in deren Rahmen allein Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal des Kraftwerks analysiert wurde und nicht Partikelmaterial aus dem streitgegenständlichen Wohngebiet. Der Beklagte hat insoweit nachvollziehbar und unwidersprochen vorgetragen, dass das Probenmaterial aus dem streitgegenständlichen Wohngebiet für eine Schadstoffanalyse stets nicht ausgereicht habe.

Den humantoxikologischen Gutachten lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es sich dabei um einmalige Stichprobenuntersuchungen ohne Relevanz und Aktualität handelt, die keine belastbaren Aussagen über die Gesamtheit der Partikelniederschläge zulassen. Wie bereits erläutert, bestehen aus der Sicht der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass das Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal und dem streitgegenständlichen Wohngebiet im Hinblick auf seine morphologischen Eigenschaften sowie die darin enthaltenen Stoffkonzentrationen vergleichbar ist und sich seit 2016 auch nicht in relevanter Weise verändert hat.

Auch der klägerische Einwand, dass es sich bei dem BCOP-Augentest um einen einmaligen Stichprobentest ohne Relevanz und Aktualität handele, greift nicht durch. Das Vorbringen steht bereits im Widerspruch zum übrigen Vortrag der Kläger. Denn danach soll das Ergebnis des Testes ja gerade die Gesundheitsgefährlichkeit der Partikel belegen. Ungeachtet dessen greift der Einwand aber auch in der Sache nicht durch. Der BCOP-Augentest wurde nämlich ebenfalls mit Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal durchgeführt, von dem, wie vorstehend ausgeführt, anzunehmen ist, dass es sich seit 2016 nicht in relevanter Weise verändert hat und im Hinblick auf die darin enthaltenen Stoffkonzentrationen mit dem Partikelniederschlag aus dem Wohngebiet vergleichbar ist. Daher ist auch nicht erkennbar, warum eine einmalige Durchführung des Tests nicht ausgereicht haben soll, um die Frage, ob von den Partikeln eine Gefahr für Augenschäden ausgeht, mit hinreichender Sicherheit zu beantworten.

2. Neben der somit nicht erkennbaren Gesundheitsgefährlichkeit der Partikelniederschläge, besteht auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Partikel im streitgegenständlichen Wohngebiet Substanzschäden an Sachen, namentlich PKW-Lackierungen, Glasdächern oder Terrassendielen, verursachen.

Die Kammer ist aufgrund der von der Beigeladenen und dem Beklagten überreichten Gutachten über das Haftverhalten und die Schadensverursachung von Partikelmaterial auf Oberflächen vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 nämlich nicht nur überzeugt, dass die Partikel seit September 2017 nicht mehr so an Oberflächen wie Autolack, Glasflächen, Holz- und/oder Kunststoffflächen anhaften, dass sie sich nur mit erheblichem bzw. professionellem Reinigungsaufwand entfernen lassen. Vielmehr hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Partikel aus dem Kraftwerk keine Substanzschäden an Sachgütern, namentlich PKW-Lackierungen, Glasdächer oder Terrassendielen verursachen. Die im Rahmen der Gutachtenerstellung durchgeführten Versuche mit Partikelmaterial sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Material keine Schäden an den Testoberflächen wie zum Beispiel Verätzungen oder "Einbrennen" in die Lackierung verursacht hat. Darüber hinaus ist das Gutachten vom 12. Dezember 2019 auf der Grundlage einer zusätzlich durchgeführten Untersuchung mittels Röntgendiffraktometrie zu dem Ergebnis gelangt, dass in den Partikeln zwar potenziell ätzend wirkende aluminiumhaltige Mineralphasen vorliegen, ihr Gehalt aber nicht ausreicht, um oberflächenschädigend zu wirken.

Die Einwände der Kläger gegen die Gutachten greifen nicht durch.

Wie bereits erläutert ist das Partikelmaterial aus dem Rauchgaskanal und dem streitgegenständlichen Wohngebiet im Hinblick auf seine morphologischen Eigenschaften sowie die darin enthaltenen Stoffkonzentrationen vergleichbar und diese Eigenschaften und Konzentrationen haben sich seit 2016 auch nicht signifikant verändert.

Darüber hinaus ist die Kammer auch aufgrund des Umstands, dass die drei Gutachten zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangt sind, obwohl die im Rahmen der Gutachtenerstellung vorgenommenen Versuche mit zeitlichem Abstand zueinander und unter Verwendung von jeweils unterschiedlichem Partikelmaterial durchgeführt worden sind, überzeugt, dass das im streitgegenständlichen Wohngebiet niedergehende Partikelmaterial aus dem Kraftwerk nicht materialschädlich ist und dies auch in der Vergangenheit nicht war. Der Einwand der Kläger, dass die Gutachten mittlerweile überholt seien, da die ätzende Wirkung der Partikel ab November 2017 deutlich zugenommen habe, greift dabei schon deshalb nicht durch, weil im Rahmen der Versuche zum Gutachten vom 12. Dezember 2019 Partikelmaterial verwendet wurde, das erst im Mai bzw. September 2019 aus dem Rauchgaskanal des Kraftwerks entnommen wurde.

Aus den vorstehenden Gründen greift auch der klägerische Einwand, dass im Zuge der Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskop vom 25. Juli 2019 in einer Rauchgaspartikelprobe aus dem Mai 2019 im Vergleich zu einer älteren Referenzprobe abweichende Gehalte von einzelnen Elementen aufgefallen sind und die Vermutung geäußert wurde, dass die Partikel Aluminiumsulfat enthielten, nicht durch. Insoweit ist bereits zu beachten, dass aus den Erläuterungen der Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskopie vom 12. August 2019 hervorgeht, dass die Rauchgaspartikelprobe aus dem Mai 2019 Ähnlichkeiten mit den Referenzproben aus dem Rauchgaskanal WF-00741 aus August 2016, WF-00628 aus August 2017 sowie WF-00534 aus September 2017 aufweist. Darüber hinaus hat auch die Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskop vom 16. Dezember 2020 bestätigt, dass die am 4. Dezember 2020 im Wohngebiet aufgefundenen Partikel mit der Referenzprobe WF17-00642 vom Bodenbereich aus dem Reingaskanal von Block 1 vom 20. August 2017 sehr ähnlich sind bzw. nur leicht abweichende Elementgehalte aufweisen. Schließlich ist auch unstreitig, dass die Partikel Aluminiumsulfat enthalten. Insoweit hat der Verfasser des Gutachtens vom 12. Dezember 2019 aber ausgeführt, dass das in den Partikeln enthaltene Aluminiumsulfat nicht ausreicht, um Oberflächen zu beschädigen. Dies haben die im Rahmen der Gutachtenerstellung durchgeführten Versuche mit dem Partikelmaterial auf verschiedenen Oberflächen auch in tatsächlicher Hinsicht bestätigt. Dem sind die Kläger schließlich nicht weiter substantiiert entgegengetreten.

Nicht überzeugend ist weiterhin das klägerische Vorbringen, nach dem die Versuche deshalb nicht aussagekräftig seien, da die Partikel ihre Schädlichkeit vor allem bei hohen Temperaturen und starker UV-Strahlung entfalten würden, diese bei den Versuchen im Rahmen der Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 und 12. Dezember 2019 aber nicht vorgeherrscht hätten. Sämtliche Versuche wurden im Freien unter Unterständen aus lichtdurchlässiger Folie durchgeführt. Somit ist davon auszugehen, dass bei den Versuchen hinreichende Verhältnisse im Hinblick auf reale Außentemperaturen und UV-Strahlung gegeben waren. Im Übrigen ist das Vorbringen der Kläger in dieser Hinsicht auch deshalb nicht überzeugend, da die Kläger zugleich argumentieren, dass bereits der Faktor Feuchtigkeit allein ausreiche, damit sich die Schädigungswirkung der Partikel einstellt. Danach soll bereits eine geringe Restfeuchtigkeit in den emittierten Partikeln oder Taubildung auf den betroffenen Oberflächen ausreichen, damit die Partikel auf die Oberflächen schädigend einwirken. Die Kläger gehen also selbst davon aus, dass die Temperatur und UV-Strahlung nur eine untergeordnete Rolle bei dem befürchteten Schädigungsverhalten der Partikel spielen.

Auch der Vortrag, nach dem die Versuche zum Gutachten vom 12. Dezember 2019 deshalb methodisch fehlerhaft durchgeführt worden seien, da das Partikelmaterial dabei mit zu viel Wasser vermengt worden sei, mit der Folge, dass die in den Partikeln enthaltene Säure neutralisiert worden sei und die Partikel daher kein Schädigungspotenzial mehr gezeigt hätten, greift nicht durch. Hierbei handelt es sich um eine bloße Vermutung der Kläger, die sie nicht weiter substantiiert haben. Unstreitig ist, dass das fein gemahlene Probenmaterial im Rahmen der Versuche bis zu einer augenscheinlichen Wassersättigung mit Regenwasser vermischt worden ist. Warum die Wassermenge aber derart hoch gewesen sein soll, dass das von den Klägern angenommene Schädigungspotenzial der Partikel vollkommen neutralisiert wurde und ob dies überhaupt denkbar wäre, ist nicht ersichtlich. Beides haben auch die Kläger nicht weiter erläutert.

Der Einwand, dass die mit Wasser gesättigten Proben bei den Versuchen zum Gutachten vom 12. Dezember 2019 nicht noch einmal gesondert auf ihren pH-Wert untersucht worden sind, begründet keine Zweifel an der Richtigkeit der Versuchsergebnisse. Der pH-Wert des im Rahmen der Versuche genutzten Partikelmaterials wurde vor der Durchführung der Versuche durch ein unabhängiges Labor bestimmt. Danach hatte das verwendete Partikelmaterial einen pH-Wert von 1,0 bzw. 1,6. Warum die Zugabe von Regenwasser im Rahmen der Versuche dazu geführt haben soll, dass der pH-Wert im verwendeten Partikelmaterial derart gestiegen ist, dass dieses keine materialschädigenden Eigenschaften mehr gehabt hat, ist nicht erkennbar. Ausweislich der Lichtbilder im Gutachten vom 12. Dezember 2019 wurde das Partikelmaterial tatsächlich lediglich bis zur Sättigungsgrenze mit Wasser vermengt. Eine signifikante Verdünnungs- oder Neutralisierungswirkung durch die Zugabe des Wassers scheint daher nicht plausibel. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass während der Versuche kein weiteres Wasser zum Partikelmaterial gegeben wurde und dieses ausweislich des Gutachtens im Laufe der Versuchszeit auf den Testoberflächen zu Gips ausgehärtet ist. Warum sich im Laufe dieser Erhärtungsreaktion die von den Klägern befürchteten extrem niedrigen pH-Werte nicht eingestellt haben sollen, ist nicht ersichtlich. Insoweit tragen auch die Kläger nichts Substanzielles vor. Sie weisen vielmehr nur allgemein darauf hin, dass es möglich sei, dass die Partikel beim Eintrag von nur wenig Feuchtigkeit deutlich niedrigere pH-Werte als 2 aufweisen könnten.

Die Kritik, dass die im Rahmen der Versuche zum Gutachten vom 12. Dezember 2019 verwendeten Trägermaterialien nicht sachgerecht ausgewählt worden seien, überzeugt nicht. Die Kläger tragen selbst vor, dass PKWs der Marke Skoda sehr häufig von Schäden betroffen seien. Aus welchem Grund der getestete Kotflügel des PKW-Modells Skoda Yeti 5L (Modellreihe ab 2013) dennoch ungeeignet für die Versuche gewesen sein soll, haben die Kläger nicht überzeugend erläutert. Sie weisen insoweit zwar darauf hin, dass die PKW-Hersteller ihre Lackzusammensetzungen häufig ändern würden und es auf die individuelle Zusammensetzung des Klarlacks ankomme. Dabei handelt es sich aber um bloße Behauptungen, die die Kläger nicht weiter substantiiert haben. Ungeachtet dessen steht dieses Vorbringen auch im Widerspruch zum übrigen Vortrag der Kläger. Danach würden die Partikel beim Kontakt mit Feuchtigkeit Schwefelsäure freisetzen und stark ätzend wirken. Warum die Partikel trotz dieser starken Ätzreaktion lediglich bestimmte Klarlack-Zusammensetzungen angreifen und beschädigen sollen, andere Lacksorten aber unbeschädigt lassen, haben die Kläger nicht plausibel beantwortet. Aus diesem Grund ist auch die Kritik an den übrigen Trägermaterialien, namentlich die Tür eines Audi A5 F5 Coupé Cabrio und die verwendete Glasfläche, nicht überzeugend. Wenn die Partikel tatsächlich so ätzend wären, wie von den Klägern behauptet, ist nicht erklärlich, warum sie diese beiden Oberflächen nicht beschädigt haben.

Anders als die Kläger vortragen, hat auch das Gutachten vom 24. Oktober 2017 nicht bestätigt, dass die Partikel blauschimmernde Schädigungen auf vornehmlich dunklen Lackoberflächen verursachen würden. Ausweislich des Gutachtens verblieb nach Entfernung des Partikelmaterials auf einer der getesteten Motorhauben zwar eine "bläulich verfärbte dünne Schicht". Der Verfasser des Gutachtens weist aber darauf hin, dass sich die Schicht unter Verwendung von Lackpolitur komplett entfernen ließ und die Untersuchung mit einer Mikroskopkamera gezeigt habe, dass die betroffenen Stellen durch das Partikelmaterial nicht beschädigt worden seien.

Die Materialschädlichkeit der Partikel ist schließlich auch nicht durch die von den Klägern vorgelegten Schadensmeldungen, Stellungnahmen und Gutachten belegt. Vielmehr lassen auch diese Unterlagen keine Zweifel an der Richtigkeit der Versuchsergebnisse aus den Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 sowie 12. Dezember 2019 aufkommen.

Im Gutachten des Sachverständigen XX vom 12. September 2017 wurden zwar blauviolett schimmernde Flecken auf dem Lack des untersuchten Kfz festgestellt. Wodurch diese Flecken verursacht wurden, ergibt sich aus dem Gutachten allerdings nicht. Der Sachverständige hat nämlich keine Ermittlungen zur Schadensursache vorgenommen, sondern vielmehr die Schilderungen des Fahrzeughalters, nach denen die Flecken durch Partikel aus dem Kraftwerk verursacht worden seien, ungeprüft übernommen.

Vergleichbares gilt auch für die Gutachten des Sachverständigen XX vom 14. November 2017 und 15. Februar 2018. Darin hat der Sachverständige zwar ebenfalls Lackschäden an den untersuchten Kfz festgestellt, allerdings hat er auch hier keine Ermittlungen zur Ursache der Schäden angestellt. Überdies wird in beiden Gutachten aufgrund der konkreten Schadensbilder auch bezweifelt, dass die Lackschäden durch Emissionen aus dem Kraftwerk verursacht wurden.

Entsprechendes gilt für die Gutachten des Sachverständigen XX aus der Zeit von November 2017 bis Januar 2018. Auch er hat keinerlei Untersuchungen zur Ursache der von ihm festgestellten Schäden angestellt, sondern die Schilderungen der Fahrzeughalter bzw. Kläger, nach denen die Schäden durch Partikel aus dem Kraftwerk verursacht worden seien, ungeprüft übernommen. Darüber hinaus ist aus den Gutachten auch nicht ersichtlich, wie der Sachverständige zu der Feststellung gelangt ist, dass es sich bei den Schäden auf den Fahrzeugen um Verätzungen handelt.

Im Gutachten des Sachverständigen XX vom 6. Februar 2018 ist festgehalten, dass es sich bei den reklamierten Flecken auf Terrassenplatten um organische Verunreinigungen handelt, die auf Pilz-und Moosbewuchs und nicht auf Kraftwerks-Emissionen zurückzuführen sind.

Anders als die Kläger meinen, belegen auch die Gutachten des Sachverständigen XX vom 1. November 2019 in den Schadensfällen XX und XX nicht, dass die Partikel aus dem Kraftwerk Lackschäden verursachen. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit der Verfasser des Gutachtens als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Klebstoffe und Klebtechnik über hinreichend Sachkunde verfügt, die Frage zu beantworten, ob die untersuchten Kfz-Lackschäden durch Partikelemissionen aus einem Heizkraftwerk verursacht wurden. Zwar war an der Erstellung des Gutachtens auch ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Fahrzeuglackierungen beteiligt. Ausweislich der Gutachten wurde er aber insbesondere für die monetäre Bewertung des Schadens und die Bewertung der erforderlichen Reparaturarbeiten hinzugezogen. Inwieweit er auch an den Ermittlungen zur Ursache der Schäden beteiligt war, ist aus den Gutachten nicht ersichtlich. Allerdings spricht der Umstand, dass den Gutachten des Sachverständigen XX jeweils selbstständige Gutachten des Sachverständigen für Fahrzeuglackierungen als Anlage beigefügt sind, in denen es allein um die Kosten der Schadenbeseitigung geht, dafür, dass der Sachverständige für Fahrzeuglackierungen nicht an den Ermittlungen zur Schadensursache beteiligt war.

Unabhängig von der Frage nach der hinreichenden Sachkunde des Gutachtenverfassers, belegen die Gutachten jedoch auch in der Sache nicht, dass die streitgegenständlichen Partikel Lackschäden auf Kfz verursachen. Darüber hinaus lassen sie auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Versuchsergebnisse aus den Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 sowie 12. Dezember 2019 aufkommen.

Das Gutachten im Schadensfall XX kommt auf der Grundlage einer ergänzenden Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskop und Röntgenanalyse zwar zu dem Schluss, dass im Bereich der Lackschäden auf dem untersuchten Kfz kugelförmige Partikel vorhanden waren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Kraftwerk stammen. Der Sachverständige betont jedoch zugleich, dass er die Partikelimmissionen nur als eine mögliche Schadensursache einschätzt. Darüber hinaus enthält das Gutachten auch keine Ausführungen zu der Frage, ob es ausgeschlossen ist, dass die im Bereich der Lackschäden aufgefundenen Kraftwerkspartikel möglicherweise erst nach der Beschädigung des Lacks in den Bereich der Lackschäden gelangt sind.

Im Gutachten zum Schadensfall XX ist der Sachverständige ausdrücklich zu dem Schluss gelangt, dass kein zweifelsfreier Nachweis für einen Zusammenhang zwischen den Lackschäden und den Emissionen aus dem Kraftwerk erbracht werden könne. Daher lässt auch dieses Gutachten keine Bedenken im Hinblick auf die fehlende Materialschädlichkeit der Partikel aus dem Kraftwerk aufkommen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Sachverständige die Partikelimmissionen aus dem Kraftwerk trotz des insoweit nicht gelungenen Nachweises als wahrscheinlich schadenursächlich eingeschätzt hat. Zum einen handelt es sich dabei um eine bloße Vermutung. Zum anderen hat der Verfasser des Gutachtens sodann weiter ausgeführt, dass die als mögliche Schäden aus dem Kraftwerk identifizierten blauen Verfärbungen bei Polierversuchen an mehreren Stellen rückstandsfrei entfernt werden konnten. Hinsichtlich der sogenannten Läuferspuren hat er zudem festgehalten, dass diese im Wesentlichen aus Eisenoxid bestehen und Eisenoxid nicht sicher den Immissionen aus dem Kraftwerk zugeordnet werden könne.

Auch die beiden Gutachten des Sachverständigen XX vom 27. Dezember 2019 sind für die Frage nach der Materialschädlichkeit der Partikel aus dem Kraftwerk unergiebig. Der Sachverständige hat in beiden Gutachten lediglich festgehalten, dass auf den untersuchten Kfz Lackverunreinigungen vorhanden sind. Die Fragen, ob es sich dabei um Beschädigungen der Lackierung handelt und ob die Verunreinigungen auf Immissionen aus dem Kraftwerk zurückzuführen sind, hat der Sachverständige offengelassen.

Weiterhin enthält auch das Gutachten des Sachverständigen XX vom 2. März 2020 keine Anhaltspunkte für eine mögliche Materialschädlichkeit der Partikel aus dem Kraftwerk. Darin wird zwar ausgeführt, dass die untersuchten Verschmutzungen durch Kraftwerksemissionen verursacht worden seien. Aus den weiteren Ausführungen im Gutachten wird aber deutlich, dass es sich dabei lediglich um Vermutungen des Sachverständigen handelt. Er hat nämlich keinerlei Ermittlung zur Ursache der Verschmutzungen durchgeführt. Darüber hinaus hat er auch ausdrücklich festgehalten, dass an den beaufschlagten Flächen keine nachhaltigen Schäden durch chemische Angriffe in die Substanz erkennbar seien und es sich um bloß optische Beeinträchtigungen handle.

Ähnliches gilt für das Gutachten des Sachverständigen XX vom 14. April 2020. Auch darin heißt es, dass eine Zuordnung der Lackbeschädigungen auf dem untersuchten Kfz durch Beaufschlagung von Rußemissionen aus dem Kohlekraftwerk aufgrund fehlender Rußproben nicht sicher hergeleitet werden könne.

Auch die im Gutachten des freien Sachverständigen für Korrosionsschutz von Metall-Bauteilen und Fassaden XX vom 30. März 2020 enthaltenen Schilderungen zum Schadensfall XX reichen nicht aus, um die Materialschädlichkeit der Partikel aus dem Kraftwerk zu belegen bzw. Zweifel an der Richtigkeit der Versuchsergebnisse aus den Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 sowie 12. Dezember 2019 zu wecken. Den Schilderungen lässt sich bereits nicht entnehmen, ob das für den Lackschaden verantwortlich gemachte Partikelmaterial aus dem Kraftwerk stammt. Darüber hinaus belegen die Schilderungen und zugehörigen Lichtbilder auch nur, dass offenbar Lackschäden an dem betreffenden Kfz vorhanden waren bzw. sind. Ob die Schäden auch von dem Partikelmaterial verursacht wurden, ergibt sich aus den Schilderungen nicht.

Vergleichbares gilt auch für die Stellungnahmen von Herrn XX vom 9. August 2019, 24. April, 2. Juli sowie 6. Oktober 2020 sowie die Schadensmeldungen, die die Bewohner des streitgegenständlichen Wohngebiets in der Zeit ab August 2017 wiederholt an den Beklagten gesandt haben. Darin wird immer nur behauptet, dass die Partikel aus dem Kraftwerk für die Schäden im streitgegenständlichen Wohngebiet, insbesondere Lackschäden an geparkten PKWs, verantwortlich seien. Die Stellungnahmen und Schadensmeldungen enthalten jedoch keinerlei Belege für eine materialschädliche Wirkung der Partikel aus dem Kraftwerk. Daher sind auch sie nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Versuchsergebnisse aus den Gutachten vom 24. Oktober 2017, 6. November 2017 sowie 12. Dezember 2019 zu begründen.

Aus den vorstehenden Gründen waren schließlich auch die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zur Materialschädlichkeit der Partikel abzulehnen. Insoweit haben die Kläger zunächst beantragt, Beweis zu erheben über die Tatsachen,

dass von dem Kraftwerk emittierte Partikel der in dem XX Gutachten vom 12. Dezember 2019 Tabellen 1-3 niedergelegten bzw. vergleichbaren Zusammensetzung mit Größen von um etwa 1 mm bis hin zu etwa 4 mm großen Bröckchen sich bei Emissionen aus dem Kraftwerk und gleichzeitigen Südostwinden in dem Wohngebiet um die Straße Hellgrund niederschlagen, und

dass aufgrund des Niederschlagsverhaltens der Partikel, insbesondere deren Auffindung auf glatten Oberflächen von an der Straße Hellgrund geparkten Autos (Autodächer, Motorhauben), diese dem Kraftwerk entstammen müssen und Alternativursachen nicht denkbar [sind] und

dass an den Tagen der gemeldeten Niederschlagsereignisse, also am 1. Mai 2021, am 27. April 2021, an den im Schriftsatz der Rechtsanwälte B vom 31. März 2021 zum Az. 6 A 41/21, Seite 8, genannten Daten sowie an den im Einzelnen anhand der Schadensmeldungen von Anwohnern der Bürgerinitiative an den Beklagten zusammenzustellenden Meldedaten der Jahre 2017-2020 Windverhältnisse herrschten, die dazu führten, dass aus dem Kraftwerk emittierte Partikel sich entlang der Straße Hellgrund niederschlagen mussten,

durch die Einholung eines schriftlichen und mündlichen Sachverständigengutachtens.

Weiterhin haben die Kläger beantragt, Beweis zu erheben über die Tatsache,

dass die Kraftwerkspartikel auch im Mai 2021 bei allen natürlichen Schwankungen, die die Partikel immer hatten und noch haben, in ihren Parametern, insbesondere dem Aluminiumgehalt, dem Schwefelgehalt, und dem pH-Wert, dem PKS-Wert sowie in ihrer Morphologie den in den Jahren 2016, 2017 und 2019 entstandenen Partikeln vergleichbar sind, wie sie in dem Gutachten der XX vom 12. Dezember 2019, dort insbesondere Tab. 1, Tab. 2 und Tab. 3 dargestellt wurden, sowie

darüber, dass Partikel dieser Art unter Feuchtigkeitseinfluss ätzende Wirkung entfalten, die geeignet ist, Autolacke anzugreifen,

durch die Entnahme einer aktuellen Probe aus dem Belag des Reingaskanals durch einen Sachverständigen und sachverständige Begutachtung in schriftlicher und mündlicher Form.

Beide Beweisanträge waren abzulehnen. Liegen dem Gericht - wie hier - bereits Gutachten zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt. Es kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 7 B 35.09 -, Rn. 12, juris). Dementsprechend ist die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nur erforderlich, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängen muss. Das ist dann der Fall, wenn die vorangegangenen Gutachten oder Stellungnahmen ungeeignet sind, d. h. sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 7 B 35.09 -, Rn. 12, juris). Reicht ein bereits eingeholtes Gutachten oder eine fachtechnische Stellungnahme jedoch aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Erfüllung der Aufklärungspflicht weder notwendig noch veranlasst (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. März 2020 - 15 ZB 19.2046 -, Rn. 25, juris). Gemessen an diesen Maßstäben waren die Beweisanträge abzulehnen. Wie bereits ausgeführt hat die Kammer keine Zweifel an der Geeignetheit der vom Beklagten und der Beigeladenen vorgelegten Gutachten zur Gesundheits- und Materialschädlichkeit der Partikel aus dem Kraftwerk. Die Gutachten reichen aus, um die Fragen nach einer Gesundheitsgefährlichkeit und Materialschädlichkeit der Partikel sachkundig beurteilen zu können. Ebenso reichen die Gutachten aus, die Herkunft der Partikel aus dem Wohngebiet und deren Vergleichbarkeit mit den Partikeln aus dem Kraftwerk zu beantworten. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, greifen auch die Einwände der Kläger gegen die Gutachten nicht durch. Etwas anderes ergab sich schließlich auch nicht aus den Begründungen der Beweisanträge. Darin haben die Kläger nur ausgeführt, warum die unter Beweis gestellten Tatsachen entscheidungserheblich seien. Auf die Fragen, warum es der neuen Gutachten bedarf bzw. die bisherigen Gutachten im vorstehenden Sinne ungeeignet seien, sind die Kläger in ihren Beweisanträgen nicht eingegangen. Hierzu haben sie auch in der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen.

3. Die Partikelniederschläge verursachen weiterhin auch keine Verunreinigungen von Sachgütern, die Substanzschäden gleichstehen. Dies ist nur bei solchen Verunreinigungen der Fall, bei denen zwar nicht die Substanz der Sache beschädigt wird, die Wiederherstellung der Sache aber zwangsläufig zu einer Substanzschädigung führt oder hierfür erhebliche Kosten aufgewandt werden müssen (vgl. BeckOGK/Spindler, BGB § 823 Rn. 121 m.w.N.). Beides ist hier, wie bereits ausgeführt, nicht ersichtlich. Die Partikel haften nicht derart stark auf Oberflächen, dass sie sich nicht ohne deren Beschädigung entfernen lassen. Darüber hinaus hat die Kammer auch keine Zweifel, dass sich die Partikel seit September 2017 ohne erheblichen Aufwand bzw. Kosten mit handelsüblichen Reinigungs- und Pflegemitteln rückstandslos von betroffenen Oberflächen entfernen lassen. Letzterem können die Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Partikel auch bei starken Regenfällen nicht von Oberflächen fortgespült würden bzw. die Regenfälle nur dazu führen würden, dass die Partikel auf den Oberflächen verteilt bzw. "verschlieren" würden. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit dieser Vortrag geeignet sein soll, zu belegen, dass sich die Partikel nur mit erheblichen Kosten von Oberflächen entfernen lassen.

4. Die Partikelniederschläge sind weiterhin auch nicht geeignet, erhebliche Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG für die Kläger herbeizuführen.

Ausgehend vom Vortrag der Kläger ist bereits nicht ersichtlich, in welcher Weise die Partikelniederschläge überhaupt geeignet sein könnten, Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG herbeizuführen. Von einer Belästigung in diesem Sinne spricht man, wenn das körperliche oder seelische Wohlbefinden eines Menschen beeinträchtigt wird, ohne dass darin bereits eine erhebliche Beeinträchtigung des Rechtsguts der Gesundheit liegt und damit ein Gesundheitsschaden besteht (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 32). Dass die Partikelniederschläge die Kläger in dieser Weise beeinträchtigen, ist aber nicht erkennbar. Die Kläger haben zwar wiederholt vorgetragen, dass die Partikelniederschläge Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG darstellen würden. Worin die Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Wohlbefindens dabei genau liegen soll bzw. in welcher Weise die Partikelniederschläge auf ihr körperliches oder seelisches Wohlbefinden einwirken, haben die Kläger allerdings nicht weiter ausgeführt. Dies ergibt sich auch nicht aus den übrigen zum Verfahren eingereichten Unterlagen. Die Kläger verweisen insoweit allein auf die Anzahl, Häufigkeit und den Umfang der Partikelniederschläge. Dies sind jedoch keine Gesichtspunkte, die bei der Beantwortung der Frage eine Rolle spielen, ob die Partikelniederschläge Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG herbeiführen können. Die Anzahl und Häufigkeit der Partikelniederschläge sowie ihr jeweiliger Umfang sind Aspekte, die ausschließlich bei der Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG eine Rolle spielen.

Doch selbst wenn es sich bei den Partikelniederschlägen um Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG handeln würde, wären sie nicht erheblich.

Als erheblich sind Beeinträchtigungen anzusehen, die den Betroffenen, einschließlich der Allgemeinheit, nicht mehr zumutbar sind (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 53 m.w.N.). Die Frage, wann dies der Fall ist, beurteilt sich anhand einer situationsbezogenen Abwägung (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1988 - 7 C 33.87 -, BVerwGE 79, 254-266, Rn. 16). Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls (Landmann/Rohmer UmweltR/Thiel, 93. EL August 2020, BImSchG § 3 Rn. 47), namentlich die Art, das Ausmaß und die Dauer der Einwirkung, die Art des betroffenen Gebiets und vorhandene Vorbelastungen zu berücksichtigen (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 58ff.; Landmann/Rohmer UmweltR/Thiel, 93. EL August 2020, BImSchG § 3 Rn. 47ff.; BeckOK UmweltR/Schulte/Michalk, 57. Ed. 1.7.2020, BImSchG § 3 Rn. 44ff.). Maßstab ist zudem das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Nachbarn (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1983 - 7 C 44.81 -, BVerwGE 68, 62-69, Rn. 18).

Ausgehend davon sind die Partikelniederschläge nicht als erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG zu bewerten. Anders als die Kläger meinen, ergibt sich dies insbesondere nicht aus der Anzahl bzw. der Häufigkeit oder dem Umfang der Partikelniederschläge.

Folgt man dem Vortrag der Kläger ist es in den Jahren 2018, 2019 und 2020 an durchschnittlich 32 Tagen im Jahr bzw. 2-3 Tagen pro Monat zu Partikelniederschlagsereignissen im streitbefangenen Wohngebiet gekommen. Dieser Wert erscheint vor dem Hintergrund der Ergebnisse des von der Beigeladenen durchgeführten Staubmonitorings anhand von Expositionsflächen in der Zeit von September 2017 bis April 2018 zwar nicht unrealistisch, allerdings lässt sich die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle im vorliegenden Fall nicht allein mit der Anzahl der Niederschlagsereignisse begründen.

Zu beachten ist nämlich, dass das durchschnittliche Ausmaß der einzelnen Partikelniederschläge als sehr gering zu bewerten ist. Nach den Feststellungen des humantoxikologischen Gutachtens vom 12. Dezember 2019, denen die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten sind, sind nach einem Niederschlagsereignis durchschnittlich nur 0,02 % einer Fläche von 100 cm2 von Partikeln mit einer durchschnittlichen Größe von 2 mm betroffen. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen des Staubmonitorings mittels Bergerhoff-Gefäßen aus der Zeit von April 2017 bis März 2018. Nach dem Abschlussbericht vom 23. August 2018 lagen die Ergebnisse für Staubniederschlag im Umfeld des Kraftwerks insgesamt innerhalb einer Schwankungsbreite, die vergleichbar ist mit typisch ländlichen bis niedrigen städtischen Hintergrundwerten.

Die Feststellungen zum durchschnittlichen Ausmaß der Partikelniederschläge werden zudem durch die von den Klägern übersandten Lichtbilder bestätigt. Auch darauf sind auf den abgelichteten Flächen regelmäßig nur einzelne Partikel zu erkennen, die zudem relativ weit voneinander verteilt liegen. Zwar sind auf einzelnen Bildern der Kläger auch größere Flecken bzw. Rückstände zu sehen, hierzu haben die Kläger aber stets vorgetragen, dass die Partikel durch nachfolgende Niederschläge bzw. Feuchtigkeit verteilt bzw. verschmiert worden seien. Soweit auf einzelnen Bildern darüber hinaus deutlich mehr Verschmutzungen auf den abgelichteten Flächen zu sehen sind (E-Mail von Herrn S. vom 11. November 2018 an die vormalige Betreiberin des Kraftwerks und E-Mail von Frau B. vom 17. November 2018 an den Beklagten), ist nach der Überzeugung der Kammer ausgeschlossen, dass diese allesamt durch Partikelniederschläge verursacht worden sind. Richtigerweise ist davon auszugehen, dass ein Großteil dieser Verschmutzungen auf die übliche Alltagsverschmutzung zurückzuführen ist, der sämtliche Gegenstände unter freiem Himmel ausgesetzt sind (z. B. Laub, Pollenflug, tote Insekten, Insekten- oder Vogelkot, Baumharz, Umgebungsstaub etc.). Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder vom 21. und 22. September 2020 von verschmutzten Autos in XX und XX unterscheiden sich die durch die Partikelniederschläge hervorgerufenen Verschmutzungen kaum von Verschmutzungen, denen Gegenstände, namentlich Autos, an anderen Orten unter freiem Himmel ausgesetzt sind.

Im Hinblick auf das Ausmaß der Partikelniederschläge ist weiterhin auch zu berücksichtigen, dass die Partikel nur auf bestimmten Flächen, wie Autos, Glasflächen, Markisen und Terrassen auffallen, im Übrigen aber nicht augenfällig sichtbar sind.

Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die einzelnen Niederschlagsereignisse jeweils nur von kurzer Dauer sind. Denn keiner der Anwohner hat je vorgetragen, dass er oder sie einen gerade stattfindenden Partikelniederschlag wahrgenommen hat oder diesem körperlich ausgesetzt war. Vielmehr haben auch sie die Partikelniederschläge immer nur im Nachhinein bemerkt.

Aus den vorstehenden Gründen bestehen aus der Sicht der Kammer zwar insgesamt keine Zweifel daran, dass die Partikelniederschläge aufgrund ihrer Häufigkeit und Dauer sowie ihres Ausmaßes zu wahrnehmbaren Verschmutzungen von Sachen im streitgegenständlichen Wohngebiet führen. Die Verschmutzung durch Partikelniederschläge tritt aber lediglich zur üblichen Alltagsverschmutzung hinzu und übersteigt diese nach Auffassung der Kammer nur in sehr geringem Maße. Sie ist daher aufgrund der räumlichen Nähe des streitgegenständlichen Wohngebiets zum Kraftwerk sowie des Umstands, dass am Standort des Kraftwerks bereits ein Kohlekraftwerk rechtmäßig betrieben wurde, als das streitgegenständliche Wohngebiet entstand, hinzunehmen.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass von dem Partikelniederschlag - wie bereits ausgeführt - keinerlei gesundheitsschädliche oder materialschädliche Wirkung ausgeht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene bereits eine Reihe von Maßnahmen zur Minderung der Partikel ergriffen hat und der Beklagte und die Beigeladene überzeugend vorgetragen haben, dass sich der Partikelauswurf aus dem Kraftwerk nicht vollständig vermeiden lässt. Letzterem sind die Kläger auch nicht substantiiert entgegengetreten. Der Hinweis, dass sämtliche Kraftwerke, bei denen ähnliche Partikelauswürfe beobachtet wurden, mittlerweile abgeschaltet wurden, steht dem Vortrag des Beklagten und der Beigeladenen, nach dem sich die Auswürfe aus technischen und konstruktiven Gründen nicht vermeiden lassen, nicht entgegen.

Vergleichbares gilt für den Einwand, dass der Fachartikel, den der Beklagte und die Beigeladene als ein Beleg für die mangelnde Vermeidbarkeit der Partikelauswürfe vorgelegt haben, mittlerweile mehr als 25 Jahre alt sei und keine anderen Veröffentlichungen bekannt seien, die in gleicher Weise Partikelauswurf als typisches Problem von Kohlekraftwerken behandeln würden. Der Umstand, dass ein Problem in der Fachliteratur nicht behandelt wird, ist kein Beleg dafür, dass das Problem nicht existiert.

Auch der Einwand, dass in den sogenannten BVT-Merkblättern für Großfeuerungsanlagen an keiner Stelle über den Auswurf von Partikeln als typisches Emissionsverhalten einer Großfeuerungsanlage berichtet werde, lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass sich der Partikelauswurf aus dem streitgegenständlichen Kraftwerk nicht vollständig vermeiden lässt. Die BVT-Merkblätter sind keine Rechtsvorschriften, sondern lediglich beschreibende Dokumente (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 132). Sie sind gemäß der Anlage zu § 3 Abs. 6 BImSchG als ein Kriterium unter mehreren bei der Bestimmung des Stands der Technik zu berücksichtigen. Inwieweit der Umstand, dass in den Merkblättern für Großfeuerungsanlagen an keiner Stelle der Partikelauswurf als typisches Emissionsverhalten einer Feuerungsanlage beschrieben wird, den Schluss rechtfertigt, dass die Partikelauswürfe im streitgegenständlichen Kraftwerk vollständig vermeidbar wären, ist nicht nachvollziehbar.

5. Die Partikelniederschläge sind auch nicht geeignet, erhebliche Nachteile im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG für die Kläger herbeizuführen.

Nachteile im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG sind alle sonstigen negativen Auswirkungen, nicht nur wirtschaftlicher Art. Für sie ist kennzeichnend, dass es an einem Schaden fehlt, weil nur ein Interesse und kein Rechtsgut beeinträchtigt ist und zudem keine Belästigung vorliegt. Zu den Nachteilen gehören auch bloße Vermögenseinbußen, insbesondere die Notwendigkeit erhöhter Aufwendungen (Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 3 Rn. 33). Gemessen an diesem Maßstab erfüllen die von den Klägern geltend gemachten höheren Aufwendungen für die Reinigung von Autos, Glasdächern, Markisen und Terrassen zwar den Begriff des Nachteils im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG. Sie sind aber nicht erheblich.

Wie bereits erläutert, sind die Verschmutzungen im streitgegenständlichen Wohngebiet, die tatsächlich auf Partikelniederschlag aus dem Kraftwerk und nicht auf übliche Alltagsverschmutzungen zurückzuführen sind, sehr gering und hinzunehmen. Entsprechendes gilt auch für den Aufwand, der mit der Reinigung der vom Partikelniederschlag betroffenen Sachen verbunden ist. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob die Partikelniederschläge überhaupt geeignet sind, einen erhöhten Reinigungsaufwand zu rechtfertigen. Zum einen lässt sich die Erforderlichkeit von Reinigungsmaßnahmen ausschließlich mit optischen Beeinträchtigungen begründen. Denn wie bereits ausgeführt, geht von dem Partikelmaterial keinerlei materialschädigende Wirkung aus. Darüber hinaus sind zur Entfernung des Partikelmaterials auch keine professionellen Reinigungsmaßnahmen erforderlich. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, lassen sich die Partikel mühelos mit Schwamm und Wasser abwaschen und verbleibende Flecken mit handelsüblichen Reinigung- und Pflegemitteln rückstandslos entfernen. Zum anderen sind die optischen Beeinträchtigungen von Autos, Glasdächern, Markisen und Terrassen, die die Kläger infolge der Partikelniederschläge hinzunehmen haben, aus der Sicht der Kammer auch sehr gering. Die Verschmutzungen durch Partikelniederschläge fallen gegenüber der üblichen Alltagsverschmutzung nicht ins Gewicht.

Etwas anderes gilt auch nicht für die blauen Flecken, die von dem Partikelniederschlag auf Autolackierungen verursacht werden. Insoweit hat die Kammer bereits ausgeführt, dass kein Zweifel daran besteht, dass sich die Flecken mit geringem Aufwand, nämlich durch handelsübliche Lackpolitur ohne weiteres entfernen lassen. Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass die blauen Flecken nicht gehäuft auftreten. Ausweislich der von den Klägern übermittelten Auflistung über bekannte Schadensmeldungen seit Juli 2017 sind die Flecken lediglich in 63 von 147 Fällen beobachtet worden.

Weitere Nachteile im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG sind nicht ersichtlich. Die Kläger haben zwar vorgetragen, dass der Wert ihrer Grundstücke infolge der Partikelniederschläge gesunken sei. Dieses Vorbringen ist aber bereits für sich genommen nicht hinreichend substantiiert, um auf dieser Grundlage einen Nachteil im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG annehmen zu können. Es handelt sich um eine bloße Behauptung der Kläger. Sie haben weder erläutert, wie sie überhaupt zu ihrer Auffassung gelangt sind, noch einen konkreten Fall genannt, in dem ein Grundstück im streitgegenständlichen Wohngebiet unter Marktwert verkauft wurde, noch haben sie Wertgutachten oder vergleichbare Schätzungen zur Untermauerung ihres Vortrags vorgelegt.

II. Der zulässige Hilfsantrag zu 2. ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Bescheidungsanspruch liegen nicht vor. Wie vorstehend erläutert, ist weder der Tatbestand von § 20 Abs. 1 Satz 2 BImSchG noch von § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG noch von § 17 Abs. 1 BImSchG erfüllt.

III. Auch der höchst hilfsweise gestellte Antrag zu 3. hat keinen Erfolg. Es handelt sich hierbei um eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO. Eine solche liegt auch vor, wenn - wie hier - ein neuer zusätzlicher Hilfsantrag gestellt wird (NK-VwGO/Wilfried Peters/Johanna Kujath, 5. Aufl. 2018, VwGO § 91 Rn. 18). Diese Klageänderung ist jedoch unzulässig. Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. An beidem fehlt es hier. Die übrigen Beteiligten haben in die Klageänderung nicht eingewilligt. Darüber hinaus ist sie auch nicht sachdienlich. Als sachdienlich ist eine Klageänderung anzusehen, wenn die Änderung der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffes zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen geeignet ist. Dabei muss der Streitstoff jedoch im Wesentlichen derselbe bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 - IV C 61.77 -, Rn. 23, juris). Das ist hier nicht der Fall. Der Streitstoff bliebe durch die Änderung nicht wesentlich unverändert. Der mit der Klageänderung verfolgte Antrag, den Beklagten auch zur Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 52 BImSchG zu verpflichten, war bis zur mündlichen Verhandlung noch nicht Gegenstand der Streitigkeiten zwischen den Beteiligten. Die Kläger haben diesen Antrag erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellt.

Im Übrigen wäre der geänderte Antrag auch unbegründet. Dritte haben nur dann einen Anspruch auf Überwachungsmaßnahmen nach § 52 BImSchG, wenn ein begründeter Verdacht dafür besteht, dass eine auch ihrem Schutz dienende Regelung verletzt wird (vgl. Jarass BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 26 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Als drittschützende Regelung kommt insoweit allein § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Betracht. Wie vorstehend erläutert, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass hier kein Verstoß gegen die Pflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vorliegt."

An diesen Ausführungen hält die Kammer auch im vorliegenden Eilverfahren in vollem Umfang fest.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Hier entsprach es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladene hat einen eigenen Antrag gestellt und sich so am Kostenrisiko beteiligt.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.2 und 2.2.2 sowie 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen sowie § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

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