VG Düsseldorf, Urteil vom 02.09.2021 - 6 K 4068/20
Fundstelle
openJur 2021, 26503
  • Rkr:
Tenor

Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 22. November 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2020 werden aufgehoben, soweit sie den Leistungsbescheid vom 5. August 2019 einschließlich der Nebenforderungen vollstrecken.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 9/10, der Beklagte zu 1/10.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 10. März 2016 die Verfügung des Beklagten vom 8. März 2016 zugestellt (Einlegung Wohnungsbriefkasten). Mit ihr untersagte der Beklagte dem Kläger den Betrieb des von diesem gehaltenen PKW AAA-A 000. Zugleich wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 52,39 Euro festgesetzt, die zum 4. April 2016 fällig gestellt wurden.

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 4. Juli 2016 die Verfügung des Beklagten vom 16. Juni 2016 zugestellt (Einlegung Wohnungsbriefkasten). Mit ihr untersagte der Beklagte ihm den Betrieb des vom Kläger gehaltenen PKW BB-BB 000. Zugleich wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 52,39 Euro festgesetzt, die zum 27. Juli 2016 fällig gestellt wurden. Am 6. Oktober 2016 versandte der Beklagte eine Mahnung an den Kläger.

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 16. März 2017 die Kostenfestsetzung des Beklagten vom 3. März 2017 zugestellt (Einlegung Wohnungsbriefkasten). Mit ihr setzte der Beklagte Kosten für die zwangsweise Außerbetriebsetzung des vom Kläger gehaltenen PKW AAA-A 000 in Höhe von 237,99 Euro fest, die zum 24. März 2017 fällig gestellt wurden.

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 25. Juli 2019 die Verfügung des Beklagten vom 24. Juli 2019 zugestellt (Hindurchschieben des Umschlags mit dem Schriftstück unter der Wohnungstüre). Mit ihr untersagte der Beklagte ihm den Betrieb des vom Kläger gehaltenen PKW CCC-CC 00. Zugleich wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 58,40 Euro festgesetzt, die zum 20. August 2019 fällig gestellt wurden. Am 13. September 2019 versandte der Beklagte eine Mahnung an den Kläger.

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 14. August 2019 die Verfügung des Beklagten vom 5. August 2019 zugestellt (mit Klebeband an der Wohnungstüre befestigt). Mit ihr untersagte der Beklagte ihm den Betrieb des vom Kläger gehaltenen PKW AAA-A 000. Zugleich wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 58,40 Euro festgesetzt, die zum 4. September 2019 fällig gestellt wurden.

Der Beklagte bat die Stadt X. , in der der Kläger wohnt, mehrfach erfolglos um Amtshilfe bei der Beitreibung der Forderungen. Auch mehrere Zahlungsaufforderungen blieben fruchtlos.

Am 22. November 2019 erließ der Beklagte eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Deutschen Rentenversicherung - L. -, und zwar in Höhe einer Gesamtforderung von 628,36 Euro. Die Deutsche Rentenversicherung teilte mit, dass der Kläger derzeit keine Rente beziehe. Gegen die am 26. November 2019 zugestellte Verfügung erhob der Kläger am 24. Dezember 2019 Widerspruch. Diesen begründete er v.a. damit, dass der Kläger keinen Zugang zu den sechs Briefkästen des von ihm bewohnten Hauses habe und es deswegen an der wirksamen Zustellung fehle. Auch eine Zustellung mittels Klebebandes an der Türe unzulässig.

Der Ermittlungsdienst des Beklagten stellte durch Ortsbesuche fest, dass sich außerhalb vor dem vom Kläger bewohnten Haus sechs Briefkästen befinden. Weder der Briefkasten des Klägers noch seine Klingel waren mit seinem Namen gekennzeichnet. Die Vermieterin des Hauses, die das Haus selbst bewohnt, ordnete gegenüber dem Ermittlungsdienst jedoch einen Briefkasten dem Kläger zu. Sie erklärte, diesen selbst zu benutzen, wenn sie den Kläger erreichen wolle.

Am 10. Juni 2020 wies der Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die Ordnungsverfügungen dem Kläger wirksam zugestellt worden seien. Der Widerspruchsbescheid wurde dem damaligen anwaltlichen Vertreter des Klägers am 15. Juni 2020 zugestellt.

Am 15. Juli 2020 hat der Kläger Klage erhoben.

Er wiederholt und vertieft die im Verwaltungsverfahren angeführten Gründe. Außerdem bestreitet er, dass der Kläger gemahnt worden sei und dass er an der Zustelladresse wohne.

Der Kläger beantragt,

die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 22. November 2019 und den Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2020 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Gründe

Der Einzelrichter ist nach § 6 VwGO zur Entscheidung berufen.

Die Klage bleibt überwiegend ohne Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Statthafte Klageart für das auf die Aufhebung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung gerichtete Begehren des Klägers ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung ein Verwaltungsakt, da durch sie in den Rechtskreis des Vollstreckungsschuldners belastend eingegriffen wird, indem er die Befugnis verliert, über die gepfändete Forderung unbeschränkt zu verfügen. Die Anfechtungsklage ist auch in der Verwaltungsvollstreckung der speziellere Rechtsbehelf für die Aufhebung von Verwaltungsakten gegenüber der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 767 ZPO, die nur bei der Vollstreckung aus gerichtlichen Titeln in Betracht kommt.

Vgl. Kammergerichtsbescheid vom 22. Juli 2013 - 6 K 3059/11, juris m.w.N.

Die angegriffene Verfügung ist noch nicht erledigt, sondern entfaltet weiterhin Rechtswirkungen und ist tauglicher Gegenstand einer Anfechtungsklage. Denn die Deutsche Rentenversicherung hat mitgeteilt, dass der Kläger noch keine Rente bezieht. Damit ist die gepfändete Forderung noch nicht bedient worden und demzufolge nicht durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen.

Die Klage ist ganz überwiegend unbegründet. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten ist - mit Ausnahme der Vollstreckung des Leistungsbescheids vom 5. August 2019 - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung sind die §§ 6, 40 und 44 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW).

Die formelle Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung unterliegt keinen Bedenken. Die Zuständigkeit des Beklagten als Vollstreckungsbehörde ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwVG NRW ("zentrale Stelle"). Es liegt kein Anhörungsmangel vor. Dabei kann dahinstehen, ob vorliegend die Pflicht zu einer eigenständigen Anhörung vor Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung aufgrund der Spezialregelung des § 40 VwVG NRW ausgeschlossen ist. Jedenfalls konnte hier von einer Anhörung nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW abgesehen werden, da es sich bei dem Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung handelt.

Vgl. zur Anhörung: OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2012 - 14 B 948/12 -, juris Rn. 15.

Der beizutreibende Geldbetrag wurde genannt (vgl. 40 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW) und es wurde die zu pfändende Forderung (Rentenanspruch) so bestimmt bezeichnet, dass auch für einen unbeteiligten Dritten feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist. Dass der Kläger derzeit keinen Anspruch auf Zahlung von Rente hat, ist für die Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung unerheblich. Künftige Forderungen können gepfändet werden, wenn - wie im Versicherungsverhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung - im Zeitpunkt der Pfändung bereits eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die Forderung nach Art und Person des Drittschuldners bestimmt werden kann.

Vgl. zur Pfändung künftiger Forderungen: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 12. Aufl. (2021), § 309 AO Rn. 2.

Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist auch überwiegend materiell rechtmäßig. Die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVG NRW aufgeführten allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Vollstreckung von Geldforderungen liegen vor.

Grundlage der Vollstreckung sind die Leistungsbescheide des Beklagten über die Kostenfestsetzungen, die im Widerspruchsbescheid und im Tatbestand aufgeführt sind (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwVG NRW). Zu Recht hat der Kläger im Vollstreckungsverfahren gegen die Rechtmäßigkeit der Leistungsbescheide keine Einwände erhoben. Denn auf die Rechtmäßigkeit der Leistungsbescheide kommt es im Rahmen der Vollstreckung nicht an; Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides als solche sind im Vollstreckungsverfahren ausgeschlossen (vgl. § 7 Abs. 1 VwVG NRW). Abgesehen davon sind die Leistungsbescheide bestandskräftig und damit vollstreckbar.

Soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Leistungsbescheide einwendet, weil diese nicht ordnungsgemäß zugestellt geworden seien, also nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben und deswegen rechtlich (noch) nicht existent, dringt er damit nur hinsichtlich eines Leistungsbescheides durch.

Laut Zustellungsurkunde wurde dem Kläger am 10. März 2016 die Verfügung des Beklagten vom 8. März 2016 durch Einlegung in den Wohnungsbriefkasten zugestellt. Soweit der Kläger bestreitet, dass es eine solche Verfügung überhaupt gebe, erfolgt diese ins Blaue. Denn dem Verwaltungsvorgang ist eine Aktenausfertigung mit dem Wortlaut der Verfügung sowie eine sich darauf beziehende Zustellungsurkunde zu entnehmen. Da der Kläger nicht näher begründet, warum trotzdem keine Verfügung existiert haben sollte, war dem nicht substanziierten Bestreiten nicht weiter nachzugehen. Dasselbe gilt für die übrigen Leistungsbescheide, die der angegriffenen Verfügung zugrunde liegen.

Soweit die Zustellungsurkunden ausweisen, dass die Leistungsbescheide in einen zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten eingelegt worden ist, liegt eine ordnungsgemäße Zustellung und damit eine wirksame Bekanntgabe vor, vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG NRW i.V.m. LZG NRW. Denn die Zustellungsurkunde erbringt als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, § 416 ZPO. Dieser Beweis wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Kläger behauptet, keinen Briefkasten an seinem Wohnhaus zu haben bzw. auf diesen nicht zugreifen zu können. Der Außendienst des Beklagten hat sich davon überzeugt, dass eine Briefkastenanlage vorhanden ist. Überdies bestätigte die Vermieterin, die im gleichen Haus wohnt, gegenüber dem Außendienst des Beklagten, dass der Kläger über einen Briefkasten verfüge, den sie selbst auch nutze. Aus diesem Grund ist der nicht näher ausgeführte Einwand unerheblich, der Kläger wohne gar nicht unter der Zustelladresse.

Soweit dem Kläger die Verfügung des Beklagten vom 24. Juli 2019 durch Hindurchschieben des Schriftstücks unter der Wohnungstüre zugestellt wurde, ist diese Zustellung ordnungsgemäß erfolgt. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 LZG NRW gilt bei verweigerter Annahme § 179 ZPO. Es war aus zahlreichen Zustellungen durch eigene Bedienstete amtsbekannt, dass der Kläger behördliche Zustellungen verweigerte. Äußeres Zeichen dieser generellen Verweigerungshaltung war das wiederholte Entfernen des Namensschildes vom Wohnungsbriefkasten und von der Klingel. Der mit der Zustellung beauftragte Bedienstete durfte die Verfügung vom 24. Juli 2019 daher unter dem Spalt/Schlitz zwischen Wohnungsabschlusstüre und Fußboden durchführen und in die Wohnung stoßen. Denn auf diese Weise ist der Bedienstete § 179 Satz 1 ZPO gefolgt, der vorgibt, "das Schriftstück in der Wohnung zurückzulassen".

Soweit dem Kläger am 14. August 2019 die Verfügung des Beklagten vom 5. August 2019 zugestellt werden sollte, indem der Bedienstete sie mit Klebeband an der Wohnungstüre befestigte, ist die Zustellung unwirksam. Eine solche Methode ist weder als unmittelbare noch als Ersatzzustellung in § 5 LZG NRW noch in den §§ 177 bis 181 ZPO vorgesehen. Auch eine Zustellung nach § 179 Satz 1 ZPO scheidet aus, weil das Schriftstück nicht "in", sondern "vor" bzw. "an" der Wohnung zurückgelassen ist, wo es leicht entwendet oder verloren gehen kann. Zustellungsfehler führen zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe, soweit sie nicht nach § 8 LZG NRW durch tatsächlichen Zugang geheilt worden sind. Für eine solche Heilung hat der Beklagte jedoch nichts vorgetragen. Sie ergibt sich auch nicht aus der Akte. Der Leistungsbescheid vom 5. August 2019 ist damit nicht wirksam geworden, so dass insofern die Vollstreckungsgrundlage fehlt.

Die festgesetzten Kosten waren mit Ablauf der jeweils gesetzten Zahlungsfristen, deren letzte (wirksam gesetzte) am 20. August 2019 ablief, und damit bei Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung am 22. November 2019 in voller Höhe fällig (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 VwVG NRW). Nach der Fälligkeit war bis zum Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung auch die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 VwVG NRW vorgeschriebene Schonfrist von einer Woche verstrichen. Ferner ist der Kläger vom Beklagten zur Zahlung aufgefordert und gemahnt worden (vgl. § 6 Abs. 3 VwVG NRW), etwa durch die "letzte Zahlungsaufforderung" vom 22. August 2019. Zwar ist diese dem Kläger nicht durch einfache Post zugegangen. Dem Soll-Erfordernis, unter dem die Zahlungsaufforderung lediglich steht, ist jedoch genüge getan, weil der Kläger alles dafür getan hat, den regulären Zugang über seinen Hausbriefkasten zu vereiteln. In diesem atypischen Fall genügt der Mahnungsversuch des Beklagten ausnahmsweise.

Die Forderungen des Beklagten gegenüber dem Kläger auf Zahlung der festgesetzten Kosten sind nicht verjährt. Nach dem über § 6 GebOSt auf die Kosten in Zulassungssachen anwendbaren § 20 VwKostG a.F. (2013) verjährt der Anspruch auf Zahlung von Kosten nach drei Jahren (§ 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG a.F.). Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§ 20 Abs. 1 Satz 2 VwKostG a.F.). Danach wäre der Anspruch des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der ältesten, unter dem 10. März 2016 festgesetzten und seit dem 4. April 2016 fälligen Kosten, erst mit Ablauf des 31. Dezember 2019 verjährt gewesen. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erging jedoch noch in unverjährter Zeit am 22. November 2019 und unterbrach die Verjährung, § 20 Abs. 3 VwKostG a.F.

Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 40 VwVG NRW für die Pfändung einer Geldforderung sind eingehalten. Der Beklagte hat der Deutschen Rentenversicherung als Drittschuldner schriftlich verboten, an den Schuldner zu zahlen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW). Dem Schuldner (Kläger), hat der Beklagte schriftlich geboten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW). Der Beklagte hat auch in der Verfügung ausgesprochen, dass er als Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW). Mit der erfolgten Zustellung an den Drittschuldner war die Pfändung bewirkt (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 3 VwVG NRW). Die Zustellung ist dem Schuldner mitgeteilt worden (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW).

Die gemäß § 48 Abs. 1 VwVG NRW geltenden Beschränkungen und Verbote, die nach den §§ 850 bis 852 ZPO und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen und die auch für das Zwangsverfahren gelten, hat der Beklagte beachtet. Er hat nur die Rentenansprüche gepfändet, die die Pfändungsfreigrenzen übersteigen.

Die Beitreibung der geltend gemachten Nebenforderungen ist nicht zu beanstanden.

Die Säumniszuschläge sind sämtlich berechtigt. Sie ergeben sich aus § 18 Abs. 1 und 3 VwKostG a.F. Da sämtliche Kostenforderungen über 100 DM = 51,13 Euro lagen, konnte der Beklagte 0,5 Prozent hieraus monatlich als Säumniskosten geltend machen. Auch angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeit von Säumniszuschlägen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 - 1 BvR 2237/14, DStR 2021, 1934

bestehen hieran keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil diese Rechtsprechung nicht übertragbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich Säumniszinsen von 0,5 Prozent pro Monat im Steuerrecht, das vom Grundsatz der Belastungsgleichheit beherrscht wird, für verfassungswidrig erklärt. Der Grundsatz der Belastungsgleichheit gilt im Vollstreckungsrecht allerdings nicht.

Auch die Mahnkosten sind zu Recht erhoben. Nach § 20 Abs. 1 VwVG NRW fallen die Kosten der Mahnung und der Zwangsvollstreckung dem Vollstreckungsschuldner, hier also dem Kläger, zur Last. Sie sind mit dem Anspruch beizutreiben. Sie durften auf der Grundlage von § 77 Abs. 1 VwVG NRW i. V. m. §§ 9, 11 und 20 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VO VwVG NRW) erhoben werden. In der Akte sind Mahnungen für die Kostenfestsetzung vom 16. Juni 2016 (Mahnung vom 6. Oktober 2016) und vom 24. Juli 2019 (Mahnung vom 13. September 2019) sowie sogenannte "Letzte Zahlungsaufforderungen" vom 17. August 2018 und vom 22. August 2019 für die übrigen Kostenfestsetzungen enthalten. Ob diese Mahnungen den Kläger erreicht haben ist unerheblich, weil die Mahngebühr nach § 9 Abs. 3 VO VwVG NRW bereits entsteht, wenn das Mahnschreiben - wie hier - zur Post gegeben worden ist.

Einwendungen gegen die Höhe der beigetriebenen Kosten und Auslagen hat der Kläger nicht erhoben; solche sind auch sonst nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht näherungsweise dem Verhältnis des Unterliegens bzw. Obsiegens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingereicht werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.

Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.

Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.

Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 1-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

Beschluss

Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf die Wertstufe bis 1.000 Euro festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst 1-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.