SG Marburg, Urteil vom 25.02.2019 - S 9 SO 96/17
Fundstelle
openJur 2021, 26012
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid vom 08.11.2016 sowie vom 19.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2017 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB XII in ungeminderter Form zu gewähren.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bestimmung der Höhe von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Anrechnung von Einkommen in Höhe von 214,90 € bzw. 219,42 €.

Die 1977 geborene, dauerhaft voll erwerbsgeminderte Klägerin ist von Geburt an schwerstbehindert; bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 sowie das Vorliegen der Merkzeichen G und H festgestellt. Die Eltern der Klägerin sind deren gesetzliche Betreuer. Der Vater der Klägerin war von Juli 1993 bis Februar 2007 bei den Vereinten Nationen, Welternährungsorganisation beschäftigt. Aus dieser Beschäftigung erhält er aus dem Gemeinsamen Pensionsfond der Vereinten Nationen ("United Nations Joint Staff Pension Fund"), bei welchem auch sein Arbeitgeber Mitglied war, eine Pension, das sogenannte "Main Benefit". Weiterhin wird aus dem Pensionsfond das sogenannte "Child´s Benefit" hinsichtlich der Klägerin als Tochter des ehemaligen Beschäftigten gezahlt.

Mit Antrag vom 07.07.2008 beantragte die Mutter der Klägerin nach der Rückkehr der Familie aus E-Stadt, wo sie bis Februar 2007 lebte, Kindergeld. Im Antrag waren als Kinder sowohl die Klägerin wie auch eine weitere Tochter benannt. Mit Bescheid vom 05.11.2008 lehnte die Familienkasse Kassel Kindergeld für die Klägerin ab, da mit dem Child`s Benefit Leistungen von einer Stelle außerhalb Deutschlands zuflössen, die dem Kindergeld vergleichbar seien. Nach Einspruch der Mutter der Klägerin mit der Begründung, die Klägerin erhalte wegen ihrer lebenslangen Behinderung neben ihrem Vater ebenfalls eine Pension, welche als Ersatz eines Einkommens stehe, welches die Klägerin aufgrund der Behinderung nicht selbst erwerben könne und es sich daher nicht um eine Kindergeldleistung handele, wurde der Mutter der Klägerin das Kindergeld für die Klägerin bewilligt.

Nach einem Heimaufenthalt lebte die Klägerin seit dem 01.04.2009 zusammen mit ihren Eltern in deren Eigenheim. Mit Antrag vom 07.04.2009 beantragte die Klägerin über ihre Betreuer daher Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Hierbei gab sie an, die erhalte eine sonstige Rente in Höhe von 203,00 €. Auf Nachfrage des Beklagten führten die Betreuer der Klägerin aus, der Vater der der Klägerin erhalte aus dem "United Nations Joint Staff Pension Fund" eine Pension; aus dem gleichen "Pension Fund" erhalte er ein "Child Benefit" für die behinderte Tochter, die ein Leben lang von den Betreuern finanziell abhängig sein werde. In der Folge wurden der Klägerin ab dem Monat April 2009 zunächst Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bewilligt und hierbei sowohl das Kindergeld wie auch das Child´s Benefit als Einkommen der Klägerin angerechnet. Nach Widerspruch der gesetzlichen Betreuer gegen die Anrechnung des Kindergelds, welches der Klägerin nicht durch einen gesonderten zweckorientierten Zuwendung weitergeben werde, sowie Feststellung der Erwerbsminderung der Klägerin durch die Deutsche Rentenversicherung im Juni 2009 bewilligte der Beklagte sodann Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII ohne Anrechnung des Kindergelds.

In der Zeit von Februar 2011 bis November 2015 befand sich die Klägerin erneut in einem Heim; seit Dezember wohnt sie wieder im Haushalt der Eltern. Mit Antrag vom 19.01.2016 beantragte die Klägerin über ihre Betreuung erneut Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Im Antrag war als Einkommen der Klägerin nur das Kindergeld angegeben, welches auf das Konto der Mutter überwiesen werde. Der Beklagte forderte sodann den letzten Einkommenssteuerbescheid an. Nach Übersendung des Steuerbescheids für 2013 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2016 Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum von Januar 2016 bis Februar 2017 unter Anrechnung des Child´s Benefits mit monatlich 214,90 € als Einkommen der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das gesamte Einkommen aus der Rente der Vereinten Nationen i.H.v. 41.246 € dem zu versteuernden Einkommen des Vaters zugrunde gelegt werde. Nach Abzug von verschiedenen Pauschbeträgen werde jedoch ein Pauschbetrag von 3.700,00 € für behinderte Kinder sowie ein Freibetrag für ein Kind von 7.008,00 €, somit insgesamt 10.708 € durch Berücksichtigung der Klägerin vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt. Das vom Beklagten als Einkommen der Klägerin angerechnete Child´s Benefit betrage jährlich 2.578,80 €, was deutlich unter dem vom Finanzamt abgesetzten Betrag liege. Es erscheine daher gerechtfertigt, das Child´s Benefit als Einkommen anzurechnen, zumal das gewährte Kindergeld bereits anrechnungsfrei bliebe.

Hiergegen legte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein. Das Child´s Benefit sei nicht dem Einkommen der Klägerin zuzurechnen, da es sich hierbei um eine Einkommensart des Vaters handele, die dieser auch nach dem Einkommenssteuergesetz versteuere. Mit weiterem Bescheid vom 19.04.2017 bewilligte der Beklagte sodann Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum März 2017 bis April 2018 unter Anrechnung des Child´s Benefit von monatlich 219,42 € und zog diesen Bescheid in das Widerspruchsverfahren ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, nachdem ihm von den Vereinten Nationen ein Link zur deutschen Version der Satzung des Pensionsfonds auf der Webseite des deutschen Übersetzungsdienstes der Vereinten Nationen mitgeteilt wurde. Zwar sei zutreffend, dass Leistungen aus dem Pensionsfond nur deshalb gezahlt würden, da der Vater der Klägerin sowie dessen Arbeitgeber in der Dienstzeit des Vaters Beiträge in den Fond eingezahlt hätten. Entscheidend sei aber, wie die Anspruchsinhaberschaft für die Leistung in der Satzung ausgestaltet und welcher Person demzufolge die Leistung als Einkommen zuzuordnen sei. Hiernach handele es sich beim Child´s Benefit um einen eigenen und unentziehbaren Anspruch des Kindes. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Satzung. So würde Art. 36 eigene Ansprüche des Kindes begründen bzw. voraussetzen. In Abschnitt I.1 des Anhangs I der Satzung sei ausdrücklich bestimmt, dass für das Mitglied und für ein Kind eines Mitglieds ein Leistungsanspruch entstehe. Damit übereinstimmend sähe Abschnitt H.9 des Anhangs I für die Leistung an erwerbsunfähige Kinder vor, dass der Antrag von dem Kind oder in dessen Namen schriftlich an den Sekretär des Ausschusses zu richten sei. Weiter bestimme J.2 e) das Anhangs I, dass nach der Satzung an die Kinder eines Mitglieds zu zahlende Leistungen zugunsten der Kinder eines Mitglied, nach dem Tod des Mitglieds an den überlebenden Elternteil oder den Vormund des Kindes auszuzahlen seien. Infolgedessen könne nicht eingewendet werden, dass die Auszahlung an den Vater der Klägerin gerade seine Bewertung als dessen Einkommen spreche. Die Versteuerung des Child´s Benefit als Einkommen des Vaters führen nicht automatisch dazu, dass diese Einkünfte sozialrechtlich ebenfalls dem Vater zuzurechnen seien.

Gegen den am 17.11.2017 eingegangenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte am 13.12.2017 Klage erhoben. Diese begründete sie unter Beifügung einer Übersetzung diverser Vorschriften der Satzung des Pensionsfonds durch eine allgemein ermächtigte Übersetzerin in der englischen Sprache für die Gerichte und Notare im Lande Hessen damit, dass das gezahlte Child´s Benefit nicht gleichzusetzen sei mit dem klassischen amerikanischen Child´s Benefit, welches die amerikanischen Sozialversicherungen als Kindergeld zahlen. Die hier streitgegenständlichen Leistungen würden nur deshalb geleistet, weil der Vater Beiträge in den Pensionsfond der Vereinten Nationen eingezahlt habe. Der Beklagte gehe von einer falschen Übersetzung des Art. 36 der Satzung des Pensionsfonds aus. Der Vater der Klägerin habe die Satzung über eine beglaubigte Übersetzerin übersetzen lassen. Hieraus werde deutlich, dass der Anspruchsinhaber der entsprechende Elternteil sei, welcher bei den Vereinten Nationen tätig gewesen war und in den Ruhestand gehen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

die Bescheide vom 08.11.2016 sowie vom 19.04.2017, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2017 werden abgeändert und der Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB XII in ungeminderter Form zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die von ihm verwendete Übersetzung sei korrekt, da es sich um ein Dokument des deutschen Übersetzungsdienstes der Vereinten Nationen handele. Im Übrigen sei der Wortlaut der nunmehr vorgelegten Übersetzung fast identisch; das betreffe gerade den Abschnitt J.2 (e), aus dem eindeutig hervorgehe, dass es sich um eine Leistung handele, die das Kind zu zahlen sei.

Das Gericht hat ebenfalls eine beglaubigte Übersetzung angefordert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat das Child´s Benefit zu Unrecht als Einkommen der Klägerin angerechnet. Diese hat einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII in ungeminderter Höhe.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft. Streitiger Zeitraum ist gemäß des Bewilligungszeitraums im Bescheid vom 08.11.2016 sowie im vom Beklagten in den Widerspruch einbezogenen Bescheid vom 19.04.2017 der Zeitraum von Januar 2016 bis April 2018.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin ist leistungsberechtigt zum Erhalt von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41 ff. SGB XII. Dieser Anspruch der Klägerin vermindert sich nicht durch eine Anrechnung in Höhe von 214,90 € (Januar 2016 bis Februar 2017) bzw. 219,42 € (März 2017 bis April 2018).

Zwar sind nach § 41 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Grundsicherung (nur) an Leistungsberechtigte Personen zu leisten, sofern diese ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind für den Einsatz des Einkommens bezüglich Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII die §§ 82-84 SGB XII anzuwenden, soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Nach § 82 Abs. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Die Höhe der Grundsicherungsleistung ist damit unter anderem davon abhängig, ob der Leistungsberechtigte über eigenes Einkommen verfügt. Auf Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern brauchte sich allerdings grundsätzlich nicht verweisen zu lassen. Nach § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII sind Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV beträgt jeweils mehr als 100.000 €. Ausweislich des vorgelegten Steuerbescheids und der Angaben des Vaters der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung erreicht das Einkommen der Eltern der Klägerin diese Grenze nicht, so dass die Einkommensverhältnisse der Eltern der Klägerin außer Betracht bleiben.

Somit muss sich die Klägerin das Child´s Benefit nicht anrechnen lassen, wenn es sich um Einkommen des Vaters der Klägerin und nicht um eigenes Einkommen handelt. Denn aus der Zusammenschau der benannten Vorschriften ergibt sich, dass Einkommen hinsichtlich der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nur dann angerechnet wird, wenn sich um Einkommen der leistungsberechtigten Person handelt. Weiterhin muss das Einkommen dem Leistungsberechtigten als bereite Mittel zur Verfügung stehen. Entscheidend ist die tatsächliche Lage des Hilfeberechtigten; Einkommen ist nur dann anzurechnen, wenn es ihm im Bedarfszeitraum tatsächlich zugeflossen ist (vgl. Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 34).

Zur Beurteilung der Anspruchsinhaberschaft des streitgegenständlichen Child´s Benefit darf nach Auffassung der Kammer nicht allein am deutschen Wortlaut der Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen gehaftet werden. Die Lebenserfahrung zeigt, dass die feinen Unterschiede der Wortwahl bei Übersetzungen verloren gehen können. So verfügen die Vereinten Nationen über zwei Arbeitssprachen, Englisch und Französisch; es wurden beglaubigte Übersetzungen aber nur von der englischsprachigen Version der Satzung des Pensionsfond angefertigt nicht aber von der französischsprachigen Version der Satzung. Schon in den hier vorliegenden drei deutschen Übersetzungen der englischen Version - hiervon zwei von beglaubigten Dolmetschern eine vom Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen - zeigen sich Unterschiede in der Wortwahl und damit im Sinn des Satzes. So lautet der Wortlaut in der vom deutschen Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen angefertigten Version sowie der vom Gericht angeforderten beglaubigten Übersetzung des Art. 36 b) der Satzung "Ein Kind hat nach Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf eine Leistung, wenn es nach Feststellung des Frau aufgrund einer Krankheit oder einer Verletzung unfähig ist, eine Existenzsichernden Erwerbstätigkeit nachzugehen...". Nach der von der Klägerin vorgelegten beglaubigten Übersetzung lautet Art. 36 b) der Satzung hingegen "Leistungen für ein Kind, das das 21. Lebensjahr vollendet hat, sind zu zahlen, wenn der Vorstand des Pensionfonds festgestellt hat, dass das Kind aufgrund einer Krankheit oder Beeinträchtigung unfähig ist, einer substantiellen Erwerbstätigkeit nachzugehen...". Dies zeigt, dass unterschiedliche Übersetzer durchaus zu unterschiedlichen Sinnhaftigkeit des Art. 36 der Satzung kommen. Hierbei muss allerdings erwähnt werden, dass die vom Gericht bestellte Dolmetscherin in Ihrer Rechnung ausführte, sich am Wortlaut der vom deutschen Übersetzungsdienst zur Verfügung gestellten Fassung der Satzung orientiert zu haben.

Abzustellen ist daher nach Auffassung der Kammer nicht auf den Wortlaut der angefertigten Übersetzungen, sondern auf den sich aus der Satzung ergebenden Sinn und Zweck des streitigen Child´s Benefit.

So ergibt sich aus dem Art. 1 der Satzung vorgeschobenen Vorspann zum erfassten Personenkreis und Zweck des Fonds, dass dieser den Zweck verfolgt, für Bedienstete der Vereinten Nation und anderen Mitgliedorganisationen Leistungen bei Ruhestand, Tod, Invalidität und ähnliche Leistungen zu erbringen. Nach Art. 21 der Satzung wird jeder Vollzeitbedienstete aus jeder Mitgliederorganisation Mitglied des Fonds. Dementsprechend ist Zweck des Pensionsfonds die Unterstützung der Bediensteten der Vereinten Nationen in bestimmten Situationen. Im Anbetracht der vom jeweiligen Bediensteten und dessen Arbeitgeber eingezahlten Beiträge ergibt sich damit der Sinn ähnlich einer deutschen Betriebsrente. Ausgehend von den oben genannter Zwecken sieht denn auch die Satzung in Art. 27 ff. als Leistungen Ruhegehalt, vorzeitiges Ruhegehalt, aufgeschobenes Ruhegehalt, Kapitalabfindung, Invaliditätsrente, Witwen- und Witwerrente, Hinterbliebenenrente für geschiedene Ehegatten, Eheschließung nach dem Ausscheiden aus dem Dienst, Kinderleistung, und Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades vor. Hierbei stehen die Leistungen des Ruhegehalts, egal in welcher Art, sowie der Invaliditätsrente unstreitig dem Mitglied selbst zu. Die Leistungen von Witwen- und Witwerrente, Hinterbliebenenrente für geschiedene Ehegatten, Leistungen für Ehegatten bei Eheschließung nach dem Ausscheiden aus dem Dienst sowie Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades stehen hingegen dem jeweiligen Ehegatten zu, da alle Leistungen voraussetzen, dass das Mitglied verstorben ist und die Leistung daher nicht mehr selbst beziehen kann. Hieraus wird deutlich, dass die Leistung vorrangig dem Mitglied selbst zustehen soll und nur dann, wenn dieses die Leistung durch seinen Tod nicht mehr verwenden kann, auf andere Personen übergeht. In der Zusammenschau der Regelungen unter Beachtung des im Vorspann benannten Zwecks des Fonds soll auch die Kinderleistung vorrangig das Mitglied des Fonds, den ehemaligen Beschäftigten, unterstützen. Soweit dieser nicht verstorben ist, kann er die Leistung auch selbst verwenden. Dies bestätigt sich auch im Hinblick auf die Regelung in Art. 36 e) der Satzung. Nach diesem erhöht sich die Höhe der Kinderleistung - welche im Übrigen von der Höhe der Leistung des Mitglieds abhängig ist - um bestimmte Beträge, wenn keine andere laufende Leistung bezogen wird und kein hinterbliebener Elternteil fähig ist, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen oder wenn eine andere laufende Leistungen einen hinterbliebenen Ehegatten zu zahlen ist, der nicht Eltern- oder Adoptivelternteil ist und nicht das Sorgerecht für das Kind hat. Hieraus ergibt sich, dass eine höhere Kinderleistung gezahlt werden soll um die Eltern hinsichtlich der Unterhaltspflicht des Kindes zu unterstützen, wenn diese keine anderen Leistungen beziehen.

Weiterhin heißt es in der Übersetzung des deutschen Übersetzungsdienstes und auch in der vom Gericht eingeholten beglaubigten Übersetzung in Anlage I, Abschnitt H.8 folgendermaßen: "Der Pensionsausschuss ... trifft eine Feststellung nach Art. 36 b) oder c) der Satzung, wenn das Kind oder der Bruder oder die Schwester eines Mitglieds, die ansonsten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Kinderleistung bzw. eine Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades erfüllen, geltend machen oder für sie geltend gemacht wird, dass ...". Ähnlich lautet der Wortlaut in der vom Vater der Klägerin vorgelegten Fassung: "Eine Feststellung nach Art. 36 b) oder c) der Satzung wird vom Pensionsausschuss vorgenommen, wann immer das Kind oder der Bruder oder die Schwester eines Mitglieds, die ansonsten Anspruch haben auf Leistungen für ein Kind oder einen Unterhaltsberechtigte zweiten Grades, geltend machen bzw. für sie geltend gemacht wird ...". Nach diesem Wortlaut also können Geschwister eines Mitglieds, die Anspruch auf die Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades nach Art. 37 haben auch Anspruch auf die Kinderleistung haben. Ansprüche auf Leistungen nach Art. 37 der Satzung entstehen erst mit dem Tod eines Mitglieds. Aus dem Sinn ergibt sich, dass der Anspruch auf die Kinderleistung vor dem Tod des Mitglieds diesem zusteht.

Dem Ergebnis widerspricht auch nicht die Regelung in Anhang I, Abschnitt J.2e) der Satzung, nach welcher die Kinderleistung zusammen mit den anderen Leistungen zugunsten der Kinder an das Mitglied zu zahlen ist. Denn zugunsten der Kinder heißt nach dem Sinn nicht zwingend, dass das Geld den Kindern zusteht. Zudem erschiene es seltsam, eine Leistung, welche dem Kind zusteht und welche an diese zu zahlen sind, auf ein anderes Konto auszuzahlen. Dem widerspräche der Vortrag des Beklagten, dass nach Anhang I, Abschnitt H.9 der Satzung das Kind zwar selbst den Antrag stellen könnte. Denn dann wäre es doch möglich, hierbei eine andere Bankverbindung anzugeben. Vielmehr ist die Vorschrift so zu verstehen, dass das Geld an das Mitglied zu Unterstützung im Hinblick auf das Kind zu zahlen ist.

Nach dem Sinn und Zweck der Satzung ist die Kinderleistung daher nicht als Anspruch des Kindes des Mitglieds zu sehen, sondern als Kinderzulage für erwerbsgeminderte Kinder auf die Leistung des Mitglieds. Es ist hierbei zu bedenken, dass die von den Eltern zu tragenden Aufwendungen für voll erwerbsgeminderte Kinder regelmäßig erheblich länger andauern dürften als bei nicht behinderten Kindern. Es ist nicht zu erkennen, dass dem Kind die Leistung in einer Art Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als eigener Anspruch zustehen soll.

Dies wird bestätigt durch die jeweils Pensionsfond der Vereinten Nationen erteilten Bescheinigungen über die Leistungen. Diese richten sich allein an den Vater der Klägerin und enthalten unter der Überschrift "...your benefit ist established as detailed below" eine Aufführung der Höhe des Main Benefit sowie des Child´s Benefit sowie die Summe insgesamt. Als Adressat beider Leistungen ist damit allein der Vater der Klägerin benannt.

Auch ein Vergleich mit den Anrechnungsvorschriften hinsichtlich des deutschen Kindergelds bestätigt das gefundene Ergebnis. Auch wenn - wie auch schon von den Eltern im Rahmen der Beantragung des deutschen Kindergelds vorgetragen - das Child´s Benefit des Pensionsfonds der Vereinten Nationen nicht dem Kindergeld im deutschen Sinne entspricht, da es keine Leistung der Sozialversicherung bzw. des Staates ist, stellen doch beide Leistungen Zuwendungen dar, welche für den Unterhalt von Kindern gezahlt werden. Kindergeld ist seiner Natur nach Einkommen, und zwar dessen, den es ausgezahlt wird. Anspruchsberechtigter des ausgezahlten Kindergeldes ist grundsätzlich nicht das Kind selbst, sondern derjenige Elternteil, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 53). Damit ist Kindergeldeinkommen des Kindes grundsätzlich nur dann, wenn eine Weiterleitung des Kindergeldes an diesen erfolgt. Allerdings findet nach der Anrechnungsvorschrift des § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII auch ohne Weiterleitung eine Anrechnung bei minderjährigen Kindern statt, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird. Diese Anrechnungsregelung beruht auf der typisierenden Annahme, dass minderjährige Kinder mit ihren Eltern in einem gemeinsam wirtschaften Familienhaushalt leben. Diese Anrechnungsregelung gilt ausdrücklich nur für Minderjährige und kann insbesondere aufgrund der geänderten Unterhaltsregelungen nicht im Sinne eines "erst-recht-Schlusses" auf volljährige behinderte Kinder im Haushalt der Eltern übertragen werden. Der Regelung des § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII hätte es nicht bedurft, wenn ohne weiteres allgemein davon auszugehen wäre, dass das einem Elternteil ausgezahlte Kindergeld dem Kind als Nutznießer anzurechnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b SO 5/06 R). Bei volljährigen Kindern im Haushalt der Eltern verbleibt damit es bei einer Anrechnung bei den Eltern, selbst wenn diese das Geld an die Kinder weiterleiten (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 13/06 R m.w.N.;Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 59). Dies führt vor allem bei behinderten volljährigen Kindern, die im Haushalt der Eltern leben, zu einer Berücksichtigung von Gleichbehandlungsgesichtspunkten. Denn es wäre insbesondere mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz schwerlich zu vereinbaren, wenn die Eltern, die ihr schwerstbehindertes Kind zu Hause betreuen und nicht eine stationäre Betreuung in Anspruch nehmen, eine Anrechnung des ihnen gezahlten Kindergeldes bei den dem Kind gewährten Grundsicherungsleistungen hinnehmen müssten (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b SO 5/06 R).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Eltern und Betreuer der Klägerin im Einspruch zur Ablehnung des Kindergelds im Jahre 2008. Hier trug die Mutter der Klägerin vor, die Klägerin erhalte wegen ihrer lebenslangen Behinderung neben ihrem Vater ebenfalls eine Pension, welche als Ersatz eines Einkommens stehe, welches die Klägerin aufgrund der Behinderung nicht selbst erwerben könne. Dies kann zwar so verstanden werden, dass die Mutter der Klägerin davon ausging, das streitige Child´s Benefit sei Einkommen der Klägerin. Auch im ersten Antrag auf Grundsicherung war angegeben, die Klägerin erhalte ein Einkommen. Aufgrund der fehlenden juristischen Kenntnisse der Betreuerin der Klägerin aber kann dies nicht ungeprüft übernommen werden; zudem ist die Frage der Anrechnung als Einkommen des Child´s Benefit vom Gericht ohnehin von Amts wegen objektiv zu prüfen. Zudem ging es der Mutter der Klägerin in diesem Zusammenhang lediglich darum, klarzustellen, dass das Child´s Benefit keine dem Kindergeld vergleichbare Leistung des Staates ist, sondern aufgrund der Mitgliedschaft des Vater der Klägerin im Pensionfond der Vereinten Nationen gezahlt wurde. Die zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitige Tatsache, dass es sich nicht um eine dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistung handelt, führt aber nicht automatisch zu einer Anrechnung als Einkommen bei der Klägerin.

Auch im Hinblick auf die Steuererleichterungen des Vaters der Klägerin ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die sozialhilferechtliche Beurteilung der Anrechnung von Einkommen ist unabhängig von der Besteuerung des Einkommens vorzunehmen, wie auch der Beklagte ausgeführt hat. Allein ein steuerlicher Freibetrag des Vaters kann keine sozialrechtliche Anrechnung als Einkommen der Klägerin, im Sinne einer Korrektur der steuerrechtlichen Behandlung des Einkommens, rechtfertigen. Die Prüfung der Anrechnung ist vielmehr allein nach dem Einkommen an sich zu bewerten und führt zu obigem Ergebnis.

Schließlich ist ein Betrag in Höhe des monatlichen Child´s Benefit auch nicht deshalb der Klägerin als Einkommen zuzurechnen, weil deren Eltern ihr Naturalleistungen gewähren. Der Unterhaltsbedarf eines vollerwerbsgeminderten volljährigen Kindes wird vorrangig durch die Grundsicherung gedeckt, die als Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts gilt und daher in diesem Umfang die Unterhaltspflicht der Eltern zum Erlöschen bringt, vgl. § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Die Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegen die Eltern stärkt im Interesse der Versorgung der dauerhaft Erwerbsgeminderten die Einheit der Familie. Zugrunde liegt die rechtspolitische Wertung, für den Lebensunterhalt des Personenkreises habe in der Regel vorrangig die staatliche Gemeinschaft einzustehen. Der Bedarf der Klägerin wird damit grundsätzlich mit ihren Grundsicherungsleistungen gedeckt. In dem Umfang, in welchem die Eltern den Lebensunterhalt der Klägerin aus diesen Mitteln bestreiten, können deren Leistungen nicht als der Klägerin zugewendete geldwerte Vorteile angesehen werden. Die den Grundsicherungsbedarf der Klägerin übersteigenden Naturalleistungen der Eltern haben grundsätzlich keinen Einfluss auf Bestand und Höhe der Grundsicherung Leistungen; sie sind mangels Zweckidentität nicht als Einkommen im sozialhilferechtlichen Sinne anzusehen. Als Einkommen der Klägerin wären allenfalls solche Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen, die darüber hinaus eindeutig abgrenzbar in Geld oder Geldeswert erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b SO 5/06 R). Dass solche erfolgen, ist weder ersichtlich noch wurde dies vom Beklagten vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt im Ergebnis der Sache.

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