ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom 18.06.2013 - 5 Ca 90/13
Fundstelle
openJur 2021, 25676
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Versetzung der Beklagten vom 12.11.2012 in das Mitarbeiter-Entwicklungs-Center (M. E. C.), organisatorisch in den Servicebereich Belegschaft - Betrieb C, Abteilung BB P 2 - Personalsteuerung, eingebunden, unwirksam ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Der Streitwert wird auf 5.696,30 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Zuordnung des Klägers aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 12.11.2012 mit Wirkung zum 01.01.2013 zum Mitarbeiterentwicklungscenter und der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Regelung, Nr. 5.3, 5.7 des Tarifvertrages zur Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 (TV Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau).

Die Beklagte betreibt unter anderem das Bergwerk R.

Der am 22.05. 1974 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.09.1991, zuletzt als gewerblicher Arbeitnehmer der Fachrichtung Bergtechnik im Untertagebereich zu durchschnittlich 2.848,15 € (Blatt 9, 10 der Akte) aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.10.2010 (Blatt 225 der Akte) beschäftigt. Der Kläger ist Mitglied der IGBCE. Der Kläger ist nicht anpassungsgeldberechtigt.

Der Arbeitsvertrag vom 01.10.2010 enthält dem Wortlaut nach u. a. folgende Regelung:

"1. Herr D.. wird ab dem 01.10.2010 in der Lohngruppe 11 als gewerblicher Arbeitnehmer für Arbeiten Fachrichtung Bergtechnik im Untertagebereich des Bergwerks R eingesetzt. Seine Verwendung richtet sich nach den betrieblichen Bedürfnissen des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer auch andere seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten im Rahmen des Zumutbaren zu übertragen.

2. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer auch in andere Betriebe der S Aktiengesellschaft zu versetzen. Im Übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis die zwischen der IGBCE und dem GVSt abgeschlossenen Tarifverträge des rheinischwestfälischen Steinkohlenbergbaus..."

Am 29.02.2012 unterzeichneten Herr U.. als Vorstandsvorsitzender des Gesamtverbandes Steinkohle e. V. und Prof. Dr. X. als geschäftsführender Vorsitzender sowie die Herren I. und O. für die IGBCE den Tarifvertrag Beendigung Steinkohlenbergbau, gültig ab dem 01.04.2012 (Blatt 187 bis 222 der Akte).

Unter dem 06.03.2012 schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der Beklagten, der Betriebsrat der Bergwerke West, R, der Betriebe R1, I1 und C den Gesamtinteressenausgleich zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 zur Abwicklung der Beendigung der subventionierten Förderung der Steinkohle in Deutschland durch das Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20.12.2007. Als unternehmerische Entscheidung führt der Gesamtinteressenausgleich die Stilllegung der von der Beklagten betriebenen Bergwerke, des Bergwerks R zum Ende 2018 an. Zur Umsetzung der Vorgaben des Tarifvertrages und der Gesamtbetriebsvereinbarung Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau soll nach Punkt 3.4 des Gesamtinteressenausgleichs eine Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit (M.E.C.) im Servicebereich Belegschaft eingerichtet und bis zum 31.12.2018 unterhalten werden. Der Gesamtinteressenausgleich sieht weiter vor, dass die in Anlage 2 (Personalliste M.E.C.) namentlich aufgeführten Arbeitnehmer bis spätestens 01.01.2013 in das M.E.C. versetzt werden.

Der Kläger ist auf der Personalliste, Anlage 2 zum Gesamtinteressenausgleich zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus aufgeführt (Blatt 39 der Akte).

Der Tarifvertrag Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau hat zum Ziel, für einen angemessenen Ausgleich der Interessen an der geordneten Stilllegung des Steinkohlenbergbaus und der Interessen der Arbeitnehmer an höchstmöglichem Bestandschutz der Arbeitsverhältnisse zu sorgen. Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen für den Bezug von Anpassungsgeld im gesetzlichen Zeitraum nicht erfüllen, werden in anderweitige konzerninterne oder externe Arbeitsverhältnisse vermittelt (Blatt 191 der Akte).

Der Tarifvertrag sieht unter 3.1 die Einrichtungen von Mitarbeiterentwicklungscentern vor. 3.2 des Tarifvertrages Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus bestimmt zudem Aufgaben des M.E.C.:

"Aufgabe des M.E.C ist die Qualifizierung und Ermittlung der dorthin versetzten Arbeitnehmer auf zumutbare Arbeitsplätze in den konzerninternen und externen Arbeitsmarkt. Gleichzeitig wird über das M.E.C der Ausgleich des Personalbedarfs der Arbeitgeber und ihrer Betriebe in der Phase der Stilllegung sichergestellt.

Zu diesen Zwecken können das M.E.C. versetzte Arbeitnehmer sowohl innerhalb der Unternehmen als auch konzernintern abgeordnet und konzernintern wie auch an externe Arbeitgeber verliehen werden..." (Blatt 193 der Akte).

Zur Durchführung der Vermittlung und Qualifizierung sieht der Tarifvertrag unter 3.3 die Feststellung der beruflichen Kenntnisse und persönlichen Qualifikationen und der Berücksichtigung der Karriereziele, Wünsche und persönlichen Interessen und Neigungen des Arbeitnehmers vor (Profiling). Die Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen trägt nach dem Tarifvertrag der Arbeitgeber bis zu max. 10.000,00 € je Arbeitnehmer.

Der Tarifvertrag sieht unterschiedliche Regelungen für anpassungsgeldberechtigte Arbeitnehmer und nichtanpassungsgeldberechtigte Arbeitnehmer vor. Die Anpassungsgeldberechtigung bestimmt sich nach den Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 12.12.2008 (Blatt 35 bis 37), gültig bis zum 31.12.2027 bei Fortgeltung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes. Danach bewilligt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Rahmen der Haushaltsermächtigung durch den Bund und die Länder als Ermessensentscheidung das Anpassungsgeld bei Vorliegen der Voraussetzungen.

Für anpassungsgeldberechtigte Arbeitnehmer bestimmt der Tarifvertrag unter 4.1, dass diesen Arbeitnehmern frühestens zudem Zeitpunkt gekündigt werden kann, zudem der jeweilige Arbeitnehmer die im Übrigen notwendigen Voraussetzungen der jeweiligen Richtlinie des MBWI für den Bezug von Anpassungsgeld erstmals erfüllt (Blatt 195 der Akte).

Für nichtanpassungsgeldberechtigte Arbeitnehmer bestimmt der Tarifvertrag unter

§ 5:

"5.1 Besonderer Kündigungsschutz

Nicht APG-berechtigte Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz nach Maßgabe dieses Tarifvertrages. Das Arbeitsverhältnis eines nicht APG-berechtigten Arbeitnehmers ist betriebsbedingt ordentlich frühestens zum 30. Juni 2018 kündbar. Das gilt nicht für betriebsbedingte Änderungskündigungen im Sinn der Ziffer 2.4. Auch eine eventuell einzelvertraglich vereinbarte Befristung wird hiervon nicht berührt.

5.2 Versetzung in das M.E.C.

Nicht APG-berechtigte Arbeitnehmer können ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages in das M.E.C. versetzt werden. Diese Versetzung ist zumutbar.

5.3 Mitwirkungspflichten der Arbeitnehmer im M.E.C.

5.3.1 Allgemeine Mitwirkungspflichten

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich ab dem Zeitpunkt der Versetzung in das M.E.C. für die Vermittlung und Qualifizierung zur Verfügung zu halten. Das bedeutet insbesondere, dass er seine Erreichbarkeit sicherzustellen hat. Er hat allen Anforderungen Folge zu leisten und alle erforderlichen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die für die Erstellung des Profils und die weitere Vorbereitung und Unterstützung der Vermittlung und Qualifizierung erforderlich sind. Er ist verpflichtet, nach Aufforderung an Informationsveranstaltungen teilzunehmen. Jede Änderung in seinen persönlichen Umständen, die für die Vermittlung und Qualifizierung von Bedeutung sein könnten, sind dem zuständigen Berater unverzüglich mitzuteilen.

5.3.2 Vorübergehende Abordnung auf Arbeitsplätze im Unternehmen

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich ab dem Zeitpunkt der Versetzung in das M.E.C.

vorübergehend auf zumutbare anderweitige Arbeitsplätze im Unternehmen abordnen zu lassen, soweit dadurch seine Chancen auf eine Qualifizierung und Vermittlung auf einen externen Arbeitsplatz nicht nachhaltig beeinträchtigt werden.

Er hat die auf diesem Arbeitsplatz zu erledigenden Aufgaben nach bestem Wissen und Können im Rahmen des ihm Möglichen zu erfüllen. Während der Dauer der Abordnung bleibt der betroffene Arbeitnehmer des M.E.C.

Zumutbar ist jede Abordnung, die den Voraussetzungen der Anlage 3 entspricht.

5.3.3 Vermittlung auf externe Arbeitsplätze

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich ab dem Zeitpunkt der Versetzung in das E.M.C. auf zumutbare Arbeitsplätze eines Konzernunternehmens oder eines externen Arbeitgebers vermitteln zu lassen. Er ist verpflichtet, sich auf ihm nachgewiesene Arbeitsplatzangebote zu bewerben, an Vorstellungsgesprächen teilzunehmen, Praktika zu absolvieren oder bei einem potentiellen neuen Arbeitgeber zur Probe zu arbeiten.

Dabei hat er alles zu unterlassen, was den Erfolg der Vermittlung gefährden könnte. Er ist verpflichtet ein ihm unterbreitetes zumutbares Arbeitsplatzangebot eines Konzernunternehmens oder eines externen Arbeitgebers anzunehmen.

Zumutbar ist ein Arbeitsplatz bei einem Konzernunternehmen oder einem externen Arbeitgeber, wenn die Voraussetzungen der Anlage 4 erfüllt sind.

5.3.4 Arbeitnehmerüberlassung

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich ab dem Zeitpunkt der Versetzung in das M.E.C für die Überlassung zur Arbeitsleistung auf einem zumutbaren Arbeitsplatz bei einem Konzernunternehmen oder einem externen Arbeitgeber verleihen zu lassen. Im Rahmen der Überlassung zur Arbeitsleistung an Dritte hat er alle für jenes Arbeitsverhältnis geltenden gesetzlichen und vertraglichen sowie etwaig geltende tarifliche und betriebliche Vorgaben zu beachten und die zu erledigenden Aufgaben nach bestem Wissen und Können im Rahmen des ihm Möglichen zu erfüllen.

Zumutbar ist ein Arbeitsplatz bei einem Konzernunternehmen oder einem externen Arbeitgeber, wenn die Voraussetzungen der Anlage 2 erfüllt sind.

5.3.5 Qualifizierung

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, ab dem Zeitpunkt der Versetzung in das M.E.C. an notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen und alle im Rahmen der Aufnahme und Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme zu erledigenden Aufgaben nach bestem Wissen und Können im Rahmen des ihm Möglichen zu erfüllen. Er hat alles zu unterlassen, was den Erfolg der Qualifizierung gefährden und zum Abbruch der Maßnahme führen könnte.

5.4 Entgeltsicherung im M.E.C

Der Arbeitnehmer behält bei Versetzung in das M.E.C. und für die Dauer einer vorübergehenden Abordnung auf einen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber an anderer Stelle sowie im Rahmen einer etwaigen Tätigkeit als Leiharbeitnehmer, seinen Anspruch auf Entgelt mindestens in der Höhe seines bisherigen Brutto-Monatseinkommens, wenn ihm kein Anspruch auf gesetzliche Entgeltersatzleistungen zusteht und er arbeitsfähig und arbeitswillig ist...

5.5 Entgeltsicherung (Lohn-/Gehaltsbeihilfe) bei Vermittlung auf externe Arbeitsplätze

Wird ein Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz bei einem externen Arbeitgeber vermittelt und erhält er eine geringere Vergütung, hat der Anspruch auf zeitlich befristete Lohn- bzw. Gehaltsbeihilfe in Form einer Einmalzahlung nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen. Nimmt er das erste Angebot an, hat er für die Dauer von 48 Monaten Anspruch auf Beihilfe zur Aufstockung seines neuen Entgelts bis zur Höhe seines bisherigen Brutto-Monatseinkommens.

Nimmt er erst das zweite Angebot an, hat er für die Dauer von 36 Monaten Anspruch auf Beihilfe zur Aufstockung seines neuen Entgelts bis zur Höhe seines bisherigen Brutto-Monatseinkommens...

5.6 Rückkehrrecht bei Vermittlung in neues Arbeitsverhältnis

Wird ein Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz bei einem konzerninternen oder externen Arbeitgeber vermittelt und endet sein neues Arbeitsverhältnis, ohne dass der Arbeitnehmer dafür durch sein Verhalten einen Grund gesetzt hat, steht ihm ein Anspruch auf Wiedereinstellung zu den vor seinem Ausscheiden geltenden Bedienungen zu, wenn:

- das neue Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten sechs Monate rechtswirksam arbeitgeberseitig gekündigt wird,

- das neue Arbeitsverhältnis innerhalb des ersten Jahres rechtswirksam arbeitgeberseitig betriebsbedingt gekündigt endet,

- das ein- oder mehrfach befristete neue Arbeitsverhältnis nicht über den Zeitraum von einem Jahr hinaus fortgesetzt bzw. verlängert wird...

5.7 Verletzung der Mitwirkungspflichten

Lehnt der Arbeitnehmer zumutbare Arbeitsplätze ab (a), verweigert er oder verstößt er gegen seine Arbeitspflicht im Rahmen der Abordnung oder der Überlassung zur Arbeitsleistung (b) oder gegen seine Pflichten im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen (c) oder verweigert oder verstößt er gegen seine Mitwirkungs- und/oder Unterlassungspflichten (d) gemäß Ziffer 5.3, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, verletzt er seine ihm obliegenden vertraglichen Pflichten.

(a) Lehnt der Arbeitnehmer erstmals einen ihm angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz in einem Konzernunternehmen oder bei einem externen dritten Unternehmen ab, wird er unter Hinweis auf die drohende außerordentliche Kündigung im Wiederholungsfall für ein zweites zumutbares Angebot abgemahnt. Lehnt er einen ihm danach angebotenen weiteren zumutbaren Arbeitsplatz ab, verliert er alle Rechte und Ansprüche aus diesem Tarifvertrag, wie insbesondere auch den besonderen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Diese zweite Ablehnung stellt zudem einen wichtigen Grund dar, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung seines Arbeitsvertrages berechtigt.

(b) Verweigert er oder verstößt der Arbeitnehmer in anderer Weise gegen seine Arbeitspflicht im Rahmen der Abordnung oder der Überlassung der Arbeitsleistung an Dritte (konzernintern oder extern), wird er unter Hinweis auf die drohende Kündigung bei Fortsetzung oder Wiederholung gleichen oder ähnlichen Verhaltens abgemahnt. Jede folgende Pflichtverletzung berechtigt den Arbeitgeber zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Außerdem verliert der Arbeitnehmer alle Rechte und Ansprüche aus diesem Tarifvertrag, wie insbesondere auch den besonderen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen...

(d) Verstößt der Arbeitnehmer gegen die ihm nach Ziffer 5.3 obliegenden allgemeinen

und besonderen Mitwirkungs- und /oder Unterlassungspflichten, wird er unter

Hinweis auf die drohende Abmahnung bei Fortsetzung oder Wiederholung

gleichen oder ähnlichen Verhaltens ermahnt. Setzt er trotz dieser Ermahnung

sein Verhalten fort oder verstößt in gleicher oder ähnlicher Weise erneut gegen

die ihm obliegenden Pflichten, wird er unter Hinweis auf die drohende Kündigung

bei Fortsetzung oder Wiederholung gleichen oder ähnlichen Verhaltens

abgemahnt. Jede folgende Pflichtverletzung berechtigt den Arbeitgeber zur

ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Außerdem verliert der

Arbeitnehmer alle Rechte und Ansprüche aus diesem Tarifvertrag, wie

insbesondere auch den besonderen Schutz vor betriebsbedingten

Kündigungen..." (Blatt 200 bis 206 der Akte)

Zur Umsetzung der Qualifizierung der Arbeitnehmer des M.E.C und der Vermittlung neuer Arbeitsplätze schloss die Beklagte Kooperationsvereinbarungen mit der DB AG vom 22.03.2012 (Blatt 42 bis 47 der Akte), mit der ArcelorMittal C GmbH vom 20.04.2011 (Blatt 48 bis 50 der Akte) sowie der Deutschen TGS West GmbH.

Die Beklagte richtete ein M.E.C. BB P 2., organisatorisch eingegliedert in den Servicebereich Belegschaft Betrieb C Personalsteuerung, ein.

Am 29.11.2012 führte die Beklagte Informationsveranstaltungen durch. Zum 01.01.2013 ordnete die Beklagte 1 306 Mitarbeiter dem M.E.C. zu.

Sie führte Profiling-Workshops in Kleingruppen mit 15 Teilnehmern an 5 Tagen durch (Blatt 51 bis 54 der Akte) und stellte den Arbeitnehmern des M.E.C. ein Teilnehmer-/Seminarhandbuch zum Bewerbungstraining zur Verfügung (Blatt 55 bis 86 der Akte).

Mit Schreiben vom 12.11.2012 erklärte die Beklagte die Versetzung des Klägers in das M.E.C. mit Wirkung zum 01.01.2013 und wies den Kläger auf seine Rechte und Pflichten aus dem Tarifvertrag Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus hin (Blatt 12 der Akte). Mit Schreiben vom 10.12.2012 ordnete die Beklagte den Kläger vorübergehend zur Vermeidung von Personalengpässen im Bergwerk R auf den bisherigen Arbeitsplatz ab (Blatt 13 der Akte).

Zwischenzeitlich lud die Beklagte Mitarbeiter des M.E.C. zum Profiling sowie zur weiteren Informationsveranstaltungen ein oder ordnete sie zur Durchführung von Qualifikationsmaßnahmen ab.

Mit Schreiben vom 13.12.2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, nicht an der Versetzung festzuhalten (Blatt 14 f. der Akte).

Die Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretung unterschrieben mit Stand 25.10.2012 die Versetzung vom Bergwerk R in das M.E.C. zum 30.10.2012./ 06.11.2012/ 09.11.2012 (Blatt 87 der Akte).

Mit der bei Gericht am 03.01.2013 eingegangenen, der Beklagten am 17.01. 2013 zugestellten, Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass die Versetzung vom 12.11.2012 unwirksam sei. Mit dem bei Gericht am 28.03.2013 eingegangenen, der Beklagten am 05.04.2013 zugestellten Schriftsatz, begehrt der Kläger hilfsweise die Feststellung der Nichtanwendbarkeit der Ziffer 5.3 und 5.7 des Tarifvertrages Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau.

Dazu ist der Kläger der Ansicht, mit dem Feststellungsantrag die zulässige Rechtsschutzform gewählt zu haben. Der Feststellungsantrag sei geeignet, die Gefahr zu beseitigen und die Regelungen und Folgen eines Rechtsverhältnisses zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten zu klären.

Sein Feststellungsinteresse sei gegeben. Ausreichend zur Annahme des Feststellungsinteresses sei eine gegenwärtige wahrscheinliche Gefahr, insbesondere eine drohende Gefahr der tatsächlichen Veränderung in naher Zukunft und der daran anknüpfenden weitreichenden Rechtsfolgen. Die Verfügung der grundlegenden einseitigen Änderungen der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber durch die Maßnahme vom 12.11.2012 sei dafür ausreichend. Die streitgegenständliche Maßnahme sei auf eine Veränderung des Pflichtenkataloges des Klägers, insbesondere auf eine mögliche Verpflichtung zur Beendigung des eigenen Arbeitsverhältnisses gerichtet. Die Begründung neuer Pflichten sei an die organisatorische Zuordnung des Klägers zum M.E.C. geknüpft. Allein die geänderte Interessenlage, in die Prüfung der Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers durch die Maßnahme vom 12.11.2012, die ggfls. weitere Umsetzungsakte erfordert, begründe das Feststellungsinteresse. Darüber hinaus habe der Kläger ein Interesse an der Klärung der Zuständigkeit des Betriebsrates. Die Beklagte habe sich in dem Schreiben vom 12.11.2012 tarifvertraglicher Rechte aus dem Tarifvertrag zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus berühmt.

Diese tarifvertraglichen Rechte und Pflichten seien von der Zuordnung des Klägers zum M.E.C. nicht zu trennen.

Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags sei anzunehmen, da der Arbeitnehmer sonst keine Möglichkeit habe, in einem Rechtsstreit Maßnahmen des Arbeitnehmers in Ausübung des Direktionsrechts prüfen zu lassen. Für das Rechtsschutzbedürfnis sei ausreichend, dass der Arbeitnehmer einen Feststellungsanspruch geltend mache. Der Arbeitnehmer müsse seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erkennen können.

Ein weiteres Abwarten sei dem Kläger wegen den Maßnahmen zu Ziffer 5.7 des Tarifvertrages Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus nicht zumutbar, zumal weitere Direktionsrechtmaßnahmen unmittelbar bevorstünden.

Zur Begründung seines Anspruchs ist der Kläger der Ansicht, dass die Beklagte mit der Maßnahme vom 12.11.2012 die Grenzen ihres Direktionsrechtes verletzt habe. Zur Umsetzung einer solchen Maßnahme sei eine Änderungskündigung erforderlich.

Die an die Maßnahme vom 12.11.2012 anknüpfenden tarifvertraglichen Bestimmungen der Ziffer 5.3 und 5.7 des Tarifvertrages Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus seien wegen des Verstoßes gegen das Kündigungsschutzrecht unwirksam. Die tarifvertraglichen Bestimmungen erweiterten die Rechte des Arbeitgebers entgegen §§ 1 und 2 KSchG sowie § 106 GewO. Eine Änderungskündigung wäre wegen eines ungerechtfertigten Eingriffs in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses unzulässig. Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbestandteile des Arbeitsvertrages sei durch den Tarifvertrag nicht möglich. Aufgrund der Fortbestandsmöglichkeiten des Arbeitsplatzes bis zur Schließung des Bergwerks R Ende 2018, sei ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung zurzeit nicht gegeben.

Der Kläger könne nicht zu einer vorübergehenden Beschäftigung auf einem anderweitigen Arbeitsplatz im Unternehmen, der Vermittlung an ein externes Unternehmen, zur möglichen Arbeitnehmerüberlassung an einem Konzernunternehmen oder externes Unternehmen verpflichtet werden. Der Tarifvertrag stelle insoweit keine wirksame Rechtsgrundlage dar. Die Maßnahme vom 12.11.2012 könne nur im Einvernehmen mit dem Kläger oder unter Einhaltung der Voraussetzung des § 2 KSchG durchgeführt werden. Der Tarifvertrag stelle insoweit keine wirksame Rechtsgrundlage dar. Die Versetzungsmöglichkeit der nichtanpassungsgeldberechtigten Arbeitnehmer sei unzulässig an das Inkrafttreten des Tarifvertrages im Gegensatz zu den anpassungsgeldberechtigten Arbeitnehmern geknüpft. Deren Rechtsfolgen sei an den Zeitpunkt des absehbaren Beschäftigungswegfalls geknüpft. Eine unternehmerische Entscheidung für einen betriebsbedingten Kündigungsgrund könne erst die Einstellung des Steinkohlenbergbaus sein. Darüber hinaus habe die Beklagte keine soziale Auswahl im Sinne der §§ 1, 2 KSchG getroffen. Der Tarifvertrag zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus hätte die Regelung der sozialen Auswahl des § 1 III KSchG nachvollziehen müssen.

Damit bestehe für die Maßnahme vom 12.11.2012 kein sachlicher Grund sowie für die Änderung der Arbeitsbedienungen zum 01.01.2013. Eine frühzeitige Anpassung an die Stilllegung des Steinkohlenbergbaus könne dem Arbeitnehmer nicht einseitig vorgegeben werden. Dem Arbeitnehmer müsse die Wahlmöglichkeit zwischen der Weiterarbeit bis zur Stilllegung und der frühzeitigen Anpassung durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses belassen werden. Dem gegenüber beinhalteten die Ziffer 5.3.3 in Verbindung mit Anlage 4 in Verbindung mit Ziffer 5.7 des Tarifvertrages zur Beendigung des Steinkohlenbergbaus die unzulässige Verpflichtung zur Beendigung des eigenen Arbeitsverhältnisses und damit zugleich einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich des Artikel 12 I GG.

Die Ziffer 5.3.4 beinhalte die unzulässige Verpflichtung zur Leiharbeit. Nach der Wertung des BGB, insbesondere § 613a III BGB, ist eine Auswechslung des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers unzulässig. Der Tarifvertrag habe die Form der Änderungskündigung zu beachten. Die Verpflichtung zur Tätigkeit bei einem Entleiher könne nur durch einen Arbeitsvertrag entsprechend der Wertung der §§ 611, 613 BGB begründet werden.

Die Erweiterung des Direktionsrechtes durch den Tarifvertrag Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus sei charakteristisches Merkmal der Maßnahme vom 12.11.2012 und bei der Wirksamkeitsprüfung der Maßnahme einzubeziehen.

Der Tarifvertrag benachteilige unmittelbar im Sinne des § 7 I AGG die Arbeitnehmer jüngerer Jahrgänge, geboren ab dem 01.01.1973, aufgrund der fehlenden Anpassungsgeldberechtigung.

Desweiteren ist der Kläger der Ansicht, dass der Tarifvertrag zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus nicht wirksam zustande gekommen sei. Der Gesamtverband Steinkohle e. V. sei bei Abschluss des Tarifvertrages nicht ordnungsgemäß vertreten. Die Vertreter der IGBCE seien nicht hinreichend bevollmächtigt.

Ebenso sei der Betriebsrat der Maßnahme vom 12.11.2012 nicht ordnungsgemäß beteiligt. Der Betriebsrat habe nicht zugestimmt. Die einzelnen Betriebsräte nicht ordnungsgemäß unterrichtet. Es fehlte eine Information über den Gesamtinteressenausgleich. Erörterungen im Rahmen von Betriebsratsversammlungen hätten nicht stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 12.11.2012 in das Mitarbeiter-Entwicklungs-Center (M.E.C.), organisatorisch in den Servicebereich Belegschaft - Betrieb C, Abteilung BB P 2 - Personalsteuerung, eingebunden, unwirksam ist.

2. hilfsweise festzustellen, dass aufgrund der Ziffer 5.3 des Tarifvertrages zur Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 (TV Beendigung deutscher Steinkohlenbergbau), keine Änderung der Arbeitsbedienungen herbeigeführt werden kann und damit auch die Rechtsfolgen der Ziffer 5.7 des Tarifvertrages nicht zur Anwendung kommen können.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage bereits unzulässig sei. Es läge kein gegenwärtiges feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 I ZPO vor. Die Klageanträge des Klägers stellten eine unzulässige Normkontrollklage, gerichtet auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens dar. Unwirksame normative Regelungen eines Tarifvertrages könnten nicht Inhalt eines Arbeitsverhältnisses werden.

Ebenso habe der Kläger für das Feststellungsinteresse keine hinreichend konkreten Tatsachen einer angeblichen Gefahr dargelegt. Die bloße Zuordnung zum M.E.C. bewirke keine unmittelbaren negativen tatsächlichen Änderungen des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitsbedingungen des Klägers blieben unverändert. Der Eintritt der tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtsfolgen der Ziffer 5 sei völlig ungewiss. Die Zuordnung sei eine rein innerorganisatorische Maßnahme. Der Kläger sei lediglich mit neuen, von Dritten gesetzten, Pflichten aus dem Tarifvertrag konfrontiert. Jeder Direktionsrechtsmaßnahme des Arbeitgebers sei immanent, dass Arbeitnehmer mit neuen Pflichten konfrontiert werden könne. Die Maßnahme vom 12.11.2012 bewirke nicht automatisch, dass die Beklagte von ihren neuen Rechten aus dem Tarifvertrag Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus Gebrauch mache.

Unterstellte unwirksame tarifvertragliche Regelungen aus dem Tarifvertrag Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus könnten kein Feststellungsinteresse des Klägers begründen, da diese nicht auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden seien und somit die Arbeitsbedienungen des Klägers nicht änderten.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie die Grenzen des Direktionsrechts, insbesondere § 106 GewO eine Maßnahme vom 12.11.2012 eingehalten habe. Der Tarifvertrag sei im Übrigen wirksam.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit Tarifvertrag durch Mitgliedschaft des Klägers in der IGBCE bzw. über die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel anzuwenden. Die Arbeitsbedingungen des Klägers würden durch die Umorganisation und die Zuordnung zum M.E.C nicht geändert. Der Tarifvertrag sei auf das Arbeitsverhältnis als Normsetzung Dritter anwendbar. Diese Normsetzung könne wie jede Rechtssetzung Dritter unwirksam sein. Die tarifvertraglichen Regelungen seien unabhängig von der Zuweisung konkreter Arbeitsaufgaben auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden. Die mögliche Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Bestimmungen führe nicht zur Unwirksamkeit der Maßnahme vom 12.11.2012. Unwirksame tarifvertragliche Normen würden nicht Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend seien die vom Kläger befürchteten Maßnahmen unwirksam.

Die Zuordnung zum M.E.C. sei lediglich Anwendungsvoraussetzung für tarifvertragliche Normen. Nach Ansicht der Beklagten hätten sich die Tarifpartner bei dem Tarifvertrag zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus im Rahmen ihrer Regelungskompetenz des Artikel 9 III GG gehalten.

Die Zusammenfassung der zu qualifizierenden Arbeitnehmer in einem M.E.C. sei notwendig und angemessen für Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven und Trainings für nicht anpassungsgeldberechtigte Arbeitnehmer und zur Vermeidung der Überschwemmung des Arbeitsmarktes.

Die Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven und die angebotenen Trainings stellten für die nicht anpassungsgeldberechtigten Arbeitnehmer auch keinen Nachteil im Sinne einer Altersdiskriminierung dar, so die Ansicht der Beklagten.

Darüber hinaus sei der Tarifvertrag ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Herren U.. und Prof. Dr. X. hätten den Gesamtverband ordnungsgemäß vertreten. Entsprechend der Auslegung der Vertretungsregelung der Satzung des Gesamtverbandes könnten beide Vorsitzenden den gesamten Verband zusammen und nicht nur alleine mit einem nachrangigen Vorstandsmitglied vertreten, so die Ansicht der Beklagten.

Auch sei die IGBCE nach §§ 10, 19 ihrer Satzung in Verbindung mit Ziffern II. 1, III. 1. Absatz Satz 2 ordnungsgemäß vertreten. Tarifverträge dürften im Auftrag des Hauptvorstandes von den Verhandlungsführern unterzeichnet werden (Blatt 90, 91 der Akte). Dazu behauptet die Beklagte, dass der Geschäftsführer O. in der IGBCE Verhandlungsführer mit Abschlusskompetenz sei und der Mitunterzeichner I. verantwortliches Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes sei.

Jedenfalls sei das Vertreterhandeln nachträglich genehmigungsfähig.

Auch die Betriebsräte seien an den Maßnahmen ordnungsgemäß beteiligt. Entsprechend der Erklärungen zu den Versetzungen zum M.E.C., Stand 25.10.2012, hätten die Betriebsräte entsprechend der Tradition der Beklagten die Maßnahme ausdrücklich mitgetragen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist mit ihrem Antrag zu 1.) zulässig und begründet.

A. I.

Der Klageantrag zu 1.) erfüllt die Sachurteilsvoraussetzungen der Feststellungsklage gem. §§ 256 I ZPO, 46 II S. 1 ArbGG.

A.I.1.

Der Klageantrag zu 1.) ist als Feststellungsantrag statthaft. Er erfüllt die besonderen Rechtsschutzformvoraussetzungen der allgemeinen Feststellungsklage.

Nach § 256 I ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

Nach § 256 I ZPO kann nur ein Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Sie kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das ist insbesondere der Fall, wenn über die Wirksamkeit einer von dem Arbeitgeber unter Berufung auf sein Direktionsrechts getroffenen Maßnahme gestritten wird. Bei der Maßnahme des Arbeitgebers muss es sich nicht um eine Versetzung im Sinne des Versetzungsbegriffes nach § 95 III BetrVG handeln. Auch die nichttechnische Versetzung als Zuordnung zu einer neuen Organisationseinheit kann die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis berühren (Urteile d. BAG v. 15.08.2006, AZ: 9 AZR 571/05, Juris RN 24 - 26; v. 13.03.2007, AZ: 9 AZR 417/06, Juris RN 24 - 29).

Die Zuordnung zu einer neuen Dienststelle aufgrund Personalüberhangs berührt die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis. Dabei handelt es sich nicht nur um eine unwesentliche Änderung der Arbeitsumstände des Arbeitnehmers, die keine Auswirkungen auf die vertragliche Rechtsbeziehung hat. Diese Direktionsrechtsmaßnahme bewirkt in der Person des Arbeitnehmers eine Umorientierung. Diese ist dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der gleichen Interessenlage wie vorher ist, sondern unter Umständen die Teilnahme an Fortbildung- und Umschulungsmaßnahmen notwendig werden (Urteile d. BAG v. 15.08.2006, AZ: 9 AZR 571/05, Juris RN 26; d. BAG v. 13.03.2007, AZ: 9 AZR 517/06, Juris RN 30).

Hinzu kommt, dass mit der Umorganisation eine Veränderung der Zuständigkeit in den Mitbestimmungsgremien eintreten kann (Urteile d. BAG v. 15.08.2006, AZ: 9 AZR 571/05, Juris RN 27; v. 13.03.2007, AZ: 9 AZR 517/06, Juris RN 31).

A. I.2.

Aufgrund der Maßnahme vom 12.11.2012 ändert sich die Interessenlage des Klägers. Schon aufgrund des Schreibens gehört der Kläger in den mit der Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus abzubauenden Personalüberhang. Das M.E.C. bezweckt die Qualifizierung und Vermittlung des Klägers auf einen zumutbaren Arbeitsplatz in dem konzerninternen oder externen Arbeitsmarkt.

Damit ist das Interesse des Klägers nicht mehr auf den Erhalt seiner Tätigkeit als gewerblicher Arbeitnehmer für Arbeiten der Verrichtungen Bergtechnik um Untertagebereich gerichtet sondern auf eine Umorientierung zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages auf dem konzerninternen oder externen Arbeitsmarkt.

Entsprechend der Ziffer 5.3.1 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus kann der Arbeitnehmer verpflichtet sein, an der Erstellung eines Profils sowie weiteren Vorbereitungsmaßnahmen zur Vermittlung und Qualifizierung teilzunehmen, nach 5.3.3 sich auf zumutbare Arbeitsplätze eines Konzernunternehmens oder eines externen Arbeitgebers vermitteln zu lassen, nach 5.3.4 sich an ein Konzernunternehmen oder einen externen Arbeitgeber verleihen zu lassen und nach 5.3.5 an notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.

Nach der Erklärung vom 30.10.2012/06.11.2012/09.11.2012 (Blatt 87 der Akte) ist mit der Umorganisation auch ein Wechsel des zuständigen Betriebsrates verbunden.

A.II.

Der Kläger hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 265 I ZPO, § 46 II S. 1 ArbGG.

Das Feststellungsinteresse kann sich daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer Klarheit darüber haben muss, ob die Umsetzungsmaßnahmen zur Qualifizierung und Weitervermittlung der aufnehmenden organisatorischen Einheit wie beispielsweise Abordnungen dem Arbeitnehmer gegenüber rechtmäßig sind. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer ein rechtliches Interesse an der Klärung, welche Mitarbeitervertretung für ihn zuständig ist (Urteil d. BAG v. 13.03.2007, AZ: 9 AZR 417/06, Juris RN 32).

Ein Interesse an alsbaldiger Feststellung besteht insoweit, wenn konkrete Folgen die Gegenwart oder die Zukunft in Rede stehen (Urteil d. BAG v. 26.09.2002, AZ: 6 AZR 523/00, Juris RN 13, 15; des LAG Rheinland-Pfalz v. 25.02.2013, AZ: 6 Sa 441/12, Juris RN 45).

Der Kläger hat dementsprechend ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung, ob die nach dem Tarifvertrag vorgegebenen Instrumentarien zur Umsetzung der Vermittlungs- und Qualifizierungsabsicht der Beklagten ihm gegenüber wirksam ausgeübt werden könnten.

B.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Maßnahme vom 12.11.2012 unwirksam ist. Die Beklagte ist weder nach ihrem Direktionsrecht aus § 106 I GewO in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag des Klägers noch aus einem etwaigen erweiterten Direktionsrecht nach Ziffer 5.2 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zur Zuordnung des Klägers zum M.E.C. aufgrund des Schreibens vom 12.11.2012 berechtigt.

B.I.

Die Beklagte kann die Zuordnung des Klägers zum M.E.C. nicht auf den Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 106 I GewO stützen. Die Beklagte kann dem Kläger mit der Zuordnung zum M.E.C. keine anderen Tätigkeiten als die rahmenmäßig umschriebene Arbeitsverpflichtung zuweisen.

B.I.1.

Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht aus § 106 GewO ergibt sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag selbst. Aufgrund des Direktions- und Weisungsrechtes kann der Arbeitgeber dem Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach Zeit, Ort und Art bestimmen. Dabei kann er dem Arbeitnehmer auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung auferlegen. Die Grenzen des Weisungsrechtes ergeben sich aus § 106 I GewO, aus dem Arbeitsvertrag selbst, den Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung sowie tarifvertraglichen Bestimmungen und dem Gesetz. Der Arbeitgeber ist auch berechtigt, dem Arbeitnehmer eine andere gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen (Urteil d. LAG Hamm v. 26.01.2007, AZ: 4 Sa 1270/06, Juris RN 47).

Nach § 106 I GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Die Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die

wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind. Ob die beiderseitigen Interessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, § 315 III S.2 BGB (Urteil d. BAG v. 21.07.2009, AZ: 9 AZR 471/08, Juris RN 24).

B.I.2

Mit der Maßnahme vom 12.11.2012 hält sich die Beklagte nicht in den arbeitsvertraglichen Grenzen des Direktionsrechts nach § 106 S. 1 GewO in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. An die Versetzung als Tatbestandsmerkmal der tarifvertraglichen Normen sind die Rechte der Beklagte angeknüpft, dem Kläger gleichwertige Tätigkeiten nach den Anlagen 2 bis 4 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus jedoch bei anderen Arbeitgebern zu vermitteln, Ziffer 5.3.3. des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus, oder den Arbeitnehmer an externe Arbeitgeber zu überlassen, Ziffer 5.3.4 . des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus.

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt der Versetzung verpflichtet, sich zu Vermittlung und Qualifizierung zur Verfügung zu stellen, Ziffer 5.3.1 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus.

Damit ist eine grundlegende Veränderung der synallagmatischen Hauptleistungspflicht des Arbeitsvertrages, gerichtet auf eine Beendigung der Tätigkeit bei der Beklagten, verbunden. Dieser Eingriff in das Gleichgewicht der Leistungspflichten des Arbeitsvertrages und der Zuweisung eines dritten Arbeitgebers ist nicht von den Rechten des Arbeitsvertrages nach § 106 GewO gedeckt.

B.II.

Die Beklagte kann ihre Maßnahme vom 12.11.2012 auch nicht auf ein erweitertes Direktionsrecht nach Ziffer 5.2. des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus stützen. Den Bestimmung der Ziffer 5.2. in Verbindung mit den Ziffern 5.3 und 5.7 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus stehen zwingenden §§ 2, 1 KschG entgegen.

B.II.1.

Grundsätzlich ist den Tarifvertragsparteien die Erweiterung des Direktionsrechtes im Rahmen tarifvertraglicher Normen möglich. Der Umfang des Direktionsrechts kann durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, soweit nicht zwingendes Gesetzesrecht entgegensteht (Urteil d. BAG v. 15.11.2001, AZ: 6 AZR 629/00, Juris RN 12).

Die tarifvertragliche Erweiterung des Direktionsrechts muss mit den Wertungen des § 2 KSchG in Einklang stehen. Daran fehlt es, wenn tarifvertragliche Regelungen dem Arbeitgeber ohne jede Vorgabe Einschränkungen bis hin zu Suspendierungen des Arbeitsverhältnisses gestatten. Die tarifliche Regelung muss nach Anlass und Umfang gerichtlich kontrollierbare Voraussetzungen bestimmen, nach denen der Arbeitgeber zu den einseitigen Eingriffen in das Arbeitsverhältnis berechtigt ist. Eine tarifvertragliche Erweiterung des Vertragsgestaltungsrechts des Arbeitgebers darf sich nicht als objektive Umgehung des zwingenden allgemeinen Änderungsschutzes aus § 2 KSchG darstellen. Ohne Änderung des Arbeitsvertrages kann dem Arbeitnehmer allenfalls eine nur im Ganzen gleichwertige und zumutbare anderweitige Tätigkeit zugewiesen werden (Urteil d. BAG v. 19.11.2002, AZ: 3 AZR 591/01, Juris RN 49).

Eine Einweisung eines Arbeitnehmers in eine niedrigere Vergütungsgruppe ist nur zulässig, wenn bestimmte betriebliche Gründe, Arbeitsmangel oder an anderer Stelle ein dringender notwendiger Bedarf vorliegen. Betriebliche Gründe müssen eine Personaländerung erforderlich machen. Die Ausübung des erweiterten Gestaltungsrechtes aus dem Tarifvertrag, die den Arbeitgeber zu einseitigen Eingriffen in das Arbeitsverhältnis berechtigen, sind an die Grenzen billigen Ermessens nach § 106 GewO gebunden (Urteil d. BAG v. 23.09.2004, AZ: 6 AZR 442/03, Juris RN 24, 26; des LAG Hamm v. 26.01.2007, AZ: 4 Sa 1270/06, Juris RN 48).

B.II.2.

Unabhängig davon, ob die Ziffern 5.3. und 5.4. die Voraussetzungen zu Arbeitnehmerüberlassung bzw. zur Annahme eines Vermittlungsangebotes bei einem konzerninternen oder bei einem externen Arbeitgeber hinreichend konkretisieren und diese Regelungen im Hinblick auf die Entgeltreduzierung und die Bestimmungen für Entgeltsicherung verhältnismäßig sind, umgehen diese Bestimmungen in Verbindung mit dem Sanktionskatalog der Ziffer 5.7 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus den Änderungsschutz nach § 2 KSchG.

Der Tarifvertrag knüpft die Verpflichtung zur Annahme eines Vermittlungsangebotes bzw. Arbeit der Arbeitnehmerüberlassung an die Zuordnung zum M.E.C., nicht jedoch an das Bestehen des Wegfalls des Beschäftigungsbedürfnisses im Sinne der §§ 2,1 II S. 1 KSchG.

Mit der Verpflichtung zur Annahme eines solchen Angebotes, konkretisiert nach den Anlagen 2 bis 4 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus, bestimmen die Tarifvertragsparteien einseitig die Möglichkeit der Beklagten, auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses zuzugreifen, ohne dass ein Änderungsvertrag nach § 2 KSchG wegen Vorliegen eines aktuellen Kündigungsgrundes erzwungen werden kann. Aufgrund des Sanktionskataloges nach Ziffer 5.5 und 5.7 des Tarifvertrages zur Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus gefährdet der Arbeitnehmer bei Ablehnung eines solchen Vermittlungsangebotes sowohl die Entgeltsicherung als auch den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Allein die Notwendigkeit der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus könne die Umgehung des Änderungsschutzes nach § 2 KSchG nicht rechtfertigen.

C.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte als unterliegende Partei nach § 91 I ZPO, § 46 II S. 1 ArbGG.

Dem Urteil nach § 61 I ArbGG festzusetzende Streitwert entspricht zwei Bruttomonatsentgelten, § 48 I S. 1 GKG, § 3 ZPO.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Landesarbeitsgericht Hamm

Marker Allee 94

59071 Hamm

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.