LG Köln, Urteil vom 21.01.2014 - 33 0 224/13
Fundstelle
openJur 2021, 25597
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 09.10.2013 wird bestätigt.

Der Antragsgegnerin werden auch die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Spannsätzen für Welle/Nabe-Verbindungen.

Zum Vertriebsprogramm der Antragsgegnerin gehörte in der Vergangenheit der Spannsatz ... F. In der Folge entwickelte die Antragsgegnerin den Spannsatz RfN ..., der eine identische Geometrie mit dem Spannsatz ... F aufweist.

Auf ihrer Internetseite bewarb die Antragsgegnerin den Spannsatz RfN ... mit der Aussage:

"Unser Internationales Entwicklerteam (...) Setzt nun einen weiteren Meilenstein. Die Neuentwicklung des Spannsatzes RfN ...# selbst mit seinem Qualität-, Leistung- und Preisangebot einen neuen Maßstab in diesem Segment."

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass diese Bewerbung des Spannsatzes RfN ... irreführend ist. So handele es sich bei diesem Spannsatz bereits nicht um eine Neuentwicklung, da er im Wesentlichen auf dem F ... basiere.

Vor allem aber reklamiere die Antragsgegnerin eine Spitzenstellung, indem sie damit werbe, dass dieser Spannsatz einen weiteren Meilenstein und im Hinblick auf Qualität, Leistung und Preis einen neuen Maßstab im Segment der Spannsätze setze. Weder Qualität noch Leistung setzten einen Maßstab, sondern seien eher durchschnittlich. Auch der Preis liege deutlich oberhalb der von der Antragstellerin vertriebenen Konkurrenzprodukte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Antragstellerin wird ergänzend Bezug genommen auf die Seiten 3 ff. der Antragsschrift (Bl. 4 ff. d.A.) sowie ihren Schriftsatz vom 27.11.2013 (Bl. 82 ff. d.A.).

Am 09.10.2013 hat die Antragstellerin im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer erwirkt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel und unter Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungsform untersagt worden ist,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu äußern:

"Unser internationales Entwicklerteam (...) setzt nun einen weiteren Meilenstein. Die Neuentwicklung des Spannsatzes RfN ... setzt mit seinem Qualitäts-, Leistungs- und Preisangebot einen neuen Maßstab in diesem Segment".

Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,

-wie erkannt-.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 09.10.2013 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin meint, dass die angegriffene Werbeaussage nicht irreführend sei. Funktionalität und Konstruktion des beworbenen Produktes seien anders als bei dem zuvor vertriebenen Spannsatz. So sei die Oberfläche neu bearbeitet. Dies habe Bedeutung für die Montage und die Demontage. Auch könne dieser erheblich höhere Belastungen aus der Biegemomentbelastung aufnehmen als das vergleichbare Vorgängermodell. Insoweit handele es sich eindeutig um eine Neuentwicklung. Auch würden solche Biegemomente von keinem anderen Produkt des Marktes erzielt. Qualität und Leistung seien daher in der Spitze des Marktes anzusiedeln. Bezogen hierauf gelte dies auch für das Preisangebot.

Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Antragsgegnerin wird Bezug genommen auf ihre Widerspruchsbegründung (Bl. 60 ff. d.A.).

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichte, nicht nachgelassene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.12.2013 hat vorgelegen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil ihr Erlass auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien gerechtfertigt war.

Der Verfügungsantrag ist zulässig und begründet.

Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin ergibt sich aus den §§ 3, 5, 8 UWG.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung in dem aus dem Tenor der Beschlussverfügung vom 09.10.2013 ersichtlichen Umfang verlangen, da die Antragsgegnerin mit der beanstandeten Werbeaussage § 3 UWG zuwidergehandelt hat. Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 5 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt.

Eine Werbung ist irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für diese Beurteilung ist der Gesamteindruck der Werbung maßgeblich; es sind alle Bestandteile zu berücksichtigen. Dabei ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der streitgegenständlichen Werbung abzustellen, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt (vgl. dazu BGH WRP 2005, 474, 475 - "Direkt ab Werk", BGH WRP 2005, 480, 483 - "Epson-Tinte", BGH GRUR 2013, 1254 Tz. 15 f. -Matratzen Factory Outlet).

Danach ist die streitgegenständliche Aussage als irreführende geschäftliche Handlung anzusehen.

Diese Werbung in der im Tenor wiedergegebenen konkreten Form kann aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachverständnisses nur so verstanden werden, dass die Antragsgegnerin damit für den beworbenen Spannsatz RfN ... eine herausragende Spitzenstellung im einschlägigen Marktsegment in Anspruch nimmt.

So wird das Produkt bereits eingangs der streitgegenständlichen Textpassage als "Meilenstein" benannt. Dies bezeichnet nach heutigem Sprachverständnis einen "wichtigen Einschnitt, Wendepunkt o. Ä. in einer Entwicklung" (siehe Stichwort "Meilenstein" auf der Internetseite "duden.de"). Dieser bereits für sich genommen auf einen außergewöhnlichen technischen Entwicklungsschritt hinweisende Bedeutungsgehalt der Werbeaussage wird noch verstärkt durch die weiteren Aussagen, dass es sich um eine "Neuentwicklung" handele, die hinsichtlich Qualität Leistung und Preis einen "neuen Maßstab" in diesem Segment setze.

Von all dem kann indes keine Rede sein. Schon auf der Grundlage des Sachvortrages der Antragsgegnerin ist nicht ansatzweise ersichtlich, welche Umstände bei der Entwicklung des beworbenen Spannsatzes diese Aussagen rechtfertigen könnten. Der Verweis auf die Anwendung des Gleitschleifens und die mit dem Produkt erreichten Biegemomente lässt schon für sich genommen keinen besonderen Entwicklungsschritt erkennen, der mit den vorstehend aufgezeigten Werbeaussagen zutreffend beschrieben wäre.

Erst recht gilt dies, wenn man den unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 27.11.2013 (Bl.82 ff. d. A.) berücksichtigt. Danach ist die angeführte Oberflächenbehandlung von Spannsätzen keine Neuerung sondern fachüblich. Auch halten Konkurrenzprodukte deutlich höhere Biegebelastungen aus. Schließlich liegt auch der Preis über dem durchschnittlichen Preis vergleichbarer Produkte, sofern man jedenfalls Rabattgewährungen nicht berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus Sinn und Zweck der einstweiligen Verfügung.

Streitwert: 50.000,-- €

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