LG Essen, Urteil vom 28.02.2014 - 17 O 4/13
Fundstelle
openJur 2021, 25464
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung restlichen Architektenhonorars.

Die Klägerin, selbständige Architektin, schloss mit dem Beklagten, der Geschäftsführer der T GmbH ist, einen Architektenvertrag über die Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung und Ausführungsplanung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf der U-Straße ... in C. Insoweit ist zwischen den Parteien streitig, zu welchem Zeitpunkt der Vertrag geschlossen worden ist und ob der Beklagte persönlich oder die T GmbH Vertragspartner geworden ist. Im Oktober 2010 fand eine Besprechung der Klägerin mit dem Beklagten statt, bei der erstmalig thematisiert wurde, dass der Beklagte beabsichtige, auf der U-Straße ein Objekt zu bauen. Bereits zuvor hatte die Klägerin mit der von dem Beklagten vertretenen T GmbH einen Architektenvertrag betreffend das Bauvorhaben "J-Straße ..." in C geschlossen. Die Parteien unterschrieben am 13.04.2011 einen Architektenvertrag betreffend das Bauvorhaben U-Straße, in dem der Beklagte als Bauherr bezeichnet ist und seine Unterschrift ohne Hinweis auf die T GmbH geleistet hat. Als Pauschalhonorar wurde ein Betrag von 38.000,00 € einschließlich Mehrwertsteuer in die Vertragsurkunde aufgenommen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den zu den Akten gereichten Architektenvertrag vom 13.04.2011. Die Klägerin stellte jedenfalls die 3. und 4. Abschlagsrechnung vom 24.02.2012 bzw. 15.03.2012 auf die T GmbH aus. Auch stellte sie die beiden Mahnungen vom 26.03.2012 auf die T GmbH aus. Mit Schreiben vom 16.07.2012 übersandte die Klägerin dem Beklagten den Bauantrag und legte ihm die Ausführungspläne vor. Bei den von ihr gefertigten Ausführungszeichnungen müssen noch statische Anforderungen bzw. Anforderungen aus der Wärmeschutzberechnung eingearbeitet werden. Mit Honorarschlussrechnung vom 06.12.2012 stellte die Klägerin dem Beklagten einen Bruttorechnungsbetrag von 32.153,83 € in Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Schlussrechnung vom 06.12.2012 Bezug genommen. Auf diese Rechnung zahlte die T GmbH einen Betrag von 9.000,00 €.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Architektenleistungen vertragsgemäß erbracht und zutreffend sowie prüffähig abgerechnet. Sie ist der Ansicht, der Beklagte sei auch passivlegitimiert. Hierzu behauptet sie, sie habe erhebliche Zweifel an der Bonität der T GmbH gehabt, so dass sie zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung überhaupt nicht bereit gewesen sei, mit der T GmbH einen Vertrag zu schließen. Deshalb habe sie den Architektenvertrag mit dem Beklagten persönlich abgeschlossen. Die Abschlagsrechnungen seien aufgrund eines EDV-Fehlers an die T GmbH gegangen. Mit Schriftsatz vom 11.04.2013 hat die Klägerin zunächst vorgetragen, am 05.11.2010 habe sie im Rahmen der Leistung Grundlagenermittlung für das Bauvorhaben U-Straße eine grobe Vorschätzung der Wohnfläche an die T1 übermittelt, die die Finanzierung des Bauvorhabens U-Straße sicherstellen sollte. Am 24.11.2010 habe eine Mitarbeiterin von ihr im Rahmen der Leistung Vorplanung erste Konzepte über die Bebaubarkeit des Grundstücks erarbeitet. Am 27.01.2011 habe sie, die Klägerin, eine erste Kostenschätzung erstellt. Unter dem 12.04.2011 habe sie erste Flächenermittlungen und eine weitere Kostenschätzung erstellt. Am 13.04.2011 sei der "bis dato nur mündlich geschlossene Architektenvertrag schriftlich fixiert worden".

In der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2014 hat die Kammer die Parteien darauf hingewiesen, dass der mündliche Vertragsschluss unstreitig bereits im Oktober 2010 gewesen sei, der schriftliche Vertrag allerdings erst am 13.04.2011 abgeschlossen worden sei, so dass die schriftliche Honorarvereinbarung nicht "bei Auftragserteilung" i.S. von § 7 Abs. 1 HOAI geschlossen worden sei. Da zum Zeitpunkt des mündlichen Vertragsschlusses im Oktober 2010 die Klägerin bereits unstreitig wegen des Bauvorhaben "J-Straße" einen Architekturvertrag mit der T GmbH gehabt habe, spreche viel dafür, dass auch der mündlich geschlossene Architekturvertrag bezüglich des Bauvorhabens U-Straße mit der T GmbH geschlossen worden sei.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 11.02.2014 behauptet die Klägerin nunmehr, der Architekturvertrag betreffend das Bauvorhaben U-Straße sei erst am 13.04.2011 geschlossen worden. Sämtliche bis zum 13.04.2011 für die Baumaßnahme "J-Straße" von ihr gestellten Abschlagsrechnungen seien von der T GmbH verspätet, teilweise mit achtwöchigem Verzug bezahlt worden, so dass sie nicht bereit gewesen sei, erneut mit der T GmbH zu kontrahieren. Bis zum Zeitpunkt des schriftlichen Vertragsschlusses am 13.04.2011 habe sie, die Klägerin, ausschließlich einige Akquisitionsleistungen erbracht. Anschließend habe sie auf eine entsprechende Beauftragung gedrängt, wobei sie deutlich gemacht habe, dass sie nur bereit sei, mit dem Beklagten persönlich zu kontrahieren, da die T GmbH in Bezug auf ihre Zahlungsmoral von ihr nicht mehr als Vertragspartei akzeptiert werde. Die erste Abschlagsrechnung in Höhe von 5.000,00 € vom 25.08.2011 sei am 19.09.2011 nicht von der T GmbH, sondern von dem Privatkonto des Beklagten bezahlt worden.

Die Klägerin macht den Honoraranspruch als Abschlagszahlung für Architektenhonorar gemäß § 15 Abs. 2 HOAI auf das vereinbarte Pauschalhonorar, hilfsweise auf einen Honoraranspruch nach den Mindestsätzen der HOAI geltend und beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 23.153,83 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie außergerichtliche Anwaltskosten der Rechtsanwälte J1 in Höhe von 807,80 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, er sei nicht passivlegitimiert, da nicht er persönlich, sondern die von ihm als Geschäftsführer vertretene T GmbH Vertragspartner der Klägerin geworden sei. Hierzu behauptet er, bei der abweichenden Bezeichnung im Architektenvertrag handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Auftragserteilung im Oktober 2010 bzw. Anfang Januar 2011 habe die Klägerin keine Bedenken gegen die Bonität der T GmbH gehabt, jedenfalls habe sie diese nicht geäußert, auch nicht bei der am 13.04.2011 erfolgten schriftlichen Abfassung des Architektenvertrages. Der Beklagte ist weiter der Ansicht, die Honorarrechnung sei auch nicht fällig. Hierzu behauptet er, die Klägerin habe ihre Leistungen nicht vertragsgemäß erbracht und keine prüffähige Honorarrechnung überreicht.

Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit mehreren an ihn von der T GmbH abgetretenen - von der Klägerin bestrittenen - Gegenforderungen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Abschlagszahlung auf Architektenhonorar gemäß §§ 631 BGB, 7 Abs. 1 bzw. 6, 15 Abs. 2 HOAI in Höhe von 23.153,83 €. Denn zwischen der Klägerin und dem Beklagten persönlich ist kein Architekturvertrag betreffend das Bauvorhaben U-Straße ... in C zustande gekommen.

1.

Die Parteien haben die auf den Abschluss eines Architektenvertrages gerichteten Willenserklärungen bezüglich des Bauvorhabens U-Straße ... in C im Oktober 2010, jedenfalls Anfang 2011 mündlich abgegeben, durch die die Klägerin unter anderem mit Vorplanungsleistungen beauftragt wurde. Dieser Zeitpunkt des Abschlusses des Architektenvertrages war zwischen den Parteien unstreitig. Insoweit hatte die Klägerin selbst mit Schriftsatz vom 11.04.2013 vorgetragen, dass sie bereits im November 2010 vergütungspflichtige Leistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung erbracht habe.

Dagegen ist der Architekturvertrag nicht erst mit Abschluss des schriftlichen Architekturvertrages vom 13.04.2011 zustande gekommen. Soweit die Klägerin erstmalig in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 11.02.2014 vorgetragen hat, dass der Architekturvertrag erst am 13.04.2011 zustande gekommen sei, so ist dieser Vortrag wegen Widersprüchlichkeit zu ihrem bisherigen Vorbringen unbeachtlich. Der Vortrag erfolgte erst nach dem Hinweis der Kammer, dass zwischen den Parteien unstreitig sei, dass der Architekturvertrag bereits im Oktober 2010 mündlich zustande gekommen sei und damit ersichtlich als Reaktion auf diesen Hinweis. Die Klägerin hatte selbst zunächst mit ihrem Schriftsatz vom 11.04.2013 vorgetragen, dass sie bereits ab November 2010 Leistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung erbracht habe und am 13.04.2011 der "bis dato nur mündlich geschlossene Architektenvertrag" lediglich "schriftlich fixiert worden sei". Ob es sich bei den von der Klägerin von November 2010 bis zur Unterzeichnung des Vertrages vom 13.04.2011 erbrachten Leistungen bereits - wie im Schriftsatz vom 11.04.2013 vorgetragen - um solche der Leistungsphasen 1 Grundlagenermittlung und 2 Vorplanung oder - wie im nachgelassenen Schriftsatz vom 11.02.2014 vorgetragen - um bloße Akquisitionsleistungen handelte, ist insoweit ebenfalls unbeachtlich, da entsprechend dem bisherigen insoweit unstreitigen Parteivortrag von einem mündlichen Vertragsschluss im Oktober 2010 bzw. jedenfalls Anfang 2011 auszugehen war.

2.

Indes wirkt der zwischen den Parteien mündlich im Oktober 2010 oder jedenfalls Anfang 2011 abgeschlossene Architekturvertrag nicht für und gegen den Beklagten persönlich, sondern vielmehr gemäß §§ 164 ff. BGB, 35 GmbHG für und gegen die von dem Beklagten als Geschäftsführer vertretene T GmbH. Dies folgt aus den Grundsätzen des sogenannten unternehmensbezogenen Geschäfts. Danach geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll, wobei der Wille, im Namen des Unternehmens zu handeln, hinreichend zum Ausdruck kommen und für den anderen Teil erkennbar sein muss (BGH NJW 1995, 43, 44), sich dieser Wille indes auch aus den Umständen ergeben kann. Bei unternehmensbezogenen Geschäften spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Handelnde für das Unternehmen aufgetreten ist (BGH NJW 1986, 1675).

Nach diesen Grundsätzen ist der mündliche Architekturvertrag betreffend das Bauvorhaben U-Straße ... in C zwischen der Klägerin und der T GmbH zustande gekommen. Die Klägerin hatte unstreitig zuvor mit dem Beklagten einen Architekturvertrag betreffend das Bauvorhaben "J-Straße" in C geschlossen, wobei der Beklagte als Geschäftsführer für die T GmbH handelte. Der Klägerin war damit zum Zeitpunkt des mündlichen Abschlusses des Architekturvertrages betreffend das streitgegenständliche Bauvorhaben U-Straße ... in C bewusst und erkennbar, dass der Beklagte als Geschäftsführer der T GmbH Architektenverträge schloss, die für den Betrieb des Unternehmens bestimmt waren, mithin die T GmbH Vertragspartner auf Seiten des Auftraggebers werden sollte. Diese tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte auch bei Abschluss des streitgegenständlichen Architekturvertrages für das Unternehmen, die T GmbH, aufgetreten ist, hat die Klägerin nicht entkräftet.

Ihre Behauptung, sie habe den Architekturvertrag bewusst mit dem Beklagten persönlich, nicht mit der T GmbH abschließen wollen, da sie Zweifel an der Bonität der GmbH gehabt habe, ist bereits nicht hinreichend substantiiert. Der Vortrag, Abschlagsrechnungen des Bauvorhabens "J-Straße" seien von der T GmbH verspätet gezahlt worden, bezieht sich lediglich auf den Zeitraum vor der Unterzeichnung des schriftlichen Vertrages vom 13.04.2011, nicht auch auf den Zeitraum vor dem mündlichen Abschluss des Vertrages. Zudem hat die Klägerin, die nach den dargelegten Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts das Handeln des Beklagten als ein solches im Namen der T GmbH verstehen musste, nicht dargelegt, dass sie vor Abschluss des mündlichen Vertrages den Beklagten darauf hingewiesen habe, nur mit diesem persönlich den streitgegenständlichen Architekturvertrag betreffend das Bauvorhaben U-Straße ... in C abschließen zu wollen.

Dafür, dass die Klägerin tatsächlich auch von einem Vertragsabschluss mit der T GmbH ausging, spricht, dass sie die Abschlagsrechnungen betreffend das Bauvorhaben U-Straße ... in C vom 24.02.2012 und 15.03.2012 an die T GmbH richtete, ebenso wie die Mahnungen betreffend diese Rechnungen vom 26.03.2012. Ihre Behauptung, dies sei auf einen EDV-Fehler zurückzuführen, überzeugt angesichts ihrer weiteren Behauptung, den Vertrag bewusst mit dem Beklagten persönlich abgeschlossen zu haben, insoweit nicht, da mit dem Abschluss des Vertrages ein konkreter Anlass zur Änderung der EDV-Daten bestanden hätte. Dass der Beklagte persönlich die erste Abschlagszahlung über 5.000,00 € gezahlt habe, spricht dagegen angesichts der Vorschrift des § 267 BGB nicht entscheidend dafür, dass der Beklagte von einer persönlichen Verpflichtung aus dem Architekturvertrag ausgegangen ist, zumal jedenfalls die weiteren Abschlagszahlungen unstreitig durch die T GmbH erfolgten.

Schließlich hat auch die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde vom 13.04.2011 - entgegen der Ansicht der Klägerin - keinen Vorrang vor den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts. Denn bei dem schriftlichen Vertrag handelt es sich lediglich um eine schriftliche Niederlegung des bereits zuvor mündlich abgeschlossenen Architekturvertrages, der die Vertragsparteien nicht auszutauschen vermag.

II.

Mangels Bestehen eines Hauptanspruchs sind auch die geltend gemachten Nebenforderungen unbegründet.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 23.153,83 €.

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