LG Mönchengladbach, Urteil vom 05.05.2004 - 12 Ks 1/04 (7)
Fundstelle
openJur 2021, 25404
  • Rkr:
Tenor

Der Angeklagte wird wegen Mordes zu

lebenslanger Freiheitsstrafeverurteilt.

Er trägt. die Kosten des Verfahrens .

Angewendete Strafvorschrift:

§ 211 Abs. 1, Abs. 2, 5 Alternative StGB

Gründe

1.

Der Angeklagte wuchs als zweitjüngstes von insgesamt zehn Geschwistern im Haushalt der Eltern auf. Er besuchte die Hauptschule, die er nach dem zehnten

Schuljahr mit Abschluss verließ. Anschl ießend absolvierte der Angeklagte eine Lehre als Maler und Lackierer, war jedoch später in verschiedenen Berufen bei unter schiedlichen Arbeitgebern beschäftigt. Dabei war er in der Regel über Zeitverträge angestellt, zum Teil auch bei einer Leiharbeitsfirma . Nach Ab lauf der jewe iligen Ar beitsverträge war der Angeklagte zwischenzeitlich arbeitslos, jedoch nie länger als drei Monate. Zuletzt war der Angeklagte bei der Firma L1 in L2 als festangestellter Maler und Lackierer beschäftigt, wobei er einen monatlichen Verdienst von ca. 1.500,00 € erzielte.

Etwa 1989 heiratete der Angeklagte seine erste Ehefrau, die Zeugin T1. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder, der heute dreizehn Jahre alte Sohn L3 sowie die heute zehn Jahre alte Tochter L4 hervorgegangen. 1993 wurde die Ehe geschieden, da die Ehefrau des Angeklagten einen neuen Partner kennen gelernt hatte und die Trennung wünschte . Zu den Kindern hielt der Angeklagte trotz seiner Scheidung Kontakt, ihm stand das Recht.zu, seine Kinder alle zwei Wochen sehen zu dürfen. Der Angeklagte, der selbst keine außerehelichen Beziehungen eingegangen war, litt stark unter der Trennung von seiner Ehefrau. So drohte er im Beisein seiner Ehefrau und deren neuem Lebensgefährten damit, sich mit einem Messer selbst zu

töten, übergab jedoch nach Zusprache seiner Ehefrau die Waffe. Ansonsten ver suchte der Angeklagte sich durch Arbeit abzulenken, war häufig unterwegs und fass te schließlich auch den Entschluss, keine neuen Beziehungen zu einer Frau mehr einzugehen.

Gleichwohl lernte der Angeklagte im Karneval 2001 seine spätere zweite Ehefrau I3, die spätere Geschädigte, kennen und begann eine Beziehung zu ihr. Am 02.11.2001 heirateten beide und bezogen eine gemeinsame Wohnung am S 1 in X1. Die eheliche Beziehung des Angeklagten zu I3 war zunächst sehr harmonisch, wenn-

gleich der Angeklagte stark zur Eifersucht neigte. So war er nicht bereit, seiner Ehefrau Freiräume zu lassen. Wusste er nicht, wo sie sich gerade befand, rief er sie über ihr Mobiltelefon an.

Etwa Mitte des Jahres 2003 kam es dann häufiger zu Krisen in der Ehe des Ange klagten. Streit entbrannte des Öfteren wegen der Kinder des Angeklagten aus erster Ehe. Obwohl I3 die bestehende Beziehung des Angeklagten zu seinen Kindern akzeptierte , störte es sie, dass sich der Angeklagte gegen seine erste Ehefrau nicht durchzusetzen vermochte und regelmäß ig deren Vorgaben und Bitten auch unter Zurückstellung eigener Interessen erfüllte. Im Jahr 2003 entschied sich der Sohn des Angeklagten L3 dazu, nunmehr bei dem Angeklagten zu leben. Der Angeklagte war einverstanden, auch I3 hatte keine Einwände. In Vorfreude darauf , dass sein Sohn zukünftig bei ihm leben würde, richtete der Angeklagte bereits ein Zimmer für L3 ein und schaffte verschiedene Gegenstände für ihn an. L3 war jedoch in der Zwischenzeit wieder unschlüssig geworden, sagte den Umzug wiederholt ab und sodann wieder zu. Letztlich teilte L3 dem Angeklagten brieflich mit, dass er nicht zu ihm ziehen werde. Dies belastete den Angeklagten, er war wütend auf L3 und verschloss sich gegenüber seiner Ehefrau.

Etwa vier Wochen vor der Tat erhielt der Angeklagte anonyme Telefonanrufe, in de nen ihm mitgeteilt wurde, seine Frau "gehe fremd" und dass sie einen Freund na mens Q1 habe.

Der Angeklagte konsumiert keine Drogen und trinkt nicht im Übermaß Alkohol. Geis tige und nervliche Erkrankungen sind bei ihm nicht bekannt geworden.

II.

I3 hatte etwa im September oder Oktober 2003 eine Beziehung zu Q1 aufgenommen, den sie über ihre berufliche Tätigkeit als Verkäuferin in einer Bäckerei in Viersen kennen gelernt hatte. Es war - insbesondere I3 einige Tage Urlaub genommen hatte und allein in der Wohnung war - zu häufigen Treffen mit Q1l gekommen, wobei beide auch intim .miteinander verkehrt hatten. I3 erwog, sich von dem Angeklagten zu trennen und gemeinsam mit Q1 eine eigene Wohnung zu beziehen, war sich aber noch unschlüssig.

Von ihrer Beziehung zu Q1 berichtete sie dem Angeklagten zunächst nichts. Auch als der Angeklagte sie, aufgestört von den anonymen Telefonanrufen, nach einem Verhältnis zu einem anderen Mann fragte, leugnete I3 dies .zunächst ab. Später gab sie vor, den Q1 zwar zu mögen, aber keine Beziehung zu ihm zu unterhal.ten. Am 03.12.2003 schließlich gestand sie dem Angeklagten, dass sie in Q1 verliebt sei, dass sie sich von ihm, dem Angeklagten , jedoch nicht trennen wolle, da sie auch ihn liebe. Dies nahm der Angeklagte zunächst so hin, forderte seine Ehefrau jedoch am nächsten Tag auf, sich entweder für ihn oder für Q1 zu entscheiden.

Am darauffolgenden Tag, Freitag, den 05.12.2003 , traf sich I3 nach der Arbeit erneut mit Q1. Als sie·anschließend gegen 12.30 Uhr nach Hause kam, berichtete sie dem Angeklagten auf dessen Frage, warum sie sich etwas verspätet

habe, von dem neuerlichen Treffen mit Q1. Dem Angeklagten wurde nunmehr be wusst, dass seine Ehefrau die Beziehung zu Q1 nicht freiwillig beenden würde und dass ihn seine Hoffnung, I1 werde ganz zu ihm zurückkehren, getrogen hatte. Er schrie I3 an, dass dann eben er einen Schlussstrich ziehen werde und dass er ihre Ehe für beendet halte. Schließlich verließ er die Wohnung und rief seinen Bruder I4 an, dem er mitteilte, er werde sich von seiner Ehefrau trennen. Anschließend meldete er sich telefonisch bei T2, mit der I3 einige Jahre zuvor in einer Beziehung zusammengelebt hatte, und deren Lebenspartnerin S2 , die ihn afforderten, in ihre.Wohnung zu kommen und die Situation zu besprechen. Nachdem der Angeklagte beiden Frauen berichtet hatte, was vorgefallen war,-riefen sie I3 an·und baten sie unter dem Vorwand, der Angeklagte sei zwar bei ihnen gewesen, aber inzwischen wieder gegangen, ebenfalls in ihre Wohnung . Dort angekommen besprach I3 mit dem Angeklagten und den beiden Frauen, was nun passieren sollte. Dabei drängten auch T2 und S2 die Ehefrau des Angeklagten dazu, eine endgültige Entscheidung zu treffen. I3 erklärte schließlich, dass sie die Ehe mit dem Angeklagten nicht fortsetzen wolle und die Beziehung beider beendet sei. Der Angeklagte reagierte auf die nunmehr auch von seiner Ehefrau ausgesprochene Trennung zunächst mit dem Herausverlangen von deren Mobiltelefon, das ihm gehörte und für das er die anfallenden Gebühren beglich. Nach einiger Zeit, in der die Gespräche weiter um die anstehende Trennung kreisten, verließ der Angeklagte die .Wohnung T2 und begab sich gegen 20.00 Uhr in den "Remigius-Grill", wo er der ihm eher flüchtig bekannten Bedienung von seiner Trennung erzählte. Anschließend ging der Angeklagte zurück in seine Wohnung, wo er gegen 20.30 Uhr eintraf und fern sah. Gegen 22.00 Uhr kam auch I3 in die Wohnung zurück und legte sich schlafen.

Am Samstag, den 06.12.2003, stand der Angeklagte zuerst auf, kaufte Brötchen so wie Kopfschmerztabletten für seine Ehefrau und legte zudem in einem Juwelierge-

schäft einen Weißgoldring I3 vor, der geändert werden sollte, da er seiner Ehefrau zu klein war.

Bereits vor der Vereinbarung ihrer Trennung hatten der Angeklagte und I3

vereinbart, an diesem Tag in das Einkaufszentrum CentrO nach Oberhausen zu fahren. Beide kamen überein, dass sie trotz der Beendigung ihrer Beziehung an dem geplanten Ausflug festhalten wollten. Zwischen 13.00 und 14.00 Uhr fuhren bei de im PKW des Angeklagten, einem schwarzen Opel Vectra, nach Oberhausen. Der Angeklagte kaufte im dortigen Einkaufszentrum für seine Ehefrau ein paar Damen stiefel sowie Slips und für sich slbst ein paar Herrenschuhe. Anschließend fuhren beide nach X1 zurü.ck, wo sie noch vor 18.00 Uhr eintrafen.

In X1 fuhr der Angeklagte mit seiner Ehefrau zum dortigen "Praktiker"-Baumarkt. Dort kaufte er zwei Getränke sowie ein paar Gartenhandschuhe. Gemeinsam fuhren der Angeklagte und I3 vom Baumarkt zu ihrer Wohnung am S 1 zurück.

Im Laufe des Abends, wobei die genauen Uhrzeiten auch im Folgenden nicht mehr feststellbar waren, entschlossen sich der Angeklagte und seine Ehefrau, die be schlossene Trennung auch symbolisch zu vollziehen. Sie entschieden, dass sie zur Dokumentation der Beendigung ihrer Beziehung ihre Eheringe vergraben wollten.

Der Angeklagte war spätestens zu diesem Zeitpunkt entschlossen, I3

zu töten. Hierzu wollte er die geplante Zeremonie des Vergrabens der Eheringe ausnutzen, die in einem Wald, dem "Bockerter Busch" in der Nähe der Stadt X1, erfolgen sollte. Der Angeklagte plante, seine Ehefrau mit einem so genannten "Survi val-Messer" zu töten. Hierbei handelte es sich um ein scharfes längeres Messer, in

dessen Griff sich ein aus verschiedenen Utensilien wie etwa Kompass, Nadel und

Faden bestehendes so genanntes "Survival-Kit" befand. Den Inhalt des Messergriffs

. .

entnahm der Angeklagte und warf ihn in seiner Wohnung in den Mülleimer. Das

Messer selbst verbarg er vor seiner Ehefrau in seiner Kleidung und führte es unbe merkt von dieser bei der Fahrt zum "Bockerter Busch" mit sich. Auch die in Oberhau-

.sen gekauften Schuhe sowie die im Baumarkt erworbenen Handschuhe führte der Angeklagte bei sich.

Mit dem PKW der I3, einem Ford Fiesta, fuhren der Angeklagte und seine Ehfrau zum "Bockerter Busch", wo sie den Wagen auf dem Parkplatz vor dem dort gelegenen Cafe "Waldfrieden" abstellten.Von dort gingen sie zu Fuß etwa

200 m über einen Weg in den an das Gelände der Gaststätte angrenzenden Wald hinein und wandten sich an der ersten Kreuzung des Weges mit einem weiteren Waldweg nach rechts. Nachdem der Angeklagte und I3 etwa 20 m diesem Weg gefolgt waren, verließen sie ihn nach links über eine kleine Böschung, um im dortigen Waldboden die beiden Eheringe zu vergraben. I3 hob hierzu ein Loch im Waldboden aus, in das beide ihre .Ringe legten, und schüttete es anschließend wieder zu.

Nachdem dies geschehen war, führte der Angeklagte mit dem mitgeführten und von seiner Ehefrau bis dahin nicht bemerkten Messer insgesamt fünf Stiche gegen deren Brust und einen weiteren Stich gegen deren Oberbauch aus. Im Brustbereich verlief der erste Stich durch die rechte Brust und stoppte vor den Rippen. Die Stiche drei und vier perforierten den Brustraum, die Stiche drei und fünf gemeinsam den Herz beutel und die rechte Herzkammer und traten durch den Herzbeutel wieder aus. Der Stich vier durchtrennte den Herzbeutel und verlief dann durch die linke Herzkammer, trat an deren Rückseite wieder aus, perforierte wiederum den Herzbeutel und endete schließlich in der linken Lungenwurzel. Der gegen den Oberbauch geführte sechste Stich traf den linken Leberlappen und trennte hiervon ein kleines Stück ab. Zudem führte der Angeklagte, nachdem I3 bereits verstorben war, drei weitere Stiche gegen ihren Oberauch aus. Diese erfolgten in einer nahezu waagerechten, senkrecht zur Körperachse liegenden Ebene. Der dritte, vierte und fünfte von dem Angeklagten gegen seine Frau geführte Stich waren jeweils tödlich. Alle haben

zu einem massiven Funktionsverlust des Herzens geführt und zudem eine Blutung in die linke Brusthöhle ausgelöst. Insgesamt fanden sich bei der nachfolgenden Obduk tion der Leiche I3 dort insgesamt 1.300 ml Blut. Der Tod trat durch Funktionsverlust des ·Herzens, eine so genannte Herzbeuteltamponade und die massive Blutung in die linke Brusthöhle ein.

Bei Durchführung der ersten sechs Stiche versah sich I3 eines gegen sie gerichteten Angriffs durch den Angeklagten nicht, was diesem bewusst war und was er zur Tötung seiner Ehefrau auszunutzen beabsichtigte.

Schließlich schleifte der Angeklagte seine am Boden liegende Ehefrau etwa 6 bis

8 m tiefer in den Wald hinein. Sodann verließ er den Tatort zu Fuß und ging zu sei ner Wohnung am S1 in X1 zurück. Von dort fuhr er mit seinem PKW ohne vorgeplante Route umher, wobei er sowohl das bei der Tat verwendete Messer als auch die Bekleidung, die er bei Ausführung der Tat getragen hatte und die teilweise mit dem Blut I3 befleckt war, von einer Brücke in den Rhein warf.

Am darauffolgenden Sonntag, den 07.12.2003, versuchte der Angeklagte unter der Angabe, I3 sei gegen 19.00 Uhr aus dem Haus gegangen und nicht mehr zurückgekommen, sodass er nicht wisse, wo sie sei, Erkundigungen über den Verbleib seiner Ehefrau bei deren Arbeitskollegen in der Bäckerei sowie bei dem ebenfalls dort anwesenden Q1, den der Angeklagte zuvor nicht kannte, einzuholen. Am gleichen Tag meldete der Angeklagte seine Ehefrau bei der Polizei in X1 als vermisst.

Ansatzpunkte dafür, dass die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzu sehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, ausgeschlossen oder erheblich vermin dert war, liegen nicht vor.

Der Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten .

III.

Die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten sowie zu seinen familiären, wirtschaftlichen .und sonstigen persönlichen Verhältnissen beruhen auf seinen glaub haften Aussagen in der Hauptverhandlung.

Soweit der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht hat zu der Androhung eines Selbstmords nach der Trennung von seiner ersten Ehefrau, der Zeugin T1, folgt die Kammer den diesbezüglichen Bekundungen dieser Zeugin, die.den Sachverhalt wie unter II. festgestellt geschildert hat. Anhaltspunkte dafür, die Zeugin könne nicht die Wahrheit gesagt haben, sind nicht ersichtlich.

Ebenso wenig hat der Angeklagte sich geäußert zu seiner Eifersucht in Bezug auf I3 und hinsichtlich des Nichtgewährens von privaten Freiräumen für diese. Insoweit liegen die Aussagen der Zeuginnen K1 und K 2 sowie D1 den getroffenen Feststellungen zugrunde. Alle drei Zeuginnen haben den diesbezüglichen Sachverhalt wie unter II. aufgeführt dargestellt. Auch wenn es sich bei den Zeuginnen um die Mutter, die Schwester und eine ehemalige Freundin der Geschädigten handelt, folgt hieraus nicht die mangelnde Glaubhaftigkeit der von diesen bekundeten Tatsachen. Die Zeuginnen waren vielmehr erkennbar bemüht, den Sachverhalt neutral zu schildern, Anzeichen für eine falsche Belastung des Angeklagten haben sich nicht ergeben.

Der Hergang der Tat steht fest aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklag ten sowie den weiteren in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen.

Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung erklärt:

"Hiermit erkläre ich, L1, dass ich meine Ehefrau in den Abendstunden des 06. Dezembers 2003 in einem Waldstück gegenüber des Restaurants Waldfrieden in X1 erstochen habe. Ich verste he dies heute nich mehr und habe auch keine Erklärung wie es dazu kommen konnte".

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dieses Geständnis des Angeklag ten nicht der Wahrheit entsprechen sollte. Für die Richtigkeit der Einlassung des An geklagten spricht dabei, dass er bereits gegenüber den ihn vernehmenden Polizei beamten im Beisein seines Verteidigers die Begehung der Tat gestanden und dieses Geständnis in der Hauptverhandlung ohne Einschränkungen wiederholt hat. In Be zug auf die im Vorfe ld der Tat liegenden Geschehnisse hat die Kammer die Bekun dungen der Zeugen KHK I5 KOK T3 und KO.K Q1 mit einer noch näher darzustellenden Ausnahme zur Grundlage der getroffenen Feststellungen gemacht. Die Zeugen haben als Mitglieder der ermittelnden Mordkommiss ion die Vernehmung des Angeklagten vom 07. und 08.12.2003 durchgeführt und konnten, teilweise nach Vorhalt der polizeilichen Vernehmungsprotokolle, den Ablauf der Befragungen des Angeklagten sowie deren Inhalt glaubhaft wiedergeben . Die so zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachte Geschehensschilderung des Angeklagten ist glaubhaft, da sie den Ablauf der Ereignisse in nachvollziehbarer Weise umfassend und detailreich schildert. Zudem wird die Dastellung in wesentlichen Punkten gestützt durch weiter festgestellte objektive Gegebenheiten.

Nicht zu folgen vermag die Kammer der Darstellung des Angeklagten allerdings in Bezug auf seine Einlassung, das bei der Tatausführung verwendete Messer habe seit längerer Zeit im PKW seiner Ehefrau gelegen. Gegen die Richtigkeit dieser Be hauptung spricht der von dem Zeugen KOK M2 glaubhaft bekundete Umstand, dass in dem in der Wohnung des Angeklagten befindlichen Mülleimer der Inhalt des Griffs eines Survival-Messers gefunden worden ist, wie es der Angeklagte nach sei-

nem Geständnis gegenüber dem Polizeibeamten bei der Tat verwendet hat. Dies macht deutlich, dass der Angeklagte das Messer in unmittelbarem zeitlichen Zu sammenhang mit der Tat in der Wohnung geöffnet und das in dem Messergriff ent haltene so genannte "Survival-Kit" weggeworfen haben muss. Bei einer zu unterstel lenden regelmäßigen Leerung des Mülleimers ist es ausgeschlossen, dass die in diesem aufgefundenen Gegenstände über einen längeren Zeitraum dort verblieben sein sollten. Gerade hiervon wäre jedoch auszugehen gewesen, wenn sich das Mes ser tatsächlich, wie vom Angeklagten behauptet, über eine längere Zeit im Auto sei ner Ehefrau befunden hätte. Auch die weitere theoretische Alternative, der Angeklag te könnte das Messer, als er nach Ausführung der Tat nach Hause zurückkehrte, ge öffnet und den Griffinhalt weggeworfen haben, erscheint der Kammer logisch nicht nachvollziehbar. Nach der glaubhaften Einlassung des Angeklagten steht fest, dass er die bei der Tat getragenen Kleidungsstüc.ke sowie das Messer selbst noch in der Tatnacht in den Rhein geworfen hat. Die Kamrner sieht keine logische Erklärung da für, dass der Angeklagte allein den Griffinhalt des Messers zuvor hätte entnehmen und getrennt von den übrigen Gegenständen in seiner eigenen Wohnung hätte be seitigen :sollen.

Dagegen hat die Kammer keine durchgreifenden Zweifel an der Darstellung des An geklagten, er sei mit seiner Ehefrau zum Bockerter Busch gefahren und dort habe I3 die beiden Eheringe als Symbolisierung ihrer Trennung im Waldboden vergraben. Zwar sind weder trotz intensiver Suche mit Metalldetektorgeräten die Ringe aufgefunden noch an den Fingern der Leiche der I3 größere Schmutzanhaftungen festgestellt worden. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Schilderung des Angeklagten sei insofern unzutreffend. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, dass die Ringe schon aufgrund der nicht genau zu bezeichnenden Stelle, an der sie vergraben wurden, nicht entdeckt werden konnten. In Bezug auf die nicht vorhandenen Schmutzanhaftungen an den Fingern der Leiche I3 ist es zudem möglich, dass diese ein Werkzeug, etwa ein am

Boden liegendes Holzstück, zur Aushebung des Lochs verwendet haben kann. Dies

.gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Angeklagte in seiner poli-

zeilichen Vernehmung angegeben hat, seine Ehefrau habe mit den bloßen Händen gegraben. Es erscheint zweifelhaft, ob der Angeklagte in der Situation unmittelbar vor Begehung der Tat.tatsächlich auf alle auch untergeordneten Details des Gesche hensablaufs geachtet hat.

Zur unmittelbaren Ausführung der Tötung seiner Ehefrau, insbesondere dazu, in wel cher Situation er die Messerstiche gegen I3 ausgeführt hat, hat der Angeklagte keine näheren Angaben gemacht. Gleichwohl steht aus den unter II. geschilderten objektiven Umständen des Tatablaufs fest, dass der Angek lagte die Arg und hieraus folgende Wehrlosigkeit der Geschädigten erkannte und bewusst zu ihrer

.Tötung ausnutzte. Hierfür spricht, dass I3, wie dem Angeklagten bewusst war, die bei Dunkelheit ausgeführte Fahrt in den Bockerter Busch mit einem bestimmten Zweck , nämlich dem Vergraben der Ringe als symbolischem Ende ihrer Beziehung, verband. Nur deshalb war I3 gemeinsam mit dem Angeklagten in den zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Wald gegangen. Es ist ausgeschlossen, dass die Geschädigte dies auch dann getan hätte, wenn sie mit einem Angriff des zuvor

nie gegen sie tätlich aggressiv gewordenen Angeklagten gerechnet hätte. Hieraus folgt zugleich, dass der Angeklagte das mitgeführte Messer gegenüber seiner Ehe frau verborgen hielt und diese es bis zur Ausführung der Tat nicht bemerkte. Es er scheint der Kammer lebensfremd anzunehmen, die Geschädigte hätte den Ange klagten auch in Kenntnis des Umstands, dass dieser ein Messer bei sich führte, in den Wald begleitet. Dass I3 infolge ihrer Arglosigkeit gegenüber dem Angeklagten nicht in der Lage war, sich gegen dessen Angriff zur Wehr zu setzen, wird deutlich durch den Umstand, dass an der Leiche, wie von dem Sachverständigen Dr. H. ausgeführt, keine Abwehrverletzungen vorgefunden worden sind.

Dass der Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit der I3 bewusst zu deren Tötung ausgenutzt hat, steht ebenfalls fest aufgrund der dargestellten Umstände der Tatausführung . Er hat das zum Tatort mitgenommene Messer vor seiner Ehefrau verborgen , um sie gezielt in ihrer Arglosigkeit zu belassen und den überraschenden Angriff auf ihr Leben so leichter und erfolgversprechender ausführen zu können.

Schließlich ergibt sich aus den Umständen der Tatausführung auch, dass der Ange klagte jedenfalls dann, als er gemeinsam mit seiner Ehefrau beschloss, die Eheringe im Wald zu vergraben, entschlossen war, I3 zu töten. Hierfür spricht, dass der Angeklagte ein Messer aus der gemeinsamen Wohnung mit sich führte, als er mit der Geschädigten zum Bockerter Busch fuhr. Es erscheint ausgeschlossen, dass der Angeklagte das Messer zu einem anderen Zwek als zur Tötung seiner Ehefrau mitgeführt haben sollte. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, der Angeklagte habe das Messer deshalb mitgenommen , weil er im dunklen Wald selbst Angst gehabt haben sollte. Es lag auch für den Angeklagten erkennbar fern, selbst bei Dunkelheit im Bockerter Busch Opfer eines Angriffs Dritter zu werden.

Der Angeklagte hat bei der Tötung seiner Ehefrau auch schuldhaft gehandelt. Weder waren die Voraussetzungen einer Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB noch einer verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB gegeben. Weder lagen bei dem

Angeklagten eine krankhafte seelische Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstö rung, Schwachsinn oder eine schwere andere selische Abartigkeit vor, durch die seine Schuldfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert gewesen wäre.

Diese Überzeugung hat das Gericht aufgrund der Einlassung des Angeklagten, des vorstehend festgestellten Tat- und Nachtatverhaltens sowie des Gutachtens des Sachverständigen Dr. A., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, dem das Gericht in igener Wertung folgt, gewonnen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass aus forensischpsychiatrischer Sicht keine Hinweise auf krankhafte oder krankheitsbe-

dingte innere Einflussgrößen in der Persönlichkeit des Angeklagten vorlägen. Auch toxische Substanzauswirkungen könnten ausgeschlossen werden, da sich keine An haltspunkte für einen vor der Tat liegenden Alkohol- oder Drogenkonsum des Ange klagten ergäben. Schließlich seien auch keine psychopathologischen Symptome mit der geschilderten Tathandlung offenbar geworden. Eine tiefgreifende Bewusstseins störung jedweder Genese sei ebenso sicher auszuschließen wie jede andere Form einer krankheitsbedingten Alteration. Insbesondere hätten sich keine Hinweise für eine Affekttat im engeren Sinn ergeben. Bei Zugrundelegung der gängigen foren sischpsychiatrischen Einschätzungskriterien zur Beurteilung affektbedingter Delikte ließen so gut wie keirierlei Gesichtspunkte für einen affektiven Ausnahmezustand

des Angeklagten eruieren. Es gebe keine Hinweise für eine im Tatvorfeld über einen. längeren Zeitraum zustande gekommene Pathologisierung der Persönlichkeit des Angeklagten etwa durch Vogänge eines gefühlsbezogenen Wechselspiels zwischen Akzeptanz und Ablehnung. Ferner fehlten auch Anzeichen für eine entsprechende Isolierung der Täterpersönlichkeit.

Die von der Geschädigten infolge der durch den Angeklagten ausgeführten Messer stiche erlittenen Verletzungen sowie der infolge des Funktionsverlustes des Herzens, einer so genannten Herzbeuteltamponade und einer massiven Blutung in die linke Brusthöhle eingetretenen Tod der I3 stehen fest aufgrund der in Augenschein genommenen Lichtbilder sowie der Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. in der Hauptverhandlung.

IV.

Durch die Tötung der I3 hat sich der Angeklagte eines Mordes nach

§ 211 Abs . 2, 5. Alternative StGB strafbar gemacht.

Dadurch, dass er die bestehende Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten bewusst zu deren Tötung ausn tzte, sind die Voraussetzungen der Heimtücke erfüllt. Der An geklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft.

V.

Nach § 211 Abs. 1 StGB wird der Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

Eine Milderung dieser Strafe im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB kommt nicht in Betracht. Außergewöhnl iche schuldmindernde Umstände, die die Verhängung le benslanger Freiheitsstrafe als unverhältnis mäßig erscheinen lassen, liegen nicht vor.

Eine besondere Schwere der Schuld des Angeklagten war nicht festzustellen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

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