LG Coburg, Beschluss vom 01.04.2021 - 3 O 270/19
Fundstelle
openJur 2021, 25041
  • Rkr:
Tenor

Der Gebührenstreitwert wird auf bis zu 16.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Streitwert richtet sich nach dem Interesse der klagenden Partei an der begehrten Entscheidung. Bei bezifferten, auf Zahlung von Geld gerichteten Klageanträgen ist der Streitwert gleich der bezifferten Forderung.

Der Klageantrag war seinem Wortlaut nach darauf gerichtet, die Beklagte zur Zahlung von 13.900 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung eines näher bezeichneten Pkw und Zug um Zug gegen Zahlung einer "Nutzungsentschädigung" zu zahlen. Die Höhe der "Nutzungsentschädigung" hat der Kläger in das Ermessen des Gerichts gestellt, sie sollte jedoch nicht mehr als 5.629,88 € betragen.

1. Dieser Klageantrag ist nicht dahingehend auszulegen, dass der Kläger eine Verurteilung der Beklagten lediglich zur Zahlung der Differenz zwischen den im Antrag genannten Beträgen (13.900 € 5.629,88 €) erstrebte (so aber für einen vergleichbaren Antrag OLG Düsseldorf, 11.09.2019, 5 W 33/19).

Auch Klageanträge können ausgelegt werden. Ziel jeder Auslegung ist es jedoch, den wirklichen Sinn der Erklärung zu ermitteln. Bei der Auslegung eines Klageantrags geht es also darum, herauszuarbeiten, welche Verurteilung der Kläger mit seinem Antrag erreichen wollte. Es geht hingegen nicht darum, welchen Klageantrag der Kläger unter Berücksichtigung der materiellen Rechtslage sinnvollerweise hätte stellen sollen oder können.

Deshalb ist vorliegend schon der Wortlaut des Antrages ein gewichtiges Indiz gegen eine vom Wortlaut abweichende Abweichung. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Klageantrag durch einen Rechtsanwalt formuliert wurde. Einem Rechtsanwalt ist nämlich der Unterschied zwischen einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung und einem lediglich für die Höhe des eingeklagten Anspruches relevanten Rechnungsposten ohne Zweifel bekannt. Hätte der Kläger tatsächlich lediglich einen Anspruch in Höhe der Differenz zwischen den im Klageantrag genannten Beträgen einklagen wollen, dann hätte es sich nicht nur angeboten, sondern geradezu aufgedrängt, den Klageantrag entsprechend zu formulieren und nicht das wirklich Gewollte durch eine scheinbare Zug-um-Zug-Einschränkung zu verschleiern.

Unabhängig davon spricht schon die Verwendung des Begriffes "Nutzungsentschädigung" dafür, dass damit ein bei der Beklagten eingetretener oder noch eintretender Nachteil ausgeglichen (die Beklagte also entschädigt) werden soll. Daraus folgt, dass mit "Nutzungsentschädigung" eine vom Kläger an die Beklagte zu erbringende Leistung gemeint ist. Das wiederum korrespondiert mit dem Wortlaut des Antrages, nach dem der Kläger bereit ist, diese ihm vermeintlich obliegende Leistung Zug um Zug gegen Erfüllung des mit der Klage geltend gemachten Anspruches zu erfüllen.

Schließlich steht einer vom Wortlaut abweichenden Auslegung des Antrages die Reaktion des Klägers auf die mit der Ladungsverfügung vom 25.08.2020 erteilten Hinweise entgegen. Dort hatte das Gericht u.a. darauf hingewiesen, dass die Fassung des Antrages im Widerspruch zur materiellen Rechtslage steht. Die Beklagte habe nämlich keinen Anspruch auf eine "Nutzungsentschädigung", der Zug um Zug erfüllt werden könnte, vielmehr sei der dem Kläger durch die Nutzung des Fahrzeugs entstandene Vorteil unmittelbar bei der Feststellung der Schadenshöhe zu berücksichtigen. Der Kläger hat dies jedoch nicht zum Anlass genommen, seinen Klageantrag dahingehend klarzustellen, dass abweichend vom Wortlaut nicht (bzw. nur hinsichtlich der Übereignung des Pkw) eine Verurteilung mit einer Zug-um-Zug-Einschränkung begehrt werde, sondern Zahlung in Höhe der Differenz. Einen auf Zahlung der Differenz zwischen 13.500 € und dem in der Klageschrift genannten Maximalbetrag der "Nutzungsentschädigung" gerichteten Antrag hat der Kläger mit dem Schriftsatz vom 04.12.2020 lediglich als Hilfsantrag angekündigt. Vorrangig sollte es also bei dem mit der Klageschrift angekündigten Antrag, der eine Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung einer "Nutzungsentschädigung" zum Gegenstand hatte, bleiben. Vor diesem Hintergrund kann der in der Klageschrift formulierte Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er inhaltlich mit dem im Schriftsatz vom 04.12.2020 ausdrücklich nur hilfsweise gestellten Antrag übereinstimmt.

2. Diese nach dem Klageantrag Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistungen bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes außer Betracht (BeckOK, Rn. 36 zu § 3 ZPO). Dieser Grundsatz findet seine Rechtfertigung darin, dass ein dem Antrag entsprechendes Urteil die Zwangsvollstreckung in voller Höhe der durch die beklagte Partei zu erbringenden Leistung ermöglicht. Im vorliegenden Falle hätte ein dem Klageantrag entsprechendes Urteil dem Kläger die Zwangsvollstreckung i.H.v. 13.900 € und nicht lediglich i.H.v. 8.270,12 € ermöglicht. Dies gilt unabhängig davon, dass unter der Prämisse gegenseitiger Ansprüche der Anspruch des Klägers teilweise durch Aufrechnung hätte erfüllt werden können.

3. Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung den Klageantrag dahingehend auslegen wollte, dass mit der Klage lediglich ein Anspruch in Höhe der Differenz zwischen dem durch den Kläger gezahlten Kaufpreis i.H.v. 13.900 € und einer durch den Kläger dem Grunde nach akzeptierten "Nutzungsentschädigung" geltend gemacht werden soll, ergäbe sich kein geringerer Streitwert.

Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Kläger eine "Nutzungsentschädigung" lediglich dem Grunde nach akzeptiert, deren Höhe aber in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Dementsprechend hat der Kläger in seinem Klageantrag auch nicht die "Nutzungsentschädigung" beziffert, sondern insoweit lediglich einen Maximalbetrag genannt. Dadurch hat der Kläger deutlich gemacht, dass sein Antrag gerade nicht nur auf Zahlung der Differenz zwischen den im Klageantrag genannten Werten gerichtet ist. Vielmehr führt diese Antragsfassung - vom Kläger gewollt - dazu, dass das Gericht ohne Verstoß gegen seine Bindung an den Klageantrag (§ 308 Abs. 1 ZPO) die Beklagte auch zur Zahlung eines höheren Betrages, maximal zur Zahlung von 13.899,99 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw hätte verurteilen können.

Deshalb kann der Streitwert auch dann nicht auf eine unter der Wertstufe "bis zu 16.000 €" liegende Wertstufe festgesetzt werden, wenn man den Antrag in dem oben genannten Sinne auslegt.

Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es mangels Bestimmtheit des klägerischen Begehrens zur Unzulässigkeit der Klage führt, dass der Kläger die Höhe der "Nutzungsentschädigung" in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Für die Bestimmung des Streitwertes ist es nämlich unerheblich, ob die Klage zulässig oder unzulässig ist.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte