Thüringer OVG, Urteil vom 03.12.2020 - 1 N 205/14
Fundstelle
openJur 2021, 24368
  • Rkr:

1. Bei der Ersatzverkündung von in Verordnungen enthaltenen Karten fordert § 6 Thüringer Verkündungsgesetz nicht, in der Verordnung den Raum der Aufbewahrung und die Zeit der Auslegung anzugeben.

2. Bei der Erfüllung der Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere nach Art. 20a GG kommt dem Normgeber ein weiter politischer Gestaltungsspielraum zu.

3. Die Erforderlichkeit einer Schutzgebietsausweisung lässt sich nur verneinen, wenn eindeutig feststeht, dass sich der Zweck mit einem milderen Mittel sachlich gleichwertig erreichen lässt.

4. Die bei der rechtsverbindlichen Unterschutzstellung bestimmter Teile von Natur und Landschaft vorzunehmende Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen ist mit einer fachplanerischen Abwägung nicht identisch ( BVerwG, Beschl. v. 16. Juni 1988 - 4 B 102/88 -); sie ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das Gips und Anhydrit abbaut. Sie wendet sich im Wege der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle gegen die Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" - fortan Verordnung -, weil sie sich dadurch in ihren Möglichkeiten zum Abbau von Gips und Anhydrit eingeschränkt sieht.

Das Schutzgebiet liegt vollständig in dem im Dezember 2004 von der EU-Kommission als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bestätigten Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (fortan FFH-Gebiet) Nr. 6 "Rüdigsdorfer Schweiz - Harzfelder Holz - Hasenwinkel" und innerhalb des 2007 an die EU-Kommission gemeldeten Europäischen Vogelschutzgebiets (Special Protection Area - SPA-Gebiet -) Nr. 2 "Südharzer Gipskarst"; beide Gebiete sind Teil des kohärenten ökologischen Netzes "Natura 2000" der Europäischen Union. Soweit der am 27. Juni 2012 beschlossene und am 13. September 2012 genehmigte Regionalplan Nordthüringen diesen Bereich außerdem als Vorranggebiet Freiraumsicherung Rüdigsdorfer Schweiz / Harzfelder Holz / Steinberg / Eichenberg (FS-70) festgelegt hatte, hat der erkennende Senat den Regionalplan inzwischen auf einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin mit rechtskräftigem Urteil vom 29. November 2017 - 1 N 624/13 - für unwirksam erklärt.

Die Antragstellerin ist Rechtsnachfolgerin der Firma B... GmbH, der für das zwischen Harzungen und Rüdigsdorf in den Gemarkungen Nordhausen, Neustadt und Harzungen gelegene Bewilligungsfeld "Rüdigsdorf / Günzdorf" Bergwerkseigentum verliehen wurde. Die etwa 72,9 ha große Lagerstättenfläche des Bergwerkseigentums Rüdigsdorf / Günzdorf (fortan BWE) liegt zu etwa 95 Prozent im FFH-Gebiet Nr. 6. Nach einer FFH-Verträglichkeitsstudie vom 8. Februar 2010, die das damalige Landesbergamt als Voraussetzung für ein Betriebsplanverfahren der Antragstellerin beauftragt hatte, ist ein untertägiger Gipsabbau im BWE Rüdigsdorf / Günzdorf bei "strikter Beachtung" und "zwingender Umsetzung" verschiedener Schadensbegrenzungsmaßnahmen mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets Nr. 6 und des Vogelschutzgebiets Nr. 2 vereinbar.

Im Amtsblatt des Landkreises Nordhausen Nr. 9/2013 vom 5. Juni 2013 machte das Landratsamt Nordhausen bekannt, dass der Verordnungsentwurf ab dem 13. Juni 2013 für die Dauer eines Monats im Landratsamt öffentlich ausgelegt werde.

Innerhalb der Auslegungsfrist nahm die Antragstellerin am 10. Juli 2013 zum Inhalt des Entwurfs Stellung. Schwerpunkt ihrer Einwendungen waren die Auswirkungen der geplanten Unterschutzstellung des Gebiets auf den von ihr beabsichtigten Untertagebau.

Das Thüringer Landesbergamt wies in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 2013 auf die FFH-Verträglichkeit des beabsichtigten Untertagebaus hin, aus der sich seiner Auffassung nach ein erhöhter Abwägungsbedarf bei der Ausweisung des Gebiets ergebe.

Im Abwägungsprotokoll vom 11. Dezember 2013 befasste sich der Antragsgegner mit den Einwänden der Antragstellerin. Darin heißt es:

"Auch die Realisierung eines untertägigen Gipsabbaus würde zu vielfältigen Auswirkungen auf den Naturhaushalt führen. Dabei ist zu beachten, dass der Schutzzweck nicht nur die in der Stellungnahme angesprochenen Punkte umfasst (Bewahrung und Schutz der landschaftsprägenden geomorphologischen Einheit der Gipskarstlandschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Verordnungsentwurfs, Erhaltung und Schutz des naturnahen Waldkomplexes gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3, Sicherung und Erhaltung gefährdeter und geschützter Laubwaldgesellschaften gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 und Schutz und Bewahrung der seltenen Böden über Gipsgestein gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4).

Zu den Schutzzwecken gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung gehören neben den genannten vielmehr auch

der Schutz und die Bewahrung der in Folge der historischen Nutzung entstandenen Sonderbiotope wie Alabasterstollen, Pingen, Kleinsteinbrüche, Hohlwege und Steinhaufen als Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten (§ 2 Abs. 2 Nr. 5),

die Erhaltung und Entwicklung von Bedingungen, die die biologische Vielfalt des Gebiets begünstigen, und die Bewahrung von seltenen, gefährdeten und gesetzlich geschützten Tier- und Pflanzenarten vor nachhaltigen Beeinträchtigungen, Störungen und Veränderungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 12) und

der Schutz der im Gebiet lebenden Fledermausarten und die Bewahrung ihrer Lebensräume vor Beeinträchtigungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 13).

Diese Schutzgüter können auch durch einen untertägigen Abbau negativ beeinträchtigt werden, weshalb ein solcher gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verboten ist. Im Gegensatz zu den Regelungen der FFH-Richtlinie bezieht sich § 23 Abs. 2 BNatSchG dabei nicht nur auf bestimmte Arten und Lebensraumtypen, sondern auf sämtliche Bestandteile des Naturschutzgebiets. Um das Verbot erforderlich werden zu lassen, genügt es, wenn die Möglichkeit der Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder Störung eines oder mehrerer dieser Bestandteile oder des ganzen Naturschutzgebiets nicht ausgeschlossen werden kann."

Am 10. Januar 2014 unterzeichnete der Präsident des Thüringer Landesverwaltungsamts die Verordnung und die in § 1 Abs. 4 der Verordnung näher bezeichnete "Übersichtskarte" (Topographische Karte im Maßstab 1:25.000), aus der sich die örtliche Lage des Schutzgebiets ergibt. Der Antragsgegner veröffentlichte die Verordnung einschließlich der Übersichtskarte am 3. Februar 2014 im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 5/2014. Nach ihrem § 8 trat die Verordnung am Tag nach ihrer Verkündung, also am 4. Februar 2014, in Kraft.

Die Verordnung weist in § 1 Abs. 1 die in den Gemarkungen Rüdigsdorf und Petersdorf der Stadt Nordhausen, der Gemarkung Buchholz der Gemeinde Buchholz, der Gemarkung Neustadt der Gemeinde Neustadt sowie der Gemarkung Harzungen der Gemeinde Harzungen gelegene Gipskarstlandschaft zwischen den Ortslagen Harzungen im Nordwesten und Buchholz im Südosten einschließlich des Hopfenbergs im Westen unter der Bezeichnung "Harzfelder Holz" als Naturschutzgebiet aus. Das Gebiet hat eine Größe von 283,2 ha. Wegen der Grenzen des Schutzgebiets wird auf die in § 1 Abs. 3 der Schutzgebietsverordnung näher bezeichnete "Schutzgebietskarte" (Kartenblätter 01 bis 24) verwiesen. Die Karte ist Bestandteil der Verordnung, die Kartenblätter wurden gesondert durch den Präsidenten des Thüringer Landesverwaltungsamts unterschrieben.

Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung ist das Naturschutzgebiet Bestandteil des Südharzer Zechsteingürtels. In der Gipskarstlandschaft hätten sich unter Einfluss einer jahrhundertelangen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen entwickelt. Die Mannigfaltigkeit der Biotoptypen und Habitate diene einer großen Anzahl von seltenen, gefährdeten oder geschützten sowie vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten als Lebensgrundlage. Durch die vorhandene Naturausstattung besitze das Gebiet eine geologisch und ökologisch bundesweite Bedeutung. Schutzzweck der Festsetzung als Naturschutzgebiet sei es u. a. die landschaftsprägende geomorphologische Einheit der Gipskarstlandschaft mit den im Gebiet besonders ausgeprägten Dolinen, Erdfällen, Uvalas und Auslaugungstälern zu bewahren und vor nachhaltigen Veränderungen zu schützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung).

§ 3 der Verordnung regelt Verbote. Darin heißt es u. a.:

"(1) Es sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.

Es ist deshalb insbesondere verboten:

1. bauliche Anlagen im Sinne der Thüringer Bauordnung zu errichten, zu beseitigen oder wesentlich zu ändern oder ihre Nutzung nach Art und Umfang wesentlich zu ändern, auch wenn dies keiner Baugenehmigung bedarf,

2. mineralische Rohstoffe oder Bodenbestandteile ober- oder unterirdisch abzubauen, Aufschüttungen, Ablagerungen, Grabungen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen oder die Bodengestalt in sonstiger Weise zu verändern,

3. Straßen, Wege und Plätze neu zu bauen oder bestehende zu verändern,...

(2) Ferner ist verboten:

1. im Gebiet mit Fahrzeugen aller Art ... zu fahren oder diese dort abzustellen,

2. das Gebiet außerhalb von Wegen zu betreten,

...

8.  zu lärmen ..."

§ 4 regelt Ausnahmen von den Verboten, § 5 Befreiungen, § 6 die Umsetzung des Europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 und § 7 Ordnungswidrigkeiten.

Die Antragstellerin hat am 1. April 2014 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, es sei zweifelhaft, ob die Verordnung rechtswirksam veröffentlicht worden sei, weil weder angegeben sei, in welchem Raum die im Wege der Ersatzveröffentlichung mitveröffentlichten Karten einzusehen seien, noch zu welchen Dienststunden.

Die Verordnung verstoße gegen Art. 14 GG, weil sie die Privatnützigkeit ihres Bergwerkseigentums vollständig aufhebe. Das Schutzwürdigkeitsgutachten, das der Unterschutzstellung zugrunde liege, sei über 15 Jahre alt und daher nicht mehr aktuell. Jedenfalls habe der Antragsgegner gegen das Gebot korrekter Abwägung verstoßen. Er habe nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie, die Antragstellerin, keinen übertägigen Abbau plane und die dem Schutzzweck der Verordnung zuwiderlaufenden Veränderungen durch ihre Bergwerkstätigkeit nur sehr gering sein würden. Es werde lediglich eine geringfügige und temporäre Veränderung des Marktals durch die den geplanten Mundlöchern vorgelagerte Fläche zu verzeichnen sein. In geschützte Waldbestände werde nur auf einer Fläche von etwa 500 qm eingegriffen. Der Eingriff in Böden über Gipsgestein zur Anlage der Mundlöcher nehme ebenfalls nur etwa 500 qm in Anspruch. In der Abwägung verweise der Antragsgegner nur auf die vielfältigen Auswirkungen des Vorhabens auf den Naturhaushalt, ohne sie im Einzelnen zu benennen. Der bloße Hinweis auf die Schutzzwecke der Verordnung ersetze nicht die gebotene Abwägung. Aus der Abwägung ergebe sich nicht, warum der Antragsgegner die Schutzgüter der Verordnung auch bei einem untertägigen Abbau beeinträchtigt sähe. Mögliche Gefahrentatbestände seien nicht benannt worden. Die bloß formelhafte und pauschale Auseinandersetzung mit ihren Einwendungen widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass die von ihr beanspruchte Fläche nur einen geringen Teil des Schutzgebiets umfasse. Mit der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG und dem Inhalt der FFH-Verträglichkeitsprüfung und den vorgesehenen Schadensbegrenzungsmaßnahmen und dem Umstand, dass sie eine Fläche von 13 ha als abbaufreien Bereich aussparen und zusätzlich einen Schutzabstand einhalten wolle, um eine Beeinträchtigung der Alabasterstollen und der Fledermausbestände durch die Sprengungen auszuschließen, setze sich die Abwägung nicht auseinander. Unklar bleibe, weshalb die Rechtsverordnung andere Anforderungen stelle, als sie Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsstudie gewesen seien. Es gebe für das Gebiet inzwischen keine raumordnerische Regelung mehr, die ihren Belangen entgegengehalten werden könnte.

Zudem sei zweifelhaft, ob der Antragsgegner angemessen gewürdigt habe, dass die Auswirkungen ihres beabsichtigten Untertagebaus auf das FFH-Gebiet und das Vogelschutzgebiet mit zahlreichen Studien fachlich geprüft worden seien. Die FFH-Verträglichkeitsstudie und ihre Nachträge seien jeweils durch das damalige Thüringer Landesbergamt der Oberen und der Unteren Naturschutzbehörde zur fachlichen Überprüfung übermittelt und das Ergebnis abschließend am 8. Februar 2010 in einem Vermerk zusammengefasst worden. Dabei seien die Auswirkungen des untertägigen Abbauvorhabens - insbesondere der notwendigen Sprengungen - auch auf die dort vorkommenden Fledermaus- und Vogelarten untersucht und als unkritisch bewertet worden. Entgegen der Bewertung des Antragsgegners hätten die umfangreichen hydrologischen Untersuchungen ergeben, dass die Gefahr eines Austrocknens der Vegetation über der Abbaufläche hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne.

Die Antragstellerin beantragt.

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 der Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" vom 10. Januar 2014 für unwirksam zu erklären;

hilfsweise,

die Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" vom 10. Januar 2014 insgesamt für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt er vor, durch die im Vergleich zum Auslegungsexemplar geänderte Formulierung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung sei die Regelung lediglich klargestellt und nicht zulasten der Antragstellerin verschärft worden. Die Verordnung sei nach dem Thüringer Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Organisationsanordnungen rechtswirksam bekanntgemacht worden. Die Thüringer Bekanntmachungsverordnung finde nach ihrem § 3 Abs. 2 insoweit keine Anwendung.

Die vorgenommene Abwägung sei nicht zu beanstanden. Er, der Antragsgegner, habe sich mit den Argumenten der Antragstellerin, insbesondere auch dem beabsichtigten untertägigen Gipsabbau im Einzelnen auseinandergesetzt. Zweck der Festsetzung als Naturschutzgebiet sei es, die landschaftsprägende geomorphologische Einheit der Gipskarstlandschaft zu bewahren und vor nachhaltigen Veränderungen zu schützen. Mit dem Untertagebau im Marktal seien Gefährdungen oder nachhaltige Störungen des Naturschutzgebiets möglich. Der beabsichtigte untertägige Abbau beschränke sich nicht auf die angeführten Mundlöcher, sondern umfasse u. a. auch den Bau und Betrieb der Zufahrt und der Bewetterungsschächte/Fluchtwege, die Inanspruchnahme von Arbeits- und Lagerflächen und Parkplätzen, sowie mögliche Veränderungen der Geländeoberfläche und des Wasserhaushalts sowie Lärm- und Staubimmissionen. Es sei nicht der Nachweis möglicher Gefährdungen nötig; es reiche aus, dass negative Folgen möglich seien. Die Ausweisung eines Naturschutzgebiets sei ein Instrument der Gefahrenverhütung nicht lediglich der Schadensbeseitigung oder Schadenswiedergutmachung.

Auch bei einem untertägigen Abbau könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Wasserhaushalt verändere und sich dies auf die darüber befindliche Vegetation auswirke. Angesichts der konkreten Vorgabe des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG reiche es nicht aus, wenn die gutachterliche Stellungnahme der H... GmbH vom August 2008 zu dem Ergebnis komme, dass ein Leerlaufen oder Trockenfallen der die Vegetation tragenden aufgeweiteten Kluft- und Störungssysteme "nicht anzunehmen sei". Die Bewetterung der Grubenbaue würde aktiv Feuchtigkeit aus dem Berg heraustragen mit der möglichen Folge einer beschleunigten Abtrocknung der sich über dem Grubengebäude befindlichen Erdoberfläche und damit zwangsläufig zu einer Veränderung der standortlichen Bedingungen und damit der Vegetation in erster Linie für die Waldgesellschaften am Brand- und am Westerberg führen, denen eine hohe Schutzwürdigkeit zukomme. Beim Abbau der Lagerstätte seien unter den gegebenen geologischen Verhältnissen Tagesbrüche durchaus möglich. Dies werde durch die Gebirgsmechanischen / geotechnischen Untersuchungen der K... AG ...... ... bestätigt, die zudem darauf hinwiesen, dass die den Berechnungen zugrunde gelegten Daten für die Standsicherheitsberechnungen theoretische Werte seien, die bei der Erkundung und dem Aufschluss der Lagerstätte korrigiert werden müssten.

Das Schutzwürdigkeitsgutachten stufe das Gebiet hinsichtlich der Artenzahl als herausragendes Überwinterungsquartier für Fledermäuse in Thüringen ein und rechne es hinsichtlich der Arten und Individuenzahl zu den bedeutendsten Überwinterungsquartieren Deutschlands. Neben einer möglichen Beeinträchtigung durch Schwingungen könne ein beschleunigter Verbruch zur Vernichtung ganzer Quartiere führen.

Die Schutzziele des Naturschutzgebiets gingen wesentlich über die Schutzziele des Natura-2000-Gebiets hinaus. Während sich die FFH-Richtlinie nur auf Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse im Sinne dieser Richtlinie beziehe, stelle die Verordnung das Gebiet in seiner Gesamtheit einschließlich sämtlicher dort vorkommender Arten und Lebensräume unter Schutz. Die Ausweisung des Europäischen Vogelschutzgebiets diene nur der Sicherung eines dauerhaft günstigen Erhaltungszustands der signifikanten Vorkommen von Vogelarten von gemeinschaftlichem Interesse im Gebiet.

Unter Berücksichtigung der strengen Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sei der Untertagebau wegen der nicht auszuschließenden Gefährdung naturschutzrechtlicher Schutzgüter mit dem Naturschutz nicht vereinbar. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG ergebe sich kein absoluter Vorrang der Rohstoffsicherung und Gewinnung vor allen anderen Belangen. Im Übrigen richte sich diese Rohstoffsicherungsklausel nicht an den Geber untergesetzlicher Normen, sondern lediglich an die die Norm im Einzel-fall anwendende Behörde.

Es sei hinreichend berücksichtigt worden, dass die Antragstellerin vorgebracht habe, auf die Gewinnung der Rohsteine angewiesen zu sein. Auch im Hinblick auf die Aufwendungen für den Antrag auf Genehmigung eines Hauptbetriebsplans bleibe die Abwägung fehlerfrei. Der Regionalplan Nordthüringen habe das Gebiet nicht als Vorranggebiet "Rohstoffe" ausgewiesen, so dass die Antragstellerin ihre Investition auf eigenes Risiko getätigt habe. Der Vermerk des damaligen Landesbergamts vom 8. Februar 2010 habe keinen Vertrauensschutz begründen können, weil er sich nur mit der Ausweisung des FFH-Gebiets und des SPA-Gebietsschutzes befasst habe.

Es finde keine Enteignung statt. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Einräumung aller Nutzungsmöglichkeiten, die ihr den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen versprächen; sie könne die vorhandenen Wald- und Landwirtschaftsflächen nach Maßgabe der Verordnung weiter wirtschaftlich nutzen.

Das vorhandene Bergwerkseigentum werde in jedem Fall nicht vollständig von dem Naturschutzgebiet überdeckt, außerdem stehe das Bergwerkseigentum unter dem Vorbehalt des § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG.

Die naturschutzfachlichen Grundlagen für die Ausweisung des Naturschutzgebiets hätten sich seit Erstellung des Schutzwürdigkeitsgutachtens nicht geändert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (ein Band) und den Normentstehungsvorgang zur streitgegenständlichen Rechtsverordnung (vier Ordner) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg. Der Haupt- und der Hilfsantrag sind zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin hat weder einen Anspruch auf Feststellung, dass die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 oder die Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" vom 10. Januar 2014 insgesamt unwirksam ist.

I.

Der gemäß den § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 4 ThürAGVwGO statthafte und unter Beachtung der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig.

Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie geltend machen kann, durch die angegriffene Verordnung in ihren Rechten verletzt zu werden, denn ihr Bergwerkseigentum liegt im Geltungsbereich der angegriffenen Schutzgebietsverordnung und wird durch die darin enthaltenen Beschränkungen in seiner Nutzbarkeit eingeschränkt.

II.

Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.

Die Antragstellerin konnte ihren Hauptantrag zulässigerweise darauf beschränken, § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung für unwirksam zu erklären. Die Bestimmung, nach der es verboten ist, mineralische Rohstoffe oder Bodenbestandteile ober- oder unterirdisch abzubauen, Aufschüttungen, Ablagerungen, Grabungen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen oder die Bodengestalt in sonstiger Weise zu verändern, bezieht sich allein auf Verbote im Zusammenhang mit der bergbaulichen Betätigung im Schutzgebiet und ist weder mit den weiter bestehenden Verboten im Übrigen noch mit den sonstigen Festsetzungen der Verordnung so verflochten, dass der verbleibende Teil der Verordnung im Falle der Unwirksamkeit der angegriffenen Bestimmung nicht mehr sinnvoll bestehen bleiben könnte.

Allerdings steht die vom Thüringer Landesverwaltungsamt am 3. Februar 2014 veröffentlichte Verordnung insgesamt mit höherrangigem Recht im Einklang. Sie leidet weder in formeller Hinsicht noch inhaltlich an einem Fehler, der ganz oder teilweise zu ihrer Unwirksamkeit führt, so dass weder der Hauptantrag noch der hilfsweise gestellte Antrag zum Erfolg des Normenkontrollantrags führen.

Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der angegriffenen Verordnung findet sich in den §§ 23 Abs. 1, 22 Abs. 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - vom 29. Juli 2009 (BGBl. I Seite 2542) i. V. m. §§ 11 Nr. 1, 12 des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft in der bis zum 31. Dezember 2018 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 30. August 2006 (GVBl. Seite 421) - fortan ThürNatG 2006 - zuletzt geändert mit Wirkung zum 1. Mai 2008.

Die Verordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat als zuständige Obere Naturschutzbehörde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i. V. m. § 36 Abs. 3 Satz 1 ThürNatG 2006) das Naturschutzgebiet durch Rechtsverordnung (§§ 19 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 ThürNatG 2006) ausgewiesen.

Das Verfahren zur Inschutznahme hat die Obere Naturschutzbehörde frei von Rechtsfehlern durchgeführt.

§ 22 Abs. 2 BNatSchG verweist zu Form und Verfahren der Unterschutzstellung auf das Landesrecht. § 21 Abs. 1 Satz 1 ThürNatG 2006 bestimmte, dass u. a. der Entwurf einer Rechtsverordnung zur Festsetzung eines Naturschutzgebiets (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG/ § 12 ThürNatG 2006) mit Karten, aus denen sich die Grenzen des Schutzgebiets oder des Schutzgegenstands ergeben, den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabengebiete durch die Rechtsverordnung berührt werden, sowie den davon betroffenen Gemeinden und Landkreisen zugeleitet werden sollen. Nach Absatz 2 der Vorschrift sollte der Entwurf der Rechtsverordnung über das Naturschutzgebiet mit Karten für die Dauer eines Monats öffentlich in den davon betroffenen Landkreisen und kreisfreien Städten ausgelegt werden.

Die Obere Naturschutzbehörde hat die Träger öffentlicher Belange und die von der Verordnung betroffenen Gebietskörperschaften gemäß § 21 Abs. 1 ThürNatG 2006 ab Juni 2013 beteiligt und den Entwurf unter Einhaltung der Frist des § 21 Abs. 2 Satz 2 ThürNatG 2006 nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung öffentlich in den betroffenen Landratsämtern und kreisfreien Städten ausgelegt. Die Bekanntmachungen im Amtsblatt des Landkreises Nordhausen vom 5. Juni 2013 - Nr. 9/2013 -, in den Schaukästen der zur VG Hohenstein-Südharz zusammengeschlossenen Gemeinden und der Stadt Nordhausen enthielten jeweils die in § 21 Abs. 2 Satz 2 und 3 ThürNatG 2006 vorgeschriebenen Hinweise auf die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen. Die dem Entwurf der Rechtsverordnung beigefügte Schutzgebietskarte im Maßstab 1:25.000 entsprach den Vorgaben des § 20 Abs. 2 ThürNatG 2006.

Die Rechtsverordnung wurde abschließend im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 5/2014 vom 3. Februar 2014 verkündet und zum 4. Februar 2014 (vgl. § 6 der Verordnung) in Kraft gesetzt.

Der Antragsgegner hat bei der Verkündung der Rechtsverordnung den Anforderungen des § 6 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Organisationsanordnungen (Verkündungsgesetz) genügt. Dabei hat er insbesondere die in Abs. 3 der Vorschrift enthaltenen Vorgaben zur Ersatzverkündung der enthaltenen Karten beachtet und in § 1 Abs. 3 Satz 4 bis 7 der Verordnung auf die Möglichkeit der Einsichtnahme bei den die Karten dauerhaft verwahrenden Stellen verwiesen. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch der Zweck der Regelung, Kenntnis von den Karten zu erlangen und dauerhaft die Einsichtnahme in die Karten zu ermöglichen, erfordern es - entgegen der Ansicht der Antragstellerin -, entsprechend der insoweit weitergehenden und für kommunale Satzungen geltenden Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 4 Thüringer Bekanntmachungsverordnung in der Verordnung zusätzlich das Gebäude und den Raum der Aufbewahrung sowie die Zeit der Auslegung anzugeben.

Die Verordnung ist auch hinreichend bestimmt. Sie zitiert in ihrem Eingang die der Ausweisung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften und bezeichnet in einer den Anforderungen des § 20 Abs. 1 und 2 ThürNatG 2006 genügenden Weise in § 1 den Schutzgegenstand als Gipskarstlandschaft zwischen den Ortslagen Harzungen im Nordwesten und Buchholz im Südosten einschließlich des Hopfenbergs im Westen und führt in § 2 die mit der Ausweisung verfolgten Schutzzwecke auf.

Sowohl die Verbote (§ 3), die zulässigen und bedingt zulässigen Handlungen und Maßnahmen (§ 4) und die Befreiungsmöglichkeiten (§ 5) sind im Einzelnen aufgeführt und in § 6 ist bezogen auf die prioritären Lebensraumtypen, weitere Lebensraumtypen und Arten detailliert dargestellt, inwieweit die Ausweisung des Naturschutzgebiets der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie dient.

Die Abwägung der fristgemäß (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 ThürNatG 2006) vorgebrachten Bedenken und Anregungen ist formell ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat im Juni 2013 die Stellungnahmen der Behörden und öffentlichen Planungsträger eingeholt, sofern deren Aufgabenbereich durch die geplante Verordnung berührt wurde (vgl. § 21 Abs. 1 ThürNatG 2006). Auch die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 10. Juli 2013 gegen den Verordnungsentwurf vorgebrachten Bedenken und Anregungen sind entsprechend § 21 Abs. 5 ThürNatG 2006 im Abwägungsprotokoll vom 11. Dezember 2013 geprüft und der Antragstellerin das Ergebnis der Prüfung auch mitgeteilt worden (vgl. § 21 Abs. 5 2. Halbs. ThürNatG 2006).

Die Verordnung begegnet auch materiell-rechtlich keinen Bedenken.

Gemäß § 23 BNatSchG/ §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 2 ThürNatG 2006 kann die Obere Naturschutzbehörde Gebiete durch Rechtsverordnung zu Naturschutzgebieten erklären, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder einzelnen Teilen (1.) zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen und Lebensgemeinschaften bestimmter wild wachsender Pflanzen und wild lebender Tierarten, (2.) aus ökologischen, wissenschaftlichen, natur- einschließlich erdgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder (3.) wegen ihrer Seltenheit, ihrer besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.

Das unter Naturschutz gestellte Gebiet erfüllt diese Voraussetzungen. Es ist besonders schutzbedürftig, weil es schutzwürdigen Arten und Lebensgemeinschaften wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere eine Lebensstätte bietet und künftig bieten soll und sich durch besondere Eigenart und Vielfalt auszeichnet (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG/ § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ThürNatG 2006).

Das auf Veranlassung der damaligen Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie eingeholte Geobotanische Gutachten zum Untersuchungsgebiet Hopfenberg / Halbenberg nördlich von Nordhausen - Rüdigsdorf sowie das Schutzwürdigkeitsgutachten für das geplante Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" vom August 1998 belegen das Vorkommen einer Vielzahl gefährdeter Pflanzen und Ökosysteme. Das Gebiet sei Teil des Südharzer Zechsteingürtels, in dem in geologisch kurzer Zeit eine Landschaft mit extremer Verkarstungsintensität und Vielfalt an Karsterscheinungen entstanden sei, wie sie unter humiden klimatischen Bedingungen in Europa einmalig sei. Die Naturausstattung des Karstgebiets werde als ökologisch, geologisch und geomorphologisch überregional bedeutsam eingeschätzt und bilde das bundesweit bedeutendste Karstgebiet. Das "Harzfelder Holz" stelle einen repräsentativen und charakteristischen Teilbereich dar, dem aufgrund der kleinräumigen Häufung besonders gut ausgeprägter und charakteristischer Karstformen (Dolinen, Erdfälle, Karstquellen, Uvalas und Auslaugungstäler) eine gesamtstaatliche Bedeutung für den Arten- und Biotop- sowie Landschaftsschutz zugesprochen werde. Unter den geologischen und klimatischen Voraussetzungen seien landes- und bundesweit seltene Trockenböden über Gipsgestein entstanden, die landschaftliche Besonderheiten darstellten und als Extremstandorte eine besondere Lebensraumfunktion für konkurrenzschwache, auf extreme Standortbedingungen angewiesene Arten erfüllten. Weil der Waldboden über Jahrhunderte entstanden sei, hätten sich dort typische Waldarten aller Taxa (Ordnungen, Ränge) entwickelt. Das bewegte Relief habe die Bebaubarkeit verhindert und die land- und forstwirtschaftliche Nutzung stark eingeschränkt. Lediglich im westlichen Teil finde sich eine abwechslungsreiche, durch historische Nutzungsformen entstandene kleinteilige Kulturlandschaft. Durch diese Landschaftselemente, die als schutzwürdig angesehen würden, seien z. B. in Stollen und Obstgehölzen Lebensräume für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten, wie Mollusken, Heuschrecken, Fledermäuse und Vögel entstanden. In der Nordabdachung des Gebiets fänden sich in der Gemarkung Neustadt unter Denkmalschutz stehende altbergbauliche Relikte, in denen sich sehr arten- und individuenreiche Winterquartiere seltener Fledermausarten, die zu den landes- und bundesweit bedeutendsten gehörten, befänden.

Dass der Antragsgegner von der demnach bestehenden Möglichkeit, das Harzfelder Holz unter Naturschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Auch die Antragstellerin bestreitet die Schutzwürdigkeit des Gebiets nicht, allerdings bemängelt sie, dass die Begutachtung zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung schon 16 Jahre zurücklag. Es sind jedoch keine Tatsachen vorgetragen oder sonst bekannt geworden, die die Obere Naturschutzbehörde hätten veranlassen müssen, ergänzende Ermittlungen zur Schutzbedürftigkeit anzustellen. Wesentliche Bestandteile des Gebiets sind natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang I und Habitate von Arten von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 vom 22. Juli 1992, Seite 7 - sog. FFH-Richtlinie -). Es liegt fast vollständig im Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung Nr. 6 "Rüdigsdorfer Schweiz - Harzfelder Holz - Hasenwinkel" (DE-4430-304) und hat im Hinblick auf die Umsetzung der FFH-Richtlinie Bedeutung sowohl für prioritäre und weitere Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie sowie für die nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützten Fledermausarten Großes Mausohr, Mopsfledermaus und Bechsteinfledermaus. Zudem sind wesentliche Bestandteile des Naturschutzgebiets Lebensräume von Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung, ABl. EU vom 26. Januar 2010 L 20, Seite 7 - Vogelschutzrichtlinie -).

§ 23 Abs. 1 BNatSchG und die gleichlautende Vorschrift des § 12 Abs. 1 ThürNatG 2006 knüpfen die Unterschutzstellung von Gebieten an bestimmte normativ vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Obere Naturschutzbehörde zu prüfen hat. Damit füllen sie den Rahmen aus, den der allgemeine Grundsatz in § 13 BNatSchG bestimmt, wonach erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vom Verursacher vorrangig zu vermeiden sind.

Eine damit einhergehende Verletzung des Eigentumsrechts (Art. 14 Grundgesetz - GG -) oder der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Antragstellerin lässt sich nicht feststellen. Der Antragsgegner bezweckt mit der Schutzgebietsausweisung den Schutz ebenfalls hochrangiger verfassungsrechtlich geschützter Güter. Bei der Erfüllung der nach Art. 20a GG an alle Staatsgewalt adressierten Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere in Verantwortung für die künftigen Generationen kommt dem Normgeber ein weiter politischer Gestaltungsspielraum zu. Hinsichtlich der Eignung derart motivierter Gebote und Verbote beschränkt sich die Überprüfung unter verfassungsrechtlichen Aspekten darauf, ob diese schlechthin oder objektiv untauglich sind, den gewünschten Erfolg zu fördern. Die Erforderlichkeit einer solchen Normierung lässt sich nur verneinen, wenn die Mittelauswahl offensichtlich falsch ist und eindeutig feststeht, dass sich der Zweck mit einem milderen Mittel sachlich gleichwertig erreichen lässt (OVG d. Saarl., Urt. v. 10. September 2019 - 2 C 106/18 -, zit. n. juris, dort Rn. 26, u. a. unter Bezug auf BVerwG, Beschl. v. 13. Dezember 2018 - 3 B 37.17 - zit. n. juris).

Der der Oberen Naturschutzbehörde damit verbleibende Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Eigentümerinteressen auf der anderen Seite geprägt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16. Juni 1988 - 4 B 102/88 - Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 5 = NVwZ 1988, 1020). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile v. 13. Dezember 1984 - 7 C 3.83 u. a. - BVerwGE 70, 318 <335>, v. 26. April 2006 - 6 C 19.05 - BVerwGE 125, 384 = juris, Rn. 16 und v. 26. Juni 2014 - 4 C 3.13 - BVerwGE 150, 114 = juris, Rn. 25) kommt es bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen im Grundsatz auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens an, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitwirkt. Der Weg zu einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung des Abwägungsvorgangs ist bei untergesetzlichen Normen deshalb nur eröffnet, wenn der Normgeber - wie etwa im Bauplanungsrecht - einer besonders ausgestalteten Bindung an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven unterliegt. Sind solche nicht vorhanden, kann die Rechtswidrigkeit einer Norm mit Fehlern im Abwägungsvorgang nicht begründet werden.

Diese Rechtssätze finden auch auf Schutzgebietsausweisungen nach den §§ 20 ff. BNatSchG Anwendung. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem oben zitierten Beschluss vom 16. Juni 1988 insoweit klargestellt, dass die bei der rechtsverbindlichen Unterschutzstellung bestimmter Teile von Natur und Landschaft vorzunehmende Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Schutzes von Natur und Landschaft auf der einen und der Nutzungsinteressen der betroffenen (Grund-)eigentümer auf der anderen Seite vorzunehmende Prüfung, mag man sie ebenfalls als "Abwägung" bezeichnen, mit der auf ein bestimmtes Vorhaben bezogenen fachplanerischen Abwägung nicht identisch ist. Der danach verbleibende Handlungsspielraum ist von der Sachlage her in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung geprägt. Die Würdigung hat aber auch mit der bauleitplanerischen Abwägung nichts gemein, die der Gesetzgeber in § 1 Abs. 5 bis 7 und § 2 Abs. 3 BauGB besonders ausgestalteten Abwägungsanforderungen unterwirft, deren Verletzung angesichts bestehender Planerhaltungsvorschriften (§§ 214 f. BauGB) andererseits nicht stets zur Unwirksamkeit des Bauleitplans führt (zu alldem BVerwG, Beschl. v. 20. Dezember 2017 - 4 BN 8/17 -, juris, dort Rn. 8 ff.).

Eine Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen in diesem Sinne hat die Obere Naturschutzbehörde vorgenommen; sie hat ihre Abwägungsentscheidung auf der Grundlage ausreichender Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhalts getroffen.

Sie hat sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge eingehend mit den Eigentümerinteressen auseinandergesetzt und diese in ihre Erwägungen einbezogen. Dies verdeutlicht insbesondere die Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Anregungen und Bedenken der Antragstellerin als Inhaberin des Bergwerkseigentums durch den Antragsgegner vom 11. Dezember 2013, die in der Beiakte 2, Blatt 206 bis 231 dokumentiert ist. Zudem hat die Obere Naturschutzbehörde vor Erlass der Verordnung am 27. Juni 2013 eine Bürgerversammlung durchgeführt und darin den Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Gemeinden, den Eigentümern, Anliegern und Nutzern der Flächen Gelegenheit gegeben, sich mit dem Vorhaben vertraut zu machen und ihre Bedenken und Anregungen vorzutragen. Dem Vermerk zufolge hat auch die Antragstellerin die Gelegenheit wahrgenommen, ihr Interesse an dem geplanten (unterirdischen) Gipsabbau darzulegen.

In der Abwägung hat die Behörde zur Kenntnis genommen (Beiakte 2, Blatt 213 ff.), dass die Antragstellerin Inhaberin des Bergwerkseigentums ist, und im Bereich des Marktals einen unterirdischen Abbau von Gips beabsichtigt. Die Behörde hat auch einbezogen, dass das Marktal durch die Anlage zweier Mundlöcher und vorgelagerter Betriebsflächen für den Untertagebau in Anspruch genommen werden soll und dafür nach Darstellung der Antragstellerin lediglich auf einer Fläche von etwa 500 qm in naturnahe Waldbestände eingegriffen werden solle. Die Obere Naturschutzbehörde kam dennoch zu dem Ergebnis, dass auch die Realisierung eines untertägigen Gipsabbaus zu vielfältigen Auswirkungen auf den Naturhaushalt führen werde. Auch durch einen untertägigen Bergbau würden zahlreiche Schutzgüter negativ betroffen, insoweit genüge es, wenn durch die beabsichtigten Maßnahmen die (bloße) Möglichkeit der Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder Störung eines oder mehrerer Bestandteile des Naturschutzgebiets nicht ausgeschlossen werden könne.

Die Obere Naturschutzbehörde hat sich auch mit der von der Antragstellerin angeführten Rohstoffsicherungsklausel (§ 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG) befasst, ihr aber keine die naturschutzrechtlichen Belange verdrängende Wirkung beigemessen. Die im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren erstellte FFH-Verträglichkeitsstudie sei nur bedingt geeignet, die möglichen Auswirkungen eines ober- oder unterirdischen Gipsabbaus auf den Schutzzweck und die Schutzziele des Naturschutzgebiets ausreichend zu beleuchten, da sie sich ausschließlich auf die Erhaltungsziele der betroffenen Natura-2000-Gebiete beschränke.

Die Behörde hat auch erwogen, ob eine Herausnahme der vom Bergwerkseigentum betroffenen Flächen aus dem auszuweisenden Naturschutzgebiet in Betracht kommt, dies aber verneint, weil die Flächen rund ein Viertel des geplanten Naturschutzgebiets ausmachten und in großem Umfang Bereiche von hohem naturschutzfachlichem Wert, so z. B. etwa 23 ha gesetzlich geschützter Biotope nach § 30 BNatSchG einschlössen.

Schließlich hat die Obere Naturschutzbehörde auch geprüft, ob der untertägige Abbau als zulässige Handlung und Maßnahme in die Verordnung aufgenommen werden könnte, dies im Ergebnis aber abgelehnt.

Im Übrigen zeigt auch die Verordnung selbst, dass die Obere Naturschutzbehörde die Nutzungsinteressen der Grundeigentümer und insbesondere des Bergwerksbetriebes, an einem unterirdischen Abbau der Gipsvorkommen in einem Teilbereich des unter Schutz gestellten Gebiets erwogen und berücksichtigt hat. Die Verordnung enthält in § 4 zahlreiche Ausnahmen von den Verboten des § 3 der Verordnung und räumt den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer insoweit den Vorrang vor den Naturschutzbelangen ein. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die die Freistellungen betreffenden Regelungen der Verordnung sehr differenziert sind, verdeutlichen ausreichend, dass der Verordnungsgeber sich mit dem Für und Wider der land- und forstwirtschaftlichen, jagdlichen, fischereilichen, gärtnerischen und auch bergbaulichen Nutzung des unter Schutz gestellten Gebiets detailliert befasst und die betroffenen Belange gewürdigt hat. Daher bestehen auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die Obere Naturschutzbehörde bei dem Erlass der Verordnung § 2 Abs. 3 BNatSchG, wonach die sich aus § 1 Abs. 1 BNatSchG ergebenden Anforderungen untereinander und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen sind, nicht oder nur unzureichend Rechnung getragen hat.

Die Obere Naturschutzbehörde war - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - auch nicht durch die sog. Rohstoffsicherungsklausel gezwungen, dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Aufsuchung von Bodenschätzen - das auch ein öffentliches Interesse ist - Vorrang vor den naturschutzrechtlichen Belangen einzuräumen.

Schon der Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG besagt, dass die Vorschrift für die Anwendung und nicht für den Erlass von Rechtsvorschriften gilt, die - wie eine Naturschutzgebietsverordnung - Grundstücke im Interesse eines öffentlichen Zwecks schützen und deshalb auf ihnen bestimmte Tätigkeiten, wie den Abbau von Bodenschätzen durch Abgrabung, verbieten oder beschränken. Auch der systematische Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, belegt dies eindeutig: § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG setzt ausdrücklich voraus, dass solche Rechtsvorschriften erlassen werden, und lässt die darin ausgesprochenen Verbote und Beschränkungen unberührt; Satz 2 zieht daraus die Konsequenz und ordnet an, dass die Behörde dem - auch öffentlichen - Interesse an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen bei Anwendung der Rechtsvorschriften im Einzelfall Rechnung trägt, nämlich bei Konkretisierung darin verwandter unbestimmter Rechtsbegriffe wie "öffentliches Interesse" oder bei Ausübung von Ermessensermächtigungen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht schon im Urteil vom 4. Juli 1986 (- 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315 <318>) so zum Ausdruck gebracht.

Dass - unabhängig von § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG - bei Planungen wie z. B. der Regionalplanung und der Bauleitplanung sowie bei Schutzgebietsfestsetzungen, soweit dort ein planerischer Gestaltungsfreiraum besteht, auch das Interesse an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen in die Abwägung einzustellen ist, ist selbstverständlich. Das bedeutet indes nicht, dass der Plan- oder untergesetzliche Normgeber dem Aufsuchungs- oder Gewinnungsinteresse stets den Vorrang einräumen oder dass er in den einem bestimmten Zweck gewidmeten oder unter Schutz gestellten Gebieten stets Grundstücke bezeichnen müsste, auf denen zumindest ausnahmsweise Bodenschätze aufgesucht oder gewonnen werden dürfen. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang in einem insgesamt schutzbedürftigen Gebiet im Einzelfall - ausnahmsweise - die Zulassung einer Abgrabung oder einer unterirdischen Ausbeutung auf einzelnen Grundstücken den Zweck des Gebietsschutzes möglicherweise nicht gefährdet, kann er dem administrativen Vollzug des Plans oder der untergesetzlichen Norm überlassen.

Die Obere Naturschutzbehörde durfte bei ihrer Abwägungsentscheidung frei von Rechtsfehlern dem Umstand maßgebliche Bedeutung beimessen, dass der am 29. Oktober 2012 in Kraft getretene Regionalplan Nordthüringen für das mögliche Bergwerkseigentumsfeld der Antragstellerin jedenfalls kein Vorrang- (§ 8 Abs. 7 Nr. 1 Raumordnungsgesetz - ROG -) oder Vorbehaltsgebiet (§ 8 Abs. 7 Nr. 2. ROG) Rohstoffe verbindlich ausgewiesen und damit keine entsprechende Nutzungsregelung (dazu vgl. Kümper, Über das Zusammenwirken von Raumordnung und Zulassungsebene, UPR 2018, 463-474) für den Bergbau im maßgeblichen Bereich getroffen hatte. Insoweit hat sich die Sach- und Rechtslage zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung auch durch das Senatsurteil vom 29. November 2017 nicht geändert, so dass die Obere Naturschutzbehörde auch aus diesem Grund nicht verpflichtet war, eine Neubewertung vorzunehmen.

Dass die Antragsgegnerin durch den Erlass der Verordnung dem Naturschutz grundsätzlich den Vorrang vor den Nutzungsinteressen der Eigentümer - hier insbesondere der Antragstellerin als Inhaberin des Bergwerkseigentums - gegeben hat, ist gleichfalls nicht zu beanstanden, denn die Bedeutung des unter Schutz gestellten Gebiets für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts ist keineswegs gering. Die Verordnung enthält zudem in § 4 der Verordnung weitgehende Freistellungen von den Verboten des § 3 der Verordnung. Daher kann keine Rede davon sein, dass die Entscheidung der Oberen Naturschutzbehörde, den Belangen des Naturschutzes Vorrang vor den Eigentümerinteressen an der uneingeschränkten Nutzung zu geben, unverhältnismäßig wäre.

Schließlich sind auch die Verbote, die § 3 der Verordnung enthält, mit höherrangigem Recht vereinbar. § 3 Abs. 1 der Verordnung steht mit § 23 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BNatSchG im Einklang, wonach alle Handlungen verboten sind, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.

Umstände, die die Obere Naturschutzbehörde dazu hätten verpflichten können, weitergehende Freistellungen von den Verboten in die Naturschutzgebietsverordnung aufzunehmen - hier insbesondere die von der Antragstellerin gewünschte Ausnahme für den untertägigen Gipsabbau - sind ebenfalls nicht zu erkennen. Die Antragstellerin, die unter Hinweis auf die FFH-Verträglichkeitsstudie meint, dass durch den geplanten untertägigen Gipsabbau keine den Schutzzweck der Verordnung betreffenden Beeinträchtigungen zu erwarten seien, übersieht, dass insoweit die bloße Möglichkeit negativer Folgen ausreichend und nicht der Nachweis erforderlich ist, dass eine Gefährdung des Schutzzweckes in jedem Einzelfall tatsächlich herbeigeführt wird (vgl. dazu, J. Schumacher /A. Schumacher / P. Fischer-Hüftle in: Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2011, § 23 Rn. 36).

Die Verbote verstoßen ferner nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Gebiets im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück oder anderen Eigentumsrechten selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen - wie die Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" - lediglich nachgezeichnet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 24. Juni 1993 - 7 C 26.92 - NJW 1993 2949 m. w. N. = juris, dort Rn. 40). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2001 - 6 CN 2.00 - NuR 2001 S. 351 = juris, dort Rn. 13 und Beschl. v. 18. Juli 1997 - 4 BN 5.97 - zit. n. juris, dort Rn. 15 f.).

Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbliebe oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden würde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17. Januar 2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000 S. 339; Beschl. v. 18. Juli 1997, a. a. O.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Da § 4 der Verordnung eine Vielzahl von Ausnahmen vorsieht, verbleibt genügend Raum für den privatnützigen Gebrauch der unter Naturschutz gestellten Flächen. Außerdem bleibt den Grundeigentümern eine Verfügung über ihre Grundstücke unbenommen. Schließlich unterbindet die Verordnung bislang ausgeübte oder sich objektiv anbietende Nutzungen nicht ohne jeglichen Ausgleich. § 3 der Verordnung verbietet zwar zahlreiche Grundstücksnutzungen. Von den Verboten des § 3 der Verordnung kann der Antragsgegner nach § 5 der Verordnung unter den in § 67 Abs. 1 BNatSchG genannten Voraussetzungen aber auf Antrag Befreiung erteilen. Der Antragsgegner hat schon im Abwägungsprotokoll darauf hingewiesen, dass sich das auszuweisende Naturschutzgebiet nur partiell mit der vom Bergwerkseigentum betroffenen Fläche überschneidet. Sofern sich der Abbau zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Belang von öffentlichem Interesse entwickeln sollte (z. B. durch die Erschöpfung anderer Lagerstätten und eine Verknappung des Rohstoffs Gips) könnte zudem durch die Naturschutzbehörde auf Antrag geprüft werden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung erteilt werden kann. Entsprechendes mag gelten, sofern im Einzelfall der Nachweis gelingt, dass ein untertägiger Abbau entgegen der Annahme des Verordnungsgebers nicht zu einer Beeinträchtigung der Schutzgüter führt.

Außerdem haben Eigentümer oder andere Nutzungsberechtigte nach § 68 BNatSchG Anspruch auf Entschädigung, wenn ihnen durch Maßnahmen aufgrund des BNatSchG oder landesrechtlichen Vorschriften Beschränkungen ihrer Nutzungsrechte in einem Ausmaß auferlegt werden, das über die Sozialbindung des Eigentums hinausgeht. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn Beschränkungen der Nutzungsrechte enteignenden Charakter haben, sondern auch, wenn sie die verfassungsrechtlich vorgegebene Zumutbarkeitsschwelle überschreiten. Gemäß § 68 Abs. 1 BNatSchG ist eine Entschädigung insbesondere zu gewähren, wenn infolge von Verboten oder Geboten rechtmäßige Grundstücksnutzungen aufgegeben oder eingeschränkt werden müssen und hierdurch die Betriebe oder sonstigen wirtschaftlichen Einheiten, zu denen die Grundstücke gehören, unvermeidlich und nicht nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Damit erweisen sich die Verbote der Naturschutzgebietsverordnung mit Art. 14 GG vereinbar.

Die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Harzfelder Holz" wäre selbst dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin durch das Verbot unterirdischen Gipsabbaus tatsächlich gefährdet würde und die Obere Naturschutzbehörde diesen Umstand bei der Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes und Nutzungsinteressen der Eigentümer nicht berücksichtigt hätte. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände allein zieht die Nichtigkeit einer Naturschutzgebietsverordnung nicht nach sich. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 u. a. - BVerwGE 56, 110, 122 f. m. w. N.), auch für Verordnungen, die gemäß § 23 BNatSchG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt, - wie oben bereits ausgeführt - mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16. Juni 1988, zit. n. Juris, dort Rn. 3 zur Aufstellung von Landschaftsplänen nach § 15 BNatSchG a. F.). Daher kommt es lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und über die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist. Davon kann aber auch bezüglich des von der Antragstellerin kritisierten Verbots unterirdischer bergbaulicher Tätigkeit keine Rede sein, zumal wie - ebenfalls bereits ausgeführt - auch eine Befreiung von dem Verbot nach Maßgabe des § 5 der Verordnung nicht generell ausgeschlossen ist bzw. die Antragstellerin eine Entschädigung beanspruchen könnte, wenn sie auf ihren im Naturschutzgebiet liegenden Bergwerkseigentumsflächen eine vor Inkrafttreten der Naturschutzgebietsverordnung rechtmäßige Nutzung aufgeben müsste und der Betrieb dadurch unvermeidlich und nicht nur unwesentlich beeinträchtigt würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Dabei orientiert sich der Senat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung an den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (zu finden etwa unter www.bverwg.de). In Anlehnung an Nr. 9.8 des Streitwertkatalogs, auf den Nr. 29.2, hinsichtlich der Normenkontrolle einer Schutzgebietsausweisung verweist, hält der Senat wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin den festgesetzten Betrag für angemessen.