Thüringer LAG, Urteil vom 04.08.2021 - 4 Sa 293/19
Fundstelle
openJur 2021, 24242
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 7.11.2019 - 6 Ca 776/19 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 30.4.2019 nicht aufgelöst wurde.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der Beklagte war schon am 1.5.2018 so genannter starker vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen des ................. e.V. (fortan: Schuldner). Seit dem 1.5.2018 war der zum Kündigungszeitpunkt 44 Jahre alte Kläger beim Schuldner als Sportdirektor beschäftigt. Am 1.6.2018 eröffnete das Amtsgericht Erfurt (177 IN 98/18) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Beklagten als Insolvenzverwalter. Anfang August 2018 unterzeichneten die Parteien den auf den 2.5.2018 datierten Vertrag. Dieser regelt in seinem § 1 eine Befristung bis zum 30.6.2020 sowie eine Verlängerungsoption bis zum 30.6.2021. In § 1 Abs. 4 des Vertrages regelten sie, dass der Vertrag vorzeitig enden solle bei einem Abstieg der ersten Mannschaft in eine Amateurspielklasse unterhalb der vierten Liga. Den Inhalt der Tätigkeiten legten die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages fest. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes dieses Arbeitsvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 9-28 der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.4.2019 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.7.2019. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 29 und 30 der Akte) Bezug genommen. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte der Beklagte im Betrieb des Schuldners mehr als 10 Arbeitnehmer*innen.

Die hiergegen gerichtete Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist dem Beklagten am 10.5.2019 zugestellt worden.

Wegen des Weiteren unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug, der dort vertretenen Rechtsansichten zur Anwendbarkeit des Sonderkündigungsrechts aus dem Insolvenzrecht und der Kündbarkeit eines befristeten Vertrages sowie auf die im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 250-254 der Akte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 7.11.2019 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Beklagte könne ein Sonderkündigungsrecht als Insolvenzverwalter für sich in Anspruch nehmen, auch wenn er selbst den Kläger eingestellt habe. Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt, denn der Beklagte habe vorgetragen, dass die vom Kläger auszuübenden Aufgaben auf andere Arbeitnehmerinnen verteilt worden seien und er selbst im Übrigen wesentliche Aufgaben übernommen habe. Dies habe der Kläger nicht mit substantiierten Sachvortrag bestritten.

Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 255. 260 der Akte) Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 19.11.2019 hat der Kläger mit am 28.11.2019 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nachdem das Gericht auf den am 6.1.2020 eingegangenen Antrag hin mit Beschluss vom selben Tage die Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.2.2020 verlängert hat, mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das Urteil beruhe auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Im Rahmen der Verhandlung vom 10.10.2019 habe das Gericht zum Ausdruck gebracht, dass eine Entscheidung am 7.11.2019 verkündete werde, wobei er, der Kläger, den Eindruck gehabt habe, es werde ein Auflagenbeschluss ergehen, um ihm, dem Kläger, eine Stellungnahme auf den Schriftsatz des Beklagten vom Tage der mündlichen Verhandlung (10.10.2019 ) zu ermöglichen. Überraschenderweise sei am 7.11.2019 das Urteil verkündet worden, ohne dass Gelegenheit bestanden habe, auf den Schriftsatz vom 10.10.2019 Stellung zu nehmen. Wegen der Einzelheiten der Begründung diesbezüglich wird auf Seite fünf und sechs der Berufungsbegründung (Bl. 312 und 313 der Akte) Bezug genommen. Nicht gefolgt werden könne ebenso der Annahme des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte als Insolvenzverwalter ein ihm zustehendes Sonderkündigungsrecht gemäß § 113 S. 1 InsO in Anspruch nehmen könne, weil er als Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis erst begründet habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung diesbezüglich wird auf die Seiten 6-9 der Berufungsbegründung (Bl. 313-316 der Akte) Bezug genommen.

Unzutreffender Weise habe das Gericht das Bestreiten des Kündigungsgrundes dahingehend, dass der Beklagte sich entschlossen habe, die Arbeitsaufgaben des Sportdirektors zukünftig selbst auszuüben, als nicht hinreichend angesehen. Abgesehen davon, dass er, der Kläger, nicht nur ausdrücklich bestritten habe, dass der Beklagte diese Aufgaben selbst ausübe sondern auch vorgetragen habe, dass der Beklagte bereits vor Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit potenziellen Nachfolgern verhandelt habe, und er, der Kläger, dies unter Beweis gestellt habe, könne die Bewertung des Arbeitsgerichtes, es handele sich um ein nicht hinreichend substantiiertes Bestreiten, nicht nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang sei es ihm, dem Kläger, gelungen Vertragsverhandlungen mit einem Nachfolger, Herrn ......................, zu belegen. Weiter sei vorgetragen worden, dass Aufgaben auf andere Mitarbeiter verteilt worden seien.

Soweit der Beklagte nach dem Hinweis des Gerichts vom 25.8.2020 mit Schriftsatz vom 19.4.2021 sein Vorbringen ergänzt habe, sei dies verspätet. Im Übrigen bestreitet der Kläger im Einzelnen dieses Vorbringen; hinsichtlich der Einzelheiten seines Bestreitens hierzu wird auf die Seiten 2-6 seines Schriftsatzes vom 22.6.2021 (Bl. 379-383 der Akte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 7.11.2019, 6 Ca 776/19, aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 30.4.2019 nicht aufgelöst wird, sondern über den 31.7.2019 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er, der Beklagte, habe den Arbeitsvertrag als vorläufiger so genannter starker Insolvenzverwalter geschlossen; ihm habe das Sonderkündigungsrecht zugestanden. Wegen der Einzelheiten seines Vortrages hierzu wird auf Seite eins und zwei sowie vier und fünf der Berufungserwiderung (Bl. 334, 335, 337, 338 der Akte) Bezug genommen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Beklagten hierzu wird auf Seite drei der Berufungserwiderung Bezug genommen (Bl. 317 30 der Akte).

Die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Kläger habe nicht hinreichend bestritten, dass er, der Beklagte, geplant und auch umgesetzt habe, die Aufgaben als Sportdirektors selber durchzuführen, sei nicht zu beanstanden.

Im Einzelnen habe sich die Verteilung der Aufgaben des Klägers auf andere Personen und Übernahme durch ihn, den Beklagten, selbst wie folgt dargestellt.

Der Kläger habe u.a. die Aufgabe der Sichtung, vertraglichen Verpflichtung und sportlichen Einordnung von talentierten und neuen Spielern für die erste Mannschaft des Schuldners gehabt. Diese Aufgabe habe zeitlich unterschiedlichen Umfang gehabt. Am Anfang der Saison sei dies die hauptsächliche Tätigkeit von 70 % der Arbeitszeit gewesen; im Übrigen habe diese Aufgabe nur 20 % der Tätigkeit ausgemacht. Diese Aufgaben seien von Trainer und dem Co-Trainer übernommen worden. Das sei im Prinzip schon vor der Kündigung des Klägers gewesen und dieser habe nur übergeordnete Tätigkeiten diesbezüglich durchgeführt

Die Aufgabe der Auswahl und Überwachung des Funktionsteams der ersten Mannschaft des Schuldners habe ca. 5 % der Arbeitskraft ausgemacht. Dieses Funktionsteam sei im Wesentlichen "die Mannschaft hinter der Mannschaft", also ärztliche Betreuer, Sanitäter, Physiotherapeuten und weitere Mitarbeiter. Dieses Team sei bei Arbeitsantritt des Klägers bereits vorhanden gewesen und nach der Einstellung des Cheftrainers am 1.7.2018 habe dieser sich darum gekümmert. Der Kläger habe nur noch geringe Overhead-Funktionen übernommen.

Die Überwachung der gesamten Entwicklung des Leistungsfußballs des Schuldners unter besonderer Berücksichtigung der Jugend (U 17, U 19) sowie die übergeordnete Leitung des Nachwuchsleistungszentrum sowie dessen Konzeption und übergeordnetes Controlling habe ca. 40 % der Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Allerdings habe der Kläger diese Aufgaben gar nicht in diesem Umfange durchgeführt, sondern an anderer Mitarbeiter als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums delegiert. Der Kläger habe nur übergeordnete Tätigkeiten behalten, die dann etwa 15-20 % seiner Tätigkeit ausgemacht hätten. Diese habe er, der Beklagte, übernommen.

Hinsichtlich der Aufgaben der Planung und Organisation der ersten Mannschaft habe der Kläger bezüglich der Etatplanung und Budgetierung nur Zuarbeiten geleistet.

Die weiteren Aufgaben wie Planung von Trainingslager, Ablauf der Saison, Vorbereitungsphase und so weiter sei durch andere Mitarbeiter durchgeführt worden; der Kläger habe nur eine Aufsichtsfunktion gehabt. Diese habe nach seinem Ausscheiden er, der Beklagte, übernommen.

Die Unterstützung der Akquisition von Partnern und Sponsoren habe der Kläger nicht selbst durchgeführt, sondern lediglich vorher schon ihn, dem Beklagten, dabei unterstützt. Dies habe auch nur 5 % der Arbeitskraft gebunden.

Soweit dem Kläger die Überprüfung des Scoutingsystems des Schuldners oblegen habe, sei dies durch ehrenamtliche Scouter erledigt worden.

Die Durchführung von Meetings und die Teilnahme daran, die Gewährleistung der Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Präsidium und Aufsichtsrat sowie sonstiger administrativer Aufgaben hätten ca. 10 % der Arbeitskraft des Klägers gebunden.

Die Aufgabe der Begleitung der Mannschaft an Spieltagen habe ihm auch oblegen.

Die Anfertigung von Spielberichten habe lediglich 5 % der Arbeitszeit in Anspruch genommen und werde nunmehr vom Cheftrainer und Co-Trainer übernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten zu dieser Verteilung der Aufgaben des Klägers wird auf das Vorbringen des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 19.4.2021 (Bl. 366-375 der Akte) sowie ergänzend zum gesamten Vorbringen auf das Vorbringen des Beklagten vom 24. 6. Juni 2021 (Bl. 386 bis 389 der Akte) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist begründet.

Die Klage ist begründet.

Nach der Klarstellung der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2021 der Annex im Antrag, der auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtet war, keinen eigenen Streitgegenstand darstellen, so dass in diesem Verfahren nur über die Wirksamkeit der Kündigung vom 30.4.2019 zu befinden war.

Die Kündigung vom 30.4.2019 hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Der Beklagte hat die soziale Rechtfertigung der Kündigung und damit ihre Rechtswirksamkeit nicht hinreichend dargelegt.

Es kann offen bleiben, ob aus der Befristung des Arbeitsverhältnisses ein Kündigungshindernis folgt, ob dem Beklagten aus insolvenzrechtlichen Vorschriften ein besonderes Kündigungsrecht zustand und ob er mit einer besonderen Kündigungsfrist kündigen konnte. Der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Danach hätte die Kündigung einer sozialen Rechtfertigung bedurft. Hierfür ist der Beklagte darlegungspflichtig. Er ist auch nach den Nachbesserungen seines Sachvortrages in den Schriftsätzen vom 19.4.2021 und 25.6.2021 dieser Darlegungslast nicht nachgekommen.

Die Kündigung ist auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen.

Der Beklagte als Insolvenzverwalter beschäftigte im Zeitpunkt der Kündigung im Betrieb des Schuldners regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer*innen im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand im Zeitpunkt der Kündigung länger als 6 Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Es begann nach unstreitigem Vortrag bereits am 1.5.2018. Die Kündigung stammt vom 30.4.2019.

Der Kläger hat rechtzeitig nach Zugang der Kündigung Klage erhoben. Die Kündigung ist ihm am 30.4.2019 zugegangen. Seine Klage war mit Zustellung am 10.5.2019 erhoben, also innerhalb von drei Wochen nach Kündigungszugang (§ 4 KSchG).

Die Kündigung ist rechtsunwirksam, denn sie ist nicht sozial gerechtfertigt. Der Beklagte hat als darlegungspflichtige Partei keine Kündigungsgründe im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG hinreichend substantiiert dargelegt. Er beruft sich auf betriebsbedingte Gründe.

Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass ein*e Arbeitgeber*in sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer*innen entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20.12.2012, 2 AZR 867/11, NZA 2013, 1003). Nachzuprüfen ist, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer*innen entfallen ist (BAG 20.12.2012, 2 AZR 867/11, NZA 2013, 1003).

Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des*der Arbeitgebers*in und sein*ihr Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der*die Arbeitgeber*in in solchen Fällen seine*ihre Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 20.12.2012, 2 AZR 867/11, NZA 2013, 1003). Daran fehlt es, wenn die Entscheidung in ihrer Folge zu einer Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte oder sie lediglich Vorwand dafür ist, bestimmte Arbeitnehmer*innen aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 20.12.2012, 2 AZR 867/11, NZA 2013, 1003).

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem*der betroffenen Arbeitnehmer*in bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der*die Arbeitgeber*in konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher vom*von der gekündigten Arbeitnehmer*in ausgeübten Tätigkeiten für diese*n zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der*die Arbeitgeber*in muss die Auswirkungen seiner*ihrer unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 20.12.2012, 2 AZR 867/11, NZA 2013, 1003).

Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Beklagten nicht. Er bleibt, was große Teile der Aufgaben des Klägers angeht, bereits im Vagen und verschleiert durch das weitere Vorbringen diesen Sachvortrag noch, so dass letztlich unklar bleibt, welche Aufgaben der Kläger genau vormals gehabt haben soll. Daraus ergibt sich, dass unklar bleibt, wer genau diese Aufgaben jetzt fortführt. Abgesehen davon ist in der Auflage vom 25.8.2020 (Bl. 343 d.A.) deutlich gemacht, dass auch das Aufgabenspektrum und die ursprüngliche Arbeitsbelastung derjenigen, die angeblich die vormaligen Aufgaben des Klägers übernommen haben, darzulegen sind, damit die Kammer nachprüfen kann, ob diese durch die weitere Aufgabenübertragung überobligatorisch belastet wurden. Der Beklagte behauptet nur schlagwortartig pauschal, das sei nicht der Fall, ohne dies mit Tatsachen zu unterlegen.

Insgesamt legt der Beklagte 13 Arbeitsaufgaben des Klägers dar, wie sie sich bereits aus dem Vertrag ergeben (§ 2 Arbeitsvertrag Bl. 11 - 13 d.A.). Welche Tätigkeiten auszuüben sind, um diese Aufgaben zu erfüllen, legt der Beklagte nicht dar. Sodann wird bezogen auf die meisten, nicht aber auf alle Aufgaben behauptet, bestimmte andere Arbeitnehmer*innen hätten diese nach Weggang des Klägers übernommen, um dann zu behaupten, diese hätten die Aufgaben bereits vorher größtenteils ausgeführt und der Kläger hätte nur übergeordnete Tätigkeiten/Kontrolltätigkeiten u.ä ausgeübt. Diese hätte sodann der Beklagte übernommen.

Sind damit schon die Tätigkeiten des Klägers an sich nicht dargelegt, bleibt völlig im Dunklen, was genau unter den übergeordneten Tätigkeiten zu verstehen sein soll. Offen bleibt auch, ob die vom Beklagten im Schriftsatz vom 19.4.2021 den Aufgaben zugeordneten prozentualen Anteile an der Arbeitszeit des Klägers sich auf die Aufgaben an sich, die er dann nach dem weiteren Vortrag nicht in dem Maße ausgeübt hat, oder auf die nicht inhaltlich näher beschriebenen übergeordneten Tätigkeiten beziehen. Im Ergebnis behauptet der Beklagte nicht mehr, als dass er alle Tätigkeiten des Klägers selbst übernommen hat. Da weder die Tätigkeiten selbst beschrieben sind, noch Einzelheiten der Übernahme, ist diese Behauptung nicht überprüfungsfähig. Deshalb muss der Kläger auch nicht mehr vortragen, als dass er dies bestreite, denn der Vortrag des Beklagten ist keiner weiter substantiierten Einlassung fähig.

Das soll beispielhaft an einigen vom Beklagten mitgeteilten Aufgaben verdeutlicht werden.

Die erste im Arbeitsvertrag genannte Aufgabe "Sichtung, vertragliche Verpflichtung und sportliche Einordnung von talentierten und neuen Spielern für die 1. Mannschaft des Arbeitgebers" ist schon nicht inhaltlich näher dargelegt. Welche Tätigkeiten muss der Kläger entfalten, um diese Aufgabe zu erledigen? Die Kammer kann sich laienhafte Vorstellungen bilden, wie dieser Arbeitsaufgabe tatsächlich umzusetzen und zu erfüllen gewesen wäre; ob diese laienhaften Vorstellungen allerdings zutreffend sein könnten, ist fraglich. Jedenfalls können sie nicht Grundlage einer Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung sein. Hierzu hätte der Beklagte definitiv substantiierter vortragen müssen.

Sodann wird schlicht behauptet, diese Aufgabe sei von Cheftrainer und Co-Trainer übernommen worden. Das klingt zunächst klar. Allerdings bleibt hier schon offen, wie diese die Aufgaben neben ihren bisherigen Aufgaben haben durchführen können, ohne überlastet zu sein. Hierzu wäre es notwendig gewesen, die Aufgaben von Cheftrainer und Co-Trainer auch zu benennen. Auch hier kann sich die Kammer laienhafte Vorstellungen bilden, mehr aber auch nicht. Allerdings ersetzt diese Vorstellung nicht den Sachvortrag des Beklagten. Vor allen Dingen ist es der Kammer nicht möglich einzuschätzen, welchen zeitlichen Umfang diese Tätigkeiten haben. Das war, wie der Auflage vom 25.8.2020 zu entnehmen ist, erforderlich. Da die Kammer auch nicht einschätzen kann, welche Tätigkeiten genau unter der zusätzlich übernommenen Arbeitsaufgabe zu verstehen sind, kann die Kammer auch nicht nachprüfen, ob diese Umsetzung tatsächlich erfolgte und wie die anfallenden Arbeiten vom dem übernehmenden Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können.

Dieser zwar auch nicht substantiierte aber immerhin klare Vortrag hinsichtlich der Behauptung, Cheftrainer und Co-Trainer hätten die Aufgabe des Klägers insoweit übernommen, wird im Anschluss relativiert, in dem der Beklagte vorträgt, diese hätten bereits vor Entlassung des Klägers diese Aufgaben durchgeführt und der Kläger hätte irgendwelche Hintergrundtätigkeiten ausgeübt, wie z.B. für Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Damit wird der schon vorher unklare Vortrag, worin genau die Tätigkeit des Klägers diesbezüglich bestanden hat, noch weiter bis zur völligen Unkenntlichkeit unklar. Ferner wird auch unklar, ob Cheftrainer und Co-Trainer noch zusätzliche weitere Aufgaben aus dem Bereich übernommen haben oder nur das fortgeführt haben, was sie vorher schon getan haben. Dann hätte sich durch die Kündigungsentscheidung nichts geändert und der Vortrag wäre überflüssig. Die Kammer kann sich nunmehr keinerlei Vorstellung davon machen, was diese Aufgabe der Sichtung und Verpflichtung von Talenten nun bedeutet. Das führt dazu, dass die angegebene prozentuale Anteil an der Arbeitszeit des Klägers auch nicht eingeordnet werden kann, weil nicht klar ist, ob es sich auf die eingangs beschriebene komplette Aufgabe bezieht oder auf die wie auch immer gearteten unklarem Hintergrunddienste des Klägers diesbezüglich.

Sodann trägt der Beklagte schlagwortartig vor, dass die Aufgaben, die der Kläger in diesem Bereich tatsächlich durchgeführt hat, die allerdings nicht konkret dargelegt sind, vom ihm selbst übernommen wurden.

Mit dieser Art des Sachvortrages ist die Kammer nicht in die Lage versetzt zu überprüfen, ob der Stellenstreichung tatsächlich ein Konzept zu Grunde gelegen hatte, wonach die konkreten vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten auf andere und welche Mitarbeiter*innen übertragen worden sind und ob diese die neuen Tätigkeiten im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen und arbeitszeitlichen Vorgaben unter Beachtung des öffentlichen Arbeitszeitrechts überhaupt möglich war.

Diese Technik des Sachvortrages zieht sich durch den gesamten Vortrag des Beklagten. Da schon bezüglich eines großen Arbeitsbereichs des Klägers nicht hinreichend dargelegt ist, wie die Tätigkeiten inhaltlich genau ausgesehen haben sollen und wie die Neuverteilung sich darstellte. ist es für die Entscheidungsfindung nicht erforderlich, hinsichtlich jeder einzelnen Arbeitsaufgabe aufzuzeigen, dass der Sachvortrag des Beklagten auch dort hinter den Anforderungen zurückbleibt. Die Kammer beschränkt sich deshalb auf die Darstellung einzelner weiterer Bereiche. Im Ergebnis treffen die Ausführungen auf alle 13 benannten Arbeitsaufgaben zu.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass der Beklagte bezüglich zwei Aufgaben nicht darlegt, wer diese nun nach der Kündigung durchführt. Das betrifft die behaupteten lediglich Zuarbeiten hinsichtlich der Etatplanung und Budgetierung des Spielbetriebs der ersten Mannschaft und die behauptete lediglich durchgeführte Unterstützung der Akquisition von Partnern und Sponsoren.

Diesbezüglich trägt der Beklagte zunächst vor, dies, die Akquise von Partnern und Sponsoren, sei eine Arbeitsaufgabe des Klägers gewesen, wobei auch inhaltlich die Tätigkeiten nicht weiter umschrieben sind, so dass nicht klar ist, was die Tätigkeit inhaltlich für Vorgehen/Methoden etc. erfordert. Sodann wird vorgetragen, diese Aufgabe habe der Beklagte übernommen. Es wird weiter vorgetragen, er habe diese Aufgabe eigentlich schon vorher hauptsächlich durchgeführt, weshalb nur 5 % der Arbeitszeit des Klägers hierfür von diesem aufgewendet werden müssen. Nun stellt sich die Frage, ob diese 5 % noch weiter vom Beklagten übernommen worden sind oder nicht. Das bleibt nach dem Vortrag dann wiederum unklar.

Ein großer Teil der Aufgaben des Klägers soll die Überwachung der gesamten Entwicklung des Leistungsfußballs, insbesondere in den Jugendmannschaften, die übergeordnete Leitung des Nachwuchsleistungszentrums und diesbezüglich Konzeption sowie übergeordnetes Controlling gewesen sein. Diesbezüglich wird vorgetragen, der Kläger habe diese Aufgaben bereits vorher an zwei Mitarbeiter des Nachwuchsleistungszentrums delegiert, aber übergeordnete Tätigkeiten behalten. Auch hier fehlt jeder Sachvortrag, was inhaltlich unter diesen übergeordneten Tätigkeiten verstanden werden soll. Diesbezüglich wird behauptet, dass zunächst die drei beschriebenen Aufgaben 40 % der Arbeitszeit des Klägers ausmachen sollten. Sodann wird mitgeteilt, aufgrund der Delegation von Aufgaben und der Ausübung von inhaltlich nicht genannten übergeordneten Tätigkeiten sei hier von 15-20 % auszugehen. Diese soll dann der Beklagte selbst übernommen haben.

Der Vortrag bleibt strukturell bei allen 13 aufgeführten Arbeitsaufgaben des Klägers derselbe. Zunächst wird die Aufgabe abstrakt benannt. Nur selten werden konkrete Tätigkeiten aufgeführt. Im Allgemeinen wird geschildert, dass der Kläger irgendwelche Hintergrundtätigkeiten ausgeübt habe, die nunmehr ein*e andere*r übernimmt. Dann wird behauptet, dass ein Großteil der Aufgaben vorher schon von anderen Mitarbeiter*innen übernommen worden war und letztendlich das beim Kläger verbliebene Volumen vom Beklagten selbst übernommen worden sei.

Hinsichtlich der Aufgabe ständige Überprüfung des Scoutingsystems wird behauptet, diese habe der Kläger nie durchgeführt, sondern dies sei über ehrenamtliche Scouter erfolgt. Hier stellt sich schon die Frage, ob diese sich selbst und ihr eigenes System überprüft haben.

Insgesamt kann die Kammer den Sachvortrag des Beklagten weder konkret nachvollziehen, noch hat er einer Überprüfung fähigen Inhalt.

Dabei ist es nicht mehr entscheidungserheblich, dass nach Sachvortrag des Beklagten nicht vor der Entscheidung der Kündigung das Konzept aufgestellt worden ist, welche Aufgaben des Klägers nach seiner Kündigung wer übernehmen soll. Es wird lediglich dargestellt, dass faktisch nach Weggang des Klägers irgendwelche Mitarbeiter*innen bestimmte Aufgaben übernommen haben. Es kann auch offen bleiben, ob tatsächlich die Erfolglosigkeit und Unzufriedenheit des Beklagten mit dem Kläger Hintergrund der Kündigung gewesen ist, wie die Klägerseite spekuliert. Auch die Verspätungsfragen hinsichtlich der einzelnen Sachvorträge können offen bleiben.

Die Sache war zur Entscheidung reif. Nach den Hinweisbeschluss des Gerichts vom 25.8.2020 bedurfte es keines weiteren Hinweises.

Der Beklagte trägt gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.

Anlass für die Zulassung der Revision bestand nicht, weil die Entscheidung schlicht auf der Bewertung des Sachvortrages des Beklagten als nicht hinreichend substantiiert im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BAG, welcher die Kammer folgt, basiert.

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