OLG Hamm, Beschluss vom 13.02.2017 - 3 UF 2/17
Fundstelle
openJur 2021, 24073
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 F 790/16
Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 4. (Landratsamt B) vom 29. Dezember 2016 und des Beteiligten zu 5. (Ergänzungspfleger) vom 29. Dezember 2016 gegen den am 23. Dezember 2016 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Steinfurt (10 F 790/16) werden zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. (Kindesmutter) vom 12. Januar 2017 gegen den am 23. Dezember 2016 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Steinfurt (10 F 790/16) wird als unzulässig verworfen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kindesmutter und der Kindesvater sind die getrennt lebenden Eltern der gemeinsamen, am "00" nichtehelich geborenen Tochter A. Der am "00" in Hamm geborene Kindesvater ist nach einer vorherigen Berufstätigkeit als Polizist seit dem Jahr 1995 als (ausgebildeter) Krankenpfleger tätig. Seit der Aufnahme A‘s in seinen Haushalt übt er seine Berufstätigkeit nur halbschichtig aus. Er bewohnt mit A ein 103 qm großes Reihenmittelhaus in C. Die am "00" in D in E geborene Kindesmutter ist Physiotherapeutin und arbeitet vollschichtig in ihrem Beruf. Ihre frühere nebenberufliche Tätigkeit als Tänzerin gab sie nach A‘s Geburt auf.

Nachdem beide Kindeseltern zuvor schon einmal in erster Ehe verheiratet waren, begannen sie ihre Beziehung Mitte 2005. Bereits drei Monate nach Beziehungsbeginn war die Kindesmutter schwanger. Zu dieser Zeit geriet allerdings die Beziehung der Kindeseltern - die zu keiner Zeit wirklich zusammen gewohnt hatten - schon in eine zunehmende Krise. Der Umfang des weiteren Zusammenseins nach der Geburt von A (Besuche und Aufenthalte des Kindesvaters bei der Kindesmutter) ist vor dem Hintergrund der Bindungsentwicklung A’s bis heute streitig. Die Kindeseltern trennten sich spätestens im Mai 2008 endgültig.

Nachdem es mehrere Gespräche und Mediationsversuche unter Beteiligung einer Erziehungsberatungsstelle in der Zeit vom 21.09.2009 bis 26.01.2010 gegeben hatte, beantragte der Kindesvater mit Antrag vom 12.02.2010 bei dem Familiengericht Münster eine Ausweitung seiner Umgangskontakte, die zuvor in dem Verfahren 56 F 531/08, Amtsgericht Münster, einvernehmlich und gerichtlich gebilligt geregelt worden waren.

Im März 2010 verzog die Kindesmutter mit A für den Kindesvater überraschend nach F in die Nähe ihres Bruders.

Nach einem Termin in dem v.g. Umgangsverfahren bei dem Amtsgericht Münster am 21.04.2010 und einer langwierigen Abgabe durch das Amtsgericht Münster an das Amtsgericht Amberg sowie einer weiteren Anhörung bei dem Amtsgericht Amberg, in diesem, dort unter dem Aktenzeichen 001 F 599/10 geführten Umgangsverfahren wurde auf den entsprechenden Beweisbeschluss am 17.12.2010 ein Gutachten durch die Diplom Psychologin G erstattet. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, A sei erheblichen Loyalitätskonflikten ausgesetzt. Sie zeige auch massive Auffälligkeiten wegen des Klammerns und der Überbehütung durch die Kindesmutter, es handele sich um eine das Kind zu sehr einengende "Symbiose". A habe keine sozialen Kontakte, sie zeige Verlustängste, sei distanzlos, fixiert auf Erwachsene, sie werde möglicherweise von der Kindesmutter, die innerhalb kürzester Zeit 31 mal bei einem Kinderarzt gewesen sei, somatisiert. A zeige eine Desorganisation in der Bindungsrepräsentation, die Kindesmutter habe eine erheblich eingeschränkte Bindungstoleranz und aufgrund der v.g. Umstände im Hinblick auf A auch sonst eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit. Zur Vermeidung einer Gefährdung des Kindeswohls seien eine Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt der Kindesmutter und ein Wechsel zum Kindesvater notwendig. Nach einem erneuten Anhörungstermin am 17.01.2011 beschloss das Familiengericht Amberg (unter Abänderung seiner diesbezüglichen Antragsabweisung in dem Verfahren 1 F 623/10) nach §§ 1696, 1666 BGB die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater. Die Beschwerde hiergegen wies das Oberlandesgericht Nürnberg am 05.04.2011 zurück. A wechselte in der Folge Anfang des Jahres 2011 in die Obhut des Kindesvaters.

Mit Antrag vom 24.05.2011 beantragte die Kindesmutter bei dem jetzt aufgrund des Wohnsitzwechsels A‘s wieder zuständigen Amtsgericht Steinfurt eine Ausweitung des bis dahin auf Empfehlung der Sachverständigen G aufgrund einer einstweiligen Anordnung in dem Verfahren 10 F 83/10 (Amtsgericht Steinfurt) nur begleiteten Umgangs. Nach einem Anhörungstermin am 25.07.2011 erließ das Familiengericht Steinfurt in dem Verfahren 10 F 140/11 eine einstweilige Anordnung hinsichtlich eines unbegleiteten Umgangs alle drei Wochen und beschloss im Übrigen die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Nachdem der Sachverständige in seinem Gutachten vom 10.08.2012 unbegleitete Umgänge - bei einem entsprechenden Verhalten der Kindesmutter - für unbedenklich hielt, schlossen die Kindeseltern in der erneuten Anhörung bei dem Familiengericht am 07.11.2012 eine Umgangsvereinbarung, an die sich beide Kindeseltern bis zum Herbst 2016 sklavisch, minutengenau und unflexibel hielten.

Im Rahmen eines Ferienumgangs sprach die Kindesmutter im August 2013 in Bayern mit A zwei Mal bei dem Jugendamt in B vor, A wolle nicht zu dem Kindesvater zurück. Ein gerichtliches Verfahren resultierte hieraus nicht.

Die Kindeseltern streiten derzeit in dem vor dem Senat geführten Beschwerdeverfahren II-3 UF 248/15 um die von der Kindesmutter mit Antrag vom 25.04.2014 beantragte (Rück-)Übertragung der im Jahr 2011 auf den Kindesvater übertragenen alleinigen elterlichen Sorge für A auf die Kindesmutter nach den §§ 1696, 1671 BGB. Ein Anhörungstermin der Beteiligten und des Kindes durch den Senat fand am 13.09.2016 statt, ohne dass bereits eine abschließende Entscheidung getroffen werden konnte. A ist inzwischen 10 Jahre alt und besuchte seit Sommer 2016 bis zu den Herbstferien die 5. Klasse der Hschule (Gymnasium) in I. Unabhängig von ihren eigenen Angaben und den Feststellungen der Gutachterin wird A in den dem Senat in seinem Verfahren vorliegenden Bescheinigungen von Lehrern und Erziehern als fröhliches, aufgeschlossenes und weit entwickeltes Mädchen beschrieben. Ihre Leistungen in der Schule seien bisher gut gewesen, sie liebe Tiere und die Natur und habe in I und C altersentsprechende Freundschaften.

In den Herbstferien hatte A ab dem 10.10.2016 Ferienumgang bei der Kindesmutter. Bei einem am 11.10.2016 von der Kindesmutter erbetenen Gespräch am 12.10.2016 in den Räumlichkeiten des Kreisjugendamtes des Landratsamtes B wurde A - ebenso wie in einem Gespräch am Folgetag im Haushalt der Kindesmutter - von der zuständigen Jugendamtsmitarbeiterin angehört. A bat in diesen Gesprächen unter Schilderungen kindeswohlabträglicher Verhaltensweisen des Kindesvaters darum, bei der Kindesmutter leben zu dürfen. Eine Rückkehr zum Kindesvater lehnte A vehement ab. Am 13.10.2016 nahm das Kreisjugendamt des Landratsamtes B A in Obhut, um sie aus dem belastenden Elternstreit herauszunehmen, und brachte sie im J-Haus in F unter.

In seinem Verfahren 1 F 841/16 hat das Amtsgericht Amberg sodann auf Anregung des Kreisjugendamtes bei dem Landratsamt B mit Beschluss vom 14.10.2016 im Wege einer einstweiligen Anordnung nach den §§ 49 ff FamFG ohne mündliche Verhandlung dem Kindesvater Teile der elterlichen Sorge - das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge, das Recht Sozialleistungen zu beantragen und das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten - nach § 1666, 1666a BGB entzogen, insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 5. als Ergänzungspfleger bestimmt. Mit Antrag vom 17.10.2016 hat der Kindesvater die Abgabe des Verfahrens an das Oberlandesgericht Hamm zu dem hiesigen Beschwerdeverfahren, hilfsweise eine erneute - abändernde - Entscheidung des Familiengerichts in Amberg beantragt. Das Amtsgericht Amberg hat nach Bestellung der Beteiligten zu 1. als Verfahrensbeiständin für A durch Beschluss vom 20.10.2016 mit weiterem Beschluss vom 03.11.2016 das Verfahren an das Oberlandesgericht Hamm zu dem Beschwerdeverfahren II-3 UF 248/15 abgegeben und die Verfahrensakten zur Übernahme vorgelegt.

Nach einer Vorführung A‘s durch die Ergänzungspflegerin in der Notfallambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in B am 21.10.2016 wurde A von dort als sehr belastet beschrieben, es gäbe Anzeichen für einen massiven Loyalitätskonflikt. Erschreckend sei die völlige Fixierung auf die Thematik des Lebensmittelpunktes, die eine Auslenkung auf ein altersadäquates Thema nicht zulasse. Auch aufgrund der extremen Schwarz-Weiß Zeichnung bestehe der Verdacht auf eine rezidivierend depressive Symptomatik, resultierend aus dem jahrelangen Streit um das Sorgerecht.

Mit Beschluss vom 21.11.2016 - II-3 UF 214/16 - hat der Senat die Abgabe des Verfahrens und die Vorlage der Akten durch das Amtsgericht Amberg in dem einstweiligen Anordnungsverfahren 1 F 841/16 als unzulässig zurückgewiesen. Das Amtsgericht Amberg hat - entsprechend der Anregung des Senats in v.g. Beschluss - das Verfahren nach Rückkehr der Akten mit Beschluss vom 01.12.2016 unverzüglich an das Amtsgericht Steinfurt abgegeben, welches das Verfahren als einstweiliges Anordnungsverfahren unter dem im Rubrum bezeichneten Aktenzeichen weiter geführt hat.

Ungeachtet der Tatsache, dass durch den Beteiligten zu 6. - dem Kreisjugendamt I - eine Aufnahme A‘s in eine im Münsterland gelegene Diagnose- und Übergangswohngruppe avisiert worden war, hat der Ergänzungspfleger am 10.12.2016 mit Unterstützung des Kreisjugendamtes bei dem Landratsamt B einen Wechsel A‘s aus der Jugendhilfeeinrichtung in den Haushalt der Kindesmutter veranlasst. Der Zustand des Kindes habe sich in der Einrichtung zunehmend verschlechtert, A habe auch die Lehrer der von ihr besuchten neuen Schule in F um Hilfe gebeten. Der Wechsel habe große Freude bei A ausgelöst.

Das Amtsgericht Steinfurt hat die Anhörung der Beteiligten und auch des Kindes für den 21.12.2016 angeordnet. Nach ausdrücklicher Weigerung des Ergänzungspflegers, A‘s Anhörung ohne die Verfahrensbeiständin, die den Termin nicht wahrnehmen konnte, zuzulassen und ihrer daraus resultierenden Weigerung A zur Anhörung nach Steinfurt zu bringen und dort ebenfalls an der Anhörung teilzunehmen, hat das Familiengericht nach Anhörung der übrigen Beteiligten am 21.12.2016 mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.12.2016 den Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 14.10.2016 aufgehoben und die entzogenen Sorgerechtsteile auf den Kindesvater zurück übertragen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne des § 1666 BGB bei Aufrechterhaltung der elterlichen Sorge des Kindesvaters sei nicht ersichtlich. Die Inobhutnahme habe sich als untauglich erwiesen, für A eine Zäsur zu schaffen und sie aus dem Spannungsfeld der Eltern zu befreien. Soweit sich A‘s emotionale Situation in den letzten Monaten verschlechtert habe, sei nicht ersichtlich, dass der Kindesvater nicht die notwendigen Maßnahmen ergreifen werde. Im Ergebnis sei eine Aufrechterhaltung von Maßnahmen nach § 1666 BGB nicht gerechtfertigt.

Hiergegen richten sich die Beschwerden des Ergänzungspflegers und des Kreisjugendamtes des Landratsamtes A, jeweils vom 29.12.2016, sowie der Kindesmutter vom 12.01.2017.

Zur Begründung ihrer jeweiligen Beschwerden tragen das Kreisjugendamt des Landratsamtes A und der Ergänzungspfleger vor, das Wohl A‘s sei massiv gefährdet, wenn sie gegen ihren Willen zu dem Kindesvater zurückkehren müsse. Der zu erwartende Schaden sei größer als der nur theoretisch bei der Kindesmutter in den Jahren zuvor zu erwartende. Es sei überaus wichtig gewesen, A anzuhören, dies hätte auch im Wege der Amtshilfe bei dem Familiengericht in Amberg erfolgen können. Es gebe keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls bei der Kindesmutter. Der Loyalitätskonflikt A‘s könne nur bei einer Fremdunterbringung vermieden werden, diese sei jedoch gescheitert. Die vom Kindesvater (zwischenzeitlich) begonnene zwangsweise Rückführung verletze A in ihren Grundrechten.

Sie beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts - Familiengericht - Amberg vom 14.10.2016 aufrecht zu erhalten.

Zusammen mit ihrer Verfahrensbeiständin hat A am 04.01.2017 bei dem Familiengericht in Amberg vorgesprochen, um von einem Richter angehört zu werden. Das ausführliche Protokoll der daraufhin vorgenommenen Anhörung liegt dem Senat vor.

Mit Beschluss vom 04.01.2017 hat das Familiengericht Steinfurt in seinem Verfahren 10 F 3/17 auf Antrag des Kindesvaters im Wege der einstweiligen Anordnung die Herausgabe des Kindes A durch die Kindesmutter angeordnet.

Auch die Kindesmutter rügt mit ihrer Beschwerdebegründung vom 30.01.2017 die unterbliebene Anhörung A‘s und hält den Kindeswillen - ungeachtet seiner Entstehung - für unbedingt beachtlich. Eine Rückkehr A‘s sei kindeswohlschädigend.

Sie beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Steinfurt vom 23.12.2016 aufzuheben.

Der Kindesvater beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 6. und die Verfahrensbeiständin haben im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und den angefochtenen Beschluss verwiesen.

II.

A. Der Senat hat gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung entschieden, weil diese bereits ausführlich im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung der Beteiligten keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Das betroffene Kind A ist am 13.09.2016 durch den Senat in seinem Beschwerdeverfahren II - 3 UF 248/15 und am 04.01.2017 durch das Familiengericht in Amberg richterlich angehört worden.

B. Die Beschwerden der Beteiligten zu 4. und zu 5. sind nach § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG zulässig und auch nach § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG fristgerecht eingelegt worden. Der Beteiligte zu 5. ist als Ergänzungspfleger für das Kind und der Beteiligte zu 4. nach § 162 Abs. 3 S. 2 FamFG zur Einlegung einer Beschwerde befugt.

Die Beschwerde der Kindesmutter ist dagegen nicht zulässig. Der Kindesmutter fehlt es für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen den angefochtenen Beschluss an der Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 Abs. 1 FamFG.

1. Nach dieser Vorschrift steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten verletzt worden ist. In einem Amtsverfahren wie der vorliegenden Kindschaftssache nach § 151 Nr. 1 FamFG setzt die Beschwerdeberechtigung keine erstinstanzliche Beteiligtenstellung voraus und wird auch nicht durch diese begründet, sondern definiert sich allein über die durch die Entscheidung bewirkte materielle Beschwer (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Auflage, § 59, Rn. 3). Eine materielle Beschwer i.S.v. § 59 Abs. 1 FamFG liegt nur dann vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer unmittelbar beeinträchtigt, d.h. nicht nur mittelbare nachteilige Folgen in der Form hat, dass ein bestehendes Recht aufgehoben, beschränkt, gemindert, ungünstig beeinflusst, gefährdet, die Ausübung des Rechts erschwert oder eine mögliche Verbesserung der Rechtsstellung vorenthält oder erschwert; ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung oder die Möglichkeit künftiger ggfls. mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung reichen dagegen nicht aus (vgl. Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., Rn. 9).

2. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht Steinfurt eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Amberg vom 14.10.2016, mit der dieses dem Kindesvater Teile der ihm zuvor allein zustehenden elterlichen Sorge für A nach §§ 1666, 1666a BGB entzogen hatte, aufgehoben. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Kindesmutter lässt sich für ihre jetzige Beschwerde weder aus dem bereits aufgehobenen Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 14.10.2016 noch aus dem angefochtenen Beschluss herleiten. Die Kindesmutter ist seit der Entscheidung des Amtsgerichts Amberg vom 17.01.2011 nicht mehr Inhaberin der elterlichen Sorge für A, diese wurde ihr entzogen. Zwar kann nach Ansicht des Senats auch in einem zunächst den anderen Elternteil betreffenden Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB eine Beschwerdeberechtigung des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils gegeben sein, soweit zugleich in dessen subjektive Rechte eingegriffen worden ist (vgl. BGH, FamRZ 2010, 1242 f., auch juris; undifferenziert insoweit: Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., Rn. 70). Ein solcher Fall liegt jedoch gerade mit der angefochtenen Entscheidung nicht (mehr) vor. Eine Beschwerdeberechtigung kann sich ergeben, wenn mit einer Entscheidung nach §§ 1666,1666a BGB einem Elternteil die elterliche Sorge (teilweise) entzogen und dem anderen Elternteil nicht nach § 1680 Abs. 3 BGB übertragen worden ist. Denn die Regelung des § 1680 Abs. 3 BGB begründet unabhängig von der Frage, ob dem Elternteil zuvor die Sorge entzogen wurde oder nie zustand, ein subjektives Recht des anderen Elternteils (vgl. BGH, a.a.O.). Die Kindesmutter wäre nach alledem gegen die mit dem angefochtenen Beschluss aufgehobene Entscheidung (im Falle einer vorherigen mündlichen Verhandlung) beschwerdeberechtigt gewesen, weil durch die unterbliebene Übertragung nach § 1680 Abs. 3 BGB in ihr subjektives Recht eingegriffen worden ist (vgl. BGH, a.a.O.). In der Aufhebung einer die Übertragung auf den anderen Elternteil nach § 1680 Abs. 3 BGB ermöglichenden Entscheidung ist indes eine Rechtsbeeinträchtigung dieses Elternteils nicht mehr zu sehen, es fehlt an der Unmittelbarkeit der nachteiligen Folge (vgl. auch zum alten Recht: BGH, FamRZ 2009, 220 f., auch juris). Dem entspricht, dass die Beeinträchtigung des Rechts in zeitlicher Hinsicht auch noch bei der Beschwerdeeinlegung bestehen muss. Dass die Kindesmutter durch den von dem Ergänzungspfleger veranlassten Aufenthalt A‘s bei ihr auch ein berechtigtes Interesse an dem Fortbestand der die Ergänzungspflegschaft anordnenden Entscheidung hat, genügt für die Annahme einer Beschwerdeberechtigung nicht. Dem steht nicht entgegen, dass die Kindesmutter von dem Familiengericht zu Recht nach § 7 FamFG als Beteiligte des Verfahrens hinzugezogen worden ist.

Letztlich kann eine Entscheidung dieser soweit ersichtlich in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend entschiedenen Frage aber dahinstehen. Denn dem Senat ist das Verfahren durch die Beschwerden der Beteiligten zu 4. und 5. auch inhaltlich umfassend und als Amtsverfahren unabhängig von den Beschwerdeangriffen zur Prüfung angefallen.

C. Die zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 4. und zu 5. haben in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat bei der gebotenen summarischen Prüfung nach den §§ 49 ff. FamFG im einstweiligen Anordnungsverfahren zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, die vom Familiengericht Amberg am 14.10.2016 getroffenen Maßnahmen - den Teilentzug der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666a BGB - aufgehoben. Die Beschwerdevorbringen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. Das familiengerichtliche Verfahren ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch nach der strengen Rechtsprechung des Senats zur Notwendigkeit einer Kindesanhörung in jedem Verfahren zur elterlichen Sorge nicht zu beanstanden.

a. Das Familiengericht hat bei der gebotenen Eile im einstweiligen Anordnungsverfahren einen Termin zur Anhörung der Beteiligten und des betroffenen Kindes am 21.12.2016 angeordnet. Mit Schreiben vom 14.12.2016 hat die Verfahrensbeiständin darum gebeten, A wegen der entstehenden Belastung von ihrer Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden und damit Umstände i.S.d. § 159 Abs. 3 S. 1 FamFG vorgetragen. Mit Schreiben vom 15.12.2016 hat der Ergänzungspfleger sodann beantragt, den Termin insgesamt zu verlegen, da die Verfahrensbeiständin verhindert und A zu einem Erscheinen sowieso nicht auf freiwilliger Basis zu bewegen sei. A solle am 19.12.2016 zudem nochmals in der Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgestellt werden. Die Familienrichterin hat danach angekündigt, über die Anhörung des Kindes nach Übersendung einer Stellungnahme des behandelnden Arztes entscheiden zu wollen. Mit Schreiben vom 16.12.2016 wies der Ergänzungspfleger darauf hin, die Anhörung A‘s ohne Verfahrensbeistand sei ein Verfahrensfehler, da das "soll" in der Regelung des § 159 Abs. 4 S. 3 FamFG als "muss" zu verstehen sei. Nachdem der behandelnde Arzt aus formalen Gründen zu einer Anhörung A‘s nicht Stellung nehmen wollte, hat der Ergänzungspfleger mit Schreiben vom 19.12.2016 um Auskunft zu der beabsichtigten Form der Anhörung gebeten und im Übrigen um Mitteilung gebeten, was im Falle einer Weigerung A‘s zu veranlassen sei. Das Familiengericht hat mit Verfügung vom 2012.2016 darauf geantwortet und insbesondere darauf hingewiesen, es ergebe sich aus A‘s Briefen, dass sie gerne angehört werden wolle. Weiter hat das Familiengericht einen zeitlich versetzten Anhörungstermin angeboten, damit A den übrigen Beteiligten nicht begegnen muss. Mit Schreiben vom 20.12.2016 teilte der Ergänzungspfleger mit, als gesetzlicher Vertreter des Kindes eine Anhörung A‘s ohne Verfahrensbeistand nicht zu erlauben und bat um Entpflichtung des Kindes und seiner selbst von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen. Mit Schreiben vom 21.12.2016 teilte der Ergänzungspfleger schließlich mit, die zuständige Sachbearbeiterin sei plötzlich erkrankt und ein Vertreter könne nicht entsandt werden. A ist zu dem Termin am 21.12.2016 nicht von den durch den Ergänzungspfleger insofern bevollmächtigten Mitarbeitern des Beteiligten zu 4. gebracht worden.

b. Gemäß § 159 Abs. 2 FamFG ist das Familiengericht grundsätzlich verpflichtet, auch Kinder unter 14 Jahren persönlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes von Bedeutung sein können. Das Gericht soll sich insbesondere einen persönlichen Eindruck von dem Kind verschaffen. Handelt es sich - wie hier - zudem um die Frage, ob das Kind von dem sorgeberechtigten Elternteil getrennt bleiben soll, so sind in aller Regel auch die Bindungen der Kinder für die Entscheidung von Bedeutung (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1999, 36; Keidel/Engelhardt, FamFG, 18. Auflage, § 159, Rn. 8, m.w.N.). Die Anhörungspflicht des Familiengerichts dient nicht nur der Absicherung des Kindeswohls, sondern schützt auch die Stellung des Kindes als Subjekt in dem Verfahren, sowie dessen Grundrechte aus Art. 6 Abs. 2, 2 Abs. 2 GG und wahrt schließlich seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Weil die Gefahr einer Beeinflussung durch den betreuenden Elternteil bei jeder anderen Form der Anhörung erheblich ist, bedeutet die persönliche Anhörung des Kindes zudem eine Sachaufklärung nach § 26 FamFG.

aa. § 159 Abs. 4 Satz 3 FamFG sieht für die Anhörung eines Kindes vor, dass diese in Anwesenheit des bestellten Verfahrensbeistands stattfinden soll. Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, vor allem wenn dies im Einzelfall aus Gründen einer besseren Sachaufklärung geboten ist. Darüber hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu befinden. In jedem Fall ist aber zu beachten, dass es dem Verfahrensbeistand möglich sein muss, seine gesetzliche Aufgabe, dem Willen und den Interessen des Kindes Geltung zu verschaffen, sinnvoll zu erfüllen (vgl. Keidel/Engelhardt FamFG, 19. Auflage, § 159, Rn. 16).

bb. Das Familiengericht hat sich unter Berücksichtigung dieser Anforderungen zwar um eine persönliche Anhörung A‘s unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten bemüht, konnte aber nach dem Verfahrensverlauf im Ergebnis seine Entscheidung auch ohne diese Anhörung treffen. Die Verfahrensbeiständin war wegen persönlicher Verhinderung darin gehindert, den vom Familiengericht angesetzten Termin wahrzunehmen, und ist daher von der Pflicht zum Erscheinen entbunden worden. Die Verfahrensbeiständin hat sich jedoch in zwei Stellungnahmen umfassend zu dem Willen und den Interessen A‘s vor dem Termin schriftsätzlich geäußert. Einer Anhörung A‘s ohne sie stand demnach nur die mit Schaffung dieser Vorschrift vom Gesetzgeber vordringlich beabsichtigte Entlastung des Kindes durch die Anwesenheit einer Vertrauensperson, die möglichst keiner der Elternteile sein sollte, im Wege. Vorliegend war A aber ein Ergänzungspfleger bestellt, dessen Mitarbeiterin jedenfalls nach ihren verschiedenen Schreiben inzwischen eine vergleichbare Vertrauensperson wie die Verfahrensbeiständin für A dargestellt hat. Es ist nach alledem nicht zu beanstanden, dass das Familiengericht sich im Rahmen seines Ermessens - als Ausnahmefall - für eine Anhörung A‘s ohne die Verfahrensbeiständin entschieden hat. Die von der Ergänzungspflegerin offensichtlich favorisierte Alternative, den angesetzten Termin zu verschieben, ergab sich aufgrund der in dem Verfahren der einstweiligen Anordnung gebotenen beschleunigten Verfahrensweise und der mit den zu dieser Zeit bevorstehenden Weihnachtsfeiertagen - mit der absehbaren Folge einer Verhinderung auch der anderen Beteiligten - für das Familiengericht allerdings nicht. Insbesondere hätte die gewünschte Verschiebung auch nicht zu einem - freiwilligen - Erscheinen A‘s zu der Anhörung geführt. Dies hatte die Verfahrenspflegerin bereits mit ihrer ersten Stellungnahme vom 14.12.2016 - mit der auch Umstände vorgetragen worden waren, die ein Absehen von der Anhörung wohl gerechtfertigt hätten - mitgeteilt. Eine persönliche Anhörung war dem Familiengericht nach alledem nicht möglich. Angesichts der ausführlich protokollierten Anhörung A‘s vor dem Senat noch am 13.09.2016 und der ausführlichen schriftlichen Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin bedurfte es auch vor der Entscheidung des Familiengerichts nicht stattdessen einer Anhörung A‘s im Wege der Rechtshilfe durch das Familiengericht in Amberg, die der Familienrichterin einen eigenen Eindruck von dem Kind schon nicht hätte verschaffen können.

c. Letztlich kann auch dies dahinstehen, denn jedenfalls gibt das familiengerichtliche Verfahren keinerlei Veranlassung zu einer Aufhebung und Zurückverweisung. Der Senat hat dagegen bereits in der Anhörung am 13.09.2016 einen persönlichen Eindruck von A und ihren verbal geäußerten Wünschen und Gefühlen gewonnen. Zudem liegt das Protokoll der Anhörung A‘s durch das Familiengericht in Amberg am 04.01.2017 vor und kann - unabhängig von der tatsächlich nicht erteilten Einwilligung des allein sorgeberechtigten Kindesvaters - zum Gegenstand der Beschwerdeentscheidung gemacht werden.

2. Eine einstweilige Anordnung in Sorgerechtsfragen, die auch nur Teilbereiche der elterlichen Sorge erfassen kann, ist zulässig, wenn ein Regelungsbedürfnis, also ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht, das ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet, weil diese zu spät kommen und die Kindesinteressen nicht genügend wahren würde (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2012, 236-237; OLG Brandenburg, Beschluss vom 04. November 2008 - 10 WF 225/08 -, m. w. N., jeweils juris). Ob am 14.10.2016 die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorlagen, kann an dieser Stelle dahinstehen. Denn angesichts dieser bereits zuvor getroffenen Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren war das Familiengericht nach § 54 FamFG gehalten, diese nach mündlicher Anhörung der Beteiligten erneut zu prüfen und darüber zu befinden, was es mit dem angefochtenen Beschluss, gegen den die Beschwerden sich richten, auch gemacht hat.

3. Auch inhaltlich und im Ergebnis stellt sich die angefochtene Entscheidung als richtig dar.

a. Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge darf als Maßnahme nur ergriffen werden, wenn gegenwärtig eine erhebliche Gefahr vorhanden ist, dass sich eine Schädigung des körperliche, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes ergeben wird und dieser nur durch Entziehung des Sorgerechts und nicht durch mildere Maßnahmen begegnet werden kann (vgl. BVerfG, ZKJ 2011, 133-135; BGH, FamRZ 2010, 720, jeweils auch juris). Zudem darf Eltern das Sorgerecht nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entzogen werden. Helfende und unterstützende Maßnahmen sind vorrangig anzuwenden (vgl. BVerfG, FamRZ 2014, 1005 ff und FamRZ 2012, 1127, auch juris). § 1666 a Abs. 1 BGB bestimmt dazu ausdrücklich, dass Maßnahmen, mit denen eine Trennung der Kinder von den leiblichen Eltern verbunden ist, nur zulässig sind, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen begegnet werden kann. Reine Befürchtungen für das Wohl der Kinder reichen dabei für einen Sorgerechtsentzug oder eine Inobhutnahme gerade nicht aus, es müssen wenigstens konkrete Hinweise die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr in dem Sinne rechtfertigen, dass eine Weiterentwicklung des Geschehensablaufes in eine Schädigung des Kindes mündet (vgl. BGH, FamRZ 2005, 344-347, auch juris; Palandt/Götz, BGB, 76. Auflage, § 1666, Rn. 10). Da die Trennung des Kindes von seinen Eltern der stärkste Eingriff in das Elternrecht darstellt, ist dieser allein unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 GG zulässig, das elterliche Fehlverhalten muss ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist (vgl. BVerfG, a.a.O.).

b. Unter Anlegung dieser Maßstäbe durfte das Familiengericht in Amberg aufgrund der Anregung des Kreisjugendamtes bei dem Landratsamt B zunächst zu Recht davon ausgehen, dass Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB hinsichtlich des Kindesvaters notwendig und auch im Wege der einstweiligen Anordnung geboten sind. Das Kreisjugendamt hat auch zu Recht A in Obhut genommen und in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet ein Kind in Obhut zu nehmen, wenn dieses darum bittet. Es kann dahinstehen, dass sowohl die Kindesmutter als auch A im späteren Verfahren angegeben haben, durch die Inobhutnahme überrascht worden zu sein. Denn A‘s vehemente Weigerung zum Vater zurückzukehren und ihre in diesem Zusammenhang mitgeteilte Äußerung, dann lieber in ein Heim gehen zu wollen, kann als entsprechende Bitte verstanden werden. Angesichts des offensichtlichen Loyalitätskonfliktes und dem erschreckenden Bild, das A‘s völlig realitätsferne Schwarz- Weiß Zeichnung der Lebensumstände bei Vater und Mutter geboten hat, ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Kreisjugendamt die Fremdunterbringung als Möglichkeit erwogen und auch durchgeführt hat. Das Familiengericht in Amberg ist - allerdings ohne entsprechende Versuche zu dokumentieren - nach der allgemeinen Lebenserfahrung wohl auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kindesvater seine Zustimmung zu der Fremdunterbringung nicht erteilen wird. Ein Zuwarten war dem Familiengericht vor dem Hintergrund der bereits erfolgten Inobhutnahme auch nicht möglich.

c. Gleichfalls unter Anlegung dieser Maßstäbe zu Recht hat aber das Familiengericht in Steinfurt die weitere Notwendigkeit dieser Maßnahme nach §§ 1666, 1666a BGB zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht mehr gesehen und diese daher aufgehoben.

aa. Die Fremdunterbringung durch die vollstationäre Jugendhilfemaßnahme A‘s ist durch die von dem Ergänzungspfleger mit Unterstützung des Kreisjugendamtes bei dem Landratsamt B veranlasste Aufnahme A‘s in den Haushalt der Kindesmutter beendet. Nicht nur formal betrachtet ist mit dem Wechsel A‘s zu der Kindesmutter am 10.12.2016 auch der Anlass für die ausschließlich auf den Gesichtspunkt der Inobhutnahme gestützte Anordnung des Amtsgerichts Amberg vom 14.10.2016 entfallen. Nach dem Vortrag des Ergänzungspflegers und des Kreisjugendamtes vermögen beide bei der Kindesmutter keine Kindeswohlgefährdung zu erkennen. Gleichwohl ist von den Beteiligten nicht erwogen worden, bei dem Familiengericht auch eine Aufhebung der Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB anzuregen, was bei einem Aufenthalt A‘s bei einem - nach Ansicht der beiden Beteiligten - erziehungsgeeigneten und keine Kindeswohlgefährdung auslösenden Elternteil aber wohl zwingend gewesen wäre. Insbesondere aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich, dass jede Maßnahme nur solange aufrecht erhalten werden darf, wie sie notwendig ist, die bloße Befürchtung eine positive Entwicklung könne Rückschritte erleiden, rechtfertigt einen anhaltenden Eingriff in das Sorgerecht nach § 1666 BGB nicht; wenn eine gegenwärtige Gefahr des Kindeswohls nicht mehr vorliegt, ist die angeordnete Maßnahme daher aufzuheben (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2014, 399 ff., auch juris; Palandt/Götz, BGB, 76. Auflage, § 1666, Rn. 50). Der Senat übersieht dabei nicht, dass es (unzulässige) Fallkonstellationen gibt, in denen dem Ergänzungspfleger "auf Vorrat" das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird, um ein sofortiges Eingreifen im Falle einer eintretenden Gefährdung zu ermöglichen. Von einer solchen Fallgestaltung gehen aber auch die Beschwerdeführer nicht aus, angesichts eines nach bisherigen Ermittlungen erziehungsgeeigneten Kindesvaters würde sich auch eine solche "Vorratsmaßnahme" von vorneherein verbieten und könnte auch die Aufrechterhaltung von Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB nicht begründen. Auf diesen Umstand hat das Familiengericht seine Entscheidung in dem angefochtenen Beschluss auch zu Recht gestützt. Nach den ausführlichen Stellungnahmen zu der fehlenden Kindeswohlgefährdung bei der Kindesmutter gehen die Beteiligten von einer solchen Fallkonstellation aber selbst nicht aus. Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB sind für jeden Elternteil gesondert und es ist zudem auch eine Entscheidung nach (§ 1696 Abs. 1 BGB) § 1671 BGB als milderes Mittel zu prüfen. Der Ergänzungspfleger und das Kreisjugendamt haben sich offensichtlich angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit des Senates für eine Entscheidung nach § 1671 BGB, begründet durch das diesbezüglich bei dem Senat anhängige Beschwerdeverfahren, an einer entsprechenden Anregung gehindert gesehen, ohne die Notwendigkeit von Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB noch durch beiderseitiges elterliches Verhalten begründen zu können. Überspitzt formuliert soll die Aufrechterhaltung der v.g. Maßnahmen also letztlich nur den Senat an einer, durch seine "weigerliche" Haltung, im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG der Kindesmutter vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, "kindeswohlgefährdenden" Rechtsprechung hindern. Der Gesetzgeber hat allerdings die Bestimmung darüber, wem von den Kindeseltern im Falle eines elterlichen Streites die elterliche Sorge zu übertragen ist, und damit auch die Bestimmung des Lebensmittelpunktes eines Kindes den Gerichten und nicht den Jugendämtern zugewiesen. Auch für vorläufige Maßnahmen oder in Eilfällen gilt nichts anderes. Im Rahmen dieser Befugnisse haben das Amtsgericht Amberg mit Beschluss vom 17.01.2011 und das Familiengericht in Steinfurt in dem Beschwerdeverfahren, welches dem Senat zur Entscheidung vorliegt, mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.10.2015, nach Durchführung eines jeweils aufwändigen Erkenntnisverfahrens mit Einholung von Sachverständigengutachten, jeweils auch mit sorgfältiger Begründung dem Kindesvater die elterliche Sorge übertragen bzw. belassen. Der Senat will keineswegs die Fachkompetenz der Beteiligten geringschätzen und weiß die Arbeit der Jugendämter und mit den Aufgaben eines Vormundes betrauten Stellen sehr zu schätzen. Die für die Gerichte unentbehrliche Arbeit der Ämter und Behörden in Kindschaftssachen kann aber nicht dazu führen, gerichtliche Entscheidungen durch einen Federstrich in ihr Gegenteil zu verkehren.

bb Unabhängig hiervon hat der Senat nicht nur nach dem Eindruck, den A in ihrer Anhörung durch den Senat am 13.09.2016 hinterlassen hat, sondern auch nach Inobhutnahme A‘s - bei erstmaliger Vorlage des vorliegenden Verfahrens durch das Amtsgericht Amberg - und nach dem von dem Ergänzungspfleger veranlassten Wechsel A‘s zur Kindesmutter als neu hinzugetretene Tatsache und schließlich auch nach Vorlage des hiesigen Beschwerdeverfahrens geprüft, ob vorläufige Maßnahmen nach § 64 Abs. 3 FamFG - etwa eine vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf die Kindesmutter - unabhängig von der zwingenden Aufhebung der Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB notwendig oder angezeigt sein könnten. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat weder das Familiengericht in dem bei dem Senat anhängigen Hauptsachverfahren sich geweigert, noch weigert sich der Senat, A‘s psychische Situation und ihren jedenfalls verbal geäußerten Wunsch, zur Kindesmutter zu ziehen, zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Allerdings kann der Senat - worauf der Kindesvater zu Recht hinweist - nicht zum Zwecke einer kurzfristigen Entlastung A‘s eine einstweilige Entscheidung nach § 64 Abs. 3 FamFG erlassen, die auf Dauer zu einem erheblich größeren Schaden für das Kindeswohl führen kann. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG ist neben einem dringenden Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden daher auch, dass eine der vorläufigen Entscheidung entsprechende Endentscheidung wahrscheinlich ist.

a. Schon das Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses für eine einstweilige Anordnung des Senats ist trotz der Belastung A‘s und der Intervention des Jugendamtes zweifelhaft. A hat unabhängig von ihren Äußerungen und ihrer jetzt offensichtlich bestehenden Belastung bei dem Kindesvater eine gute Entwicklung genommen. Von den Lehrern und Erziehern ist sie als fröhliches Kind mit altersentsprechenden Freundschaften beschrieben worden, auch wenn sie dies aktuell gänzlich negiert. Gute Leistungen in der Schule - die sie ebenfalls gezeigt hat - sind möglicherweise noch mit Druck durch einen Elternteil zu erreichen und damit zu erklären. Die insgesamt positive Entwicklung des Kindes mit einer erfolgreichen sozialen Integration lässt sich dagegen mit dem von A behaupteten Zwang durch den Kindesvater keinesfalls erklären. A hat seit Anfang 2011 - also seit sechs Jahren - bei dem Kindesvater gelebt und, soweit man die psychische Belastung durch den Loyalitätskonflikt, in dem A sich befindet, ausnimmt, auch ohne dabei Schaden zu nehmen. Dem Senat scheint es deswegen eher vordringlich, das mit aus dem Elternstreit resultierenden psychischen Problemen belastete Kind einer adäquaten therapeutischen Behandlung zuzuführen. Der Senat hält es insofern auch für ausgeschlossen, dass der über Jahre entstandene innere Konflikt sich bei einem Aufenthaltswechsel zur Kindesmutter geradezu in Luft auflöst. Der Kindesvater hat bereits unmittelbar nach dem Wechsel des Kindes zu ihm im Jahr 2011 die notwendigen Schritte für eine Behandlung unternommen und dies auch in dem Termin bei dem Senat am 13.09.2016 für die nahe Zukunft wieder angekündigt. Anhaltspunkte, dass er von dieser Absicht Abstand nehmen wird, bestehen nicht.

b. Aber auch ausgehend von dem Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses sieht sich der Senat an der von den Beschwerdeführern gewünschten Entscheidung gehindert. Der Senat kann die mit gerichtlich eingeholtem Sachverständigengutachten und Privatgutachten intensiv geführte Auseinandersetzung über die kindeswohldienlichste Sorgeregelung, in der jetzt noch eine kinderpsychiatrische Begutachtung durch den Senat angeordnet worden ist, nicht in dem summarischen Verfahren vorgreiflich bereits jetzt entscheiden. Es muss also bei einer summarischen Abwägung der für und gegen eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem Hauptsachebeschwerdeverfahren sprechenden Umstände verbleiben.

aa. Die gerichtlich bestellte Sachverständige hat die Erziehungseignung der Kindesmutter weiter in Frage gestellt. Mit den Einwendungen gegen das Gutachten wird sich der Senat noch auseinanderzusetzen haben. Die von den Beschwerdeführern dieses Verfahrens vielfach ausgeführte Überzeugung, ein kindeswohlgefährdendes Verhalten lasse sich nicht beobachten, ist in diesem Zusammenhang allerdings wenig hilfreich und scheint angesichts der Vorgeschichte zu oberflächlich. Denn der Kindesmutter war gerade keine Vernachlässigung oder Misshandlung A‘s vorgeworfen worden, sondern eine überbehütende und einengende mütterliche Fürsorge, die eine symbiotische Beziehung gefördert und in dieser Folge zu einer nur unsicheren Bindungsrepräsentanz bei A und einer ungesunden Fixierung auf Erwachsene geführt hat. Die jetzige Fixierung und das Klammern A‘s an die Kindesmutter fügen sich nahtlos in dieses Bild ein. Der Senat übersieht dabei allerdings nicht, dass - unabhängig von den letztlich noch zu treffenden Feststellungen zu der Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter - das zunehmende Alter A‘s, mit einer wachsenden Fähigkeit sich abzugrenzen, und die bei dem Kindesvater gelungene Entwicklung zu einem selbstbewussten Mädchen die - möglicherweise - vorliegenden mütterlichen Defizite zunehmend unbedeutender machen würden.

bb. Die gelungene Entwicklung A‘s spricht für eine Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters. Eines Eingehens auf einzelne hierzu im Hauptsacheverfahren von der Sachverständigen getroffene Feststellungen bedarf es für die zu treffende summarische Entscheidung nicht. Die offensichtliche Schwarz-Weiß Zeichnung ihrer Lebensverhältnisse durch A bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche Erziehungsunfähigkeit des Kindesvaters. Soweit die Beschwerdeführer die Erziehungseignung des Kindesvaters deswegen in Frage stellen, weil er einem (vorläufigen) Aufenthalt A‘s bei der Kindesmutter nicht zuzustimmen vermöge und zudem eine Vollstreckung der Herausgabeanordnung beabsichtige, vermag der Senat dem keinesfalls zu folgen. Eine Durchsetzung der im Wege eines zulässigen Rechtsmittels erreichten, von den Gerichten in den vergangenen Jahren als am kindeswohldienlichsten angesehenen Regelung zu der elterlichen Sorge für A durch den Kindesvater ist nicht geeignet, die Erziehungsfähigkeit in Frage zu stellen. Auch hinsichtlich der Vollstreckung des Herausgabeanspruchs gegen die Kindesmutter werden Ursache und Wirkung verdreht, wenn man dem Kindesvater damit eine Kindeswohlgefährdung vorwirft. Es erscheint rechtsmissbräuchlich, die Mitwirkung an einer Rückführung zu verweigern und dann dem Inhaber der elterlichen Sorge die Notwendigkeit und Absicht einer Vollstreckung vorzuwerfen.

cc. Gerade vor dem Hintergrund der noch offenen Fragen zur Erziehungseignung dürften der Gesichtspunkt der Kontinuität und der Wille A‘s, dem ebenfalls mit zunehmendem Alter eine größere Bedeutung zuzumessen ist, entscheidend für den zukünftigen Lebensmittelpunkt A‘s sein. Der Gesichtspunkt der Kontinuität spricht sowohl in räumlicher als auch in personeller Hinsicht ersichtlich für einen weiteren Aufenthalt A‘s bei dem Kindesvater. Im Hinblick auf den Kindeswillen vermag der Senat bisher der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht, dieser sei authentisch, nicht zu folgen. Es kommt in diesem Zusammenhang auch noch nicht auf die Frage an, ob der Wille "manipuliert" sein könnte. Denn der Senat hat erhebliche Zweifel, dass der geäußerte Wille die tatsächlichen Bindungsverhältnisse widerspiegelt. A ist zwar ein für ihr Alter reifes und intelligentes Mädchen, aber durch den Kinderpsychiater wurde die völlige Präokkupation durch die Kindesmutter selbst nach einer nur einmaligen Vorstellung attestiert, so dass ein eigener, von der Kindesmutter unabhängiger Wille in diesem speziellen Punkt von ihr eben nicht zu erwarten sein dürfte. Die Verzweiflung, mit der sie ihr Anliegen - wenn auch mit realitätsfernen und stereotypen Vorwürfen gegen den Kindesvater - vorbringt, war auch für den Senat in seiner Anhörung offensichtlich. Allerdings ergeben sich aus dem Verfahren auch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass A sich vor Liebesentzug fürchtet, wenn sie den zumindest von ihr selbst angenommenen Ansprüchen der Kindesmutter gerade im Hinblick auf einen unbedingten Wunsch bei dieser zu leben - etwa durch positive Äußerungen über ihr Leben bei dem Kindesvater - nicht genügt. Letztlich ist die Frage, ob die Äußerungen A‘s ihren tatsächlichen Bindungsverhältnissen entsprechen, offen und muss der jetzt angeordneten Begutachtung vorbehalten bleiben, ebenso wie die Frage, wie gegebenenfalls mit einem nicht den Bindungen entsprechenden geäußerten Willen umzugehen sein wird. Da weder die Frage der Erziehungseignung der Kindesmutter noch die des Kindeswillens im summarischen Verfahren mit hinreichender Sicherheit beantwortet werden können, gebietet es der Kontinuitätsgrundsatz, es bei dem bisherigen Lebensmittelpunkt bis zu einer abschließenden Entscheidung zu belassen. Insofern ist auch zur Vermeidung weiterer Anbindung an dem Wohnort der Kindesmutter eine zügige Rückführung zum Kindesvater notwendig. Auch hierauf hatte das Familiengericht in der Begründung seiner Entscheidung bereits hingewiesen.

c. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass - entsprechend der ausgewogenen und zutreffenden Würdigung der derzeitigen Situation A‘s und der jeweils möglicherweise eingeschränkten Wahrnehmungen der Beteiligten durch die Verfahrensbeiständin in ihrer Stellungnahme vom 06.02.2017 - die Beteiligten alle gehalten sind, nunmehr der Situation die Dramatik zu nehmen, die Rückführung A‘s in den Haushalt des Kindesvaters einvernehmlich zu gestalten und schließlich eine Vollstreckung - in welcher Form auch immer - zu vermeiden. Es ist Sache der Kindesmutter, A deutlich zu machen, dass es keiner Demonstration des Widerstandes durch sie bedarf, um ihre nachhaltige Liebe zur Kindesmutter zu beweisen, und dass sie auch einen Liebesentzug nicht zu befürchten hat. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass es der Kindesmutter nicht gelingt, A jetzt von der Notwendigkeit einer Rückkehr zum Kindesvater zu überzeugen. Aussicht, durch das Notwendigwerdenlassen einer Vollstreckung ein schlechtes Licht auf die Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters werfen zu können, besteht insofern nicht. Der Kindesvater ist dagegen gehalten, A - wie auch schon in der Vergangenheit - keine Vorwürfe zu machen und sie zügig wieder in den Alltag zurückkehren zu lassen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.